gb-1838-06-19-02

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Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin <lb/>London, 19. Juni 1838 Heute hätte ich Dir auf alle Fälle geschrieben, um mir mit obigem Ausrufe Luft zu machen, nun macht mir noch die Anlage Mut, in der, so hoffe ich, Oper mit Sujet und allem Guten fertig Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; Berlin, 19. Mai 1838<a xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" href="/brief-zwei-spalten/fmb-1838-05-19-02/gb-1838-06-19-02" target="_blank">Brief - fmb-1838-05-19-02</a> Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; Leipzig, zwischen dem 5. und 30. Dezember 1838<a xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml" href="/brief-zwei-spalten/gb-1838-06-19-02/fmb-1838-12-30-03" target="_blank">Brief - fmb-1838-12-30-03</a> Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) Transkription: FMB-C Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 33/22. Autograph Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 19. Juni 1838 Heute hätte ich Dir auf alle Fälle geschrieben, um mir mit obigem Ausrufe Luft zu machen, nun macht mir noch die Anlage Mut, in der, so hoffe ich, Oper mit Sujet und allem Guten fertig

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.

Carl Klingemann

Entwurf zum Oratorien-Libretto »Elias«

Green Books

Klingemann, Briefwechsel, S. 233 (Teildruck).

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

19. Juni 1838 Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) LondonGroßbritannien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) BerlinDeutschland deutsch
Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) London, 19. Juni 1838. Für alle meine Sünden Verzeihung, wie immer, alter Freund!

Heute hätte ich Dir auf alle Fälle geschrieben, um mir mit obigem Ausrufe Luft zu machen, nun macht mir noch die Anlage Mut, in der, so hoffe ich, Oper mit Sujet<name key="PSN0112434" style="hidden" type="author">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</name><name key="CRT0109517" style="hidden" type="literature">Elias (Libretto)</name>[→]Oper mit Sujet – Im September 1837 hatten Mendelssohn und Klingemann einen Entwurf zu dem Oratorium Elias MWV A 25 erstellt (GB-Ob, M.D.M. c. 27, fol. 33–44), dessen Ausarbeitung zu einem Libretto Klingemann übernehmen wollte, bislang aber nicht vorangetrieben hatte. Siehe auch Raphael Graf von Hoensbroech, Felix Mendelssohn Bartholdys unvollendetes Oratorium Christus, Kassel 2006, S. 106 f. und allem Guten fertig oder doch embryonisch drin steckt.

Ich wollte Dir und Deinem Verlangen dem Verlangen gemäß umgehend dienen, und tats dann doch nicht, weil ich immer dachte, mein gutes Stündlein sollte noch schlagen, und ich könnte Dir ein paar Verse oder fertige Akte schicken. Aber wie immer kams zu nichts, ich hatte nichts davon als meinen Grimm über das arme Wort umgehend, das ich leider immer als ein überirdischer Geist in seinem anderen dilatorischen Sinne gebrauche, und Du hast auch nichts davon gehabt, als den mutmaßlichen Aerger.

Dann habe ich die Papiere zusammengepackt, und in fortwährender melancholischer Sehnsucht nach dem obenerwähnten Stündlein mich nicht davon trennen können, ohne eine Abschrift zurückzubehalten. – Damit gingen Stunden und Minuten so vollends hin, daß ich nicht zu armen zwei Begleitworten Zeit hatte und Dir das Paket erst verspätet, dann noch in verdrießlichem Schweigen unter die Augen geraten sein muß.

Es ist traurig, daß ich mich nun so von Dir aufgeben lassen muß, aber was ist zu machen, wenn man faul ist und sein dummes Amt hat. Hätte ichs |2| nicht, machte ich freilich auch nichts, aber man könnte doch erst mal sehen.

HenselHensel, Wilhelm (1794-1861) ist nun hier,[→]Hensel ist nun hier – Wilhelm Hensel reiste Ende Mai 1838 anlässlich der Krönung von Alexandrina Victoria I. nach London, wo er die ersten acht Tage bei Carl Klingemann wohnte. Die Reise diente vornehmlich dazu, eigene Bilder zu präsentieren und seine Bekanntheit als Künstler zu steigern. Siehe auch die Briefe von Wilhelm Hensel an Fanny Hensel vom 26. Mai 1838 (D-B, MA Depos. 3,1,64) und vom 29. Mai 1838 (D-B, MA Depos. 3,1,65). und hat die ersten 8 Tage bei mir gewohnt und so gabs Treiben und Erzählen, Berathen und Copuliren, kurz gute Zeit die Hülle und die Fülle. Endlich freilich fand sich ein leidlicher, wenn auch kleiner Raum für die Bilder, und so mußten wir uns trennen, und er macht nun die honneurs dort. Im Ganzen denke ich muß er sehr zufrieden seyn mit seiner hiesigen Aufnahme, – die Geschmacksrichtung wendet sich jetzt in Bildern mehr wie sonst der Continentalkunst zu, und man ist gespannt auf das was sie drüben machen können. Dazu kommt die bekannte gründliche Freundlichkeit der hiesigen Leute. Nun geht’s nicht schnell, ob Hensel gleich, schon diesmal, zu einem Resultate kommt, das ist sehr die Frage; – hier muß ordentlich gepflegt werden, ein Capital versenkt, und dann gewartet bis es aufgeht.

