gb-1838-11-17-01
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Berlin, 17. November 1838
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [BERLIN 4-5 / 17 / 11] [19 NOV: / ???-10].
Lea Mendelssohn Bartholdy
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Es schmerzt mich innig, Euch geliebten sehr betrübte Nachricht geben zu müßen.
sehrthätig und theilnehmend bewiesen, hat abermals gezeigt, daß er keinen scharfen ärztlichen
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Ich habe mich überwunden und das Kind gesehen. Es war beruhigend, denn es liegt ein tiefer Frieden, eine wahre Beseligung in
Jetzt, gegen 3 Nachmittag, scheint auch Rebecka, obwohl in ThrMeine Theorie wegen viel Blutlaßen hat sich wieder bewährt. Der Armbruc
Sollte Cécile schwanger sein, so theile es ihr ja vorsichtig mit, diesem guten zarten Engel. Ach
Nächstens schick ich Dir die Zeitungsdokumente in Sachen Rellstab und
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Dirichlet ist ein Muster von Tüchtigkeit, Bravheit und Weichheit, sie tadelt zuletzt aber ihren
Das arme Lamm ist 13 Monate und 7 Tage alt geworden, wie Ihr durch meiner Cile leicht berechnen könnt. Hatt ich denn eine Art Ahndung, daß ich so schrecklich dagegen war, ihn Felix zu nennen? – Wie könnten wir vermeiden von Dir zu sprechen, geliebter Sohn? und wie wärs möglich, daß trotz der Vernarbung der Zeit, Dein Name sie nicht stets schmerzlich berühre?
Berlin 17 November Es schmerzt mich innig, Euch geliebten Kinder! eine sehr betrübte Nachricht geben zu müßen. Heute Morgen um 9 Uhr ist der arme kleine Felix gestorben; wollte Gott ich könnte sagen, hinüber geschlummert! Das arme Kind hat aber seit vorgestern Abend schrecklich an innern Krämpfen gelitten. Gestern war eine geringe Beßerung eingetreten, die bis Nachts 1 Uhr anhielt; dann ward es schlimmer und schlimmer, bis der Tod das arme Wesen befreite. Ich hab es noch nicht über mich gewinnen können, es zu sehen; es soll aber so ruhig daliegen und gar keinen so traurigen Eindruck machen, wie gestern, so daß Dirichlet Hensel bat, es zu zeichnen. Gott gebe, daß die arme Rebecka nicht ihren Gesichtsschmerz bekomme; sie ist sehr erschüttert und koncentrirt, und war wie Ihr sie kennt, trotz der Ermahnung des Arztes, weder von dem sterbenden als dem todten Kinde wegzubringen. Stosch, der sich sehr thätig und theilnehmend bewiesen, hat abermals gezeigt, daß er keinen scharfen ärztlichen Blick besitzt; vorgestern früh erklärte er es sein ein unbedeutendes Zahnfieber, so daß Dirichlet nach Potsdam fuhr und Reb. mit seiner Mutter bei Pauls aßen; von ihrem Weggehen an war ich ununterbrochen bei ihm; sehr böse Symptome zeigten sich erst nach Reb. s Zuhausekunft um 6 Abends. Da schien es, als ob das Kind kaum 1/2 Stunde noch leben könne. Deßhalb, weil nichts zu verlieren war, strömte der Arzt mit fürchterlichen Mitteln; Blutigel, große Senfpflaster, Moschus, andre Arzneien ins Unendliche, Aufritzen des Zahnfleisches, spanische Fliegen – alle diese Aufregungen ließen das schwache Leben aufflackern; wir hatten viel Hoffnung bis diese Nacht gegen 2; der junge Arzt, der wachte, schickte zu Stosch, und einige Stunden später war der Todeskampf da – um 9 war es aus. Ich habe mich überwunden und das Kind gesehen. Es war beruhigend, denn es liegt ein tiefer Frieden, eine wahre Beseligung in dem zarten Antlitz, von dem Onkel Joseph schon vor 10 Monaten sagte, es habe einen melancholischen Ausdruck. Jetzt, gegen 3 Nachmittag, scheint auch Rebecka, obwohl in Thränen aufgelöst, etwas ruhiger und ich hoffe, diese Ausbrüche werden ihre Nerven erleichtern. Diesen Morgen als sie Paul sah, rief sie, du bist glücklich, du hast keine Kinder! Dies und ihren Wunsch, lieber todt zu sein, hat sie doch als ungerecht und sträflich in sich erkannt und widerrufen, mit der guten Tante Hinni hat sie sich lange unterhalten, und alles läßt hoffen, daß die bösen Schmerzen nicht wiederkommen werden. – Unser Verlust ist sogleich sehr in der Stadt bekannt worden, weil Gans gestern Abend bei Magnus in großer Gesellschaft von dem Zustand des Kindes sprach. Es waren daher ein Maße Leute hier, die mich am Schreiben verhinderten. Morgen oder Montag schreibt entweder Fanny oder ich. Da Fanny heut bei Deckers sein sollte, und auf morgen ihre Musik angesagt, so ist es um so schneller verbreitet worden. – Heyse geht es gut, Fränzchen auch etwas beßer. Meine Theorie wegen viel Blutlaßen hat sich wieder bewährt. Der Armbruch war bei ihm das Geringste, aber die vielen Igel hatten ihm eine Schwäche und Abspannung verursacht, von der man ein Nervenfieber befürchtete. Seine gute Natur und kräftige Knabenart thut jetzt das Beste. Sollte Cécile schwanger sein, so theile es ihr ja vorsichtig mit, diesem guten zarten Engel. Ach Carls armer Herr Vetter, wie Hanne immer sagte! Schreib mir ja etwas von dem süßen Kinde. Küße ihn für mich und tröste mich durch Beschreibung seiner Niedlichkeit und Gesundheit. Nächstens schick ich Dir die Zeitungsdokumente in Sachen Rellstab und Novello. Sie waren hier – Verzeih dies unleserliche Gekratze, wir zittern noch so! Gott erhalte Euch und schick Euch nur Gutes zu! Mama Dirichlet ist ein Muster von Tüchtigkeit, Bravheit und Weichheit, sie tadelt zuletzt aber ihren Sohn, der sich gar nicht männlich, stark beträgt, sondern Rebecka stets durch sein Weinen mehr entfernt und erschlafft. Reb. sagte mir heute, „Vaters Segen bei meiner Hochzeit hat mir nicht gefruchtet. Er sagte, Gott laße Dich so glücklich sein als mich, und mögest Du wie ich Deine silberne Hochzeit feiern, ohne ein Kind verloren zu haben! Das arme Lamm ist 13 Monate und 7 Tage alt geworden, wie Ihr durch meiner Cile leicht berechnen könnt. Hatt ich denn eine Art Ahndung, daß ich so schrecklich dagegen war, ihn Felix zu nennen? – Wie könnten wir vermeiden von Dir zu sprechen, geliebter Sohn? und wie wärs möglich, daß trotz der Vernarbung der Zeit, Dein Name sie nicht stets schmerzlich berühre?
