gb-1839-08-21-01
Hilfe zum Zitier-Tool
Um wichtige Textpassagen (Zitate) zu speichern und auf diese via Hyperlink zu verweisen, markieren Sie bitte den gewünschten Textbereich.
Daraufhin erscheint ein Fenster, in welchem Sie die ausgewählte Textpassage inkl. des Hyperlinks zur weiteren Verwendung in die Zwischenablage kopieren können.
Berlin, 21. August 1839
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext, S. 1 Vignette eines Reiters mit einem Brief in der Hand; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN / 21/8 / 6-7], Siegel.
Lea Mendelssohn Bartholdy.
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Bereits vor 12 Tagen erfuhren wir den Tod der meubles, Putz, Schmuck und Gastmahlen ihre KrösusSchätze vergeuden. Von der enfant prodige deßen Hang er zu seinem tiefen Kummer nur allzu genau kannte, wohl Schranken gesetzt haben werde. – Die Natur hat es gut mit diesem ausgezeichneten Mann gemeynt, ein Alter von 86 Jahren zu erreichen, halte ich für ein geringes Glück, wenn es nicht, wie bei ihm, mit vollen Geisteskräften, im Besitz aller Sinne und mit regster Lebensthätigkeit verbunden ist. Bis zum letzten Athemzuge hatte er alle Besinnung, der Arzt mußte ihm die Zahl der Lebensstunden noch bestimmen, und darnach schrieb er mit größter Verstandesfreiheit noch bogenlange Aufsätze in den nichtigsten Angelegenheiten. – Solltest Du nach genre. – Ich kann begreifen, mein liebes Kind! wie Dir vor der Trennung von Cecile und
Mde.
quiteaufgethaut.
(Die arme Cécile hat leider schrecklichen fiasco am Fête bei
rococoangezogen war. Für gesellschaftliche Erfolge ist das komische Element immer das Zusagendste; so hat auch in der Kotzebueschen Komödie,
Agnèsdenke.
Des Rheinweins wegen komm ich nun einmal nicht, bester Felix! aber die Einladung zur TaufeA propos, heut geht meine Sendung ab, und der Spediteur verspricht, sie soll in 6 oder 7 Tagen, also den Cécile soll, wenn sie will, beim déballiren zu gegen sein, aber keine Hand dabei rühren, und sich ruhig hinsetzen. Ich habe ein kleines Päckchen mitgegeben, nach dem ihr gleich fragen müßt, weil es 2 Schlüßel und das Verzeichniß der Dinge enthält. Der Spediteur muß alles Franco ins Haus liefern.
Berlin 21 August 1839 Bereits vor 12 Tagen erfuhren wir den Tod der Frau von Schlegel, zugleich mit dem des Onkels Eskeles, mein liebster Felix! Erstere habe ich so wenig gekannt, und – aufrichtig gestanden, durch Vaters Abneigung gegen Sie, so wenig geliebt, daß der Eindruck nur gering sein konnte. Vater meynte, die habe einen nachtheiligen Einfluß auf seine Jugend gehabt, und wußte dies mit gewichtigen Gründen zu belegen. Eine lange Trennung späterhin und das weite Auseinandergehen aller Meinungen, hatte diese GefühlsEntfernung noch viel herber oder lockerer gemacht. Ich bin daher zehnfach befriedigt, daß ich ihn, schon im Anfange ihres Frankfurter Aufenthalts durch inständiges Flehen bewegen konnte, ihr eine Pension auszusetzen; nur 2 mal in unsrer 31 jährigen Ehe habe ich ihn fußfällig um etwas gebeten, und er gewährte es diesmal endlich. Wie liberal und wohlthätig er war, brauche ich Dir nicht zu sagen, mein Kind! es mußte sich also etwas sehr schwer zu Ueberwindendes in seinem Herzen gegen Sie regen, um dergleichen bei ihm zu bedürfen. Eben so viel Mühe kostete es, ihn im Jahre 35 zur Reise durch Frankfurt zu bewegen; hatte ich ihn einmal zum Wiedersehen bewogen, so war er ganz Liebe, Milde, Weisheit, und