gb-1840-12-17-02
Hilfe zum Zitier-Tool
Um wichtige Textpassagen (Zitate) zu speichern und auf diese via Hyperlink zu verweisen, markieren Sie bitte den gewünschten Textbereich.
Daraufhin erscheint ein Fenster, in welchem Sie die ausgewählte Textpassage inkl. des Hyperlinks zur weiteren Verwendung in die Zwischenablage kopieren können.
Donaueschingen, 17. Dezember 1840
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-2 Brieftext; S. 3 leer; S. 4 Adresse, Siegel.
Johann Wenzel Kalliwoda
-
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C): Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz (Hin- und Gegenbriefe) Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C) ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence (FMB-C) Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
S
rWohlgebornHerrn D
r: Felix Mendelssohn-Bartholdyin
Leipzig.durch Einschluss.
Donaueschingenden
ten
Dec: 1840
Ich überschicke gleichzeitig meinem Verleger C: F: Peters
te
Sinfonie
Ouverture
Quartett
Clavierund
Violinenur einen sehr dürftigen, und in der Composition gar keinen Unterricht erhalten, noch fast gar keine gute musikalische Produktion gehört, und als vollkommen blind keine Gelegenheit hat gute Musikwerke zu lesen, so muß man meines Erachtens durchaus anerkennen daß kein gemeines
Ouverture
Quartett
Donaueschingen den 17ten Dec: 1840. Hochverehrtester Herr! Ich überschicke gleichzeitig meinem Verleger C: F: Peters in Leipzig meine 6te Sinfonie. Sie ist eines der jüngsten Kinder meiner Laune. So wenig ich seine älteren Geschwister für wohlgerathen halten darf, eben so wenig ist dies auch mit diesem der Fall. Nachdem aber die früheren gleichwohl so glücklich waren, durch die gütige Nachsicht der Kunstrichter und des Publikums eine freundliche Aufnahme zu finden, so schmeichle ich mir mit der Hoffnung das auch diese meiner jüngsten zu Theil wird. Das sorglicher gewordene Vaterherz läßt mich es jedoch nicht, wie seine Geschwister ohne allen Geleits- und Empfelungsbrief auf die Wanderung schicken, sondern es mahnt mich nachdrücklich, für dasselbe irgend einen Protector aufzusuchen, der sich seiner freundlich annimmt, und ihm da ein gutes Wort verleiht, wo es zuerst sein Glück probiren will. Das gütige und zuvorkommende Benehmen, mit welchem Sie mich bei meiner letzten Anwesenheit in Leipzig beehrten, flößt mir das Vertrauen zu Ihnen ein, daß Sie das angedeutete Protectorat nicht ablehnen werden. Ueberzeugt, daß es nur eines wohlwollenden Worts von Ihnen bedarf, um meinem Kinde ein gutes Fortkommen zu bereiten, erlaube ich mir daher vertrauenvoll die angelegenste Bitte, daß Sie dasselbe, wenn Sie es dieser Ehre anders werth halten, in den Leipziger Concertsaal gütigst einführen möchten. Dem dortigen nachsichtigen Publikum von Ihnen empfohlen, bin ich fest überzeugt, daß es trotz seiner innern und äussern Mängel vielleicht doch eine freundliche Aufnahme finden dürfte. Halten Sie es der Sorgfalt des Vaters zu gut, wenn diese Bitte Sie incommodiren sollte, und erlauben Sie, daß ich zugleich im Interesse der Humanität Sie mit einer zweiten Bitte belästige. Einer meiner liebsten und trefflichsten Freunde, der Direktor des Großherzoglichen, Hofrath Müller zu Freiburg hat in seiner Anstalt einen Schüler, Namens Bink, welcher anliegende Ouverture und anliegendes Quartett geschrieben hat. Nachdem derselbe für Clavier und Violine nur einen sehr dürftigen, und in der Composition gar keinen Unterricht erhalten, noch fast gar keine gute musikalische Produktion gehört, und als vollkommen blind keine Gelegenheit hat gute Musikwerke zu lesen, so muß man meines Erachtens durchaus anerkennen daß kein gemeines