gb-1839-08-16-01
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Como, 16. August 1839
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
2 Doppelbl.: S. 1-7 Brieftext; S. 8 Adresse, 2 Poststempel [COMO.AGOO], [St.Post / 27. Aug. / ?. 6–10], Siegel.
Ferdinand Hiller.
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Como,
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August1839
Felix!
Laß mich meinen wärmsten Dank aussprechen für alles was Du mir leistest – Deinen letzten
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Wenn ich Dir, (es klingt fast komisch) meine Ansicht über Deine Kritik im Allgemeinen sagen soll, kommt es ungefähr auf folgendes heraus – Deine Bemerkungen über den technischen Theil
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, gewiß ein höchst ausgezeichneter Mann in jeder Hinsicht, hatte einenAltona
bereit meinen Wünschen zu willfahren, besprach dasHeidelberg
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etcder verschiedenen Tonstücke machte, sondern beinahe das ganze Oratorium
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Themaungeheuer gefällt) den ich aber später für unsere deutschen Singchöre als ganz unstatthaft erkannte. Ähnliches Bedenken hielt mich v. der Composition der fehlenden Sopran arie ab die ich neu verlangte, wie auch noch
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Dramaund scharfe Contraste schienen mir so wohl deshalb als zur Vermeidung der musikalischen Monotonie in hohem Grade nachtheilig. Ich will deshalb nicht auf meinen Triangeln beharren, noch, die
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– so absurd nun letzteres vollends ist, beweist es doch daß die Wirkung dieses Stücks nicht leicht vorher abzusehn ist und ich halte es für eine Art v. Pflicht gegen mich selbst den Versuch damit zu wagen. Du vergibst mir, lieber
Händelisch Felix, wenn ich Dir nur dann folge wenn ich überzeugt bin – oder vielmehr ich glaube Du vergibst mir nicht wenn ich anders handelte –.
ouvertüre zu diesem Werk zu schreiben bin ich nicht fähig – ich betrachte den ersten Chor mit der darauf folgenden Arie wie eine Art Einleitung – das Drama beginnt erst nachher. Mit diesem allgemein religiösen Charakter würde es diesen Stücken schwer fallen im Verlaufe des Orat. ein Unterkommen zu finden und da Du sie noch obendrein gut findest möchte ich sie am liebsten lassen wie sie sind. Was nun das erste Auftreten des Jeremiah betrifft, so ist das eine Sache worüber man beinahe einen wackern Theologen befragen sollte. Mir scheint Jer. als ruhiger Hohepriester fällt ganz aus seinem Charakter. Das Volk war gänzlich dem Götzendienst anheim gefallen – er predigte, schrie, weinte und prophezeite den Untergang der Stadt wozu er schon im ersten Kapitel berufen wird. Ich glaube die Prophezeiung muß gleich Anfangs kommen – inwiefern der Ausdruck seiner Verzweiflung von dieser zu trennen und später anzubringen ist, würde mir schwer fallen in diesem Augenblicke zu entscheiden. In jedem Falle aber werde ich Deine Bemerkungen in musikalischen Hinsicht benutzen und Scene einer Umarbeitung unterwerfen (manches darin habe ich durch transcription u. dgl. selbst verdorben) –. Wenn Dir der Chor in h nicht gefällt so mag er heraus bleiben – je n’y tiens pas obschon ich das Adagio nicht übel finde so wie auch eine Stelle gegen das Ende mit der Tonleiter in den Violinen. Deine Bemerkungen über die folgenden Stücke scheinen mir jetzt schon treffend, und wenn ich die Partitur wieder haben werde sollen sie mir trefflich zu Statten kommen. Bei dieser Gelegenheit muß ich Dir sagen wie sehr ich mich geärgert habe über das was Du mir v. der Steigerung um meinen Ton sagst – nicht über Dich, sondern über mich. So schändlich im Klavier zu verfallen! auch im zweiten Theil kömmts noch einigemal! es ist zu toll! daß mirn Theils theile ich so sehr Dein Gefühl daß ich die Worte der Fuge „denn Du bist der Gerechten Stärke“ etc eingeschaltet habe um so dem Gebet für den Proph. einen mehr allgemein religiösen Charakter zu geben. Dies könnte leicht mit einer kleinen Wendung auf den ganzen Chor ausgedehnt werden von welchem mir das letzte Adagio sehr, sehr lieb ist. Den Anfang davon glaube ich nicht ändern zu können – für den Schluß aber werde ich Deiner Bemerkung nach, mein möglichstes thun –. Das wären denn so einige Worte von alle den unzähligen die ich Dir sagen werde wenn ich neben Dir auf dem Kranze oder am Klavier säße. Wie sehr mich’s zu Dir hingedrängt als ich vor Kurzem bis nach
Baselgekommen habe ich schon ausgesprochen – es ging nicht an und vielleicht ist es so besser. Nun hast Du auch den zweiten Theil, wie wird der Dir schmecken? Sage mir’s nur recht bald. Wenn auch vorläufig und in wenigen Worten und beantworte mir denn auch noch einige weitere Fragen nämlich – wie lange vor der Aufführung muß ich die Partitur nach
Leipzigschicken? würde eine Aufführung im
Herbste späterals Ende
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Oktoberstatt haben? und wäre es der vielen Aenderungen wegen nicht besser die besagte Auff. um ein halbes Jahr zu verschieben? Könnte dieser Vorschlag nicht von
Dirausgehen (denn ich möchte ihn aus vielen Gründen nicht selbst machen) etwa in Hinsicht der Chöre oder einer ähnlichen Ursache? Bitte, was denkst Du über alles das?
