gb-1841-01-31-03
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Dessau, 31. Januar 1841
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 3 Poststempel, [DESSAU / 31/1], [DESSAU / 31/1], [St.Post / 1 FEB / ?], Siegel.
Julius Schubring.
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
D
rF. Mendelssohn BartholdyLeipzig
frei.
Erschrick nicht, l
Doch sind jene abgegangenen Zettelchen eigentlich die Ursache, weßhalb ich schreibe, da es mir dabei leid that, daß unsre Correspondenz gar zu miserabel geworden ist. Du schreibst, wenn Du einmal über einen Text zu conferiren hast (– magst dabei manchmal über meine Antworten erstaunt gewesen sein, wie Du Dich an einen solchen Philister hast wenden können) – ich schreibe Empfehlungsbriefe; und weiter wirds nichts. Da kommt nun Dein lieber Blasius selbst, sondern auch zum ganzen neuen Jahr, das Du damit antreten wirst! Auch die Gesundheit schließe ich nicht aus, obgleich wir darüber nicht bloß schriftlich correspondirt sondern ich Dir auch noch in
Einmal habe ich mich aber doch in Trab gesetzt diesen Winter, und bin Cöthen gefahren, um
zu hören. Es hieß, er würde nicht herkommen (was aber dochOle Bull
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allmählich versauerte. AchMendelssohn
à propos, ich muß Dir noch mein
Noten: GB-Ob, M.D.M. d. 39/46, fol. 1v.
Vielleicht habe ich damit, ohne es zu wissen etwas für die Unsterblichkeit gemacht. Ein ganz kranker elender Hypochonder hier ( v Raumer) hat
Wie geht es denn jetzt mit Deinem inwendigen Leben? Kannst Du recht freudig sein und so Dein Tagwerk vollbringen? Wenn ich zu Zeiten viel zu thun habe, namentlich zu Festzeiten, dann bin ich immer am glücklichsten und thut mir jedesmal leid, wenn es schon vorüber ist. Hinterher kommt dann meistens eine etwas mattere Zeit, wo die Flügel ein wenig herabhängen. So ists mir jetzt ergangen, namentlich
Diese Woche wurde ich zu Bürkners gerufen, wo man mir in aller HerzensAngst klagte, daß am neuen
Flügelder Resonanzboden entzwei sein müsse, weil der ganze Baß klirrte. Das arme
celäuft, welche bei
dan den Steg
dfanstreifte. – Übrigens muß ich bekennen, daß ich über dieses noch nicht anders urtheilen kann, als wie ich Dir über das meines
fortenoch nicht gefallen wolle; namentlich ist der Baß dumpf und unklar. Vielleicht liegts auch an meinem Anschlage. Aber meinen 10jährigen
gebe ich doch nicht dafür.Graf
nachPaulus
Deßau 31 Januar 1841. Erschrick nicht, lieber Freund, wenn Du meine Hand siehst, als müßte es wieder einmal ein Empfehlungsbrief sein; im Gegentheil wollte ich eigentlich etwas um Entschuldigung bitte, für die frühern. Ich sollte mich wol nicht dazu hergeben, aber es ist eine Schwäche, daß ichs nicht abschlagen kann, wobei ich denn immer hoffe, daß es Dir nichts weiter kostet als ein freundliches Wort an den Empf Überbringer. Sollte mir einmal eine Empfehlung sehr am Herzen liegen, so würde ichs deutlich genug darin aussprechen. Doch sind jene abgegangenen Zettelchen eigentlich die Ursache, weßhalb ich schreibe, da es mir dabei leid that, daß unsre Correspondenz gar zu miserabel geworden ist. Du schreibst, wenn Du einmal über einen Text zu conferiren hast (– magst dabei manchmal über meine Antworten erstaunt gewesen sein, wie Du Dich an einen solchen Philister hast wenden können) – ich schreibe Empfehlungsbriefe; und weiter wirds nichts. Da kommt nun Dein lieber Geburtstag, und so konnte ichs nicht länger lassen. Nun der liebe Gott gebe Dir recht viele Freude nicht bloß zum Blasius selbst, sondern auch zum ganzen neuen Jahr, das Du damit antreten wirst! Auch die Gesundheit schließe ich nicht aus, obgleich wir darüber nicht bloß schriftlich