gb-1840-02-08-02
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Berlin, 8. Februar 1840
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [BERLIN 10 11 / 9 / 2 ], [St. Post / 10 FEB. / V. 3-5].
Karl von Holtei
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Dr.
FelixMendelson Mendelssohn -
Leipzig.
Berlin
Edelster Herr und Meister! Skt.
Ich aber hatte ein gutes Gewissen, denn ein schriftliches monitorium
Zuvörderst die Versicherung, daß ich von
Sie wollen einen Operntext und erweisen mir die Güte, ihn von mir haben zu wollen.
Als ich Ihnen damals eine mit Zigeunern umernsthaft gemeinten Liebestrankes im Herzen, ich suchte mich der Zigeuner zu entschlagen, mußte aber nun nothwendig einen andern Kontrast finden, der nur einigermassen den Abstand zwischen Prinz und Zigeunerin ersetzen konnte. Wo soll man niedrig stehende Figuren finden, deren Zustand nicht gänzlich die Poesie ausschließt. Der Satan trieb mich zu einer jungen Müllerin. Als ich Freund Jägersleute streifen wieder an den
einzigenOpernidee keinen Rath mehr.
Haben Sie einen Stoff auf den Sie mich
tenob und wann Sie nach Berlin kommen wollen. Vor Allem aber, ob Sie einen Stoff in petto haben. Oft genügt die subtilste Anregung, zu einer größeren
Holtei
Ich frankire nicht, bitte Sie dergl. zu thun. Mit d. verfl. Frankiren geh’n viele Briefe verloren u. Lipke sagt: es ist nit gentelmähsich
o5.
Berlin 8 Febr. 40. Edelster Herr und Meister! Skt. Paulus war ein Medikus, nebstbei ein Exekutor, welcher gestern in meine Studentenwohnung rückte, um mich zu mucken. Ich aber hatte ein gutes Gewissen, denn ein schriftliches monitorium Ihrer verehrten Frau Mutter, hatte ich mündlich zu erwiedern mir redlich vorgesetzt, und werde das auch in den nächsten Tagen thun. Zuvörderst die Versicherung, daß ich von denjenigen Ihrer Briefe, deren die Ihrigen als nach meiner Abreise aus Deutschland an mich erlassen, erwähnen, nichts weiß. Dieselben mögen das Schicksal vieler andrer Briefe gehabt haben, deren Schreiber mich jetzt schelten, daß ich ihnen nicht geantwortet. Die russische Grenze ist – die russische. Es liesse sich darüber viel sagen und klagen. Sie wollen einen Operntext und erweisen mir die Güte, ihn von mir haben zu wollen. Ich muß Ihnen bekennen, daß sich, seit meinen letzten an Sie geschriebenen Zeilen in meinen dramatischen Vorräthen nichts gebessert hat. Zwei Jahre einer beschwerlichen Theaterdirektionsführung, und ein Jahr einsamen Wittwerlebens, waren nicht geeignet, lyrische, oder gar dramatische Keime zu fördern. Als ich Ihnen damals eine mit Zigeunern umne Oper anbot, wiesen Sie solche, eben dieses Galgenschunds wegen, gewiß mit Recht, von sich. Mir aber blieb die Idee des ernsthaft gemeinten Liebestrankes im Herzen, ich suchte mich der Zigeuner zu entschlagen, mußte aber nun nothwendig einen andern Kontrast finden, der nur einigermassen den Abstand zwischen Prinz und Zigeunerin ersetzen konnte. Wo soll man niedrig stehende Figuren finden, deren Zustand nicht gänzlich die Poesie ausschließt. Der Satan trieb mich zu einer jungen Müllerin. Als ich Freund Kahlert bei meinem bresl. Aufenthalt diese neue Idee mittheilte, schrie dieser: um Gottes willen keine Wassermühle mehr in die Opernwelt! Die Müller sind seine Zigeuner. Vielleicht schreien Sie mit ihm. Jägersleute streifen wieder an den Freischütz. Und mit Hofrath Töchtern geht es doch nicht. Ich weiß mir also, mit dieser meiner einzigen Opernidee keinen Rath mehr. Haben Sie einen Stoff auf den Sie mich hinweisen wollen, so finden Sie mich bereit, Ihren Wünschen meine besten Kräfte zu widmen Paul sagte, Sie kämen im Frühling hierher. Ich reise den 16ten nach Königsberg u. sw. um mein armes verwaisetes Mündel dort abzuholen und wieder ins Vaterland zu bringen. Vor Mitte May, denke ich wieder hier zu seyn. Thun Sie mir also kund: ob und wann Sie nach Berlin kommen wollen. Vor Allem aber, ob Sie einen Stoff in petto haben. Oft genügt die subtilste Anregung, zu einer größeren Komposition. Und nach meiner Meinung sind die Ideen zu guten Opernbüchern, immer von dem Kompromiß ausgegangen, so wie der Operndichter dann durch seine Scenierung und Versifikation oft der Vater der besten musikalischen Einzelheit wurde. Diese Schlange beißt sich in ihren Schwanz Wollen Sie der Arzt seyn, so will ich, als Schwanz, mich gern beissen lassen. Hochachtungsvoll Ihr herzlich ergebenster K v Holtei Ich frankire nicht, bitte Sie dergl. zu thun. Mit d. verfl. Frankiren geh’n viele Briefe verloren u. Lipke sagt: es ist nit gentelmähsich Werdersche Rosenstraße No 5.