wie viel Thränen vergoß der edle Mann, die mir aufs Herz fielen, da ich Veranlaßung dazu gegeben! Diese Entfremdung, die zwischen Geschwistern nie existiren sollte, gelöst zu haben, ist mir ungemein tröstlich, so wie das Bewußtsein, Vaters 3 Schwestern, auf gewiße Weise, sehr förderlich und nützlich gewesen zu sein. Sie haben es, mit Ausnahme von Tante Meyer, vielleicht nicht ganz anerkannt, mein lieber Sohn! aber das störte meine innere Befriedigung nicht, und macht den Rückblick auf frühere Zeit nicht weniger heiter. – Onkel Eskeles Tod hat mich sehr betrübt: das war ein bedeutender Mann in jedem Sinne. Klug und grandios als Geschäftsmann, mit Millionen spielend, mit Fürsten täglich verkehrend, hat er die kleinen Bedürfniße und Sorgen geringer Leute stets im Aug und Herzen getragen und in der großen Nähe, in der mir eine geraume Zeit vergönnt war, mit ihm zu sein, habe ich hundert der rührendsten Beweise davon erfahren. Mit welcher Delikateße führte er seine trefflichen Ideen aus, wie human und fein, wie heiter und liebenswürdig war er in jedem Verhältniß! – Er war der Letzte dieser Art in meiner Wiener Verwandtschaft, denn leider! hat keins der folgenden Generation das Bedeutende, Großartige der Tante Arnstein und des Eskelesschen Ehepaars geerbt. Das waren königliche Herzen! jetzt Weiber und Millionaire, die in Pferden, meubles, Putz, Schmuck und Gastmahlen ihre KrösusSchätze vergeuden. Von der Gräfin Wimpfen spricht man als von einer halb tollen Verschwenderin; ich hoffe, die Zeitung die da eine Million bestimmt, soll gelogen haben, und von dem Verstande des Onkels lässt sich erwarten, daß er diesem enfant prodige deßen Hang er zu seinem tiefen Kummer nur allzu genau kannte, wohl Schranken gesetzt haben werde. – Die Natur hat es gut mit diesem ausgezeichneten Mann gemeynt, ein Alter von 86 Jahren zu erreichen, halte ich für ein geringes Glück, wenn es nicht, wie bei ihm, mit vollen Geisteskräften, im Besitz aller Sinne und mit regster Lebensthätigkeit verbunden ist. Bis zum letzten Athemzuge hatte er alle Besinnung, der Arzt mußte ihm die Zahl der Lebensstunden noch bestimmen, und darnach schrieb er mit größter Verstandesfreiheit noch bogenlange Aufsätze in den nichtigsten Angelegenheiten. – Solltest Du nach Wien reisen, so ists ein großer Verlust, daß Du ihn und er Dich nicht ordentlich gekannt; Du würdest noch weit mehr Wohlgefallen an ihm als am alten Herz gefunden haben, obschon etwas in dem genre. – Ich kann begreifen, mein liebes Kind! wie Dir vor der Trennung von Cecile und Carlchen bangt! Aber es ist doch Dein Beruf und eine wahre Nothwendigkeit, zuweilen solche Reisen zu machen, die übrigens auch in der Zeit geschehen mußten, wo die Menschen viel weniger beweglich waren als in dieser fliegenden, flatternden, schwebenden, rollenden, schwimmenden Zeit. Ich habe mich von Vater trennen müßen, als Fanny 4 Tage alt war, und späterhin waren seine Wanderreisen im Kriege sogar gefahrenvoll. Hensel war vorigen Sommer 4 Monate, und Paul im Winter noch länger abwesend. Fanny hat einen Brief v. Frl. Henriette v. Reden aus dem Stift Peterburg bei Braunschweig gehabt, die ihr von der gespannten Erwartung und großer Bewegung schreibt, die wegen Deiner Ankunft in dortiger Gegend herrscht. Sie selbst wünscht und hofft dem Fest beiwohnen zu können, obgleich sie seit der Mutter Tod dergleichen Vergnügungen fern geblieben. Sei doch so gut, Dich nach