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gb-1838-09-06-02

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Joseph Fürst an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Berlin, 6. September 1838 Sie sind hoffentlich wohlauf nach Hause gekommen werthester Mendelssohn, und ohne daß Ihr Söhnchen den Keim der Masern noch in sich getragen habe da wie ich von der Hofräthin Herz höre, aus Ihrem Hieseyn auch Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Friedrich Hofmeister in Leipzig; Leipzig, 2. Januar 1838 Felix Mendelssohn Bartholdy an Joseph Fürst in Berlin; Leipzig (?), zwischen dem 4. Mai und 11. September 1838 Fürst, Joseph (1794-1859)Fürst, Joseph (1794-1859) Transkription: FMB-C Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
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Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 36/37 und GB-Ob, M.D.M. d. 36/239 Autograph Joseph Fürst an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 6. September 1838 Sie sind hoffentlich wohlauf nach Hause gekommen werthester Mendelssohn, und ohne daß Ihr Söhnchen den Keim der Masern noch in sich getragen habe da wie ich von der Hofräthin Herz höre, aus Ihrem Hieseyn auch

3 Doppelbl.: S. 1-12 Brieftext.

Joseph Fürst

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

6. September 1838 Fürst, Joseph (1794-1859)counter-resetFürst, Joseph (1794–1859) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LeipzigDeutschland deutsch
Fürst, Joseph (1794–1859) Fürst, Joseph (1794–1859) Berlin d 6 September 1838.

Sie sind hoffentlich wohlauf nach HauseLeipzigDeutschland gekommen werthester Mendelssohn, und ohne daß Ihr SöhnchenMendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897) den Keim der Masernden Keim der Masern – Die gesamte Berliner und Leipziger Familie Mendelssohn Bartholdy war an den Masern erkrankt. noch in sich getragen habe da wie ich von der Hofräthin HerzHerz, Henriette Julie (1764-1847) höre, aus Ihrem Hieseyn auch eine Art von Lazareth gemacht haben, welches denn doch glücklicherweise nur Reconvalescenten enthält. –

Mit unserem Plan habe ich mich früher beschäftigen müssen, als es, anderer Arbeiten halber, in meiner Absicht lag. Die König. BibliothekKönigliche BibliothekBerlinDeutschland ist nämlich neuerdings auf 3 Wochen geschlossen worden, und es würde mir während dieser Zeit kaum möglich geworden sein, mich über das Lyrische der Sache in’s Klare zu setzen, das Hindernis wäre auch zu der Zeit noch nicht beseitigt gewesen, zu welcher ich, wenn überhaupt, in diesem Herbst, die Freude haben kann, Sie dort zu sehn, und ich wäre dann so dumm und unsicher gekommen, als ich bei unserm letzten ZusammenseinMit unserem Plan … bei unserm letzten Zusammensein – Felix Mendelssohn Bartholdy hatte wohl während seines rückliegenden Berlin-Aufenthaltes gemeinsam mit Joseph Fürst den Plan zu einem Opernlibretto, basierend auf Ludwig Tiecks Novelle »Der wiederkehrende griechische Kaiser«, beschlossen. Trotz Fürsts sehr ausführlichen Darlegung des möglichen Librettos wurde dieses Opernprojekt, wie auch alle anderen von Felix Mendelssohn Bartholdy, nicht realisiert. war. So kann ich Ihnen schon Manches sagen, was Sie prüfen können bevor wir etwa sprechen, ja davon, wie Ihnen das Mitzutheilende besagt, wird zum großen Theil abhängen, ob ich überhaupt komme. –

Es ist mir jedenfalls lieb, nun, nach recht eifrigem Forschen in den Quellen, zu wissen, daß sich von dem eigentlich Geschichtlichen des Stoffes sehr wenig gebrauchen läßt, daß man aber auch mit der Tiekschen Behandlung<name key="PSN0115334" style="hidden" type="author">Tieck, Johann Ludwig (1773–1853)</name><name key="CRT0111077" style="hidden" type="literature">Der wiederkehrende griechische Kaiser</name> desselben aufs Freieste schalten kann, wenn man überhaupt etwas davon benutzt – ohne Geschäftliches abzuweisen. Die Gräfin JohannaFlandern und Hennegau, Johanna von (1200-1244),Die Gräfin Johanna – Johanna von Flandern und Hennegau, auch genannt Johanna von Konstantinopel (1200 – 5. Dezember 1244) ist die Ältere von zwei Töchtern des Grafen Balduin IX. von Flandern (Balduin VI. von Hennegau) und der Marie von Champagne. genannt von Konstantinopel, regierende Gräfin von Flandern,Die Gräfin Johanna … regierende Gräfin von Flandern – Johanna von Flandern ist die weibliche Hauptfigur in Ludwig Tiecks Novelle »Der wiederkehrende griechische Kaiser«. eines Landes, welches damals mehr noch als das heutige Belgien umfaßte mäßig, wenngleich im Lehnsverhältniß zu den Königen von Frankreich, im Glanz und der Einrichtung ihres Hofes diesen wenig nachstehend, nur 37 Jahr alt, als der falsche Balduinder falsche Balduin – Der Falsche Balduin I. (gestorben 1225 in Flandern) ist die Bezeichnung für den Hochstapler Bertrand, der sich als Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs Balduin I. ausgegeben hatte. erschien, der im ganzen Lande vielleicht nur von ihr nicht anerkannt wurde. Vierzehn Jahre war sie damals schon mit FerdinandPortugal, Ferdinand von (1188-1233), dem Sohn des Königs von Portugal,Ferdinand, dem Sohn des Königs von Portugal – Ferdinand von Portugal (1188 -1233) ist ein jüngerer Sohn des Königs Sancho I. von Portugal und ab 1212, als Ehemann der Gräfin Johanna, ein Graf von Flandern und Hennegau. eigentlich Ferrante, in Flandern gewöhnlich Fernando geheißen, vermählt, über dessen Herkunft nur ein Zweifel obwaltete; und eben damals war dieser in der Gefangenschaft Ludwigs des 8tenFrankreich, Ludwig VIII. von (1187-1226),Ludwigs des 8ten – Ludwig VIII. (5. September 1187 bis November 1226), genannt der Löwe, aus der Dynastie der Kapetinger, war von 1223 bis zu seinem Tod König von Frankreich. welcher ihn erst zwei Jahre später gegen große Opfer entließ. Denn Ferrante war ein kühner, hochstrebender Mann, und war die Seele eines bedeutenden |2| Ligur gewesen, welche er gegen Philip AugustFrankreich, Philipp II. August von (1165-1223)Philip August – Philipp II. August, König von Frankreich bildete, der das Lehnsverhältniß von Flandern schmählich misbrauchte. Aber er wurde, beiläufig erwähnt, gefangen, & in einen mit vier Pferden bespannten eisernen Käfig nach Paris geschleppt, wo er so den Triumphzug Philipp Augusts verherrlichen mußte, der den Gefangenen seinen Sohn, als ein einträgliches Vermächtniß hinterließ. – Von einer damaligenFürst, Joseph (1794–1859) Bewunderung Johannas durch einen Grafen HugoLusignan, Hugo X. von (?-1249)Grafen Hugo – Hugo X. von Lusignan und einen Grafen Konrad kann deshalb nicht die Rede sein. Vormund und Regent war in früherer Zeit Graf Philipp von NamürHennegau, Philipp I. von (1175-1212), ein Bruder BalduinsFlandern und Hennegau, Balduin I., Graf von gewesen, der die Regentschaft dann, bei der Vermählung Johannas, niederlegte. Mit dem Gericht in RavennaRavennaItalien, in welchem der 1225 erschienene Balduin für einen Betrüger erklärt wurde, hat es jedoch seine völlige Richtigkeit. – Johanna hatte sich in ihrer Noth an Ludwig den 8ten, als dem Lehnsherrn gewendet. Freilich aber gab die Herkunft FerdinandPortugal, Ferdinand von (1188-1233) nicht Gelegenheit zur Entlarvung des Betrügers. Er antwortete Anfangs ziemlich gut, konnte aber dann nicht angeben, wo er Philipp August den Lehnseid geleistet, wo und von wem er zum Ritter geschlagen, wo und wann seine Hochzeit mit Maria von Champagne gefeiert worden. Er soll dann seinen Betrug und daß er Rayns heiße und aus der Champagne sei, gestanden haben. Es war ihm sicheres Geleit versprochen worden, er entwischte diesem, wurde gefangen, Johannen ausgeliefert, und diese ließ ihn hängen. Johanna heirathete nach Ferrantes Tode, 49 Jahre alt, den Grafen Thomas, von SavoyenPiémont (Graf von Savoyen), Thomas II. von (1199-1259), einen Oheim der Königin BlancheKastilien (Blanche de Castille), Blanka von (1188-1252), der Königin von England und der Königin von Sicilien. –

Ich gehe für das Opernbuch von der TiekschenTieck, Johann Ludwig (1773-1853), für die Novelle gewiß sehr guten, Behandlung des Stoffes gern möglichst ab. Das Miß- und Bedeutendste von dem, was nicht historisch darin ist, ist doch für die Oper nicht zu gebrauchen, und man verhinderte das müßige aber verdrießliche Vergleichen Seitens hochweiser Kritiker. Was einem Verhalten Johannens in Beziehung auf diesen Pilger, der ihr Vater und auch ein Betrüger sein kann, dem im ersten Falle ihre Liebe, ihr Gehorsam |3| und ihr Thun gebührenFürst, Joseph (1794–1859), im anderen der Galgen, – ein Hauptelement für den lyrischen Theil der Oper – hat Tiek fast gar nicht hervorgehoben. Der Geliebte kann aber so gut als Ferdinand, der damals schon ihr Gatte war, der Graf von Savoyen sein, der es später wurde, und dieser Fall noch der Vorzug seiner Verwandtschaft mit der Gattin Ludwigs des 8ten; und der Vormund und Regent von Philipp von Namür, der es früher wirklich war, der eben dann kein Bruder Baluins sein durfte, sondern nur ein naher Verwandter, diesem geben wir einen Sohn für welchen der Vater Johannen zur Gattin will, und der als nächster Verwandter schon ein gewisses Recht auf ihr Hand zu haben glaubte. Dem Vater und dem Sohn stände dann auch stets der Zutritt zu der Gräfin offen, was sehr bequem wäre. Der Sohn ist ein anmaßender, heftiger, aber kein schlechter Mensch. Zum Regenten nebst zwei werbenden Söhnen neben dem , wie bei Tiek, würden ein Opernbuch zu sehr kompliciren. Einen Namen behalten wir bei, nicht weil Tiek ihn hat, sondern, weil ihn damals jeder Fürst hatte, und er für das dramatische und das musikalische Element sehr brauchbar ist. Er muß in die Handlung eingreifen, kann er es vielleicht auch nicht auf eine noch nicht dagwesene Art, jedenfalls aber muß er ein ganz anderer Mann sein, als der für die Novelle und für Tiek ganz passende Tieksche. Ich denke mir, ihm dadurch die Möglichkeit eines bedeutenden Eingreifens zu verschaffen, und zugleich eine Scene von guter dramatischer Wirkung herbeizuführen, daß er dem falschen Balduin, dem er lästig wird, weil er ihn, im Interesse Johannens und ihres Geliebten forschend, auf allen Schritten und Tritten begleitet, vorlügt, der ächte habe ihm einmal in Gegenwart Ludwigs von Frankreich, als er ihn vom Tode durch Gift gerettet, bei seinem Ritterworte geschworen, ihn nie körperlich züchtigen zu lassen, noch ihn ohne seinen Willen von seiner Person zu entfernen, was der falsche nun befolgen zu müssen glaubt, um desto mehr für den ächten zu gelten. – Nach einem Alt habe ich in alten Folianten Quartanten u.s.w. vergebens gesucht. Johanna hatte zwar eine Schwester Gräfin MargaretheKonstantinopel, Margarete II. von (1202-1280), welche ihr auf der Regierung folgte; |4| die Empfindungen einer zweiten Tochter Balduins in Beziehung auf den falschen, und ihr Verhältniß zu dieser liefe aber generell mit denen ihrer Schwester, und sie ist als solche drum schon für das Drama unbrauchbar. Sie könnte aber eine Verwandte, oder auch allenfalls eine Halbschwester sein, /: Letzteres historisch unmöglich, da Balduins GattinBalduins Gattin – Marie von Champagne schon zwei Jahre vor ihr in Jerusalem gestorben war :/ da wir doch einmal einen Alt haben müssen. Es ist denn auch ein Eingreifen in die Handlung für sie möglich. –

Ganz im Rohen denke ich mir den Gang der Handlung etwa so, und theile sie auch deshalb nicht in Akte ein, da ich mit der einen Gliederung noch nicht im Reinen bin, sollte ich gleich, weil ich sie nun doch als für die Bühne bestimmt denke, mitunter in die Form eines Scenariums hineingerathen, und auf eine Bühnendeutung hindeuten:

Die Liebe Johannen’s zum jungen N.N., der zu ihrer Hofdienerschaft gehört kommt in der ersten Scene zum Durchbruch. Bis dahin hatte die Gräfin äußerlich ihn nur eben unter den übrigen Hofbedienten ausgezeichnet, und N.N., nie voller Glut auch für die Gräfin, noch nicht gewagt, seine Augen zu ihr zu erheben. Man ist in einer offenen Halle im Garten des Palastes zu Brügge. N.N. soll die Gräfin, welche durch Klage und Beschwerde der Brügger Kaufleute mismuthig geworden ist, seine Lieder singen; er thut es; es ist ein Minnelied; Johanna und Margarethe singen etwa den Refrain mit. Graf Hugo, der Sohn des Grafen Philipp von Namür, ist, unvermuthet in die Halle getreten. Er behandelt N.N. wegwerfend, höhnisch, er nennt ihnen einen hergelaufenen Menschen; von ungewißer Herkunft. Dieser antwortet mit Selbstbewusst. Der Graf will ihn aus der Halle fortweisen, wo er nicht hingehöre, Johanna ist als Liebende und als Gräfin empört, und befiehlt ihm zu bleiben; sie sei hier allein Herrin. Während Hugo dabei gewissermaßen gewaltsam die Gräfin sowohl als ihren Liebhaber über ihr Gefühl für diesen zur Klarheit bringt, tritt Philipp von Namür ein, hört was vorgefallen, verweist dem Sohn seine Heftigkeit, befiehlt ihm seiner Herrin Abbitte zu thun, was Hugo, gegen N.N. , Rache knirschend, thut |5| , gäbe aber durch ein AparteAparte – frz., aparté, beiseite gesprochener Text, Zwischentext kund, es sei nun Zeit die Mina springen zu lassen, bald werde Johanna seinem Sohn, bald vielleicht ihn den Pallast verbieten. – Vor dem Pallast. – Graf PhilippHennegau, Philipp I. von (1175-1212)Graf Philipp – Philipp I. von Hennegau (1175-5. Oktober 1212), der zweite Sohn des Grafen Balduin V. von Hennegau und Namur und der Margarete von Elsass, Gräfin von Flandern, war ab 1196 Markgraf von Namur. hervortretend giebt dem Manne einen Wink, den der Narr bemerkt. – predigt Buße prophezeit, daß die Gräber sich aufthun werden, u.s.w. Das Volk, ohnedies etwa schon durch Theuerung, oder durch irgend einen Anfall der den mächtigen Handel BrüggesBrüggeBelgien getroffen hat, in unruhiger Bewegung, geräth in heftige Aufregung. Die fromme Nonne versucht nach der Kapelle im Walde eine Bußfahrt zu thun. Graf Philipp kommt herbei, anscheinend um zu beruhigen. Die Nonne ermahnt ihn, an der Wallfahrt Theil zu nehmen, er weigert es, und wird vom Volke fast mit Gewalt aufgezogen. Man hat die Scene vom Altar des Pallastes mit angesehn. Der Narr wittert Unrath. – Es folgt die Komödie im Walde, wo der Zug, Bußpsalme singend, ankommt, die Klause des frommen Einsiedlers steht in der Nähe der Kapelle; Einige wollen, daß er das Volk segne. Er wird fast gewaltsam herausgeholt, plötzlich erkennt ihn einer aus der Aehnlichkeit des Klausners mit diesem. Der Klausner selbst will nichts davon wissen, Balduin zu sein, bis er seinen alten Freund und Vetter Philipp in dem Haufen erblickt, dem Zuge seines Herzens nicht widerstehn kann, ihn umarmen will. Philipp stößt ihn unsanft zurück. Wie sehr alles an ihm an Balduin erinnere, Balduin sei leider lange todt! – Nach so vielem Elende, nach so langem Umherirren seufzt der KlausnerFürst, Joseph (1794–1859), habe er nach seiner Zurückkunft aus Liebe zu seinem Lande und zu seiner Tochter verzichtet, Fürst und Vater zu sein. Aber den Jugendfreund nach so langer Trennung wiederzusehn, unwiderstehlich von dem Verlangen getrieben sein, ihn an sein Herz zu drücken, und von diesem so unwillig zurückgestoßen werden, das sei zu viel. Philipp ist ergriffen; es scheint ihm plötzlich ein Gedanke zu kommen; er geht rasch auf den Einsiedler zu, reißt dessen Gewand auf der Brust auseinander, sieht an dieser eine in ein Kristallkreuz eingeschlossene Reliquie, genau eben solch eines wie er es auf der Brust trägt. Beide erhielten sie einst zugleich von einem aus |6| dem heiligen Lande zurückkehrenden Pilger. Er kann sich gegen die Aechtheits nicht lange verhärten; er stürzt Balduin zu Füßen. Der Mann, der sich auch in eine Pilgerkutte gesteckt hat, eilt, als er dieß sieht nach Brügge, damit die Fürstin vorbereitet sei. Das trunkene Volk zieht Balduin mit sich nach Brügge. Emerantia ist bei diesen Scenen gegenwärtig, damit sie mitsingen kann. –

In Gent, der erstenFürst, Joseph (1794–1859) Hauptstadt, wohin Johanna von Brügge entflohen ist. Balduin liegt vor der Stadt. Johanna sieht in großer innerer Bewegung, von einem Thurme des Schlosses dem Kampfe zu. Kaum vertheidigt man noch die Wälle; in der Stadt sind die meisten Einwohner für Balduin gestimmt. An einem kleinen Hinterthor hinter der Burg schlägt N.N., der Liebhaber, sich mit einem geringem Häuflein Getreuer in einem erbitterten Kampfe zwischen Hugo und den Seinen. Johanna verfolgt das Gefecht in möglichstlichter Theilnahme , welche ihre Liebe zu N.N. genug kund giebt. Endlich tritt dieser ein. Kleines zärtliches Duett. Er hat durch seine Leute nun das Thor besetzen lassen, und fordert zur schleunigsten Flucht durch diesen einzigen, noch offen stehenden Ausgang auf, da Hugo unfehlbar verstärkt zurückkehren werde. Innerer Kampf Johannas, ob sie fliehen solle? Wenn nun Balduin ihr Vater sei? Inzwischen aber ist die Stadt auf der andern Seite schon genommen. Getümmel, Trompetenschmettern, Siegesjubel, Ausrufe Einiger: Balduin sei längst erschlagen, Lebhochs für Balduin, dringen herauf, die Nachricht den Ausschlag für die Flucht, indem er vorstellt, zum Reden halten sei dies der Moment nicht, habe die Gräfin einmal einen Vater angenommen könne sie ihn nicht wieder los werden, aber wer Kaiser Balduin sein wolle, müsse jederzeit Gräfin Johanna als Tochter annehmen. N.N., Johanna und Margarethe fliehen, Johanna nicht ganz ohne inneres Widerstreben. – Großer Platz in Gent. – In der Stadt giebts noch Krieger, Männer, die als Jünglinge noch bei der Eroberung Konstantinopels mitkämpften, und das Vaterland wieder erreicht haben. Ihnen fällt sogleich die große Aehnlichkeit dieses Balduins mit dem Ihren auf. Sie nähern sich ihm, er kennt noch Einige beim |7| Namen weiß den Geburtsort Anderer, erinnert an dies und jenes Ereigniß bei der Eroberung Konstantinopels. Nun wird der Tummel allgemein. Die Krieger heben ihn auf einen Schild, eben wie dies geschah, als er in Konstantinopel zum Kaiser ausgerufen ward, man bekleidet ihn mit Purpurmantel, Krone und Scepter, die Zünfte ziehn herbei, huldigen untertänigFürst, Joseph (1794–1859), Jungfrauen mit Kränzen tanzenFürst, Joseph (1794–1859), die Gilden und Innungen tanzen auf mit ihren Fahnen, kurz der Moment des Ballets, der Kulminirungspunkt der Oper für die beau monde. Man sieht in dieser Scene, daß Hugo der ihm das Entkommen Johannas übermittelteFürst, Joseph (1794–1859) den Fremden für den Kaiser hält. Philipp kann ein hübsches, ja unwilliges Aparte über den neugebacknen Fürsten haben. –

Festes Schloß /: Castriluone der Teufel weiß, wie es in der vulgären Sprache heißt! giebt es etwa ein Château lieu oder wohin Johanna entflohn ist. Balduin mit den Seinen liegt davor. Er hat die Tochter schon mehre Male zu einer Zusammenkunft auffordern lassen, da erfährt sie, daß eine Gesandtschaft des Königs von England zu ihm gekommen ist, um ein Bündniß mit ihm zu schließen, – (historisch.) Sie kann nun kaum mehr zweifeln, daß sie ihren Vater wiedergefunden hat /: vielleicht hört sie das Obige auch selbst von einer vermittelnden Englischen Gesandtschaft bestätigen :/ Sie will ihn, muß ihn nun sehn, ihr Herz klopft ihm entgegen; sie ladet ihn zu einer Zusammenkunft auf dem Schlosse ein. Aber der alte Sünder wird zu dieser Zusammenkunft von ihrer Schönheit entbrannt, an der Glut seiner Umarmung bemerkt sie dies, stürzt von ihm hinweg: „Er ist nicht mein Vater“ Aber Hugo hat inzwischen still mit den Seinen das Schloß überrumpelt zu N.N.s tiefem Grimm; Johanna ist nicht mehr frei. Der Geck Narr räth der Gräfin zu Verstellung. Graf Philipp drängt nun in einer Scene mit dem falschen Balduin darauf, die Gräfin jetzt, da sie in seiner Gewalt sei, mit seinem Sohne Hugo sogleich zu verleben. Der Betrüger vertröstet auf den Zeitpunkt, wo er von König Ludwig, dem Lehnsherrn, anerkannt sein werde; zu große Eile könne verdächtig werden. Der Graf ist schwer ungehalten auf sein Werkzeug. Als er fort ist, giebt der falsche Balduin kund, es sei ihm eben gar nicht wünschenswerth, seine Ansprüche auf die Liebe oder |8| auf die Nähe der Gräfin sobald mit einem Andern zu theilen, und überhaupt sei Philipps Zweck erreicht, so werde er des Mittels unnöthig. Aber dieser Zeitpunkt sei möglichst hinauszuschieben. – Er befiehlt, daß Hugos Mannen die Burg verlassen, und giebt dann einem seiner Hauptleute die Anweisung seine Mannschaft beobachten und vor der Burg lagern zu lassen, ohne daß es jedoch den Schein einer Belagerung derselben habe. Er solle einen Jeden in die Burg hinein lassen, jedoch Niemanden hinaus, am wenigsten ein Frauenzimmer. Plötzlich bemerkt er den Narren der diese Instruktion, in einen Winkel gekauert mit angehört, will ihn züchtigen und hinauswerfen. Nun aber der Narr, welche ich früher andeutete, und in welchen der Narr auch sich durchaus gebe hadert, als halte er den Andern für Balduin, was diesem sehr genehm ist, der Rührung und Freude heuchelt, ihn Namen wie zusah; und ihn, der ihn sehr klug zu beschwatzen weiß seiner Gunst und seines Vertrauens versichert. Er entläßt jetzt den Krieger, der bis dahin bei dieser Scene gegenwärtig war, und sucht dann den Narrn über dies und jenes der Verhältnisse auszuholen. Er fragt auch nach der Gräfin Margarethe, von der er weiß, daß sie die vierte Person auf der Flucht gewesen ist. Der Narr versichert, sie sei von der Eile und Anstrengung derselben erkrankt, und sie hätten sie im Walde in einer Köhlerhütte liegen lassen müßen. – Vor der Burg. – Der Hauptmann mit seinem Fähnlein ist davor gelagert; hinter einem Busch vor dem trockenen Graben der Burg grasen einige gesattelte Pferde der Krieger. Die Leute klagen über trockene Kehlen. Der Narr verspricht ihnen vom Walle herab Wein in Fülle, wenn sie ihn nur aus der Burg hinauslassen wollen. Der Hauptmann, der die Gunst des Kaisers für den Narren aus der früheren Scene kennt, findet kein Bedenken dabei. Der Narr kommt heraus mit Weinkannen; man trinkt und singt. Der Narr weiß auf schlaue Weise durch ein Lied welches eben zur Vorsicht und Wachsamkeit auffordern soll, und welches die Geschichte der Flucht eines Liebespaares aus einer benachbarten den Kriegern sichtbaren Burg erzählt, der Gräfin und N.N. welche während deßen aufbrechen auf dem Wall der Burg sichtbar werden, den Moment, dadurch, daß er den Gleichen in seinem Liede erzählt, zu bezeichnen, in welchem sie sich an einer Strickleiter von dem Wall |9| herablassen, und die Pferde besteigen, auf welchen sie nun entfliehen. – Ich hole nach, daß Graf Philipp dem Kaiser in der früheren Scene sagte, Johanna wolle seinen Sohn nicht vor sich lassen. Balduin verspricht, ihm noch heute auf einer Jagd Gelegenheit zu verschaffen, sich ihr zu nähern. – Man versammelt sich jetzt zu dieser Jagd vor der Burg. Auch eine Dame in der Kleidung Johannas tritt vom Kaiser geleitet heraus; sie ist verschleiert. Balduin zieht ihr freundlich den Schleier vom Gesicht, will sich an ihrer Schönheit erfreuen. Es ist Margaretha. – Wilde Bewegung. Hugo ist wüthend, schwört N.N. solle niemals lebendig seinen Händen entkommen, wenn er ihn einhole. Man eilt zur Verfolgung der Fliehenden hinweg. –

Nahe der französischen Gränze. Wilde, heftige Gegend. In großer Höhe sieht man über zwei durch einen Abgrund getrennte Felsstücke einen Baumstamm gelegt. N.N. und Johanna kommen zu Fuße an; ihre Rosse sind unter ihnen zusammengestürzt. Indem sie einen Augenblick rasten, sieht N.N. Hugo und die Seinen nahen. Er zeigt der Gräfin den schmalen Pfad, sagt ihr, sie möge diesem folgen, dann auf jenem Baumstamme den Abgrund überschreiten, und diesen sodann in die Tiefe zu stürzen suchen. Sie gewann dadurch einen bedeutenden Vorsprung, und habe von da in einer Stunde die französische Gränze erreicht, wo sie in Wahrheit sei. Er werde den Eingang zu dem Passe solange als möglich vertheidigen. Die Gräfin weigert sich, ihn zu verlassen. Er schwört sich in das Schwerdt der Feinde zu stürzen, wenn sie nicht fliehe. Sie stürzt den Pfad hinan, nachdem N.N. ihr noch versichern mußte, daß er sein Leben für sie zu erhalten suchen werde. – Hugo’s Leute kommen, wollen den Pfad erzwingen. N.N. vertheidigt ihn, streckt mehre Feinde nieder. Bald darauf stürzt Hugo selbst herbei – man sieht die Gräfin schon mitten auf der Höhe der Felsen – Hugo und N.N. kämpfen erhitzt miteinander, Hugo wird schwer verwundet. Während des ersten Monats dumpfer Bestürzung der Seinen, die sich mit ihm beschäftigen, und als sein Vater eben herbeikommt, sieht man die Gräfin eben angekommen, der es gelingt, den Stamm, nachdem sie ihn überschritten, in die Tiefe zu stürzen, in welche er mit hörbaren Geräusch herunterrasselt. Nun ergiebt sich N.N. zuckend dem Grafen. Noch von der höchsten Hohe herab ruft (singt) die Gräfin im Wahn und eine rasende Rache über Jeden, der N.N. nur ein Haar krümmen werde, und verschwindet in |10| den Felsen. Balduin kommt herbei, und läßt N.N. in Fesseln fortführen.