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1840-02-08-02" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1840-02-08-02">Karl von Holtei an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Berlin, 8. Februar 1840</title> <title level="s" type="incipit">Edelster Herr und Meister! Skt. Paulus war ein Medikus, nebstbei ein Exekutor, welcher gestern in meine Studentenwohnung rückte, um mich zu mucken. 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Ich aber hatte ein gutes Gewissen, denn ein schriftliches monitorium Ihrer verehrten Frau Mutter,</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [BERLIN 10 11 / 9 / 2 ], [St. Post / 10 FEB. / V. 3-5].</p> <handDesc hands="1"> <p>Karl von Holtei</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Hennemann, Felix Mendelssohn Bartholdys Opernprojekte, S. 408 (Teildruck mit Textauslassungen).</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1840-02-08">8. 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Skt. <persName xml:id="persName_66aadc83-1b72-4076-a123-2fe6d6689cb2">Paulus<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> war ein Medikus, nebstbei ein Exekutor, welcher <date cert="high" when="1840-02-07">gestern</date> in meine Studentenwohnung rückte, um mich zu mucken.<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_9d6010f2-f0be-636f8-d0153-224c8a577cfa" xml:lang="de">mucken – brummen oder murmeln; siehe Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Bd. VI, Leipzig 1885, Sp. 2609.</note></p> <p>Ich aber hatte ein gutes Gewissen, denn ein schriftliches <hi rend="latintype">monitorium</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_0d4f3c5b-3cd2-4cd2-9156-b497fcd5980e" xml:lang="de ">monitorium – Mahnschreiben.</note> <persName xml:id="persName_831282dc-2f8c-4a5d-bb0d-720a97f8b733">Ihrer verehrten Frau Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName>, hatte ich mündlich zu erwiedern mir redlich vorgesetzt, und werde das auch in den nächsten Tagen thun.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_3a20ccd1-334f-0b74a-b0ca5-78d8098e8541" xml:lang="de">hatte ich mündlich zu erwiedern mir redlich vorgesetzt, und werde das auch in den nächsten Tagen thun – Obwohl Paul Mendelssohn Bartholdy Holtei auf Lea Mendelssohn Bartholdys Betreiben hin, persönlich aufsuchte und Holtei Paul Mendelssohn Bartholdy versprach, Lea Mendelssohn Bartholdy aufzusuchen, tat er es vor seiner Abreise von Berlin nicht; siehe Brief gb-1840-02-22-01 Walter Lejeune Dirichlet und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Berlin, 22. Februar 1840.</note></p> <p>Zuvörderst die Versicherung, daß ich von <title>denjenigen Ihrer Briefe, deren die Ihrigen als nach meiner Abreise aus Deutschland an mich erlassen<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="fmb-1837-11-20-02" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Karl von Holtei in Riga; Leipzig, zwischen dem 13. und 20. November 1837</name></title>, erwähnen, nichts weiß.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c9b937ca-4341-e13d8-1120d-5829bf946e15" xml:lang="de">ich von denjenigen Ihrer Briefe, deren die Ihrigen als nach meiner Abreise aus Deutschland an mich erlassen, erwähnen, nichts weiß – Offenbar hatte Holtei Briefe, die ihm nach Riga geschickt wurden, nicht erreicht. Mendelssohn ihm im November 1837 dorthin geschrieben; siehe Brief fmb-1837-11-20-02 (Brief Nr. 1773) Felix Mendelssohn Bartholdy an Karl von Holtei in Riga, Leipzig, zwischen dem 13. und 20. November 1837. Welche weiteren Briefe gemeint sind, ist nicht bekannt.</note> Dieselben mögen das Schicksal vieler andrer Briefe gehabt haben, deren Schreiber mich jetzt schelten, daß ich ihnen nicht geantwortet. Die russische Grenze ist – die russische. Es liesse sich darüber viel sagen und klagen.</p> <p>Sie wollen einen Operntext und erweisen mir die Güte, ihn von mir haben zu wollen.