gb-1838-02-15-02
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Mailand, 15. Februar 1838
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [MILANO / FEBBRAJO 16], Siegel.
Ferdinand Hiller
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Felix Mendelssohn-BartholdyWohlgeb.
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Felix! Frkft. aus ehe mir Deine Antwort zu kommt. Die Beschreibung Deiner, wohl nur vorübergehenden Unpäßlichkeit, hat mich auf’s peinlichste berührt und wenn ich auch überzeugt bin daß Du
felis, felix! mensa, mensae–
Nun soll ich Dir erzählen und da es mir an Stoff durchaus nicht mangelt so fange ich frisch an und berichte Dir was mir einfällt und wie es mir einfällt. „Zuerst komme ich“ ist ein europäisches Sprichwort – wohl bin ich wie immer, vergnügter vielleicht als je und leidlich brav und arbeitsam. Mein
aufgeführt – nicht schlecht – ich begleitete.Rossini
. schlug seinen Dilettanten den Takt und benachrichtigte von etwaigen Eintritten – die Leute fanden’s suRos
tournureziemlich Hillerisch – jetzt kannst Du Dir schon die ganze Wirthschaft denken. Einige Tage darauf kam unerwarteter Weise
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Rossini(denn mit Anfang des Carnevals haben sie aufgehört) sang er auf französisch ein
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und erregte Enthusiasmus. Da er von hier nachTell
eine Oper schreibt, wo dieMercadente
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in die SceneDonizetti
etc etcentschloß ich mich schnell und begleitete ihn. Glücklicherweise kennst Du die schöne Venezia und ich brauche nichts hierüber zu sagen – nur daß ich durch mit Eis bedeckte Lagunen hinein fuhr und die Dächer mit Schnee bedeckt waren. Nourrits Gesellschaft ist reizend-gewandt, geistreich, enthusiastisch,
Wir flanirten, sahen, hörten und 9 Tage waren schnell vorüber. Bei dem Klavierspieler Fanna hatten wir eine musikalische
Soiréeund führten einige
auf – das war auch sonderbar – nicht! In der, in Zeit v. 8 Monaten neu erbauten höchst elegantenSchubert
hörte ich 1)Fenice
, ernste Oper eines jungen Menschen namensRosmunda
– nicht ohne einige leidliche Intentionen, aber erfindungslos. Sie war so gutmüthig durchgeschlüpft und wurde mit Indifferenz fortgehaspelt. 2) dieLillo
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– 3) eine neue Oper v.Bellini
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, die Musik weniger schlecht als abgedroschen, dasMaria di Rudenz
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horreursund Mordthaten, langweilig und dumm – sie fiel gänzlich durch so daß sich
. während des dritten Aktes enthielt ins Orchester zu gehen. Ich hatte den Proben beigewohnt und sah den Komponisten noch nach der Vorstellung bei derDoniz
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en petit comité– seine große Kunstfertigkeit zeigt sich noch – wie aber diese fatale Unnatur die Leute hat dermaßen entzücken können, ist mir eigentlich unbegreiflich. Der arme Teufel (der übrigens reich ist) beschäftigt sich jetzt mit Landwirthschaft an den Ufern der
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–. Hier in d.en defaut de mieux à défaut de mieux
fiel eine für Mailand neue Oper,Scala
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, so erschrecklich durch (und das mit dem vollsten Rechte) daß man sie kaum ausspielen konnte.Conti
mußte nun in aller Eile dieFran. Pixis
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man blieb lange lange kalt, bis zum
entre nous soit ditRondeauam Ende, das sie sehr hübsch sang und worauf sie lebhaft
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Succès–.
“ v.le nozze di Figaro
. Dieser jungeRicci
Maestrohat sich durch einige komische Opern eine Art v. Ruf gemacht – dies mal ging’s ihm schlecht. Obschon mich nun eine solche musikalische Hinrichtung eigentlich traurig macht, so konnte ich doch mit einem Menschen der sich einen so impertinenten Bubenstreich (den
neu zu komponiren!) zu Schulden kommen läßt, kein rechtes Mitleid haben.Figaro
Parterres, bei Sachen die innerhalb seiner
Partieliegen, im höchsten Grad
frappirt. Das
Applaudiren, Stillschweigen, Zischen kömmt so ganz und gar zum rechten Augenblick, der Ausdruck jedes Eindrucks ist so lebhaft, so frey von jeder Rücksicht daß man sich, wären die Leute so gebildet wie reizbar, kein trefflicheres Publikum denken könnte. Und ob sie mir, wie sie sind, nicht in vieler Hinsicht besser vorkommen wie unsre
. z.B. die ganz erträglichFrkft
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eben so still sind und steif und unbeweglich wie bei einem Konzert v.Beethoven
, das will ich dahin gestellt seyn lassen. In Leipzig scheinen sie südlicher zu seyn – desto besser –.Herz
Liszt, der jetzt ganz hier wohnt, eine
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hier bevorsteht. –Coccia
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entnommen, sehr ernsthaft. Die junge Frau eines siegreichenSilvio Pellico
Chefsvom Oberpriester, dessen Liebe sie abgewiesen, verleumdet, soll ein Gottesurtheil bestehen – natürlich wird ihre Unschuld erwiesen. Das ganze ist ziemlich kurz in zwei Akten, und enthält einige ausgezeichnet schöne pathetische Situationen. Ich lasse übrigens sehr vieles daran ändern, zum Theil aus eigener Erfindung, z. Th. nach dem Rathe
, der in diesen Dingen eine Erfahrung und einige Feinheit des Gefühls hat die unsern deutschen Operndichtern zu wünschen wäre. Anfangs März kömmtNourrits
. her, und dann denke ich mich so lange energisch daran zu halten, bis ich so weit fertig bin als man es hier zu Lande, wo der Sänger zuletzt doch noch ziemlich viel zu sagen hat, werden kann ehe von einer Aufführung an einem bestimmten Theater die Rede ist. Ich hoffe das Ganze soll nicht so schlecht werden, wie viele deutsche Musiker glauben daß man hier schreiben müsse –. Uebrigens mag mirs ge- oder mißlingen, an eine Rückkehr nach Deutschland und an irgend eine ehrenvolle Stelle inRoss
wasauch nicht ohne Kunstbedeutung ist (obschon man in dieser Hinsicht leicht versucht ist, sich starken
Illusionenhinzugeben) – aber wenn ich mir mich so denke für ein paar hundert Weimaraner eine Oper v.
