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gb-1838-09-05-02

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Julie Sophie Jeanrenaud an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Frankfurt a. M., 5. September 1838 Obgleich erst wenig Tage verstrichen, seitdem die Mutter an Dich schrieb, mein liebster Felix, so kann ich doch unmöglich länger säumen, Dir für das wundervolle Lied zu danken, welches ein Gegenstand meines gerechten Stolzes, oder Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) unbekannt Felix Mendelssohn Bartholdy und Cécile Mendelssohn Bartholdy an Julie Sophie Jeanrenaud in Frankfurt a. M.; Leipzig, 4. und 5. November 1838 Jeanrenaud, Julie Sophie (1816-1875)Jeanrenaud, Julie Sophie (1816-1875) Transkription: FMB-C Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 34/44. Autograph Julie Sophie Jeanrenaud an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Frankfurt a. M., 5. September 1838 Obgleich erst wenig Tage verstrichen, seitdem die Mutter an Dich schrieb, mein liebster Felix, so kann ich doch unmöglich länger säumen, Dir für das wundervolle Lied zu danken, welches ein Gegenstand meines gerechten Stolzes, oder

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [FRANKFURT 2-3 / 5. / SEPT / 1838], Siegel.

Julie Sophie Jeanrenaud

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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

5. September 1838 Jeanrenaud, Julie Sophie (1816-1875)counter-resetJeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875) Frankfurt a. M.Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LeipzigDeutschland deutsch
Herrn Dr F. Mendelssohn Bartholdy Leipzig.
Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875) Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875) Frankfurt den 5ten Sept 1838.

Obgleich erst wenig Tage verstrichen, seitdem die Mutter an Dich schrieb <name key="PSN0112228" style="hidden" type="author">Jeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796–1871)</name> <name key="gb-1838-09-02-02" style="hidden" type="letter">Elisabeth Jeanrenaud an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Frankfurt a. M. vor dem 3. September 1838</name> , mein liebster Felix, so kann ich doch unmöglich länger säumen, Dir für das wundervolle Lied<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_fiacs1oo-vyyu-yt4i-er6b-k9tbynqgc2ev"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100991" style="hidden">Minnelied (Im Walde) »Wie der Quell so lieblich klinget«, 15. August 1838<idno type="MWV">K 97</idno><idno type="op">47/1</idno></name>das wundervolle Lied – Gemeint ist das Julie Jeanrenaud gewidmete Minnelied (Im Walde) »Wie der Quell so lieblich klinget« op. 47/1 (MWV K 97), entstanden am 15. August 1838, nach einem Text von Ludwig Tieck. zu danken, welches ein Gegenstand meines gerechten Stolzes, oder wenn Du es lieber hörst, meiner besondern Freude ist und bleibt. – Die Umstände unter welchen ich es empfing haben es mir noch angenehmer gemacht, denke Dir, daß Herr Professor MagnusMagnus, Heinrich Gustav (bis 1807: Joseph) (seit 1842) von (1802-1870), der mich natürlich so wenig kannte als ich ihn, mich in Baden, im Cursaale, wo 500 Personen herumgingen, herausfand und erkannte, an nichts anderem, als an der Aehnlichkeit mit der Fürsich!der Fürsich – an und für sich.der Aehnlichkeit mit der Fürsich – Gemeint ist die Ähnlichkeit Julie Jeanrenauds zu ihre Schwester Cécile Mendelssohn Bartholdy. War das nicht amüsant und erfreulich, Felix? Das fühlt Niemand so gut wie wir, wie Du denselben Abend, als ich eben alle Hoffnung aufgegeben hatte, es noch zu bekommen und gerade meine Neugierde zu Bette legen wollte, schickte Herr Magnus noch das Paquetchen und mir blieb nur noch Zeit die Berliner Artigkeit und die Berliner Kunst zu preißen und zu bewundern. Nach Allem, wasschr man aus Deinen und Cécile’sMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) Briefen merkt und nach dem, was gute Freunde, wie H. Magnus Euch nach sagen, wirst Du über die Classification als Berliner nicht mehr ganz so entrüstet seyn, wie |2| zu meiner Zeit. Ich dachte mir die schöne