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d7f82012-73da-550b9-750cf-07ac25424fe3" xml:lang="de">Sie wollen einen Operntext und erweisen mir die Güte, ihn von mir haben zu wollen – Den dringenden Wunsch, dass Holtei ihm einen solchen Text schriebe, hatte Mendelssohn am 27. Januar 1840 auch seiner Mutter mitgeteilt; siehe Brief fmb-1840-01-27-01 (Brief Nr. 2611) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Leipzig, 27. Januar 1840, Z. 38-43: »Wenn Du Holtei siehst, so bitte ich Dich frage ihn doch warum er meine wiederholten, dringenden Briefe mit keiner Sylbe beantwortet hat, und theile mir seine Antwort mit; ich gäbe viel darum, wenn er für mich einen Text machte, ich weiß keinen andern Dichter als ihn, in ganz Deutschland, und das hab ich ihm gesagt, und er hat doch nicht geantwortet; sag ihm das.« Auch im nächsten Brief an seine Mutter beklagte Mendelssohn sich über Holteis ausstehende Antwort auf seine Briefe; siehe Brief fmb-1840-02-04-01 (Brief Nr. 2620) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Leipzig, 4. Februar 1840, Z. 81 ff.: »Über Holteis Antwort bitte ich Dich recht sehr mir bald zu berichten; ich kann ihm, da er mir auf 2 so dringende Briefe gar nicht antwortete, nicht wohl wieder schreiben, sonst thäte ichs dennoch.«</note> Ich muß Ihnen bekennen, daß sich, seit meinen letzten an Sie geschriebenen Zeilen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_eee5966a-20df-f14df-5772c-df4ce5982595" xml:lang="de">seit meinen letzten an Sie geschriebenen Zeilen – Felix Mendelssohn Bartholdy und Karl von Holtei hatten sich in den Jahren 1836 und 1837 bezüglich eines Opernstoffes ausgetauscht. Am 4. Dezember 1836 erwähnte Mendelssohn einen Brief Holteis; siehe Brief fmb-1836-12-04-01 (Brief Nr. 1489) Felix Mendelssohn Bartholdy an Karl von Holtei in Berlin, Leipzig, 4. Dezember 1836, Z. 2: »Ihr Brief vom 29. v. M.« Ob Holtei sich auf diesen Brief (gb-1836-11-29-01 Karl von Holtei an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Berlin, 29. November 1836) bezieht, ist nicht auszumachen.</note> in meinen dramatischen Vorräthen nichts gebessert hat. Zwei Jahre einer beschwerlichen Theaterdirektionsführung, und ein Jahr<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> einsamen Wittwerlebens, waren nicht geeignet, lyrische, oder gar dramatische Keime zu fördern.</p> <p>Als ich Ihnen damals eine mit Zigeunern um<gap quantity="5" reason="covering" unit="characters"></gap>ne Oper anbot, wiesen Sie solche, eben dieses Galgenschunds wegen, gewiß mit Recht, von sich<unclear reason="covering" resp="FMBC">.</unclear><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ac559dd7-bd73-80f94-06789-600626abc462" xml:lang="de">Als ich Ihnen damals eine… Oper anbot … wiesen Sie solche … von sich – Karl von Holtei hatte Mendelssohn ein Opernsujet mit »Zigeunern« vorgeschlagen, das Mendelssohn aufgrund der thematischen Nähe zu Carl Maria von Weberns Preciosa (Musik zum Schauspiel) op. 78 (WeV F. 22) ablehnte; siehe Brief fmb-1836-12-12-02 (Brief Nr. 1497) Felix Mendelssohn Bartholdy an Karl von Holtei in Berlin, Leipzig, 12. Dezember 1836.</note> Mir aber blieb die Idee des <hi n="1" rend="underline">ernsthaft</hi> gemeinten Liebestrankes im Herzen, ich suchte mich der Zigeuner zu entschlagen, mußte aber nun nothwendig einen andern Kontrast finden, der nur einigermassen den Abstand zwischen <hi n="1" rend="underline">Prinz</hi> und <hi n="1" rend="underline">Zigeunerin</hi> ersetzen konnte. Wo soll man niedrig stehende Figuren finden, deren Zustand nicht gänzlich die Poesie ausschließt. Der Satan trieb mich zu einer jungen Müllerin. Als ich Freund <persName xml:id="persName_a4a2cfc3-6fa0-4065-9af5-671c93278982">Kahlert<name key="PSN0112294" style="hidden" type="person">Kahlert, Karl August Timotheus (1807-1864)</name></persName> bei meinem <placeName xml:id="placeName_8fa80d47-817a-4883-95e8-8ac257e3a59a">bresl.