einzustudiren, der FrauAuber
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Bier zu trinken und v. Hofmarschall agonirt zu werden, so schauderts mich. Indeß wer weiß welche Inspirationen mir ein halb dutzend Jahre mehr noch bringen werden –. ImBelvedere
auf dem Markusplatze, las ich in der allgemeinen Z. die Nachricht v.Café Florien
’ens Tode und war nicht wenig erschüttert – der armeRies
doch noch daran kömmt – oder solltest Du? – – – –Schnyder
Wir haben hier fortwährend ziemlich kalt und viel Schnee und bei der luftigen Bauart der Häuser friert man – indeß kam’s doch nie höher als (Nachts) auf 10-12 Grad. Die Straßen Polizei gegen den Schnee ist bewundernswürdig und das Beste was ich hier gefunden – kaum hat’s ein paar Stunden geschneit, so kommen einige tausend Bauern in die Stadt, kehren alles zusammen und fahrens vors Thor hinaus – morgens beim Aufstehen ist man ganz verwundert die schönen trottoirs wieder glatt und rein zu sehen – Ueberhaupt ist Mailand eine der Städte in welchen man am gemächlichsten und bequemsten seine Tage abdient – reine schöne Straßen, gutes Essen und Trinken, keine bel esprit Prätentionen, allerliebste Frauen, das leiert sich so ab, dudeldumdey –.
Cäcilie, für welche ich ihr und Dir herzlich danke, haben einen einzigen Fehler – sie schmecken nach mehr – ich hoffe sie ist wieder wohl und stark genug um mir’s eigenhändig anzuzeigen – für die schöne Briefadresse bin ich ihr noch besonders dankbar – Adieu, mein guter
Felix,
Hiller–.
Mailand, den 15tn Februar 38. Lieber Felix! Du könntest denken daß ich Dir heute aus Pünktlichkeitsgefühl schreibe – es ist aber nicht andem – ich hätte Dir nämlich schon früher geschrieben, wenn ich nicht gedacht hätte daß Briefe wie die meinigen sich gar ungeschickt ausnehmen, wenn sie in so ernsten Momenten ankommen wie die, welche Dir die letzten Tage wohl gebracht haben. Wie ängstlich begierig ich Nachrichten von Dir erwarte, kann ich nicht sagen – hoffentlich erhalte ich deren von Frkft. aus ehe mir Deine Antwort zu kommt. Die Beschreibung Deiner, wohl nur vorübergehenden Unpäßlichkeit, hat mich auf’s peinlichste berührt und wenn ich auch überzeugt bin daß Du auf mit einem Ohr besser hörst als andere Leute mit sechsen, so kann ich mir doch Deine trübe Stimmung denken. Indeß Dein gewohntes Glück wird Dich auch wohl diesmal nicht verlassen haben und ich stelle mir Dich gerne als feinhörigen Kapellmeister, zärtlichen Gatten und – sorgsamen Vater vor – felis, felix! mensa, mensae – Du solltest Deine Aeltern ehren – Leipzig gehört ins Königreich Sachsen – Adam hatte zwei Söhne – Was man nicht alles erleben muß! – Nun soll ich Dir erzählen und da es mir an Stoff durchaus nicht mangelt so fange ich frisch an und berichte Dir was mir einfällt und wie es mir einfällt. „Zuerst komme ich“ ist ein europäisches Sprichwort – wohl bin ich wie immer, vergnügter vielleicht als je und leidlich brav und arbeitsam. Mein Psalm wurde bei Rossini aufgeführt – nicht schlecht – ich begleitete. Ros. schlug seinen Dilettanten den Takt und benachrichtigte von etwaigen Eintritten – die Leute fanden’s suberb und sehr gelehrt – daß beides nicht wahr ist, kannst Du mir aufs Wort glauben – indeß ist’s auch zuerst nicht schlecht – die Chöre etwas Händel-Haidnisch – die Phrasentournure ziemlich Hillerisch – jetzt kannst Du Dir schon die ganze Wirthschaft denken. Einige Tage darauf kam unerwarteter Weise A. Nourrit ein – große Freude denn er gehört zu den Männern in welche ich verliebt bin. In der letzten Soirée bei Rossini (denn mit Anfang des Carnevals haben sie aufgehört) sang er auf französisch ein Duett aus Tell und erregte Enthusiasmus. Da er von hier nach Venedig ging, wo mein Spont mit Mercadente eine Oper schreibt, wo die Ungher singt, wo eine neue Oper von Donizetti in die Scene gesetzt wurde etc etc entschloß ich mich schnell und begleitete ihn. Glücklicherweise kennst Du die schöne Venezia und ich brauche nichts hierüber zu sagen – nur daß ich durch mit Eis bedeckte Lagunen hinein fuhr und die Dächer mit Schnee bedeckt waren. Nourrits Gesellschaft ist reizend-gewandt, geistreich, enthusiastisch, leichtfertig, ein liebenswürdiger Franzose im besten Sinn des Wortes. Wir flanirten, sahen, hörten und 9 Tage waren schnell vorüber. Bei dem Klavierspieler Fanna hatten wir eine musikalische Soirée und führten einige Gesänge v. Schubert auf – das war auch sonderbar – nicht! In der, in Zeit v. 8 Monaten neu erbauten höchst eleganten Fenice hörte ich 1) Rosmunda, ernste Oper eines jungen Menschen namens Lillo – nicht ohne einige leidliche Intentionen, aber erfindungslos. Sie war so gutmüthig durchgeschlüpft und wurde mit Indifferenz fortgehaspelt. 