gb-1838-08-01-01
Hilfe zum Zitier-Tool
Um wichtige Textpassagen (Zitate) zu speichern und auf diese via Hyperlink zu verweisen, markieren Sie bitte den gewünschten Textbereich.
Daraufhin erscheint ein Fenster, in welchem Sie die ausgewählte Textpassage inkl. des Hyperlinks zur weiteren Verwendung in die Zwischenablage kopieren können.
Düsseldorf, 1. August 1838
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse mit Zusätzen von fremder Hand, 3 Poststempel [DÜSSELDORF /1 8 / 9-10 N.], [LEIPZIG / 6 Aug. 38], [N 3 / 7/8], Siegel.
Johann Wilhelm Schirmer
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Dr: Felix Mendelssohn Bartholdy
in
.
LeipzigBerlin
No3
Mein Herz trägt Verlangen an Dich zu schreiben.
Über meine schnelle Abreise wirst Du wohl ein wenig gegrämt haben lieber Freund, jedoch kann das bei uns niemals von Dauer sein, zumal da ich Dir wenn auch jetzt erst die Veranlaßung meiner Eile mittheilen werde.
Deine frühere Äußerung, Du würdest mich immer in Kenntniß setzen bei Umtänden Dein Wohl oder Weh betreffend, ist mir ein zu theueres Wort gewesen, als daß ich jetzt schweigen soll.
Wenn Du lieber Felix Dich in Deinen Junggesellenstand zurückversetzest, und Dein damaliges Unmuthsgefühl bis zum 31 Lebensjahre in geometrischen Progressionen vergrößerst dann hast Du vermittelst Deiner genialen Phantasy einen Begriff von meinem Verlangen nach einem Weibe. Vergangenen Winter hatte ich das Glück oder Unglück mich zu verlieben, das Ziel meiner Wünsche war auf einen Besuch am dritten Pfingsttag bestimmt, auf der Insel Nonnenwerth, Herz und Hand zu wechseln mit einem Mädchen, welche ewig ein Engel in meinen Augen bleiben wird.
Die Familie ist katholisch, deshalb hat endlich nach langen Hoffen der Mutter mit Einwilligung der Tochter entschieden erklärt, die Kirche gestatte es eigentlich nicht daß eine Verbindung zwischen verschiedenen Konfessionen bestände, obschon sie früher anderer Meinung waren, wahrscheinlich
Nun denke Dir lieber Freund, das unglücklichste Verhältniß von der Welt meine Braut eine Nonne! es ist um verrückt zu werden.
Du kannst denken welchen unsäglichen Kummer mir die Geschichte in ihrer Neuheit gemacht hat erst ein paar Wochen im glücklichsten Wahn meines Lebens, und dann so eine Geschichte darauf. Doch ich glaube wenns möglich wäre ohne Kopf zu leben, es würde eine Art stumpfsinniger Ruhe mit der Zeit eintreten, und so hat sich’s denn auch mit mir gemacht, aber welche Leere, ich arbeite mit Unlust nur um dem Graus der Unbeschäftigung zu entgehen.
