gb-1839-03-19-01
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Berlin, 19. März 1839
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [BERLIN / 19 / 9 / 4-5], [St.Post / 20 MAERZ / IV. 2-4], Siegel.
Rebecka Lejeune Dirichlet, Walter Lejeune Dirichlet, Lea Mendelssohn Bartholdy.
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
citissime
etc etc. Heut ists wieder besser, wie Du daraus siehst, daß ich schreibe, aber es wäre halb wahnsinnig, wenn ich in dem Wetter an Reisen denken wollte. Ich hatte mich sehr drauf gefreut, Euch wieder – und bei Euch zu sehen, aber es soll diesmal nicht seyn, es scheint, als hätte das liebe
Cécile,
einesneuen Rollpferdes für alle die entschädigt gefunden, die ihn nach
Toujours la vérité, toute la vérité! muß wahrhaftig jedermanns Wahlspruch sein, meiner Entbehrung, hielt ich meine Idee über die Reise zurück. Indeß darf ich gestehen, daß sie mir höchst zweckwütig für Rücksichten hielten mich davon ab. Toute la vérité! Uebrigens ists einnerveuse, stets gefährlich aussieht, nicht bei euch, oder gar unterwegs zugestoßen! – Nun seht Ihr
Du erhältst durch piquant zu würzen, füge ich 2 Fäßchen Caviar hinzu. Ein großer alttestamentarischer, what we call Berches, kömmt auch aus meiner Fabrik; indeß wird er von den lieben Reisenden wohl nicht intact bleiben. Ein seidnes Tuch für angelegenheit, und 16 Silbergr. die Cécilens Thaler übrig behalten, erfolgen ebenfalls. Genießt Viktualien und angenehme Gesellschaft in fröhlicher Laune und Behagen!
Du und Rebecka wüthet gegen Mrs. Shaw, die ihr
bonnenachgereist. Vielleicht sollten herumziehende Virtuosen überhaupt nicht heirathen, oder das Opfer bringen, auf der Wanderschaft, die Kinder im Vaterland, möglichst versorgt, zurück zu laßen.
Glückgehört zu Allem!
Lieber Felix, mir ist abermals ein unangenehmer Querstrich gekommen, so daß ich leider für diesmal die Reise aufgeben muß. Ich war ganz gesund ausgefahren, einige Abschiedsbesuche zu machen, kam aber angegriffen zurück, und bekam Abends sehr heftiges Kopfweh mit Erbrechen etc etc. Heut ists wieder besser, wie Du daraus siehst, daß ich schreibe, aber es wäre halb wahnsinnig, wenn ich in dem Wetter an Reisen denken wollte. Ich hatte mich sehr drauf gefreut, Euch wieder – und bei Euch zu sehen, aber es soll diesmal nicht seyn, es scheint, als hätte das liebe Kind meine Gesundheit mitgenommen. Ob das Seebad sie mir wiederherstellen wird, das will ich versuchen; sollen wir uns nunmehr noch sehen, so bleibt kein andres Mittel, als daß Du und die Deinigen Dich gleich nach dem letzten Konzerte auf – und zu uns hin macht. Es wäre Eurer würdig, und Ihr würdet uns Alle eine gar zu große Freude machen. Albertine reiset nun morgen mit Alexander, die soll das Ihrige dazu thun, Euch herzubringen, und Euch bekräftigen, daß ich wirklich zu Hause bleiben muß, wie schwer es auch wird. Liebe Cécile, sey Du mir nur nicht böse, daß ich Dich nun alle Vorbereitungen habe umsonst machen lassen, eigentlich hätte ichs vorhersehen müssen nach der Art, wie ich mich den ganzen Winter schonen mußte. Aber auch das Wetter, der ersehnte Westwind ist da, und immer Schnee und Kälte. Lebt für heut wohl; ich bin sehr betrübt, daß ich Euch so anführen mußte. Walter war gestern trostlos, hat sich aber durch das Versprechen eines neuen Rollpferdes für alle die entschädigt gefunden, die ihn nach Leipzig hätten ziehn sollen. Rebecka Lejeune Dirichlet lieber onkel Felix es thut mir sehr leid, daß wir nicht kommen können Dein walter. (eigenhändig) Toujours la vérité, toute la vérité! muß wahrhaftig