]> Brief: gb-1838-09-03-01

gb-1838-09-03-01

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Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy und Cécile Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb> Berlin, 3. September 1838 Euren willkommnen Brief, geliebte Kinder! hätt ich gern augenblicklich beantwortet, wie das Herz mich dazu trieb; wir hatten aber so unruhige Zeit, daß ich erst abwarten wollte, Euch das Vorübergegangene mit leichtem Muthe zu berichten, Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 29. August 1838 Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 4. September 1838 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Transkription: FMB-C Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
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Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 34/41. Autograph Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy und Cécile Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 3. September 1838 Euren willkommnen Brief, geliebte Kinder! hätt ich gern augenblicklich beantwortet, wie das Herz mich dazu trieb; wir hatten aber so unruhige Zeit, daß ich erst abwarten wollte, Euch das Vorübergegangene mit leichtem Muthe zu berichten,

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext, S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN 4-5 / 3/9], Siegel.

Lea Mendelssohn Bartholdy

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

3. September 1838 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842) Berlin Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) Leipzig Deutschland deutsch
Herrn Herrn Musikdirektor, Dr. Felix Mendelssohn Bartholdy Leipzig. frei
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842) Berlin 3 September 1838

Euren willkommnen Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1838-08-29-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 29. August 1838</name> , geliebte Kinder! hätt ich gern augenblicklich beantwortet, wie das Herz mich dazu trieb; wir hatten aber so unruhige Zeit, daß ich erst abwarten wollte, Euch das Vorübergegangene mit leichtem Muthe zu berichten, und das kann jetzt, Gott sei Dank! der Fall sein. Unterdeßen hat DirichletDirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859) einen Anfall von Ruhr gehabt (die seit der Cholera ganz aus der Mode gekommen); RebeckaDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) hat sich sehr dabei agitirt, angestrengt, hie und da gewacht; die frühere Unruhe um den KleinenDirichlet (Lejeune Dirichlet), Felix Arnold Constantin (1837-1838) gesellte sich dazu, und sie wurde recht krank, besonders an nervösem Gesichtsschmerz, so daß wir es für ein Glück hielten, als endlich die Masern, sehr heftig ausbrachen. Sie hatte starkes Fieber, viel Ausschlag, ist nun aber so wohl und ruhig als man bei dieser schnöden Krankheit sein kann. Ans Herunterziehen war natürlich nicht zu denken; FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) nahm WalterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887) und ich das KleinsteDirichlet (Lejeune Dirichlet), Felix Arnold Constantin (1837-1838) zu mir, da Rebecka das Geräusch der Kinder nicht hätte ertragen können. Nun haben aber auch SebastianHensel, Sebastian Ludwig Felix (1830-1898) und Walter die Masern in optima forma;optima forma – lat., bester Form (umgangssprachlich). indeß ganz gutartig und leicht, nur vor dem Ausbruch hatten sie Fieber und der arme Sebastian delirirte sehr viel, was stets beängstigend für die Umstehenden wirkt, und was die gute Fanny höchlich agitirte. Rebecka liegt nun oben mit DirDirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859). und seiner MutterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Anna Elisabeth (1768-1868) und einer Wärterin: ihre 2 Kinder mit dem Mädchen in CarlchensMendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897) Schlafstube; Sebastian mit Fanny in der Gartenbalconstube; Minna H.Hensel, Wilhelmine (Minna) (1802-1893) und das Mädchen in Fannys bisheriger Schlafstube. Wir sind höchlich betrübt, daß man dies Ungethüm 2mal, und wie sagt KlingemannKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) – warum nicht 4 und 5 mal? haben könne! Und auch Alter schützt vor Thorheit und Masern nicht mehr, denn die alte Gräfin Dernathvan Dernath, Sophia Magdalena Charlotte (1770-1841) hat sie; warum also nicht Mde. Dir. la mèreDirichlet (Lejeune Dirichlet), Anna Elisabeth (1768-1868),la mère – frz., die Mutter. warum nicht ich zum zweitenmal, warum nicht Fanny, kurz tout l’univers?tout l’univers – frz., das ganze Universum. – Sagt mir nur bald, ob mein geliebtes Carlchen frei ist? mir ist recht bange davor. Euer Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1838-08-29-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 29. August 1838</name> war v. 30. und da konnte die Möglichkeit der Ansteckung noch vorhanden sein. Sonst ist es allerdings vortheilhafter, wenn die Kinder dabei ganz klein sind; wir sehen es nur an Seb. und Walter; erstrer hat schon mehr Voraussicht (prévoyance)prévoyance – frz., Vorausschau. während Walter fast immer schläft und nur froh ist, wenn er Süßes zu eßen und zu trinken hat. Es ist doch schrecklich, wenn es sich so gestalten kann, |2| daß ich Gott danken muß, Euch entfernt von mir zu wißen, meine geliebten Kinder! wohl hundertmal sprach ichs aus, wie gut, daß meine Leipziger fort sind! Gebt mir nur ja mit einigen Zeilen Nachricht über Eure Gesundheit und Zufriedenheit.

Daß Euch DuboisDubois, Paul-François (1795-1874) behagt hat, erfreut mich höchlich. Ich hatte ihm einige Zeilen an den RegierungsRath von TurkTürk, Carl Wilhelm Christian von (1774-1846) nach PotsdamPotsdamDeutschland gegeben, der mich eigends besuchte, um seinen Dank für intereßante Bekanntschaft zu sagen. Sie scheinen sich ungemein convenirtconvenirt – übereinstimmen, harmonieren; von lat. convenio. zu haben, denn Dubois blieb 1 1/2 Tage in P.PotsdamDeutschland und größtentheils in Turks Gesellschaft. SteffensSteffens, Familie von → Henrik S. haben uns kürzlich auch einen intereßanten Norweger, Profeßor HolstHolst, Herr, gebracht, den die Regierung reisen läßt, um über medicinische Anstalten und Hospitäler zu berichten; einen so netten Mann aus dem hohen Norden zu sehen, kontrastirt recht mit der Barbarei die mir Mariane SalingSaaling (Saling), Helene Luise Marianne (bis 1812: Mirjam Salomon) (1786-1868) eben v. dem Nachfolger TribertsTribert, Louis Pierre (1819-1899), einem jungen Irländer erzählt, das ungelenkteste, bornirteste, widrigste BärenExemplar, das je von kultivirten Leuten gelenkt zu werden, bestimmt gewesen! Der junge BeckerBecker, Ferdinand Wilhelm (1805-1834), der mit ZähmungsEinrichtungen der wilden Insulaner vertraut ist, soll ihm allerlei Maulkörbe anlegen, und versuchen, ihn menschlich zu machen: nach ihrer Beschreibung dürfte das aber den Augias Stall säubernden Augias Stall säubern – aus der griechischen Mythologie entlehnte Redensart, bezüglich der Beseitigung schlimmer Zustände. heißen.