Das war also meine Neuigkeit, ich hätte gewünscht lieber Felix auf Deine für mich so erfreuliche Nachrichten des Glücks, ähnlich entgegnen zu können, aber diesmal lags nicht in meiner Macht; wenn ich so frei sein darf mich mit einer Sinfonie zu vergleichen vom lieben Gott, der seine Sätze schon durchzuführen versteht, so seh ich mich jetzt schon im Scerzo der Cmoll es hat würklich was glückliches Lebensverhältniß heißt noch keins für mich gegeben, doch fort, ich bin zu alt um noch sentimental zu werden, ich will resigniren und |3| meinen Pack tragen so gut wie es mir
Unser Comitée ist die Unentschlossenheit sel
Düsseldorfam
August1838
P.S. ich reise über 8 Tage nach
Mein Herz trägt Verlangen an Dich zu schreiben. Lieber Felix. Über meine schnelle Abreise wirst Du wohl ein wenig gegrämt haben lieber Freund, jedoch kann das bei uns niemals von Dauer sein, zumal da ich Dir wenn auch jetzt erst die Veranlaßung meiner Eile mittheilen werde. Deine frühere Äußerung, Du würdest mich immer in Kenntniß setzen bei Umtänden Dein Wohl oder Weh betreffend, ist mir ein zu theueres Wort gewesen, als daß ich jetzt schweigen soll. Wenn Du lieber Felix Dich in Deinen Junggesellenstand zurückversetzest, und Dein damaliges Unmuthsgefühl bis zum 31 Lebensjahre in geometrischen Progressionen vergrößerst dann hast Du vermittelst Deiner genialen Phantasy einen Begriff von meinem Verlangen nach einem Weibe. Vergangenen Winter hatte ich das Glück oder Unglück mich zu verlieben, das Ziel meiner Wünsche war auf einen Besuch am dritten Pfingsttag bestimmt, auf der Insel Nonnenwerth, Herz und Hand zu wechseln mit einem Mädchen, welche ewig ein Engel in meinen Augen bleiben wird. Die Familie ist katholisch, deshalb hat endlich nach langen Hoffen der Mutter mit Einwilligung der Tochter entschieden erklärt, die Kirche gestatte es eigentlich nicht daß eine Verbindung zwischen verschiedenen Konfessionen bestände, obschon sie früher anderer Meinung waren, wahrscheinlich hat hier ein strenger Jesuit die armen Seelen so geängstet, denn ich kannte meine Braut ganz anders, auch würde sie gewiß nicht eine Verlobung erst mit mir eingegangen sein wenn sie damals schon so orthodox gewesen wäre. Nun denke Dir lieber Freund, das unglücklichste Verhältniß von der Welt meine Braut eine Nonne! es ist um verrückt zu werden. Du kannst denken welchen unsäglichen Kummer mir die Geschichte in ihrer Neuheit gemacht hat erst ein paar Wochen im glücklichsten Wahn meines Lebens, und dann so eine Geschichte darauf. Doch ich glaube wenns möglich wäre ohne Kopf zu leben, es würde eine Art stumpfsinniger Ruhe mit der Zeit eintreten, und so hat sich’s denn auch mit mir gemacht, aber welche Leere, ich arbeite mit Unlust nur um dem Graus der Unbeschäftigung zu entgehen. Das war also meine Neuigkeit, ich hätte gewünscht lieber Felix auf Deine für mich so erfreuliche Nachrichten des Glücks, ähnlich entgegnen zu können, aber diesmal lags nicht in meiner Macht; wenn ich so frei sein darf mich mit einer Sinfonie zu vergleichen vom lieben Gott, der seine Sätze schon durchzuführen versteht, so seh ich mich jetzt schon im Scerzo der Cmoll es hat würklich was glückliches Lebensverhältniß heißt noch keins für mich gegeben, doch fort, ich bin zu alt um noch sentimental zu werden, ich will resigniren und meinen Pack tragen so gut wie es mir möglich ist. Unser Comitée ist die Unentschlossenheit selbst. Graf N. an der Spitze, ich arme Null ohne Zähler bin der einfachen Meinung, daß wir die ganze Anordnung des Musikfestes in die Hände des Mannes legen sollen, von dessen Bereitwilligkeit das Bestehen oder Vergehen unsrer Feste abhängt. Denn mags Dich interessiren oder nicht es hängt blos von Dir ab lieber Felix, die moralische Kraft dieses Instituts zu erwecken. das ist aber nicht von dir zu erwarten wenn nicht von unserer Seite das vollkommenste Zutrauen zu Dir practisch gezeigt wird, jedoch die armen Leute leiden ja selbst unter ihrer Unentschlossenheit und Lauheit im Handeln, und dann die schreckliche Empfindlichkeit – übrigens wäre es doch mein inniger sehnlicher Wunsch Dich im nächsten Jahre hier so recht mal zu haben, doch versteh’mich es ist nur so ein frommer Wunsch wie es dergleichen mehr gibt. Leider kann ich noch immer nur als Unbekannter Deine Frau grüßen aber aus Erkenntniß Deiner geschiehts aus vollem Herzen von Deinem treuen J. W. Schirmer. Düsseldorf am 1. August 1838 P. S. ich reise über 8 Tage nach Schwanheim bei Frankfurt um Studien zu machen