Talent aus der Composition dieses Blinden spricht, und daß dieser blutarme Teufel im hohen Grad die Unterstützung der Kunstfreunde verdient. Könnten Sie seine Ouverture bei einer passenden Gelegenheit zur Aufführung bringen, und für sie oder sein Quartett einen Verleger finden, so würden Sie diesen jungen Menschen unaussprechlich glücklich machen, und mich und meinen Freund Müller sich zum wärmsten Dank verpflichten. Ich empfele Ihnen daher diese Kinder eines Blinden wie meine eignen. Zugleich aber bitte ich Sie inständig, mir ja recht bald Gelegenheit zu geben, um Ihnen meine Bereitwilligkeit zu jedem Gegendienste zu zeigen. Sollten Sie nicht einmal die Schweiz besuchen, und bei diesem Anlaß zugleich die Quellen der Donau? Meinem kunstliebenden Fürsten, der Ihre Werke so hochschätzt würde es ganz gewiß zur großen Freude gereichen, Sie persönlich kennen zu lernen. Recht glücklich würde es mich machen, könnten Sie mir einige Aussicht eröffnen Sie einmal hier sehen und verehren zu können. Wollen Sie mich gütigst Ihrer verehrten Frau Gemahlin, Herrn Konzertmeister David und den verehrlichen Mitgliedern der Concert Direktion höflichst empfelen, gleichfalls an sämmtliche Herren des Orchesters. Entschuldigen Sie die Länge dieses Schreibens mit der Natur des Gegenstandes, und genehmigen Sie die Versicherung meiner hohen und aufrichtigen Achtung, womit ich die Ehre habe zu sein Ihr ganz ergebenster J: W: Kalliwoda.
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1840-12-17-02" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1840-12-17-02" xml:id="title_5c144dcc-b723-43fa-9da6-ceadb7ac0505">Johann Wenzel Kalliwoda an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Donaueschingen, 17. Dezember 1840</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_a87ff621-4f5b-421b-a988-6ca0fe938adb">Ich überschicke gleichzeitig meinem Verleger C: F: Peters in Leipzig meine 6te Sinfonie. Sie ist eines der jüngsten Kinder meiner Laune. So wenig ich seine älteren Geschwister für wohlgerathen halten darf, eben so wenig ist</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_29c10707-958f-4869-8be4-bf005b96a40d">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="unknown" type="precursor" xml:id="title_e0dab67e-6ede-41cb-82e0-6e43084ecdeb">unbekannt</title> <title key="unknown" type="successor" xml:id="title_5943f012-63d0-4779-b24e-849e8881e2c4">unbekannt</title> <author key="PSN0112303" resp="author">Kalliwoda (Kalivoda), Johann (Baptist) Wenzel (Jan Křtitel Václav) (1801-1866)</author> <respStmt> <resp resp="writer"></resp> <persName key="PSN0112303" resp="writer">Kalliwoda (Kalivoda), Johann (Baptist) Wenzel (Jan Křtitel Václav) (1801-1866)</persName> </respStmt> <respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_ae8ff538-2a36-4b36-a4dc-585e46a5982b"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_9192dc63-1a91-4b0b-b9bb-dce5a4333cb7"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Deutschland</country> <settlement>Karlsruhe</settlement> <institution key="RISM">D-KA</institution> <repository>Karlsruhe, Badische Landesbibliothek</repository> <collection>-</collection> <idno type="signatur">K 3170,K,5.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1840-12-17-02" type="letter" xml:id="title_6988050e-ed39-4ff4-8a46-88c9441e8e00">Johann Wenzel Kalliwoda an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Donaueschingen, 17. Dezember 1840</title> <incipit>Ich überschicke gleichzeitig meinem Verleger C: F: Peters in Leipzig meine 6te Sinfonie. Sie ist eines der jüngsten Kinder meiner Laune. So wenig ich seine älteren Geschwister für wohlgerathen halten darf, eben so wenig ist</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-2 Brieftext; S. 3 leer; S. 4 Adresse, Siegel.