correspondirt sondern ich Dir auch noch in Berlin eine gewisse Ängstlichkeit vorgeworfen habe, die ich nicht loben wollte. Weib und Kind und Alles, was dem ähnlich ist – mit Allem möge es Dir wohlgehn! Und beschenke uns bald einmal wieder mit etwas recht hübschen, was Deine Feder hinkritzelt (Steckenpferdchen pp) Manchmal habe ich mit rechtem Verlangen die Concertanzeigen in den Zeitungen gelesen und konnte doch nicht hinüber – und im Sommer, wo ich flügge bin, ist immer wieder das Nest dort ausgeflogen. Einmal habe ich mich aber doch in Trab gesetzt diesen Winter, und bin in den kältesten Tagen nach – Cöthen gefahren, um Ole Bull zu hören. Es hieß, er würde nicht herkommen (was aber doch nicht noch geschehen ist), und ich hatte mir in den Kopf gesetzt, ich würde in ihm recht einen Künstler nach meinem Geschmack finden – es war hernach ein Virtuose und ich hätte ebensogut zu Hause bleiben können. (Sieh einmal ein Beispiel, wie die Laien und Dilettanten über große Leute urtheilen. Sollte ich Unrecht haben, und ist auch nicht etwa die elende cöthensche Musik Schuld gewesen, die ihn verstimmt hat: dann strafe mich nur ohne Gnade) Außer meinem Instrument höre ich übrigens jetzt so gut wie keine Musik und da wäre es mal möglich, daß ich hinter meinem Bach, Beethoven, Mendelssohn allmählich versauerte. Ach à propos, ich muß Dir noch mein Rheinlied, wovon ich Dir 2 Zeilen geschrieben, völlig aufschreiben. Sage mir doch ob es etwas oder nichts ist. Vielleicht habe ich damit, ohne es zu wissen etwas für die Unsterblichkeit gemacht. Ein ganz kranker elender Hypochonder hier (Bruder des Berliner v Raumer) hat 10 oder 12 durchweg elender Gedichte vermischten Inhalts gemacht (im Leben nicht mehr) ; läuft damit von Haus zu Haus läßt sie als Manuscript für Freunde drucken und behauptete neulich, Schiller und Goethe hätten auch nicht lauter Meisterwerke gemacht, und so gut wie manche von jenen möchten die seinigen auch wol sein. Nun mache ichs bald eben so. Wie geht es denn jetzt mit Deinem inwendigen Leben? Kannst Du recht freudig sein und so Dein Tagwerk vollbringen? Wenn ich zu Zeiten viel zu thun habe, namentlich zu Festzeiten, dann bin ich immer am glücklichsten und thut mir jedesmal leid, wenn es schon vorüber ist. Hinterher kommt dann meistens eine etwas mattere Zeit, wo die Flügel ein wenig herabhängen. So ists mir jetzt ergangen, namentlich da einige betrübende Erfahrungen (nicht zwar meine Person betreffend) hinzu kamen. Diese Woche wurde ich zu Bürkners gerufen, wo man mir in aller HerzensAngst klagte, daß am neuen Flügel der Resonanzboden entzwei sein müsse, weil der ganze Baß klirrte. Das arme Kind war ganz in Verzweiflung. Glücklicherweise entdeckte ich den wirklichen Grund (Der Stimmer hatte nichts herausbekommen) daß die eine Baßsaite an dem Stege anstreifte, so daß ich nur ein klein wenig Holz von dem Stege auszuhöhlen brauchte. Du könntest es Herteln gelegentlich sagen, damit er sich künftig deßhalb vor sieht. Nämlich in beistehender schlechter ist es die Baßsaite ab, die erste, welche über den andern Steg ce läuft, welche bei d an den Steg df anstreifte. – Übrigens muß ich bekennen, daß ich über dieses noch nicht anders urtheilen kann, als wie ich Dir über das meines Bruders schon schrieb, daß es mir zum forte noch nicht gefallen wolle; namentlich ist der Baß dumpf und unklar. Vielleicht liegts auch an meinem Anschlage. Aber meinen 10jährigen Graf gebe ich doch nicht dafür. Nun aber muß es doch wol zum Schluß kommen. Grüße Deine Frau freundlichst. Meine Frau grüßt ebenfalls und bedauert heute noch, daß Du nicht damals zum Paulus nach Cöthen gekommen bist. Gott sei mit EuchDein J. Schubring.
