gb-1839-07-06-01
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Heringsdorf, 5. und 6. Juli 1839
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.
Fanny Hensel, Rebecka Lejeune Dirichlet.
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Piano, das leider gar kein Forte ist) es würde dir hier gefallen. Man kann sich wirklich keine pikantere Verbindung von seeischer Grandiosität mit dörflichem, waldigem, wiesigem, Cleinleben und
Das Mittelding zwischen Hackebrett und Tisch wird seit drei Stunden unablässig vom Cantor aus Swinemünde gestimmt, drei Saiten hat er schon heruntergeschlagen, dann hören die Töne ganz auf, und dazu verlangt der Kerl, die Kinder sollen stille seyn.
6ten Juli ich weiß nicht mehr was ich schreiben wollte. Nun habe ich schon 6 Bäder genommen, und trotz der Prophezeiung des Badearztes, ist keine Spur von Schmerzen erschienen, ich hoffe da mit
, dann zeichnete ich eine der unzähligen Landschaften rings umher als Vignette, hier ist jeder Schritt schön und mannigfaltig. – Nun lieber Felix, ists Essenszeit und Alles ist vorbei, nun schreib uns bald in unsre Einsamkeit. Von zu Hause aus schreiben sie mir stiefmütterlicher Weise nicht, wannCécile
so geschrieben, daß ich nicht mehr Zeit habe, (Platz wollte ich eigentlich sagen) dir zu schreiben, daß wir sogleich nach meiner
Heringsdorf, 5ten Juli 1839. Lieber Felix! Heringsdorf ist so schön, daß, obgleich dein Geschmack schwer zu berechnen ist, ich doch mit Rebecka gewettet habe, (sie war aber meiner Meinung) (eben sprengt der Clavierverstimmer eine Saite auf unserm Piano, das leider gar kein Forte ist) es würde dir hier gefallen. Man kann sich wirklich keine pikantere Verbindung von seeischer Grandiosität mit dörflichem, waldigem, wiesigem, Cleinleben und Genre genre denken. (eben springt wieder eine. ) du mußt wirklich einmal mit Cecile her, zum Zeichnen findest du nicht leicht so viel Gelegenheit, zum Baden fehlt sie auch nicht, und daß leider das Badereisen auch unter den Besten anfängt Mode zu werden, kann man an den Flöhen sehn, die hüpfen und springen hier mit den Claviersaiten um die Wette. Wir wohnen, wie du wissen wirst, im Devrientschen Hause, und da unsre Expedition nach und nach auf 6 Köpfe anwuchs, machte man uns solche Furcht, vor der hier herrschenden Enge, daß wir wirklich glaubten, wir würden in einer Hutschachtel wohnen. Aber die Wahrheit des Sprichworts: bange machen gelt nich, hat sich auch hier wieder bewährt, denn wir haben uns vortrefflich eingerichtet, und da wir viel mehr Platz als Möbel darin fanden, und anfingen zu begreifen daß wir ein Brett mit 4 Beinen drunter nothwendig brauchten beschlossen wir endlich, dies Wesen solle ein Clavier seyn, welches den dreifachen Vortheil darbot, als Bücherspinde, Tisch und Cunsthebel dienen zu können. Fanny Hensel Das Mittelding zwischen Hackebrett und Tisch wird seit drei Stunden unablässig vom Cantor aus Swinemünde gestimmt, drei Saiten hat er schon heruntergeschlagen, dann hören die Töne ganz auf, und dazu verlangt der Kerl, die Kinder sollen stille seyn. Fanny hat mich eben aus meinem Badeschlaf geweckt mit der Frage, soll ich nun den Kantor herausschmeißen? Er sitzt aber fest, und der Kunstgenuß wird uns an Wetter kosten, was hätten wir dafür spatzieren fahren können. – Aber nun guten Tag, lieber Felix, da bin ich im Seebad, gesund bin ich hergereiset, und denke braun und dick wiederzukommen. Dank sey es der wunderschönen Gegend, Fannys Liebenswürdigkeit und Minnas Unsinn; ich befinde Rebecka Lejeune Dirichlet 6ten Juli ich weiß nicht mehr was ich schreiben wollte. Nun habe ich schon 6 Bäder genommen, und trotz der Prophezeiung des Badearztes, ist keine Spur von Schmerzen erschienen, ich hoffe da mit diese durch zu seyn, war