Philipp am Lager seines Sohnes. Er schlummert, und Philipp klagt sein Leid. Hugo erwacht, fragt matt nach der Gräfin; – sie sei bei König Ludwig – nachdem Kaiser: er sei Herr des Landes, aber zur völligen Befestigung seiner Herrschaft wolle er sich dem Schiedsspruch Ludwigs des 8t über seine Rechtmäßigkeit unterwerfen. Der Sohn wünscht, wenn auch manche schöne Entwürfe zu schicken scheitern scheinen, dem Vater Glück einen so gottesfürchtigen, ritterlichen Fürsten wieder zu seinem Recht verholfen zu haben. Er ist ein Betrüger! seufzt Philipp heraus. – Doch wie vermochte er auch zu täuschen? – Mich täuschte er nie! – Es folgt nun eine kurze Erklärung Philipps, und daß er aus Liebe zum Sohn zum Betrüger geworden sei. Mit einem Schrei des Schmerzes verscheidet Hugo. – Die Leute Balduin’s treten ein, um ihn von dem Leichnam seine Sohnes hinwegzuführen nach Provence, um für den Betrüger zu zeugen. –

Das Gericht in Provence. – Es bleiben hier drei Wege, nach Maaßgabe welcher sich das Vorangegangene allerdings in mancher Beziehung modificiren würde. Entweder man schließt ungefähr wie Tiek, dann kann freilich die Entdeckung des Betruges auf die Unbekanntschaft Balduins mit dem Liebhaber sich gründen, oder der Betrüger wüßte, wie es geschichtlich ist, andere Dinge, die er wissen müsste, nicht, und würde dadurch entlarvt, oder endlich, er bestünde, und der unglückliche Graf Philipp, der eben herbeikäme, als König Ludwig sein Urtheil des Betrügers sprechen will, glaubte sein Verbrechen durch ein offenes Bekenntniß möglichst führen zu müssen. In den beiden letzteren Fällen kann der unbekannte N.N. der Graf v. Savoyen, ein Verwandter der Königin Blanca sein, welche, eine scharfsinnige Dame, an den Hof der Gräfin, welche sie schon als Kind kannte, ja welche unter ihren Augen erzogen wurde, ungekannt den Grafen schickte, um sie vor den Ränken des Grafen von Namür, den sie nie kannte, und der, da Regent, auch alle Hofdienerschaft Johannas zu seiner Verfügung hatte, möglichst zu schützen, ohne doch Spaltungen zu erregen. Dann tritt das Verhältniß Blancas zu Johanna in einer Scene vor der Gerichtsscene heraus. In Ketten führt übrigens Balduin den N.N. mit sich nach Provence mit sich, und geheirathet wird dieser jeden |11| falls. –

Ich bin, wie ich beim Durchlesen bemerke, doch nicht bei einer rohen Skizze geblieben. Indem ich schrieb bin ich zum Einzelnen gedrängt worden, und es möchte außer für den letzten Akt wenig zu einem vollständigen Scenarium fehlen, so gar hin und wieder Manches zu viel für ein Solches sein. Bei der Ausführung ändert sich freilich noch immer Einiges. – Die Frage ist nur: wie behagt Ihnen das Gegebene im Ganzen? Konvenirt es Ihnen, dann hätten wir nochmals zu sprechen, damit möglichst wenig vergebens ausgeführt werde, und man nicht in Umarbeiten erlahme.

Mit dieser persönlichen Zusammenkunft steht es aber nun so. Ich habe nicht Lust zu reisen, wie überhaupt nicht irgend etwas für mich zu thun. Reise ich aber irgend eines anderen Zweckes halber, so möge es nach gut sein, daß ich reise. Leipzig als Leipzig ist mir wenig, und ein Meßgewühl, da ich nicht kaufmännisch mitwählen kann, unangenehm. Den Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_jqvvucj1-3y7g-8lou-31nc-fymwx9nx6xmj"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name> höre ich am 19ten dort mit größerm Vergnügen, als Sie glauben mögen, aber wenngleich es Ihr Paulus ist, so wäre es doch mein Vergnügen, und ich erwartete vergebens bis es mir einmals so würde, ihn gut zu hören, wie ich so manches in Ergebung abwarten muß. Habe ich aber Sie zu sprechen, so wäre es doppelt herrlich zugleich auch Ihr Werk zu hören. Angenommen nun aber, wir hätten zu sprechen, zu erwägen, zu überlegen, würden nicht eben die Tage vor der Aufführung des Paulus Ihnen die ungelegensten dazu sein? Würden Sie nicht die nach der Aufführung vorziehen? Dann käme ich, etwa den und bliebe ein Paar Tage nach dem 18t. – Aber nun weiter: Glauben Sie nicht, daß ich heute erfahren kann, daß ich reise, und morgen abreisen, das geht nicht an. Schon auf der Schnellpost muß man während der Messe ziemlich lange vorher seinen Platz nehmen, und ich habe hier Mancherlei für die Zeit meiner Abwesenheit anzuordnen. Zu dem Allen kommt noch, daß wenn ich nach LeipzigLeipzigDeutschland reise, mich wahrscheinlich ein Bekannter von dort abholt, mit dem ich über DresdenDresdenDeutschland, TöplitzTeplitzBöhmen, PragPragBöhmen nach dem Riesengebirge gehe, und über Schlesien heimkehre. – Dann bleibe ich ziemlich lange vom Hause und habe hier noch vieles zu ordnen. Dies Alles motivirt darum wohl meine freundliche Bitte, daß Sie mir auf’s Baldigste sagen, ob wir zu sprechen haben. Sie können ja so Vieles, so werden Sie auch kaufmännisch |12| pünktlich sein können. Könnten Sie mir einen Tag nach der Ankunft meines Briefes antworten, so wäre das mir sehr lieb. Sie werden ja mit Ihrem Blick sehr bald sehen, was der Entwurf verspricht. Rückt der Herbst noch erst weit vor, dann kommen mir mit der vermehrten Reiseunlust auch noch neue Hinderungen. Empfehlen Sie mich Ihrer liebenswürdigen Frau GemahlinMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)

