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gb-1841-06-21-01

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Johann Christian Lobe an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Weimar, 21. Juni 1841 Empfangen Sie den innigsten Dank für Ihren liebevollen Brief, der mir, wie Alles, was von Ihnen kommt, die höchste Freude und schöne Hoffnungen zugleich gebracht hat. Hoffnungen, sage ich; denn ein Ruf von Ihnen, in Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Christian Lobe in Weimar; Leipzig, 8. Juni 1841 Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Christian Lobe in Weimar; Leipzig, zwischen dem 15. und 20. März 1843 Lobe, Johann Christian (1797-1881) Lobe, Johann Christian (1797-1881) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 39/263a. Autograph Johann Christian Lobe an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Weimar, 21. Juni 1841 Empfangen Sie den innigsten Dank für Ihren liebevollen Brief, der mir, wie Alles, was von Ihnen kommt, die höchste Freude und schöne Hoffnungen zugleich gebracht hat. Hoffnungen, sage ich; denn ein Ruf von Ihnen, in

1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [WEIMAR / 22 JUN. 1841], [St.Post / 22 JUN / ? 3-8 (?)], Siegel.

Johann Christian Lobe

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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C): Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz (Hin- und Gegenbriefe) Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C) ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence (FMB-C) Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

21. Juni 1841 Lobe, Johann Christian (1797-1881) counter-resetLobe, Johann Christian (1797-1881) Weimar Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig Deutschland deutsch
Sr. Wohlgeborn dem Herrn Musikdirektor Dr. Mendelssohn-Bartholdy. Leipzig. frey
Lobe, Johann Christian (1797-1881) Lobe, Johann Christian (1797-1881) Weimar d. 21 Juni 1841. Mein theurer Meister

Empfangen Sie den innigsten Dank für Ihren liebevollen Brief<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="fmb-1841-06-08-02" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Christian Lobe in Weimar; Leipzig, 8. Juni 1841</name>, der mir, wie Alles, was von Ihnen kommt, die höchste Freude und schöne Hoffnungen zugleich gebracht hat. Hoffnungen, sage ich; denn ein Ruf von Ihnen, in welcher Art er auch wäre, müßte meine Lage auf jeden Fall verbessern – selbst in dem Falle, daß die Bedingungen bei meiner zahlreichen Familie nicht annehmbar geboten werden könnten, würde man doch alsdann in Weimar etwas für mich thun, worauf ich eher trotz aller Versprechungen schwerlich hoffen darf. Ich muß jetzt täglich acht Stunden geben, und schwindet dadurch die Sorge für das tägliche Brot, so bleibt mir doch Probe und Theater mitgerechnet für eigene Arbeiten weder Zeit noch Kraft. Ich bin jetzt 44 Jahr, und es wird mir oft recht Angst, daß ich dahingehen müßte, ohne Etwas gethan zu haben, was der Liebe rechth wäre, die ich von Jugend auf für unsre herrliche Kunst im Herzen getragen!