<settlement key="STM0100136" style="hidden" type="locality">Breslau</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Aufenthalt diese neue Idee mittheilte, schrie dieser: um Gottes willen keine Wassermühle mehr in die Opernwelt! Die Müller sind seine Zigeuner. Vielleicht schreien Sie mit ihm. <hi n="1" rend="underline">Jägers</hi>leute streifen wieder an den <title xml:id="title_aa585e25-4b38-4832-8aec-51fbb64dc74e">Freischütz<name key="PSN0115645" style="hidden" type="author">Weber, Carl Maria Friedrich Ernst von (1786–1826)</name><name key="CRT0111243" style="hidden" type="music">Der Freischütz op. 77 (WeV C. 7)</name></title>. Und mit <unclear reason="uncertain_reading" resp="FMBC">Hofrath</unclear> Töchtern geht es doch nicht. Ich weiß mir also, mit dieser meiner <hi n="1" rend="underline">einzigen</hi> Opernidee keinen Rath mehr.</p> <p>Haben Sie einen Stoff auf den Sie mich<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> hinweisen wollen, so finden Sie mich bereit, Ihren Wünschen meine besten Kräfte zu widmen<note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_cf433dd3-1b29-4360-aef1-49cd6a3b41de" xml:lang="de ">widmen – danach fehlender Satzpunkt.</note></p> <p><persName xml:id="persName_de476184-2d64-41fe-8f5b-c7b334e38e2b">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> sagte, Sie kämen im Frühling hierher. Ich reise den <date cert="high" when="1840-02-16">16<hi rend="superscript">ten</hi></date> nach <placeName xml:id="placeName_9ef54dde-a3eb-4af0-8834-c9f6d31fb55a">Königsberg<settlement key="STM0100370" style="hidden" type="locality">Königsberg</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> u. sw. um mein armes verwaisetes Mündel<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2f330186-b5eb-dad95-33505-105bd8a842ac" xml:lang="de">mein armes verwaisetes Mündel – nicht ermittelt. Am 20. Dezember 1838 oder 10. Januar 1839 war Julie Holtei, die zweite Frau von Karl von Holtei, nach einer Frühgeburt gestorben.</note> dort abzuholen und wieder ins Vaterland zu bringen. Vor <date cert="medium" notAfter="1840-05-21" notBefore="1840-05-08">Mitte May</date>, denke ich wieder hier zu seyn. Thun Sie mir also kund: <hi n="1" rend="underline">ob</hi> und <hi n="1" rend="underline">wann</hi> Sie nach Berlin kommen wollen. Vor Allem aber, ob Sie einen Stoff in <hi rend="latintype">petto</hi> haben. Oft genügt die subtilste Anregung, zu einer größeren <unclear reason="uncertain_reading" resp="FMBC">Komposition</unclear>. Und nach meiner Meinung sind die Ideen zu guten Opernbüchern, immer von dem Kompromiß ausgegangen, so wie der Operndichter dann durch seine Scenierung<note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_af3fd84a-c2b5-4a52-88a6-8537fd4dea3f" xml:lang="de ">Scenierung – Wortende verschliffen.</note> und Versifikation oft der Vater der besten musikalischen Einzelheit wurde. <seg type="closer">Diese Schlange beißt sich in ihren Schwanz<note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_5052bec5-5a58-4ece-b2e4-147e976e1b96" xml:lang="de ">Schwanz – danach fehlender Satzpunkt.</note> Wollen Sie der Arzt seyn, so will ich, als Schwanz, mich gern beissen lassen.</seg></p> <signed rend="right">Hochachtungsvoll Ihr</signed> <signed rend="right">herzlich ergebenster</signed> <signed rend="right">K v <hi rend="latintype">Holtei</hi></signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing"> <docAuthor key="PSN0112072" resp="author" style="hidden">Holtei, Karl Eduard von (1798-1880)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112072" resp="writer" style="hidden">Holtei, Karl Eduard von (1798-1880)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"> <hi rend="latintype">Ich frankire nicht, bitte Sie dergl. zu thun. Mit d. verfl. Frankiren geh’n viele Briefe verloren u. <persName xml:id="persName_163188d3-c1e2-435a-8cc8-043383bdcb9a">Lipke<name key="PSN0120314" style="hidden" type="person">Lipke (bis 1812: Liebmann), Leonhard (bis 1812: Moses) (1780-?)</name></persName> sagt: es ist nit gentelmähsich<note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_60810031-0b4f-6de67-a3cb2-5507cce6e1f8" xml:lang="de">gentelmähsich – oberhalb des Buchstaben g befindet sich eine Tilde.</note></hi> </p> </div> <div type="sender_address"> <p style="paragraph_left"> <address> <addrLine>Werdersche Rosenstraße</addrLine> <addrLine>N<hi rend="superscript">o</hi> 5.</addrLine> </address> </p> </div> </body> </text></TEI>