unwandelbar Ihr JFürst
            Berlin d 6 September 1838. Sie sind hoffentlich wohlauf nach Hause gekommen werthester Mendelssohn, und ohne daß Ihr Söhnchen den Keim der Masern noch in sich getragen habe da wie ich von der Hofräthin Herz höre, aus Ihrem Hieseyn auch eine Art von Lazareth gemacht haben, welches denn doch glücklicherweise nur Reconvalescenten enthält. –
Mit unserem Plan habe ich mich früher beschäftigen müssen, als es, anderer Arbeiten halber, in meiner Absicht lag. Die König. Bibliothek ist nämlich neuerdings auf 3 Wochen geschlossen worden, und es würde mir während dieser Zeit kaum möglich geworden sein, mich über das Lyrische der Sache in’s Klare zu setzen, das Hindernis wäre auch zu der Zeit noch nicht beseitigt gewesen, zu welcher ich, wenn überhaupt, in diesem Herbst, die Freude haben kann, Sie dort zu sehn, und ich wäre dann so dumm und unsicher gekommen, als ich bei unserm letzten Zusammensein war. So kann ich Ihnen schon Manches sagen, was Sie prüfen können bevor wir etwa sprechen, ja davon, wie Ihnen das Mitzutheilende besagt, wird zum großen Theil abhängen, ob ich überhaupt komme. –
Es ist mir jedenfalls lieb, nun, nach recht eifrigem Forschen in den Quellen, zu wissen, daß sich von dem eigentlich Geschichtlichen des Stoffes sehr wenig gebrauchen läßt, daß man aber auch mit der Tiekschen Behandlung desselben aufs Freieste schalten kann, wenn man überhaupt etwas davon benutzt – ohne Geschäftliches abzuweisen. Die Gräfin Johanna, genannt von Konstantinopel, regierende Gräfin von Flandern, eines Landes, welches damals mehr noch als das heutige Belgien umfaßte mäßig, wenngleich im Lehnsverhältniß zu den Königen von Frankreich, im Glanz und der Einrichtung ihres Hofes diesen wenig nachstehend, nur 37 Jahr alt, als der falsche Balduin erschien, der im ganzen Lande vielleicht nur von ihr nicht anerkannt wurde. Vierzehn Jahre war sie damals schon mit Ferdinand, dem Sohn des Königs von Portugal, eigentlich Ferrante, in Flandern gewöhnlich Fernando geheißen, vermählt, über dessen Herkunft nur ein Zweifel obwaltete; und eben damals war dieser in der Gefangenschaft Ludwigs des 8ten, welcher ihn erst zwei Jahre später gegen große Opfer entließ. Denn Ferrante war ein kühner, hochstrebender Mann, und war die Seele eines bedeutenden Ligur gewesen, welche er gegen Philip August bildete, der das Lehnsverhältniß von Flandern schmählich misbrauchte. Aber er wurde, beiläufig erwähnt, gefangen, & in einen mit vier Pferden bespannten eisernen Käfig nach Paris geschleppt, wo er so den Triumphzug Philipp Augusts verherrlichen mußte, der den Gefangenen seinen Sohn, als ein einträgliches Vermächtniß hinterließ. – Von einer damaligen Bewunderung Johannas durch einen Grafen Hugo und einen Grafen Konrad kann deshalb nicht die Rede sein. Vormund und Regent war in früherer Zeit Graf Philipp von Namür, ein Bruder Balduins gewesen, der die Regentschaft dann, bei der Vermählung Johannas, niederlegte. Mit dem Gericht in Ravenna, in welchem der 1225 erschienene Balduin für einen Betrüger erklärt wurde, hat es jedoch seine völlige Richtigkeit. – Johanna hatte sich in ihrer Noth an Ludwig den 8ten, als dem Lehnsherrn gewendet. Freilich aber gab die Herkunft Ferdinand nicht Gelegenheit zur Entlarvung des Betrügers. Er antwortete Anfangs ziemlich gut, konnte aber dann nicht angeben, wo er Philipp August den Lehnseid geleistet, wo und von wem er zum Ritter geschlagen, wo und wann seine Hochzeit mit Maria von Champagne gefeiert worden. Er soll dann seinen Betrug und daß er Rayns heiße und aus der Champagne sei, gestanden haben. Es war ihm sicheres Geleit versprochen worden, er entwischte diesem, wurde gefangen, Johannen ausgeliefert, und diese ließ ihn hängen. Johanna heirathete nach Ferrantes Tode, 49 Jahre alt, den Grafen Thomas, von Savoyen, einen Oheim der Königin Blanche, der Königin von England und der Königin von Sicilien. –
Ich gehe für das Opernbuch von der Tiekschen, für die Novelle gewiß sehr guten, Behandlung des Stoffes gern möglichst ab. Das Miß- und Bedeutendste von dem, was nicht historisch darin ist, ist doch für die Oper nicht zu gebrauchen, und man verhinderte das müßige aber verdrießliche Vergleichen Seitens hochweiser Kritiker. Was einem Verhalten Johannens in Beziehung auf diesen Pilger, der ihr Vater und auch ein Betrüger sein kann, dem im ersten Falle ihre Liebe, ihr Gehorsam und ihr Thun gebühren, im anderen der Galgen, – ein Hauptelement für den lyrischen Theil der Oper – hat Tiek fast gar nicht hervorgehoben. Der Geliebte kann aber so gut als Ferdinand, der damals schon ihr Gatte war, der Graf von Savoyen sein, der es später wurde, und dieser Fall noch der Vorzug seiner Verwandtschaft mit der Gattin Ludwigs des 8ten; und der Vormund und Regent von Philipp von Namür, der es früher wirklich war, der eben dann kein Bruder Baluins sein durfte, sondern nur ein naher Verwandter, diesem geben wir einen Sohn für welchen der Vater Johannen zur Gattin will, und der als nächster Verwandter schon ein gewisses Recht auf ihr Hand zu haben glaubte. Dem Vater und dem Sohn stände dann auch stets der Zutritt zu der Gräfin offen, was sehr bequem wäre. Der Sohn ist ein anmaßender, heftiger, aber kein schlechter Mensch. Zum Regenten nebst zwei werbenden Söhnen neben dem, wie bei Tiek, würden ein Opernbuch zu sehr kompliciren. Einen Namen behalten wir bei, nicht weil Tiek ihn hat, sondern, weil ihn damals jeder Fürst hatte, und er für das dramatische und das musikalische Element sehr brauchbar ist. Er muß in die Handlung eingreifen, kann er es vielleicht auch nicht auf eine noch nicht dagwesene Art, jedenfalls aber muß er ein ganz anderer Mann sein, als der für die Novelle und für Tiek ganz passende Tieksche. Ich denke mir, ihm dadurch die Möglichkeit eines bedeutenden Eingreifens zu verschaffen, und zugleich eine Scene von guter dramatischer Wirkung herbeizuführen, daß er dem falschen Balduin, dem er lästig wird, weil er ihn, im Interesse Johannens und ihres Geliebten forschend, auf allen Schritten und Tritten begleitet, vorlügt, der ächte habe ihm einmal in Gegenwart Ludwigs von Frankreich, als er ihn vom Tode durch Gift gerettet, bei seinem Ritterworte geschworen, ihn nie körperlich züchtigen zu lassen, noch ihn ohne seinen Willen von seiner Person zu entfernen, was der falsche nun befolgen zu müssen glaubt, um desto mehr für den ächten zu gelten. – Nach einem Alt habe ich in alten Folianten Quartanten u. s. w. vergebens gesucht. Johanna hatte zwar eine Schwester Gräfin Margarethe, welche ihr auf der Regierung folgte; die Empfindungen einer zweiten Tochter Balduins in Beziehung auf den falschen, und ihr Verhältniß zu dieser liefe aber generell mit denen ihrer Schwester, und sie ist als solche drum schon für das Drama unbrauchbar. Sie könnte aber eine Verwandte, oder auch allenfalls eine Halbschwester sein, /: Letzteres historisch unmöglich, da Balduins Gattin schon zwei Jahre vor ihr in Jerusalem gestorben war :/ da wir doch einmal einen Alt haben müssen. Es ist denn auch ein Eingreifen in die Handlung für sie möglich. –
Ganz im Rohen denke ich mir den Gang der Handlung etwa so, und theile sie auch deshalb nicht in Akte ein, da ich mit der einen Gliederung noch nicht im Reinen bin, sollte ich gleich, weil ich sie nun doch als für die Bühne bestimmt denke, mitunter in die Form eines Scenariums hineingerathen, und auf eine Bühnendeutung hindeuten:
Die Liebe Johannen’s zum jungen N. N., der zu ihrer Hofdienerschaft gehört kommt in der ersten Scene zum Durchbruch. Bis dahin hatte die Gräfin äußerlich ihn nur eben unter den übrigen Hofbedienten ausgezeichnet, und N. N., nie voller Glut auch für die Gräfin, noch nicht gewagt, seine Augen zu ihr zu erheben. Man ist in einer offenen Halle im Garten des Palastes zu Brügge. N. N. soll die Gräfin, welche durch Klage und Beschwerde der Brügger Kaufleute mismuthig geworden ist, seine Lieder singen; er thut es; es ist ein Minnelied; Johanna und Margarethe singen etwa den Refrain mit. Graf Hugo, der Sohn des Grafen Philipp von Namür, ist, unvermuthet in die Halle getreten. Er behandelt N. N. wegwerfend, höhnisch, er nennt ihnen einen hergelaufenen Menschen; von ungewißer Herkunft. Dieser antwortet mit Selbstbewusst. Der Graf will ihn aus der Halle fortweisen, wo er nicht hingehöre, Johanna ist als Liebende und als Gräfin empört, und befiehlt ihm zu bleiben; sie sei hier allein Herrin. Während Hugo dabei gewissermaßen gewaltsam die Gräfin sowohl als ihren Liebhaber über ihr Gefühl für diesen zur Klarheit bringt, tritt Philipp von Namür ein, hört was vorgefallen, verweist dem Sohn seine Heftigkeit, befiehlt ihm seiner Herrin Abbitte zu thun, was Hugo, gegen N. N., Rache knirschend, thut, gäbe aber durch ein Aparte kund, es sei nun Zeit die Mina springen zu lassen, bald werde Johanna seinem Sohn, bald vielleicht ihn den Pallast verbieten. – Vor dem Pallast. – Graf Philipp hervortretend giebt dem Manne einen Wink, den der Narr bemerkt. – predigt Buße prophezeit, daß die Gräber sich aufthun werden, u. s. w. Das Volk, ohnedies etwa schon durch Theuerung, oder durch irgend einen Anfall der den mächtigen Handel Brügges getroffen hat, in unruhiger Bewegung, geräth in heftige Aufregung. Die fromme Nonne versucht nach der Kapelle im Walde eine Bußfahrt zu thun. Graf Philipp kommt herbei, anscheinend um zu beruhigen. Die Nonne ermahnt ihn, an der Wallfahrt Theil zu nehmen, er weigert es, und wird vom Volke fast mit Gewalt aufgezogen. Man hat die Scene vom Altar des Pallastes mit angesehn. Der Narr wittert Unrath. – Es folgt die Komödie im Walde, wo der Zug, Bußpsalme singend, ankommt, die Klause des frommen Einsiedlers steht in der Nähe der Kapelle; Einige wollen, daß er das Volk segne. Er wird fast gewaltsam herausgeholt, plötzlich erkennt ihn einer aus der Aehnlichkeit des Klausners mit diesem. Der Klausner selbst will nichts davon wissen, Balduin zu sein, bis er seinen alten Freund und Vetter Philipp in dem Haufen erblickt, dem Zuge seines Herzens nicht widerstehn kann, ihn umarmen will. Philipp stößt ihn unsanft zurück. Wie sehr alles an ihm an Balduin erinnere, Balduin sei leider lange todt! – Nach so vielem Elende, nach so langem Umherirren seufzt der Klausner, habe er nach seiner Zurückkunft aus Liebe zu seinem Lande und zu seiner Tochter verzichtet, Fürst und Vater zu sein. Aber den Jugendfreund nach so langer Trennung wiederzusehn, unwiderstehlich von dem Verlangen getrieben sein, ihn an sein Herz zu drücken, und von diesem so unwillig zurückgestoßen werden, das sei zu viel. Philipp ist ergriffen; es scheint ihm plötzlich ein Gedanke zu kommen; er geht rasch auf den Einsiedler zu, reißt dessen Gewand auf der Brust auseinander, sieht an dieser eine in ein Kristallkreuz eingeschlossene Reliquie, genau eben solch eines wie er es auf der Brust trägt. Beide erhielten sie einst zugleich von einem aus dem heiligen Lande zurückkehrenden Pilger. Er kann sich gegen die Aechtheits nicht lange verhärten; er stürzt Balduin zu Füßen. Der Mann, der sich auch in eine Pilgerkutte gesteckt hat, eilt, als er dieß sieht nach Brügge, damit die Fürstin vorbereitet sei. Das trunkene Volk zieht Balduin mit sich nach Brügge. Emerantia ist bei diesen Scenen gegenwärtig, damit sie mitsingen kann. –
In Gent, der ersten Hauptstadt, wohin Johanna von Brügge entflohen ist. Balduin liegt vor der Stadt. Johanna sieht in großer innerer Bewegung, von einem Thurme des Schlosses dem Kampfe zu. Kaum vertheidigt man noch die Wälle; in der Stadt sind die meisten Einwohner für Balduin gestimmt. An einem kleinen Hinterthor hinter der Burg schlägt N. N., der Liebhaber, sich mit einem geringem Häuflein Getreuer in einem erbitterten Kampfe zwischen Hugo und den Seinen. Johanna verfolgt das Gefecht in möglichstlichter Theilnahme, welche ihre Liebe zu N. N. genug kund giebt. Endlich tritt dieser ein. Kleines zärtliches Duett. Er hat durch seine Leute nun das Thor besetzen lassen, und fordert zur schleunigsten Flucht durch diesen einzigen, noch offen stehenden Ausgang auf, da Hugo unfehlbar verstärkt zurückkehren werde. Innerer Kampf Johannas, ob sie fliehen solle? Wenn nun Balduin ihr Vater sei? Inzwischen aber ist die Stadt auf der andern Seite schon genommen. Getümmel, Trompetenschmettern, Siegesjubel, Ausrufe Einiger: Balduin sei längst erschlagen, Lebhochs für Balduin, dringen herauf, die Nachricht den Ausschlag für die Flucht, indem er vorstellt, zum Reden halten sei dies der Moment nicht, habe die Gräfin einmal einen Vater angenommen könne sie ihn nicht wieder los werden, aber wer Kaiser Balduin sein wolle, müsse jederzeit Gräfin Johanna als Tochter annehmen. N. N., Johanna und Margarethe fliehen, Johanna nicht ganz ohne inneres Widerstreben. – Großer Platz in Gent. – In der Stadt giebts noch Krieger, Männer, die als Jünglinge noch bei der Eroberung Konstantinopels mitkämpften, und das Vaterland wieder erreicht haben. Ihnen fällt sogleich die große Aehnlichkeit dieses Balduins mit dem Ihren auf. Sie nähern sich ihm, er kennt noch Einige beim Namen weiß den Geburtsort Anderer, erinnert an dies und jenes Ereigniß bei der Eroberung Konstantinopels. Nun wird der Tummel allgemein. Die Krieger heben ihn auf einen Schild, eben wie dies geschah, als er in Konstantinopel zum Kaiser ausgerufen ward, man bekleidet ihn mit Purpurmantel, Krone und Scepter, die Zünfte ziehn herbei, huldigen untertänig, Jungfrauen mit Kränzen tanzen, die Gilden und Innungen tanzen auf mit ihren Fahnen, kurz der Moment des Ballets, der Kulminirungspunkt der Oper für die beau monde. Man sieht in dieser Scene, daß Hugo der ihm das Entkommen Johannas übermittelte den Fremden für den Kaiser hält. Philipp kann ein hübsches, ja unwilliges Aparte über den neugebacknen Fürsten haben. –