Waldparthie, die das Lied ziert,die schöne Waldparthie, die das Lied ziert – Gemeint ist das Julie Jeanrenaud gewidmete Minnelied (Im Walde) »Wie der Quell so lieblich klinget« op. 47 Nr. 1, entstanden am 15. August 1838, nach einem Text von Ludwig Tieck. sey wohl gar ein Theil des Thiergartens, von dessen großen Bäumen Du mir erzähltest. Auf jeden Fall sind sie sehr schön und machen Deiner Phanthasie, wenn sie daraus entsprossen, alle mögliche Ehre. Allein daß Du mir so ein hübsches Kunstproduct geschickt hast rührt mich besonders und verdient einen herzlichen Dank, als ich ihn schrift.schrift. – schriftlich. aussprechen kann. – Du hast vielleicht durch die MutterJeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871) gehört, daß ich 14 Tage abwesend war; doch es scheint ich bin es noch auf eigne Weise, denn ich verrieth Dir ja schon selbst, daß Dein Geschenk mich nicht hier antraf. – Ich habe diese Zeit recht genossen. Es mag unrecht seyn oder gewiß wenigstens nicht Deine Meinung, lieber Felix, aber auf mich macht die Natur mehr oder weniger Eindruck, je nachdem die moralischen Naturen sind, die mich zunächst umgeben. Ich glaube es kann einem Reisenden oder Naturforscher weniger Freude machen, wenn er ein neues Land, oder sey es auch nur eine Berghöhe entdeckt, als mir, wenn ich durch die Kenntniß eines Herzens, mich wieder überzeugen kann, daß doch alle Liebenswürdigkeit nicht in der Welt verbannt ist und in mir nicht alle Kraft es zu sehen, woran man doch so manchmal zweifeln möchte, verschwunden ist. Vielleicht sagte Dir die Mutter auch, daß ich mit Onkel JeanSouchay, Familie von → Johann (Jean, John) S. und TheclaSouchay, Thekla (1809-1876) die Reise machte, und mit Philipp’sSchunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S. zusammen traf. Hier war natürlich keine Entdeckung mehr für mich zu machen und ich muss Dir gestehen, daß was ich eben sagte, auf meine TanteSchunck, Juliane (Julie) Louise (1789-1862) |3| sich bezieht, bei der ich, wie ColumbusKolumbus (Columbus), Christoph (ital. Christoforo Colombo) (1451-1506), (um den Vergleich fortzusetzen) Land landete, ohne je zuvor Gelegenheit zu einer Schifffahrt gehabt zu haben. – Nun sind wir Morgen 8 Tage zurück und auch damit recht zufrieden. Ich werde die plaisirplaisir – frz., Vergnügen. zumal schnell müde, denn Dein Talent, mich in jedem Wirthshause an die Arbeit gleich zu machen, geht mir (wie einige andere derselben) ganz und gar ab. – Philipp’s sind Vorgestern auch hier eingetroffen. Es gefällt ihnen scheinbar bei uns und hoffentlich gelingt es, sie bis nächste Woche zu fesseln. Ein gewisser Doctor war hier, als Ph. und ich v. Baden kamen, in der Idee, uns mit Gefolge zu begrüßen. Er machte einen Mordshändel, (wie Du Dich in liebenswürdiger Laune auszudrücken beliebst) auf der Treppe, so daß er beinah über seine eigenen Unterthanen stolperte und – wenn ich nur ein Wort wüßte, was das Gegentheil ausdrückt – als er uns anderen Pfunde-Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875) CusinenSouchay, Thekla (1809-1876)Schunck, Emmeline (1813-1877) erblickte. Es war höchst lächerlich. Er wiederholte es nicht am Tage der affectiven Ankunft. Dies, wie viele Bemerkungen, die ich zu machen Gelegenheit fand überzeugten mich, daß Vieles in ihm und bei ihm Strohfeuer ist. Die Sache muß nun ihren natürlichen Lauf nehmen und wenn es CMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) oder Dich interressirt – doch nein – Verschwiegenheit, ich bitte Dich, lieber Felix. – Durch die 3te od. 4te Hand hörte ich daß MEntterath, M. und Emilie EntterathEntterath, Emilie bei Euch gewesen seyen und daß sie von Deiner Amabilität ganz entzückt waren. Wenn es hierzu eines effortsefforts – engl., Bemühungen. bedurfte, so danke ich Dir herzlich für Deine Freundlichkeit. Ich liebe sie beide, besonders M, die mir immer die wärmste Freundschaft |4| bewies, wenn Du es ihr auch vielleicht nicht ansiehst – Der GroßmutterSouchay, Helene Elisabeth (1774-1851) geht’s abwechselnd, besser und schlechter. Die Ankunft der PhSchunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S.. hat gut auf den Humor(?) gewirkt. TheclaSouchay, Thekla (1809-1876) weis sie auch recht gut zu behandeln. – Ich überzeuge mich täglich mehr, daß wahrer Verstand zu allem Güte führt. – Die Mutter ist sehr beschäftigt, weil die Mlle FischbFischbach, Elise. einige Tage zu Bette liegt. Eine ihrer Hauptvergnügen ist, sich mit Hühnern und Hahnen zu beschäftigen, deren wir durch „<hi rend="latintype">Gockel</hi>, <hi rend="latintype">Hinckel</hi> & <hi rend="latintype">Gackeleja</hi><name key="PSN0110119" style="hidden" type="author">Brentano, Clemens Maria Wenzeslaus (1778–1842)</name><name key="CRT0112157" style="hidden" type="literature">Gockel, Hinkel und Gackeleia</name> Lectura angeregt, eine Menge im Hofe haben. – Sie bringt mit diesen Thierchen ihre Lieblingsgedanken in die engste Verbindung und auf mir unbegreifliche Weise: ein junges Hähnchen soll frappierte Aehnlichkeit mit Deinem CarlMendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897) haben, besonders in der Stimme, wenn es kräht, genießt daher alle Auszeichnungen, welche sie leider dem Enkelchen nicht anthun kann. Anstatt nun, wie es sich gehört, mit einem Compliment ans Söhnchen zu schließen, wirst Du es vielleicht als nichts Geringeres ansehen, wenn ich Dir sage, daß so prosane Gegenstände od. Geschöpfe nicht im Stande sind, mich an den Bessern zu erinnern, sondern daß Du oder ich dazu thun müssen, meine frappierte Immagination von diesem Bilde zu befragen, was mein Tantenherz außerordentlicher Weise Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)

An CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) richte ich nicht nur meine, sondern auch des ganzen Hauses, insbes. JuliensSchunck, Juliane (Julie) Louise (1789-1862) Grüße und die v. Bella HeppHepp, Bella, die sie im besten, lebhaftesten Andenken gut und ihr berner Arbeitsbüchelchen mit rührender Sorgfalt bewahrt. –
Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875) Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)

Es erwarten uns duftende Braten bei Tante EliseBenecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893), die uns hoffentlich gut schmecken sollen, da Dein Neid sie gewiß nicht mißgönnt. Lebe also wohl.

Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875) Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)

NB Wenn Du Enttrath’sEntterath, EmilieEntterath, M. siehst, so grüße sie bestens. –

            Frankfurt den 5ten Sept 1838. Obgleich erst wenig Tage verstrichen, seitdem die Mutter an Dich schrieb, mein liebster Felix, so kann ich doch unmöglich länger säumen, Dir für das wundervolle Lied zu danken, welches ein Gegenstand meines gerechten Stolzes, oder wenn Du es lieber hörst, meiner besondern Freude ist und bleibt. – Die Umstände unter welchen ich es empfing haben es mir noch angenehmer gemacht, denke Dir, daß Herr Professor Magnus, der mich natürlich so wenig kannte als ich ihn, mich in Baden, im Cursaale, wo 500 Personen herumgingen, herausfand und erkannte, an nichts anderem, als an der Aehnlichkeit mit der Fürsich! War das nicht amüsant und erfreulich, Felix? Das fühlt Niemand so gut wie wir, wie Du denselben Abend, als ich eben alle Hoffnung aufgegeben hatte, es noch zu bekommen und gerade meine Neugierde zu Bette legen wollte, schickte Herr Magnus noch das Paquetchen und mir blieb nur noch Zeit die Berliner Artigkeit und die Berliner Kunst zu preißen und zu bewundern. Nach Allem, wasschr man aus Deinen und Cécile’s Briefen merkt und nach dem, was gute Freunde, wie H. Magnus Euch nach sagen, wirst Du über die Classification als Berliner nicht mehr ganz so entrüstet seyn, wie zu meiner Zeit. Ich dachte mir die schöne Waldparthie, die das Lied ziert, sey wohl gar ein Theil des Thiergartens, von dessen großen Bäumen Du mir erzähltest. Auf jeden Fall sind sie sehr schön und machen Deiner Phanthasie, wenn sie daraus entsprossen, alle mögliche Ehre. Allein daß Du mir so ein hübsches Kunstproduct geschickt hast rührt mich besonders und verdient einen herzlichen Dank, als ich ihn schrift. aussprechen kann. – Du hast vielleicht durch die Mutter gehört, daß ich 14 Tage abwesend war; doch es scheint ich bin es noch auf eigne Weise, denn ich verrieth Dir