gb-1838-12-08-01
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Berlin, 8. Dezember 1838
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.
Rebecka Lejeune Dirichlet
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Berlinden
December
Wir haben lange nichts von euch gehört, genießen, wie Herr
Bei
Cecile und
Schreibt uns bald, ihr Lieben, und Du,liebe Cecile, schreibe viel von Karlchen, der gewiß schon die niedlichsten Künste macht, und alle Tage was Neues lernt; glaube nicht, daß mich das kränkt; so von Gott verlassen bin ich doch nicht, daß Euer Glück und Eure Freude nicht auch mein
Berlin den 8ten December. Wir haben lange nichts von euch gehört, lieber Felix, hoffentlich halten Euch nur Concerte und häusliche Beschäftigungen vom Schreiben zurück, aber ich bin jetzt so ängstlich, daß ich euch bitten muß, schreibt bald, wie ihr lebt, und was lieb Carlchen macht. Mir geht es seit der Zahncatastrophe wohl, die Schmerzen sind nicht wiedergekommen, und die Kräfte kehren langsam zurück. Wie rührend mir es war, den Tag, nachdem ich von dem gräßlichen Leiden befreit wurde, lauter frohe Gesichter um mich her zu sehen, das kann ich nicht beschreiben aber es ermahnte mich, mehr als alle Tröstenden, zu bedenken, wie viel mir geblieben, und wie es mir Pflicht sey, für alle der Liebe und Treue dankbar, und bescheiden in meinem Schmerz zu seyn. Aber je mehr die Kräfte wiederkommen, um desto schmerzlicher fühle ich den Riß in meinem Herzen; wo ich hinsehe, war das liebe Kind, da trug ichs, da saß es, da lag es in seinem Bettchen, da schloß es die lieben Augen. Ist mirs doch, als wären mir die Arme mit dem lieben Kinde abgestorben. Nun klag ich Euch was vor, und gebe mir hier vor den Meinigen doch alle Mühe, mit ihnen froh zu seyn, oder doch sie nicht zu betrüben. Fanny leistet mir treulich Gesellschaft, und ich will sie auch den Winter über noch so viel als möglich genießen, wie Herr Valentin sagt. Großmutter Dirichlet leidet wirklich nicht, daß ich den Fuß aus dem Zimmer setze, sie ist überall, thut Alles, da habe ich denn ein paar Weihnachtsarbeiten angefangen, allerlei Schürzen Tücher etc. für die Kleinkinderschulen, und eine große Bettdecke zu stricken, und bin so fleißig, wie man seyn kann, wenn man um 11 aufsteht. Aber Eure Einladung, die müssen wir uns versparen, ich will froh seyn, wenn ich noch vor Weihnachten ausgehen, meine Besorgungen machen kann. Ach und wenn Du wüßtest, wie schwer es mir wird, meine Stube zu verlassen. Seit ein paar Abenden bin ich wieder im Saal, und wenn ich da sitze, kann ich mir noch gar nicht beibringen, daß ich nichts zurückgelassen habe, nicht nach dem Kinde sehen muß, unwillkührlich, ehe ich hineingehe, will ich noch immer nach dem lieben Bettchen sehen. Und wenn ich wieder zurückkomme, und wenn ich Morgens aufwache! Es ist schwer, schwer zu ertragen, doch es muß ertragen seyn. Bei Mariane haben, mit Ausnahme von Alexandrina, alle Kinder die Masern, die kommen auch nicht aus den Sorgen heraus. Marie hatte sich gut wieder erholt, war sogar stark geworden. So wie ich ausgehen darf, gehe ich hin, dreimal werde ich doch nicht die Masern bekommen; bis dahin hatten Alexanders uns oft besucht; sie gehören zu den Menschen, die in jeder Stimmung, bei jeder Veranlassung willkommen sind. Gott gebe, daß sie alle Krankheiten glücklich überstehen. Lieber Felix, nun danke ich Dir noch einmal, daß Du hergekommen bist, es thut mir noch immer wohl, wenn ich daran denke, und daß wohl kein Tag, keine Stunde vergeht, ohne daß ich daran denke. Walter läßt Dich sehr grüßen, und Dir sagen, Du möchtest bald schreiben. Er muß jetzt immer Morgens vor dem Frühstück Wasser trinken, wo er erst nicht heran wollte, bis ich ihm einredete, er müßte unsre Gesundheit trinken, das leuchtete ihm sehr ein, und nun weißt Du, daß jeden Morgen Felix, Cecile und Karl hoch leben, für jeden drei Schluck Wasser. Er weiß 246 französische Vocabeln, und fängt auch an im Lesen Fortschrittschen zu machen. Gott laß ihn gesund, fürs Lernen ist mir nicht bange. Eben war Prediger Jonas bei uns, sehr freundlich und theilnehmend. Er war aber schon wieder fleißig, oder der Herr hat ihn gesegnet, sieben Kinder hat er, das älteste neun Jahr alt. Schreibt uns bald, ihr Lieben, und Du, liebe Cecile, schreibe viel von Karlchen, der gewiß schon die niedlichsten Künste macht, und alle Tage was Neues lernt; glaube nicht, daß mich das kränkt; so von Gott verlassen bin ich doch nicht, daß Euer Glück und Eure Freude nicht auch meine wäre, und an meinen lieben Engel erinnert mich doch Alles. Gestern ging ich zum Erstenmale wieder ans Fenster, da kam ein hübsches Kind von nebenan, in gsleichem Alter mit Felixchen, das bis dahin immer vorbeigetragen wurde, das hatte unterdessen laufen gelernt, und wackelte so niedlich an der Hand seiner Wärterin. Wie mir dabei zu Muthe war, das brauch ich wohl nicht zu sagen. Lebt wohl, Gott erhalte Euch so. Dirichlet und Mama grüßen, alle andren thätens auch, wenn sie wüßten, daß ich schreibe. Sie sind alle wohl, Mutter scheint ihre Proceßkosten (darauf kommt der ganze Verlust hinaus) verschmerzt zu haben, sie ist munter und lebhaft wie gewöhnlich.