</p> <handDesc hands="1"> <p>Johann Wenzel Kalliwoda</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="notatedMusic">6. Sinfonie F-Dur, op. 132 von Johann Wenzel Kalliwoda.</bibl> <bibl type="notatedMusic">Ouvertüre von Jakob Bing.</bibl> <bibl type="none">Quartett von Jakob Bing.</bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>-</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <projectDesc> <p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C): Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz (Hin- und Gegenbriefe) Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p> </projectDesc> <editorialDecl> <p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C) ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence (FMB-C) Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p> </editorialDecl> </encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1840-12-17" xml:id="date_8b6d367d-34da-480d-8d0d-de561c08f719">17. Dezember 1840</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0112303" resp="author">Kalliwoda (Kalivoda), Johann (Baptist) Wenzel (Jan Křtitel Václav) (1801-1866)</persName> <note>counter-reset</note><persName key="PSN0112303" resp="writer">Kalliwoda (Kalivoda), Johann (Baptist) Wenzel (Jan Křtitel Václav) (1801-1866)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_ab14c287-c97c-4ece-adc9-06437b7db310"> <settlement key="STM0105400">Donaueschingen</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_cd057034-ffaa-4099-8e23-38a836712422">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_91802885-746d-4d8a-aebd-a89a8abdd0e2"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"> </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_1e10bb7b-60fa-41cf-a2b2-96692c0696c9"> <head> <address> <addrLine> <hi rend="latintype">S<hi rend="superscript">r</hi> Wohlgeborn</hi> </addrLine> <addrLine> <hi rend="latintype">Herrn D<hi rend="superscript">r</hi>: Felix Mendelssohn-Bartholdy</hi> </addrLine> <addrLine> <hi n="1" rend="underline">in</hi> </addrLine> <addrLine> <hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">Leipzig</hi>.</hi> </addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline">durch Einschluss</hi>.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_028b6dd1-25e4-4d4c-a58d-bec703a21c08"> <docAuthor key="PSN0112303" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_a38ddf44-01d6-4a65-aefd-7398557e5e96">Kalliwoda (Kalivoda), Johann (Baptist) Wenzel (Jan Křtitel Václav) (1801-1866)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112303" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_eabbc71c-a607-4fdf-bf2b-fcd196ca4a4b">Kalliwoda (Kalivoda), Johann (Baptist) Wenzel (Jan Křtitel Václav) (1801-1866)</docAuthor> <dateline rend="right"><hi rend="latintype">Donaueschingen</hi> den <date cert="high" when="1840-12-17" xml:id="date_4d4ce425-73c8-46dc-ade4-b359192b716a">17<hi rend="superscript">ten</hi> <hi rend="latintype">Dec</hi>: 1840</date>.</dateline> <salute rend="left">Hochverehrtester Herr!