Ich bin nun wieder an meinem stillen Komersee nachdem ich meine arme
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– aber da ich im Zug bin zu schreiben, will ich mich nicht herausreißen und spare mir das auf für den ersten WinterNeapel
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In Bern hatte ich große Freude an einem meiner alten Freunde den ich seit 9 Jahren nicht gesehen – er ist der dortige
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– ein überaus braver Mensch, voller Eifer und Fleiß – er hat in seinem dortigen Wirkungskreise sehr viel geleistet und eine erstaunliche Thätigkeit gezeigt. Auch hat er ein recht hübsches Kompositionstalent besonders für Lieder und kurze Gesänge. Solltest Du je mit ihm zusammenkommen so empfehle ich ihn Dir aufs wärmste. Bei ihm sah ichMendel
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Mein heutiger Brief ist holpericht und ungeschickt – ich weiß nicht fehlt mir da meine Ruhe, hatte ich zuviel Stoff (denn ich bin eigentlich lange nicht fertig)
Ich muß Dich um Verzeihung bitten, lieber Felix, wenn ich Dich öfter als ich sollte mit Empfehlungsschreiben belästige – es kommen so oft Fälle wo ich’s nicht abschlagen kann. So habe ich vor ein paar Tagen einem Arzt Deine Adresse gegeben den ich nicht einmal kenne, der mir aber von einer Familie empfohlen wurde der ich’s nicht abschlagen kann. Aber einen interessanten Besuch erhältst Du wahrscheinlich diesen Herbst mit einigen Zeilen von mir. Es ist Pachta,
A propos, hast Du nie über meine Ouvertüre in
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Requiemv.BerliozComo, Tavernola, den 16n August 1839. Lieber Felix! Laß mich meinen wärmsten Dank aussprechen für alles was Du mir leistest – Deinen letzten Brief betrachte ich als eine der stärksten Freundschaftsgaben die Du mir je gegeben und ich war ganz verduzt als ich ihn durchsah – denn wenn Du mir das Alles auch am Klaviere gesagt hättest, so fühle ich doch den unendlichen Unterschied über so etwas zu sprechen oder zu schreiben und es war kein kleines Unternehmen alle Deine Ideen und Bemerkungen in so geregelte klare Ordnung zu bringen. Ich der ich nur zu antworten habe, bin schon voller Ungeduld und möchte lieber meine Feder in den See werfen als in die Dinte tauchen. Doch ich muß ja daran – also so schnell als möglich à la question. Wenn ich Dir, (es klingt fast komisch) meine Ansicht über Deine Kritik im Allgemeinen sagen soll, kommt es ungefähr auf folgendes heraus – Deine Bemerkungen über den technischen Theil meiner Arbeit (im weitesten Sinne, Du verstehst mich) finde ich beinahe alle treffend, und wenn ich einige nicht so fand, geschah es weil ich zu faul war mir meine Stücke vorzusingen und die Takte zu zählen – ich spare mir das auf wenn ich die Partitur wieder habe – Was die Führung und die Worte des Textes betrifft, stimme ich in vielem mit Dir überein und wir werden uns wohl noch näher kommen, wenn Du wissen wirst daß das Werk nur zwei Theile hat und sehen wirst worauf es hinausgeht – doch das ist ja jetzt schon der Fall! In dem Wohlgefallen (oder wie man es nennen mag) an gewissen sehr wenigen Stücken, stehen wir uns aber fest schnurstracks gegenüber – Hier finde ich die letzten Spitzen unserer Individualitäten die nach entgegengesetzten Seiten hinausgehen. Ich will nun hübsch ordentlich die verschiedenen Theile der Reihe nach durchgehen, muß aber über die Entstehung des Textes einiges vorausschicken. Dr Steinheim in Altona, gewiß ein höchst ausgezeichneter Mann in jeder Hinsicht, hatte einen kleinen Band biblischer Dichtungen drucken lassen die mich denken ließen er habe ganz und gar das, zu einem solchen Werke nöthige Talent. Ich fand ihn zur Zeit in Heidelberg bereit meinen Wünschen zu willfahren, besprach das Sujet mit ihm und erhielt schon nach wenigen Tagen auf der Reise einen ersten Theil – der mir zeigte wie weit der Verfasser entfernt sey die musikalischen Anforderungen eines solchen Werkes zu kennen. Jeremias sprach ein paar Seiten lang, v. Chören fand sich nur der der Priesterinnen und ein paar Worte v. Schlußchor. Schnell nahm ich all meinen Muth zusammen und schrieb einen langen Brief (von dem ich bedaure keine Abschrift behalten zu haben) in welchem ich nicht allein allgemeine Bemerkungen über die Form etc der verschiedenen Tonstücke machte, sondern beinahe das ganze Oratorium Nummer für Nummer skizzirte. Der Dichter war so bescheiden mir in allem zu folgen, was ihn aber freilich nicht schützte im Einzelnen vieles zu schreiben was mir mißfiel sowohl in der Ordnung als in den Worten. Bei der großen Entfernung die uns aber trennte zog ich vor manches selbst zu ändern, als über alles zu schreiben, vor einigen Monaten aber schickte ich ihm den ganzen Text wie er jetzt ist, indem ich ihm manches anstrich zur Aenderung und ihn um einiges Neue bat. Ich weiß nun nicht, ist der Mann etwas ennuyrt oder piquirt, ich habe seitdem keine Nachricht von ihm. Unter den angestrichenen Stellen findet sich der Chor „mit Torheit“ dessen Worte mich, wie Du richtig erräthst, beim ersten Skizziren lebhaft an und aufregten (so wie mir auch das a im Thema ungeheuer gefällt) den ich aber später für unsere deutschen Singchöre als ganz unstatthaft erkannte. Ähnliches Bedenken hielt mich v. der Composition der fehlenden Sopran arie ab die ich neu verlangte, wie auch noch ein ensemble Stück für Nebuchadnezar mit seinen Kriegern nach dem Chore in C. Auch d. Chor in g „Verflucht“ habe ich in der letzten Zeit eingeschaltet um diesen Scenen mehr Abrundung zu geben – Du siehst also daß ich in dieser Beziehung ganz Deiner Meinung bin – nicht aber der als würden diese verschiedenartigen Auftritte mit ihrer von einer ander abstechenden Musik dem Charakter des Werkes Eintrag thun. In dieser Hinsicht scheint man sich überhaupt in der musikalischen Welt noch nicht recht verständigt zu haben. Ein Oratorium mag in die Kirche gehören, aber deshalb bleibt es doch ein Drama und scharfe Contraste schienen mir so wohl deshalb als zur Vermeidung der musikalischen Monotonie in hohem Grade nachtheilig. Ich will deshalb nicht auf meinen Triangeln beharren, noch, die Arie des Nebuchad. schön finden, sondern nur erklären daß die Verschiedenheit des Styls an dieser Stelle des Werkes ein Resultat meiner Intention ist welche auf einer meiner poetischen