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Nun mache ichs bald eben so.</p><p>Wie geht es denn jetzt mit Deinem inwendigen Leben? Kannst Du recht freudig sein und so Dein Tagwerk vollbringen? Wenn ich zu Zeiten viel zu thun habe, namentlich zu Festzeiten, dann bin ich immer am glücklichsten und thut mir jedesmal leid, wenn es schon vorüber ist. Hinterher kommt dann meistens eine etwas mattere Zeit, wo die Flügel ein wenig herabhängen. So ists mir jetzt ergangen, namentlich<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> da einige betrübende Erfahrungen (nicht zwar meine Person betreffend) hinzu kamen.</p><p>Diese Woche wurde ich zu <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_d9eec330-22d0-4f71-b015-fcb161a64eb9">Bürkners<name key="PSN0110217" style="hidden" type="person">Bürkner, Leopold</name></persName></hi> gerufen, wo man mir in aller HerzensAngst klagte, daß am neuen <hi rend="latintype">Flügel</hi> der Resonanzboden entzwei sein müsse, weil der ganze Baß klirrte. Das arme <persName xml:id="persName_4ef5763e-c8d9-42a4-8d3c-4b185e3ac9d2">Kind<name key="PSN0110216" style="hidden" type="person">Bürkner, Auguste</name></persName> war ganz in Verzweiflung. Glücklicherweise entdeckte ich den wirklichen Grund (Der Stimmer hatte nichts herausbekommen) daß die eine Baßsaite an dem Stege anstreifte, so daß ich nur ein klein wenig Holz von dem Stege auszuhöhlen brauchte. Du könntest es Herteln gelegentlich sagen, damit er sich künftig deßhalb vor sieht. Nämlich in beistehender schlechter <figure rend="inline_big_size" style="center" subtype="quarter_page" type="drawing" xml:id="figure_e588c09d-74ba-4db9-a640-9304f0e9268e"><graphic url="https://www.felix-mendelssohn-bartholdy.org/_api/letters/letter_image/Zeichnungen/gb-1841-01-31-03-Z-001.jpg"></graphic><head style="display_none">Zeichnung: GB-Ob, M.D.M. d. 39/46, fol. 2r.</head><figDesc style="display_none">Skizze eines defekten Flügels der Klavierbaufirma Breitkopf & Härtel.</figDesc></figure> ist es die Baßsaite ab, die erste, welche über den andern Steg <hi rend="latintype">ce</hi> läuft, welche bei <hi rend="latintype">d</hi> an den Steg <hi rend="latintype">df</hi> anstreifte. – Übrigens muß ich bekennen, daß ich über dieses noch nicht anders urtheilen kann, als wie ich Dir über das meines <persName xml:id="persName_861920b3-9c2c-4ac2-8ec7-c376af14bf0f">Bruders<name key="PSN0114727" style="hidden" type="person">Schubring, Georg Adolph (1817-1893)</name></persName> schon schrieb, daß es mir zum <hi rend="latintype">forte</hi> noch nicht gefallen wolle; namentlich ist der Baß dumpf und unklar. Vielleicht liegts auch an meinem Anschlage. Aber meinen 10jährigen <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_4ce468f7-91c5-4f75-a6e1-d667a7f207c9">Graf<name key="PSN0111505" style="hidden" type="person">Graf, Conrad (1782-1851)</name></persName></hi> gebe ich doch nicht dafür.</p><closer rend="left">Nun aber muß es doch wol zum Schluß kommen. Grüße Deine <persName xml:id="persName_5eb65b61-2581-46f2-b8aa-a58ea566b9f2">Frau<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> freundlichst. Meine <persName xml:id="persName_d2868dad-e24c-413d-9e78-c1ade3354b5d">Frau<name key="PSN0114725" style="hidden" type="person">Schubring, Anna Elisabeth (1811-1876)</name></persName> grüßt ebenfalls und bedauert heute noch, daß Du nicht damals zum <hi rend="latintype"><title xml:id="title_e6ed2573-69f7-410c-912c-a2e50acf65c5">Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_fw6cksr4-nb3p-ulyg-rfbh-3qcrpqqhfqpb"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title></hi> nach <placeName xml:id="placeName_d3ddcfd3-19c8-465e-846f-b912e2ddd8bc">Cöthen<settlement key="STM0103702" style="hidden" type="locality">Köthen</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gekommen bist. Gott sei mit Euch</closer><signed rend="center">Dein</signed><signed rend="right">J. Schubring. </signed></div></body></text></TEI>