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1838-08-01-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1838-08-01-01" xml:id="title_e264eda0-16d3-4d5c-9319-382ba724bff4">Johann Wilhelm Schirmer an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Düsseldorf, 1. August 1838</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_c56527f2-de7a-4ca8-adac-7d0cc7647e82">Mein Herz trägt Verlangen an Dich zu schreiben.Über meine schnelle Abreise wirst Du wohl ein wenig gegrämt haben lieber Freund, jedoch kann das bei uns niemals von Dauer sein, zumal da ich Dir wenn auch</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_ede5e51a-0695-446e-89b7-8319a1a80920">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="fmb-1838-02-11-05" type="precursor" xml:id="title_54d878d6-5955-4f45-8c0b-16ce2bf47486">Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Wilhelm Schirmer in Düsseldorf; Leipzig, 11. Februar 1838</title> <title key="fmb-1838-11-21-01" type="successor" xml:id="title_e891f29e-0c0b-4a10-9d0e-0bf5dfab3d26">Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Wilhelm Schirmer in Düsseldorf; Berlin, 21. November 1838</title> <author key="PSN0114557">Schirmer, Johann Wilhelm (1807-1863)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0114557" resp="writer">Schirmer, Johann Wilhelm (1807-1863)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition"></name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_103f1bed-0c20-45b6-97b5-f6df0f03aa65"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Großbritannien</country> <settlement>Oxford</settlement> <institution key="RISM">GB-Ob</institution> <repository>Oxford, Bodleian Library</repository> <collection>Music Section</collection> <idno type="signatur">M.D.M. d. 34/26.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1838-08-01-01" type="letter" xml:id="title_d398e4ce-2ece-4525-ae78-42f094d63e3c">Johann Wilhelm Schirmer an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Düsseldorf, 1. August 1838</title> <incipit>Mein Herz trägt Verlangen an Dich zu schreiben.Über meine schnelle Abreise wirst Du wohl ein wenig gegrämt haben lieber Freund, jedoch kann das bei uns niemals von Dauer sein, zumal da ich Dir wenn auch</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc><p>1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse mit Zusätzen von fremder Hand, 3 Poststempel [DÜSSELDORF /1 8 / 9-10 N.], [LEIPZIG / 6 Aug. 38], [N 3 / 7/8], Siegel.</p><handDesc hands="1"><p>Johann Wilhelm Schirmer</p></handDesc><accMat><listBibl><bibl type="none"></bibl></listBibl></accMat></physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1838-08-01" xml:id="date_769a7eff-ef7a-460f-a762-01961ac52ec2">1. August 1838</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0114557" resp="author" xml:id="persName_66aaebec-d7e5-4f11-8ea4-cfdc3f7656e2">Schirmer, Johann Wilhelm (1807-1863)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0114557" resp="writer">Schirmer, Johann Wilhelm (1807–1863)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_02e56595-df0b-44b2-a33e-e8cf3e605f3e"> <settlement key="STM0100109">Düsseldorf</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_154e9e57-4c02-4c26-b69e-d8e8db7c8c83">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_c9a6b3af-30fa-48e1-941b-33af9a3208e1"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"></revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_5c939ecc-ff95-43f6-a27f-bcbce93ccf59"> <head> <address> <addrLine><hi rend="latintype">Dr: Felix Mendelssohn Bartholdy</hi></addrLine> <addrLine>Wohlgeboren</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">in</hi></addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype"><del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_06cd6d12-2ae4-41b8-be54-d156cf556edd">Leipzig</del></hi></hi>.