gb-1838-09-06-01
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Berlin, 6. September 1838
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN 5-6 / 6/9], Siegel.
Lea Mendelssohn Bartholdy
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Dr. Felix Mendelssohn Bartholdy
Ich kann Dir meine Betrübniß über die geliebte Cécile gar nicht ausdrücken,
nettokrank geworden. Meine Gedanken sind beständig bei euch, liebsten Kindern und bei meinem kleinen Engel, den seine Engelsgefährten schützen mögen! Könnt ich nur von meinen hiesigen
Reconvalescentenzu
Cécilefliegen, ihr Spaß vorreden und
tant bien que mal rien plusVarietät ins traurig dunkle Zimmer bringen! – Hier stapfe ich von einem zum andern und plappre jedem etwas vor.
Cécile
ist längst wieder beßer und geht auß. Den Kleinen hat er gestern dermaßen warm einpacken laßen, daß ihm die fetten TropDirichlet
gänglichVater ist! Er und Seb. waren
traitable. Mit
sind betrübt wegen der schönen, gutenMaria
Cécile. Liebster Felix! schreibe so oft Du kannst, oder laß die
Pfandesie, sonde
Cécile auch. David kann mir gewiß auch nicht berichten; der muß den eignen Heerd hüten. Lebt wohl, Ihr Guten! – Oft denk ich
l’ennui engraisse les sots.
Von Cécile ja nicht zu früh lesen oder arbeiten, will keine Zeile von ihr haben und gräme mich, daß sie sich für mich angestrengt hat. Tausend Grüße von den
Fanny wird Dir morgen schreiben, wir brachten
Nebenher giebts auch was Lustiges, wozu pigné unter ihre Serviette prakticirt. Es war aber zu komisch; denn sie fiel Fanny zu Füßen, damit sie es nicht Wilhelm schriebe. Kurz, mein Felix, God tempers the wind to the shorn lamb, zu welchem sich als Schaf rechnet und empfiehlt
Berlin 6 September Ich kann Dir meine Betrübniß über die geliebte Cécile gar nicht ausdrücken, bester Felix! mit der Wedel. und A. Heidemann ging ich gestern Abend frohen Muthes spatzieren, da unsre Kranken Gottlob alle in der Genesung sind, als die Hiobspost ankam. Es scheint mir wie ausgemacht, daß mein angebetetes Carlchen auch krank wird, denn Stosch hat dann vermuthlich Recht, daß Ansteckung vor dem Ausbruch Statt findet. Bei uns ist jeder seit 14 Tagen netto krank geworden. Meine Gedanken sind beständig bei euch, liebsten Kindern und bei meinem kleinen Engel, den seine Engelsgefährten schützen mögen! Könnt ich nur von meinen hiesigen Reconvalescenten zu Cécile fliegen, ihr Spaß vorreden und tant bien que mal rien plus Varietät ins traurig dunkle Zimmer bringen! – Hier stapfe ich von einem zum andern und plappre jedem etwas vor. Rebecka ist seit gestern bereits einige Stunden täglich aus dem Bette; der kleine Felix wird bei dem letzten Wetter den ganzen Vormittag in den Garten getragen; das arme Thierchen mußte Walters wegen wegen so lange im Dunkeln aushalten und streckte jedem der ihm nah trat, die Händchen flehentlich entgegen, als ob er um Erlösung aus seinem finstern Kerker bitten wollte. Sebastian ist heut auch zum 1. mal aufgestanden und ins blaue Zimmer gegangen. Ich wandle von einem zum andern, und bin nun froh, daß es nichts als Unannehmlichkeit, und keine Besorgniße, giebt. Möchtest Du, mein geliebter Sohn, diesmal der Ansteckung entgehen; ich zittre recht davor, da Du so beständig mit Deiner Cécile sein und Dich wahrscheinlich agitiren wirst, was meiner Theorie nach, die Ansteckung sehr befördert. Sage Hanna in meinem Namen, sie soll die Herrschaft und meinen Carl recht pflegen, und treu und aufmerksam sein, dafür soll sie, wenn alles überstaden ist, ein hübsches Geschenk bekommen. – Ich bringe die Abende jetzt bei Fanny zu, die Seb. natürlich nicht verläßt; Rebecka hat ihren Mann und die andre Mutter; unaufhörlich sagten wir gestern: wie Schade, daß Céciles liebe kleine Augen und ihre schöne Haut häßlich – wenn auch nur momentan – werden sollen. Der kleine Felix wurde zur Mutter gebracht als ihr Gesicht noch roth und geschwollen war; denk Dir, das Kind erkannte sie nicht, bis sie zu spielen anfing! – Clärchen Steffens, die sich viel mit den Kleinkinderschulen beschäftigt, sagte uns gestern, daß in dieser Woche über 22 Kinder dort, der Masern wegen, gefehlt haben; unser Homöopath, der, wie natürlich, nur eine geringe Praxis hat, behandelt zwischen 70 und 80 Dirichlet ist längst wieder beßer und geht auß. Den Kleinen hat er gestern dermaßen warm einpacken