Ich höre, die LöweLoewe, Auguste Henriette (1823-1898) hat in einer Woche für ihr Brüllen dort 1000 rt. eingenommen; rien de tel qu’une cantatricerien de tel qu’une cantatrice – frz., nichts geht über eine Sängerin.. kömmt sie dann zum Koncert wieder nach L.LeipzigDeutschland zurück? denn hier schreit sie ja teufelmäßig in Robert<name key="PSN0113318" style="hidden" type="author">Meyerbeer (vorh. Liebmann Meyer Beer), Giacomo (Jakob) (1791–1864)</name><name key="CRT0109979" style="hidden" type="music">Robert le diable</name> und Posthornisirt in <hi rend="latintype">Lonjumeau</hi>.<name key="PSN0109383" style="hidden" type="author">Adam, Adolphe-Charles (1803–1856)</name><name key="CRT0107620" style="hidden" type="music">Le Postillon de Lonjumeau</name>Posthornisirt in Lonjumeau – Adolphe Adams Opéra-comique »Der Postillion von Lonjumeau« wurde am 13. Oktober 1836 in der Opéra-Comique (Salle de la Bourse) zu Paris und in deutscher Fassung am 3. Juni 1837 in Berlin uraufgeführt. Vorige Woche habe ich mit FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) noch SeydelmannSeydelmann, Carl (1793-1843) vortrefflich als Polonius<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564–1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name>Seydelmann vortrefflich als Polonius – Polonius ist eine Figur in William Shakespeares Drama Hamlet. und LöweLöwe, Ludwig (1794-1871) energisch genug als Hamlet gesehen. Mit Berliner Witz hat man die Todtengräberscene ganz weggelassen, den König durch H. FreundFreund, Herr, die Königin durch Mde. WernerWerner, Mde. besetzt, da für diese Rollen die CrelingerCrelinger, verw. Stich, Sophie Auguste Friederike (1795-1865) und RottRosenberg, Moritz (Pseud.: Rott) (1796-1867) so paßend gewesen wären. Das OpernhausKönigliches OpernhausBerlinDeutschland war zum Erdrücken voll, der Beifall ungemein, und die Theilnahme so groß und sichtbar, wie der ewig junge neue ShakespeareShakespeare, William (1564-1616) nur hervorzuzaubern versteht. In diesem Hamlet ist alle Gedankenwelt aufgethan; mit SchlegelSchlegel, August Wilhelm (seit 1815) von (1767-1845) in der Handmit Schlegel in der Hand – Gemeint sind August Wilhelm Schlegels Übersetzungen der Werke William Shakespeares (17 Dramen in 14 Bänden), die von 1797 bis 1810 erschienen. bin ich von Neuem ganz erstaunt gewesen, obschon wir ihn doch kürzlich so eindringlich durch Seydelmann genoßen.

|3| Was sagst Du denn zu Franz WoringensWoringen, Franz Arnold Maria von (1804-1870) Verlobung mit Angelika SchleidenSchleiden, Angelika (1813-1895)?Franz Woringens Verlobung mit Angelika Schleiden – Der Katholik Franz von Woringen hatte sich im Herbst 1838 mit der Protestantin Angelika Schleiden verlobt. Aufgrund des Todes seines Vaters Otto von Woringen am 6. Dezember 1838 und vielleicht auch aufgrund des durch Lea Mendelssohn Bartholdy überlieferten Konfessionsstreits (siehe Brief gb-1838-09-06-01) fand die Hochzeit erst im Herbst 1839 statt. ich war sehr überrascht durch seine Anzeige. Aber wie sagt Rokko, wenn sich Nichts mit Nichts<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770–1827)</name><name key="CRT0108010" style="hidden" type="music">Fidelio op. 72</name>,Aber wie sagt Rokko, wenn sich Nichts mit Nichts – Ludwig van Beethoven, Fidelio op. 72, erster Akt, vierter Auftritt, Rocco: »Wenn sich nichts mit nichts verbindet, Ist und bleibt die Summe klein; Wer bei Tisch nur Liebe findet, Wird nach Tische hungrig sein.« Das Libretto stammt von Jean Nicolas Bouilly. und darum wird vorläufig auch nichts verbunden werden. Es scheint dafür gesorgt zu sein, daß EliseWoringen, Elise Johanna Maria von (?-1840) und RosaWoringen, Rosa Clementina von (1810-1875) von ihrer kleinen Erbschaft durch die BrüderWoringen, Anton Wilhelm Jacob von (1802-1848)Woringen, Franz Arnold Maria von (1804-1870) geholfen wird trotz meiner Predigt, sie möchten doch ja nun ihre HeiserHeiser – Häuser. hergeben! FerdinandsWoringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798-1851) häusliche Einrichtung und nun FranzensWoringen, Franz Arnold Maria von (1804-1870) werden den EngelsGemüthern gewiß alles entlocken. Leider kommen sie den Winter nicht her. Du weißt, Fanny hatte ihnen ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit angeboten, und das wäre mir allerdings ein sehr lieber Ersatz in meiner langen Einsamkeit geworden. – Ich habe Fanny’n Luft und Licht durch das Opfer, der Hälfte der Fliederbäume umhauen zu laßen, gebracht, lieber Felix! Die Fenster der blauen Stube sind nun ganz frei; auch viele Linden- und Akazienzweige, eine Tanne und mehreres Gesträuch sind unbarmherzig vertilgt. Die häufigen Regen dieses Jahrs haben die „Vegetation wie doll" allerdings noch schmarotzerhafter, üppiger als sonst gemacht. der wandelnde Waldder wandelnde Wald – vermutlich eine Anspielung auf William Shakespeares wandernden Wald von Birnam in Macbeth. v. Dachrinnen, der im Küchengarten aufgestapelt liegt, würde Euch einen ganzen Garten haben tournirentourniren – von frz. tourner; Tournieren bezeichnet beim Kochen das Zurechtschneiden von Obst, Gemüse, Kartoffeln und Eiern. können, meine Kinder! Leider gehts doch nicht! CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853), Du erfreust mich unendlich durch Deine Berichte über CarlMendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897) den Kleinen! setze sie fort, der Engel ist meine ganze Anbetung! nie hab ich solche entrailles de grandmèreentrailles de grandmère – frz., Großmutters Eingeweide. verspürt! er hats mir angethan! – Hast Du, mein Herz! nicht eine kleine Pelz Fußdecke zurück gelaßen? ich glaub, es ist Deine die ich noch gefunden. Ist das Alabastergefäß unzerbrochen angekommen? ich fürchte nein, weil Du so zart darüber geschwiegen. Schreib mir nur mehrere Artikel auf, die Du wünschest, damit ich Dir eine Kleinigkeit zum 10 Okt.10 Okt. – der 10. Oktober, der Geburtstag Cécile Mendelssohn Bartholdys. senden könne: nenne verschiedenes zur Auswahl, ich behalt es!