Ueberzeugungen beruht. Gerne werde ich alles thun, um diesen Scenen in ihrem genre die Vollendung zu geben die ich erreichen kann, aber ich möchte sie weder wegwerfen noch, wie soll ich sagen, vaguer charakterissiren. Der Chor aus g soll ganz heraus, die beiden arien will ich überarbeiten, aber nun kommt etwas seltsames – der Kriegerchor ist mir eines der liebsten Stücke des ganzen Werks. Ich habe ihn gleich beim ersten Skizziren niedergeschrieben und bei der neulichen gänzlichen Umarbeitung aller andern ist nur dieser unberührt geblieben. es würde mir unmöglich seyn zu erklären warum er mir gefällt, wie es Dir vielleicht schwer fallen würde zu sagen warum er Dir so unangenehm ist. – auf Liszt (obschon ich auf sein Urtheil bei Musik dieser Gattung wenig gebe) machte er großen Effekt, Pixis fand ihn gar Händelisch – so absurd nun letzteres vollends ist, beweist es doch daß die Wirkung dieses Stücks nicht leicht vorher abzusehn ist und ich halte es für eine Art v. Pflicht gegen mich selbst den Versuch damit zu wagen. Du vergibst mir, lieber Felix, wenn ich Dir nur dann folge wenn ich überzeugt bin – oder vielmehr ich glaube Du vergibst mir nicht wenn ich anders handelte –. Nun einiges über die ersten Stücke. Eine Instrumentalouvertüre zu diesem Werk zu schreiben bin ich nicht fähig – ich betrachte den ersten Chor mit der darauf folgenden Arie wie eine Art Einleitung – das Drama beginnt erst nachher. Mit diesem allgemein religiösen Charakter würde es diesen Stücken schwer fallen im Verlaufe des Orat. ein Unterkommen zu finden und da Du sie noch obendrein gut findest möchte ich sie am liebsten lassen wie sie sind. Was nun das erste Auftreten des Jeremiah betrifft, so ist das eine Sache worüber man beinahe einen wackern Theologen befragen sollte. Mir scheint Jer. als ruhiger Hohepriester fällt ganz aus seinem Charakter. Das Volk war gänzlich dem Götzendienst anheim gefallen – er predigte, schrie, weinte und prophezeite den Untergang der Stadt wozu er schon im ersten Kapitel berufen wird. Ich glaube die Prophezeiung muß gleich Anfangs kommen – inwiefern der Ausdruck seiner Verzweiflung von dieser zu trennen und später anzubringen ist, würde mir schwer fallen in diesem Augenblicke zu entscheiden. In jedem Falle aber werde ich Deine Bemerkungen in musikalischen Hinsicht benutzen und die Scene einer Umarbeitung unterwerfen (manches darin habe ich durch transcription u. dgl. selbst verdorben) –. Wenn Dir der Chor in h nicht gefällt so mag er heraus bleiben – je n’y tiens pas obschon ich das Adagio nicht übel finde so wie auch eine Stelle gegen das Ende mit der Tonleiter in den Violinen. Deine Bemerkungen über die folgenden Stücke scheinen mir jetzt schon treffend, und wenn ich die Partitur wieder haben werde sollen sie mir trefflich zu Statten kommen. Bei dieser Gelegenheit muß ich Dir sagen wie sehr ich mich geärgert habe über das was Du mir v. der Steigerung um meinen Ton sagst – nicht über Dich, sondern über mich. So schändlich im Klavier zu verfallen! auch im zweiten Theil kömmts noch einigemal! es ist zu toll! daß mir der Gang an sich miß fiele, ist nicht wohl möglich, sonst hätte ich ihn nicht so oft geschrieben – aber Klavier! Klavier! man kann sich nicht genug beobachten. In Beziehung auf den Schlußchor des 1n Theils theile ich so sehr Dein Gefühl daß ich die Worte der Fuge „denn Du bist der Gerechten Stärke“ etc eingeschaltet habe um so dem Gebet für den Proph. einen mehr allgemein religiösen Charakter zu geben. Dies könnte leicht mit einer kleinen Wendung auf den ganzen Chor ausgedehnt werden von welchem mir das letzte Adagio sehr, sehr lieb ist. Den Anfang davon glaube ich nicht ändern zu können – für den Schluß aber werde ich Deiner Bemerkung nach, mein möglichstes thun –. Das wären denn so einige Worte von alle den unzähligen die ich Dir sagen werde wenn ich neben Dir auf dem Kranze oder am Klavier säße. Wie sehr mich’s zu Dir hingedrängt als ich vor Kurzem bis nach Basel gekommen habe ich schon ausgesprochen – es ging nicht an und vielleicht ist es so besser. Nun hast Du auch den zweiten Theil, wie wird der Dir schmecken? Sage mir’s nur recht bald. Wenn auch vorläufig und in wenigen Worten und beantworte mir denn auch noch einige weitere Fragen nämlich – wie lange vor der Aufführung muß ich die Partitur nach Leipzig schicken? würde eine Aufführung im Herbste später als Ende September oder Anfangs Oktober statt haben? und wäre es der vielen Aenderungen wegen nicht besser die besagte Auff. um ein halbes Jahr zu verschieben? Könnte dieser Vorschlag nicht von Dir ausgehen (denn ich möchte ihn aus vielen Gründen nicht selbst machen) etwa in Hinsicht der Chöre oder einer ähnlichen Ursache? Bitte, was denkst Du über alles das? Ich bin nun wieder an meinem stillen Komersee nachdem ich meine arme Mutter die nie recht wohl hier war nach Deutschland gebracht. Wie Du’s richtig erräthst, stehe ich im Begriffe eine neue Oper zu schreiben. Meine Pläne sind ganz einfach diese – bis Ende September hier zu bleiben und dann den Winter in Venedig so arbeitsam als möglich zuzubringen. Gerne wäre ich nach Rom und Neapel – aber da ich im Zug bin zu schreiben, will ich mich nicht herausreißen und spare mir das auf für den ersten Winter nach der Aufführung des Jeremias. Später komme ich dann gewiß nach Deutschland zurück – aber, aber es ist mir gar zu Wohl in Italien. In Bern hatte ich große Freude an einem meiner alten Freunde den ich seit 9 Jahren nicht gesehen – er ist der dortige Organist, Singlehrer, Musikdirektor etc Mendel – ein überaus braver Mensch, voller Eifer und Fleiß – er hat in seinem dortigen Wirkungskreise sehr viel geleistet und eine erstaunliche Thätigkeit gezeigt. Auch hat er ein recht hübsches Kompositionstalent besonders für Lieder und kurze Gesänge. Solltest Du je mit ihm zusammenkommen so empfehle ich ihn Dir aufs wärmste. Bei ihm sah ich zwei Deiner Motetten für die Nonnen zu Rom und ein Heft 4st. Ges. von welchen mir das letzte „auf dem See“ am besten und überaus wohl gefiel. Vorgestern habe ich in Mailand mit einem Kriminalrath die Cello Sonate gespielt (aber er, nicht ich hatte sie erhalten, auch v. Paulus und Psalm keine Spur) die uns, besonders die beiden ersten Sätze, viel Freude machte. Aber sage mir, wann gehst Du an Deinen Propheten, oder an eine Oper? Es ist schrecklich