gb-1839-11-12-02
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Wien, 12. November 1839
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 leer.
Henriette von Pereira-Arnstein.
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
tenNov: 1839
Ich will Dir Felix!ten
comme moutarde après diner, denn Briefe und die geschwäzigen Journalisten
mütterlicherTheilnahme anhörte, doch eine Störung empfand, weil ich neuerdings und genau in dem Moment doppelt lebhaft bedauerte Dich nicht hier, nicht als dirigerenden Meister dort oben zu sehen. Lieber
Felix, ich bedauerte es Deinetwegen aus so vielen Gründen! so anerkennend das Publikum auch gewesen, dem
Compositeur, der durch seine Gegenwart auch seinen Geist, den Ausübenden wie dem Zuhörer mitgetheilt, hätte, man auch noch viel lebhafter durchdrungener durch Beifall ermuntert und belohnt. Durch Deine Gegenwart wär so vieles angeregt worden, was bisher nur schwach oder gar nicht durchgedrungen, so viele Deiner übrigen
Compositionen, und endlich, würdest Du selbst eine wahre Freude gehabt haben den Paulus so grandios, mit so tüchtigen Mitteln ausgeführt zu hören.
Tausendmal bedaure ich daß ein Gefühl der Bescheidenheit mich abhielt, die ganze Negotiation
Du lieber Felix, hast Dich ganz natürlich wundern müssen den Indiscretionen bereits im Nachtheil gegen Dich stand. Du aber weißt wahrscheinlich auch nicht, daß Musikfeste, wie sie in Deutschland und England Sitte sind, hier eine gänzlich unbekannte Sache und jede Aufführung dieser Art, eine precäre Sache. Ich will haben und nichts erwarten; so etwas könnt Ihr junges Volk thun, nicht aber
Concert monstre senden. Ich höre aber die Herren
Ists artig daß ich Dich erst hinterdrein zu dem neugebornen haben.
Pereira.
Wien den 12ten Nov: 1839 Ich will Dir lieber Felix! schon seit dem 7ten den Tag der ersten Aufführung des Paulus schreiben, es ist mir aber bis diesen Augenblick nicht möglich gewesen und thue es jetzt in wahrer Eile, ohnedieß komme ich wahrscheinlich, comme moutarde après diner, denn Briefe und die geschwäzigen Journalisten sind mir gewiß schon zuvor geeilt. Ich überlaße ihnen also Dir den Eindruck zu schildern, und Dir gründlich all und jedes auseinanderzusetzen; ich will nur von mir sprechen, und Dir sagen daß ich mitten im Genuß Deines schönen Werkes, das ich mit (ich darf schon sagen) mütterlicher Theilnahme anhörte, doch eine Störung empfand, weil ich neuerdings und genau in dem Moment doppelt lebhaft bedauerte Dich nicht hier, nicht als dirigerenden Meister dort oben zu sehen. Lieber Felix, ich bedauerte es Deinetwegen aus so vielen Gründen! so anerkennend das Publikum auch gewesen, dem Compositeur, der durch seine Gegenwart auch seinen Geist, den Ausübenden wie dem Zuhörer mitgetheilt, hätte, man auch noch viel lebhafter durchdrungener durch Beifall ermuntert und belohnt. Durch Deine Gegenwart wär so vieles angeregt worden, was bisher nur schwach oder gar nicht durchgedrungen, so viele Deiner übrigen Compositionen, und endlich, würdest Du selbst eine wahre Freude gehabt haben den Paulus so grandios, mit so tüchtigen Mitteln ausgeführt zu hören. Tausendmal bedaure ich daß ein Gefühl der Bescheidenheit mich abhielt, die ganze Negotiation zu übernehmen; ich hätte die Sache so hingestellt wie sie ist, und jede Partei wäre zufrieden mit sich und dem Andern geblieben. Wer Recht oder nicht, ob beide, das mag ich nicht untersuchen, darüber mögen sich diejenigen erklären die betheiligt sind, nur thut es mir leid, daß aus Mißverständnißen eine so schöne Sache verdorben worden. Allerdings hattest Du, Deiner Ansicht nach, Recht zu handeln wie Du gethan; aber wenn Du mir ein Wort geschrieben ehe Du einen Entschluß gefaßt, es hätte sich vielleicht