2) die Puritaner von Bellini – 3) eine neue Oper v. Donizetti „Maria di Rudenz, die Musik weniger schlecht als abgedroschen, das Libretto eine Masse horreurs und Mordthaten, langweilig und dumm – sie fiel gänzlich durch so daß sich Doniz. während des dritten Aktes enthielt ins Orchester zu gehen. Ich hatte den Proben beigewohnt und sah den Komponisten noch nach der Vorstellung bei der Ungher. So manche mir neue Zustände (alla Goethe) die ich bei der Gelegenheit kennen lernte, bereichert durch vieles der Art was mir noch bevorsteht, hoffe ich Dir einmal in Leipzig erzählen zu können – im Schreiben wird das zu lang und zu leblos – die Ungher hat ein schönes Talent als dramatische, passionirte Sängerin, die Stimme könnte freilich besser seyn – Auch den berühmten Sopranisten (le dernier des Romains wie Nourrit sagte) hörten wir in Venedig en petit comité – seine große Kunstfertigkeit zeigt sich noch – wie aber diese fatale Unnatur die Leute hat dermaßen entzücken können, ist mir eigentlich unbegreiflich. Der arme Teufel (der übrigens reich ist) beschäftigt sich jetzt mit Landwirthschaft an den Ufern der Brenta und erzieht Wein und Rüben en defaut de mieux –. Hier in d. Scala fiel eine für Mailand neue Oper, gli Aragonesi a Napoli, Musik v. Conti, so erschrecklich durch (und das mit dem vollsten Rechte) daß man sie kaum ausspielen konnte. Fran. Pixis mußte nun in aller Eile die Cenerentola einstudiren und trat in dieser Rolle auf. entre nous soit dit man blieb lange lange kalt, bis zum Rondeau am Ende, das sie sehr hübsch sang und worauf sie lebhaft applaudirt und heraus gerufen wurde. Sie hat dieselbe Rolle seitdem noch 7-8 mal gesungen und sich so ziemlich obengehalten – aber ihre Stimme hat für ein so immenses Theater nicht Kraft genug. Sey übrigens so gut und sage den Leuten ich hätte geschrieben sie habe großen Succès –. Vorgestern war die erste Vorstellung der ersten für dieses Carneval geschriebenen Opern „le nozze di Figaro“ v. Ricci. Dieser junge Maestro hat sich durch einige komische Opern eine Art v. Ruf gemacht – dies mal ging’s ihm schlecht. Obschon mich nun eine solche musikalische Hinrichtung eigentlich traurig macht, so konnte ich doch mit einem Menschen der sich einen so impertinenten Bubenstreich (den Figaro neu zu komponiren!) zu Schulden kommen läßt, kein rechtes Mitleid haben. Wiederholen muß ich aber daß mich das natürlich richtige Gefühl des hiesigen Parterres, bei Sachen die innerhalb seiner Partie liegen, im höchsten Grad frappirt. Das Applaudiren, Stillschweigen, Zischen kömmt so ganz und gar zum rechten Augenblick, der Ausdruck jedes Eindrucks ist so lebhaft, so frey von jeder Rücksicht daß man sich, wären die Leute so gebildet wie reizbar, kein trefflicheres Publikum denken könnte. Und ob sie mir, wie sie sind, nicht in vieler Hinsicht besser vorkommen wie unsre Kenner in Frkft. z. B. die ganz erträglich raisonniren und bei einer Simphonie v. Beethoven eben so still sind und steif und unbeweglich wie bei einem Konzert v. Herz, das will ich dahin gestellt seyn lassen. In Leipzig scheinen sie südlicher zu seyn – desto besser –. Nächsten Sonntag giebt Liszt, der jetzt ganz hier wohnt, eine matinée im Foyer der Oper – er wird Hummels Septett spielen – und die Ouvertüre der Zauberflöte werden wir wieder mit 60 Fingern aufführen. Das ist das einzige Interessante was uns bis zur neuen Oper v. Coccia hier bevorsteht. – Heute Abend vor Schlafengehen ein Mehreres –. An meiner Oper arbeite ich mit Freude und Eifer. Das sujet ist nach aus einer Tragödie v. Silvio Pellico entnommen, sehr ernsthaft. Die junge Frau eines siegreichen Chefs vom Oberpriester, dessen Liebe sie abgewiesen, verleumdet, soll ein Gottesurtheil bestehen – natürlich wird ihre Unschuld erwiesen. Das ganze ist ziemlich kurz in zwei Akten, und enthält einige ausgezeichnet schöne pathetische Situationen. Ich lasse übrigens sehr vieles daran ändern, zum Theil aus eigener Erfindung, z. Th. nach dem Rathe Nourrits, der in diesen Dingen eine Erfahrung und einige Feinheit des Gefühls hat die unsern deutschen Operndichtern zu wünschen wäre. Anfangs März kömmt Ross. her, und dann denke ich mich so lange energisch daran zu halten, bis ich so weit fertig bin als man es hier zu Lande, wo der Sänger zuletzt doch noch ziemlich viel zu sagen hat, werden kann ehe von einer Aufführung an einem bestimmten Theater die Rede ist. Ich hoffe das Ganze soll nicht so schlecht werden, wie viele deutsche Musiker glauben daß man hier schreiben müsse –. Uebrigens mag mirs ge- oder mißlingen, an eine Rückkehr nach Deutschland und an irgend eine ehrenvolle Stelle in Weimar oder Frkft. bin ich sehr entfernt zu denken. Du hast nun gerade etwas gefunden was Dir ansteht und was auch nicht ohne Kunstbedeutung ist (obschon man in dieser Hinsicht leicht versucht ist, sich starken Illusionen hinzugeben) – aber wenn ich mir mich so denke für ein paar hundert Weimaraner eine Oper v. Auber einzustudiren, der Frau Großherzogin das a moll Konzert vorzuspielen, und dann zur Erholung in Belvedere Bier zu trinken und v. Hofmarschall agonirt zu werden, so schauderts mich. Indeß wer weiß welche Inspirationen mir ein halb dutzend Jahre mehr noch bringen werden –. Im Café Florien auf dem Markusplatze, las ich in der allgemeinen Z. die Nachricht v. Ries’ens Tode und war nicht wenig erschüttert – der arme Verein! Ich glaube daß zuletzt Freund Schnyder doch noch daran kömmt – oder solltest Du? – – – – Wir haben hier fortwährend ziemlich kalt und viel Schnee und bei der luftigen Bauart der Häuser friert man – indeß kam’s doch nie höher als (Nachts) auf 10-12 Grad. Die Straßen Polizei gegen den Schnee ist bewundernswürdig und das Beste was ich hier gefunden – kaum hat’s ein paar Stunden geschneit, so kommen einige tausend Bauern in die Stadt, kehren alles zusammen und fahrens vors