daß man zu solchen Werken einen Dichter braucht – aber ich glaube es ist doch mehr damit auszurichten als mit allem andern. Mein heutiger Brief ist holpericht und ungeschickt – ich weiß nicht fehlt mir da meine Ruhe, hatte ich zuviel Stoff (denn ich bin eigentlich lange nicht fertig) es ist keine Antwort wie sie Dein liebes Schreiben verdiente. Indeß Du verstehst mich auch schon so und entschuldigst was ich nicht besser zu sagen wußte. Ich muß Dich um Verzeihung bitten, lieber Felix, wenn ich Dich öfter als ich sollte mit Empfehlungsschreiben belästige – es kommen so oft Fälle wo ich’s nicht abschlagen kann. So habe ich vor ein paar Tagen einem Arzt Deine Adresse gegeben den ich nicht einmal kenne, der mir aber von einer Familie empfohlen wurde der ich’s nicht abschlagen kann. Aber einen interessanten Besuch erhältst Du wahrscheinlich diesen Herbst mit einigen Zeilen von mir. Es ist Graf Pachta, Konsistorialrath in Mailand – der als Mann gerade nicht in der höchsten Achtung steht, aber durch sein Thalent doch einen bedeutenden Einfluß ausübt. In Theatersachen vollends – ihm allein danke ich (?!) die Aufführung meiner Oper – er wird Dir vieles erzählen können was Dich interessirt –. A propos, hast Du nie über meine Ouvertüre in London was gehört? ist es ihnen vielleicht fehlgegangen? Adieu, lieber Felix – grüße Deine gute Frau auf’s Herzlichste – empfehle mich allen Gliedern Eurer beiderseitigen Familien – Schreibe mir so bald Du kannst und adressire Como Lombardey – Auch David grüße und sage den Herrn Konzertdirektoren meinen Dank für ihre guten Intentionen. Lebe wohl und glücklich und bleibe stets gut Deinem aufrichtigen Freunde Ferdinand Hiller. Liszt ist auf dem Lande bei Lucca – Franc. Pixis ist in Palermo engagirt – Chopin noch nicht in Paris zurück – kennst Du das Requiem v. Berlioz?
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation><date cert="high" when="1839-08-16" xml:id="date_5edb2047-a32f-411c-b98d-c596aa4ce8e6">16. August 1839</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0112003" resp="author" xml:id="persName_a5eed63a-0c8d-41d3-a47b-65cc8b31c8ef">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0112003" resp="writer">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_f8f33b94-942d-4f7c-8131-abe0f2b68048"> <settlement key="STM0100610">Como</settlement><country>Italien</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_99ca6db1-342e-436e-b5c8-cfc8aca0ae0f">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_31d10fb5-7724-40c1-9dc9-ab9056f22ffb"> <settlement key="STM0100204">Frankfurt a. M.</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"> </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_73d148d7-22aa-45ee-8dbb-38b7666c9832"> <docAuthor key="PSN0112003" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_eb0bdc74-48de-4d75-a748-dab3900bf221">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112003" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_59a86410-11bb-4c95-9832-980924e8c165">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</docAuthor> <dateline rend="right"><hi rend="latintype">Como</hi>, <hi rend="latintype">Tavernola</hi>, den <date cert="high" when="1839-08-16" xml:id="date_8a19aab2-3292-4f45-aa03-a42be77fc7e7">16<hi rend="superscript">n</hi> <hi rend="latintype">August</hi> 1839</date>.</dateline> <salute rend="left">Lieber <hi rend="latintype">Felix</hi>!</salute> <p style="paragraph_without_indent">Laß mich meinen wärmsten Dank aussprechen für alles was Du mir leistest – Deinen letzten <title xml:id="title_e16f68f0-2fa7-456d-b88b-dc392681af43">Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1839-08-16-02" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Ferdinand Hiller in Como; Horchheim oder Frankfurt a. M., zwischen dem 27. Juni und 16. August 1839</name> </title> betrachte ich als eine der stärksten Freundschaftsgaben die Du mir je gegeben und ich war ganz verduzt als ich ihn durchsah – denn wenn Du mir das Alles auch am Klaviere gesagt hättest, so fühle ich doch den unendlichen Unterschied über so etwas zu sprechen oder zu schreiben und es war kein kleines Unternehmen alle Deine Ideen und Bemerkungen in so geregelte klare Ordnung zu bringen. Ich der ich nur zu antworten habe, bin schon voller Ungeduld und möchte lieber meine Feder in den See werfen als in die Dinte tauchen. Doch ich muß ja daran – also so schnell als möglich <hi rend="latintype">à la question</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_bcda09c0-96ac-49da-b298-a4f25538a774" xml:lang="fr ">à la question – frz., zur Frage.</note></p> <p>Wenn ich Dir, (es klingt fast komisch) meine Ansicht über Deine Kritik im Allgemeinen sagen soll, kommt es ungefähr auf folgendes heraus – Deine Bemerkungen über den <hi n="1" rend="underline">technischen</hi> Theil <title xml:id="title_3915a689-a2de-4986-8adc-36e23e0811d0">meiner Arbeit<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name><name key="CRT0109304" style="hidden" type="music">Die Zerstörung Jerusalems op. 24 (HW 1.24)</name></title> (im weitesten Sinne, Du verstehst mich) finde ich <add place="above">beinahe<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name></add> alle treffend, und wenn ich einige nicht so fand, geschah es weil ich zu faul war mir meine Stücke vorzusingen und die Takte zu zählen – ich spare mir das auf wenn ich die Partitur wieder habe – Was die Führung und die Worte des Textes betrifft, stimme ich in vielem mit Dir überein und wir werden uns wohl noch näher kommen, wenn Du wissen wirst daß das Werk nur zwei Theile hat und sehen wirst worauf es hinausgeht – doch das ist ja jetzt schon der Fall! In dem Wohlgefallen (oder wie man es nennen mag) an gewissen sehr wenigen Stücken, stehen wir uns aber fest schnurstracks gegenüber – Hier finde ich die letzten Spitzen unserer Individualitäten die nach entgegengesetzten Seiten hinausgehen. Ich will nun hübsch ordentlich die verschiedenen Theile der Reihe nach durchgehen, muß aber über die Entstehung des <title xml:id="title_03665214-8773-491b-9961-0cb641a99828">Textes<name key="PSN0115103" style="hidden" type="author">Steinheim, Salomon Levi (Ludwig) (Pseud.: Abadjah Ben Amos) (1789-1866)</name><name key="CRT0112648" style="hidden" type="literature">Die Zerstörung Jerusalems (Libretto)</name></title> einiges