laßen, daß ihm die fetten Tropfen von der Stirn liefen. Auch sagte Walter zur Wärterin, Sie können sich nicht denken, wie gänglich Vater ist! Er und Seb. waren meisterhaft geduldig und traitable. Mit Carlchen wirds wohl noch leichter gehen, der wird meistentheils schlafen. – Die ganze Familie und alle Domestiken, besonders Maria sind betrübt wegen der schönen, guten Cécile. Liebster Felix! schreibe so oft Du kannst, oder laß die Adelheid berichten; nur nicht aus der Pfandesie, sondern die Wahrheit. – Der berühmte Clarus wird es nicht an Vorschlägen fehlen laßen; und ein geduldiges Lamm ist ja meine gute Tochter Cécile auch. David kann mir gewiß auch nicht berichten; der muß den eignen Heerd hüten. Lebt wohl, Ihr Guten! – Oft denk ich an Deine Unzufriedenheit über unser spätes Zubettgehen, mein Kind! aus Langeweile und Einsamkeit schlaf ich jetzt alles nach, gehe um 10 zu Bett wie alle Spießbürger, werde indeß nicht dick, obgleich das Sprichwort sagt, l’ennui engraisse les sots. Von Pauls erhielt ich heut sehr gute Briefe; sie erfreuen sich auch des endlich schönen Wetters, das dies Jahr in der ganzen Welt gleich ist. Laß die Cécile ja nicht zu früh lesen oder arbeiten, will keine Zeile von ihr haben und gräme mich, daß sie sich für mich angestrengt hat. Tausend Grüße von den Schwestern. Fanny hofft Hensel künftige Woche hier zu haben. Lebt wohl und grämt Euch nicht um die Unvermeidlichen! Fanny wird Dir morgen schreiben, wir brachten Seb. eben wieder zu Bett und haben über seinen neuen langen Schlafrock, in welchem ihm nur eine Pfeife zum Philister fehlt, herzlich gelacht. Er ist vollkommen wohl. Ich empfehle Mäßigkeit im Eßen, besten Kinder! Rebecka hat wahrscheinlich auch darin ein bischen gesündigt, denn sie bekam heut chen, schläft aber jetzt schon einige Stunden ganz ruhig. Nebenher giebts auch was Lustiges, wozu Minna den Stoff liefert. Sie suchte neulich ihre Näherei zu verbergen; Fanny, die ihre kleine Matz Neigung kennt, fand bald aus, daß sie sich aus einem alten Stück dünnen Zeugs eine Nachtjacke für den Masernfall aus 20 Lappen zusammenflickte. Wir hatten viel Spaß darüber, und Fanny behauptete, sie müße die transparente Jacke mit Rosa Flanell füttern. Den andern Tag habe ich ihr andre dicken pigné unter ihre Serviette prakticirt. Es war aber zu komisch; denn sie fiel Fanny zu Füßen, damit sie es nicht Wilhelm schriebe. Kurz, mein Felix, God tempers the wind to the shorn lamb, zu welchem sich als Schaf rechnet und empfiehlt Deine Mama.
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Liebster Felix! schreibe so oft Du kannst, oder laß die <persName xml:id="persName_78f16721-e517-4d24-9edc-1cf9ba3781fd">Adelheid<name key="PSN0109391" style="hidden" type="person">Adelheid, Köchin von → Felix Mendelssohn Bartholdy und → Cécile Mendelssohn Bartholdy in Leipzig (1840?)</name></persName> berichten; nur nicht aus der <hi n="1" rend="underline">Pfandesie</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_346759b3-7f69-456e-a30e-95acad17c8e0" xml:lang="de">Pfandesie – Verballhornung des Wortes »Phantasie«.</note> sonde<unclear reason="covering" resp="UT">rn</unclear> die Wahrheit. – Der berühmte <persName xml:id="persName_d982dc13-c893-4ef4-85cf-dbc998c13625">Clarus<name key="PSN0110406" style="hidden" type="person">Clarus, Johann Christian August (1774-1854)</name></persName> wird es nicht an Vorsch<unclear reason="covering" resp="UT">lägen</unclear> fehlen laßen; und ein geduldiges Lamm ist ja meine gute Tochter <hi rend="latintype">Céc<unclear reason="covering" resp="UT">ile</unclear></hi> auch. David kann mir gewiß auch nicht berichten; der muß den eignen Heerd hüten. Lebt wohl, Ihr Guten! – Oft denk ich <unclear reason="covering" resp="UT">an</unclear> Deine Unzufriedenheit über unser spätes Zubettgehen, mein Kind! aus Langeweile und Einsamkeit schlaf ich jetzt alles nach, gehe <unclear reason="covering" resp="UT">um</unclear> 10 zu Bett wie alle Spießbürger, werde indeß nicht dick, obgleich das Sprichwort sagt, <hi rend="latintype">l’ennui engraisse les sots</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4fe5ea56-ce02-4285-8cec-546505e9ba31" xml:lang="fr ">l’ennui engraisse les sots – Zitat aus Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, Le Barbier de Séville: »L’ennui n’engraisse que les sots« (Langeweile macht nur die Dummköpfe fett). </note><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_79a0ab09-6449-420e-b005-c7e5ca67598f" xml:lang="fr ">l’ennui engraisse les sots – frz., Langeweile macht dumm und fett.