Hinsichtlich Ihrer Weigerung, ohne einen festen Beruf, wie Sie sich ausdrücken nicht in Berlin bleiben zu wollen, bin ich in ein Dilemma gerathen. Sie wollen keine Sinecuresinecure – Sinekure (verkürzt aus lat. sine cura animarum, »ohne Sorge für die Seelen«, das heißt ohne Verpflichtung zur Seelsorge) bezeichnet ein Amt, mit dem Einkünfte, aber keine Amtspflichten verbunden sind. Das ist groß gedacht. Aber es fragt sich, ob Ihnen der KönigPreußen, Friedrich Wilhelm Prinz von (seit 1840) Friedrich Wilhelm IV. von (1795-1861) eine solche geben wollte. Eine Sinecure ist eine Anstellung für die man Geld erhält und nichts thut. Kann dies bei Ihnen jemals der Fall seyn? Wo Sie leben, da werden Sie schaffen, und das ist Ihr eigenster Beruf. Unsere Zeit ist eine schlimme Zeit. Zwei mächtige feindliche Dämonen dringen verführerisch und verderblich auf das Publikum und die nachstrebenden Kunstjünger ein. Der eine in Gestalt der neufranzösischen Opernklingelmusik und Virtuosenarrangementsfantasien, der andere als Neuromantik! Wenn nun der König denjenigen, der unberührt von beiden seine Werke nach den ewigen und unwandelbaren Gesetzen des Wahren und Schönen bildet, herauszufinden weiß |2| aus dem Trosse der Afterkünstler, so stellt er sich an die Spitze aller Besseren und predigt auf die mächtigste und eindringlichste Weise die Lehre, daß doch nur der ächte Künstler den wahren, ausdauernsten Ruhm und die höchste Ehre erringen kann. Das und nichts anderes wird der König gewollt haben, als er Sie nach Berlin wünschte. Und das zugleich ist ja die höchste Anstellung die er Ihnen nicht für irgend eine eingekreiste Thätigkeit, sondern für die gesammte Kunstwelt geben konnte.

„Ein edles Beispiel wirkt Nacheiferung.“

Ich kenne kein schöneres Wirken für den Künstler, und dieses Wirken ist Ihr Beruf. Dieses muß die Ueberzeugung eines Jeden seyn, der die Erscheinungen dieser Welt nicht isolirt, sondern in ihrem Zusammenhange und ihren Wirkungen auf’s Ganze betrachtet. Wie ich die Kunst liebe, liebe ich den ächten Künstler und muß von jetzt an den KönigPreußen, Friedrich Wilhelm Prinz von (seit 1840) Friedrich Wilhelm IV. von (1795-1861) lieben, der beiden auf die rechte Weise dienen wollte. –

Sie möchten von WeimarWeimarDeutschland hören? Unser Musiktreiben ist jämmerlich! – ChelardChelard, André Hippolyte Jean Baptiste (1789-1861) ist ein höchst gutmüthiger aber sehr beschränkter und in seine französische Musik durchaus verspitzter Mann; denn obgleich er thut, als kenne und anerkenne er die deutsche Musik, so blickt doch der geringe Begriff, den er davon hat, klar genug hindurch. Neulich hat er die Musik zum Egmont<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name><name key="CRT0108052" style="hidden" type="music">Ouvertüre und Begleitmusik zu Goethes Trauerspiel »Egmont« op. 84</name> eine undramatische genannt. Er hält sich und seine Franzosen weit erhaben über die besten deutschen Komponisten. Als Dirigent ist er erbärmlich. Er kann kein Tempo fassen, schlägt in Proben und Aufführungen jeden |3| Augenblick falsch dazwischen, alle Sicherheit ist dahin, und das Orchester wankt meist wie ein Betrunkener durch die Tempo’s hin. Mir ist das ganze Wesen zum höchsten Ekel geworden, und ich blicke mit tiefster Sehnsucht auf den Augenblick, der mich von diesem elenden Treiben befreien möchte!

Ich könnte Ihnen noch viel schreiben, aber es schlägt ein Viertel auf Sieben, ich muß in’s TheaterGroßherzogliches HoftheaterWeimarDeutschland, konnte erst jetzt ein Stündchen zu diesem Briefe finden, und muß eilen, wenn es Sie noch in LeipzigLeipzigDeutschlandnoch in Leipzig – Mendelssohn reiste Ende Juni 1841 zurück nach Berlin, wo er ein Probejahr absolvierte. treffen soll.

Gott erhalte Sie der Welt und Ihrem Ihnen ewig ergebnen J. C. Lobe
Lobe, Johann Christian (1797-1881) Lobe, Johann Christian (1797-1881)

Die besten Grüße von GenastGenast, Eduard Franz (1797-1866), MontagMontag, Carl (1817-1864), EberweinEberwein, Friedrich Karl Wilhelm Maximilian (1814-1875), und mehrern von den Vielen die Sie lieben und verehren.