Festes Schloß /: Castriluone der Teufel weiß, wie es in der vulgären Sprache heißt! giebt es etwa ein Château lieu oder wohin Johanna entflohn ist. Balduin mit den Seinen liegt davor. Er hat die Tochter schon mehre Male zu einer Zusammenkunft auffordern lassen, da erfährt sie, daß eine Gesandtschaft des Königs von England zu ihm gekommen ist, um ein Bündniß mit ihm zu schließen, – (historisch. ) Sie kann nun kaum mehr zweifeln, daß sie ihren Vater wiedergefunden hat /: vielleicht hört sie das Obige auch selbst von einer vermittelnden Englischen Gesandtschaft bestätigen :/ Sie will ihn, muß ihn nun sehn, ihr Herz klopft ihm entgegen; sie ladet ihn zu einer Zusammenkunft auf dem Schlosse ein. Aber der alte Sünder wird zu dieser Zusammenkunft von ihrer Schönheit entbrannt, an der Glut seiner Umarmung bemerkt sie dies, stürzt von ihm hinweg: „Er ist nicht mein Vater“ Aber Hugo hat inzwischen still mit den Seinen das Schloß überrumpelt zu N. N. s tiefem Grimm; Johanna ist nicht mehr frei. Der Geck Narr räth der Gräfin zu Verstellung. Graf Philipp drängt nun in einer Scene mit dem falschen Balduin darauf, die Gräfin jetzt, da sie in seiner Gewalt sei, mit seinem Sohne Hugo sogleich zu verleben. Der Betrüger vertröstet auf den Zeitpunkt, wo er von König Ludwig, dem Lehnsherrn, anerkannt sein werde; zu große Eile könne verdächtig werden. Der Graf ist schwer ungehalten auf sein Werkzeug. Als er fort ist, giebt der falsche Balduin kund, es sei ihm eben gar nicht wünschenswerth, seine Ansprüche auf die Liebe oder auf die Nähe der Gräfin sobald mit einem Andern zu theilen, und überhaupt sei Philipps Zweck erreicht, so werde er des Mittels unnöthig. Aber dieser Zeitpunkt sei möglichst hinauszuschieben. – Er befiehlt, daß Hugos Mannen die Burg verlassen, und giebt dann einem seiner Hauptleute die Anweisung seine Mannschaft beobachten und vor der Burg lagern zu lassen, ohne daß es jedoch den Schein einer Belagerung derselben habe. Er solle einen Jeden in die Burg hinein lassen, jedoch Niemanden hinaus, am wenigsten ein Frauenzimmer. Plötzlich bemerkt er den Narren der diese Instruktion, in einen Winkel gekauert mit angehört, will ihn züchtigen und hinauswerfen. Nun aber der Narr, welche ich früher andeutete, und in welchen der Narr auch sich durchaus gebe hadert, als halte er den Andern für Balduin, was diesem sehr genehm ist, der Rührung und Freude heuchelt, ihn Namen wie zusah; und ihn, der ihn sehr klug zu beschwatzen weiß seiner Gunst und seines Vertrauens versichert. Er entläßt jetzt den Krieger, der bis dahin bei dieser Scene gegenwärtig war, und sucht dann den Narrn über dies und jenes der Verhältnisse auszuholen. Er fragt auch nach der Gräfin Margarethe, von der er weiß, daß sie die vierte Person auf der Flucht gewesen ist. Der Narr versichert, sie sei von der Eile und Anstrengung derselben erkrankt, und sie hätten sie im Walde in einer Köhlerhütte liegen lassen müßen. – Vor der Burg. – Der Hauptmann mit seinem Fähnlein ist davor gelagert; hinter einem Busch vor dem trockenen Graben der Burg grasen einige gesattelte Pferde der Krieger. Die Leute klagen über trockene Kehlen. Der Narr verspricht ihnen vom Walle herab Wein in Fülle, wenn sie ihn nur aus der Burg hinauslassen wollen. Der Hauptmann, der die Gunst des Kaisers für den Narren aus der früheren Scene kennt, findet kein Bedenken dabei. Der Narr kommt heraus mit Weinkannen; man trinkt und singt. Der Narr weiß auf schlaue Weise durch ein Lied welches eben zur Vorsicht und Wachsamkeit auffordern soll, und welches die Geschichte der Flucht eines Liebespaares aus einer benachbarten den Kriegern sichtbaren Burg erzählt, der Gräfin und N. N. welche während deßen aufbrechen auf dem Wall der Burg sichtbar werden, den Moment, dadurch, daß er den Gleichen in seinem Liede erzählt, zu bezeichnen, in welchem sie sich an einer Strickleiter von dem Wall herablassen, und die Pferde besteigen, auf welchen sie nun entfliehen. – Ich hole nach, daß Graf Philipp dem Kaiser in der früheren Scene sagte, Johanna wolle seinen Sohn nicht vor sich lassen. Balduin verspricht, ihm noch heute auf einer Jagd Gelegenheit zu verschaffen, sich ihr zu nähern. – Man versammelt sich jetzt zu dieser Jagd vor der Burg. Auch eine Dame in der Kleidung Johannas tritt vom Kaiser geleitet heraus; sie ist verschleiert. Balduin zieht ihr freundlich den Schleier vom Gesicht, will sich an ihrer Schönheit erfreuen. Es ist Margaretha. – Wilde Bewegung. Hugo ist wüthend, schwört N. N. solle niemals lebendig seinen Händen entkommen, wenn er ihn einhole. Man eilt zur Verfolgung der Fliehenden hinweg. –
Nahe der französischen Gränze. Wilde, heftige Gegend. In großer Höhe sieht man über zwei durch einen Abgrund getrennte Felsstücke einen Baumstamm gelegt. N. N. und Johanna kommen zu Fuße an; ihre Rosse sind unter ihnen zusammengestürzt. Indem sie einen Augenblick rasten, sieht N. N. Hugo und die Seinen nahen. Er zeigt der Gräfin den schmalen Pfad, sagt ihr, sie möge diesem folgen, dann auf jenem Baumstamme den Abgrund überschreiten, und diesen sodann in die Tiefe zu stürzen suchen. Sie gewann dadurch einen bedeutenden Vorsprung, und habe von da in einer Stunde die französische Gränze erreicht, wo sie in Wahrheit sei. Er werde den Eingang zu dem Passe solange als möglich vertheidigen. Die Gräfin weigert sich, ihn zu verlassen. Er schwört sich in das Schwerdt der Feinde zu stürzen, wenn sie nicht fliehe. Sie stürzt den Pfad hinan, nachdem N. N. ihr noch versichern mußte, daß er sein Leben für sie zu erhalten suchen werde. – Hugo’s Leute kommen, wollen den Pfad erzwingen. N. N. vertheidigt ihn, streckt mehre Feinde nieder. Bald darauf stürzt Hugo selbst herbei – man sieht die Gräfin schon mitten auf der Höhe der Felsen – Hugo und N. N. kämpfen erhitzt miteinander, Hugo wird schwer verwundet. Während des ersten Monats dumpfer Bestürzung der Seinen, die sich mit ihm beschäftigen, und als sein Vater eben herbeikommt, sieht man die Gräfin eben angekommen, der es gelingt, den Stamm, nachdem sie ihn überschritten, in die Tiefe zu stürzen, in welche er mit hörbaren Geräusch herunterrasselt. Nun ergiebt sich N. N. zuckend dem Grafen. Noch von der höchsten Hohe herab ruft (singt) die Gräfin im Wahn und eine rasende Rache über Jeden, der N. N. nur ein Haar krümmen werde, und verschwindet in den Felsen. Balduin kommt herbei, und läßt N. N. in Fesseln fortführen.
Philipp am Lager seines Sohnes. Er schlummert, und Philipp klagt sein Leid. Hugo erwacht, fragt matt nach der Gräfin; – sie sei bei König Ludwig – nachdem Kaiser: er sei Herr des Landes, aber zur völligen Befestigung seiner Herrschaft wolle er sich dem Schiedsspruch Ludwigs des 8t über seine Rechtmäßigkeit unterwerfen. Der Sohn wünscht, wenn auch manche schöne Entwürfe zu schicken scheitern scheinen, dem Vater Glück einen so gottesfürchtigen, ritterlichen Fürsten wieder zu seinem Recht verholfen zu haben. Er ist ein Betrüger! seufzt Philipp heraus. – Doch wie vermochte er auch zu täuschen? – Mich täuschte er nie! – Es folgt nun eine kurze Erklärung Philipps, und daß er aus Liebe zum Sohn zum Betrüger geworden sei. Mit einem Schrei des Schmerzes verscheidet Hugo. – Die Leute Balduin’s treten ein, um ihn von dem Leichnam seine Sohnes hinwegzuführen nach Provence, um für den Betrüger zu zeugen. –
Das Gericht in Provence. – Es bleiben hier drei Wege, nach Maaßgabe welcher sich das Vorangegangene allerdings in mancher Beziehung modificiren würde. Entweder man schließt ungefähr wie Tiek, dann kann freilich die Entdeckung des Betruges auf die Unbekanntschaft Balduins mit dem Liebhaber sich gründen, oder der Betrüger wüßte, wie es geschichtlich ist, andere Dinge, die er wissen müsste, nicht, und würde dadurch entlarvt, oder endlich, er bestünde, und der unglückliche Graf Philipp, der eben herbeikäme, als König Ludwig sein Urtheil des Betrügers sprechen will, glaubte sein Verbrechen durch ein offenes Bekenntniß möglichst führen zu müssen. In den beiden letzteren Fällen kann der unbekannte N. N. der Graf v. Savoyen, ein Verwandter der Königin Blanca sein, welche, eine scharfsinnige Dame, an den Hof der Gräfin, welche sie schon als Kind kannte, ja welche unter ihren Augen erzogen wurde, ungekannt den Grafen schickte, um sie vor den Ränken des Grafen von Namür, den sie nie kannte, und der, da Regent, auch alle Hofdienerschaft Johannas zu seiner Verfügung hatte, möglichst zu schützen, ohne doch Spaltungen zu erregen. Dann tritt das Verhältniß Blancas zu Johanna in einer Scene vor der Gerichtsscene heraus. In Ketten führt übrigens Balduin den N. N. mit sich nach Provence mit sich, und geheirathet wird dieser jeden falls. –
Ich bin, wie ich beim Durchlesen bemerke, doch nicht bei einer rohen Skizze geblieben. Indem ich schrieb bin ich zum Einzelnen gedrängt worden, und es möchte außer für den letzten Akt wenig zu einem vollständigen Scenarium fehlen, so gar hin und wieder Manches zu viel für ein Solches sein. Bei der Ausführung ändert sich freilich noch immer Einiges. – Die Frage ist nur: wie behagt Ihnen das Gegebene im Ganzen? Konvenirt es Ihnen, dann hätten wir nochmals zu sprechen, damit möglichst wenig vergebens ausgeführt werde, und man nicht in Umarbeiten erlahme.
Mit dieser persönlichen Zusammenkunft steht es aber nun so. Ich habe nicht Lust zu reisen, wie überhaupt nicht irgend etwas für mich zu thun. Reise ich aber irgend eines anderen Zweckes halber, so möge es nach gut sein, daß ich reise. Leipzig als Leipzig ist mir wenig, und ein Meßgewühl, da ich nicht kaufmännisch mitwählen kann, unangenehm. Den Paulus höre ich am 19ten dort mit größerm Vergnügen, als Sie glauben mögen, aber wenngleich es Ihr Paulus ist, so wäre es doch mein Vergnügen, und ich erwartete vergebens bis es mir einmals so würde, ihn gut zu hören, wie ich so manches in Ergebung abwarten muß. Habe ich aber Sie zu sprechen, so wäre es doppelt herrlich zugleich auch Ihr Werk zu hören. Angenommen nun aber, wir hätten zu sprechen, zu erwägen, zu überlegen, würden nicht eben die Tage vor der Aufführung des Paulus Ihnen die ungelegensten dazu sein? Würden Sie nicht die nach der Aufführung vorziehen? Dann käme ich, etwa den und bliebe ein Paar Tage nach dem 18t. – Aber nun weiter: Glauben Sie nicht, daß ich heute erfahren kann, daß ich reise, und morgen abreisen, das geht nicht an. Schon auf der Schnellpost muß man während der Messe ziemlich lange vorher seinen Platz nehmen, und ich habe hier Mancherlei für die Zeit meiner Abwesenheit anzuordnen. Zu dem Allen kommt noch, daß wenn ich nach Leipzig reise, mich wahrscheinlich ein Bekannter von dort abholt, mit dem ich über Dresden, Töplitz, Prag nach dem Riesengebirge gehe, und über Schlesien heimkehre. – Dann bleibe ich ziemlich lange vom Hause und habe hier noch vieles zu ordnen. Dies Alles motivirt darum wohl meine freundliche Bitte, daß Sie mir auf’s Baldigste sagen, ob wir zu sprechen haben. Sie können ja so Vieles, so werden Sie auch kaufmännisch pünktlich sein können. Könnten Sie mir einen Tag nach der Ankunft meines Briefes antworten, so wäre das mir sehr lieb. Sie werden ja mit Ihrem Blick sehr bald sehen, was der Entwurf verspricht. Rückt der Herbst noch erst weit vor, dann kommen mir mit der vermehrten Reiseunlust auch noch neue Hinderungen. Empfehlen Sie mich Ihrer liebenswürdigen Frau Gemahlin