Deiner MutterJeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871) wollt ich immer danken, daß sie solche Tochter geboren, gebildet, erzogen; mir fehlt jetzt die Stimmung: sag ihr doch, wie ich Dich anerkenne, goutire,goutire – frz., Gefallen an etwas oder jemandem finden. liebe, wie ich mir für Felix keine paßendere beßere Gefährtin hätte malen, denken, erdichten können. – Der Felix wird noch der allerlächerlichste Papa werden, zur Strafe, daß er HumboldtHumboldt, Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander Freiherr von (1769-1859) das Carlchen nicht sehen laßen wollte! Er wird ihn im nächsten Koncert solo Kuchenbacken laßen! – Grüßt HanneSteffens, Johanna (Hanna) (1784-1855), seid gesund, und küßt mein Abgöttchen.

Königin ViktoriaGroßbritannien und Irland, Alexandrina Victoria von (1819-1901) hat HenselsHensel, Wilhelm (1794-1861) Bilder nach Buckinghampalace kommen laßen, hat sich sehr mit ihm unterhalten, und befohlen, ihn in Hamptoncourt |4| alles zu zeigen und ihn dort zeichen zu laßen was und wie er wolle, eine Freundlichkeit, die er durch BülowBülow, Heinrich Freiherr von (1792-1846) in 4 Monaten nicht hat erlangen können. Sie sagte ihm, sie würde ihm gern seine Bilder kaufenMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842), dürfe es aber der jealousyjealousy – frz., Neid. der engl. Maler wegen nicht, v. denen sie noch nichts gekauft. Wenns eine Phrase ist, so zeigt es doch obligeance.obligeance – frz., Hilfsbereitschaft.

Grüß Euch Gott, meine Lieben!
            Berlin 3 September 1838 Euren willkommnen Brief, geliebte Kinder! hätt ich gern augenblicklich beantwortet, wie das Herz mich dazu trieb; wir hatten aber so unruhige Zeit, daß ich erst abwarten wollte, Euch das Vorübergegangene mit leichtem Muthe zu berichten, und das kann jetzt, Gott sei Dank! der Fall sein. Unterdeßen hat Dirichlet einen Anfall von Ruhr gehabt (die seit der Cholera ganz aus der Mode gekommen) ; Rebecka hat sich sehr dabei agitirt, angestrengt, hie und da gewacht; die frühere Unruhe um den Kleinen gesellte sich dazu, und sie wurde recht krank, besonders an nervösem Gesichtsschmerz, so daß wir es für ein Glück hielten, als endlich die Masern, sehr heftig ausbrachen. Sie hatte starkes Fieber, viel Ausschlag, ist nun aber so wohl und ruhig als man bei dieser schnöden Krankheit sein kann. Ans Herunterziehen war natürlich nicht zu denken; Fanny nahm Walter und ich das Kleinste zu mir, da Rebecka das Geräusch der Kinder nicht hätte ertragen können. Nun haben aber auch Sebastian und Walter die Masern in optima forma; indeß ganz gutartig und leicht, nur vor dem Ausbruch hatten sie Fieber und der arme Sebastian delirirte sehr viel, was stets beängstigend für die Umstehenden wirkt, und was die gute Fanny höchlich agitirte. Rebecka liegt nun oben mit Dir. und seiner Mutter und einer Wärterin: ihre 2 Kinder mit dem Mädchen in Carlchens Schlafstube; Sebastian mit Fanny in der Gartenbalconstube; Minna H. und das Mädchen in Fannys bisheriger Schlafstube. Wir sind höchlich betrübt, daß man dies Ungethüm 2mal, und wie sagt Klingemann – warum nicht 4 und 5 mal? haben könne! Und auch Alter schützt vor Thorheit und Masern nicht mehr, denn die alte Gräfin Dernath hat sie; warum also nicht Mde. Dir. la mère, warum nicht ich zum zweitenmal, warum nicht Fanny, kurz tout l’univers? – Sagt mir nur bald, ob mein geliebtes Carlchen frei ist? mir ist recht bange davor. Euer Brief war v. 30. und da konnte die Möglichkeit der Ansteckung noch vorhanden sein. Sonst ist es allerdings vortheilhafter, wenn die Kinder dabei ganz klein sind; wir sehen es nur an Seb. und Walter; erstrer hat schon mehr Voraussicht (prévoyance) während Walter fast immer schläft und nur froh ist, wenn er Süßes zu eßen und zu trinken hat. Es ist doch schrecklich, wenn es sich so gestalten kann, daß ich Gott danken muß, Euch entfernt von mir zu wißen, meine geliebten Kinder! wohl hundertmal sprach ichs aus, wie gut, daß meine Leipziger fort sind! Gebt mir nur ja mit einigen Zeilen Nachricht über Eure Gesundheit und Zufriedenheit.
Daß Euch Dubois behagt hat, erfreut mich höchlich. Ich hatte ihm einige Zeilen an den RegierungsRath von Turk nach Potsdam gegeben, der mich eigends besuchte, um seinen Dank für intereßante Bekanntschaft zu sagen. Sie scheinen sich ungemein convenirt zu haben, denn Dubois blieb 1 1/2 Tage in P. und größtentheils in Turks Gesellschaft. Steffens haben uns kürzlich auch einen intereßanten Norweger, Profeßor Holst, gebracht, den die Regierung reisen läßt, um über medicinische Anstalten und Hospitäler zu berichten; einen so netten Mann aus dem hohen Norden zu sehen, kontrastirt recht mit der Barbarei die mir Mariane Saling eben v. dem Nachfolger Triberts, einem jungen Irländer erzählt, das ungelenkteste, bornirteste, widrigste BärenExemplar, das je von kultivirten Leuten gelenkt zu werden, bestimmt gewesen! Der junge Becker, der mit ZähmungsEinrichtungen der wilden Insulaner vertraut ist, soll ihm allerlei Maulkörbe anlegen, und versuchen, ihn menschlich zu machen: nach ihrer Beschreibung dürfte das aber den Augias Stall säubern heißen.