</salute> <p style="paragraph_without_indent">Ich überschicke gleichzeitig meinem Verleger <persName xml:id="persName_ff33bc2d-1d40-473a-9743-5f537faa7864"><hi rend="latintype">C</hi>: <hi rend="latintype">F</hi>: <hi rend="latintype">Peters</hi><name key="PSN0113831" style="hidden" type="person">C. F. Peters, Musikverlag in Leipzig</name></persName> in Leipzig meine <title xml:id="title_7defad0e-24c9-4a35-b5e3-6cae3f7b3edb">6<hi rend="superscript">te</hi> <hi rend="latintype">Sinfonie</hi><name key="PSN0112303" style="hidden" type="author">Kalliwoda (Kalivoda), Johann (Baptist) Wenzel (Jan Křtitel Václav) (1801-1866)</name><name key="CRT0109476" style="hidden" type="music">7. Sinfonie g-Moll, WoO I/01</name></title>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f661814b-ac38-4373-aefa-0a2d33cef165" xml:lang="de ">meine 6te Sinfonie – Bei der von Johann Wenzel Kalliwoda genannten Sinfonie handelt es sich um seine 7. Sinfonie g-Moll, WoO I/1, die, als 6. Sinfonie Kalliwodas angekündigt, im 17. Abonnementkonzert der Saison 1840/41 im Leipziger Gewandhaus am 18. Februar 1841 unter der Leitung von Mendelssohn aufgeführt wurde; siehe Hagels, Konzerte in Leipzig, Statistik, S. 1054. In der Besprechung in der AMZ wird sie ebenfalls als 6. Sinfonie bezeichnet, doch die Tonart ist mit g-Moll angegeben; siehe AMZ 43, Nr. 11, 17. März 1841, Sp. 242. Kalliwodas 6. Sinfonie op. 132 steht in F-Dur.</note> Sie ist eines der jüngsten Kinder meiner Laune. So wenig ich seine älteren Geschwister für wohlgerathen halten darf, eben so wenig ist dies auch mit diesem der Fall. Nachdem aber die früheren gleichwohl so glücklich waren, durch die gütige Nachsicht der Kunstrichter und des Publikums eine freundliche Aufnahme zu finden, so schmeichle ich mir mit der Hoffnung das auch diese meiner jüngsten zu Theil wird. Das sorglicher gewordene Vaterherz läßt mich es jedoch nicht, wie seine Geschwister ohne allen Geleits- und <choice resp="Editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_9b4789cd-65e4-4338-8564-342b6bd2f310"><sic resp="writer">Empfelungsbrief</sic><corr resp="editor">Empfehlungsbrief</corr></choice> auf die Wanderung schicken, sondern es mahnt mich nachdrücklich, für dasselbe irgend einen Protector aufzusuchen, der sich seiner freundlich annimmt, und ihm da ein gutes Wort verleiht, wo es zuerst sein Glück probiren will. Das gütige und zuvorkommende Benehmen, mit welchem Sie mich bei meiner letzten Anwesenheit in Leipzig beehrten, flößt mir das Vertrauen zu Ihnen ein, daß Sie das angedeutete Protectorat nicht ablehnen werden. Ueberzeugt, daß es nur eines wohlwollenden Worts von Ihnen bedarf, um meinem Kinde ein gutes Fortkommen zu bereiten, erlaube ich mir daher vertrauenvoll die angelegenste Bitte, daß Sie dasselbe, wenn Sie es dieser Ehre anders werth halten, in den <placeName xml:id="placeName_4782d871-d10c-4bf9-ba18-197ff79a8314">Leipziger Concertsaal<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="Abonnementkonzerte, Konzerte" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gütigst einführen möchten.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_84986575-7dfd-4fbd-8c6c-3e59a6afbae7" xml:lang="de ">in den Leipziger Concertsaal gütigst einführen möchten – Das Werk gelangte im 17. Abonnementkonzert der Saison 1840/41 im Leipziger Gewandhaus am 18. Februar 1841 unter der Leitung von Mendelssohn zur Aufführung; siehe Hagels, Konzerte in Leipzig, Statistik, S. 1054.</note> Dem dortigen nachsichtigen Publikum von Ihnen empfohlen, bin ich fest überzeugt, daß es trotz seiner innern und äussern Mängel vielleicht doch eine freundliche Aufnahme finden dürfte. Halten Sie es der Sorgfalt des Vaters zu gut, wenn diese Bitte Sie incommodiren sollte, und erlauben Sie, daß ich zugleich im Interesse der Humanität Sie mit einer zweiten Bitte belästige. Einer meiner liebsten und trefflichsten Freunde, der Direktor des <placeName xml:id="placeName_8194f244-272c-4a1e-be3a-02c31d9940ba">Großherzoglichen <choice resp="Editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_3b6882c5-8004-4515-a6f4-5c1e730d3dbc"><sic resp="writer">Blindenistituts</sic><corr resp="editor">Blindeninstituts</corr></choice><name