unwandelbar Ihr JFürst          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1838-09-06-02" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1838-09-06-02" xml:id="title_61ff7293-161c-4233-882e-4905604f02da">Joseph Fürst an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Berlin, 6. 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September 1838</title> <author key="PSN0111259">Fürst, Joseph (1794-1859)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0111259" resp="writer">Fürst, Joseph (1794-1859)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition"></name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_e61b2d09-b805-432e-aaaf-6807a8cb7f36"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Großbritannien</country> <settlement>Oxford</settlement> <institution key="RISM">GB-Ob</institution> <repository>Oxford, Bodleian Library</repository> <collection>Music Section</collection> <idno type="signatur">M.D.M. d. 36/37 und GB-Ob, M.D.M. d. 36/239</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1838-09-06-02" type="letter" xml:id="title_f71c7980-2f08-4e84-8246-28dc4991cce1">Joseph Fürst an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 6. September 1838</title> <incipit>Sie sind hoffentlich wohlauf nach Hause gekommen werthester Mendelssohn, und ohne daß Ihr Söhnchen den Keim der Masern noch in sich getragen habe da wie ich von der Hofräthin Herz höre, aus Ihrem Hieseyn auch</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>3 Doppelbl.: S. 1-12 Brieftext.</p> <handDesc hands="1"> <p>Joseph Fürst</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl></accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1838-09-06" xml:id="date_00ea9cc5-7ed7-4708-a2d7-8fcc639a66bc">6. September 1838</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0111259" resp="author" xml:id="persName_c8dec18c-ac48-4e92-8f63-6c5a74029d23">Fürst, Joseph (1794-1859)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0111259" resp="writer">Fürst, Joseph (1794–1859)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_dcd330af-e121-4c23-a66d-a4e0eaaee1db"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_a603a886-69d7-4b82-8650-9942b0e84ae0">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_482903e3-e169-4ca8-9756-dc710262f0d8"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_d879e8e8-bb64-4827-89fd-b00bb0545dfa"> <docAuthor key="PSN0111259" resp="author" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111259" resp="writer" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin d <date cert="high" when="1838-09-06" xml:id="date_b64bb858-a51d-47c8-af9d-5fde297ce7e5">6 September 1838</date>.</dateline> <p style="paragraph_without_indent">Sie sind hoffentlich wohlauf <placeName xml:id="placeName_dbe189bb-0c69-481a-ba5f-ebec13e919aa">nach Hause<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gekommen werthester Mendelssohn, und ohne daß Ihr <persName xml:id="persName_e26a3850-bdf2-4995-9fcd-6e6b5d74b1fa">Söhnchen<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> den Keim der Masern<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_31a5b33c-a800-408e-9640-54ad23e87209" xml:lang="de">den Keim der Masern – Die gesamte Berliner und Leipziger Familie Mendelssohn Bartholdy war an den Masern erkrankt.</note> noch in sich getragen habe da wie ich von der Hofräthin <persName xml:id="persName_c2a9b0e7-24d6-4de7-856b-12de5abe297a">Herz<name key="PSN0111940" style="hidden" type="person">Herz, Henriette Julie (1764-1847)</name></persName> höre, aus Ihrem Hieseyn auch eine Art von Lazareth gemacht haben, welches denn doch glücklicherweise nur Reconvalescenten enthält. –</p> <p>Mit unserem Plan habe ich mich früher beschäftigen müssen, als es, anderer Arbeiten halber, in meiner Absicht lag. Die <placeName xml:id="placeName_75430956-b8b8-4e34-a4ff-e94ca251ec0d">König. Bibliothek<name key="NST0103539" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliche Bibliothek</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> ist nämlich neuerdings auf 3 Wochen geschlossen worden, und es würde mir während dieser Zeit kaum möglich geworden sein, mich über das <unclear reason="uncertain_reading" resp="UT">Ly</unclear>rische der Sache in’s Klare zu setzen, das Hindernis wäre auch zu der Zeit noch nicht beseitigt gewesen, zu welcher ich, wenn überhaupt, in diesem Herbst, die Freude haben kann, Sie dort zu sehn, und ich wäre dann so dumm und unsicher gekommen, als ich bei unserm letzten Zusammensein<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ba9f4463-552e-4bde-9dee-987030024d78" xml:lang="de">Mit unserem Plan … bei unserm letzten Zusammensein – Felix Mendelssohn Bartholdy hatte wohl während seines rückliegenden Berlin-Aufenthaltes gemeinsam mit Joseph Fürst den Plan zu einem Opernlibretto, basierend auf Ludwig Tiecks Novelle »Der wiederkehrende griechische Kaiser«, beschlossen. Trotz Fürsts sehr ausführlichen Darlegung des möglichen Librettos wurde dieses Opernprojekt, wie auch alle anderen von Felix Mendelssohn Bartholdy, nicht realisiert.</note> war. So kann ich Ihnen schon Manches sagen, was Sie prüfen können bevor wir etwa sprechen, ja davon, wie Ihnen das Mitzutheilende besagt, wird zum großen Theil abhängen, ob ich überhaupt komme. –</p> <p>Es ist mir jedenfalls lieb, nun, nach recht eifrigem Forschen in den Quellen, zu wissen, daß sich von dem eigentlich Geschichtlichen des Stoffes sehr wenig gebrauchen läßt, daß man aber auch mit der <title xml:id="title_240be4bc-1692-4700-b959-e0f17cf0a00b">Tiekschen Behandlung<name key="PSN0115334" style="hidden" type="author">Tieck, Johann Ludwig (1773–1853)</name><name key="CRT0111077" style="hidden" type="literature">Der wiederkehrende griechische Kaiser</name></title> desselben aufs Freieste schalten kann, wenn man überhaupt etwas davon benutzt – ohne Geschäftliches abzuweisen. Die Gräfin <persName xml:id="persName_bd9a1f1b-58b6-4ed0-9fbe-45b580a01887">Johanna<name key="PSN0119494" style="hidden" type="person">Flandern und Hennegau, Johanna von (1200-1244)</name></persName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8701e91c-c3d2-4a8e-8aaf-b9b0be611847" xml:lang="de">Die Gräfin Johanna – Johanna von Flandern und Hennegau, auch genannt Johanna von Konstantinopel (1200 – 5. Dezember 1244) ist die Ältere von zwei Töchtern des Grafen Balduin IX. von Flandern (Balduin VI. von Hennegau) und der Marie von Champagne.</note> genannt von Konstantinopel, regierende Gräfin von Flandern,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2f26ad4f-6231-4a66-9304-1df200da3025" xml:lang="de">Die Gräfin Johanna … regierende Gräfin von Flandern – Johanna von Flandern ist die weibliche Hauptfigur in Ludwig Tiecks Novelle »Der wiederkehrende griechische Kaiser«.</note> eines <gap quantity="1" reason="uncertain_reading" unit="words"></gap> Landes, welches damals mehr noch als das heutige Belgien umfaßte mäßig, wenngleich im Lehnsverhältniß zu den Königen von Frankreich, im Glanz und der Einrichtung ihres Hofes diesen wenig nachstehend, nur 37 Jahr alt, als der falsche Balduin<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_851f930a-d9f8-488a-8e29-27d7a872a53a" xml:lang="de">der falsche Balduin – Der Falsche Balduin I. (gestorben 1225 in Flandern) ist die Bezeichnung für den Hochstapler Bertrand, der sich als Kaiser des Lateinischen Kaiserreichs Balduin I. ausgegeben hatte.</note> erschien, der im ganzen Lande vielleicht nur von ihr nicht anerkannt wurde. Vierzehn Jahre war sie damals schon mit <persName xml:id="persName_93d210a8-e2ce-4c45-9cf0-d486b7d64871">Ferdinand<name key="PSN0119496" style="hidden" type="person">Portugal, Ferdinand von (1188-1233)</name></persName>, dem Sohn des Königs von Portugal,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_acd64663-1a67-4c21-9fe3-8b2841810b90" xml:lang="de">Ferdinand, dem Sohn des Königs von Portugal – Ferdinand von Portugal (1188 -1233) ist ein jüngerer Sohn des Königs Sancho I. von Portugal und ab 1212, als Ehemann der Gräfin Johanna, ein Graf von Flandern und Hennegau.</note> eigentlich Ferrante, in Flandern gewöhnlich Fernando geheißen, vermählt, über dessen Herkunft nur ein Zweifel obwaltete; und eben damals war dieser in der <hi n="1" rend="underline">Gefangenschaft</hi> <persName xml:id="persName_2a60cc9c-520c-4f02-a827-6d0a05ed5fa9">Ludwigs des 8<hi rend="superscript">ten</hi><name key="PSN0119495" style="hidden" type="person">Frankreich, Ludwig VIII. von (1187-1226)</name></persName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1b376d18-0ab6-4d20-a7d1-aa78c0fca410" xml:lang="de">Ludwigs des 8ten – Ludwig VIII. (5. September 1187 bis November 1226), genannt der Löwe, aus der Dynastie der Kapetinger, war von 1223 bis zu seinem Tod König von Frankreich.</note> welcher ihn erst zwei Jahre später gegen große Opfer entließ. Denn Ferrante war ein kühner, hochstrebender Mann, und war die Seele eines bedeutenden<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>Ligur gewesen, welche er gegen <persName xml:id="persName_6c1eb0e8-fa15-4b32-aa00-6b10826aeee5">Philip August<name key="PSN0119345" style="hidden" type="person">Frankreich, Philipp II. August von (1165-1223)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_76642d5e-0db4-4187-a73a-3f539d948ed6" xml:lang="de">Philip August – Philipp II. August, König von Frankreich</note> bildete, der das Lehnsverhältniß von Flandern schmählich misbrauchte. Aber er wurde, beiläufig erwähnt, gefangen, &amp; in einen mit vier Pferden bespannten eisernen Käfig nach Paris geschleppt, wo er so den Triumphzug Philipp Augusts verherrlichen mußte, der den Gefangenen seinen Sohn, als ein einträgliches Vermächtniß hinterließ. – Von einer <add place="above">damaligen<name key="PSN0111259" resp="writers_hand" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</name></add> Bewunderung Johannas durch einen Grafen <persName xml:id="persName_bb9377f5-655f-45d4-8982-8e02718fe37b">Hugo<name key="PSN0119346" style="hidden" type="person">Lusignan, Hugo X. von (?-1249)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_53c141c2-e492-408b-b9cd-34ae417f9db2" xml:lang="de">Grafen Hugo – Hugo X. von Lusignan </note> und einen Grafen Konrad kann deshalb <gap quantity="1" reason="covering" unit="words"></gap> nicht die Rede sein. Vormund und Regent war in früherer Zeit Graf <persName xml:id="persName_8b0ea75d-699c-4e45-89ad-d84cd4e85c60">Philipp von Namür<name key="PSN0119347" style="hidden" type="person">Hennegau, Philipp I. von (1175-1212)</name></persName>, ein Bruder <persName xml:id="persName_e2c996e1-934b-4153-8704-d9d2b31496a7">Balduins<name key="PSN0119348" style="hidden" type="person">Flandern und Hennegau, Balduin I., Graf von</name></persName> gewesen, der die Regentschaft dann, bei der Vermählung Johannas, niederlegte. Mit dem Gericht in <placeName xml:id="placeName_e4025334-8893-4023-9324-4ca605ab70f6">Ravenna<settlement key="STM0104310" style="hidden" type="locality">Ravenna</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>, in welchem der 1225 erschienene Balduin für einen Betrüger erklärt wurde, hat es jedoch seine völlige Richtigkeit. – Johanna hatte sich in ihrer Noth an Ludwig den 8<hi rend="superscript">ten</hi>, als dem Lehnsherrn gewendet. Freilich aber gab die Herkunft <persName xml:id="persName_23965a39-8087-4395-8b0a-91cc9785ce84">Ferdinand<name key="PSN0119496" style="hidden" type="person">Portugal, Ferdinand von (1188-1233)</name></persName> nicht Gelegenheit zur Entlarvung des Betrügers. Er antwortete Anfangs ziemlich gut, konnte aber dann nicht angeben, wo er Philipp August den Lehnseid geleistet, wo und von wem er zum Ritter geschlagen, wo und wann seine Hochzeit mit Maria von Champagne gefeiert worden. Er soll dann seinen Betrug und daß er Rayns heiße und aus der Champagne sei, gestanden haben. Es war ihm sicheres Geleit versprochen worden, er entwischte diesem, wurde gefangen, Johannen ausgeliefert, und diese ließ ihn hängen. Johanna heirathete nach Ferrantes Tode, 49 Jahre alt, den Grafen <persName xml:id="persName_45f3bac7-ab9b-4576-b625-aa4526b9b319">Thomas, von Savoyen<name key="PSN0119350" style="hidden" type="person">Piémont (Graf von Savoyen), Thomas II. von (1199-1259)</name></persName>, einen Oheim der Königin <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_6a201a26-a05a-4ffc-8498-2f2bb4df296f">Blanche<name key="PSN0119351" style="hidden" type="person">Kastilien (Blanche de Castille), Blanka von (1188-1252)</name></persName></hi>, der Königin von England und der Königin von Sicilien. –</p> <p>Ich gehe für das Opernbuch von der <persName xml:id="persName_8f0a5809-2c20-4a08-9c70-a2fb393278e1">Tiekschen<name key="PSN0115334" style="hidden" type="person">Tieck, Johann Ludwig (1773-1853)</name></persName>, für die Novelle gewiß sehr guten, Behandlung des Stoffes gern möglichst ab. Das Miß- und Bedeutendste von dem, was nicht historisch darin ist, ist doch für die Oper nicht zu gebrauchen, und man verhinderte das müßige aber verdrießliche Vergleichen Seitens hochweiser Kritiker. Was <hi n="1" rend="underline">einem</hi> Verhalten Johannens in Beziehung auf diesen Pilger, der ihr Vater und auch ein Betrüger sein kann, dem im ersten Falle ihre Liebe, ihr Gehorsam<seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>und ihr Thun <add place="above">gebühren<name key="PSN0111259" resp="writers_hand" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</name></add>, im anderen der Galgen, – ein Hauptelement für den lyrischen Theil der Oper – hat Tiek fast gar nicht hervorgehoben. Der Geliebte kann aber so