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1838-12-08" xml:id="date_3ae16e9f-03e0-40ab-a252-f4c9a9c570d2">8. 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Aber je mehr die Kräfte wiederkommen, um desto schmerzlicher fühle ich den Riß in meinem Herzen;<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9516fab9-d556-4d7d-9f12-4ba9fba59d9c" xml:lang="de">Riß in meinem Herzen – Rebecka Lejeune Dirichlets Sohn Felix Lejeune Dirichlet starb am 17. November 1838. Er war nur 13 Monate und 7 Tage alt geworden.</note> wo ich hinsehe, war das liebe <persName xml:id="persName_4ae908eb-647a-44a9-ae6b-999d614572cd">Kind<name key="PSN0110669" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Felix Arnold Constantin (1837-1838)</name></persName>, da trug ichs, da saß es, da lag es in seinem Bettchen, da schloß es die lieben Augen. Ist mirs doch, als wären mir die Arme<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>mit dem lieben Kinde abgestorben. 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Großmutter <persName xml:id="persName_48b443c2-0f3d-4021-9dd0-039fddf128f8">Dirichlet<name key="PSN0110667" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Anna Elisabeth (1768-1868)</name></persName> leidet wirklich nicht, daß ich den Fuß aus dem Zimmer setze, sie ist überall, thut Alles, da habe ich denn ein paar Weihnachtsarbeiten angefangen, allerlei Schürzen Tücher etc. für die Kleinkinderschulen, und eine große Bettdecke zu stricken, und bin so fleißig, wie man seyn kann, wenn man um 11 aufsteht. Aber Eure Einladung, die müssen wir uns versparen, ich will froh seyn, wenn ich noch vor Weihnachten ausgehen, meine Besorgungen machen kann. Ach und wenn Du wüßtest, wie schwer es mir wird, meine Stube zu verlassen. Seit ein paar Abenden bin ich wieder im Saal, und wenn ich da sitze<unclear reason="covering" resp="UT">,</unclear> kann ich mir noch gar nicht beibringen<unclear reason="covering" resp="UT">,</unclear> daß ich nichts zurückgelassen habe, nicht nach dem Kinde sehen muß, unwillkührlich, ehe ich hineingehe, will ich noch immer nach dem lieben Bettchen sehen<unclear reason="covering" resp="UT">.</unclear><seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>Und wenn ich wieder zurückkomme, und wenn ich Morgens aufwache! 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So wie ich ausgehen darf, gehe ich hin, dreimal werde ich doch nicht die Masern bekommen; bis dahin hatten <persName xml:id="persName_f629d930-e2a6-40cd-ae08-606c3f115443">Alexanders<name key="PSN0113208" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Familie von → Alexander M.</name></persName> uns oft besucht; sie gehören zu den Menschen, die in jeder Stimmung, bei jeder Veranlassung willkommen sind. Gott gebe, daß sie alle Krankheiten glücklich überstehen.</p> <p><seg type="salute">Lieber Felix,</seg> nun danke ich Dir noch einmal, daß Du hergekommen bist, es thut mir noch immer wohl, wenn ich daran denke, und daß wohl kein Tag, keine Stunde vergeht, ohne daß ich daran denke. <persName xml:id="persName_f0ece13e-b268-470a-8fed-d0d0ad7df780">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName> läßt Dich sehr grüßen, und Dir sagen, Du möchtest bald schreiben. Er muß jetzt immer Morgens vor dem Frühstück Wasser trinken, wo er erst nicht heran wollte, bis ich ihm einredete, er müßte unsre Gesundheit<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>trinken, das leuchtete ihm sehr ein, und nun weißt Du, daß jeden Morgen Felix, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_68ed4ed3-7544-4837-8e8f-02a8de1a7261">Cecile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> und <persName xml:id="persName_da3908f6-8066-4902-b05c-e4a5cd33f3e2">Karl<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> hoch leben, für jeden drei Schluck Wasser. Er weiß 24<unclear reason="covering" resp="UT">6</unclear> französische Vocabeln, und fängt auch an im Lesen Fortschrittschen zu machen. Got<unclear reason="covering" resp="UT">t</unclear> laß ihn gesund, fürs Lernen ist mir nicht bange. Eben war Prediger <persName xml:id="persName_49358a9c-c6e9-40cc-8846-273f349424d8">Jonas<name key="PSN0112268" style="hidden" type="person">Jonas, Ludwig (1797-1859)</name></persName> bei uns, sehr freundlich und theilnehme<unclear reason="covering" resp="UT">nd.</unclear> Er war aber schon wieder fleißig, oder der Herr hat ihn gesegnet, sieben Kind<unclear reason="covering" resp="UT">er</unclear> hat er, das älteste neun Jahr alt.</p> <p>Schreibt uns bald, ihr Lieben, und Du,liebe <hi rend="latintype">Cecile</hi>, schreibe viel von Karlchen, der gewiß schon die niedlichsten Künste macht, und alle Tage was Neues lernt; glaube nicht, daß mich das kränkt; so von Gott verlassen bin ich doch nicht, daß Euer Glück und Eure Freude nicht auch mein<unclear reason="covering" resp="UT">e</unclear> wäre, und an meinen lieben Engel erinnert mich doch Alles. 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