gb-1839-09-23-01
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München, 23. September 1839
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.
Fanny Hensel.
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Ich muß Dir vor unsrer auf
ein Narr ist, wer möchte das anzweifeln?Carlo Dolce
Was ich Dir ferner erzählen will, ist, daß ich
Deine Lieblinge auf der
Die
Es ist ein eigen Gefühl, so über die Alpen aus dem Vaterlande zu gehn. Ich denke es mir ähnlich, als wenn man über die See geht. Dagegen ist eine flache, willkürlich Grenze nichts. Wenn Du Lasciar pastas haben wir uns leider, vor der Hand nicht verschaffen können, und werden also zunächst der östreich. Douane verfallen. Ein gutes Gedulds
circa
poste restantenach
München, 23sten September 39 Ich muß Dir vor unsrer auf morgen festgesetzten Abreise noch danken für Dein schönes Rezept zur italiänischen Reise, bester Felix. Ich werde ihm bestens nachzuleben suchen. Was die Portraitgallerie in Florenz betrifft, so habe ich Deine Bemerkungen darüber nur einmal gelesen, weil ich beabsichtige, meinerseits auch dergleichen anzustellen, und sie dann zu vergleichen. Nur Einiges, was sich seiner Wahrheit wegen zu tief eingeprägt hat, werde ich mir abschreiben, denn daß Rafael himmlisch und Carlo Dolce ein Narr ist, wer möchte das anzweifeln? Was ich Dir ferner erzählen will, ist, daß ich Delphine Handleys Bekanntschaft gemacht habe, und mit sehr großem Vergnügen. Sie ist eine allerliebste Person, und ein vortreffliches Talent. Dein erstes Konzert habe ich, außer von Dir, noch nicht so spielen gehört. Wir gingen zu ihr, und fanden sie so überaus freundlich, wie ichs gar nicht sagen kann, wir machten gleich etwas Musik, und sie luden uns auf den anderen Abend zu Thee ein, wo sie uns eben jenes Konzert ganz glorios vorspielte. In welchem Andenken Du in dem Hause stehtst, das ist ganz unbeschreiblich. Sie wissen jedes Wort, das Du gesprochen, jede Bewegung, die Du gemacht hast. Was mir an ihrem Spiel noch besonders gefallen hat, das ist ihr geistreiches Präludieren, das findet man so selten bei Frauenzimmern. Ich sage Dir, sie hat mir tausendmal besser gefallen, als der keuchende Dreyschock. Mein Mann hat sie gezeichnet, worüber sie ganz entzückt war. Deine Lieblinge auf der Pinakothek habe ich wol behalten, und mir aufgesucht. In Ihrer jetzigen Gestalt aber kennst Du sie noch nicht. Etwas Prachtvolleres als die beiden Rubenssäle, die 95 Bilder von ihm enthalten, wird es wol nicht leicht irgendwo geben. Man muß erstaunen über diesen gewaltigen Geist. Erinnerst Du Dich denn des Porträts der Frau Vandyck, mit ihrem Kinde? Die Frau sieht so vornehm aus und fein, und ein bischen traurig, und ein klein bischen langweilig. Und seines Portraits eines Antwerpener Organisten? Das ist ein ganz ähnliches Bild aller Tenoristen, man meint, er müsse gleich singen: dies Bildnis ist bezaubernd schön, und sich selbst damit meinen. Und der junge, blonde Vandyck selbst ist auch nicht so übel. München ist eine interessante Stadt. Wir sind nun 14 Tage hier, und haben eigentlich nur notdürftig alles gesehen, wir könnten sehr gut das doppelte hier besuchen. Denn was für neue Kunst und Kunstgewerbe hier geschieht, ist in hohem Grade wichtig und bedeutend, die Glasmalereien, die Fresko- und Wandgemälde, die Gebäude, die gehauene und gegossene Skulptur, die Porzellanfabrik, alles ist in seiner Art neu und wichtig. Du kannst Dir denken, wie es meinen Mann interessirt hat, so vieles Neue in seinem Fach zu sehn, und die Künstler wiederzusehn, die er meist von Rom aus kannte. Ich kannte keine Seele hier, und habe also meinen Kopf nicht wenig voll von neuen Sachen und Menschen, es ist aber immer angenehm, einmal wieder zu erproben, daß man in der Fremde gern gesehn und freundliche aufgenommen wird. Die Glyptothek haben wir nur ein einziges Mal und obenein flüchtig gesehn. Aber der Herbst treibt uns über die Berge, und wir haben die höchste Bergfahrt vor, die man mit Extrapost in der ganzen Welt machen kann, wir wollen über das Stilfser Joch. Du