Digitale Editionsrichtlinien und Redaktionssystem

Den digitalen Editionsrichtlinien in Gestalt des alle möglichen philologischen Spielformen und semantische Inhalte und Beziehungssysteme erfassenden und abbildenden XML-TEI-Konzepts kommt eine Schlüsselfunktion im Projekt zu, da diese zum einen die Zielrichtung für die entwickelten Software-Bestandteile und Systemschnittstellen lieferten. Zum anderen werden mit diesen Editionsrichtlinien die allgemein verbindlichen philologisch-technischen Inhaltsstandards definiert, die wiederum die bestmögliche Nutzbarkeit der Online-Edition inkl. des universalen Datenaustauschs mit anderen Datensystemen und Online-Editionen gewähren. 
Dazu wurden auf Grundlage der bewährten philologischen Grundsätze und Regeln der Hinbrief-Ausgabe digital adaptiert folgende XML/TEI-Konzepte und das diese Konzepte einlösende XML/TEI-Schema entwickelt:

  • XML/TEI-Auszeichnungsformen von Briefinhalten
  • XML/TEI-Briefregister
  • XML/TEI-Orts- und Institutionenregister
  • XML/TEI-FMB-Werkregister
  • XML/TEI-Personen- und Werkregister

Um die Universalität und Nachhaltigkeit des XML/TEI-Systems zu sichern, legten wir die folgenden Prinzipien und Ziele in der Konzeption und Umsetzung zugrunde. Dabei war unser zentrales Anliegen, keine maßgeschneiderte Insellösung, sondern eine universale Lösung für vielfältigste Briefeditionen zu schaffen. So wurden nicht nur die individuellen Charakteristika der Felix Mendelssohn Bartholdy Hinbriefe und Gegenbriefe XML/TEI-spezifisch erfasst, sondern auch alle möglichen weiteren Spezifika handschriftlicher Briefkorpora des 18. bis 20. Jahrhunderts, womit Interessenten unseres Systems das erforderliche XML/TEI-Instrumentarium für ein zeitlich breites Spektrum an Editionsprojekten mit unterschiedlichsten Anforderungen in die Hände gegeben wird.

 

Qualität, Quantität, semantische Tiefe und Nachhaltigkeit der Auszeichnungen 

XML/TEI-Anwendungsstandards: Vollständige Vermeidung von Neuschöpfungen von TEI-Elementen, -Klassen und -Attributen durch konsequente Verwendung der Standardbestandteile des XML/TEI-Standards

1. Die weit verbreitete Erweiterung und Neuschöpfung von XML/TEI-Elementen, -Klassen und -Attributen wurde in diesem Projekt ganz bewusst vollständig vermieden, um die Leistungsfähigkeit und Kompatibilität der XML/TEI-Sprache, die gerade in der Einheitlichkeit, Vollständigkeit und Widerspruchfreiheit ihrer verwendeten Elemente, Attribute und Regeln begründet liegt, zu sichern. Denn es liegt auf der Hand, dass mit wachsendem Anteil individueller XML/TEI-Neuschöpfungen der Kommensurabilitätsgrad der XML/TEI-Edition zu anderen XML/TEI Briefausgaben und -Wissensressourcen drastisch abnimmt.

2. Die kompromisslose Einhaltung dieses XML/TEI-Anwendungsstandards sichert die höchstmögliche Kompatibilität und interoperable Referenzierbarkeit der XML/TEI-codierten Texte und Textcorpora verschiedener Provenienz und Urheberschaft im nationalen und internationalen Raum. Unter diesen Bedingungen können perspektivisch singuläre digitale XML/TEI-Editionen in beliebigem Umfang zu größeren Wissensnetzen zusammengeführt werden. Zugleich sichert der in diesem Projekt verwendete Ansatz den unproblematischen Zugang und die universale Weiterverarbeitbarkeit der in der Briefedition erarbeiten Daten für den individuellen Nutzer wie auch im Kontext übergeordneter semantischer Wissensnetze weltweit.

3. Mit dem vollständigen Verzicht auf XML/TEI-Neuschöpfungen konnte auch gezeigt werden, dass das XML/TEI-Vokabularium – entgegen der nicht selten anzutreffenden Meinung des ungenügenden Umfangs – völlig ausreichend ist selbst für anspruchsvolle Editionsformen wie Briefeditionen des 19. Jahrhunderts.

Nutzbarkeit der XML/TEI-Briefdateien: Uneingeschränkte Lesbarkeit und Weiterverarbeitbarkeit der separaten XML/TEI-Briefdateien

XML/TEI-Auszeichnungen sind konsequent an der uneingeschränkten Weiterverarbeitbarkeit und Nachnutzbarkeit orientiert. Dies bedeutet: 

1. Die Gewährleistung der uneingeschränkten, unmittelbaren, Software-unabhängigen Lesbarkeit und Weiterverarbeitbarkeit der separaten XML/TEI-Briefdateien und XML/TEI-Registerdatensätze unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit in jedem x-beliebigen Texteditor:

a) indem alle erarbeiteten Informationen und Inhalte wie Kommentare, Werk-, Personen-, Orts-, Institutionenauszeichnungen etc. unverschlüsselt in der XML/TEI-Briefdatei selbst abgelegt sind, anstatt allein durch einen abstrakten key auf externe Datenbestände zu verweisen;

b) indem sämtliche verdeckten Namen, Begriffe, Entitäten etc. im XML/TEI-Quellcode der XML/TEI-Briefdatei selbst aufgeschlüsselt und abgebildet werden. 