ihr umzuthun, und suche sie freundlich auf, sie ist eine sehr vortreffliche und liebenswürdige Dame und ist uns stets durch Briefaustausch nah geblieben. Frage auch gefälligst, ob Campens Lotte, Robinsons Lotte die Erbsen ausknüllt, Mde. Vieweg, noch lebt, und mache Dich ihr bekannt; sie war eine genaue Freundin meiner guten Schwester, so wie ihre Mutter vor grauen Jahren mit der meinigen sehr befreundet gewesen. Lotte Campe, das Ziel meiner damaligen Bewunderung, war etwas affektirt und zimperlich; als verheirathete Frau fanden wir sie nochmals äußerst liebenswürdig und quite aufgethaut. (Die arme Cécile hat leider schrecklichen fiasco am Rhein gemacht; Brief über Brief sagt, wie sie sie nicht ausstehen können. ) Fanny gedenkt Montag d. 26. abgehn zu Vormittag in Leipzig zu sein; über die ferneren Pläne werdet Ihr Euch mündlich besprechen. Gottlob! daß ich Rebeckas Gesundheit Dir nur bestätigen kann. Gestern waren wir zu einer glänzenden Fête bei Deckers; Reb. hatte eine sehr jugendliche toilette gemacht, sah wie ein hübsches Mädchen aus, blieb bis Mitternacht, und obschon der überfüllte Gartensaal dort sehr heiß, und beim Oeffnen der Thür ins Freie sehr kühl war, befindet sie sich vollkommen wohl. Das Fest war überreich an Komödie, Scenen aus Opern, lebenden Bildern, in denen die Decker als Armide (v. Rossini), als Aennchen im Freischütz, als Jessonda u. s. w. in malerischen Kostümen und schönem Gesang mit sich selbst um den Preis wetteiferte. Sie steht indeß jetzt auf dem Kulminationspunkt, was ihre Kunst und ihr Aeußeres betrifft, sie ist stark geworden, und bei dieser Anlage zur Mütterlichkeit hat die Stimme nicht gewonnen. Das amusanteste von Allem war am Schluß das Frauenterzett aus matrimonio, in welchem die gute dicke Türrschmied die alte Tante höchst vortrefflich spielte und sang, und meisterhaft rococo angezogen war. Für gesellschaftliche Erfolge ist das komische Element immer das Zusagendste; so hat auch in der Kotzebueschen Komödie, 2 Nichten für Eine, die kömische dumme Person den größten Effekt gemacht, und ich muß noch heute lachen, wenn ich an diese Agnès denke. Des Rheinweins wegen komm ich nun einmal nicht, bester Felix! aber die Einladung zur Taufe weise ich nicht ganz von der Hand denn wie ein Schwesterchen von Carl aussieht, das muß ich wißen, eh noch ein Sommer kommt, und wer steht mir dafür, daß ich ihn erlebe und Deine Cécile wird, so Gott will, leicht und glücklich entbunden werden, sorge nur, daß sie sich jetzt bei ihrer Wirthschaft nicht anstrengt, und laß die beiden Julies ihr behülflich sein. A propos, heut geht meine Sendung ab, und der Spediteur verspricht, sie soll in 6 oder 7 Tagen, also den 27 oder 28. dort sein. Cécile soll, wenn sie will, beim déballiren zu gegen sein, aber keine Hand dabei rühren, und sich ruhig hinsetzen. Ich habe ein kleines Päckchen mitgegeben, nach dem ihr gleich fragen müßt, weil es 2 Schlüßel und das Verzeichniß der Dinge enthält. Der Spediteur muß alles Franco ins Haus liefern. – Lebt wohl und bleibt gesund. – H. Henri Schlesinger hat mir einen Meilenlangen Besuch gemacht und alle Zeit geraubt; zur Belohnung aber einen Brief von Dir gezeigt. Der große Spontinus ist auch wieder da, und will so gütig sein, noch 2 Jahre zu bleiben, um dann mit 6000 rt. voller Pension abzuziehen. – Dirichlet hat Sehnsucht nach Haus und kommt viel früher als sein Urlaub zugiebt. Ich umarme Euch! liebe Leute!