es auch schon zuletzt in Berlin, und hätte füglich die Reise mir und Fanny ersparen können. Indessen nun es einmal so ist, will ich jeden gesunden Tag dem Bade zuschreiben. Die zahme Ostsee ist übrigens durchaus nicht so zahm, wir waren vorgestern Zeugen, wie 20 Schritt vom Strande 2 bemannte Boote in großer Gefahr waren, unterzugehen, und mit Mühe durch ein kleines Boot gerettet wurden. Ein sonderbares Volk sind doch die Fischer. Ich glaube während des ganzen Vorgangs hat keiner sich so geängstigt, als Fanny und ich, die Leute meinten nachher, sie wären zwar in Gefahr gewesen, aber das sey ihnen nichts Neues. Mit der Zeit verstehe ich alle Marryatis ohne Wörterbuch. Aber so müde und so träge macht das Bad, dieser Brief ist mit der größten körperlichen und geistigen Anstrengung geschrieben, pflichtmäßig laufe ich auch am Strande und im Walde, was die Beine aushalten wollen, und wehe nachher dem Frühstück und dem Abendbrot, Mittagbrot taugt nichts, ich fange schon an, aufzugehn, wie Minnas Sandtorten und alle Kleider kneifen mich. Heut hab ich früh Toilette machen müssen, um den verheißnen Besuch der Professorinnen Böth und Marheinike, die wir wie in Berlin sehen, zu empfangen, obgleich wir uns schon am Strande mit fliegenden Pantoffeln und Haaren begrüßt haben, denn du hast keinen Begriff davon, wie idyllisch es hier zugeht. Wäre ich doch so geschickt wie Cécile, dann zeichnete ich eine der unzähligen Landschaften rings umher als Vignette, hier ist jeder Schritt schön und mannigfaltig. – Nun lieber Felix, ists Essenszeit und Alles ist vorbei, nun schreib uns bald in unsre Einsamkeit. Von zu Hause aus schreiben sie mir stiefmütterlicher Weise nicht, wann Dirichlet reist, ich denke, du wirst mir schreiben, wie er sich auf der Reise benimmt, denn du wirst ihn nun doch wohl unterwegs sehen. Anfangs August denke ich, nach genommenen 30 Bädern wieder in Berlin zu seyn, von dieser Zahl lasse ich mir aber nicht eins abdingen, ob wir eine Fahrt nach Rügen machen, kommt auf Zeit und sonstige hakelige Umstandheiten an, ich hätte wohl Lust dazu, man fährt nur 6 Stunden mit dem Dampfschiffe. Adieu, lieber Felix, grüße alle Felixens, auch die Horchheimer, wenn du gerade dran denkst. Onkel Joseph wird besonders sehr glücklich seyn, einen Gruß von mir zu bekommen. Rebecka Lejeune Dirichlet Lieber Felix, Beckchen hat so geschrieben, daß ich nicht mehr Zeit habe, (Platz wollte ich eigentlich sagen) dir zu schreiben, daß wir sogleich nach meiner Rückkehr aus Her. unsre Reise nach Italien antreten werden und uns Ende August auf einige Tage bei dir in Leipzig anmelden. Treffen wir dich? Antworte darauf hierher. Fanny Hensel
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Heut hab ich früh Toilette machen müssen, um den verheißnen Besuch der Professorinnen Böth und Marheinike,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ebebf108-9f61-48d2-8cce-ab557c0eeeb7" xml:lang="de">Marheinike – Ehefrau des Berliner Theologen Philipp Konrad Marheineke.</note> die wir wie in <placeName xml:id="placeName_541e6dc8-2871-40e5-8b61-b612d7c4222c">Berlin<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> sehen, zu empfangen, obgleich wir uns schon am Strande mit fliegenden Pantoffeln und Haaren begrüßt haben, denn du hast keinen Begriff davon, wie idyllisch es hier zugeht. Wäre ich doch so geschickt wie <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_1eb66a40-fd60-48ab-997b-775c79d33031">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi>, dann zeichnete ich eine der unzähligen Landschaften rings umher als Vignette, hier ist jeder Schritt schön und mannigfaltig. – Nun lieber Felix, ists Essenszeit und Alles ist vorbei, nun schreib uns bald in unsre Einsamkeit. Von zu Hause aus schreiben sie mir stiefmütterlicher Weise nicht, wann <persName xml:id="persName_6a56942d-63b9-4148-9bbf-a6ae1d844e49">Dirichlet<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName> reist,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_6fc09613-3762-4ca0-a5eb-d7cc464b8a25" xml:lang="de">qann Dirichlet reist – Gemeint ist Dirichlets Parisreise, die er ursprünglich gemeinsam mit Eduard Gans geplant hatte. </note> ich denke, du wirst mir schreiben, wie er sich auf der Reise benimmt, denn du wirst ihn nun doch wohl unterwegs sehen.