Thor hinaus – morgens beim Aufstehen ist man ganz verwundert die schönen trottoirs wieder glatt und rein zu sehen – Ueberhaupt ist Mailand eine der Städte in welchen man am gemächlichsten und bequemsten seine Tage abdient – reine schöne Straßen, gutes Essen und Trinken, keine bel esprit Prätentionen, allerliebste Frauen, das leiert sich so ab, dudeldumdey –. Die liebenswürdigen Zeilen Deiner guten Cäcilie, für welche ich ihr und Dir herzlich danke, haben einen einzigen Fehler – sie schmecken nach mehr – ich hoffe sie ist wieder wohl und stark genug um mir’s eigenhändig anzuzeigen – für die schöne Briefadresse bin ich ihr noch besonders dankbar – Adieu, mein guter Felix, schreibe mir bald. – Dein Hiller –. Deiner verehrtesten Schwiegermutter bitte ich mich aufs Beste zu empfehlen Warum bekomme ich denn nie einen Gruß v. David und Frau? ich hoffe, sie gedenken noch meiner und empfangen gerne den meinigen.
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1838-02-15-02" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1838-02-15-02" xml:id="title_e96b22a7-b016-4c9a-9ebe-272d1e58da29">Ferdinand Hiller an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Mailand, 15. Februar 1838</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_58d3025c-8643-4862-9131-7f08246023da">Lieber Felix! 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Die Beschreibung Deiner, wohl nur vorübergehenden Unpäßlichkeit,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1946040e-4d04-452f-a14d-816c66e1f4d6" xml:lang="de">Unpäßlichkeit – Felix Mendelssohn Bartholdy litt seit Jahren immer wieder an Ohren- und Kopfschmerzen.</note> hat mich auf’s peinlichste berührt und wenn ich auch überzeugt bin daß Du <del cert="high" rend="strikethrough">auf</del> <add place="above">mit<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name></add> einem Ohr besser hörst als andere Leute mit sechsen, so kann ich mir doch Deine trübe Stimmung denken. Indeß Dein gewohntes Glück wird Dich auch wohl diesmal nicht verlassen haben und ich stelle mir Dich gerne als feinhörigen Kapellmeister, zärtlichen Gatten und – sorgsamen Vater vor – <hi rend="latintype">felis, felix! mensa, mensae</hi> – <note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_cfbcfd6a-844d-4db2-873a-44b6585c2198" xml:lang="la ">felis, felix! mensa, mensae – lat., Katze, glücklich! Tisch, Tische; Anspielungen auf Schulübungen.</note><figure rend="inline" style="inline" subtype="inline" type="notated_Music" xml:id="figure_866ed851-418a-425b-84f2-96fe6859a3c0"><graphic url="https://www.felix-mendelssohn-bartholdy.org/_api/letters/letter_image/Noten/gb-1838-02-15-02-N-001.jpg"></graphic><head style="display_none">GB-Ob, M.D.M. d. 33/61, fol. 1r.</head><figDesc style="display_none">Notennotat von Ferdinand Hiller.</figDesc></figure> Du solltest Deine Aeltern ehren – Leipzig gehört ins Königreich Sachsen – Adam hatte zwei Söhne – Was man nicht alles erleben muß! – </p> <p>Nun soll ich Dir erzählen und da es mir an Stoff durchaus nicht mangelt so fange ich frisch an und berichte Dir was mir einfällt und wie es mir einfällt. „Zuerst komme ich“ ist ein europäisches Sprichwort – <hi n="1" rend="underline">wohl</hi> bin ich wie immer, vergnügter vielleicht als je und leidlich brav und arbeitsam. Mein <title xml:id="title_6127ffa1-4938-4667-a67f-ca4b87ed0456">Psalm<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name><name key="CRT0109294" style="hidden" type="music">Il Signore è il mio pastore (Der Herr ist mein Hirte) (23. Psalm)</name></title> wurde bei <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_c1891a68-fa11-4b53-8e46-8a69071566df">Rossini<name key="PSN0114299" style="hidden" type="person">Rossini, Gioachino Antonio (1792-1868)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_96b8e507-c35c-4a57-b79d-6b3c0c566b3e" xml:lang="de">bei Rossini – zu Rossinis soirées vgl. Brief gb-1837-12-29-01 Ferdinand Hiller an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Mailand, 26. und 29. Dezember 1837.</note> aufgeführt – nicht schlecht – ich begleitete. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9f87be3e-791a-4cd1-ae94-48a7ed875acb">Ros<name key="PSN0114299" style="hidden" type="person">Rossini, Gioachino Antonio (1792-1868)</name></persName></hi>. schlug seinen Dilettanten den Takt und benachrichtigte von etwaigen Eintritten – die Leute fanden’s su<choice resp="writer" source="autograph_edition_template"><corr resp="writer">p</corr><sic resp="writer">b</sic></choice>erb und sehr gelehrt – daß beides nicht wahr ist, kannst Du mir aufs Wort glauben – indeß ist’s auch zuerst nicht schlecht – die Chöre etwas <persName xml:id="persName_b146c0a5-3fc9-4d9d-8c6d-e5db20404d10">Händel<name key="PSN0111693" style="hidden" type="person">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name></persName>-<persName xml:id="persName_395b5746-6d83-49de-88c7-8c1d6b4fa932">Haidnisch<name key="PSN0111789" style="hidden" type="person">Haydn, Franz Joseph (1732-1809)</name></persName> – die Phrasen<hi rend="latintype">tournure</hi> ziemlich Hillerisch – jetzt kannst Du Dir schon die ganze Wirthschaft denken. Einige Tage darauf kam unerwarteter Weise <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_b23a2df9-e554-42cb-998e-7f03fafef774">A. Nourrit<name