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1839-08-21-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1839-08-21-01" xml:id="title_f62a633e-0bb8-4082-98ea-6ead58acdcf9">Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Berlin, 21. August 1839</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_8c474cd7-405f-40b6-aaec-86a05aba48e0">Bereits vor 12 Tagen erfuhren wir den Tod der Frau von Schlegel, zugleich mit dem des Onkels Eskeles, mein liebster Felix! Erstere habe ich so wenig gekannt, und – aufrichtig gestanden, durch Vaters Abneigung gegen</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_9c18875a-ae13-4299-9f0f-15675e804dc8">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="fmb-1839-08-16-01" type="precursor" xml:id="title_650c18c2-9a4d-4872-bd1a-343b8c5bfd1e">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Frankfurt a. M., 16. August 1839</title> <title key="fmb-1839-09-12-01" type="successor" xml:id="title_317e849f-38bd-45dd-a448-1ee41c64cc58">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 12. September 1839</title> <author key="PSN0113260">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</author> <respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0113260" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">FMB-C</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_8ff76e0a-5a03-43aa-b254-1c9b26b74973"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_c8e0ad60-a7fa-44bb-867b-78ff058c551d"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Großbritannien</country> <settlement>Oxford</settlement> <institution key="RISM">GB-Ob</institution> <repository>Oxford, Bodleian Library</repository> <collection>Music Section</collection> <idno type="signatur">M.D.M. c. 34, fol. 77-78.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1839-08-21-01" type="letter" xml:id="title_941746c6-9d65-4008-a3e7-b6a07b857b58">Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 21. August 1839</title> <incipit>Bereits vor 12 Tagen erfuhren wir den Tod der Frau von Schlegel, zugleich mit dem des Onkels Eskeles, mein liebster Felix! Erstere habe ich so wenig gekannt, und – aufrichtig gestanden, durch Vaters Abneigung gegen</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc><p>1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext, S. 1 Vignette eines Reiters mit einem Brief in der Hand; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN / 21/8 / 6-7], Siegel.</p><handDesc hands="1"><p>Lea Mendelssohn Bartholdy.</p></handDesc><accMat><listBibl><bibl type="none"></bibl></listBibl></accMat></physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1839-08-21" xml:id="date_a22d9480-fbe8-4bec-903e-9dd5c2fb34e8">21. August 1839</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0113260" resp="author" xml:id="persName_db0714f9-5026-4929-811d-57d15653835d">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0113260" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_c413e810-3f93-4d18-b5a4-6a2749c7350f"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_9fcc70af-88f3-4e06-9535-74b892e8c00e">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_947eb691-d80f-406a-9b70-91fe96287893"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"></revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_da0d0e00-5e5f-4812-a62f-1f274d991962"> <head> <address> <addrLine>Herrn Musikdirector Dr. Felix</addrLine> <addrLine>Mendelssohn Bartholdy</addrLine> <addrLine>in</addrLine> <addrLine>Leipzig</addrLine> <addrLine>frei.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_5ee82788-ca05-4099-961c-576bf033439e"> <docAuthor key="PSN0113260" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_9f961260-5d19-490f-bcb2-a11bb5384aca">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113260" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_63d90f02-1340-4dbc-a302-3132433a3208">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin <date cert="high" when="1839-08-21" xml:id="date_2c67ec98-10f3-4b0d-a4a0-23b361941e81">21 August 1839</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Bereits vor 12 Tagen erfuhren wir den Tod der <persName xml:id="persName_542cc723-fa87-4906-9a3a-c4fbbc71ce3d">Frau von Schlegel<name key="PSN0114561" style="hidden" type="person">Schlegel, gesch. Veit, Dorothea Friederike (bis 1815 