</addrLine> <addrLine><add place="inline"><hi rend="latintype">Berlin</hi><name key="PSN0118477" resp="writers_hand" style="hidden">Unbekannt</name></add></addrLine> <addrLine><add place="inline">Leipziger Straße<name key="PSN0118477" resp="writers_hand" style="hidden">Unbekannt</name></add></addrLine> <addrLine><add place="inline"><hi rend="latintype">No</hi> 3<name key="PSN0118477" resp="writers_hand" style="hidden">Unbekannt</name></add></addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_4565596f-e293-45ea-b50a-61235977d101"> <docAuthor key="PSN0114557" resp="author" style="hidden">Schirmer, Johann Wilhelm (1807–1863)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0114557" resp="writer" style="hidden">Schirmer, Johann Wilhelm (1807–1863)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Mein Herz trägt Verlangen an Dich zu schreiben.</p> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_f241dcde-3a1d-4d2a-b115-0d18990bce15"> <salute rend="center">Lieber Felix.</salute> <p style="paragraph_without_indent">Über meine schnelle Abreise wirst Du wohl ein wenig gegrämt haben lieber Freund, jedoch kann das bei uns niemals von Dauer sein, zumal da ich Dir wenn auch jetzt erst die Veranlaßung meiner Eile mittheilen werde.</p> <p>Deine frühere Äußerung, Du würdest mich immer in Kenntniß setzen bei Umtänden Dein Wohl oder Weh betreffend, ist mir ein zu theueres Wort gewesen, als daß ich jetzt schweigen soll.</p> <p>Wenn Du lieber Felix Dich in Deinen Junggesellenstand zurückversetzest, und Dein damaliges Unmuthsgefühl bis zum 31 Lebensjahre in geometrischen Progressionen vergrößerst dann hast Du vermittelst Deiner genialen Phantasy einen Begriff von meinem Verlangen nach einem Weibe. Vergangenen Winter hatte ich das Glück oder Unglück mich zu verlieben, das Ziel meiner Wünsche war auf einen Besuch am dritten Pfingsttag bestimmt, auf der Insel Nonnenwerth, Herz und Hand zu wechseln mit einem Mädchen, welche ewig ein Engel in meinen Augen bleiben wird.</p> <p>Die Familie ist katholisch, deshalb hat endlich nach langen Hoffen der Mutter mit Einwilligung der Tochter <hi n="1" rend="underline">entschieden</hi> erklärt, die Kirche gestatte es eigentlich nicht daß eine Verbindung zwischen verschiedenen Konfessionen bestände, obschon sie früher anderer Meinung waren, wahrscheinlich<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>hat hier ein strenger Jesuit die armen Seelen so geängstet, denn ich kannte meine Braut ganz anders, auch würde sie gewiß nicht eine Verlobung erst mit mir eingegangen sein wenn sie damals schon so orthodox gewesen wäre.</p> <p>Nun denke Dir lieber Freund, das unglücklichste Verhältniß von der Welt meine Braut eine Nonne! es ist um verrückt zu werden.</p> <p>Du kannst denken welchen unsäglichen Kummer mir die Geschichte in ihrer Neuheit gemacht hat erst ein paar Wochen im glücklichsten Wahn meines Lebens, und dann so eine Geschichte darauf. Doch ich glaube wenns möglich wäre ohne Kopf zu leben, es würde eine Art stumpfsinniger Ruhe mit der Zeit eintreten, und so hat sich’s denn auch mit mir gemacht, aber welche Leere, ich arbeite mit Unlust nur um dem Graus der Unbeschäftigung zu entgehen.