Mir gefallen seine Bilder sehr, es ist was sehr Harmonisches und Geordnetes in seinem Streben – darum ist die Wirkung auch nicht so schlagend. Aber entschiedener mögte ich sie doch, unbefangener, – in der Miriam<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109197" style="hidden" type="art">Miriam (Ölgemälde 1836)</name> z.b. scheints mir, kommen die Personen von BerlinBerlinDeutschland freien Unter-Intentionen zum rechten Jubiliren, noch zur Wohlandächtigkeit, und nur von beiden müßte man doch drin lesen können. Den Christus<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109166" style="hidden" type="art">Christus in der Wüste (Ölgemälde 1837/38)</name> müßte man entschieden an seinem Platze, in einer Kirche, sehen, um ganz gerecht dagegen zu seyn, – mich stört in der Nähe das zu blühende, (hübsche) im Colorit.

|3| NovelloNovello, Joseph Alfred (1810-1896) war bei mir und hat mir von Dir und vom Musikfest20. Niederrheinisches Musikfest (1838)KölnDeutschland erzählt. Zu Pfingsten selber dachte ich daran und hatte großes Heimweh! – ich habe ihn gescholten daß er mir seine Reise nicht mit einem Worte wissen ließ – jetzt kam er mit dem Psalm vom Hirsch<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_6t9gxvc1-y22x-yakl-6mct-7274i9fnxpdc"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"/> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"/> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"/> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"/></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. Dezember 1837<idno type="MWV">A 15</idno><idno type="op">42</idno></name>, der mir besser gefällt wie je, und wir haben daran die Uebersetzung zusammen gebracht. Wenn ich so klar sehe wie Einer nur was von mir will, trag ichs ihm nich nach. – Er sagt mir aber Du seyst angegriffen gewesen und wenig erfreut vom Fest – ich fürchte ich muß meinen Satz vom öffentlichen Wirken bei Dir aufgeben und Dich in die Stille grüner Häuslichkeit fahren lassen.

Komm nur noch einmal nach England – so will es auch MoreMoore, Joseph (1766-1851), der mich neulich besuchte und der noch ein MusikfestThe Birmingham Triennial Music FestivalBirminghamGroßbritannien arrangiren will und sich dann auch zurückziehen, dabei rechnet er auf Dich.

Ich kann leider nicht heraus nach Deutschland! Unsere Wege, fürchte ich, trennen sich auf lange! Darum gieb Du nur fleißig heraus und leiste was in öffentlichen Noten sämmtlicher Gattungen da verstehe ich Dich schon – und finde Dich schon wieder.

Dein Concert<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_1crqecth-7ncl-1pdq-8hx1-7y02nqjjp3oy"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"/> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"/> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"/> <item n="4" sortKey="concerts_and_concertante_works" style="hidden"/></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100353" style="hidden">Konzert Nr. 2 d-Moll für Klavier und Orchester bzw. Streichorchester, [Mai 1837] bis 5. August 1837<idno type="MWV">O 11</idno><idno type="op">40</idno></name>[→]Dein Concert – Felix Mendelssohn Bartholdy, 2. Klavierkonzert d-Moll, op. 40 (MWV O 11). Es erschien 1838 unter dem Titel Grand Concerto bei J. A. Novello in London (Klavierstimme PN 539, Streicherstimmen PN 305, Harmoniestimmen unbekannt; siehe MWV, S. 236). habe ich in der letzten Zeit mir oft überspielen müssen und es fühlt sich wunderlich an. Die Zustände der Zeit wo ich es zuerst von Dir hörte, zogen sich wunderlich durch Sätze bei denen wohl eine andere Wirkung beabsichtigt war; es schadet indessen dem Totaleffect nicht.