key="NST0105401" style="hidden" subtype="" type="institution">Blindeninstitut</name><settlement key="STM0100624" style="hidden" type="locality">Freiburg im Breisgau</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, <persName xml:id="persName_a628822c-e543-4e77-bda3-7dd972ffcddf">Hofrath Müller<name key="PSN0120501" style="hidden" type="person">Müller, Herr (III)</name></persName> zu <placeName xml:id="placeName_79b980d0-2d35-4306-a3a5-ad60731cb449">Freiburg<settlement key="STM0100624" style="hidden" type="locality">Freiburg im Breisgau</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> hat in seiner Anstalt einen Schüler, Namens <persName xml:id="persName_036300d0-7b57-46df-8d89-3838f2b4a101">Bink<name key="PSN0109956" style="hidden" type="person">Bing, Jakob (1821-1841)</name></persName>, welcher anliegende <title xml:id="title_0dc3cd27-810a-4bf0-bf1d-fbae3e999eb0"><hi rend="latintype">Ouverture</hi><name key="PSN0109956" style="hidden" type="author">Bing, Jakob (1821-1841)</name><name key="CRT0108228" style="hidden" type="music">Ouvertüre</name></title> und anliegendes <title xml:id="title_f3c6c45a-5296-4382-ba4f-6611c33ad8f2"><hi rend="latintype">Quartett</hi><name key="PSN0109956" style="hidden" type="author">Bing, Jakob (1821-1841)</name><name key="CRT0113175" style="hidden" type="music">Quartett</name></title> geschrieben hat. Nachdem derselbe für <hi rend="latintype">Clavier</hi> und <hi rend="latintype">Violine</hi> nur einen sehr dürftigen, und in der Composition gar keinen Unterricht erhalten, noch fast gar keine gute musikalische Produktion gehört, und als vollkommen blind keine Gelegenheit hat gute Musikwerke zu lesen, so muß man meines Erachtens durchaus anerkennen daß kein gemeines<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>Talent aus der Composition dieses Blinden spricht, und daß dieser blutarme Teufel im hohen Grad die Unterstützung der Kunstfreunde verdient. Könnten Sie seine <title xml:id="title_e132f3a1-7e34-46b7-bc16-cf415b26e10f"><hi rend="latintype">Ouverture</hi><name key="PSN0109956" style="hidden" type="author">Bing, Jakob (1821-1841)</name><name key="CRT0108228" style="hidden" type="music">Ouvertüre</name></title> bei einer passenden Gelegenheit zur Aufführung bringen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ccf8ec66-210f-4b4e-a237-c3191027ca44" xml:lang="de ">seine Ouverture … zur Aufführung bringen – Mendelssohn sah kaum eine Möglichkeit, das Werk in der laufenden Saison zur Aufführung zu bringen; siehe Brief fmb-1841-01-23-04 (Brief Nr. 2984) Felix Mendelssohn Bartholdy an den Verlag C. F. Peters in Leipzig, Leipzig, 23. Januar 1841, Z. 16-20: »Gern würde ich die Ouvertüre zur Aufführung bringen, weil sie so wohl, wie das Quartett, mir ein entschiednes, ungewöhnliches musikalisches Talent verrathen, aber im Laufe dieses Winters, wo wir nun schon des Neuen ziemlich viel haben, wird es schwer möglich sein.« Bings Ouvertüre wurde in keinem der Abonnementkonzerte im Leipziger Gewandhaus unter der Leitung von Mendelssohn gespielt; siehe Hagels, Konzerte in Leipzig, Statistik.</note> und für sie oder sein <title xml:id="title_595499a1-7e53-446a-9194-1042e07a4da7"><hi rend="latintype">Quartett</hi><name key="PSN0109956" style="hidden" type="author">Bing, Jakob (1821-1841)</name><name key="CRT0113175" style="hidden" type="music">Quartett</name></title> einen Verleger finden,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1763196e-2664-4378-9741-3ffd88088817" xml:lang="de ">für sie oder sein Quartett einen Verleger finden – Mendelssohn leitete beide Kompositionen Jakob Bings an den Verlag C. F. Peters weiter und bat dort um Unterstützung für Jakob Bing sowie um die Bekanntmachung von dessen Werken; siehe Brief fmb-1841-01-23-04 (Brief Nr. 2984) Felix Mendelssohn Bartholdy an den Verlag C. F. Peters in Leipzig, Leipzig, 23. Januar 1841, Z. 20-23: »Könnten Sie Ihrerseits nicht etwas für die Bekanntmachung und fernere Unterstützung des jungen Mannes, für den sich Kalliwoda so angelegentlich verwendet, thun? Er scheint mir dessen wirklich vollkommen würdig zu sein.