jedermanns Wahlspruch sein, lieben Kinder! aus einer Hyperdelikateße in Rücksicht meiner Entbehrung, hielt ich meine Idee über die Reise zurück. Indeß darf ich gestehen, daß sie mir höchst zweckwütig für Rebecka schien; ihre Reizbarkeit und Schwäche, das wiederliche Wetter, endlich die Aufregung beim Wiedersehen, vorzüglich die mit Carlchen! Sie hat so weit Gewalt über die Eindrücke die nach außen erscheinen, daß sie ihren Schmerz beim Vergleichen wohl in sich verschloßen haben würde; aber wie hätte das ihr Innres wieder ganz zerrißen! Und je lieblicher das Kind in jetziger Entwicklung ist, desto herber ihr Leid! Ich alter Esel hätte ich wohl mein Maul zum Nein! Schreien aufthun sollen, und nur Rücksichten hielten mich davon ab. Toute la vérité! Uebrigens ists ein Glück, daß ihr solche Unpäßlichkeiten, die wie alles nerveuse, stets gefährlich aussieht, nicht bei euch, oder gar unterwegs zugestoßen! – Nun seht Ihr Bennys, Alexander, Albertine, und Letztre hofft, daß Ihr sie herbegleiten werdet: das gebe Gott! – Rebecka hat eben in Devrients Heringsdorfer Hause eine kleine Wohnung gemiethet. Seeluft soll sie hoffentlich kräftigen. Du erhältst durch Alexander und Albertine einen kleinen Kuchenladen, liebster Felix! und um die Süßigkeiten piquant zu würzen, füge ich 2 Fäßchen Caviar hinzu. Ein großer alttestamentarischer, what we call Berches, kömmt auch aus meiner Fabrik; indeß wird er von den lieben Reisenden wohl nicht intact bleiben. Ein seidnes Tuch für Carlchen, die unwaschbare protestirte Spitzenangelegenheit, und 16 Silbergr. die Maria Hensel von Cécilens Thaler übrig behalten, erfolgen ebenfalls. Genießt Viktualien und angenehme Gesellschaft in fröhlicher Laune und Behagen! Du und Rebecka wüthet gegen Mrs. Shaw, die ihr Kind hier zurücklaßen mußte, ich entschuldige sie sehr. da ihr Geschäft sie zur Reise zwang und der Arzt das Unwohlsein für höchst unbedeutend erklärte, das aber durch Kälte und Schnee hätte schlimmer werden können. Die Kleine ist nur 4 oder 5 Tage länger geblieben und durch einen Lohnbedienten aus Dresden begleitet, mit der bonne nachgereist. Vielleicht sollten herumziehende Virtuosen überhaupt nicht heirathen, oder das Opfer bringen, auf der Wanderschaft, die Kinder im Vaterland, möglichst versorgt, zurück zu laßen. Glück gehört zu Allem! Ole Bull hat sein Kind in Kopenhagen gelaßen, und dort starb es, und wie viele verliert man trotz der ängstlichsten Pflege! Unsre Zeit ist Nomadenwirthschaft und hat Licht- wie Schattenseite! Lebtwohl und freut Euch des Beisammenseins! Lea Mendelssohn Bartholdy
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Ich war ganz gesund ausgefahren, einige Abschiedsbesuche zu machen, kam aber angegriffen zurück, und bekam Abends</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [BERLIN / 19 / 9 / 4-5], [St.Post / 20 MAERZ / IV. 2-4], Siegel.</p> <handDesc hands="3"> <p>Rebecka Lejeune Dirichlet, Walter Lejeune Dirichlet, Lea Mendelssohn Bartholdy.</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance><p>Green Books</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation><date cert="high" when="1839-03-19" xml:id="date_88131e09-4178-40ef-bb41-6a00620d0e0c">19. 