Die neueren Todtschläger auf dem Piano haben das äußerlich, was ich diesen Concerten innerlich noch mehr wünsche, und was Dein nächstes haben wird, eine gewiße Steigerung des Stücks; ich denke mir, wenn ein Satz, ein Gedanke oder Passage wiedergebracht wird, wär es sehr wohl schön wenn er nicht blos in einer andern Tonart, sondern auch mit anderem neueren |4| Beisatz wieder auftritt.

Gestern war das letzte PhilharmonicPhilharmonic SocietyLondonGroßbritannien, mit Deiner Sinfonie in A <hi rend="latintype">dur</hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_xba2h7mc-v10p-igag-w6nh-7jn3ba38adgx"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"/> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"/> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"/> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"/></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100342" style="hidden">Sinfonie A-Dur (»Italienische«) für Orchester, [Ende 1830] bis 13. März 1833; [Juni 1834 bis Anfang 1835]<idno type="MWV">N 16</idno><idno type="op">90</idno></name>. Sie ging recht gut – MoschelesMoscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870) dirigirte, mit vieler Liebe. Hätten wir sie nur in der neuen Bearbeitung gehabt. Aber auch wie sie war hat sie mir wieder unendlich gefallen, Andante und letzter Satz mehr wie je.

Gieb sie doch heraus, verbeßert, in Partitur und zu 4. Händen. Der letzte Satz ist so, daß man sich wohl einmal daran satt hören mögte, er läßt einen Durst nach. – Sonst hat sich das PhilhPhilharmonic SocietyLondonGroßbritannien. durch besonders schlechte Aufführungen dies Jahr ausgezeichnet – sie haben was im Ledernen geleistet.

BennetBennett, (seit 1871) Sir William Sterndale (1816-1875) spielte gestern Abend, ein Concert in f <hi rend="latintype">moll</hi><name key="PSN0109864" style="hidden" type="author">Bennett, (seit 1871) Sir William Sterndale (1816–1875)</name><name key="CRT0108151" style="hidden" type="music">4. Klavierkonzert f-Moll, op. 19</name>.[→]ein Concert in f moll – siehe Foster, Philharmonic Society, S. 152. Recht hübsch, frei und geschickt, – aber beim Himmel ich bin nicht partheiisch und gegen ihn eingenommen, wenn ich sage: das thuts nicht. Seine Adagios sind immer das Beste – in den anderen Sätzen ist er nicht resolut genug. –

Grüße Deine FrauMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)! Du hast ja nun wieder Gegenwart also sonnige Laune – laß mir was davon zu Gute kommen. O Himmel – mir geht’s auch so daß ich immer weniger ordentliche Briefe schreiben kann; aber bei mir liegts nicht am Gewissen der Gegenwart – ich sehe noch immer in die Zukunft obgleich mit dem abgeschmackten Gefühl daß sie mir doch nichts bringt.

Mir thuts am besten, mich in ein großes Stück himmlische Beschaulichkeit zu wickeln – je weniger man mich darin stört, desto besser.

Wie tief absurd alle der Kram von der Krönung[→]Kram von der Krönung – Gemeint ist die Krönung der Prinzessin Alexandrina Victoria von Kent zur Königin Victoria von England im Juni 1838. hier um mich herum summt, und brummt, kannst Du Dir denken. Und doch kann man nicht davon und muß sein Theil eben leiden. –

Freund MoschelesMoscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870) hat, glaub ich, ein neues Werk auf dem Amboß, oder vielmehr seine Frau – mir fiel wenigstens letzten Sonntag wie wir dort waren, die Art auf, wie sie ihr Taschentuch hielt.