Brendel) (seit 1815) von (1764-1839)</name></persName>, zugleich mit dem des Onkels <persName xml:id="persName_fc26b486-8d2d-4751-8fa7-0f0729ec3d31">Eskeles<name key="PSN0116658" style="hidden" type="person">Eskeles, Bernhard Freiherr von (1753-1839)</name></persName>, <seg type="salute">mein liebster Felix</seg>! Erstere habe ich so wenig gekannt, und – aufrichtig gestanden, durch <persName xml:id="persName_5f7f9bba-231e-4662-8aa7-8226238df2bc">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> Abneigung gegen Sie, so wenig geliebt, daß der Eindruck nur gering sein konnte. Vater meynte, die habe einen nachtheiligen Einfluß auf seine Jugend gehabt, und wußte dies mit gewichtigen Gründen zu belegen. Eine lange Trennung späterhin und das weite Auseinandergehen aller Meinungen, hatte diese GefühlsEntfernung noch viel herber oder lockerer gemacht. Ich bin daher zehnfach befriedigt, daß ich ihn, schon im Anfange ihres <placeName xml:id="placeName_b8797f86-9678-43b5-b1e7-fad57dd27f66">Frankfurter<settlement key="STM0100204" style="hidden" type="locality">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Aufenthalts durch inständiges Flehen bewegen konnte, ihr eine Pension auszusetzen; nur 2 mal in unsrer 31 jährigen Ehe habe ich ihn fußfällig um etwas gebeten, und er gewährte es diesmal endlich. Wie liberal und wohlthätig er war, brauche ich Dir nicht zu sagen, mein Kind! es mußte sich also etwas sehr schwer zu Ueberwindendes in seinem Herzen gegen Sie regen, um dergleichen bei ihm zu bedürfen. Eben so viel Mühe kostete es, ihn im Jahre 35 zur Reise durch Frankfurt zu bewegen; hatte ich ihn einmal zum Wiedersehen bewogen, so war er ganz Liebe, Milde, Weisheit, und wie viel Thränen vergoß der edle Mann, die mir aufs Herz fielen, da ich Veranlaßung dazu gegeben! Diese Entfremdung, die zwischen Geschwistern nie existiren sollte, gelöst zu haben, ist mir ungemein tröstlich, so wie das Bewußtsein, <persName xml:id="persName_313e3150-9687-41e3-a75e-7dc331fdc064">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> <persName xml:id="persName_6d2274bf-2524-4f29-b365-6690a686d0ae">3 Schwestern<name key="PSN0114561" style="hidden" type="person">Schlegel, gesch. Veit, Dorothea Friederike (bis 1815 Brendel) (seit 1815) von (1764-1839)</name><name key="PSN0113312" style="hidden" type="person">Meyer, Recha (Rebecka, Reikel) (1767-1831)</name><name key="PSN0113224" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Henriette Maria (Jette) (1775-1831)</name></persName>, auf gewiße Weise, sehr förderlich und nützlich gewesen zu sein. Sie haben es, mit Ausnahme von Tante <persName xml:id="persName_3ca9491e-8496-4d71-8611-4f611781a7ca">Meyer<name key="PSN0113312" style="hidden" type="person">Meyer, Recha (Rebecka, Reikel) (1767-1831)</name></persName>, vielleicht nicht ganz anerkannt, mein lieber Sohn! aber das störte meine innere Befriedigung nicht, und macht den Rückblick auf frühere Zeit nicht weniger heiter. – Onkel <persName xml:id="persName_4db9d76d-81c9-4d67-aa9c-587f87e6ddf2">Eskeles<name key="PSN0116658" style="hidden" type="person">Eskeles, Bernhard Freiherr von (1753-1839)</name></persName> Tod hat mich sehr betrübt: das war ein bedeutender Mann in jedem Sinne. Klug und grandios als Geschäftsmann, mit Millionen spielend, mit Fürsten täglich verkehrend, hat er die kleinen Bedürfniße und Sorgen geringer Leute stets im Aug und Herzen getragen und in der großen Nähe, in der mir eine geraume Zeit vergönnt war, mit ihm zu sein, habe ich hundert der rührendsten Beweise davon erfahren. Mit welcher Delikateße führte er seine trefflichen Ideen aus, wie human und fein, wie heiter und liebenswürdig war er in jedem Verhältniß! – Er war der Letzte dieser Art in meiner <placeName xml:id="placeName_1c8af76b-9826-47ec-a1e9-a4b8e60e825b">Wiener<settlement key="STM0100145" style="hidden" type="locality">Wien</settlement><country style="hidden">Österreich</country></placeName> Verwandtschaft, denn leider! hat keins der folgenden Generation das Bedeutende, Großartige der Tante <persName xml:id="persName_ac956558-96c4-432a-b82b-9c3b545cdcc7">Arnstein<name key="PSN0109542" style="hidden" type="person">Arnstein, Fanny (Vögelchen) Freifrau von (1757-1818)</name></persName> und des <persName xml:id="persName_052b41a2-8f33-4aa2-b2f2-09c0aeaaaff2">Eskelesschen Ehepaars<name