ja schon selbst, daß Dein Geschenk mich nicht hier antraf. – Ich habe diese Zeit recht genossen. Es mag unrecht seyn oder gewiß wenigstens nicht Deine Meinung, lieber Felix, aber auf mich macht die Natur mehr oder weniger Eindruck, je nachdem die moralischen Naturen sind, die mich zunächst umgeben. Ich glaube es kann einem Reisenden oder Naturforscher weniger Freude machen, wenn er ein neues Land, oder sey es auch nur eine Berghöhe entdeckt, als mir, wenn ich durch die Kenntniß eines Herzens, mich wieder überzeugen kann, daß doch alle Liebenswürdigkeit nicht in der Welt verbannt ist und in mir nicht alle Kraft es zu sehen, woran man doch so manchmal zweifeln möchte, verschwunden ist. Vielleicht sagte Dir die Mutter auch, daß ich mit Onkel Jean und Thecla die Reise machte, und mit Philipp’s zusammen traf. Hier war natürlich keine Entdeckung mehr für mich zu machen und ich muss Dir gestehen, daß was ich eben sagte, auf meine Tante sich bezieht, bei der ich, wie Columbus, (um den Vergleich fortzusetzen) Land landete, ohne je zuvor Gelegenheit zu einer Schifffahrt gehabt zu haben. – Nun sind wir Morgen 8 Tage zurück und auch damit recht zufrieden. Ich werde die plaisir zumal schnell müde, denn Dein Talent, mich in jedem Wirthshause an die Arbeit gleich zu machen, geht mir (wie einige andere derselben) ganz und gar ab. – Philipp’s sind Vorgestern auch hier eingetroffen. Es gefällt ihnen scheinbar bei uns und hoffentlich gelingt es, sie bis nächste Woche zu fesseln. Ein gewisser Doctor war hier, als Ph. und ich v. Baden kamen, in der Idee, uns mit Gefolge zu begrüßen. Er machte einen Mordshändel, (wie Du Dich in liebenswürdiger Laune auszudrücken beliebst) auf der Treppe, so daß er beinah über seine eigenen Unterthanen stolperte und – wenn ich nur ein Wort wüßte, was das Gegentheil ausdrückt – als er uns anderen Pfunde- Cusinen erblickte. Es war höchst lächerlich. Er wiederholte es nicht am Tage der affectiven Ankunft. Dies, wie viele Bemerkungen, die ich zu machen Gelegenheit fand überzeugten mich, daß Vieles in ihm und bei ihm Strohfeuer ist. Die Sache muß nun ihren natürlichen Lauf nehmen und wenn es C oder Dich interressirt – doch nein – Verschwiegenheit, ich bitte Dich, lieber Felix. – Durch die 3te od. 4te Hand hörte ich daß M und Emilie Entterath bei Euch gewesen seyen und daß sie von Deiner Amabilität ganz entzückt waren. Wenn es hierzu eines efforts bedurfte, so danke ich Dir herzlich für Deine Freundlichkeit. Ich liebe sie beide, besonders M, die mir immer die wärmste Freundschaft bewies, wenn Du es ihr auch vielleicht nicht ansiehst – Der Großmutter geht’s abwechselnd, besser und schlechter. Die Ankunft der Ph. hat gut auf den Humor(?) gewirkt. Thecla weis sie auch recht gut zu behandeln. – Ich überzeuge mich täglich mehr, daß wahrer Verstand zu allem Güte führt. – Die Mutter ist sehr beschäftigt, weil die Mlle Fischb. einige Tage zu Bette liegt. Eine ihrer Hauptvergnügen ist, sich mit Hühnern und Hahnen zu beschäftigen, deren wir durch „Gockel, Hinckel & Gackeleja Lectura angeregt, eine Menge im Hofe haben. – Sie bringt mit diesen Thierchen ihre Lieblingsgedanken in die engste Verbindung und auf mir unbegreifliche Weise: ein junges Hähnchen soll frappierte Aehnlichkeit mit Deinem Carl haben, besonders in der Stimme, wenn es kräht, genießt daher alle Auszeichnungen, welche sie leider dem Enkelchen nicht anthun kann. Anstatt nun, wie es sich gehört, mit einem Compliment ans Söhnchen zu schließen, wirst Du es vielleicht als nichts Geringeres ansehen, wenn ich Dir sage, daß so prosane Gegenstände od. Geschöpfe nicht im Stande sind, mich an den Bessern zu erinnern, sondern daß Du oder ich dazu thun müssen, meine frappierte Immagination von diesem Bilde zu befragen, was mein Tantenherz außerordentlicher Weise
An Cécile richte ich nicht nur meine, sondern auch des ganzen Hauses, insbes. Juliens Grüße und die v. Bella Hepp, die sie im besten, lebhaftesten Andenken gut und ihr berner Arbeitsbüchelchen mit rührender Sorgfalt bewahrt. –
Es erwarten uns duftende Braten bei Tante Elise, die uns hoffentlich gut schmecken sollen, da Dein Neid sie gewiß nicht mißgönnt. Lebe also wohl.