weißt, welche Passion ich von meiner Jugend an habe, einmal solche Straße zu sehn, und jetzt soll es mir zu theil werden, und mein Mann einen ihn noch ganz neuen Theil von Italien kennenlernen. Hoffentlich sind wir nun in 4 – 5 Tagen aus der sehr empfindlichen Münchener Herbstluft heraus, und im Frühling drin. Wir gehn über die Seen nach Mailand und wenn wir schönes Wetter bekommen, so wird es eine einzige herrliche Reise werden. Wenn Du oder Cecile in diesen Tagen nach Berlin schreibst, so bitte ich Euch, Ihnen zu bestellen, daß sie sich nicht ängstigen sollen, wenn sie etwas länger nichts von uns hören. Es wird vielleicht 8 Tage dauern, die wir nicht schreiben können, und da wir uns zugleich in starken Tagereisen entfernen, so braucht der Brief um so längere Zeit. Es ist ein eigen Gefühl, so über die Alpen aus dem Vaterlande zu gehn. Ich denke es mir ähnlich, als wenn man über die See geht. Dagegen ist eine flache, willkürlich Grenze nichts. Wenn Du Franck siehst, lieber Felix, danke ihm für seinen Brief. Lasciar pastas haben wir uns leider, vor der Hand nicht verschaffen können, und werden also zunächst der östreich. Douane verfallen. Ein gutes Geduldsmittel. Liebe Cecile, Hebaba, Tatno und Orker grüßen und küssen das süße Carlchen. Halt Du Dich wol, mein liebes Herz, und laß uns zu rechter Zeit Gutes hören. Bis circa 20sten Oktbr. schreibt uns poste restante nach Venedig. Adieu geliebten Geschwister! Eure Fanny.
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Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation><date cert="high" when="1839-09-23" xml:id="date_16ea49fb-c4e9-45d8-bb81-a169a8940c16">23. 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Erinnerst Du Dich denn des <title xml:id="title_5b9ad723-5302-44cd-89a0-eebd7d14fad4">Porträts der Frau Vandyck, mit ihrem Kinde<name key="PSN0110804" style="hidden" type="author">Dyck, (seit 1632) Sir Anton van (1599–1641)</name><name key="CRT0112738" style="hidden" type="art">Anna van Thielen mit ihrer Tochter Anna Maria Rombouts</name></title>?<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_271fb38e-54fc-400f-85fa-5faa8effb9b5" xml:lang="de ">des Porträts der Frau Vandyck, mit ihrem Kinde – Fanny Hensel meinte wohl das sich noch heute in der Münchner Pinakothek befindliche Porträt der Anna van Thielen (Ehefrau des Malers Theodoor Rombouts, 1597-1637) mit ihrer Tochter Anna Maria Rombouts (Inv.-Nr. 599).</note> Die Frau sieht so vornehm aus und fein, und ein bischen traurig, und ein klein bischen langweilig. Und seines Portraits eines <title xml:id="title_09fbfdf3-e3ae-4350-9aea-2422f3bf3f79">Antwerpener Organisten<name key="PSN0110804" style="hidden" type="author">Dyck, (seit 1632) Sir Anton van (1599–1641)</name><name key="CRT0112739" style="hidden" type="art">Der Organist Hendrik Liberti</name></title>? Das ist ein ganz ähnliches Bild aller Tenoristen, man meint, er müsse gleich singen: dies Bildnis ist bezaubernd schön, und sich selbst damit meinen. Und <title xml:id="title_912a75eb-487e-4d6e-bb8c-110879a5dd87">der junge, blonde Vandyck selbst<name key="PSN0110804" style="hidden" type="author">Dyck, (seit 1632) Sir Anton van (1599–1641)</name><name key="CRT0112740" style="hidden" type="art">Selbstbildnis</name></title> ist auch nicht so übel.</p> <p><placeName xml:id="placeName_01ccd3d1-0ed7-4fd6-9bd9-3d1f17b8e8ef">München<settlement key="STM0100169" style="hidden" type="locality">München</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> ist eine interessante Stadt. Wir sind nun 14 Tage hier, und haben eigentlich nur notdürftig alles gesehen, wir könnten sehr gut das doppelte<pb n="4" type="pagebreak"></pb><seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> hier besuchen. 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Aber der Herbst treibt uns über die Berge, und wir haben die höchste Bergfahrt vor, die man mit Extrapost in der ganzen Welt machen kann, wir wollen über das Stilfser Joch.