Bleibe mir gewogen! Je weniger mans verdient, desto größer ist das Verdienst. Immer Dein CKl.
            London, 19. Juni 1838. Für alle meine Sünden Verzeihung, wie immer, alter Freund!
Heute hätte ich Dir auf alle Fälle geschrieben, um mir mit obigem Ausrufe Luft zu machen, nun macht mir noch die Anlage Mut, in der, so hoffe ich, Oper mit Sujet und allem Guten fertig oder doch embryonisch drin steckt.
Ich wollte Dir und Deinem Verlangen dem Verlangen gemäß umgehend dienen, und tats dann doch nicht, weil ich immer dachte, mein gutes Stündlein sollte noch schlagen, und ich könnte Dir ein paar Verse oder fertige Akte schicken. Aber wie immer kams zu nichts, ich hatte nichts davon als meinen Grimm über das arme Wort umgehend, das ich leider immer als ein überirdischer Geist in seinem anderen dilatorischen Sinne gebrauche, und Du hast auch nichts davon gehabt, als den mutmaßlichen Aerger.
Dann habe ich die Papiere zusammengepackt, und in fortwährender melancholischer Sehnsucht nach dem obenerwähnten Stündlein mich nicht davon trennen können, ohne eine Abschrift zurückzubehalten. – Damit gingen Stunden und Minuten so vollends hin, daß ich nicht zu armen zwei Begleitworten Zeit hatte und Dir das Paket erst verspätet, dann noch in verdrießlichem Schweigen unter die Augen geraten sein muß.
Es ist traurig, daß ich mich nun so von Dir aufgeben lassen muß, aber was ist zu machen, wenn man faul ist und sein dummes Amt hat. Hätte ichs nicht, machte ich freilich auch nichts, aber man könnte doch erst mal sehen.
Hensel ist nun hier, und hat die ersten 8 Tage bei mir gewohnt und so gabs Treiben und Erzählen, Berathen und Copuliren, kurz gute Zeit die Hülle und die Fülle. Endlich freilich fand sich ein leidlicher, wenn auch kleiner Raum für die Bilder, und so mußten wir uns trennen, und er macht nun die honneurs dort. Im Ganzen denke ich muß er sehr zufrieden seyn mit seiner hiesigen Aufnahme, – die Geschmacksrichtung wendet sich jetzt in Bildern mehr wie sonst der Continentalkunst zu, und man ist gespannt auf das was sie drüben machen können. Dazu kommt die bekannte gründliche Freundlichkeit der hiesigen Leute. Nun geht’s nicht schnell, ob Hensel gleich, schon diesmal, zu einem Resultate kommt, das ist sehr die Frage; – hier muß ordentlich gepflegt werden, ein Capital versenkt, und dann gewartet bis es aufgeht.
Mir gefallen seine Bilder sehr, es ist was sehr Harmonisches und Geordnetes in seinem Streben – darum ist die Wirkung auch nicht so schlagend. Aber entschiedener mögte ich sie doch, unbefangener, – in der Miriam z. b. scheints mir, kommen die Personen von Berlin freien Unter-Intentionen zum rechten Jubiliren, noch zur Wohlandächtigkeit, und nur von beiden müßte man doch drin lesen können. Den Christus müßte man entschieden an seinem Platze, in einer Kirche, sehen, um ganz gerecht dagegen zu seyn, – mich stört in der Nähe das zu blühende, (hübsche) im Colorit.
 Novello war bei mir und hat mir von Dir und vom Musikfest erzählt. Zu Pfingsten selber dachte ich daran und hatte großes Heimweh! – ich habe ihn gescholten daß er mir seine Reise nicht mit einem Worte wissen ließ – jetzt kam er mit dem Psalm vom Hirsch, der mir besser gefällt wie je, und wir haben daran die Uebersetzung zusammen gebracht. Wenn ich so klar sehe wie Einer nur was von mir will, trag ichs ihm nich nach. – Er sagt mir aber Du seyst angegriffen gewesen und wenig erfreut vom Fest – ich fürchte ich muß meinen Satz vom öffentlichen Wirken bei Dir aufgeben und Dich in die Stille grüner Häuslichkeit fahren lassen.
Komm nur noch einmal nach England – so will es auch More, der mich neulich besuchte und der noch ein Musikfest arrangiren will und sich dann auch zurückziehen, dabei rechnet er auf Dich.
Ich kann leider nicht heraus nach Deutschland! Unsere Wege, fürchte ich, trennen sich auf lange! Darum gieb Du nur fleißig heraus und leiste was in öffentlichen Noten sämmtlicher Gattungen da verstehe ich Dich schon – und finde Dich schon wieder.
Dein Concert habe ich in der letzten Zeit mir oft überspielen müssen und es fühlt sich wunderlich an. Die Zustände der Zeit wo ich es zuerst von Dir hörte, zogen sich wunderlich durch Sätze bei denen wohl eine andere Wirkung beabsichtigt war; es schadet indessen dem Totaleffect nicht.