Ich höre, die Löwe hat in einer Woche für ihr Brüllen dort 1000 rt. eingenommen; rien de tel qu’une cantatrice. kömmt sie dann zum Koncert wieder nach L. zurück? denn hier schreit sie ja teufelmäßig in Robert und Posthornisirt in Lonjumeau. Vorige Woche habe ich mit Fanny noch Seydelmann vortrefflich als Polonius und Löwe energisch genug als Hamlet gesehen. Mit Berliner Witz hat man die Todtengräberscene ganz weggelassen, den König durch H. Freund, die Königin durch Mde. Werner besetzt, da für diese Rollen die Crelinger und Rott so paßend gewesen wären. Das Opernhaus war zum Erdrücken voll, der Beifall ungemein, und die Theilnahme so groß und sichtbar, wie der ewig junge neue Shakespeare nur hervorzuzaubern versteht. In diesem Hamlet ist alle Gedankenwelt aufgethan; mit Schlegel in der Hand bin ich von Neuem ganz erstaunt gewesen, obschon wir ihn doch kürzlich so eindringlich durch Seydelmann genoßen.
 Was sagst Du denn zu Franz Woringens Verlobung mit Angelika Schleiden? ich war sehr überrascht durch seine Anzeige. Aber wie sagt Rokko, wenn sich Nichts mit Nichts, und darum wird vorläufig auch nichts verbunden werden. Es scheint dafür gesorgt zu sein, daß Elise und Rosa von ihrer kleinen Erbschaft durch die Brüder geholfen wird trotz meiner Predigt, sie möchten doch ja nun ihre Heiser hergeben! Ferdinands häusliche Einrichtung und nun Franzens werden den EngelsGemüthern gewiß alles entlocken. Leider kommen sie den Winter nicht her. Du weißt, Fanny hatte ihnen ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit angeboten, und das wäre mir allerdings ein sehr lieber Ersatz in meiner langen Einsamkeit geworden. – Ich habe Fanny’n Luft und Licht durch das Opfer, der Hälfte der Fliederbäume umhauen zu laßen, gebracht, lieber Felix! Die Fenster der blauen Stube sind nun ganz frei; auch viele Linden- und Akazienzweige, eine Tanne und mehreres Gesträuch sind unbarmherzig vertilgt. Die häufigen Regen dieses Jahrs haben die „Vegetation wie doll" allerdings noch schmarotzerhafter, üppiger als sonst gemacht. der wandelnde Wald v. Dachrinnen, der im Küchengarten aufgestapelt liegt, würde Euch einen ganzen Garten haben tourniren können, meine Kinder! Leider gehts doch nicht! Cécile, Du erfreust mich unendlich durch Deine Berichte über Carl den Kleinen! setze sie fort, der Engel ist meine ganze Anbetung! nie hab ich solche entrailles de grandmère verspürt! er hats mir angethan! – Hast Du, mein Herz! nicht eine kleine Pelz Fußdecke zurück gelaßen? ich glaub, es ist Deine die ich noch gefunden. Ist das Alabastergefäß unzerbrochen angekommen? ich fürchte nein, weil Du so zart darüber geschwiegen. Schreib mir nur mehrere Artikel auf, die Du wünschest, damit ich Dir eine Kleinigkeit zum 10 Okt. senden könne: nenne verschiedenes zur Auswahl, ich behalt es!
Deiner Mutter wollt ich immer danken, daß sie solche Tochter geboren, gebildet, erzogen; mir fehlt jetzt die Stimmung: sag ihr doch, wie ich Dich anerkenne, goutire, liebe, wie ich mir für Felix keine paßendere beßere Gefährtin hätte malen, denken, erdichten können. – Der Felix wird noch der allerlächerlichste Papa werden, zur Strafe, daß er Humboldt das Carlchen nicht sehen laßen wollte! Er wird ihn im nächsten Koncert solo Kuchenbacken laßen! – Grüßt Hanne, seid gesund, und küßt mein Abgöttchen.
Königin Viktoria hat Hensels Bilder nach Buckinghampalace kommen laßen, hat sich sehr mit ihm unterhalten, und befohlen, ihn in Hamptoncourt alles zu zeigen und ihn dort zeichen zu laßen was und wie er wolle, eine Freundlichkeit, die er durch Bülow in 4 Monaten nicht hat erlangen können. Sie sagte ihm, sie würde ihm gern seine Bilder kaufen, dürfe es aber der jealousy der engl. Maler wegen nicht, v. denen sie noch nichts gekauft. Wenns eine Phrase ist, so zeigt es doch obligeance.
Grüß Euch Gott, meine Lieben!          
