gb-1839-10-15-02
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Berlin, 15. Oktober 1839
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse.
Eduard Devrient.
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Dein Brief,
Berlin d 15t Oktober 1839 Dein Brief, mein lieber Felix, hat mich herzlich gefreut. Nicht daß ich dieses äußeren Zeichens Deiner Theilnahme bedurft hätte um ihrer gewiß zu sein, aber es that so wohl in Tagen des Schmerzes den Reichthum von Liebe zu überschauen, der uns im Leben aufgewachsen ist, und den wir ja allein als einzig bleibende Erwartung zu betrachten haben. Für das Gedeihen der Liebe ist der Schmerz das furchtbarste Wetter, und ich sollte mich vielleicht glücklich preisen, daß mein Leben daran noch keinen Mangel gehabt hat, aber ich will’s nur aufrichtig gestehen, ich wünsche mir von ganzem Herzen, so einmal eine Strecke weit in ungetrübter Freudigkeit und Ruhe hineinleben zu können; um all der reichen Schätze der Liebe, die mir beschieden sind, einmal recht von Herzen froh zu werden. Freilich ist es nun auch wohl nicht mehr recht Zeit dazu, so einen Schlag wie den Verlust unsrer Anna, den verwindet man wohl nicht mehr, wenn man schon am letzten Drittheil des Menschenlebens steht, und ich möchte auch um alles nicht, daß mir der heiße Schmerz um mein liebes Kind jemals genommen würde und so mag es denn um die frische Freudigkeit des Lebens meinethalben gethan sein, nur ungetrübt heiter möchte ich noch einmal eine Zeit lang sein können; das ist wohl nicht zu viel gewünscht, und man kann es ja in vollen Schmerzen. Aber wenn die Noth und der Jammer des Erdenwesens in der leiblichen Gebrechlichkeit und Folterqual einem so bleibend auf dem Nacken liegt, wie uns in der unabsehbaren Krankheitsnoth meiner armen Schwägerin, die nun schon wieder neun Wochen lang auf der Folterbank ihres Krankenlagers liegt, nicht sterben kann, und nur zum Leben immer wiederkehrt, um in sich und uns den Wunsch nach ihrer Erlösung durch den Tod immer dringender zu machen, dann kann die Heiterkeit nur wie schöne Sonnenblicke in trüben Tagen bei uns einkehren, und im Bewußtsein des wenigsten Liebesglückes sitzen wir wie Damokles an der schwelgerisch besetzten Tafel. – Nun es muß getragen sein. Nach der ersten Trauerzeit glaubten wir schon unser Unglück überwunden zu haben, aber wir merken wohl, auch der Schmerz macht sich seine Ruhepunkte, um dann mit neuer Gewalt wieder herausbrechen zu können. Indessen ist Therese doch gelassen und edel gefaßt, wie ich das in allen Nöthen von ihr gewohnt bin, die Erinnerungen an unser lebensfrisches Kind umgeben uns fortwährend, sie kommen fast nur in heiteren Bildern eines schön beschlossenen Kinderlebens, wir wissen wohl, daß die Harthörigkeit Anna’s, ihr ungestümes, glühendes Gefühl, ihr vielen Kummer im Fortleben bereitet hätte und – daß für den, der es verläßt, wenig am Leben gelegen ist. Dies alles hilft uns denn so weit es geht und wir tragen es eben. Es ist wenig mehr davon zu sagen. Ich habe mich so bald als möglich in Thätigkeit geworfen, Therese hat mit den Kindern und der Kranken übergenug zu thun, so daß leider ihre Kräfte nicht ausreichen. Deine Einladung konnte ich auf keine Weise annehmen, mich hält mein Haus, das mein bedarf und in dessen Kreise auch die Wunde ausbluten muß, es hilft einmal nichts. Bauer wohnt seit zwei Tagen bei uns und wird wol 14 Tage bleiben, dies ist mir eine wohlthätige Zerstreuung, oder vielmehr ein Abziehen von meiner Trauer. Wir haben schon in wenigen Stunden die wichtigsten Dinge abgesprochen, das ist mir immer eine mächtige Erfrischung. Daß Du glücklich bist, erfreut mich sehr, an Dir sehe ich so ein fast ungetrübtes, sonnenhelles Leben sich vollenden, das hat etwas Entzückendes und ich habe nicht zu fürchten, daß Dein Herz darüber erhärten oder matt werden könnte und unfähig dem Unglücke einmal Stand zu halten, wenn es käme. Ich bin sehr ruhig über Dich, und Deine Liebe gehört zu meinen schönsten Gütern. Leb wohl, Du Lieber, laß nur alles unter uns bleiben, wie es ist. Therese grüßt Dich von Herzen. Eduard Devrient
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation><date cert="high" when="1839-10-15" xml:id="date_418a09e4-1e22-48dd-b712-96be5196fb45">15. 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Für das Gedeihen der Liebe ist der Schmerz das furchtbarste Wetter, und ich sollte mich vielleicht glücklich preisen, daß mein Leben daran noch keinen Mangel gehabt hat, aber ich will’s nur aufrichtig gestehen, ich wünsche mir von ganzem Herzen, so einmal eine Strecke weit in ungetrübter Freudigkeit und Ruhe hineinleben zu können; um all der reichen Schätze der Liebe, die mir beschieden sind, <gap quantity="3" reason="deletion" unit="characters"></gap> einmal recht von Herzen froh zu werden. Freilich ist es nun auch wohl nicht mehr recht Zeit dazu, so einen Schlag wie den Verlust unsrer <persName xml:id="persName_1df5909c-74f6-493c-89eb-f25279596dbd">Anna<name key="PSN0110627" style="hidden" type="person">Devrient, Anna Eleonore (1828-1839)</name></persName>, den verwindet man wohl nicht mehr, wenn man schon am letzten Drittheil des Menschenlebens steht, und ich möchte auch um alles nicht, daß mir der heiße Schmerz um mein liebes Kind jemals genommen würde und so mag es denn um die frische Freudigkeit des Lebens meinethalben gethan sein, nur ungetrübt<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> heiter möchte ich noch einmal eine Zeit lang sein können; das ist wohl nicht zu viel gewünscht, und man kann es ja in vollen Schmerzen. 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Nach der ersten Trauerzeit glaubten wir schon unser Unglück überwunden zu haben, aber wir merken wohl, auch der Schmerz macht sich seine Ruhepunkte, um dann mit neuer Gewalt wieder herausbrechen zu können. Indessen ist Therese doch gelassen und edel gefaßt, wie ich das in allen Nöthen von ihr gewohnt bin, die Erinnerungen an unser lebensfrisches Kind<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> umgeben uns fortwährend, sie kommen fast nur in heiteren Bildern eines schön beschlossenen Kinderlebens, wir wissen wohl, daß die Harthörigkeit Anna’s, ihr ungestümes, glühendes Gefühl, ihr vielen Kummer im Fortleben bereitet hätte und – daß für den, der es verläßt, wenig am Leben gelegen ist. Dies alles hilft uns denn so weit es geht und wir tragen es eben. Es ist wenig mehr davon zu sagen. 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