Die neueren Todtschläger auf dem Piano haben das äußerlich, was ich diesen Concerten innerlich noch mehr wünsche, und was Dein nächstes haben wird, eine gewiße Steigerung des Stücks; ich denke mir, wenn ein Satz, ein Gedanke oder Passage wiedergebracht wird, wär es sehr wohl schön wenn er nicht blos in einer andern Tonart, sondern auch mit anderem neueren Beisatz wieder auftritt.
Gestern war das letzte Philharmonic, mit Deiner Sinfonie in A dur . Sie ging recht gut – Moscheles dirigirte, mit vieler Liebe. Hätten wir sie nur in der neuen Bearbeitung gehabt. Aber auch wie sie war hat sie mir wieder unendlich gefallen, Andante und letzter Satz mehr wie je.
Gieb sie doch heraus, verbeßert, in Partitur und zu 4. Händen. Der letzte Satz ist so, daß man sich wohl einmal daran satt hören mögte, er läßt einen Durst nach. – Sonst hat sich das Philh. durch besonders schlechte Aufführungen dies Jahr ausgezeichnet – sie haben was im Ledernen geleistet.
Bennet spielte gestern Abend, ein Concert in f moll. Recht hübsch, frei und geschickt, – aber beim Himmel ich bin nicht partheiisch und gegen ihn eingenommen, wenn ich sage: das thuts nicht. Seine Adagios sind immer das Beste – in den anderen Sätzen ist er nicht resolut genug. –
Grüße Deine Frau! Du hast ja nun wieder Gegenwart also sonnige Laune – laß mir was davon zu Gute kommen. O Himmel – mir geht’s auch so daß ich immer weniger ordentliche Briefe schreiben kann; aber bei mir liegts nicht am Gewissen der Gegenwart – ich sehe noch immer in die Zukunft obgleich mit dem abgeschmackten Gefühl daß sie mir doch nichts bringt.
Mir thuts am besten, mich in ein großes Stück himmlische Beschaulichkeit zu wickeln – je weniger man mich darin stört, desto besser.
Wie tief absurd alle der Kram von der Krönung hier um mich herum summt, und brummt, kannst Du Dir denken. Und doch kann man nicht davon und muß sein Theil eben leiden. –
Freund Moscheles hat, glaub ich, ein neues Werk auf dem Amboß, oder vielmehr seine Frau – mir fiel wenigstens letzten Sonntag wie wir dort waren, die Art auf, wie sie ihr Taschentuch hielt.
Bleibe mir gewogen! Je weniger mans verdient, desto größer ist das Verdienst. Immer Dein
CKl.          
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Juni 1838 </title> <incipit>Heute hätte ich Dir auf alle Fälle geschrieben, um mir mit obigem Ausrufe Luft zu machen, nun macht mir noch die Anlage Mut, in der, so hoffe ich, Oper mit Sujet und allem Guten fertig</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.</p> <handDesc hands="1"> <p>Carl Klingemann</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="textTemplate">Entwurf zum Oratorien-Libretto »Elias«</bibl> </listBibl></accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Klingemann, Briefwechsel, S. 233 (Teildruck).</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1838-06-19" xml:id="date_c05302e8-2e91-4634-9c8e-88129a3b66cf">19. Juni 1838</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0112434" resp="author" xml:id="persName_2e74cf75-6f12-4727-b078-a719192664e2">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0112434" resp="writer">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_d4fef096-722f-45bc-aac0-03923523a20a"> <settlement key="STM0100126">London</settlement><country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_8b5910db-c6cb-4b0a-96bd-5140969bcfc0">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_4dafb463-5728-4f8e-8eb6-4c6b4285131f"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_78240c68-e134-4c99-8775-1fa17d94bd3d"> <docAuthor key="PSN0112434" resp="author" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112434" resp="writer" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <dateline rend="right">London, <date cert="high" when="1838-06-19" xml:id="date_689971be-6a1b-4dbb-8a3c-6c6ea695c530">19. Juni 1838</date>.</dateline> <salute rend="left">Für alle meine Sünden Verzeihung, wie immer, alter Freund!</salute> <p style="paragraph_without_indent">Heute hätte ich Dir auf alle Fälle geschrieben, um mir mit obigem Ausrufe Luft zu machen, nun macht mir noch die Anlage Mut, in der, so hoffe ich, <title xml:id="title_b6f606f1-8468-4fae-b386-e2722444e11f">Oper mit Sujet<name key="PSN0112434" style="hidden" type="author">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</name><name key="CRT0109517" style="hidden" type="literature">Elias (Libretto)</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_797dfe22-ab82-4558-ae48-67905de8c8cb" xml:lang="de">Oper mit Sujet – Im September 1837 hatten Mendelssohn und Klingemann einen Entwurf zu dem Oratorium Elias MWV A 25 erstellt (GB-Ob, M.D.M. c. 27, fol. 33–44), dessen Ausarbeitung zu einem Libretto Klingemann übernehmen wollte, bislang aber nicht vorangetrieben hatte. Siehe auch Raphael Graf von Hoensbroech, Felix Mendelssohn Bartholdys unvollendetes Oratorium Christus, Kassel 2006, S. 106 f. </note> und allem Guten fertig oder doch embryonisch drin steckt.