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Mendelssohn Bartholdy</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype"><hi n="2" rend="underline">Leipzig</hi></hi>.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_628ef711-9223-4687-b9ce-ba8f48e32785"> <docAuthor key="PSN0112232" resp="author" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112232" resp="writer" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)</docAuthor> <dateline rend="right"><hi rend="latintype">Frankfurt</hi> den <date cert="high" when="1838-09-05" xml:id="date_ec5ba362-c8bd-4256-961d-bdbc686ed971">5<hi rend="superscript">ten</hi> <hi rend="latintype">Sept</hi> 1838</date>.</dateline> <p style="paragraph_without_indent">Obgleich erst wenig Tage verstrichen, seitdem die Mutter an Dich <title xml:id="title_d45d12bf-ab13-4a7c-9de2-43cb33739694">schrieb <name key="PSN0112228" style="hidden" type="author">Jeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796–1871)</name> <name key="gb-1838-09-02-02" style="hidden" type="letter">Elisabeth Jeanrenaud an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Frankfurt a. M. vor dem 3. September 1838</name> </title>, <seg type="salute">mein liebster Felix</seg>, so kann ich doch unmöglich länger säumen, Dir für das wundervolle <title xml:id="title_4adbfd5b-eece-4809-a070-db6a8452c854">Lied<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_fiacs1oo-vyyu-yt4i-er6b-k9tbynqgc2ev"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100991" style="hidden">Minnelied (Im Walde) »Wie der Quell so lieblich klinget«, 15. August 1838<idno type="MWV">K 97</idno><idno type="op">47/1</idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d03b703b-d2e1-4f79-8f7c-19ea4d4d1f83" xml:lang="de">das wundervolle Lied – Gemeint ist das Julie Jeanrenaud gewidmete Minnelied (Im Walde) »Wie der Quell so lieblich klinget« op. 47/1 (MWV K 97), entstanden am 15. August 1838, nach einem Text von Ludwig Tieck.</note> zu danken, welches ein Gegenstand meines gerechten Stolzes, oder wenn Du es lieber hörst, meiner besondern Freude ist und bleibt. – Die Umstände unter welchen ich es empfing haben es mir noch angenehmer gemacht, denke Dir, daß Herr Professor <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_a3acb086-10d3-42ef-bf0d-71af9fbcb80e">Magnus<name key="PSN0113037" style="hidden" type="person">Magnus, Heinrich Gustav (bis 1807: Joseph) (seit 1842) von (1802-1870)</name></persName></hi>, der mich natürlich so wenig kannte als ich ihn, mich in Baden, im Cursaale, wo 500 Personen herumgingen, herausfand und erkannte, an nichts anderem, als an der Aehnlichkeit mit der Fürsich!<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_da022307-605b-46cc-966e-3a714964dcf6" xml:lang="de">der Fürsich – an und für sich.</note><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d4973784-3295-44b9-b6c5-9025f1a31d2f" xml:lang="de">der Aehnlichkeit mit der Fürsich – Gemeint ist die Ähnlichkeit Julie Jeanrenauds zu ihre Schwester Cécile Mendelssohn Bartholdy.</note> War das nicht amüsant und erfreulich, Felix? Das fühlt Niemand so gut wie wir, wie Du denselben Abend, als ich eben alle Hoffnung aufgegeben hatte, es noch zu bekommen und gerade meine Neugierde zu Bette legen wollte, schickte Herr <hi rend="latintype">Magnus</hi> noch das Paquetchen und mir blieb nur noch Zeit die Berliner Artigkeit und die Berliner Kunst zu preißen und zu bewundern. Nach Allem, wasschr man aus Deinen und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_8493bfd3-fb40-4c4b-8195-b7fa16b10509">Cécile’s<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> Briefen merkt und nach dem, was gute Freunde, wie H. <hi rend="latintype">Magnus</hi> Euch nach sagen, wirst Du über die Classification als Berliner nicht mehr ganz so entrüstet seyn, wie<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>zu meiner Zeit. Ich dachte mir die schöne Waldparthie, d<unclear reason="covering" resp="UT">ie</unclear> das Lied ziert,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5d8f83e5-18dc-469d-85c7-d55a74890521" xml:lang="de">die schöne Waldparthie, die das Lied ziert – Gemeint ist das Julie Jeanrenaud gewidmete Minnelied (Im Walde) »Wie der Quell so lieblich klinget« op. 47 Nr. 1, entstanden am 15. August 1838, nach einem Text von Ludwig Tieck.