key="PSN0113618" style="hidden" type="person">Nourrit, Adolphe (1802-1839)</name></persName></hi> <del cert="low" rend="strikethrough">ein</del> – große Freude denn er gehört zu den Männern in welche ich verliebt bin. In der letzten <hi rend="latintype">Soirée</hi> bei <hi rend="latintype">Rossini</hi> (denn mit Anfang des Carnevals haben sie aufgehört) sang er auf französisch ein <hi rend="latintype">Duett</hi> aus <hi rend="latintype"><title xml:id="title_884e1e25-a414-4841-871d-0c865ee6b008">Tell<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110579" style="hidden" type="music">Guillaume Tell</name></title></hi> und erregte Enthusiasmus. Da er von hier nach <placeName xml:id="placeName_6ffe23f0-99ed-41cf-95fe-278e46ff1e1e">Venedig<settlement key="STM0100176" style="hidden" type="locality">Venedig</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> ging, wo mein Spont mit <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_ba058c4d-ff40-4aca-a88d-9055c8c50bab">Mercadente<name key="PSN0113273" style="hidden" type="person">Mercadante, Giuseppe Saverio Raffaele (1795-1870)</name></persName></hi> eine Oper schreibt, wo die <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_2f88abbd-4a2c-4b54-af30-4996bd11eeaf">Ungher<name key="PSN0115427" style="hidden" type="person">Unger-Sabatier (Ungher-Sabatier), Karoline (Carlotta) (1803-1877)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_85db5360-0eae-42b4-b260-5cb85ee876ce" xml:lang="de">die Ungher – Karoline Unger sang 1838 Hauptrollen in den Uraufführungen der Opern Le due illustri rivali und Maria di Rudenz im Teatro la Fenice in Venedig.</note> singt, wo eine neue <title xml:id="title_7ddfea89-cd12-4721-803b-4c7515412e6e">Oper<name key="PSN0113273" style="hidden" type="author">Mercadante, Giuseppe Saverio Raffaele (1795–1870)</name><name key="CRT0111978" style="hidden" type="music">Le due illustre rivali</name></title> von <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_4440b3c0-243f-42ff-9650-81acd146d707">Donizetti<name key="PSN0110705" style="hidden" type="person">Donizetti, Domenico Gaetano Maria (1797-1848)</name></persName></hi> in die Scene <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> gesetzt wurde <hi rend="latintype">etc etc</hi> entschloß ich mich schnell und begleitete ihn. Glücklicherweise kennst Du die schöne Venezia und ich brauche nichts hierüber zu sagen – nur daß ich durch mit Eis bedeckte Lagunen hinein fuhr und die Dächer mit Schnee bedeckt waren. Nourrits Gesellschaft ist reizend-gewandt, geistreich, enthusiastisch,<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>leichtfertig, ein liebenswürdiger Franzose im besten Sinn des Wortes.</p> <p>Wir flanirten, sahen, hörten und 9 Tage waren schnell vorüber. Bei dem Klavierspieler <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9f680784-4e46-4334-8d68-1a3728ae6298">Fanna<name key="PSN0119281" style="hidden" type="person">Fanna, Antonio (1792-1846)</name></persName></hi> hatten wir eine musikalische <hi rend="latintype">Soirée</hi> und führten einige <title xml:id="title_64000bf1-582a-4716-947a-e0493d3adaaa">Gesänge<name key="PSN0114718" style="hidden" type="author">Schubert, Franz Peter (1797–1828)</name><name key="CRT0112103" style="hidden" type="music">Lieder</name></title> v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_fff0e830-43ad-4b2c-9a53-127dc312f5c6">Schubert<name key="PSN0114718" style="hidden" type="person">Schubert, Franz Peter (1797-1828)</name></persName></hi> auf – das war auch sonderbar<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2dd60d1e-d290-4888-baf9-f51e439c8638" xml:lang="de">das war auch sonderbar – Adolphe Nourrit hatte Schuberts Lieder 1837 beim Pariser Publikum introduziert.</note> – nicht! In der, in Zeit v. 8 Monaten neu erbauten höchst eleganten <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_add6dd2b-1d56-4d90-a02e-b832d6343a8d">Fenice<name key="NST0103442" style="hidden" subtype="" type="institution">Teatro La Fenice</name><settlement key="STM0100176" style="hidden" type="locality">Venedig</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c6061bd3-fd9f-4220-a2b6-d81bb024388a" xml:lang="de">neu erbauten … Fenice – Das Theater wurde im Dezember 1836 durch einen Brand zerstört.</note> hörte ich 1) <hi rend="latintype"><title xml:id="title_3f1b8c72-75e0-4e89-82c8-2268d43d9a35">Rosmunda<name key="PSN0119283" style="hidden" type="author">Lillo, Giuseppe (1814–1863)</name><name key="CRT0111977" style="hidden" type="music">Rosmunda in Ravenna</name></title></hi>, ernste Oper eines jungen Menschen namens <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9e454649-69f3-49b1-8b1e-33315be4aa72">Lillo<name key="PSN0119283" style="hidden" type="person">Lillo, Giuseppe (1814-1863)</name></persName></hi> – nicht ohne einige leidliche Intentionen, aber erfindungslos. Sie war so gutmüthig durchgeschlüpft und wurde mit Indifferenz fortgehaspelt. 