alles anders gestaltet. Du lieber Felix, hast Dich ganz natürlich wundern müssen den Musikverein in Geldverhandlungen eingehen zu sehen, nachdem es ohne es zu ahnden, durch Indiscretionen bereits im Nachtheil gegen Dich stand. Du aber weißt wahrscheinlich auch nicht, daß Musikfeste, wie sie in Deutschland und England Sitte sind, hier eine gänzlich unbekannte Sache und jede Aufführung dieser Art, eine Bestrebung ist die der in Mitteln beschränkte Kunst Musikverein, aus Liebe und Achtung für die Kunst macht. – Kurz – wir, Du, das Publikum – und am Ende auch ich, sind um Freuden gekommen. Glaubst Du es tröstet mich sehr daß Du mir Deinen Besuch in zwei Jahren versprichst? mein Kind, in meinem Alter ist eine Aussicht auf meine kurz hingesponnene Zukunft eine gar precäre Sache. Ich will haben und nichts erwarten; so etwas könnt Ihr junges Volk thun, nicht aber nicht ich. Also bilde Dir gar nicht ein mir die Pille versüßt zu haben; es wird Dir nur vergeben wenn Du Deinen Termin viel näher heran rückst. Ich wollte Dir eine Lithographie der Stellung der Musik des Concert monstre senden. Ich höre aber die Herren Direktoren wollen es thun, ich behalte also mein Exemplar, und sende es mit erster Gelegenheit Deiner lieben Mutter. Ists artig daß ich Dich erst hinterdrein zu dem neugebornen Töchterchen gratulire? ich thue dennoch recht herzlich, wenn auch spät und wünsche dem kleinen Mädchen die Anmuth der Mutter, von der ich schon so viel Liebes und Gutes gehört. Nur einem Magnet wie sie es ist, kann ich verzeihen daß Du nicht herkamst denn gewiß ist auch sie ein Hauptgrund Dich zu feßeln, wie Flora mich von dem Vorhaben Berlin zu besuchen, auch abhält. Diese Flora grüßt Dich schönstens, und versichert Dich, daß Du sie um eine große Freude, Dich zu sehen und Dich zu bewundern gebracht. Sieh zu wie Du so viele erzürnte Geister beschwichtigst und ermesse aus unserm Unmuth wie groß die Freuden gewesen wäre Dich zu haben. Lebe wohl und behalte Wien und seine Bewohner in freundlichem Andenken, sie haben es so gut gemeint! – Deine H: Pereira.
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Auf Wunsch des Kaisers erfolgte diese Paulus-Aufführung in zwei Abteilungen verteilt auf zwei Tage. </note> schreiben, es ist mir aber bis diesen Augenblick nicht möglich gewesen und thue es jetzt in wahrer Eile, ohnedieß komme ich wahrscheinlich, <hi rend="latintype">comme moutarde après diner</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_10edd545-894b-4d2f-b64a-506b5fd22d79" xml:lang="fr ">comme moutade après diner – frz., als Senf nach dem Abendessen.</note> denn Briefe und die geschwäzigen Journalisten <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> sind mir gewiß schon zuvor geeilt. 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Die nicht erzielte Einigung über das von ihm geforderte Honorar von 100 Louisd’or war vermutlich seitens Mendelssohn nur vorgeschoben: Die Gesellschaft bot Mendelssohn nur »Einhundert Stück k: k: Dukaten« und kostenfreie Unterkunft. Siehe Brief fmb-1839-09-14-04 (Brief Nr. 2426) Felix Mendelssohn Bartholdy an Raphael Georg Kiesewetter in Wien, Leipzig, 14. September 1839, Z. 32, und Brief gb-1839-10-01-03 Raphael Georg Kiesewetter an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Wien, 1. Oktober 1839.</note> Lieber <hi rend="latintype">Felix</hi>, ich bedauerte es Deinetwegen aus so vielen Gründen! so anerkennend das Publikum auch gewesen, dem <hi rend="latintype">Compositeur</hi>, der durch seine Gegenwart auch seinen Geist, den Ausübenden wie dem Zuhörer mitgetheilt, hätte, man auch noch viel lebhafter durchdrungener durch Beifall ermuntert und belohnt. 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