vorausschicken. Dr <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9e232ff0-5f0e-4dfa-a5a2-185c6391657b">Steinheim<name key="PSN0115103" style="hidden" type="person">Steinheim, Salomon Levi (Ludwig) (Pseud.: Abadjah Ben Amos) (1789-1866)</name></persName></hi> in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_45eb9383-e445-4e7e-9641-e0bf05cffbf5">Altona<settlement key="STM0100684" style="hidden" type="locality">Altona</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi>, gewiß ein höchst ausgezeichneter Mann in jeder Hinsicht, hatte einen <title xml:id="title_5d543a1d-2dd6-44bd-9255-7d85270a4eee">kleinen Band biblischer Dichtungen<name key="PSN0115103" style="hidden" type="author">Steinheim, Salomon Levi (Ludwig) (Pseud.: Abadjah Ben Amos) (1789-1866)</name><name key="CRT0112647" style="hidden" type="literature">Gesänge aus der Verbannung, welche sang Obadiah ben Amos, im Lande Ham</name></title> drucken lassen die mich denken ließen er habe ganz und gar das, zu einem solchen<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Werke nöthige Talent. Ich fand ihn zur Zeit in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_20a58d55-338e-4198-8479-5cc3873cbba7">Heidelberg<settlement key="STM0100150" style="hidden" type="locality">Heidelberg</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi> bereit meinen Wünschen zu willfahren, besprach das <hi rend="latintype">Sujet</hi> mit ihm und erhielt schon nach wenigen <add place="above">Tagen<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name></add> auf der Reise <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> <add place="above">einen<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name></add> ersten Theil – der mir zeigte wie weit der Verfasser entfernt sey die musikalischen Anforderungen eines solchen Werkes zu kennen. <hi rend="latintype">Jeremias</hi> sprach ein paar Seiten lang, v. Chören fand sich nur der der Priesterinnen und ein <hi n="1" rend="underline">paar Worte</hi> v. Schlußchor. Schnell nahm ich all meinen Muth zusammen und schrieb einen langen Brief (von dem ich bedaure keine Abschrift behalten zu haben) in welchem ich nicht allein allgemeine Bemerkungen über die Form <hi rend="latintype">etc</hi> der verschiedenen Tonstücke machte, sondern beinahe das ganze Oratorium <gap quantity="2" reason="deletion" unit="words"></gap> Nummer für Nummer skizzirte. Der <persName xml:id="persName_510d38ae-5f78-4830-bdf8-33315067d90b">Dichter<name key="PSN0115103" style="hidden" type="person">Steinheim, Salomon Levi (Ludwig) (Pseud.: Abadjah Ben Amos) (1789-1866)</name></persName> war so bescheiden mir in allem zu folgen, was ihn aber freilich nicht schützte im Einzelnen vieles zu schreiben was mir mißfiel sowohl in der Ordnung als in den Worten. Bei der großen Entfernung die uns aber trennte zog ich vor manches selbst zu ändern, als über alles <add place="above">zu<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name></add> schreiben, vor einigen Monaten aber schickte ich ihm den ganzen Text wie er jetzt ist, indem ich ihm manches anstrich zur Aenderung und ihn um einiges Neue bat. Ich weiß nun nicht, ist der Mann etwas <hi rend="latintype">ennuyrt</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_9277e528-4922-4a48-b89e-5755d83b103b" xml:lang="de">ennuyrt – (ennuyieren) verärgert.</note> oder <hi rend="latintype">piquirt</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_b7616d22-0665-4a4e-86fe-1e726d63ebdf" xml:lang="de">piquirt – (piquiren) verletzt.</note> ich habe seitdem keine Nachricht von ihm. Unter den angestrichenen Stellen findet sich der Chor „mit Torheit“ dessen Worte mich, wie Du richtig erräthst, beim ersten Skizziren lebhaft an und aufregten (so wie mir auch das <hi rend="latintype">a</hi> im <hi rend="latintype">Thema</hi> ungeheuer gefällt) den ich aber später für unsere deutschen Singchöre als ganz unstatthaft erkannte. Ähnliches Bedenken hielt mich v. der Composition der fehlenden Sopran arie ab die ich neu verlangte, wie auch noch <hi n="1" rend="underline">ein <hi rend="latintype">ensemble Stück</hi> für <hi rend="latintype">Nebuchadnezar</hi> mit seinen Kriegern nach dem Chore in <hi rend="latintype">C</hi></hi>. Auch d. Chor in <hi rend="latintype">g</hi> „Verflucht“ habe ich in der letzten Zeit eingeschaltet um diesen <hi rend="latintype">Scenen</hi> mehr Abrundung zu geben – Du siehst also daß ich in dieser Beziehung ganz Deiner Meinung bin – nicht aber der als würden diese verschiedenartigen Auftritte mit ihrer von ein<unclear reason="deletion" resp="FMBC">er</unclear> <add place="above">ander<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name></add> abstechenden Musik<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> dem Charakter des Werkes Eintrag thun. In dieser Hinsicht scheint man sich überhaupt in der musikalischen Welt noch nicht recht verständigt zu haben. Ein Oratorium mag in die Kirche gehören, aber deshalb bleibt es doch ein <hi n="1" rend="underline">Drama</hi> und scharfe Contraste schienen mir so wohl deshalb als zur Vermeidung der musikalischen Monotonie in hohem Grade nachtheilig. Ich will deshalb nicht auf meinen Triangeln beharren, noch, die <hi rend="latintype">Arie</hi> des <hi rend="latintype">Nebuchad</hi>. schön finden, sondern nur erklären daß die Verschiedenheit des Styls an dieser Stelle des Werkes ein Resultat meiner <hi rend="latintype">Intention</hi> ist welche auf einer meiner poetischen Ueberzeugungen beruht. Gerne werde ich alles thun, um diesen <hi rend="latintype">Scenen</hi> in ihrem <hi rend="latintype">genre</hi> die Vollendung zu geben die ich erreichen kann, aber ich möchte sie weder wegwerfen noch, wie soll ich sagen, <hi rend="latintype">vaguer</hi> charakterissiren. Der Chor aus <hi rend="latintype">g</hi> soll ganz heraus, die beiden arien will ich überarbeiten, aber nun kommt etwas seltsames – der Kriegerchor ist mir eines der liebsten Stücke des ganzen Werks. Ich habe ihn gleich beim ersten Skizziren niedergeschrieben und bei der neulichen gänzlichen Umarbeitung aller andern ist nur dieser unberührt geblieben. es würde mir unmöglich seyn zu erklären warum er mir gefällt, wie es Dir vielleicht schwer fallen würde zu sagen warum er Dir so unangenehm ist. – <add