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c5089c1d-1d3b-4779-93fe-68c33b160f8b" xml:lang="de">Stilfser Joch – Das Stilfser Joch ist ein Gebirgspass in den Ortler-Alpen. Mit einer Höhe von 2757 m ist das Stilfser Joch der höchste Gebirgspass in Italien.</note> Du weißt, welche Passion ich von meiner Jugend an habe, einmal solche Straße zu sehn, und jetzt soll es mir zu theil werden, und mein Mann einen ihn noch ganz neuen Theil von <placeName xml:id="placeName_69051dc7-adc6-4904-bd9d-2521e24b81aa">Italien<settlement key="STM0104792" style="hidden" type="area">Italien</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> kennenlernen. Hoffentlich sind wir nun in 4 – 5 Tagen aus der sehr empfindlichen<seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> Münchener Herbstluft heraus, und im Frühling drin. Wir gehn über die Seen nach <placeName xml:id="placeName_eb1371b3-efd7-4132-8f30-aca4eabcc7e2">Mailand<settlement key="STM0100180" style="hidden" type="locality">Mailand</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> und wenn wir schönes Wetter bekommen, so wird es eine einzige herrliche Reise werden. Wenn Du oder <persName xml:id="persName_bba3d274-acfc-4722-86cb-bc35773ddbbe">Cecile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> in diesen Tagen nach <placeName xml:id="placeName_b7e55ad4-ba83-4cd0-b132-2dc9d83f6df6">Berlin<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> schreibst, so bitte ich Euch, Ihnen zu bestellen, daß sie sich nicht ängstigen sollen, wenn sie etwas länger nichts von uns hören. Es wird vielleicht 8 Tage dauern, die wir nicht schreiben können, und da wir uns zugleich in starken Tagereisen entfernen, so braucht der Brief um so längere Zeit.</p> <p>Es ist ein eigen Gefühl, so über die Alpen aus dem Vaterlande zu gehn. Ich denke es mir ähnlich, als wenn man über die See geht. Dagegen ist eine flache, willkürlich Grenze nichts. Wenn Du <persName xml:id="persName_f41de76b-40f2-4563-ab10-8ccce5992446">Franck<name key="PSN0111119" style="hidden" type="person">Franck, Eduard (1817-1893)</name></persName> siehst, lieber Felix, danke ihm für seinen Brief. <hi rend="latintype">Lasciar pastas</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_7653daa3-2e29-4d7a-bea5-2b2eb0a81550" xml:lang="it ">Lasciar pastas – ital., Nudelauflauf.</note> haben wir uns leider, vor der Hand nicht verschaffen können, und werden also zunächst der östreich. Douane<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_63cab80f-51d1-4586-bfc5-8d9a1011c762" xml:lang="fr ">Douane – frz., Zoll.</note> verfallen. Ein gutes Gedulds<add place="above"><name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></add>mittel. </p> <closer rend="left">Liebe Cecile, Hebaba, Tatno und <unclear reason="faded_characters" resp="FMBC">Ork</unclear>er<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9f1e9bc7-0a19-487b-9cec-375f0513362f" xml:lang="de">Hebaba, Tatno und Orker – vermutlich Carls Kindersprache für Sebastian, Tante und Onkel.</note> grüßen und küssen das süße <persName xml:id="persName_2715fac6-cf21-4ea2-85f2-d687df826018">Carlchen<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName>. Halt Du Dich wol, mein liebes Herz, und laß uns zu rechter Zeit Gutes<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_38541e06-7575-4439-b30e-11d4e50d6f82" xml:lang="de">zu rechter Zeit Gutes – bezieht sich auf die kurz bevorstehende Geburt von Mendelssohns Tochter Marie am 2. Oktober 1839.</note> hören. Bis <hi rend="latintype">circa</hi> <date cert="high" when="1893-10-20" xml:id="date_4c105bdc-5ac5-4688-bac3-0416351959b4">20sten Oktbr.</date> schreibt uns <hi rend="latintype">poste restante</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_f98bc027-9881-4c35-823f-f14fa3d93259" xml:lang="fr ">poste restante – frz., postlagernd.</note> nach <placeName xml:id="placeName_26f7ea90-523c-4ffd-bb1f-4e47a67d9c5c">Venedig<settlement key="STM0100176" style="hidden" type="locality">Venedig</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>. Adieu geliebten Geschwister! </closer> <signed rend="right">Eure Fanny.</signed> </div> </body> </text></TEI>