key="PSN0116658" style="hidden" type="person">Eskeles, Bernhard Freiherr von (1753-1839)</name><name key="PSN0110951" style="hidden" type="person">Eskeles, Zippora (Cäcilie) (seit 1822) Freiherrin von (1760-1836)</name></persName> geerbt. Das waren königliche Herzen! jetzt<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Weiber und Millionaire, die in Pferden, <hi rend="latintype">meubles</hi>, Putz, Schmuck und Gastmahlen ihre KrösusSchätze vergeuden. Von der <persName xml:id="persName_918fb646-b4ae-4aa8-91f7-6587be543379">Gräfin <unclear reason="uncertain_reading" resp="FMBC">Wimpfen</unclear><name key="PSN0115804" style="hidden" type="person">Wimpffen, Maria(nne) Anna Cäcilie Bernhardine Gräfin von (1802-1862)</name></persName> spricht man als von einer halb tollen Verschwenderin; ich hoffe, die Zeitung die da eine Million bestimmt, soll gelogen haben, und von dem Verstande des Onkels lässt sich erwarten, daß er diesem <hi rend="latintype">enfant prodige</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_78deb785-764a-4b67-89c4-9d836af081f8" xml:lang="fr ">enfant prodige – frz., Wunderkind.</note> deßen Hang er zu seinem tiefen Kummer nur allzu genau kannte, wohl Schranken gesetzt haben werde. – Die Natur hat es gut mit diesem ausgezeichneten Mann gemeynt, ein Alter von 86 Jahren zu erreichen, halte ich für ein geringes Glück, wenn es nicht, wie bei ihm, mit vollen Geisteskräften, im Besitz aller Sinne und mit regster Lebensthätigkeit verbunden ist. Bis zum letzten Athemzuge hatte er alle Besinnung, der Arzt mußte ihm die Zahl der Lebensstunden noch bestimmen, und darnach schrieb er mit größter Verstandesfreiheit noch bogenlange Aufsätze in den nichtigsten Angelegenheiten. – Solltest Du nach <placeName xml:id="placeName_54f0821f-71b5-4f11-aa6d-b6115f4a2dcd">Wien<settlement key="STM0100145" style="hidden" type="locality">Wien</settlement><country style="hidden">Österreich</country></placeName> reisen, so ists ein großer Verlust, daß Du ihn und er Dich nicht ordentlich gekannt; Du würdest noch weit mehr Wohlgefallen an ihm als am alten Herz gefunden haben, obschon etwas in dem <hi rend="latintype">genre</hi>. – Ich kann begreifen, mein liebes Kind! wie Dir vor der Trennung von <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_d7b8d0dd-24a8-4ade-acd0-bd45ed7e4394">Cecile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> und <persName xml:id="persName_a9b117ba-c183-40ac-bd55-8125f6f4ed5d">Carlchen<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> bangt! Aber es ist doch Dein Beruf und eine wahre Nothwendigkeit, zuweilen solche Reisen zu machen, die übrigens auch in der Zeit geschehen mußten, wo die Menschen viel weniger beweglich waren als in dieser fliegenden, flatternden, schwebenden, rollenden, schwimmenden Zeit. Ich habe mich von <persName xml:id="persName_5973d684-b353-4d7d-ba1d-d0c1d0836189">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> trennen müßen, als <persName xml:id="persName_6895725f-0be3-42c9-ad15-a561050547da">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> 4 Tage alt war, und späterhin waren seine Wanderreisen im Kriege sogar gefahrenvoll. <persName xml:id="persName_ff022cfc-21a8-4a1d-8ec2-d0e86a0a08eb">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> war vorigen Sommer 4 Monate, und <persName xml:id="persName_b5ac4f2a-b40f-4510-b5ba-d185b3fa094e">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> im Winter noch länger abwesend. <persName xml:id="persName_9f9b0cef-75f2-468e-965c-cc2d61f45af6">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> hat einen Brief v. <persName xml:id="persName_0284eb74-b4cd-40fa-a8db-7ec6445d9f86">Frl. Henriette v. Reden<name key="PSN0114096" style="hidden" type="person">Reden, Henriette von (1788-1847)</name></persName> aus dem <placeName xml:id="placeName_544d3603-b911-4093-83d0-83b6143c3b44">Stift Peterburg<name key="NST0105022" style="hidden" subtype="" type="institution">Stift Peterburg</name><settlement key="STM0100373" style="hidden" type="locality">Braunschweig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> bei <placeName xml:id="placeName_6a56bf63-b96d-4ea6-947b-84174ec4f4e9">Braunschweig<settlement key="STM0100373" style="hidden" type="locality">Braunschweig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gehabt, die ihr von der gespannten Erwartung und