place="above">auf<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811-1885)</name></add> <persName xml:id="persName_ab92c648-045c-4ba0-8e5f-ecaab7ba5f75">Liszt<name key="PSN0112894" style="hidden" type="person">Liszt, Franz (Ferenc) (1811-1886)</name></persName> (obschon ich auf sein Urtheil bei Musik dieser Gattung wenig gebe) machte er großen Effekt, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_bdf430e2-33c9-4a82-8a2d-16c0c678b6de">Pixis<name key="PSN0119218" style="hidden" type="person">Pixis, Friedrich Wilhelm (1785-1842)</name></persName></hi> fand ihn gar <hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_6ed6670b-b561-427b-9e6e-5120ba5cf415">Händelisch<name key="PSN0111693" style="hidden" type="person">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name></persName></hi></hi> – so absurd nun letzteres vollends ist, beweist es doch daß die Wirkung dieses Stücks nicht leicht vorher abzusehn ist und ich halte es für eine Art v. Pflicht gegen mich selbst den Versuch damit zu wagen. Du vergibst mir, lieber <hi rend="latintype">Felix</hi>, wenn ich Dir nur dann folge wenn ich überzeugt bin – oder vielmehr ich glaube Du vergibst mir nicht wenn ich anders handelte –.</p> <p><seg type="pagebreak">|4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> Nun einiges über die ersten Stücke. Eine Instrumental<hi rend="latintype">ouvertüre</hi> zu diesem Werk zu schreiben bin ich nicht fähig – ich betrachte den ersten Chor mit der darauf folgenden Arie wie eine Art Einleitung – das Drama beginnt erst nachher. Mit diesem allgemein religiösen Charakter würde es diesen Stücken schwer fallen im Verlaufe des Orat. ein Unterkommen zu finden und da Du sie noch obendrein gut findest möchte ich sie am liebsten lassen wie sie sind. Was nun das erste Auftreten des <hi rend="latintype">Jeremiah</hi> betrifft, so ist das eine Sache worüber man beinahe einen wackern Theologen befragen sollte. Mir scheint <hi rend="latintype">Jer</hi>. als ruhiger Hohepriester fällt ganz aus seinem Charakter. Das Volk war gänzlich dem Götzendienst anheim gefallen – er predigte, schrie, weinte und prophezeite den Untergang der Stadt <hi n="1" rend="underline">wozu</hi> er schon im ersten <hi n="1" rend="underline">Kapitel</hi> <hi n="1" rend="underline">berufen</hi> wird. Ich glaube die Prophezeiung muß gleich Anfangs kommen – inwiefern der Ausdruck seiner Verzweiflung von dieser zu trennen und später anzubringen ist, würde mir schwer fallen in diesem Augenblicke zu entscheiden. In jedem Falle aber werde ich Deine Bemerkungen in musikalischen Hinsicht benutzen und <gap quantity="2" reason="deletion" unit="words"></gap> die <hi rend="latintype">Scene</hi> einer Umarbeitung unterwerfen (manches darin habe ich durch <hi rend="latintype">transcription</hi> u. dgl. selbst verdorben) –. Wenn Dir der Chor in <hi rend="latintype">h</hi> nicht gefällt so mag er heraus bleiben – <hi rend="latintype">je n’y tiens pas</hi> obschon ich das <hi rend="latintype">Adagio</hi> nicht übel finde so wie auch eine Stelle gegen das Ende mit der Tonleiter in den Violinen. Deine Bemerkungen über die folgenden Stücke scheinen mir jetzt schon treffend, und wenn ich die <hi rend="latintype">Partitur</hi> wieder haben werde sollen sie mir trefflich zu Statten kommen. Bei dieser Gelegenheit muß ich Dir sagen wie sehr ich mich geärgert habe über das was Du mir v. der Steigerung um meinen Ton sagst – nicht über Dich, sondern über mich. So schändlich im Klavier zu verfallen! auch im zweiten Theil kömmts noch einigemal! es ist zu toll! daß mir<seg type="pagebreak"> |5|<pb n="5" type="pagebreak"></pb></seg> der Gang an sich miß fiele, ist nicht wohl möglich, sonst hätte ich ihn nicht so oft geschrieben – aber Klavier! Klavier! man kann sich nicht genug beobachten. In Beziehung auf den Schlußchor des 1<hi rend="superscript">n</hi> Theils theile ich so sehr Dein Gefühl daß <hi n="1" rend="underline">ich</hi> die Worte der Fuge „denn Du bist der Gerechten Stärke“ <hi rend="latintype">etc</hi> eingeschaltet habe um so dem Gebet für den Proph. einen mehr allgemein religiösen Charakter zu geben. Dies könnte leicht mit einer kleinen Wendung auf den ganzen Chor ausgedehnt werden von welchem mir das <hi n="1" rend="underline">letzte <hi rend="latintype">Adagio</hi></hi> sehr, sehr lieb ist. Den Anfang davon glaube ich nicht ändern zu können – für den Schluß aber werde ich Deiner Bemerkung nach, mein möglichstes thun –. Das wären denn so einige Worte von alle den unzähligen die ich Dir sagen werde wenn ich neben Dir auf dem Kranze oder am Klavier säße. Wie sehr mich’s zu Dir hingedrängt als ich vor Kurzem bis nach <hi rend="latintype">Basel</hi> gekommen habe ich schon ausgesprochen – es ging nicht an und vielleicht ist es so besser. Nun hast Du auch den zweiten Theil, wie wird der Dir schmecken? Sage mir’s nur recht bald. Wenn auch vorläufig und in wenigen Worten und beantworte mir denn auch noch einige weitere Fragen nämlich – wie lange vor der Aufführung muß ich die Partitur nach <hi rend="latintype">Leipzig</hi> schicken? würde eine Aufführung im <hi n="1" rend="underline">Herbste später</hi> als Ende <hi rend="latintype">September</hi> oder Anfangs <hi rend="latintype">Oktober</hi> statt haben? und wäre es der vielen Aenderungen wegen nicht besser die besagte Auff. um ein halbes Jahr zu verschieben? Könnte dieser Vorschlag nicht von <hi n="1" rend="underline">Dir</hi> ausgehen (denn ich möchte ihn aus vielen Gründen nicht selbst machen) etwa in Hinsicht der Chöre oder einer ähnlichen Ursache? Bitte, was denkst Du über alles das?