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Indeß darf ich gestehen, daß sie mir höchst zweckwütig für <persName xml:id="persName_a3a2eaea-e614-4504-b2de-082ffd152145">Rebecka<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> schien; ihre Reizbarkeit und Schwäche, das wiederliche Wetter, endlich die Aufregung beim Wiedersehen, vorzüglich die mit <persName xml:id="persName_b531c2bc-b926-491c-9ef1-a376499b8c1e">Carlchen<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName>! Sie hat so weit Gewalt über die Eindrücke die nach außen erscheinen, daß sie ihren Schmerz beim Vergleichen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a440b81c-d0fc-4e11-b080-fd1037b8aa15" xml:lang="de">ihren Schmerz beim Vergleichen – Rebeckas Sohn Felix Lejeune Dirichlet war 1838 gestorben. Der Vergleich mit dem 1838 geborenen Carl Mendelssohn Bartholdy würde erneute Trennungsschmerzen bei ihr provozieren. </note> wohl in sich verschloßen haben würde; aber wie hätte das ihr Innres wieder ganz zerrißen! Und je lieblicher das Kind in jetziger Entwicklung ist, desto herber ihr Leid! Ich alter Esel hätte ich wohl mein Maul zum Nein! Schreien aufthun sollen, und nur <hi n="1" rend="underline">Rücksichten</hi> hielten mich davon ab. <hi rend="latintype">Toute la vérité</hi>!<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_9f41767f-a3a9-4601-af06-6a5ca854775c" xml:lang="fr ">Toute la vérité – frz., Die ganze Wahrheit.</note> Uebrigens ists ein<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> Glück, daß ihr solche Unpäßlichkeiten, die wie alles <hi rend="latintype">nerveuse</hi>, stets gefährlich <hi n="1" rend="underline">aussieht</hi>, nicht bei euch, oder gar unterwegs zugestoßen! – Nun seht Ihr <persName xml:id="persName_49a4ba69-8fc8-4dc7-9521-d524ed271cae">Bennys<name key="PSN0113222" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Georg Benjamin (Benny) (1794-1874)</name></persName>, <persName xml:id="persName_5c555869-bc90-4913-9463-dae48fb9c84b">Alexander<name key="PSN0113213" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Alexander (1798-1871)</name></persName>, <persName xml:id="persName_478357b6-3754-4627-910b-eb050fe8a548">Albertine<name key="PSN0113264" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Pauline Louise Albertine (1814-1879)</name></persName>, und Letztre hofft, daß Ihr sie herbegleiten werdet: das gebe Gott! – <persName xml:id="persName_f38afa3c-8eb1-4fcb-88f0-6aa0d3c43bb0">Rebecka<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> hat eben in <persName xml:id="persName_744f410e-ed00-45ce-85d9-981261e243f2">Devrients<name key="PSN0110637" style="hidden" type="person">Devrient, Philipp Eduard (1801-1877)</name></persName> <placeName xml:id="placeName_93ccde5b-9599-42eb-99b7-48aea6ffa421">Heringsdorfer<settlement key="STM0104559" style="hidden" type="locality">Heringsdorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Hause eine kleine Wohnung gemiethet. Seeluft soll sie hoffentlich kräftigen.</p> <p>Du erhältst durch <persName xml:id="persName_6d73d590-b969-42b5-adb2-0353903a6f11">Alexander<name key="PSN0113213" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Alexander (1798-1871)</name></persName> und <persName xml:id="persName_ec07fd01-24ee-4d3a-b162-f55efd471e69">Albertine<name key="PSN0113264" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Pauline Louise Albertine (1814-1879)</name></persName> einen kleinen Kuchenladen, liebster Felix! und um die Süßigkeiten <hi rend="latintype">piquant</hi> zu würzen, füge ich 2 Fäßchen Caviar hinzu. Ein großer alttestamentarischer, <hi rend="latintype">what we call</hi> Berches,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_db10187b-ed33-4070-b3a9-6e3703e8269d" xml:lang="yi ">Berches – Berches, Barchos oder auch Barchat nennen die Juden ihr Brot für den Schabbat. Die Bezeichnung Berches stammt vom hebräischen Berachot ab, was ╗Segen« bzw. wörtlich »Segenssprüche« bedeutet. Das alternative hebräische Wort Challa, im Plural Challot, bezeichnet im 4. Buch Mose 15,17–21, wo die Erstlingsopfer beschrieben sind, den Teil des Brotteiges, der als Opfergabe abgesondert und den Priestern des Tempels gegeben wurde.