gut als Ferdinand, der damals schon ihr Gatte war, der Graf von Savoyen sein, der es später wurde, und dieser Fall noch der Vorzug seiner Verwandtschaft mit der Gattin Ludwigs des 8<hi rend="superscript">ten</hi>; und der Vormund und Regent von Philipp von Namür, der es früher wirklich war, der eben dann kein Bruder Baluins sein durfte, sondern nur ein naher Verwandter, diesem geben wir einen Sohn für welchen der Vater Johannen zur Gattin will, und der als nächster Verwandter schon ein gewisses Recht auf ihr Hand zu haben glaubte. Dem Vater und dem Sohn stände dann auch stets der Zutritt zu der Gräfin offen, was sehr bequem wäre. Der Sohn ist ein anmaßender, heftiger, aber kein schlechter Mensch. Zum Regenten nebst zwei werbenden Söhnen neben dem <gap quantity="1" reason="uncertain_reading" unit="words"></gap>, wie bei Tiek, würden ein Opernbuch zu sehr kompliciren. Einen Namen behalten wir bei, nicht weil Tiek ihn hat, sondern, weil ihn damals jeder Fürst hatte, und er für das dramatische und das musikalische Element sehr brauchbar ist. Er muß in die Handlung eingreifen, kann er es vielleicht auch nicht auf eine noch nicht dagwesene Art, jedenfalls aber muß er ein ganz anderer Mann sein, als der für die Novelle und für Tiek ganz passende Tieksche. Ich denke mir, ihm dadurch die Möglichkeit eines bedeutenden Eingreifens zu verschaffen, und zugleich eine Scene von guter dramatischer Wirkung herbeizuführen, daß er dem falschen Balduin, dem er lästig wird, weil er ihn, im Interesse Johannens und ihres Geliebten forschend, auf allen Schritten und Tritten begleitet, vorlügt, der ächte habe ihm einmal in Gegenwart Ludwigs von Frankreich, als er ihn vom Tode durch Gift gerettet, bei seinem Ritterworte geschworen, ihn nie körperlich züchtigen zu lassen, noch ihn ohne seinen Willen von seiner Person zu entfernen, was der falsche nun befolgen zu müssen glaubt, um desto mehr für den ächten zu gelten. – Nach einem <hi n="1" rend="underline">Alt</hi> habe ich in alten Folianten Quartanten u.s.w. vergebens gesucht. Johanna hatte zwar eine Schwester Gräfin <persName xml:id="persName_ea321580-5305-461b-8bcf-12c923349919">Margarethe<name key="PSN0119352" style="hidden" type="person">Konstantinopel, Margarete II. von (1202-1280)</name></persName>, welche ihr auf der Regierung folgte;<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>die Empfindungen einer zweiten Tochter Balduins in Beziehung auf den falschen, und ihr Verhältniß zu dieser liefe aber generell mit denen ihrer Schwester, und sie ist als solche drum schon für das Drama unbrauchbar. Sie könnte aber eine Verwandte, oder auch allenfalls eine Halbschwester sein, /: Letzteres <hi n="1" rend="underline">historisch</hi> unmöglich, da Balduins Gattin<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_caa13b7a-4380-4228-9a63-83e1acacc38d" xml:lang="de">Balduins Gattin – Marie von Champagne</note> schon zwei Jahre vor ihr in Jerusalem gestorben war :/ da wir doch einmal einen Alt haben müssen. Es ist denn auch ein Eingreifen in die Handlung für sie möglich. –</p> <p>Ganz im Rohen denke ich mir den Gang der Handlung etwa so, und theile sie auch deshalb nicht in Akte ein, da ich mit der einen Gliederung noch nicht im Reinen bin, sollte ich gleich, weil ich sie nun doch als für die Bühne bestimmt denke, mitunter in die Form eines Scenariums hineingerathen, und auf eine Bühnendeutung hindeuten:</p> <p>Die Liebe Johannen’s zum jungen N.N., der zu ihrer Hofdienerschaft gehört kommt in der ersten Scene zum Durchbruch. Bis dahin hatte die Gräfin äußerlich ihn nur eben unter den übrigen Hofbedienten ausgezeichnet, und N.N., nie voller Glut auch für die Gräfin, noch nicht gewagt, seine Augen zu ihr zu erheben. Man ist in einer offenen Halle im Garten des Palastes zu Brügge. N.N. soll die Gräfin, welche durch Klage und Beschwerde der Brügger Kaufleute mismuthig geworden ist, seine Lieder singen; er thut es; es ist ein Minnelied; Johanna und Margarethe singen etwa den Refrain mit. Graf Hugo, der Sohn des Grafen Philipp von Namür, ist, unvermuthet in die Halle getreten. Er behandelt N.N. wegwerfend, höhnisch, er nennt ihnen einen hergelaufenen Menschen; von ungewißer Herkunft. Dieser antwortet mit Selbstbewusst. Der Graf will ihn aus der Halle fortweisen, wo er nicht hingehöre, Johanna ist als Liebende und als Gräfin empört, und befiehlt ihm zu bleiben; sie sei hier allein Herrin. Während Hugo dabei gewissermaßen gewaltsam die Gräfin sowohl als ihren Liebhaber über ihr Gefühl für diesen zur Klarheit bringt, tritt Philipp von Namür ein, hört was vorgefallen, verweist dem Sohn seine Heftigkeit, befiehlt ihm seiner Herrin Abbitte zu thun, was Hugo, gegen N.N. , Rache knirschend, thut<seg type="pagebreak"> |5| <pb n="5" type="pagebreak"></pb></seg>, gäbe aber durch ein <hi rend="latintype">Aparte</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_c78c248d-62ed-422d-bb72-605a177e9eed" xml:lang="fr ">Aparte – frz., aparté, beiseite gesprochener Text, Zwischentext </note> kund, es sei nun Zeit die Mina springen zu lassen, bald werde Johanna seinem Sohn, bald vielleicht ihn den Pallast verbieten. – Vor dem Pallast. – Graf <persName xml:id="persName_2bd299fe-9058-4138-8c08-62ef9ab4dbed">Philipp<name key="PSN0119347" style="hidden" type="person">Hennegau, Philipp I. von (1175-1212)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_3e62a4f9-536a-4cec-8949-11584813580f" xml:lang="de">Graf Philipp – Philipp I. von Hennegau (1175-5. Oktober 1212), der zweite Sohn des Grafen Balduin V. von Hennegau und Namur und der Margarete von Elsass, Gräfin von Flandern, war ab 1196 Markgraf von Namur.</note> hervortretend giebt dem Manne einen Wink, den der Narr bemerkt. – <gap quantity="1" reason="uncertain_reading" unit="words"></gap> predigt Buße prophezeit, daß die Gräber sich aufthun werden, u.s.w. Das Volk, ohnedies etwa schon durch Theuerung, oder durch irgend einen Anfall der den mächtigen Handel <placeName xml:id="placeName_832a9e9f-0390-4dca-bb6d-2996997cb7ae">Brügges<settlement key="STM0104311" style="hidden" type="locality">Brügge</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> getroffen hat, in unruhiger Bewegung, geräth in heftige Aufregung. Die fromme Nonne versucht nach der Kapelle im Walde eine Bußfahrt zu thun. Graf Philipp kommt herbei, anscheinend um zu beruhigen. Die Nonne ermahnt ihn, an der Wallfahrt Theil zu nehmen, er weigert es, und wird vom Volke fast mit Gewalt aufgezogen. Man hat die Scene vom Altar des Pallastes mit angesehn. Der Narr wittert Unrath. – Es folgt die Komödie im Walde, wo der Zug, Bußpsalme singend, ankommt, die Klause des frommen Einsiedlers steht in der Nähe der Kapelle; Einige wollen, daß er das Volk segne. Er wird fast gewaltsam herausgeholt, plötzlich erkennt ihn einer aus der Aehnlichkeit des Klausners mit diesem. Der Klausner selbst will nichts davon wissen, Balduin zu sein, bis er seinen alten Freund und Vetter Philipp in dem Haufen erblickt, dem Zuge seines Herzens nicht widerstehn kann, ihn umarmen will. Philipp stößt ihn unsanft zurück. Wie sehr alles an ihm an Balduin erinnere, Balduin sei leider lange todt! – Nach so vielem Elende, nach so langem Umherirren <add place="above">seufzt der Klausner<name key="PSN0111259" resp="writers_hand" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</name></add>, habe er nach seiner Zurückkunft aus Liebe zu seinem Lande und zu seiner Tochter verzichtet, Fürst und Vater zu sein. Aber den Jugendfreund nach so langer Trennung wiederzusehn, unwiderstehlich von dem Verlangen getrieben sein, ihn an sein Herz zu drücken, und von diesem so unwillig zurückgestoßen werden, das sei zu viel. Philipp ist ergriffen; es scheint ihm plötzlich ein Gedanke zu kommen; er geht rasch auf den Einsiedler zu, reißt dessen Gewand auf der Brust auseinander, sieht an dieser eine in ein Kristallkreuz eingeschlossene <hi rend="latintype">Reliquie</hi>, genau eben solch eines wie er es auf der Brust trägt. Beide erhielten sie einst zugleich von einem aus<seg type="pagebreak"> |6| <pb n="6" type="pagebreak"></pb></seg>dem heiligen Lande zurückkehrenden Pilger. Er kann sich gegen die Aechtheits nicht lange verhärten; er stürzt Balduin zu Füßen. Der Mann, der sich auch in eine Pilgerkutte gesteckt hat, eilt, als er dieß sieht nach Brügge, damit die Fürstin vorbereitet sei. Das trunkene Volk zieht Balduin mit sich nach Brügge. Emerantia ist bei diesen Scenen gegenwärtig, damit sie mitsingen kann. –</p> <p>In Gent, der <add place="above">ersten<name key="PSN0111259" resp="writers_hand" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</name></add> Hauptstadt, wohin Johanna von Brügge entflohen ist. Balduin liegt vor der Stadt. Johanna sieht in großer innerer Bewegung, von einem Thurme des Schlosses dem Kampfe zu. Kaum vertheidigt man noch die Wälle; in der Stadt sind die meisten Einwohner für Balduin gestimmt. An einem kleinen Hinterthor hinter der Burg schlägt N.N., der Liebhaber, sich mit einem geringem Häuflein Getreuer in einem erbitterten Kampfe zwischen Hugo und den Seinen. Johanna verfolgt das Gefecht in möglichstlichter Theilnahme , welche ihre Liebe zu N.N. genug kund giebt. Endlich tritt dieser ein. Kleines zärtliches Duett. Er hat durch seine Leute nun das Thor besetzen lassen, und fordert zur schleunigsten Flucht durch diesen einzigen, noch offen stehenden Ausgang auf, da Hugo unfehlbar verstärkt zurückkehren werde. Innerer Kampf Johannas, ob sie fliehen solle? Wenn nun Balduin ihr Vater sei? Inzwischen aber ist die Stadt auf der andern Seite schon genommen. Getümmel, Trompetenschmettern, Siegesjubel, Ausrufe Einiger: Balduin sei längst erschlagen, Lebhochs für Balduin, dringen herauf, die Nachricht den Ausschlag für die Flucht, indem er vorstellt, zum Re<unclear reason="uncertain_reading" resp="UT">den</unclear> halten sei dies der Moment nicht, habe die Gräfin einmal einen Vater angenommen könne sie ihn nicht wieder los werden, aber wer Kaiser Balduin sein wolle, müsse jederzeit Gräfin Johanna als Tochter annehmen. N.N., Johanna und Margarethe fliehen, Johanna nicht ganz ohne inneres Widerstreben. – Großer Platz in Gent. – In der Stadt giebts noch Krieger, Männer, die als Jünglinge noch bei der Eroberung Konstantinopels mitkämpften, und das Vaterland wieder erreicht haben. Ihnen fällt sogleich die große Aehnlichkeit dieses Balduins mit dem Ihren auf. Sie nähern sich ihm, er kennt noch Einige beim<seg type="pagebreak"> |7| <pb n="7" type="pagebreak"></pb></seg>Namen weiß den Geburtsort Anderer, erinnert an dies und jenes Ereigniß bei der Eroberung Konstantinopels. Nun wird der Tummel allgemein. Die Krieger heben ihn auf einen Schild, eben wie dies geschah, als er in Konstantinopel zum Kaiser ausgerufen ward, man bekleidet ihn mit Purpurmantel, Krone und Scepter, die Zünfte ziehn herbei, huldigen <add place="above">untertänig<name key="PSN0111259" resp="writers_hand" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</name></add>, Jungfrauen mit Kränzen <add place="above">tanzen<name key="PSN0111259" resp="writers_hand" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</name></add>, die Gilden und Innungen tanzen auf mit ihren Fahnen, kurz der Moment des Ballets, der Kulminirungspunkt der Oper für die <hi rend="latintype">beau monde</hi>. Man sieht in dieser Scene, daß Hugo <add place="above">der ihm das Entkommen Johannas übermittelte<name key="PSN0111259" resp="writers_hand" style="hidden">Fürst, Joseph (1794–1859)</name></add> den Fremden für den Kaiser hält. Philipp kann ein hübsches, ja unwilliges <hi rend="latintype">Aparte</hi> über den neugebacknen Fürsten haben. –</p> <p>Festes Schloß /: Castriluone der Teufel weiß, wie es in der vulgären Sprache heißt! giebt es etwa ein <hi rend="latintype">Château lieu</hi> oder <gap quantity="1" reason="uncertain_reading" unit="words"></gap> wohin Johanna entflohn ist. Balduin mit den Seinen liegt davor. Er hat die Tochter schon mehre Male zu einer Zusammenkunft auffordern lassen, da erfährt sie, daß eine Gesandtschaft des Königs von England zu ihm gekommen ist, um ein Bündniß mit ihm zu schließen, – (historisch.) Sie kann nun kaum mehr zweifeln, daß sie ihren Vater wiedergefunden hat /: vielleicht hört sie das Obige auch selbst von einer vermittelnden Englischen Gesandtschaft bestätigen :/ Sie will ihn, muß ihn nun sehn, ihr Herz klopft ihm entgegen; sie ladet ihn zu einer Zusammenkunft auf dem Schlosse ein. Aber der alte Sünder wird zu dieser Zusammenkunft von ihrer Schönheit entbrannt, an der Glut seiner Umarmung bemerkt sie dies, stürzt von ihm hinweg: „Er ist nicht mein Vater“ Aber Hugo hat inzwischen still mit den Seinen das Schloß überrumpelt zu N.N.s tiefem Grimm; Johanna ist nicht mehr frei. Der <del cert="low" rend="strikethrough" xml:id="del_393e819b-2757-4fd3-bef9-dffa8107dca8">Geck</del> Narr räth der Gräfin zu Verstellung. Graf Philipp