</p> <p>Ich wollte Dir und Deinem Verlangen dem Verlangen gemäß <hi n="1" rend="underline">umgehend</hi> dienen, und tats dann doch nicht, weil ich immer dachte, mein gutes Stündlein sollte noch schlagen, und ich könnte Dir ein paar Verse oder fertige Akte schicken. Aber wie immer kams zu nichts, ich hatte nichts davon als meinen Grimm über das arme Wort <hi n="1" rend="underline">umgehend</hi>, das ich leider immer als ein überirdischer Geist in seinem anderen dilatorischen Sinne gebrauche, und Du hast auch nichts davon gehabt, als den mutmaßlichen Aerger.</p> <p>Dann habe ich die Papiere zusammengepackt, und in fortwährender melancholischer Sehnsucht nach dem obenerwähnten Stündlein mich nicht davon trennen können, ohne eine Abschrift zurückzubehalten. – Damit gingen Stunden und Minuten so vollends hin, daß ich nicht zu armen zwei Begleitworten Zeit hatte und Dir das Paket erst verspätet, dann noch in verdrießlichem Schweigen unter die Augen geraten sein muß.</p> <p>Es ist traurig, daß ich mich nun so von Dir aufgeben lassen muß, aber was ist zu machen, wenn man faul ist und sein dummes Amt hat. Hätte ichs<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>nicht, machte ich freilich auch nichts, aber man könnte doch erst mal sehen. </p> <p><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_6628dbcf-cc0c-423a-836b-15cb5860e7ad">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName></hi> ist nun hier,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_67c63ab4-dea2-485a-977d-1c941d2b89d4" xml:lang="de">Hensel ist nun hier – Wilhelm Hensel reiste Ende Mai 1838 anlässlich der Krönung von Alexandrina Victoria I. nach London, wo er die ersten acht Tage bei Carl Klingemann wohnte. Die Reise diente vornehmlich dazu, eigene Bilder zu präsentieren und seine Bekanntheit als Künstler zu steigern. Siehe auch die Briefe von Wilhelm Hensel an Fanny Hensel vom 26. Mai 1838 (D-B, MA Depos. 3,1,64) und vom 29. Mai 1838 (D-B, MA Depos. 3,1,65). </note> und hat die ersten 8 Tage bei mir gewohnt und so gabs Treiben und Erzählen, Berathen und Copuliren, kurz gute Zeit die Hülle und die Fülle. Endlich freilich fand sich ein leidlicher, wenn auch kleiner Raum für die Bilder, und so mußten wir uns trennen, und er macht nun die <hi rend="latintype">honneurs</hi> dort. Im Ganzen denke ich muß er sehr zufrieden seyn mit seiner hiesigen Aufnahme, – die Geschmacksrichtung wendet sich jetzt in Bildern mehr wie sonst der Continentalkunst zu, und man ist gespannt auf das was sie drüben machen können. Dazu kommt die bekannte gründliche Freundlichkeit der hiesigen Leute. Nun geht’s nicht schnell, ob Hensel gleich, schon diesmal, zu einem Resultate kommt, das ist sehr die Frage; – hier muß ordentlich gepflegt werden, ein Capital versenkt, und dann gewartet bis es aufgeht.</p> <p>Mir gefallen seine Bilder sehr, es ist was sehr Harmonisches und Geordnetes in seinem Streben – darum ist die Wirkung auch nicht so schlagend. Aber entschiedener mögte ich sie doch, unbefangener, – in der <title xml:id="title_c0d14410-d1f6-4dd0-ab44-ff2ace370496">Miriam<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109197" style="hidden" type="art">Miriam (Ölgemälde 1836)</name></title> z.b. scheints mir, kommen die Personen von <placeName xml:id="placeName_952bba3c-8242-425b-bc32-458585a83e87">Berlin<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> freien Unter-Intentionen zum rechten Jubiliren, noch zur Wohlandächtigkeit, und nur von beiden müßte man doch drin lesen können. Den <title xml:id="title_205dcf42-e1ef-4c03-9c07-d6f2ef8cca91">Christus<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109166" style="hidden" type="art">Christus in der Wüste (Ölgemälde 1837/38)</name></title> müßte man entschieden an seinem Platze, in einer Kirche, sehen, um ganz gerecht dagegen zu seyn, – mich stört in der Nähe das zu blühende, (hübsche) im Colorit.