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit bedeutet dies:

a) dass die mühsam erschlossenen, in XML/TEI erfassten Informationen und Wissensbestände auch bei möglichem Teil- oder Totalverlust von Editions- und Systembestandteilen (Datenbanken, Register, Systemumgebungen, Software und Hardware Systeme) erhalten bleiben;

b) dass die einzelnen XML/TEI-Register (Briefe, Personen, Werke, FMB-Werke, Dokumente, Orte, Institutionen, Sehenswürdigkeiten etc.) bei Bedarf jederzeit in Echtzeit aus dem Quellcode sämtlicher XML-TEI-Briefdateien generiert werden können.
     
2. Eindeutige Identifizierbarkeit und Wiederauffindbarkeit der semantisch relevanten, XML/TEI-ausgezeichneten Briefinhalte durch XML-eindeutige UIN’s (Unique Identification Number). 

3. Eindeutige semantische Charakterisierung der XML/TEI-ausgezeichneten Briefinhalte durch differenzierte Attribute und Attributwerte, was die Qualität und Möglichkeiten der Weiterverarbeitung der Daten in anspruchsvollen Datenverarbeitungssystemen wie unserem komplexen Facettensuche-System erheblich verbessert und zugleich Unschärfen z. B. durch Verwendung gleicher XML/TEI-Elemente mit unterschiedlicher semantischer Bedeutung vermeidet.

Semantische Tiefe und Suche: Semantische Tiefe der Auszeichnungen und Semantic Search

Der individuellen semantischen Komplexität der Texte wird auf zweierlei Weise adäquat Rechnung getragen:

a) Indem bezüglich der XML/TEI-Auszeichnung einengende Inhaltsfilter (aufgrund impliziter und expliziter Voreinstellungen zum Wert und zur Bedeutung der Textinhalte und deren wissenschaftlicher etc. Verwertung durch spezifische Zielgruppen) weitestgehend vermieden werden. Dies ist insbesondere bei polyvalenten Texten wie denen der Felix Mendelssohn Bartholdy Hinbriefe und Gegenbriefe vonnöten, da diese die sozialen, kulturellen, künstlerischen, privaten und öffentlichen Grenzen und Bereiche ständig überschreiten und miteinander verbinden.

b) Indem in unserem System u.a. hochentwickelte, intelligente Semantic Search Strategien zum Einsatz kommen, welche, die lineare Wissensführung der XML/TEI-Auszeichnung ergänzend, in Echtzeit die vollständige semantische Erfassung sämtlicher Inhalte und die Generierung von vordem unbekanntem Wissen ermöglichen, werden sämtliche Potentiale einer Nutzung/Nachnutzung der Inhalte dieser Brieftexte ausgeschöpft. Siehe dazu „Semantische Wissensgenerierung“. 

Vollständigkeitsprinzip: Ausgewogenes Verhältnis von Qualität und Quantität der Auszeichnungen

Dem vollständigen Bestand der insgesamt 140 verschiedenen XML/TEI-Auszeichnungen für 1. Brief-Header erstellen (Metadaten), 2. Brief erstellen (strukturelle Bestandteile), 3. Textkritik, 4. Auszeichnungen und Kommentare, 5. Typographische Auszeichnungen in Handschriften, 6. Typographische Auszeichnungen in Drucken, 7. Sonderfälle und Sonstiges liegen eine große Zahl mehr oder weniger komplexer Skripte zugrunde. Siehe dazu „Technische Systembestandteile“.

a) Für die semantisch relevanten Daten wie Personen, Korrespondenzen, Werke, Dokumente, Orte, Institutionen, Zeiten etc. gilt in Bezug auf die XML/TEI-Auszeichnung prinzipiell das Vollständigkeitsprinzip, um eine optimale semantische Nachnutzbarkeit zu garantieren.

b) Führt eine strikte Einhaltung des Vollständigkeitsprinzips der Auszeichnungen im individuellen Fall zu unnötigen semantischen Redundanzen oder auch zu einer Erfassung semantisch irrelevanter Inhalte, wurde auf eine sklavische Einhaltung des Vollständigkeitsprinzips verzichtet zugunsten der Vermeidung semantischer Unschärfen, die sich in darauf aufbauenden semantischen Such- und Analyseszenarien dann potenzieren.

c) Bezüglich der Gegenbriefe erfolgte eine vollständige Kommentierung in Gestalt der Kommentarformen: Einzelstellenkommentar, Textkonstitution, Worterklärung, Übersetzung.