</note> kömmt auch aus meiner Fabrik; indeß wird er von den lieben Reisenden wohl nicht <hi rend="latintype">intact</hi> bleiben. Ein seidnes Tuch für <persName xml:id="persName_4ff33d1a-61b5-48a8-9d36-056a1c427ffa">Carlchen<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName>, die unwaschbare protestirte Spitzen<hi n="1" rend="underline">angelegenheit</hi>, und 16 Silbergr. die <persName xml:id="persName_006df9b9-3c99-47eb-af77-e2d5bbd4cff8">Maria Hensel<name key="PSN0111896" style="hidden" type="person">Hensel, Louisa Aloysia Maria (Luise) (1798-1876)</name></persName> von <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_b9b3ff08-ef66-4b14-9bd7-dac526c97168">Cécilens<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> Thaler übrig behalten, erfolgen ebenfalls. Genießt Viktualien<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_33bed6b6-9044-45d7-9b72-48961b3a4678" xml:lang="de">Viktualien – Nahrungsmittel.</note> und angenehme Gesellschaft in fröhlicher Laune und Behagen!</p> <p>Du und Rebecka wüthet gegen <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_2f7b68c9-616c-4b85-9a12-fa1e677d9589">Mrs. Shaw<name key="PSN0114893" style="hidden" type="person">Shaw, Mary (1814-1876)</name></persName></hi>, die ihr <persName xml:id="persName_9e898370-8b0e-4be6-9042-4363f7b22427">Kind<name key="PSN0114891" style="hidden" type="person">Shaw, Agatha Elizabeth (1836-1924)</name></persName> hier zurücklaßen mußte, ich entschuldige sie sehr. da ihr Geschäft sie zur Reise <add place="above">zwang<name key="PSN0113260" resp="writers_hand" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</name></add> und der <persName xml:id="persName_7f017fc4-f07e-4f5f-bfad-12a6e33cf01d">Arzt<name key="PSN0115165" style="hidden" type="person">Stosch, August Wilhelm (seit 1823) von (1783-1860)</name></persName> das Unwohlsein für höchst unbedeutend erklärte, das aber durch Kälte und Schnee hätte schlimmer werden können. Die Kleine ist nur 4 oder 5 Tage länger geblieben und durch einen Lohnbedienten aus <placeName xml:id="placeName_cadae764-75aa-4477-b93a-6b33b76b761f">Dresden<settlement key="STM0100142" style="hidden" type="area">Dresden</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> begleitet, mit der <hi rend="latintype">bonne</hi> nachgereist. Vielleicht sollten herumziehende Virtuosen überhaupt nicht heirathen, oder das Opfer bringen, auf der Wanderschaft, die Kinder im Vaterland, möglichst versorgt, zurück zu laßen. <hi n="1" rend="underline">Glück</hi> gehört zu Allem! <persName xml:id="persName_7df1901d-7c2d-4495-97fb-3c9cbb0dbcb0">Ole Bull<name key="PSN0110182" style="hidden" type="person">Bull, Ole Bornemann Johansen (1810-1880)</name></persName> hat sein Kind in <placeName xml:id="placeName_d48536ef-f2a1-44da-a635-9ecd00fbd24f">Kopenhagen<settlement key="STM0100112" style="hidden" type="locality">Kopenhagen</settlement><country style="hidden">Dänemark</country></placeName> gelaßen, und dort starb es, und wie viele verliert man trotz der ängstlichsten Pflege! Unsre Zeit ist Nomadenwirthschaft und hat Licht- wie Schattenseite! <seg type="closer">Lebtwohl und freut Euch des Beisammenseins!</seg></p> <signed rend="right"><add resp="FMBC" type="editors_addition">Lea Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> </body> </text></TEI>