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Der Armbruc<unclear reason="covering" resp="UT">h</unclear> war bei ihm das Geringste, aber die vielen Igel hatten ihm eine Schwäche und Abspannung verursacht, von der man ein Nervenfieber befürchtete. Seine gute Natur und kräftige Knabenart th<unclear reason="covering" resp="UT">ut</unclear> jetzt das Beste.</p> <p>Sollte <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_a658f977-1ada-48e4-a061-591bec833959">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> schwanger sein, so theile es ihr ja vorsichtig mit, diesem guten zarten Engel. Ach <persName xml:id="persName_fe3508af-423d-4000-a6e0-671cd50ba408">Carls<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> armer Herr Vetter, w<unclear reason="covering" resp="UT">ie</unclear> <persName xml:id="persName_57a66e78-9a90-4707-bef4-c9e2cff56601">Hanne<name key="PSN0115077" style="hidden" type="person">Steffens, Johanna (Hanna) (1784-1855)</name></persName> immer sagte! Schreib mir ja etwas von dem süßen <persName xml:id="persName_69c2a487-51f5-4d0c-9dd8-c8f834157385">Kind<unclear reason="covering" resp="UT">e.</unclear><name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> Küße ihn für mich und tröste mich durch Beschreibung seiner Niedlichk<unclear reason="covering" resp="UT">eit</unclear> und Gesundheit.</p> <p>Nächstens schick ich Dir die Zeitungsdokumente in Sachen <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9fd2261c-d929-4b81-b71d-b451ea103df7">Rellstab<name key="PSN0114136" style="hidden" type="person">Rellstab, Heinrich Friedrich Ludwig (Louis) (1799-1860)</name></persName></hi> und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_7ac8d803-c210-4335-b78f-975d79114b7c">Novello<name key="PSN0113621" style="hidden" type="person">Novello, Clara Anastasia (1818-1908)</name></persName></hi>. Sie waren <gap quantity="2" reason="paper_destruction" unit="words"></gap> hier – Verzeih dies unleserliche Gekratze, wir zitter<unclear reason="paper_destruction" resp="UT">n</unclear> <gap quantity="2" reason="paper_destruction" unit="words"></gap> noch so! Gott erhalte Euch und schick Euch nur Gutes zu!</p> <p xml:id="p_1d43230a-ab7c-4b78-823c-d38517f2ab14"><seg type="pagebreak">|3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> Mama <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_0b6f6c61-280a-4311-a85b-0794a4c335fc">Dirichlet<name key="PSN0110667" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Anna Elisabeth (1768-1868)</name></persName></hi> ist ein Muster von Tüchtigkeit, Bravheit und Weichheit, sie tadelt zuletzt aber ihren <persName xml:id="persName_789d9e39-1171-4416-afd1-19a4a7288165">Sohn<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName>, der sich gar nicht männlich, stark beträgt, sondern <persName xml:id="persName_f6180e41-21bc-4ab7-a3a7-db71150da305">Rebecka<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName> stets durch sein Weinen mehr entfernt und erschlafft. Reb. sagte mir heute, „<persName xml:id="persName_4092e724-9442-4761-8d84-915654ac51f6">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> Segen bei meiner Hochzeit hat mir nicht gefruchtet. Er sagte, Gott laße Dich so glücklich sein als mich, und mögest Du wie ich Deine silberne Hochzeit feiern, ohne ein Kind verloren zu haben!</p> <p>Das arme Lamm ist 13 Monate und 7 Tage alt geworden, wie Ihr durch meiner <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_4ef4ac6f-8b06-445d-8999-d562a16b254b">Cile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> leicht berechnen könnt. Hatt ich denn eine Art Ahndung, daß ich so schrecklich dagegen war, ihn Felix zu nennen? – Wie könnten wir vermeiden von Dir zu sprechen, geliebter Sohn? und wie wärs möglich, daß trotz der Vernarbung der Zeit, Dein Name sie nicht stets schmerzlich berühre?</p> </div> </body> </text></TEI>