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September 1838</title> <author key="PSN0113260">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0113260" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">  </name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_7cd3585b-be35-4d8e-9877-c87906a76a1b"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Großbritannien</country> <settlement>Oxford</settlement> <institution key="RISM">GB-Ob</institution> <repository>Oxford, Bodleian Library</repository> <collection>Music Section</collection> <idno type="signatur">M.D.M. d. 34/41.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1838-09-03-01" type="letter" xml:id="title_f766d230-db40-4b3b-bb24-dafcf9c13e0d">Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy und Cécile Mendelssohn Bartholdy in Leipzig;  Berlin, 3. September 1838</title> <incipit>Euren willkommnen Brief, geliebte Kinder! hätt ich gern augenblicklich beantwortet, wie das Herz mich dazu trieb; wir hatten aber so unruhige Zeit, daß ich erst abwarten wollte, Euch das Vorübergegangene mit leichtem Muthe zu berichten,</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc><p>1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext, S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN 4-5 / 3/9], Siegel.</p><handDesc hands="1"><p>Lea Mendelssohn Bartholdy</p></handDesc><accMat><listBibl><bibl type="none"></bibl></listBibl></accMat></physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1838-09-03" xml:id="date_1f6563ec-8d9c-4d49-821d-8ef7b988f85e">3. September 1838</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0113260" resp="author" xml:id="persName_4d610d4d-c5aa-466e-a51f-80ca1dc53950">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0113260" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_2b93654b-b1dc-44b2-8542-cc55517e1a9a"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_d289407f-54cd-4d29-aea6-8adeac326b5a">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <persName key="PSN0113252" resp="receiver" xml:id="persName_d5e9ff0c-e7c2-4d8b-9665-cba0b0aa1fc3">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_fc03d22f-291a-4e35-99ca-3ad82c7cf319"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"></revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_52c0bb7f-d2b8-49a2-81c4-db881a682bef"> <head> <address> <addrLine>Herrn</addrLine> <addrLine>Herrn Musikdirektor, <hi rend="latintype">Dr</hi>. Felix</addrLine> <addrLine>Mendelssohn Bartholdy</addrLine> <addrLine>Leipzig.</addrLine> <addrLine>frei</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_7e212739-8e26-414a-aa34-cf973a362af5"> <docAuthor key="PSN0113260" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113260" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin <date cert="high" when="1838-09-03" xml:id="date_14f632bf-9c5b-4796-852c-bd9915c78196">3 September </date></dateline> <dateline rend="right"><date cert="high" when="1838-09-03" xml:id="date_0047147d-ec38-41f3-97c1-acc685082553">1838</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Euren willkommnen <title xml:id="title_73812807-ca5c-40b4-b9af-900e000298fc">Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1838-08-29-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 29. August 1838</name> </title>, geliebte Kinder! hätt ich gern augenblicklich beantwortet, wie das Herz mich dazu trieb; wir hatten aber so unruhige Zeit, daß ich erst abwarten wollte, Euch das Vorübergegangene mit leichtem Muthe zu berichten, und das kann jetzt, Gott sei Dank! der Fall sein. Unterdeßen hat <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_70e57368-e69a-438c-9a9a-a0ccee5ab9ed">Dirichlet<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName></hi> einen Anfall von Ruhr gehabt (die seit der Cholera ganz aus der Mode gekommen); <persName xml:id="persName_07ae0fb9-542e-43c8-ba80-f9a98936fae1">Rebecka<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> hat sich sehr dabei agitirt, angestrengt, hie und da gewacht; die frühere Unruhe um den <persName xml:id="persName_2b118fe0-0a76-4f11-bee2-bcca3590edbc">Kleinen<name key="PSN0110669" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Felix Arnold Constantin (1837-1838)</name></persName> gesellte sich dazu, und sie wurde recht krank, besonders an nervösem Gesichtsschmerz, so daß wir es <hi n="1" rend="underline">für ein Glück</hi> hielten, als endlich die <hi n="1" rend="underline">Masern, sehr heftig</hi> ausbrachen. Sie hatte starkes Fieber, viel Ausschlag, ist nun aber so wohl und ruhig als man bei dieser schnöden Krankheit sein kann. Ans Herunterziehen war natürlich nicht zu denken; <persName xml:id="persName_86a258a6-5664-47ca-84ae-dd8152e8768c">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> nahm <persName xml:id="persName_ab7c0b6b-cf15-452c-b03a-3684665df52e">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName> und ich das <persName xml:id="persName_674092a0-7f87-450d-bc4d-e8b8c3ec5861">Kleinste<name key="PSN0110669" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Felix Arnold Constantin (1837-1838)</name></persName> zu mir, da Rebecka das Geräusch der Kinder nicht hätte ertragen können. Nun haben aber auch <persName xml:id="persName_509b4808-acce-43fa-8cb5-afef0925c02f">Sebastian<name key="PSN0111898" style="hidden" type="person">Hensel, Sebastian Ludwig Felix (1830-1898)</name></persName> und Walter die Masern in <hi rend="latintype">optima forma</hi>;<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_da78216f-f76e-4740-9e5c-0aa7816a1faa" xml:lang="la ">optima forma – lat., bester Form (umgangssprachlich).</note> indeß ganz gutartig und leicht, nur vor dem Ausbruch hatten sie Fieber und der arme Sebastian delirirte sehr viel, was stets beängstigend für die Umstehenden wirkt, und was die gute Fanny höchlich agitirte. Rebecka liegt nun oben mit <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_97a89e40-94b5-4577-a800-59880206cc7b">Dir<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName></hi>. und seiner <persName xml:id="persName_bf5215a5-fb4f-43b2-a59b-db578004c97a">Mutter<name key="PSN0110667" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Anna Elisabeth (1768-1868)</name></persName> und einer Wärterin: ihre 2 Kinder mit dem Mädchen in <persName xml:id="persName_84c38538-f630-4fc4-b0dd-1e29dc083ab7">Carlchens<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> Schlafstube; Sebastian mit Fanny in der Gartenbalconstube; <persName xml:id="persName_dc4f8c60-b9ca-4bcf-862b-6c2a21950707">Minna H.