</p> <p>Ich bin nun wieder an meinem stillen Komersee nachdem ich meine arme <persName xml:id="persName_114ce00d-803c-4e75-942f-93540760fb84">Mutter<name key="PSN0112008" style="hidden" type="person">Hiller, Regine (1783-1839)</name></persName> die nie recht wohl hier war nach Deutschland gebracht. Wie Du’s richtig<seg type="pagebreak"> |6|<pb n="6" type="pagebreak"></pb></seg> erräthst, stehe ich im Begriffe eine neue <title xml:id="title_141c7b81-d543-4b1d-b7e3-e40ed5be9ed2">Oper<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name><name key="CRT0109300" style="hidden" type="music">Ein Traum in der Christnacht (HW 2.3.2)</name></title> zu schreiben. Meine Pläne sind ganz einfach diese – bis Ende <hi rend="latintype">September</hi> <placeName xml:id="placeName_8fb3bbc3-6f26-4240-90ae-e26d3e8a03ff">hier<settlement key="STM0100610" style="hidden" type="locality">Como</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> zu bleiben und dann den Winter in <placeName xml:id="placeName_3872d840-6541-4c20-a06e-e4a290c7217e">Venedig<settlement key="STM0100176" style="hidden" type="locality">Venedig</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> so arbeitsam als möglich zuzubringen. Gerne wäre ich nach <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_ec770623-b5da-43a1-b1d8-b5e5239c478c">Rom<settlement key="STM0100177" style="hidden" type="locality">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName></hi> und <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_887f8c52-7cac-4d74-b658-3e14ce6d2b5f">Neapel<settlement key="STM0100178" style="hidden" type="locality">Neapel</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName></hi> – aber da ich im Zug bin zu schreiben, will ich mich nicht herausreißen und spare mir das auf für den ersten Winter <hi n="1" rend="underline">nach</hi> der Aufführung des <hi rend="latintype">Jeremias</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8de7b5a6-f5cb-4f19-bddb-66092106d940" xml:lang="de">nach der Aufführung des Jeremias – Ferdinand Hillers Oratorium Die Zerstörung Jerusalems op. 24 wurde am 2. April 1840 erfolgreich in Leipzig uraufgeführt. </note> Später komme ich dann gewiß nach Deutschland zurück – aber, aber es ist mir gar zu Wohl in Italien.</p> <p>In <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_02403a3e-43a9-42c0-a51c-d4f987b6516c">Bern<settlement key="STM0100209" style="hidden" type="locality">Bern</settlement><country style="hidden">Schweiz</country></placeName></hi> hatte ich große Freude an einem meiner alten Freunde den ich seit 9 Jahren nicht gesehen – er ist der dortige <hi rend="bold">Organist</hi>, Singlehrer, Musikdirektor <hi rend="latintype">etc</hi> <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_4f98f5d4-b234-4335-b80a-eea5e086e29b">Mendel<name key="PSN0119963" style="hidden" type="person">Mendel, Johann Jakob (1809-1881)</name></persName></hi> – ein überaus braver Mensch, voller Eifer und Fleiß – er hat in seinem dortigen Wirkungskreise sehr viel geleistet und eine erstaunliche Thätigkeit gezeigt. Auch hat er ein recht hübsches Kompositionstalent besonders für Lieder und kurze Gesänge. Solltest Du je mit ihm zusammenkommen so empfehle ich ihn Dir aufs wärmste. Bei ihm sah ich <title xml:id="title_8f78a3bb-e020-41d7-8f40-264862efa41c">zwei Deiner <hi rend="latintype">Motetten</hi> für die Nonnen zu Rom <list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ngzmw767-cdat-kmv8-fpru-fdj7qntermsk"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="collective_sources" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="collective_prints" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100633" style="hidden">Drei Motetten für Frauenstimmen und Orgel, 1838; enthält MWV B 24, B 30 und B 23<idno type="MWV">SD 17</idno><idno type="op">39</idno></name></title>und ein <title xml:id="title_824089de-07c0-48ee-af35-fff1eec0af04">Heft 4st. Ges.<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_9mk0alhj-3fsx-enp1-lrhk-b8vml5yht1ps"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="collective_sources" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="collective_prints" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100634" style="hidden">Sechs vierstimmige Lieder für Sopran, Alt, Tenor und Bass im Freien zu singen, 1. Heft, 1838; enthält MWV F 10, F 4, F 5, F 6, F 7 und F 9<idno type="MWV">SD 18</idno><idno type="op">41</idno></name></title> von welchen mir das letzte „auf dem See“ am besten und überaus wohl gefiel. Vorgestern habe ich in <placeName xml:id="placeName_a017b7b0-477a-4d6b-867c-09ac8c4a00fc">Mailand<settlement key="STM0100180" style="hidden" type="locality">Mailand</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> mit einem Kriminalrath die <hi rend="latintype"><title xml:id="title_acf0f686-4468-41a8-bff5-ba08874ddd66">Cello Sonate<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_z5n25fed-kztb-mq9c-peui-vwmifdygu0ff"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_with_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100385" style="hidden">Sonate B-Dur für Violoncello und Klavier, 13. Oktober 1838<idno type="MWV">Q 27</idno><idno type="op">45</idno></name></title></hi> gespielt (aber <hi n="1" rend="underline">er</hi>, nicht <hi n="1" rend="underline">ich</hi> hatte sie erhalten, auch v. <hi rend="latintype"><title xml:id="title_0a5ece77-b5aa-443b-98b9-2a899691ffe2">Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_rrpx0yer-cw8r-yu59-shr3-z43gsrpxe03m"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title></hi> und <title xml:id="title_482ecfe2-4181-40b4-a021-ccac772fa698">Psalm<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_araxqvsp-cltl-ko53-qxng-9uy1bukiampg"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. Dezember 1837<idno type="MWV">A 15</idno><idno type="op">42</idno></name></title> keine Spur) die uns, besonders die beiden ersten Sätze, viel Freude machte. Aber sage mir, wann gehst Du an <hi n="1" rend="underline">Deinen</hi> <title xml:id="title_6f0b9e13-97c2-43f7-88c0-04543133f97e">Propheten<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_5ungjhwt-brj5-7ltk-qrh0-dtlduo1azz3n"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100125" style="hidden">Elias / Elijah, Ein Oratorium nach Worten des Alten Testaments für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [hauptsächlich 1845] bis 11. August 1846; Revision bis April 1847<idno type="MWV">A 25</idno><idno type="op">70</idno></name></title>, oder an eine Oper? Es ist schrecklich daß man zu solchen Werken einen Dichter braucht – aber ich glaube es ist doch mehr damit auszurichten als mit allem andern.</p> <p>Mein heutiger Brief ist holpericht und ungeschickt – ich weiß nicht fehlt mir da meine Ruhe, hatte ich zuviel Stoff (denn ich bin eigentlich lange nicht fertig)<seg type="pagebreak"> |7|<pb n="7" type="pagebreak"></pb></seg> es ist keine Antwort wie sie Dein liebes Schreiben verdiente. Indeß Du verstehst mich auch schon so und entschuldigst was ich nicht besser zu sagen wußte.