</p> <p>Das war also meine Neuigkeit, ich hätte gewünscht lieber Felix auf Deine für mich so erfreuliche Nachrichten des Glücks, ähnlich entgegnen zu können, aber diesmal lags nicht in meiner Macht; wenn ich so frei sein darf mich mit einer Sinfonie zu vergleichen vom lieben Gott, der seine Sätze schon durchzuführen versteht, so seh ich mich jetzt schon im Scerzo der Cmoll es hat würklich was glückliches Lebensverhältniß heißt noch keins für mich gegeben, doch fort, ich bin zu alt um noch sentimental zu werden, ich will resigniren und |3| meinen Pack tragen so gut wie es mir <unclear reason="covering" resp="UT">möglich</unclear> ist. </p> <p>Unser <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_9bcb298a-5ff3-42e9-927c-bc5f81e889ec">Comitée<name key="NST0100560" style="hidden" subtype="Komitee" type="institution">21. Niederrheinisches Musikfest (1839)</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi> ist die Unentschlossenheit sel<unclear reason="covering" resp="UT">bst.</unclear> <persName xml:id="persName_9862f35a-ffe9-45f4-b749-c10ffa628e0d">Graf N.<name key="PSN0113573" style="hidden" type="person">Nesselrode-Ehreshoven, Franz Bertram Reichsgraf von (1783-1847)</name></persName> an der Spitze, ich arme Null ohne Zähler bin der einfachen Meinung, daß wir die ganze Anordnung des Musikfestes in die Hände des Mannes legen sollen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_6a1fb2b4-5afe-4e6a-bec5-a03c99e6518d" xml:lang="de">die ganze Anordnung des Musikfestes in die Hände des Mannes legen sollen – Felix Mendelssohn Bartholdy bereitete federführend das 20. und 21. Niederrheinische Musikfestes in Köln und Düsseldorf vor und leitete diese Musikfeste 1838 in Köln und 1839 in Düsseldorf. </note> von dessen Bereitwilligkeit das Bestehen oder Vergehen unsrer Feste abhängt. Denn mags Dich interessiren oder nicht es hängt blos von Dir ab lieber Felix, die moralische Kraft dieses <placeName xml:id="placeName_027a9d67-1ffa-4041-8cb9-0f4fec59e94d">Instituts<name key="NST0100560" style="hidden" subtype="Komitee" type="institution">21. Niederrheinisches Musikfest (1839)</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zu erwecken. das ist aber nicht von dir zu erwarten wenn nicht von unserer Seite das vollkommenste Zutrauen zu Dir practisch gezeigt wird, jedoch die armen Leute leiden ja selbst unter ihrer Unentschlossenheit und Lauheit im Handeln, und dann die schreckliche Empfindlichkeit – übrigens wär<unclear reason="paper_destruction" resp="UT">e</unclear> es doch mein inniger sehnlicher Wunsch Dich im nächsten Jahre hier so recht mal zu haben, doch versteh’mich es ist nur so ein frommer Wunsch wie es dergleichen mehr gibt.</p> <closer rend="left">Leider kann ich noch immer nur als Unbekannter Deine <persName xml:id="persName_bd15ffda-efa5-433d-86d7-228eb118af16">Frau<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> grüßen aber aus Erkennt<unclear reason="paper_destruction" resp="UT">niß</unclear> Deiner geschiehts aus vollem Herzen </closer> <signed rend="right">von Deinem treuen</signed> <signed rend="right">J. W. Schirmer.</signed> <dateline rend="left"><hi rend="latintype">Düsseldorf</hi> am <date cert="high" when="1838-08-01" xml:id="date_58cd4032-9936-4efd-b4a2-9bbba48f73a9">1. <hi rend="latintype">August</hi> 1838</date></dateline> <docAuthor key="PSN0114557" resp="author" style="hidden">Schirmer, Johann Wilhelm (1807–1863)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0114557" resp="writer" style="hidden">Schirmer, Johann Wilhelm (1807–1863)</docAuthor> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_97cb9e6d-f467-4fb4-ba90-593cdb33dbbc"> <docAuthor key="PSN0114557" resp="author" style="hidden">Schirmer, Johann Wilhelm (1807–1863)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0114557" resp="writer" style="hidden">Schirmer, Johann Wilhelm (1807–1863)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">P.S. ich reise über 8 Tage nach <placeName xml:id="placeName_b5e43e61-15cd-4ea0-b4b2-9d1123eec026">Schwanheim<settlement key="STM0104307" style="hidden" type="area">Schwanheim</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> bei <placeName xml:id="placeName_fef7370d-33ad-4dfb-a542-621802a33bdb">Frankfurt<settlement key="STM0100204" style="hidden" type="locality">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> um Studien zu machen</p> </div> </body> </text></TEI>