<name key="PSN0111900" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelmine (Minna) (1802-1893)</name></persName> und das Mädchen in Fannys bisheriger Schlafstube. Wir sind höchlich betrübt, daß man dies Ungethüm 2mal, und wie sagt <persName xml:id="persName_46087444-7180-479a-a50a-72a17c9ae444">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> – warum <unclear reason="covering" resp="UT">nic</unclear>ht 4 und 5 mal? haben könne! Und auch Alter schützt vor Thorheit <unclear reason="covering" resp="UT">und</unclear> Masern nicht mehr, denn die alte Gräfin <persName xml:id="persName_53d72831-8542-4b83-830e-0613db9a4981">Dernath<name key="PSN0119344" style="hidden" type="person">van Dernath, Sophia Magdalena Charlotte (1770-1841)</name></persName> hat sie; warum also nicht <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_eef3dc76-e33b-438b-bdbb-e94cf6eb6487">Mde. Dir. la mère<name key="PSN0110667" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Anna Elisabeth (1768-1868)</name></persName></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_29ef9b98-fa7f-4043-a6dd-c64c212e5660" xml:lang="fr ">la mère – frz., die Mutter. </note> warum nicht ich zum zweitenmal, warum nicht Fanny, kurz <hi rend="latintype">tout l’univers</hi>?<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_956695a2-7b5e-4391-a64c-97a23df2e46c" xml:lang="fr ">tout l’univers – frz., das ganze Universum.</note> – Sagt mir nur bald, <unclear reason="covering" resp="UT">o</unclear>b mein geliebtes Carlchen frei ist? mir ist recht bange davor. Euer <title xml:id="title_5e2e97a6-5a2b-468c-8c46-49fdb06adb07">Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1838-08-29-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 29. August 1838</name> </title> war v. <date cert="high" when="1838-08-30" xml:id="date_1f856210-a1e6-46e4-b430-98508d9cd523">30.</date> und da konnte die Möglichkeit der Ansteckung noch vorhanden sein. Sonst ist es allerdings vortheilhafter, wenn die Kinder dabei ganz klein sind; wir sehen es nur an Seb. und Walter; erstrer hat schon mehr Voraussicht (<hi rend="latintype">prévoyance</hi>)<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_6f00ef29-fd8d-4e65-8441-f0589ef26239" xml:lang="fr ">prévoyance – frz., Vorausschau.</note> während Walter fast immer schläft und nur froh ist, wenn er Süßes zu eßen und zu trinken hat. Es ist doch schrecklich, wenn es sich so gestalten kann,<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>daß ich Gott danken muß, Euch entfernt von mir zu wißen, meine geliebten Kinder! wohl hundertmal sprach ichs aus, wie gut, daß meine Leipziger fort sind! Gebt mir nur ja mit einigen Zeilen Nachricht über Eure Gesundheit und Zufriedenheit. </p> <p>Daß Euch <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_d3faece1-4808-4b7d-b1fc-04c234564312">Dubois<name key="PSN0110761" style="hidden" type="person">Dubois, Paul-François (1795-1874)</name></persName></hi> behagt hat, erfreut mich höchlich. Ich hatte ihm einige Zeilen an den RegierungsRath <persName xml:id="persName_ef42b74a-91a2-4232-a5a6-ba88b719134b">von Turk<name key="PSN0118464" style="hidden" type="person">Türk, Carl Wilhelm Christian von (1774-1846)</name></persName> nach <placeName xml:id="placeName_fb5f45e8-878e-4840-bd58-059907d42281">Potsdam<settlement key="STM0100330" style="hidden" type="locality">Potsdam</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gegeben, der mich eigends besuchte, um seinen Dank für intereßante Bekanntschaft zu sagen. Sie scheinen sich ungemein convenirt<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_adc470be-96e5-4f34-ab50-332e738f6bfa" xml:lang="de">convenirt – übereinstimmen, harmonieren; von lat. convenio.</note> zu haben, denn Dubois blieb 1 <formula rend="fraction_slash"><hi rend="supslash">1</hi><hi rend="barslash">/</hi><hi rend="subslash">2</hi></formula> Tage in <placeName xml:id="placeName_dccf9d9b-7716-496f-836c-0e8f9664ed0f">P.<settlement key="STM0100330" style="hidden" type="locality">Potsdam</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> und größtentheils in Turks Gesellschaft. <persName xml:id="persName_1fe11f7b-62a7-47ba-a5ab-0a205e7dff62">Steffens<name key="PSN0115075" style="hidden" type="person">Steffens, Familie von → Henrik S.</name></persName> haben uns kürzlich auch einen intereßanten Norweger, Profeßor <persName xml:id="persName_a1af209b-3388-43fa-a394-55a1d14cefa3">Holst<name key="PSN0119489" style="hidden" type="person">Holst, Herr</name></persName>, gebracht, den die Regierung reisen läßt, um über medicinische Anstalten und Hospitäler zu berichten; einen so netten Mann aus dem hohen Norden zu sehen, kontrastirt recht mit der Barbarei die mir <persName xml:id="persName_e5b32ff5-b8fb-4741-b958-853dd55736dc">Mariane Saling<name key="PSN0114390" style="hidden" type="person">Saaling (Saling), Helene Luise Marianne (bis 1812: Mirjam Salomon) (1786-1868)</name></persName> eben v. dem Nachfolger <persName xml:id="persName_4e09a40c-2760-4736-a189-61edb606e572">Triberts<name key="PSN0119493" style="hidden" type="person">Tribert, Louis Pierre (1819-1899)</name></persName>, einem jungen Irländer erzählt, das ungelenkteste, bornirteste, widrigste BärenExemplar, das je von kultivirten Leuten gelenkt zu werden, bestimmt gewesen! Der junge <persName xml:id="persName_3a04f685-779b-4758-aa43-8a0fa3383b51">Becker<name key="PSN0109751" style="hidden" type="person">Becker, Ferdinand Wilhelm (1805-1834)</name></persName>, der mit ZähmungsEinrichtungen der wilden Insulaner vertraut ist, soll ihm allerlei Maulkörbe anlegen, und versuchen, ihn menschlich zu machen: nach ihrer Beschreibung dürfte das aber den Augias Stall säubern<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b122f5ba-fd7d-4db8-81c2-445de92d6da1" xml:lang="de">den Augias Stall säubern – aus der griechischen Mythologie entlehnte Redensart, bezüglich der Beseitigung schlimmer Zustände.</note> heißen. </p> <p>Ich höre, die <persName xml:id="persName_ba3f2580-de6c-4af5-964e-a1d7ed482840">Löwe<name key="PSN0112910" style="hidden" type="person">Loewe, Auguste Henriette (1823-1898)</name></persName> hat in einer Woche für ihr Brüllen dort 1000 rt. eingenommen; <hi rend="latintype">rien de tel qu’une cantatrice</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_4eafd520-9654-40f8-b6ce-b77b9564992b" xml:lang="fr ">rien de tel qu’une cantatrice – frz., nichts geht über eine Sängerin.</note>. kömmt sie dann zum Koncert wieder nach <placeName xml:id="placeName_0668d1ec-9e9d-4000-8f9d-af712b615e7b">L.