</p> <p>Ich muß Dich um Verzeihung bitten, lieber <hi rend="latintype">Felix</hi>, wenn ich Dich öfter als ich sollte mit Empfehlungsschreiben belästige – es kommen so oft Fälle wo ich’s nicht abschlagen kann. So habe ich vor ein paar Tagen einem Arzt Deine Adresse gegeben den ich nicht einmal kenne, der mir aber von einer Familie empfohlen wurde der ich’s nicht abschlagen kann. Aber einen interessanten Besuch erhältst Du wahrscheinlich diesen Herbst mit einigen Zeilen von mir. Es ist <persName xml:id="persName_55461900-b9d9-4567-a661-8d487daeb98d">Graf <hi rend="latintype">Pachta</hi>, <unclear reason="paper_destruction" resp="FMBC">Konsis</unclear>torialrath in Mailand<name key="PSN0119964" style="hidden" type="person">Pachta von Rayhofen, Carl Graf von</name></persName> – der als Mann gerade nicht in der höchsten Achtung steht, aber durch sein Thalent doch einen bedeutenden Einfluß ausübt. In Theatersachen vollends – ihm allein danke ich (?!) die Aufführung meiner <title xml:id="title_0d1f66d5-7ae1-4d7f-b50e-cbbb89b9913c">Oper<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name><name key="CRT0109289" style="hidden" type="music">Romilda HW 2.3.1</name></title> – er wird Dir vieles erzählen können was Dich interessirt –.</p> <p><hi rend="latintype">A propos</hi>, hast Du nie über meine <hi rend="latintype"><title xml:id="title_6ed13884-5a48-42a3-a2c2-abed829ed0ad">Ouvertüre<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name><name key="CRT0109285" style="hidden" type="music">Ouvertüre d-Moll, op. 32 (urspr.: Ouvertüre zum alten Drama »Fernando«)</name><name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name><name key="CRT0109287" style="hidden" type="music">Ouvertüre zu Shakespeares Was ihr wollt E-Dur, op. 21 (HW 1.21.1)</name></title></hi> in <placeName xml:id="placeName_bf2427c9-65d3-4edd-915f-026e2f3ed271">London<name key="NST0100287" style="hidden" subtype="" type="institution">Philharmonic Society</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_cc7899a6-c76b-4e69-8902-6b4a6a5db267" xml:lang="de">meine Ouvertüre in London – Mendelssohn hatte der Londoner Philharmonic Society vorgeschlagen, Hillers Ouvertüren E-Dur zur Oper »Was ihr wollt« und d-Moll zu »Fernando« aufzuführen, jedoch ohne Erfolg.</note> was gehört? ist es ihnen vielleicht fehlgegangen?</p> <closer rend="left"><hi rend="latintype">Adieu</hi>, lieber <hi rend="latintype">Felix</hi> – grüße Deine gute <persName xml:id="persName_1b204448-f545-4139-879a-f0b95a32e8fe">Frau<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> auf’s Herzlichste – empfehle mich allen Gliedern Eurer <persName xml:id="persName_4e93eeaf-4677-4788-98c3-f4d0eb9ca594">beiderseitigen Familien<name key="PSN0113242" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Felix Mendelssohn Bartholdy</name><name key="PSN0113243" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Paul Mendelssohn Bartholdy</name><name key="PSN0110664" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Familie von → Johann Peter Gustav Lejeune D.</name><name key="PSN0111890" style="hidden" type="person">Hensel, Familie von → Wilhelm H.</name></persName> – Schreibe mir so bald Du kannst und adressire <hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline"><placeName xml:id="placeName_4ae84cb4-2b64-4e01-ab75-cdc1cb898513">Como<settlement key="STM0100610" style="hidden" type="locality">Como</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName></hi> Lombardey</hi> – Auch <persName xml:id="persName_47dd67ac-12f9-44ff-adf8-b3ad92184d01">David<name key="PSN0110564" style="hidden" type="person">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name></persName> grüße und sage den Herrn <placeName xml:id="placeName_59ba7953-3be8-4675-87c8-696830a608fc">Konzertdirektoren<name key="NST0100328" style="hidden" subtype="Konzertdirektion" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> meinen Dank für ihre guten Intentionen. Lebe wohl und glücklich und bleibe stets gut Deinem aufrichtigen Freunde</closer> <signed rend="right"><hi rend="latintype">Ferdinand Hiller</hi>.</signed> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_f8d7a745-4967-49c9-9864-b799fd674475"> <docAuthor key="PSN0112003" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_c521026b-0e61-43ff-9c17-079d60d86059">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112003" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_cb0b87d1-033c-4ea4-bf95-8b118e663a1e">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_e50463f1-06db-4cd1-95a0-ffc94eda5cb4">Liszt<name key="PSN0112894" style="hidden" type="person">Liszt, Franz (Ferenc) (1811-1886)</name></persName></hi> ist auf dem Lande bei <placeName xml:id="placeName_e49d263c-11a2-4ea8-b2fb-b67b342159eb"><hi rend="latintype">Lucca</hi><settlement key="STM0105562" style="hidden" type="locality">Lucca</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> – <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_2a7dc25b-aa1f-48f2-a1de-39404130cdfd">Franc. Pixis<name key="PSN0113893" style="hidden" type="person">Pixis, Francilla (eigtl. Franziska Helma Göhringer) (1816-1904)</name></persName></hi> ist in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_3fac3464-3abd-4635-9d6d-603abaccad93">Palermo<settlement key="STM0105015" style="hidden" type="locality">Palermo</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName></hi> engagirt – <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f3bf7f70-ff64-4d45-9327-3855072519f0">Chopin<name key="PSN0110374" style="hidden" type="person">Chopin, Fryderyk Franciszek (Frédéric François) (1810-1849)</name></persName></hi> noch nicht in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_af2601b6-93eb-47f8-92c5-086ea664b15f">Paris<settlement key="STM0100105" style="hidden" type="locality">Paris</settlement><country style="hidden">Frankreich</country></placeName></hi> zurück – kennst Du das <title xml:id="title_a9db964d-f768-41e5-ae15-c695d4c27a1b"><hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">Requiem</hi> v. <hi rend="latintype">Berlioz</hi></hi><name key="PSN0109886" style="hidden" type="author">Berlioz, Louis Hector (1803–1869)</name><name key="CRT0108200" style="hidden" type="music">Grande Messe des Morts op. 5 (H 75)</name></title>?</p> </div> </body> </text></TEI>