großer Bewegung schreibt, die wegen Deiner Ankunft in dortiger Gegend herrscht. Sie selbst wünscht und hofft dem Fest beiwohnen zu können, obgleich sie seit der <persName xml:id="persName_4ac9f79e-ab4a-46b3-ae7b-cc0e9530c5bd">Mutter<name key="PSN0117922" style="hidden" type="person">Reden, Henriette Elisabeth Ernestine Caroline von (1766-1839)</name></persName> Tod dergleichen Vergnügungen fern geblieben. Sei doch so gut, Dich nach ihr umzuthun, und suche sie freundlich auf, sie ist eine sehr vortreffliche und liebenswürdige Dame und ist uns stets durch Briefaustausch nah geblieben. Frage auch gefälligst, ob Campens Lotte, Robinsons Lotte die Erbsen ausknüllt, <hi rend="latintype">Mde</hi>. <persName xml:id="persName_363f0560-db65-436a-a306-e1e37f952c79">Vieweg<name key="PSN0115517" style="hidden" type="person">Vieweg, Sophie Elisabeth Lucie Charlotte (1774-1834)</name></persName>, noch lebt, und mache Dich ihr bekannt; sie war eine genaue Freundin meiner guten Schwester, so wie ihre Mutter vor grauen Jahren mit der meinigen sehr befreundet gewesen. <persName xml:id="persName_f46d648d-5172-4def-b7f9-a957697a9a79"><persName xml:id="persName_b97d7fbd-64fe-433f-af2f-941808313fbe">Lotte Campe</persName><name key="PSN0115517" style="hidden" type="person">Vieweg, Sophie Elisabeth Lucie Charlotte (1774-1834)</name></persName>, das Ziel meiner damaligen Bewunderung, war etwas affektirt und zimperlich; als verheirathete Frau fanden wir sie nochmals äußerst liebenswürdig und <hi rend="latintype">quite</hi> aufgethaut.</p> <p>(Die arme <hi rend="latintype">Cécile</hi> hat leider schrecklichen <hi rend="latintype">fiasco</hi> am <placeName xml:id="placeName_fcafdd3d-f870-4aa0-9b73-bb682e454ba5">Rhein<settlement key="STM0100336" style="hidden" type="locality">Rheinland</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gemacht; Brief über Brief sagt, wie sie sie nicht ausstehen können.)<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> <persName xml:id="persName_ca9064b6-b5fc-46cd-b958-6eb05f58fc70">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> gedenkt <date cert="high" when="1839-08-26" xml:id="date_ed83431b-6bf5-4f69-9bb0-235432405dda">Montag d. 26.</date> abgehn zu <gap quantity="2" reason="seal_coating" unit="words"></gap> Vormittag in <placeName xml:id="placeName_ad25e4fc-8ce0-4544-96e5-584e8576520f">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zu sein; über die ferneren Pläne werdet Ihr Euch mündlich besprechen. Gottlob! daß ich <persName xml:id="persName_9590925a-df3f-4fe4-aa76-6ca7c165f30e">Rebeckas<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> Gesundheit Dir nur bestätigen kann. Gestern waren wir zu einer glänzenden <hi rend="latintype">Fête</hi> bei <persName xml:id="persName_2745efdf-5716-4475-a684-ee81c74b5a1b">Deckers<name key="PSN0110583" style="hidden" type="person">Decker, Johanne Sophie Friederike Pauline (1812-1882)</name></persName>; <persName xml:id="persName_ee9b5e6c-489f-4221-b817-f29d59ae9aca">Reb<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName>. hatte eine sehr jugendliche toilette gemacht, sah wie ein hübsches Mädchen aus, blieb bis Mitternacht, und obschon der überfüllte Gartensaal dort sehr heiß, und beim Oeffnen der Thür ins Freie sehr kühl war, befindet sie sich vollkommen wohl. Das Fest war überreich an Komödie, Scenen aus Opern, lebenden Bildern, in denen die <persName xml:id="persName_04eb6e07-20e4-4a4e-a72a-724b6d19dc76">Decker<name key="PSN0110583" style="hidden" type="person">Decker, Johanne Sophie Friederike Pauline (1812-1882)</name></persName> als <title xml:id="title_a43eb2ce-ca0c-457d-8e9a-90e1bdd79964">Armide (v. Rossini)<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110572" style="hidden" type="music">Armida</name></title>, als <title xml:id="title_c607836f-811c-4237-9149-d4b156fada8f">Aennchen im Freischütz<name key="PSN0115645" style="hidden" type="author">Weber, Carl Maria Friedrich Ernst von (1786–1826)</name><name key="CRT0111243" style="hidden" type="music">Der Freischütz op. 77 (WeV C. 7)</name></title>, als <title xml:id="title_c7000664-7960-4b47-8aff-02cdc3ddd75e">Jessonda<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784–1859)</name><name key="CRT0110920" style="hidden" type="music">Jessonda WoO 53</name></title> u. s. w. in malerischen Kostümen und schönem