2) die <hi rend="latintype"><title xml:id="title_ba9d5f32-f7d6-4c7c-bf2b-28e340a46368">Puritaner<name key="PSN0109794" style="hidden" type="author">Bellini, Vincenzo Salvatore Carmelo Francesco (1801–1835)</name><name key="CRT0108118" style="hidden" type="music">I puritani</name></title></hi> von <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_cd84ddf7-262f-4e83-82c1-1a1920767519">Bellini<name key="PSN0109794" style="hidden" type="person">Bellini, Vincenzo Salvatore Carmelo Francesco (1801-1835)</name></persName></hi> – 3) eine neue Oper v. <hi rend="latintype">Donizetti</hi> „<hi rend="latintype"><title xml:id="title_df22f06f-f145-465c-8c94-b59e5c29474d">Maria di Rudenz<name key="PSN0110705" style="hidden" type="author">Donizetti, Domenico Gaetano Maria (1797–1848)</name><name key="CRT0108591" style="hidden" type="music">Maria de Rudenz</name></title></hi>, die Musik weniger schlecht als abgedroschen, das <hi rend="latintype">Libretto</hi> eine Masse <hi rend="latintype">horreurs</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_81dc3abc-0c84-48a0-abca-c64e293e4cab" xml:lang="fr ">horreurs – frz., Schrecken.</note> und Mordthaten, langweilig und dumm – sie fiel gänzlich durch so daß sich <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_1712afc3-b7d2-4939-bba4-5f6b1e3f8b2e">Doniz<name key="PSN0110705" style="hidden" type="person">Donizetti, Domenico Gaetano Maria (1797-1848)</name></persName></hi>. während des dritten Aktes enthielt ins Orchester zu gehen. Ich hatte den Proben beigewohnt und sah den Komponisten noch nach der Vorstellung bei der <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_d0c92405-33b1-46fd-9d23-2af10f10a4c2">Ungher<name key="PSN0115427" style="hidden" type="person">Unger-Sabatier (Ungher-Sabatier), Karoline (Carlotta) (1803-1877)</name></persName></hi>. So manche mir neue <hi n="1" rend="underline">Zustände</hi> (<hi rend="latintype">alla</hi> <persName xml:id="persName_64021449-544a-4948-bbcb-ed153c7c1579">Goethe<name key="PSN0111422" style="hidden" type="person">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832)</name></persName>) die ich bei der Gelegenheit kennen lernte, bereichert durch vieles der Art was mir noch bevorsteht, hoffe ich Dir einmal in <placeName xml:id="placeName_59fe7279-31be-4dc0-9389-4ae3f28277dc">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> erzählen zu können – im Schreiben wird das zu lang und zu leblos – die <hi rend="latintype">Ungher</hi> hat ein schönes Talent als dramatische, passionirte Sängerin, die Stimme könnte freilich besser seyn – Auch den berühmten Sopranisten <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_4f34f936-6189-4bda-83d8-223e8adb480c"><choice resp="editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_d8ce9a3a-03dc-4ecb-9a41-5c1bb469ba9d"><sic resp="writer">Velutti</sic><corr resp="editor">Vellutti</corr></choice><name key="PSN0115475" style="hidden" type="person">Velluti, Giovanni Battista (1781-1861)</name></persName></hi> (<hi rend="latintype">le dernier des Romains</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_e266e6d4-5e1c-43cf-b482-902921bea904" xml:lang="fr ">le dernier des Romains – frz., der letzte Römer, d. h. Kastrat.</note> wie <hi rend="latintype">Nourrit</hi> sagte) hörten wir in Venedig <hi rend="latintype">en petit comité</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_8585ceb4-1cff-4b08-b92c-d56c82469d94" xml:lang="fr ">en petit comité – frz., im kleinen Kreis.</note><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_23d86f6a-565e-472a-88cb-e66f4e9fd242" xml:lang="de">en petit comité – Velluti hatte sich 1830 nach einem letzten Auftritt am Teatro La Fenice in Venedig von der Bühne zurückgezogen.</note> – seine große Kunstfertigkeit zeigt sich noch – wie aber diese fatale Unnatur die Leute hat dermaßen entzücken können, ist mir eigentlich unbegreiflich. Der arme Teufel (der übrigens reich ist) beschäftigt sich jetzt mit Landwirthschaft an den Ufern der <hi rend="latintype">Brenta</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_54ead8c5-b8c5-41ed-96f0-04caec8be698" xml:lang="de">Brenta – Der Brenta ist ein 174 km langer Fluss in Norditalien.</note> und erzieht Wein und Rüben <hi rend="latintype"><choice resp="editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_7d7de625-9e89-474d-8df5-9ed9d4b73c8f"><sic resp="writer">en defaut de mieux</sic><corr resp="editor">à défaut de mieux</corr></choice></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_6a15d2f8-b0c8-40aa-b9b4-51c8f6860720" xml:lang="fr ">en defaut de mieux – frz., in Ermangelung eines Besseren.</note> –. Hier in d. <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_cca1a768-8bb9-4751-80bc-c450ad053593">Scala<name key="NST0100751" style="hidden" subtype="" type="institution">Teatro alla Scala</name><settlement key="STM0100180" style="hidden" type="locality">Mailand</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName></hi> fiel eine für Mailand neue Oper, <hi rend="latintype"><title xml:id="title_4cd3d0f2-0691-4fa3-83ac-a712d228a173">gli Aragonesi a Napoli<name key="PSN0119280" style="hidden" type="author">Conti, Carlo (1796–1868)</name><name key="CRT0111976" style="hidden" type="music">Gli Aragonesi in Napoli</name></title></hi>, Musik v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_b911856c-040c-4852-a201-cff31451b258">Conti<name key="PSN0119280" style="hidden" type="person">Conti, Carlo (1796-1868)</name></persName></hi>, so erschrecklich durch (und das mit dem vollsten Rechte) daß man sie kaum ausspielen konnte. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_b19a3198-59a8-48dc-8c89-cbec6cd3c3c4">Fran. Pixis<name key="PSN0113893" style="hidden" type="person">Pixis, Francilla (eigtl. Franziska Helma Göhringer) (1816-1904)</name></persName></hi> mußte nun in aller Eile die <hi rend="latintype"><title xml:id="title_a52dea1d-0360-4259-89b6-92a18b7476c0">Cenerentola<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110575" style="hidden" type="music">La Cenerentola ossia La bontà in trionfo</name></title></hi> einstudiren und trat in dieser Rolle auf. <hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">entre nous soit dit</hi></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_2cfe21f0-9721-4198-9700-bbc162b2cda5" xml:lang="fr ">entre nous soit dit – frz., unter uns gesagt.</note> man blieb lange lange kalt, bis zum <hi rend="latintype">Rondeau</hi> am Ende,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b7832e47-ada5-46de-b806-ecb864fa19fd" xml:lang="de">Rondeau am Ende – Gioacchino Rossini, La Cenerentola, Finale des zweiten Aufzugs, »Nacqui all’affanno – Non più mesta«.</note> das sie sehr hübsch sang und worauf sie lebhaft <hi rend="latintype">applaudirt</hi> und heraus gerufen wurde. Sie hat dieselbe Rolle seitdem noch 7-8 mal gesungen und sich so ziemlich obengehalten – aber ihre Stimme hat für ein so immenses Theater nicht Kraft genug. Sey übrigens so gut und sage den Leuten ich hätte geschrieben sie habe großen <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> <hi rend="latintype">Succès</hi> –. <date cert="high" when="1838-02-13">Vorgestern</date> war die erste Vorstellung der ersten für dieses Carneval geschriebenen Opern „<hi rend="latintype"><title xml:id="title_1ba9e458-62f7-4b89-87cc-a4bdbdfa58ac">le nozze di Figaro<name key="PSN0119279" style="hidden" type="author">Ricci, Luigi (1805–1859)</name><name key="CRT0111975" style="hidden" type="music">Le nozze di Figaro</name></title></hi>“ v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9d4d63b3-dd35-47e4-940b-c1ce4f68c1ed">Ricci<name key="PSN0119279" style="hidden" type="person">Ricci, Luigi (1805-1859)</name></persName></hi>. Dieser junge <hi rend="latintype">Maestro</hi> hat sich durch einige komische Opern eine Art v. Ruf gemacht – dies mal ging’s ihm schlecht. Obschon mich nun eine solche musikalische Hinrichtung eigentlich traurig macht, so konnte ich doch mit einem Menschen der sich einen so impertinenten Bubenstreich (den <hi rend="latintype"><title xml:id="title_e6879238-9963-4a60-8013-5a7a342931b9">Figaro<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110123" style="hidden" type="music">Le nozze di Figaro KV 492</name></title></hi> neu zu komponiren!) zu Schulden kommen läßt, kein rechtes Mitleid haben.<seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>Wiederholen muß ich aber daß mich das natürlich richtige Gefühl des hiesigen <hi rend="latintype">Parterres</hi>, bei Sachen die innerhalb seiner <hi rend="latintype">Partie</hi> liegen, im höchsten Grad <hi rend="latintype">frappirt</hi>. Das <hi rend="latintype">Applaudiren</hi>, Stillschweigen, Zischen kömmt so ganz und gar zum rechten Augenblick, der Ausdruck jedes Eindrucks ist so lebhaft, so frey von jeder Rücksicht daß man sich, wären die Leute so gebildet wie reizbar, kein trefflicheres Publikum denken könnte. Und ob sie mir, wie sie sind, nicht in vieler Hinsicht besser vorkommen wie unsre <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> Kenner in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_ebb0aa8c-c4a0-46f8-8af7-57704b9c942d">Frkft<settlement key="STM0100204" style="hidden" type="locality">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi>. z.B. die ganz erträglich <hi rend="latintype">raisonniren</hi> und bei einer <hi rend="latintype">Simphonie</hi> v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_adc864fa-b076-47a5-b18f-23cadf6e6109">Beethoven<name key="PSN0109771" style="hidden" type="person">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name></persName></hi> eben so still sind und steif und unbeweglich wie bei einem Konzert v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_a3b4f43a-9bb9-40a7-b3b6-4b9c8dee7250">Herz<name key="PSN0111939" style="hidden" type="person">Herz, Henri (Heinrich) (1803-1888)</name></persName></hi>, das will ich dahin gestellt seyn lassen. In Leipzig scheinen sie südlicher zu seyn – desto besser –.</p> <p><date cert="high" when="1838-02-18">Nächsten Sonntag</date> giebt <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_81f29e94-0c22-420e-a19d-f6c3fd08acb4">Liszt<name key="PSN0112894" style="hidden" type="person">Liszt, Franz (Ferenc) (1811-1886)</name></persName></hi>, der jetzt ganz hier wohnt, eine <hi rend="latintype">matinée</hi> im <hi rend="latintype">Foyer</hi> der Oper – er wird <title xml:id="title_ee78a4e3-4fda-44ba-99b6-535ed797cb5c"><hi rend="latintype">Hummels</hi> Septett<name key="PSN0112147" style="hidden" type="author">Hummel, Johann Nepomuk (1778–1837)</name><name key="CRT0109427" style="hidden" type="music">Septett d-Moll, op. 74</name></title> spielen – und die <hi rend="latintype">Ouvertüre</hi> der <title xml:id="title_a60b93e4-c17a-456f-abdb-274e3902fe3e">Zauberflöte<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110155" style="hidden" type="music">Die Zauberflöte KV 620</name></title> werden wir wieder <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"><corr resp="writer">m</corr><sic resp="writer"></sic></choice>it 60 Fingern aufführen.