«</note> so würden Sie diesen jungen Menschen unaussprechlich glücklich machen, und mich und meinen Freund <persName xml:id="persName_dde9a28b-7fe8-4cb5-91e5-7345c62dbe3d">Müller<name key="PSN0120501" style="hidden" type="person">Müller, Herr (III)</name></persName> sich zum wärmsten Dank verpflichten. Ich <choice resp="Editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_8d7488b3-facd-487b-92bd-5c16c5ccf72f"><sic resp="writer">empfele</sic><corr resp="editor">empfehle</corr></choice> Ihnen daher diese Kinder eines Blinden wie meine eignen. Zugleich aber bitte ich Sie inständig, mir ja recht bald Gelegenheit zu geben, um Ihnen meine Bereitwilligkeit zu jedem Gegendienste zu zeigen. Sollten Sie nicht einmal die <placeName xml:id="placeName_cd741ae4-1886-4252-9116-2401715d9880">Schweiz<settlement key="STM0104801" style="hidden" type="locality">Schweiz</settlement><country style="hidden">Schweiz</country></placeName> besuchen, und bei diesem Anlaß zugleich die Quellen der Donau? Meinem kunstliebenden <persName xml:id="persName_ccfe4ef3-97a6-4028-85b2-8def9e7acfdb">Fürsten<name key="PSN0120500" style="hidden" type="person">Fürstenberg, Karl Egon II. Fürst zu (1796-1854)</name></persName>, der <title xml:id="title_ff70fa54-adfc-4be7-b84c-587688964bdd">Ihre Werke<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_e578d861-ae42-4aa0-abf8-59e4856dc519"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="unidentified_and_unspecified_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0101039" style="hidden">Kompositionen<idno type="MWV"></idno><idno type="op"></idno></name></title> so hochschätzt würde es ganz gewiß zur großen Freude gereichen, Sie persönlich kennen zu lernen. Recht glücklich würde es mich machen, könnten Sie mir einige Aussicht eröffnen Sie einmal hier sehen und verehren zu können. Wollen Sie mich gütigst <persName xml:id="persName_3ecbceef-fc80-4719-9239-f2a5cef88ff1">Ihrer verehrten Frau Gemahlin<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName>, <persName xml:id="persName_ada363dc-e7d2-4be9-ba5d-d10997073abf">Herrn Konzertmeister David<name key="PSN0110564" style="hidden" type="person">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name></persName> und den verehrlichen Mitgliedern der <placeName xml:id="placeName_be21f045-009f-40c3-a469-2260c965c6e2">Concert Direktion<name key="NST0100328" style="hidden" subtype="Konzertdirektion" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> höflichst <choice resp="Editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_a16dbbf6-388e-4039-92f0-41ccaa197f0a"><sic resp="writer">empfelen</sic><corr resp="editor">empfehlen</corr></choice>, gleichfalls an sämmtliche Herren des <placeName xml:id="placeName_437b5ae7-9b09-43cf-b27a-a5f8b438aac8">Orchesters<name key="NST0100494" style="hidden" subtype="Orchester" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>.</p> <closer rend="left">Entschuldigen Sie die Länge dieses Schreibens mit der Natur des Gegenstandes, und genehmigen Sie die Versicherung meiner hohen und aufrichtigen Achtung, womit ich die Ehre habe zu sein Ihr ganz ergebenster</closer> <signed rend="right">J: W: Kalliwoda.</signed> </div> </body> </text></TEI>