</note></p> <p>Von <persName xml:id="persName_df0ab848-bc81-436b-96dc-7c823f29a6f9">Pauls<name key="PSN0113243" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Familie von → Paul Mendelssohn Bartholdy</name></persName> erhielt ich <date cert="high" when="1838-09-06" xml:id="date_ca57d7de-9d81-424d-b2d0-c44b3910872d">heut</date> sehr gute Briefe; sie erfreuen s<unclear reason="covering" resp="UT">ich</unclear> auch des endlich schönen Wetters, das dies Jahr in der ganzen W<unclear reason="covering" resp="UT">elt</unclear> gleich ist. Laß die <hi rend="latintype">Cécile</hi> ja nicht zu früh lesen oder arbeiten, will keine Zeile von ihr haben und gräme mich, daß sie sich für mich angestrengt hat. Tausend Grüße von den <persName xml:id="persName_ddc9d55a-4748-4e1b-8a82-e7ca7187d2ab">Schwestern<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name><name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName>. <persName xml:id="persName_81f85bc6-f66c-4376-a118-de9bd9f3adbb">Fa<unclear reason="covering" resp="UT">nny</unclear><name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> hofft <persName xml:id="persName_617a0a31-0839-4726-b54b-6253765266df">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> künftige Woche hier zu haben.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2d736808-1624-4d77-b67e-ffcbfca62b39" xml:lang="de">Hensel künftige Woche hier zu haben – Wilhelm Hensel hielt sich aufgrund einer Geschäftsreise in England auf.</note> Lebt wohl und gräm<unclear reason="covering" resp="UT">t</unclear> Euch nicht um die Unvermeidlichen!</p> <p>Fanny wird Dir morgen schreiben, wir brachten <persName xml:id="persName_7aeccb13-c06f-4ceb-be26-953c34b1a3f1">Seb.<name key="PSN0111898" style="hidden" type="person">Hensel, Sebastian Ludwig Felix (1830-1898)</name></persName> eben wieder zu Bett und haben über seinen neuen langen Schlafrock, in welchem ihm nur eine Pfeife zum Philister fehlt, herzlich gelacht. Er ist vollkomme<unclear reason="covering" resp="UT">n</unclear> wohl. Ich empfehle Mäßigkeit im Eßen, besten Kinder! Rebecka ha<unclear reason="covering" resp="UT">t</unclear> wahrscheinlich auch darin ein bischen gesündigt, denn sie bekam heut chen, schläft aber jetzt schon einige Stunden ganz ruhig.</p> <p>Nebenher giebts auch was Lustiges, wozu <persName xml:id="persName_8ef86abd-6d83-4035-b2f3-8a5b52b56bb6">Minna<name key="PSN0111900" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelmine (Minna) (1802-1893)</name></persName> den Stoff liefert. Sie suchte neulich ihre Näherei zu verbergen; Fanny, die ihre kleine Matz Neigung kennt, fand bald aus, daß sie sich aus einem alten Stück dünnen Zeugs eine Nachtjacke für den Masernfall aus 20 Lapp<unclear reason="covering" resp="UT">en</unclear> zusammenflickte. Wir hatten viel Spaß darüber, und Fanny behauptete, <unclear reason="covering" resp="UT">sie</unclear><seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>müße die transparente Jacke mit Rosa Flanell füttern. Den andern Tag habe <unclear reason="covering" resp="UT">i</unclear>ch ihr andre dicken <hi rend="latintype">pigné</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_7e4c7666-1045-4ad7-8f53-e5cb14c79299" xml:lang="fr ">pigné – frz., Pinienkern.</note> unter ihre Serviette <hi rend="latintype">prakticirt</hi>. Es war aber zu komisch; denn sie fiel Fanny zu Füßen, damit sie es nicht Wilhelm schriebe. Kurz, mein Felix, <hi rend="latintype">God tempers the wind to the shorn lamb</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_482f3269-59e7-45a0-bd14-ad6b8c5f1042" xml:lang="en">God tempers the wind to the shorn lamb – Ein altes Sprichwort aus der Languedoc, das durch den Dichter Laurence Sterne populär wurde. </note><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_5ba86cd6-ece5-4542-a09f-0901a872a796" xml:lang="en">God tempers the wind to the shorn lamb – engl., Gott legt uns nicht mehr Leiden auf als wir tragen können.</note> zu welchem sich als Schaf rechnet und empfiehlt <seg type="closer">Deine Mama</seg>.</p> </div> </body> </text></TEI>