</p> <p><seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9241d679-f6d4-4a53-9d19-8699c12b7ca7">Novello<name key="PSN0113624" style="hidden" type="person">Novello, Joseph Alfred (1810-1896)</name></persName></hi> war bei mir und hat mir von Dir und vom <placeName xml:id="placeName_2708546c-e41d-4bac-82d7-42b48a69bc60">Musikfest<name key="NST0100548" style="hidden" subtype="" type="institution">20. Niederrheinisches Musikfest (1838)</name><settlement key="STM0100107" style="hidden" type="locality">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> erzählt. Zu Pfingsten selber dachte ich daran und hatte großes Heimweh! – ich habe ihn gescholten daß er mir seine Reise nicht mit einem Worte wissen ließ – jetzt kam er mit dem <title xml:id="title_53648b21-49bb-48d5-9c8e-dcb150fb20fe">Psalm vom Hirsch<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_6t9gxvc1-y22x-yakl-6mct-7274i9fnxpdc"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100115" style="hidden">Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, April bis Juli 1837; 22. Dezember 1837<idno type="MWV">A 15</idno><idno type="op">42</idno></name></title>, der mir besser gefällt wie je, und wir haben daran die Uebersetzung zusammen gebracht. Wenn ich so klar sehe wie Einer nur was von mir will, trag ichs ihm nich nach. – Er sagt mir aber Du seyst angegriffen gewesen und wenig erfreut vom Fest – ich fürchte ich muß meinen Satz vom öffentlichen Wirken bei Dir aufgeben und Dich in die Stille grüner Häuslichkeit fahren lassen. </p> <p>Komm nur noch einmal nach England – so will es auch <persName xml:id="persName_2562ceed-8528-49a0-af05-41d933c530f7">More<name key="PSN0113413" style="hidden" type="person">Moore, Joseph (1766-1851)</name></persName>, der mich neulich besuchte und der noch <hi n="1" rend="underline">ein</hi> <placeName xml:id="placeName_9d439da7-bcc6-474b-9bed-53f2736f456b">Musikfest<name key="NST0100324" style="hidden" subtype="" type="institution">The Birmingham Triennial Music Festival</name><settlement key="STM0100323" style="hidden" type="locality">Birmingham</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName> arrangiren will und sich dann auch zurückziehen, dabei rechnet er auf Dich.</p> <p>Ich kann leider nicht heraus nach Deutschland! Unsere Wege, fürchte ich, trennen sich auf lange! Darum gieb Du nur fleißig heraus und leiste was in öffentlichen Noten sämmtlicher Gattungen da verstehe ich Dich schon – und finde Dich schon wieder.</p> <p>Dein <title xml:id="title_5691aa18-a796-435f-9917-6760226a896c">Concert<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_1crqecth-7ncl-1pdq-8hx1-7y02nqjjp3oy"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="concerts_and_concertante_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100353" style="hidden">Konzert Nr. 2 d-Moll für Klavier und Orchester bzw. Streichorchester, [Mai 1837] bis 5. August 1837<idno type="MWV">O 11</idno><idno type="op">40</idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d2039322-75b6-4bc5-afe7-d8d2bfb2e70a" xml:lang="de">Dein Concert – Felix Mendelssohn Bartholdy, 2. Klavierkonzert d-Moll, op. 40 (MWV O 11). Es erschien 1838 unter dem Titel Grand Concerto bei J. A. Novello in London (Klavierstimme PN 539, Streicherstimmen PN 305, Harmoniestimmen unbekannt; siehe MWV, S. 236).</note> habe ich in der letzten Zeit mir oft überspielen müssen und es fühlt sich wunderlich an. Die Zustände der Zeit wo ich es zuerst von Dir hörte, zogen sich wunderlich durch Sätze bei denen wohl eine andere Wirkung beabsichtigt war; es schadet indessen dem Totaleffect nicht.</p> <p>Die neueren Todtschläger auf dem Piano haben das äußerlich, was ich diesen Concerten innerlich noch mehr wünsche, und was Dein nächstes haben wird, eine gewiße Steigerung des Stücks; ich denke mir, wenn ein Satz, ein Gedanke oder Passage wiedergebracht wird, <unclear reason="missing_characters" resp="UT">wär</unclear> es sehr wohl schön wenn er nicht blos in einer andern Tonart, sondern auch mit anderem neueren<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>Beisatz wieder auftritt.