</note> sey wohl gar ein Theil des Thiergart<unclear reason="covering" resp="UT">ens,</unclear> von dessen großen Bäumen Du mir erzähltest. Au<unclear reason="covering" resp="UT">f</unclear> jeden Fall sind sie sehr schön und machen Deiner Pha<unclear reason="covering" resp="UT">n</unclear>thasie, wenn sie daraus entsprossen, alle mögliche Ehre. Allein daß Du mir so ein hübsches Kunstproduct geschickt hast rührt mich besonders und verdient eine<unclear reason="covering" resp="UT">n</unclear> herzlichen Dank, als ich ihn schrift.<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_ca9cf900-e50b-4e5d-9cd6-1822515e3925" xml:lang="de">schrift. – schriftlich.</note> aussprechen kann. – Du hast vielleicht durch die <persName xml:id="persName_551fed2f-616b-4bed-829a-b761ac650199">Mutter<name key="PSN0112228" style="hidden" type="person">Jeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871)</name></persName> gehört, <unclear reason="covering" resp="UT">daß</unclear> ich 14 Tage abwesend war; doch es scheint ich bin <unclear reason="covering" resp="UT">es</unclear> noch auf eigne Weise, denn ich verrieth Dir ja schon selbst, daß Dein Geschenk mich nicht hier antraf. – Ich habe diese Zeit recht genossen. Es mag unrecht seyn oder gewiß wenigstens nicht Deine Meinung, lieber Felix, aber auf mich macht die Natur mehr oder wen<unclear reason="covering" resp="UT">i</unclear>ger Eindruck, je nachdem die moralischen Naturen sind, die mich zunächst umgeben. Ich glaube es kann einem Reisenden oder Naturforscher weniger Freude machen, wenn er ein neues Land, oder sey es auch nur eine Berghöhe entdeckt, als mir, wenn ich durch die Kenntniß eines Herzens, mich wieder überzeugen kann, daß doch alle Liebenswürdigkeit nicht in de<unclear reason="covering" resp="UT">r</unclear> Welt verbannt ist und in mir nicht alle Kraft es z<unclear reason="covering" resp="UT">u</unclear> sehen, woran man doch so manchmal zweifeln möc<unclear reason="covering" resp="UT">h</unclear>te, verschwunden ist. Vielleicht sagte Dir die Mutter auch, daß ich mit Onkel <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_6f469369-ed99-4fa6-80fa-7185119bff78">Jean<name key="PSN0118309" style="hidden" type="person">Souchay, Familie von → Johann (Jean, John) S.</name></persName></hi> und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_fdf5ddcf-524b-4f8b-9a92-1b4c992f2a7c">Thecla<name key="PSN0114992" style="hidden" type="person">Souchay, Thekla (1809-1876)</name></persName></hi> die Reise macht<unclear reason="covering" resp="UT">e,</unclear> und mit <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f48ac4c2-ff8c-4612-afec-7799c7e66070">Philipp’s<name key="PSN0114759" style="hidden" type="person">Schunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S.</name></persName></hi> zusammen traf. Hier war natürlich keine Entdeckung mehr für mich zu machen und ich mu<unclear reason="covering" resp="UT">ss</unclear> Dir gestehen, daß was ich eben sagte, auf meine <persName xml:id="persName_1c5cee3e-aa74-49ea-a57d-7bec34a690fa">Tante<name key="PSN0114769" style="hidden" type="person">Schunck, Juliane (Julie) Louise (1789-1862)</name></persName><seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>sich bezieht, bei der ich, wie <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9f9fc500-1cd3-4935-aa90-4f3f240db467">Columbus<name key="PSN0112482" style="hidden" type="person">Kolumbus (Columbus), Christoph (ital. Christoforo Colombo) (1451-1506)</name></persName></hi>, (um den Vergleich fortzusetzen) Land landete, ohne je zuvor Gelegenheit zu einer Schifffahrt gehabt zu haben. – Nun sind wir Morgen 8 Tage zurück und auch damit recht zufrieden. Ich werde die <hi rend="latintype">plaisir</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_80652c2d-7b70-48be-bd6c-9600f9c65acc" xml:lang="fr ">plaisir – frz., Vergnügen.