<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zurück? denn hier schreit sie ja teufelmäßig <title xml:id="title_ea24b072-ea35-4cb2-a319-192b3f9f1673">in Robert<name key="PSN0113318" style="hidden" type="author">Meyerbeer (vorh. Liebmann Meyer Beer), Giacomo (Jakob) (1791–1864)</name><name key="CRT0109979" style="hidden" type="music">Robert le diable</name></title> und <title xml:id="title_1d718aa3-fec4-4839-affb-806dc3c3bdb7">Posthornisirt in <hi rend="latintype">Lonjumeau</hi>.<name key="PSN0109383" style="hidden" type="author">Adam, Adolphe-Charles (1803–1856)</name><name key="CRT0107620" style="hidden" type="music">Le Postillon de Lonjumeau</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a6ba8cf5-544f-40f9-a975-bcfefc3652cd" xml:lang="de">Posthornisirt in Lonjumeau – Adolphe Adams Opéra-comique »Der Postillion von Lonjumeau« wurde am 13. Oktober 1836 in der Opéra-Comique (Salle de la Bourse) zu Paris und in deutscher Fassung am 3. Juni 1837 in Berlin uraufgeführt.</note> Vorige Woche habe ich mit <persName xml:id="persName_13b00b6c-1120-47da-81db-a69c43f485e3">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> noch <persName xml:id="persName_19e66608-7379-4283-81b1-e9aba42df429">Seydelmann<name key="PSN0114880" style="hidden" type="person">Seydelmann, Carl (1793-1843)</name></persName> vortrefflich als <title xml:id="title_4a9fa328-37f0-4e1d-a539-3e88a8907c01">Polonius<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564–1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_71a3f98f-bc23-4178-a67f-85229da231f5" xml:lang="de">Seydelmann vortrefflich als Polonius – Polonius ist eine Figur in William Shakespeares Drama Hamlet.</note> und <persName xml:id="persName_3e759c5c-ccb1-4ce0-a6db-3e47c368313e">Löwe<name key="PSN0112948" style="hidden" type="person">Löwe, Ludwig (1794-1871)</name></persName> energisch genug als Hamlet gesehen. Mit Berliner Witz hat man die Todtengräberscene ganz weggelassen, den König durch H. <persName xml:id="persName_b4d157a6-b350-495e-b2e3-f031c2fb41eb">Freund<name key="PSN0119491" style="hidden" type="person">Freund, Herr</name></persName>, die Königin durch Mde. <persName xml:id="persName_4a374d6b-3e4b-4405-9525-57c004c203ef">Werner<name key="PSN0119490" style="hidden" type="person">Werner, Mde.</name></persName> besetzt, da für diese Rollen die <persName xml:id="persName_d0feb6d7-3091-4d83-a593-af541188753f">Crelinger<name key="PSN0110496" style="hidden" type="person">Crelinger, verw. Stich, Sophie Auguste Friederike (1795-1865)</name></persName> und <persName xml:id="persName_3a80e671-d482-482d-8c53-4601c33ad9df">Rott<name key="PSN0114287" style="hidden" type="person">Rosenberg, Moritz (Pseud.: Rott) (1796-1867)</name></persName> so paßend gewesen wären. Das <placeName xml:id="placeName_9513a543-2e9a-4e61-b98c-08c42ab697e8">Opernhaus<name key="NST0100293" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliches Opernhaus</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> war zum Erdrücken voll, der Beifall ungemein, und die Theilnahme so groß und sichtbar, wie der ewig junge neue <persName xml:id="persName_17e3e095-5dcc-42f5-b1db-71098be28631">Shakespeare<name key="PSN0114889" style="hidden" type="person">Shakespeare, William (1564-1616)</name></persName> nur hervorzuzaubern versteht. In diesem Hamlet ist alle Gedankenwelt aufgethan; mit <persName xml:id="persName_22b519a7-85e2-45c8-bed6-efd09cd5012d">Schlegel<name key="PSN0114560" style="hidden" type="person">Schlegel, August Wilhelm (seit 1815) von (1767-1845)</name></persName> in der Hand<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8e732ba5-1b92-41c9-806a-31089bfdefae" xml:lang="de">mit Schlegel in der Hand – Gemeint sind August Wilhelm Schlegels Übersetzungen der Werke William Shakespeares (17 Dramen in 14 Bänden), die von 1797 bis 1810 erschienen.</note> bin ich von Neuem ganz erstaunt gewesen, obschon wir ihn doch kürzlich so eindringlich durch Seydelmann genoßen.</p> <p><seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>Was sagst Du denn zu <persName xml:id="persName_17da962f-c4f6-434d-964e-3938cc12e0bd">Franz Woringens<name key="PSN0115879" style="hidden" type="person">Woringen, Franz Arnold Maria von (1804-1870)</name></persName> Verlobung mit <persName xml:id="persName_c4c02acb-c94f-4928-8ea4-380e0f4c1760">Angelika Schleiden<name key="PSN0119233" style="hidden" type="person">Schleiden, Angelika (1813-1895)</name></persName>?<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2cd75ca2-ffc9-44c4-b3e2-f6fa3e927192" xml:lang="de">Franz Woringens Verlobung mit Angelika Schleiden – Der Katholik Franz von Woringen hatte sich im Herbst 1838 mit der Protestantin Angelika Schleiden verlobt. Aufgrund des Todes seines Vaters Otto von Woringen am 6. Dezember 1838 und vielleicht auch aufgrund des durch Lea Mendelssohn Bartholdy überlieferten Konfessionsstreits (siehe Brief gb-1838-09-06-01) fand die Hochzeit erst im Herbst 1839 statt.</note> ich war sehr überrascht durch seine Anzeige. Aber wie sagt <title xml:id="title_5d34f420-a148-4771-8884-fb97fb5fcd2e">Rokko, wenn sich Nichts mit Nichts<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770–1827)</name><name key="CRT0108010" style="hidden" type="music">Fidelio op. 72</name></title>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_6232a2f1-7bec-4c9d-9c04-4dd642f003d6" xml:lang="de">Aber wie sagt Rokko, wenn sich Nichts mit Nichts – Ludwig van Beethoven, Fidelio op. 72, erster Akt, vierter Auftritt, Rocco: »Wenn sich nichts mit nichts verbindet, Ist und bleibt die Summe klein; Wer bei Tisch nur Liebe findet, Wird nach Tische hungrig sein.« Das Libretto stammt von Jean Nicolas Bouilly. </note> und darum wird vorläufig auch nichts verbunden werden. Es scheint dafür gesorgt zu sein, daß <persName xml:id="persName_0afe0e91-ff90-4321-aa5a-c30aa0b35c42">Elise<name key="PSN0115878" style="hidden" type="person">Woringen, Elise Johanna Maria von (?-1840)</name></persName> und <persName xml:id="persName_fc26fa9b-4a93-494b-88ef-e7ae1aa92c9f">Rosa<name key="PSN0115882" style="hidden" type="person">Woringen, Rosa Clementina von (1810-1875)</name></persName> von ihrer kleinen Erbschaft durch die <persName xml:id="persName_8e0304a9-64c2-45b8-a173-c9d51fe02356">Brüder<name key="PSN0115876" style="hidden" type="person">Woringen, Anton Wilhelm Jacob von (1802-1848)</name><name key="PSN0115879" style="hidden" type="person">Woringen, Franz Arnold Maria von (1804-1870)</name></persName> geholfen wird trotz meiner Predigt, sie möchten doch ja nun ihre Heiser<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_be32400b-8c22-407c-a503-9ae621234c6d" xml:lang="de">Heiser – Häuser.