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_aa4a633c-c3ff-4c4b-8e39-7c923dce5f10" xml:lang="de">unterwegs sehen – Dirichlet hatte einen kurzen Besuch bei Felix Mendelssohn Bartholdy in Frankfurt als Zwischenstation auf seiner Reise nach Berlin angekündigt.</note> Anfangs August denke ich, nach genommenen 30 Bädern wieder in <placeName xml:id="placeName_97a17d0a-64e4-4859-b9df-514a8a26bcae">Berlin<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zu seyn, von dieser Zahl lasse ich mir aber nicht eins abdingen, ob wir eine Fahrt nach <placeName xml:id="placeName_44d1a593-0f47-42fd-8354-dede0e1691f7">Rügen<settlement key="STM0104979" style="hidden" type="area">Rügen</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> machen, kommt auf Zeit und sonstige hakelige Umstandheiten an, ich hätte wohl Lust dazu, man fährt nur 6 Stunden mit dem Dampfschiffe. <seg type="closer">Adieu, lieber Felix, grüße alle Felixens, auch die <persName xml:id="persName_57c439dc-046c-496b-9af5-3d5d56467ad0">Horchheimer<name key="PSN0113210" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Familie von → Joseph M.</name></persName>, wenn du gerade dran <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> denkst. <persName xml:id="persName_0a0bc324-a82f-44c0-90ad-602c3c0419ed">Onkel Joseph<name key="PSN0113227" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Joseph (1770-1848)</name></persName> wird besonders sehr glücklich seyn, einen Gruß von mir zu bekommen.</seg></p> <signed rend="right"><add resp="FMBC" type="editors_addition">Rebecka Lejeune Dirichlet</add></signed> </div> <div n="4" type="act_of_writing" xml:id="div_ace64054-811f-4055-a0b5-aca0c6f89f4b"> <docAuthor key="PSN0111893" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_19db3a61-1be8-461c-b74d-8666ace4c2b5">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111893" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_ad2cfbba-807e-403a-9243-bd2ae4f6bb22">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="salute">Lieber Felix,</seg> <persName xml:id="persName_30860d2c-9168-4683-b697-1f2ef6dc739f">Beckchen<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> hat <hi n="1" rend="underline">so</hi> geschrieben, daß ich nicht mehr Zeit habe, (Platz wollte ich eigentlich sagen) dir zu schreiben, daß wir sogleich nach meiner <add place="margin">Rückkehr aus <placeName xml:id="placeName_d680956f-c64b-4a5d-b64c-87cf6ca20a6a">Her.<settlement key="STM0104559" style="hidden" type="locality">Heringsdorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> unsre Reise nach <placeName xml:id="placeName_f169e09e-94ac-4148-b94c-ff16522e975a">Italien<settlement key="STM0104792" style="hidden" type="area">Italien</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> antreten werden und uns Ende August auf einige Tage bei dir in <placeName xml:id="placeName_e4189f95-e6fb-418a-b46c-dc87a7336a1c">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> anmelden. Treffen wir dich? Antworte darauf hierher.<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add></p> <signed rend="right"><add resp="FMBC" type="editors_addition">Fanny Hensel</add></signed> </div> </body> </text></TEI>