</note> zumal schnell müde, denn Dein Talent, mich in jedem Wirthshause an die Arbeit gleich zu machen, geht mir (wie <hi n="1" rend="underline">einige</hi> andere derselben) ganz und gar ab. – <hi rend="latintype">Philipp’s</hi> sind Vorgestern auch hier eingetroffen. Es gefällt ihnen scheinbar bei uns und hoffentlich gelingt es, sie bis nächste Woche zu fesseln. Ein gewisser Doctor war hier, als <hi rend="latintype">Ph</hi>. und ich v. <hi rend="latintype">Baden</hi> kamen, in der Idee, uns mit Gefolge zu begrüßen. Er machte einen Mordshändel, (wie Du Dich in liebenswürdiger Laune auszudrücken beliebst) auf der Treppe, so daß er beinah über seine eigenen Unterthanen stolperte und – wenn ich nur ein Wort wüßte, was das Gegentheil ausdrückt – als er uns anderen <add place="above">Pfunde-<name key="PSN0112232" resp="writers_hand" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)</name></add> <persName xml:id="persName_e5d250fa-e188-4cd3-9a9e-ced514c29460">Cusinen<name key="PSN0114992" style="hidden" type="person">Souchay, Thekla (1809-1876)</name><name key="PSN0114764" style="hidden" type="person">Schunck, Emmeline (1813-1877)</name></persName> erblickte. Es war höchst lächerli<unclear reason="covering" resp="UT">ch.</unclear> Er wiederholte es nicht am Tage der affectiven Ankunft. Dies, wie viele Bemerkungen, die ich zu machen Gelegenheit fand überzeugten mich, daß Vieles in ihm und bei ihm Strohfeuer ist. Die Sache muß nun ihren natürlichen Lauf nehmen und wenn es <persName xml:id="persName_c44da865-c5a1-452a-9bea-29531499ce34">C<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> oder Dich interressirt – doch nein – Verschwiegenheit, ich bitte Dich, lieber Felix. – Durch die 3<hi rend="superscript">te</hi> od. 4<hi rend="superscript">te</hi> Hand hörte ich daß <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_27c1121d-18b5-46e1-ba1e-fcd77b1a744d">M<name key="PSN0119238" style="hidden" type="person">Entterath, M.</name></persName></hi> und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_2c18e737-5a73-4317-9d83-4eab9a176233">Emilie Entterath<name key="PSN0119237" style="hidden" type="person">Entterath, Emilie</name></persName></hi> bei Euch gewesen seyen und daß sie von Deiner Amabilität ganz entzückt waren. Wenn es hierzu eines <hi rend="latintype">efforts</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_d1a03bad-54d2-4e58-8d76-38a7245fd969" xml:lang="en">efforts – engl., Bemühungen.</note> bedurfte, so danke ich Dir herzlich für Deine Freundlichkeit. Ich liebe sie beide, besonders <hi rend="latintype">M</hi>, die mir immer die wärmste Freundschaft<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>bewies, wenn Du es ihr auch vielleicht nicht ansiehst – Der <persName xml:id="persName_cf83fa86-d46a-4125-a4de-c82ed1d0d9fd">Großmutter<name key="PSN0114987" style="hidden" type="person">Souchay, Helene Elisabeth (1774-1851)</name></persName> geht’s abwechselnd, besser und schlechte<unclear reason="covering" resp="UT">r.</unclear> Die Ankunft der <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f49037bf-76bf-4ccb-a73f-e7e17b0ca35a">Ph<name key="PSN0114759" style="hidden" type="person">Schunck, Familie von → Friedrich Philipp Daniel S.</name></persName></hi>. hat gut auf den Humor(?) gewirkt<unclear reason="covering" resp="UT">.