</note> hergeben! <persName xml:id="persName_6c1d5656-ab16-447c-848f-1f07b8a1f5af">Ferdinands<name key="PSN0115884" style="hidden" type="person">Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798-1851)</name></persName> häusliche Einrichtung und nun <persName xml:id="persName_09f42918-bae5-4e3a-b7fc-6b77655396bf">Franzens<name key="PSN0115879" style="hidden" type="person">Woringen, Franz Arnold Maria von (1804-1870)</name></persName> werden den EngelsGemüthern gewiß alles entlocken. Leider kommen sie den Winter nicht her. Du weißt, Fanny hatte ihnen ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit angeboten, und das wäre mir allerdings ein sehr lieber Ersatz in meiner langen Einsamkeit geworden. – Ich habe Fanny’n Luft und Licht durch das Opfer, der Hälfte der Fliederbäume umhauen zu laßen, gebracht, lieber Felix! Die Fenster der blauen Stube sind nun ganz frei; auch viele Linden- und Akazienzweige, eine Tanne und mehreres Gesträuch sind unbarmherzig vertilgt. Die häufigen Regen dieses Jahrs haben die „<hi n="1" rend="underline">Vegetation wie doll</hi>" allerdings noch schmarotzerhafter, üppiger als sonst gemacht. der wandelnde Wald<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4826cea1-8bca-4b5d-ac69-606d63dfe2b2" xml:lang="de">der wandelnde Wald – vermutlich eine Anspielung auf William Shakespeares wandernden Wald von Birnam in Macbeth.</note> v. <unclear reason="uncertain_reading" resp="FMBC">Dachrinnen</unclear>, der im Küchengarten aufgestapelt liegt, würde Euch einen ganzen Garten haben <hi rend="latintype">tourniren</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_b863947a-06ae-48bf-a116-0832de1e2298" xml:lang="de">tourniren – von frz. tourner; Tournieren bezeichnet beim Kochen das Zurechtschneiden von Obst, Gemüse, Kartoffeln und Eiern.</note> können, meine Kinder! Leider gehts doch nicht! <hi rend="latintype"><seg type="salute"><persName xml:id="persName_f3adfe38-011c-44c4-8570-d88c90a458fb">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></seg></hi>, Du erfreust mich unendlich durch Deine Berichte über <persName xml:id="persName_802f4650-bd32-4593-a971-743f52267f85">Carl<name key="PSN0113251" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Carl (seit ca. 1859: Karl) Wolfgang Paul (1838-1897)</name></persName> den Kleinen! setze sie fort, der Engel ist meine ganze Anbetung! nie hab ich <hi n="1" rend="underline">solche</hi> <hi rend="latintype">entrailles de grandmère</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_73ff71eb-80f9-4fc2-b659-a1bca93eb0be" xml:lang="fr ">entrailles de grandmère – frz., Großmutters Eingeweide.</note> verspürt! er hats mir angethan! – Hast Du, mein Herz! nicht eine kleine Pelz Fußdecke zurück gelaßen? ich glaub, es ist Deine die ich noch gefunden. Ist das Alabastergefäß unzerbrochen angekommen? ich fürchte <hi n="1" rend="underline">nein</hi>, weil Du so zart darüber geschwiegen. Schreib mir nur mehrere Artikel auf, die Du wünschest, damit ich Dir eine Kleinigkeit zum <date cert="high" when="1838-10-10" xml:id="date_41b9795e-4ffa-4db9-b69e-126bdda24d44">10 Okt.</date><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0ed33227-3ede-4539-9c56-e2d96fa05b49" xml:lang="de">10 Okt. – der 10. Oktober, der Geburtstag Cécile Mendelssohn Bartholdys.</note> senden könne: nenne verschiedenes zur Auswahl, <hi n="1" rend="underline">ich behalt es</hi>!</p> <p>Deiner <persName xml:id="persName_aa2edf7b-5a11-4f5e-8a08-ff1c03c7090a">Mutter<name key="PSN0112228" style="hidden" type="person">Jeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871)</name></persName> wollt ich immer danken, daß sie solche Tochter geboren, gebildet, erzogen; mir fehlt jetzt die Stimmung: sag ihr doch, wie ich Dich anerkenne, goutire,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_305bef88-a6da-4722-a4d6-f5065e4faf17" xml:lang="de">goutire – frz., Gefallen an etwas oder jemandem finden.</note> liebe, wie ich mir für Felix keine <hi n="1" rend="underline">paß</hi>endere <hi n="1" rend="underline">beßere</hi> Gefährtin hätte malen, denken, erdichten können. – Der Felix wird noch der allerlächerlichste Papa werden, zur Strafe, daß er <persName xml:id="persName_87fd78b7-e116-49b8-9acf-af99012d827e">Humboldt<name key="PSN0112143" style="hidden" type="person">Humboldt, Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander Freiherr von (1769-1859)</name></persName> das Carlchen nicht sehen laßen wollte! Er wird ihn im nächsten Koncert solo Kuchenbacken laßen! – Grüßt <persName xml:id="persName_086af112-735f-4033-bcc0-a94409a0651b">Hanne<name key="PSN0115077" style="hidden" type="person">Steffens, Johanna (Hanna) (1784-1855)</name></persName>, seid gesund, und küßt mein Abgöttchen.</p> <p><persName xml:id="persName_218f7cd3-ae31-4d7a-be91-5f5e77a3fb97">Königin Viktoria<name key="PSN0111572" style="hidden" type="person">Großbritannien und Irland, Alexandrina Victoria von (1819-1901)</name></persName> hat <persName xml:id="persName_e79d3215-b5f0-4d42-b90f-b55613fc9186">Hensels<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> Bilder nach <hi rend="latintype">Buckinghampalace</hi> kommen laßen, hat sich sehr mit ih<unclear reason="covering" resp="UT">m</unclear> unterhalten, und befohlen, ihn in <hi rend="latintype">Hamptoncourt</hi><seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>alles zu zeigen und ihn dort zeichen zu laßen was und wie er wolle, eine Freundlichkeit, die er durch <persName xml:id="persName_d890828a-16ac-4271-bb39-a1a92f45d0a3">Bülow<name key="PSN0110188" style="hidden" type="person">Bülow, Heinrich Freiherr von (1792-1846)</name></persName> in 4 Monaten nicht hat erlangen können. Sie sagte ihm, sie würde <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_ca4d9d16-4b51-43b7-98c5-5624863637ac">ihm</del> gern seine <gap quantity="2" reason="deletion" unit="words"></gap> <add place="above">Bilder kaufen<name key="PSN0113260" resp="writers_hand" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</name></add>, dürfe es aber der <hi rend="latintype">jealousy</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_1bdcdd80-3ecc-462a-97f8-b95c019f638f" xml:lang="fr ">jealousy – frz., Neid.</note> der engl. Maler wegen nicht, v. denen sie noch nichts gekauft. Wenns eine Phrase ist, so zeigt es doch <hi rend="latintype">obligeance</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_ba64e00d-89dc-473d-a755-7fb4740090d5" xml:lang="fr ">obligeance – frz., Hilfsbereitschaft.</note></p> <closer rend="left">Grüß Euch Gott, meine Lieben!</closer> </div> </body> </text></TEI>