Verzeihen Sie die eilige SchrifftSchrift!

            Weimar d. 21 Juni 1841. Mein theurer Meister
Empfangen Sie den innigsten Dank für Ihren liebevollen Brief, der mir, wie Alles, was von Ihnen kommt, die höchste Freude und schöne Hoffnungen zugleich gebracht hat. Hoffnungen, sage ich; denn ein Ruf von Ihnen, in welcher Art er auch wäre, müßte meine Lage auf jeden Fall verbessern – selbst in dem Falle, daß die Bedingungen bei meiner zahlreichen Familie nicht annehmbar geboten werden könnten, würde man doch alsdann in Weimar etwas für mich thun, worauf ich eher trotz aller Versprechungen schwerlich hoffen darf. Ich muß jetzt täglich acht Stunden geben, und schwindet dadurch die Sorge für das tägliche Brot, so bleibt mir doch Probe und Theater mitgerechnet für eigene Arbeiten weder Zeit noch Kraft. Ich bin jetzt 44 Jahr, und es wird mir oft recht Angst, daß ich dahingehen müßte, ohne Etwas gethan zu haben, was der Liebe rechth wäre, die ich von Jugend auf für unsre herrliche Kunst im Herzen getragen!
Hinsichtlich Ihrer Weigerung, ohne einen festen Beruf, wie Sie sich ausdrücken nicht in Berlin bleiben zu wollen, bin ich in ein Dilemma gerathen. Sie wollen keine Sinecure Das ist groß gedacht. Aber es fragt sich, ob Ihnen der König eine solche geben wollte. Eine Sinecure ist eine Anstellung für die man Geld erhält und nichts thut. Kann dies bei Ihnen jemals der Fall seyn? Wo Sie leben, da werden Sie schaffen, und das ist Ihr eigenster Beruf. Unsere Zeit ist eine schlimme Zeit. Zwei mächtige feindliche Dämonen dringen verführerisch und verderblich auf das Publikum und die nachstrebenden Kunstjünger ein. Der eine in Gestalt der neufranzösischen Opernklingelmusik und Virtuosenarrangementsfantasien, der andere als Neuromantik! Wenn nun der König denjenigen, der unberührt von beiden seine Werke nach den ewigen und unwandelbaren Gesetzen des Wahren und Schönen bildet, herauszufinden weiß aus dem Trosse der Afterkünstler, so stellt er sich an die Spitze aller Besseren und predigt auf die mächtigste und eindringlichste Weise die Lehre, daß doch nur der ächte Künstler den wahren, ausdauernsten Ruhm und die höchste Ehre erringen kann. Das und nichts anderes wird der König gewollt haben, als er Sie nach Berlin wünschte. Und das zugleich ist ja die höchste Anstellung die er Ihnen nicht für irgend eine eingekreiste Thätigkeit, sondern für die gesammte Kunstwelt geben konnte.
„Ein edles Beispiel wirkt Nacheiferung. “
Ich kenne kein schöneres Wirken für den Künstler, und dieses Wirken ist Ihr Beruf. Dieses muß die Ueberzeugung eines Jeden seyn, der die Erscheinungen dieser Welt nicht isolirt, sondern in ihrem Zusammenhange und ihren Wirkungen auf’s Ganze betrachtet. Wie ich die Kunst liebe, liebe ich den ächten Künstler und muß von jetzt an den König lieben, der beiden auf die rechte Weise dienen wollte. –
Sie möchten von Weimar hören? Unser Musiktreiben ist jämmerlich! – Chelard ist ein höchst gutmüthiger aber sehr beschränkter und in seine französische Musik durchaus verspitzter Mann; denn obgleich er thut, als kenne und anerkenne er die deutsche Musik, so blickt doch der geringe Begriff, den er davon hat, klar genug hindurch. Neulich hat er die Musik zum Egmont eine undramatische genannt. Er hält sich und seine Franzosen weit erhaben über die besten deutschen Komponisten. Als Dirigent ist er erbärmlich. Er kann kein Tempo fassen, schlägt in Proben und Aufführungen jeden Augenblick falsch dazwischen, alle Sicherheit ist dahin, und das Orchester wankt meist wie ein Betrunkener durch die Tempo’s hin. Mir ist das ganze Wesen zum höchsten Ekel geworden, und ich blicke mit tiefster Sehnsucht auf den Augenblick, der mich von diesem elenden Treiben befreien möchte!