</unclear> <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_1de76e4e-3582-4851-af6a-dd5281d79018">Thecla<name key="PSN0114992" style="hidden" type="person">Souchay, Thekla (1809-1876)</name></persName></hi> weis sie auch recht gut zu behandeln. – Ich überzeuge mich täglich mehr, daß wahrer Verstand zu allem Güte führt. – Die Mutter ist sehr beschäftigt, weil die <hi rend="latintype">M<hi rend="superscript">lle</hi> <persName xml:id="persName_582c7fd8-5e93-477f-bee9-929917ffba9d">Fischb<name key="PSN0111054" style="hidden" type="person">Fischbach, Elise</name></persName></hi>. einige Tage zu Bette liegt. Eine ihrer Ha<unclear reason="covering" resp="UT">upt</unclear>vergnügen ist, sich mit Hühnern und Hahnen zu beschä<unclear reason="covering" resp="UT">f</unclear>tigen, deren wir durch „<title xml:id="title_4711aecd-6171-4eba-81c9-2463771bdd66"><hi rend="latintype">Gockel</hi>, <hi rend="latintype">Hinckel</hi> &amp; <hi rend="latintype">Gackeleja</hi><name key="PSN0110119" style="hidden" type="author">Brentano, Clemens Maria Wenzeslaus (1778–1842)</name><name key="CRT0112157" style="hidden" type="literature">Gockel, Hinkel und Gackeleia</name></title> <hi rend="latintype">Lectura</hi> angeregt, eine Menge im Hofe haben. – Sie bring<unclear reason="covering" resp="UT">t</unclear> mit diesen Thierchen ihre Lieblingsgedanken in die engste Ve<unclear reason="covering" resp="UT">r</unclear>bindung und <hi n="1" rend="underline">auf mir unbegreifliche Weise</hi>: ein junges Hähnchen soll frappierte Aehnlichkeit mit Deinem <persName xml:id="persName_6406560d-c90e-4b60-a628-e445cd3c7cd5">Carl<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> haben, besonders in der Stimme, wenn es kräht, genießt daher alle Au<unclear reason="covering" resp="UT">s</unclear>zeichnungen, welche sie leider dem Enkelchen nicht anthun ka<unclear reason="covering" resp="UT">nn.</unclear> Anstatt nun, wie es sich gehört, mit einem Compliment ans Söhnchen zu schließen, wirst Du es vielleicht als nichts Geringeres ansehen, wenn ich Dir sage, daß so prosane Gegenstände od. Geschöpfe <add place="margin">nicht im Stande sind, mich an den Bessern zu erinnern, sondern daß Du oder ich dazu thun müssen, meine frappierte Immagination von diesem Bilde <gap quantity="4" reason="covering" unit="words"></gap> zu befragen, was mein Tantenherz außerordentlicher <unclear reason="covering" resp="UT">Weise</unclear> <gap quantity="1" reason="covering" unit="lines"></gap> <name key="PSN0112232" resp="writers_hand" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)</name></add> </p> <closer rend="left">An <persName xml:id="persName_dd1b38e8-8475-474b-a1bc-1c35e592a968">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> richte ich nicht nur meine, sondern auch des ganzen Hauses, insbes. <persName xml:id="persName_fa2ab98e-f05a-41b2-9a91-42618e5ea093">Juliens<name key="PSN0114769" style="hidden" type="person">Schunck, Juliane (Julie) Louise (1789-1862)</name></persName> Grüße und die v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_94e6f076-f64e-4076-9468-932bfa7e4734">Bella Hepp<name key="PSN0119236" style="hidden" type="person">Hepp, Bella</name></persName></hi>, die sie im besten, lebhaftesten Andenken gut und ihr berner Arbeitsbüchelchen mit rührender Sorgfalt bewahrt. – </closer> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_03573ee4-e14c-42ff-8039-5ad4e3b4f5e7"> <docAuthor key="PSN0112232" resp="author" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112232" resp="writer" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Es erwarten uns duftende Braten bei Tante <persName xml:id="persName_c773ffde-58a2-425f-b181-72853a148ce5">Elise<name key="PSN0109821" style="hidden" type="person">Benecke, Elisabetha Henrietta (1807-1893)</name></persName>, die uns hoffentlich gut schmecken sollen, <hi n="1" rend="underline">da Dein Neid sie gewiß nicht mißgönnt</hi>. Lebe also wohl.</p> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_78d77290-9554-4bc0-9068-e43a909bbae3"> <docAuthor key="PSN0112232" resp="author" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112232" resp="writer" style="hidden">Jeanrenaud, Julie Sophie (1816–1875)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">NB Wenn Du <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9a06f65f-4672-45e9-a968-5f9995421e4b">Enttrath’s<name key="PSN0119237" style="hidden" type="person">Entterath, Emilie</name><name key="PSN0119238" style="hidden" type="person">Entterath, M.</name></persName></hi> siehst, so grüße sie bestens. –</p> </div> </body> </text></TEI>