drängt nun in einer Scene mit dem falschen Balduin darauf, die Gräfin jetzt, da sie in seiner Gewalt sei, mit seinem Sohne Hugo sogleich zu verleben. Der Betrüger vertröstet auf den Zeitpunkt, wo er von König Ludwig, dem Lehnsherrn, anerkannt <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> sein werde; zu große Eile könne verdächtig werden. Der Graf ist schwer ungehalten auf sein Werkzeug. Als er fort ist, giebt der falsche Balduin kund, es sei ihm eben gar nicht wünschenswerth, seine Ansprüche auf die Liebe oder<seg type="pagebreak"> |8| <pb n="8" type="pagebreak"></pb></seg>auf die Nähe der Gräfin sobald mit einem Andern zu theilen, und überhaupt sei Philipps Zweck erreicht, so werde er des Mittels unnöthig. Aber dieser Zeitpunkt sei möglichst hinauszuschieben. – Er befiehlt, daß Hugos Mannen die Burg verlassen, und giebt dann einem seiner Hauptleute die Anweisung seine Mannschaft beobachten und vor der Burg lagern zu lassen, ohne daß es jedoch den Schein einer Belagerung derselben habe. Er solle einen Jeden in die Burg hinein lassen, jedoch Niemanden hinaus, am wenigsten ein Frauenzimmer. Plötzlich bemerkt er den Narren der diese Instruktion, in einen Winkel gekauert mit angehört, will ihn züchtigen und hinauswerfen. Nun aber der Narr, welche ich früher andeutete, und in welchen der Narr auch sich durchaus gebe hadert, als halte er den Andern für Balduin, was diesem sehr genehm ist, der Rührung und Freude heuchelt, ihn Namen wie <gap quantity="1" reason="covering" unit="words"></gap> zusah; und ihn, der ihn sehr klug zu beschwatzen weiß seiner Gunst und seines Vertrauens versichert. Er entläßt jetzt den Krieger, der bis dahin bei dieser Scene gegenwärtig war, und sucht dann den Narrn über dies und jenes der Verhältnisse auszuholen. Er fragt auch nach der Gräfin Margarethe, von der er weiß, daß sie die vierte Person auf der Flucht gewesen ist. Der Narr versichert, sie sei von der Eile und Anstrengung derselben erkrankt, und sie hätten sie im Walde in einer Köhlerhütte liegen lassen müßen. – Vor der Burg. – Der Hauptmann mit seinem Fähnlein ist davor gelagert; hinter einem Busch vor dem trockenen Graben der Burg grasen einige gesattelte Pferde der Krieger. Die Leute klagen über trockene Kehlen. Der Narr verspricht ihnen vom Walle herab Wein in Fülle, wenn sie ihn nur aus der Burg hinauslassen wollen. Der Hauptmann, der die Gunst des Kaisers für den Narren aus der früheren Scene kennt, findet kein Bedenken dabei. Der Narr kommt heraus mit Weinkannen; man trinkt und singt. Der Narr weiß auf schlaue Weise durch ein Lied welches eben zur Vorsicht und Wachsamkeit auffordern soll, und welches die Geschichte der Flucht eines Liebespaares aus einer benachbarten den Kriegern sichtbaren Burg erzählt, der Gräfin und N.N. welche während deßen aufbrechen auf dem Wall der Burg sichtbar werden, den Moment, dadurch, daß er den Gleichen in seinem Liede erzählt, zu bezeichnen, in welchem sie sich an einer Strickleiter von dem Wall<seg type="pagebreak"> |9| <pb n="9" type="pagebreak"></pb></seg>herablassen, und die Pferde besteigen, auf welchen sie nun entfliehen. – Ich hole nach, daß Graf Philipp dem Kaiser in der früheren Scene sagte, Johanna wolle seinen Sohn nicht vor sich lassen. Balduin verspricht, ihm noch heute auf einer Jagd Gelegenheit zu verschaffen, sich ihr zu nähern. – Man versammelt sich jetzt zu dieser Jagd vor der Burg. Auch eine Dame in der Kleidung Johannas tritt vom Kaiser geleitet heraus; sie ist verschleiert. Balduin zieht ihr freundlich den Schleier vom Gesicht, will sich an ihrer Schönheit erfreuen. Es ist Margaretha. – Wilde Bewegung. Hugo ist wüthend, schwört N.N. solle niemals lebendig seinen Händen entkommen, wenn er ihn einhole. Man eilt zur Verfolgung der Fliehenden hinweg. –</p> <p>Nahe der französischen Gränze. Wilde, heftige Gegend. In großer Höhe sieht man über zwei durch einen Abgrund getrennte Felsstücke einen Baumstamm gelegt. N.N. und Johanna kommen zu Fuße an; ihre Rosse sind unter ihnen zusammengestürzt. Indem sie einen Augenblick rasten, sieht N.N. Hugo und die Seinen nahen. Er zeigt der Gräfin den schmalen Pfad, sagt ihr, sie möge diesem folgen, dann auf jenem Baumstamme den Abgrund überschreiten, und diesen sodann in die Tiefe zu stürzen suchen. Sie gewann dadurch einen bedeutenden Vorsprung, und habe von da in einer Stunde die französische Gränze erreicht, wo sie in Wahrheit sei. Er werde den Eingang zu dem Passe solange als möglich vertheidigen. Die Gräfin weigert sich, ihn zu verlassen. Er schwört sich in das Schwerdt der Feinde zu stürzen, wenn sie nicht fliehe. Sie stürzt den Pfad hinan, nachdem N.N. ihr noch versichern mußte, daß er sein Leben für sie zu erhalten suchen werde. – Hugo’s Leute kommen, wollen den Pfad erzwingen. N.N. vertheidigt ihn, streckt mehre Feinde nieder. Bald darauf stürzt Hugo selbst herbei – man sieht die Gräfin schon mitten auf der Höhe der Felsen – Hugo und N.N. kämpfen erhitzt miteinander, Hugo wird schwer verwundet. Während des ersten Monats dumpfer Bestürzung der Seinen, die sich mit ihm beschäftigen, und als sein Vater eben herbeikommt, sieht man die Gräfin eben angekommen, der es gelingt, den Stamm, nachdem sie ihn überschritten, in die Tiefe zu stürzen, in welche er mit hörbaren Geräusch herunterrasselt. Nun ergiebt sich N.N. zuckend dem Grafen. Noch von der höchsten Hohe herab ruft (singt) die Gräfin im Wahn und eine rasende Rache über Jeden, der N.N. nur ein Haar krümmen werde, und verschwindet in<seg type="pagebreak"> |10| <pb n="10" type="pagebreak"></pb></seg>den Felsen. Balduin kommt herbei, und läßt N.N. in Fesseln fortführen.</p> <p>Philipp am Lager seines Sohnes. Er schlummert, und Philipp klagt sein Leid. Hugo erwacht, fragt matt nach der Gräfin; – sie sei bei König Ludwig – nachdem Kaiser: er sei Herr des Landes, aber zur völligen Befestigung seiner Herrschaft wolle er sich dem Schiedsspruch Ludwigs des 8t über seine Rechtmäßigkeit unterwerfen. Der Sohn wünscht, wenn auch manche schöne Entwürfe zu schicken scheitern scheinen, dem Vater Glück einen so gottesfürchtigen, ritterlichen Fürsten wieder zu seinem <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> Recht verholfen zu haben. Er ist ein Betrüger! seufzt Philipp heraus. – Doch wie vermochte er auch zu täuschen? – Mich täuschte er nie! – Es folgt nun eine kurze Erklärung Philipps, und daß er aus Liebe zum Sohn zum Betrüger geworden sei. Mit einem Schrei des Schmerzes verscheidet Hugo. – Die Leute Balduin’s treten ein, um ihn von dem Leichnam seine Sohnes hinwegzuführen nach Provence, um für den Betrüger zu zeugen. –</p> <p>Das Gericht in Provence. – Es bleiben hier drei Wege, nach Maaßgabe welcher sich das Vorangegangene allerdings in mancher Beziehung modificiren würde. Entweder man schließt ungefähr wie Tiek, dann kann freilich die Entdeckung des Betruges auf die Unbekanntschaft Balduins mit dem Liebhaber sich gründen, oder der Betrüger wüßte, wie es geschichtlich ist, andere Dinge, die er wissen müsste, nicht, und würde dadurch entlarvt, oder endlich, er bestünde, und der unglückliche Graf Philipp, der eben herbeikäme, als König Ludwig sein Urtheil des Betrügers sprechen will, glaubte sein Verbrechen durch ein offenes Bekenntniß möglichst führen zu müssen. In den beiden letzteren Fällen kann der unbekannte N.N. der Graf v. Savoyen, ein Verwandter der Königin <hi rend="latintype">Blanca</hi> sein, welche, eine scharfsinnige Dame, an den Hof der Gräfin, welche sie schon als Kind kannte, ja welche unter ihren Augen erzogen wurde, ungekannt den Grafen schickte, um sie vor den Ränken des Grafen von Namür, den sie nie kannte, und der, da Regent, auch alle Hofdienerschaft Johannas zu seiner Verfügung hatte, möglichst zu schützen, ohne doch Spaltungen zu erregen. Dann tritt das Verhältniß <hi rend="latintype">Blancas</hi> zu Johanna in einer Scene vor der Gerichtsscene heraus. In Ketten führt übrigens Balduin den N.N. mit sich nach Provence mit sich, und geheirathet wird dieser jeden<seg type="pagebreak"> |11| <pb n="11" type="pagebreak"></pb></seg>falls. –</p> <p>Ich bin, wie ich beim Durchlesen bemerke, doch nicht bei einer rohen Skizze geblieben. Indem ich schrieb bin ich zum Einzelnen gedrängt worden, und es möchte außer für den letzten Akt wenig zu einem vollständigen Scenarium fehlen, so gar hin und wieder Manches zu viel für ein Solches sein. Bei der Ausführung ändert sich freilich noch immer Einiges. – Die Frage ist nur: wie behagt Ihnen das Gegebene im Ganzen? Konvenirt es Ihnen, dann hätten wir nochmals zu sprechen, damit möglichst wenig vergebens ausgeführt werde, und man nicht in Umarbeiten erlahme.</p> <p>Mit dieser persönlichen Zusammenkunft steht es aber nun so. Ich habe nicht Lust zu reisen, wie überhaupt nicht irgend etwas für mich zu thun. Reise ich aber irgend eines anderen Zweckes halber, so möge es nach <gap quantity="1" reason="uncertain_reading" unit="words"></gap> gut sein, daß ich reise. Leipzig als Leipzig ist mir wenig, und ein Meßgewühl, da ich nicht kaufmännisch mitwählen kann, unangenehm. Den <title xml:id="title_0295c0ad-94b8-48bd-854b-90eba4b45a63">Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_jqvvucj1-3y7g-8lou-31nc-fymwx9nx6xmj"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> höre ich am <date cert="high" when="1838-09-19" xml:id="date_b02cf2ad-9ba9-4ae7-a411-d967ccf97254">19<hi rend="superscript">ten</hi></date> dort mit größerm Vergnügen, als Sie glauben mögen, aber wenngleich es <hi n="1" rend="underline">Ihr</hi> Paulus ist, so wäre es doch <hi n="1" rend="underline">mein</hi> Vergnügen, und ich erwartete vergebens bis es mir einmals so würde, ihn gut zu hören, wie ich so manches in Ergebung abwarten muß. Habe ich aber Sie zu sprechen, so wäre es doppelt herrlich zugleich auch Ihr Werk zu hören. <hi n="1" rend="underline">Angenommen</hi> nun aber, wir hätten zu sprechen, zu erwägen, zu überlegen, würden nicht eben die Tage vor der Aufführung des Paulus Ihnen die ungelegensten dazu sein? Würden Sie nicht die nach der Aufführung vorziehen? Dann käme ich, etwa den <gap quantity="1" reason="ink_blot" unit="words"></gap> und bliebe ein Paar Tage <hi n="1" rend="underline">nach</hi> dem <date cert="high" when="1838-09-18" xml:id="date_87b8c8d3-0ff5-4169-b630-76859083eebb">18<hi rend="superscript">t</hi></date>. – Aber nun weiter: Glauben Sie nicht, daß ich heute erfahren kann, daß ich reise, und morgen abreisen, das geht nicht an. Schon auf der Schnellpost muß man während der Messe ziemlich lange vorher seinen Platz nehmen, und ich habe hier Mancherlei für die Zeit meiner Abwesenheit anzuordnen. Zu dem Allen kommt noch, daß <hi n="1" rend="underline">wenn</hi> ich nach <placeName xml:id="placeName_b4835381-ea9f-4ce9-b483-269b6cb64e36">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> reise, mich wahrscheinlich ein Bekannter von dort abholt, mit dem ich über <placeName xml:id="placeName_770535ec-0862-41bf-b1d3-ae9e8a20f6a1">Dresden<settlement key="STM0100142" style="hidden" type="locality">Dresden</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, <placeName xml:id="placeName_2164461d-94b1-49a1-9eff-3625344bcef2">Töplitz<settlement key="STM0103875" style="hidden" type="locality">Teplitz</settlement><country style="hidden">Böhmen</country></placeName>, <placeName xml:id="placeName_1a66de64-20c0-49c8-b199-02a6fecd5dfc">Prag<settlement key="STM0100589" style="hidden" type="locality">Prag</settlement><country style="hidden">Böhmen</country></placeName> nach dem Riesengebirge gehe, und über Schlesien heimkehre. – Dann bleibe ich ziemlich <hi n="1" rend="underline">lange</hi> vom Hause und habe hier noch <hi n="1" rend="underline">vieles</hi> zu ordnen. Dies Alles motivirt darum wohl meine freundliche Bitte, daß Sie mir <hi n="1" rend="underline">auf’s Baldigste</hi> sagen, ob wir zu sprechen haben. Sie können ja so Vieles, so werden Sie auch kaufmännisch<seg type="pagebreak"> |12| <pb n="12" type="pagebreak"></pb></seg>pünktlich sein können. Könnten Sie mir einen Tag nach der Ankunft meines Briefes antworten, so wäre das mir <hi n="1" rend="underline">sehr</hi> lieb. Sie werden ja mit <hi n="1" rend="underline">Ihrem</hi> Blick sehr bald sehen, was der Entwurf verspricht. Rückt der Herbst noch erst weit vor, dann kommen mir mit der vermehrten Reiseunlust auch noch neue Hinderung<unclear reason="covering" resp="UT">en.</unclear> Empfehlen Sie mich Ihrer liebenswürdig<unclear reason="covering" resp="UT">en</unclear> Frau <persName xml:id="persName_1160a313-1557-4f06-9d22-f6fdc81bf911">Gemah<unclear reason="covering" resp="UT">lin</unclear><name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> </p> <closer rend="right"><gap quantity="1" reason="covering" unit="words"></gap> <unclear reason="covering" resp="UT"> unwandelbar</unclear> Ihr </closer> <signed rend="right">JFürst</signed> </div> </body> </text></TEI>