Ich könnte Ihnen noch viel schreiben, aber es schlägt ein Viertel auf Sieben, ich muß in’s Theater, konnte erst jetzt ein Stündchen zu diesem Briefe finden, und muß eilen, wenn es Sie noch in Leipzig treffen soll.
Gott erhalte Sie der Welt und Ihrem Ihnen ewig ergebnen J. C. Lobe
Die besten Grüße von Genast, Montag, Eberwein, und mehrern von den Vielen die Sie lieben und verehren.
Verzeihen Sie die eilige Schrifft!          
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Mir ist das ganze Wesen zum höchsten Ekel geworden, und ich blicke mit tiefster Sehnsucht auf den Augenblick, der mich von diesem elenden Treiben befreien möchte!</p> <p>Ich könnte Ihnen noch viel schreiben, aber es schlägt ein Viertel auf Sieben, ich muß in’s <placeName xml:id="placeName_cd4a953c-281d-47b8-bd03-c857bd03742e">Theater<name key="NST0102763" style="hidden" subtype="" type="institution">Großherzogliches Hoftheater</name><settlement key="STM0100134" style="hidden" type="locality">Weimar</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, konnte erst jetzt ein Stündchen zu diesem Briefe finden, und muß eilen, wenn es Sie noch in <placeName xml:id="placeName_3e25aca1-0e66-47e9-8f6c-be7dfa1a564f">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_01940167-37b5-464a-bad2-25f6d15781a3" xml:lang="de ">noch in Leipzig – Mendelssohn reiste Ende Juni 1841 zurück nach Berlin, wo er ein Probejahr absolvierte.</note> treffen soll.</p> <closer rend="left">Gott erhalte Sie der Welt und Ihrem Ihnen ewig ergebnen </closer> <signed rend="right">J. C. Lobe</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_763a6c01-622f-4026-b7a7-f2ca423b8d5a"> <docAuthor key="PSN0112899" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_7921f330-0bd3-4887-9ce9-f882ed07d69d">Lobe, Johann Christian (1797-1881)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112899" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_9a4c5984-648e-4619-9cdd-bd8798d09111">Lobe, Johann Christian (1797-1881)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Die besten Grüße von <persName xml:id="persName_6cd84709-7255-4405-8816-3118644a7db1">Genast<name key="PSN0111333" style="hidden" type="person">Genast, Eduard Franz (1797-1866)</name></persName>, <persName xml:id="persName_b5d54db0-25fe-4f2d-8f24-91750babdc5f">Montag<name key="PSN0113401" style="hidden" type="person">Montag, Carl (1817-1864)</name></persName>, <persName xml:id="persName_ea32c14f-a742-4929-8035-5a860491acb8">Eberwein<name key="PSN0110818" style="hidden" type="person">Eberwein, Friedrich Karl Wilhelm Maximilian (1814-1875)</name></persName>, und mehrern von den Vielen die Sie lieben und verehren.</p> <p>Verzeihen Sie die eilige <choice resp="Editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_70aa9b96-cd72-4db7-929b-fc54e56ffe88"><sic resp="writer">Schrifft</sic><corr resp="editor">Schrift</corr></choice>!</p> </div> </body> </text></TEI>