Gesang mit sich selbst um den Preis wetteiferte. Sie steht indeß jetzt auf dem Kulminationspunkt, was ihre Kunst und ihr Aeußeres betrifft, sie ist stark geworden, und bei dieser Anlage zur Mütterlichkeit hat die Stimme nicht gewonnen. Das amusanteste von Allem war am Schluß das Frauenterzett aus <title xml:id="title_578588c9-73b3-4329-8ecd-e4222ab9e975">matrimonio<name key="PSN0110395" style="hidden" type="author">Cimarosa, Domenico Nicola (1749–1801)</name><name key="CRT0108445" style="hidden" type="music">Il matrimonio segreto</name></title>, in welchem die gute dicke Türrschmied die alte Tante höchst vortrefflich spielte und sang, und meisterhaft <hi rend="latintype">rococo</hi> angezogen war. Für gesellschaftliche Erfolge ist das komische Element immer das Zusagendste; so hat auch in der Kotzebueschen Komödie, <title xml:id="title_7cdcf167-a3c0-485b-ba65-f5243d17af32">2 Nichten für Eine<name key="PSN0112511" style="hidden" type="author">Kotzebue, August Friedrich Ferdinand (seit 1785) von (1761–1819)</name><name key="CRT0112651" style="hidden" type="dramatic_work">Zwei Nichten für Eine</name></title>, die kömische dumme Person den größten Effekt gemacht, und ich muß noch heute lachen, wenn ich an diese <hi rend="latintype">Agnès</hi> denke.</p> <p>Des Rheinweins wegen komm ich nun einmal nicht, bester Felix! aber die Einladung zur Taufe<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1ead4d57-0a80-4cc0-aa2d-2c7d55ac57a4" xml:lang="de">die Einladung zur Taufe – Die Taufe von Marie Mendelssohn Bartholdy. Diese fand am 3. November 1839 statt.</note> weise ich nicht ganz von der Hand denn wie ein Schwesterchen von <persName xml:id="persName_4f7e9f92-bcd1-4506-ae44-9e3967f12d5a">Carl<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> aussieht, das muß ich wißen, eh noch ein Sommer kommt, und wer steht mir dafür, daß ich ihn erlebe und Deine <persName xml:id="persName_4153e403-a9e7-44a8-a8fb-c32c1a00e51c">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> wird, so Gott will, leicht und glücklich entbunden werden, sorge nur, daß sie sich jetzt bei ihrer Wirthschaft nicht anstrengt, und laß die beiden <persName xml:id="persName_202453ed-a4f6-4c6b-9807-d78db5ad8c22">Julies<name key="PSN0114771" style="hidden" type="person">Schunck, Julie Sophie (1816-1875)</name><name key="PSN0114770" style="hidden" type="person">Schunck, Julie (1819-1899)</name></persName> ihr behülflich sein. <hi rend="latintype">A propos</hi>, heut geht meine Sendung ab, und der <hi rend="latintype">Spediteur</hi> verspricht, sie soll in 6 oder 7 Tagen, also den <date cert="high" when="1839-08-27" xml:id="date_9335a5e7-f519-4346-872c-5f862ada77aa">27</date> oder <date cert="high" when="1839-08-28" xml:id="date_848255f3-6286-40c6-a64d-06bd1bd34fd8">28.</date> dort sein. <hi rend="latintype">Cécile</hi> soll, wenn sie will, beim <hi rend="latintype">déballiren</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_7020620e-2fbb-4ad8-9997-70eb6eaea661" xml:lang="fr ">déballiren – frz., auspacken.</note> zu gegen sein, aber keine Hand dabei rühren, und sich ruhig hinsetzen. Ich habe ein kleines Päckchen mitgegeben, nach dem ihr gleich fragen müßt, weil es 2 Schlüßel und das Verzeichniß der Dinge enthält. Der <hi rend="latintype">Spediteur</hi> muß alles <hi rend="latintype">Franco</hi> ins Haus liefern. <seg type="closer">– Lebt wohl und bleibt gesund. –</seg> H. <persName xml:id="persName_5f53ea41-9448-4102-99af-f3c56cbdc311">Henri Schlesinger<name key="PSN0114580" style="hidden" type="person">Schlesinger, Heinrich August (1810-1879)</name></persName> hat mir einen Meilenlangen Besuch gemacht und alle Zeit geraubt; zur Belohnung aber einen Brief von Dir gezeigt. Der große <persName xml:id="persName_6db83c8a-9354-4c4b-bf54-f3a51eb3e88a">Spontinus<name key="PSN0115037" style="hidden" type="person">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774-1851)</name></persName> ist auch wieder da, und will so gütig sein, noch 2 Jahre zu bleiben, um dann mit 6000 rt. voller Pension abzuziehen. – <persName xml:id="persName_6e1bace5-433a-4356-b5f6-cbf4a09aaba9">Dirichlet<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName> hat Sehnsucht nach Haus und kommt viel früher als sein Urlaub zugiebt. <seg type="closer">Ich umarme Euch! liebe Leute!</seg></p> </div> </body> </text></TEI>