</p> <p><date cert="high" when="1838-06-18" xml:id="date_cc63df54-c309-4caf-8fd3-3b62ad7624f2">Gestern</date> war das letzte <placeName xml:id="placeName_a394a8c6-7888-4a83-b059-8b16e810e8d4">Philharmonic<name key="NST0100287" style="hidden" subtype="Abonnementkonzerte, Konzerte" type="institution">Philharmonic Society</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName>, mit Deiner <title xml:id="title_71dafed5-0a3e-4da1-b7f5-6c2cd1005c35">Sinfonie in A <hi rend="latintype">dur</hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_xba2h7mc-v10p-igag-w6nh-7jn3ba38adgx"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100342" style="hidden">Sinfonie A-Dur (»Italienische«) für Orchester, [Ende 1830] bis 13. März 1833; [Juni 1834 bis Anfang 1835]<idno type="MWV">N 16</idno><idno type="op">90</idno></name></title>. Sie ging recht gut – <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_a8be8d45-e154-41d3-958d-bb5d6c6598c6">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden" type="person">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName></hi> dirigirte, mit vieler Liebe. Hätten wir sie nur in der neuen Bearbeitung gehabt. Aber auch wie sie war hat sie mir wieder unendlich gefallen, <hi rend="latintype">Andante</hi> und letzter Satz mehr wie je.</p> <p>Gieb sie doch heraus, verbeßert, in Partitur und zu 4. Händen. Der letzte Satz ist so, daß man sich wohl einmal daran satt hören mögte, er läßt einen Durst nach. – Sonst hat sich das <placeName xml:id="placeName_702af342-fc64-4401-8d4e-6e374055db33">Philh<name key="NST0100287" style="hidden" subtype="Orchester" type="institution">Philharmonic Society</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName>. durch besonders schlechte Aufführungen dies Jahr ausgezeichnet – sie haben was im Ledernen geleistet. </p> <p><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_cc9fd257-cd5a-4235-ad59-b96a70969c61">Bennet<name key="PSN0109864" style="hidden" type="person">Bennett, (seit 1871) Sir William Sterndale (1816-1875)</name></persName></hi> spielte <date cert="high" when="1838-06-18" xml:id="date_54b5f6a7-ee72-4cb0-8f14-ff48b0234bc2">gestern</date> Abend, ein <title xml:id="title_c5e37fda-b2ab-4efc-9dcd-5b1c3c808b7b">Concert in f <hi rend="latintype">moll</hi><name key="PSN0109864" style="hidden" type="author">Bennett, (seit 1871) Sir William Sterndale (1816–1875)</name><name key="CRT0108151" style="hidden" type="music">4. Klavierkonzert f-Moll, op. 19</name></title>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4c9c2f19-9ea6-4d2b-b6d6-2216dd80c766" xml:lang="de">ein Concert in f moll – siehe Foster, Philharmonic Society, S. 152.</note> Recht hübsch, frei und geschickt, – aber beim Himmel ich bin nicht partheiisch und gegen ihn eingenommen, wenn ich sage: das thuts nicht. Seine Adagios sind immer das Beste – in den anderen Sätzen ist er nicht resolut genug. –</p> <p><seg type="closer">Grüße Deine <persName xml:id="persName_45949e6f-14e4-463c-ace6-10e289b7d683">Frau<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName>!</seg> Du hast ja nun wieder Gegenwart also sonnige Laune – laß mir was davon zu Gute kommen. O Himmel – mir geht’s auch so daß ich immer weniger ordentliche Briefe schreiben kann; aber bei mir liegts nicht am Gewissen der Gegenwart – ich sehe noch immer in die Zukunft obgleich mit dem abgeschmackten Gefühl daß sie mir doch nichts bringt.</p> <p>Mir thuts am besten, mich in ein großes Stück himmlische Beschaulichkeit zu wickeln – je weniger man mich darin stört, desto besser.</p> <p>Wie tief absurd alle der Kram von der Krönung<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_fcc76185-45c1-462f-b7cf-c3914159c52c" xml:lang="de">Kram von der Krönung – Gemeint ist die Krönung der Prinzessin Alexandrina Victoria von Kent zur Königin Victoria von England im Juni 1838. </note> hier um mich herum summt, und brummt, kannst Du Dir denken. Und doch kann man nicht davon und muß sein Theil eben leiden. –</p> <p>Freund <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_61dd3ba0-5b82-4709-b2e7-f6295b6a7e4d">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden" type="person">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName></hi> hat, glaub ich, ein neues Werk auf dem Amboß, oder vielmehr seine Frau – mir fiel wenigstens <date cert="high" when="1838-06-17" xml:id="date_1f738aa9-5dd7-40fb-b425-97d8fe94d24a">letzten Sonntag</date> wie wir dort waren, die Art auf, wie sie ihr Taschentuch hielt.</p> <closer rend="left">Bleibe mir gewogen! Je weniger mans verdient, desto größer ist das Verdienst.</closer> <signed rend="right">Immer Dein</signed> <signed rend="right">CKl.</signed> </div> </body> </text></TEI>