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b1f88a1e-5a62-47a5-af0b-ba8aa80825dc" xml:lang="de">die Ouvertüre … aufführen – Am 18. Februar 1838 wurde im Mailänder Redoutensaal Mozarts Ouverture zu Die Zauberflöte von Franz Liszt, Ferdinand Hiller, Johann Peter Pixis, Franz Schoberlechner, einem gewissen Pedroni, und Origgi (oder Orrigi) auf drei Klavieren aufgeführt. Das Publikum forderte eine Wiederholung. Das gleiche Spektakel war schon am 3. Dezember 1837 in einer Matinée des Pianisten Henri Louis Stanislas Mortier de Fontaine präsentiert worden, mit Mortier statt Pedroni. Rezensionen in AMZ 40, Nr. 19, 9. Mai 1838, Sp. 305 f., und in Glissons, n’appuyons pas, Giornale di scienze, lettere, arti [etc.] Nr. 146, 6. Dezember 1837, S. 584.</note> Das ist das einzige Interessante was uns bis zur neuen <title xml:id="title_a932b063-0601-4112-978e-d5eb477b1497">Oper<name key="PSN0110429" style="hidden" type="author">Coccia, Carlo (1782–1873)</name><name key="CRT0111979" style="hidden" type="music">La solitaria delle Asturie ossia La Spagna ricuperata</name></title> v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_05da37e1-523c-418f-abdb-6007f16d5f15">Coccia<name key="PSN0110429" style="hidden" type="person">Coccia, Carlo (1782-1873)</name></persName></hi> hier bevorsteht. – <date cert="high" when="1838-02-15">Heute Abend</date> vor Schlafengehen ein Mehreres –.</p> <p>An meiner <title xml:id="title_d445c93c-935e-484d-8dd8-939f51fa23a5">Oper<name key="PSN0112003" style="hidden" type="author">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name><name key="CRT0109289" style="hidden" type="music">Romilda HW 2.3.1</name></title> arbeite ich mit Freude und Eifer. Das <hi rend="latintype">sujet</hi> ist <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_3130bae0-8a72-418d-8cd7-3afab1c1a537">nach</del> <add place="above">aus<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name></add> einer <title xml:id="title_86b1ed0d-5176-4e20-97fb-9d363b512d54">Tragödie<name key="PSN0119254" style="hidden" type="author">Pellico, Silvio</name><name key="CRT0111980" style="hidden" type="literature">Ester d’Engaddi</name></title> v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_1de1d11a-d6ca-48ef-bf55-128b0fdc4687">Silvio Pellico<name key="PSN0119254" style="hidden" type="person">Pellico, Silvio</name></persName></hi> entnommen, sehr ernsthaft. Die junge Frau eines siegreichen <hi rend="latintype">Chefs</hi> vom Oberpriester, dessen Liebe sie abgewiesen, verleumdet, soll ein Gottesurtheil bestehen – natürlich wird ihre Unschuld erwiesen. Das ganze ist ziemlich kurz in zwei Akten, und enthält einige ausgezeichnet schöne pathetische Situationen. Ich lasse übrigens sehr vieles daran ändern, zum Theil aus eigener Erfindung, z. Th. nach dem Rathe <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_6640f6a1-c26e-4429-a781-66959031a709">Nourrits<name key="PSN0113618" style="hidden" type="person">Nourrit, Adolphe (1802-1839)</name></persName></hi>, der in diesen Dingen eine Erfahrung und einige Feinheit des Gefühls hat die unsern deutschen Operndichtern zu wünschen wäre. Anfangs März kömmt <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_1bc448c2-20a0-4a34-ae15-d7dcec40d6c0">Ross<name key="PSN0114299" style="hidden" type="person">Rossini, Gioachino Antonio (1792-1868)</name></persName></hi>. her, und dann denke ich mich so lange energisch daran zu halten, bis ich so weit fertig bin als man es hier zu Lande, wo der Sänger zuletzt doch noch ziemlich viel zu sagen hat, werden kann ehe von einer Aufführung an einem bestimmten Theater die Rede ist. Ich hoffe das Ganze soll nicht so schlecht werden, wie viele deutsche Musiker glauben daß man hier schreiben müsse –. Uebrigens mag mirs ge- oder mißlingen, an eine Rückkehr nach Deutschland und an irgend eine ehrenvolle Stelle in <placeName xml:id="placeName_c9b3b1a8-39c1-485a-8725-477faadc76c5">Weimar<settlement key="STM0100134" style="hidden" type="locality">Weimar</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> oder <placeName xml:id="placeName_752f45f9-3906-452b-8e47-89d2ad292156">Frkft<settlement key="STM0100204" style="hidden" type="locality">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>. bin ich sehr entfernt zu denken. Du hast nun gerade etwas gefunden was Dir ansteht und <hi n="1" rend="underline">was</hi> auch nicht ohne Kunstbedeutung ist (obschon man in dieser Hinsicht leicht versucht ist, sich starken <hi rend="latintype">Illusionen</hi> hinzugeben) – aber wenn ich mir mich so denke für ein paar hundert Weimaraner eine Oper v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_2fcd4161-4a8a-4cea-9a33-20d68bd3d722">Auber<name key="PSN0109578" style="hidden" type="person">Auber, Daniel-François-Esprit (1782-1871)</name></persName></hi> einzustudiren, der Frau <persName xml:id="persName_2640a71a-1573-48f2-8f32-79669d1cec73">Großherzogin<name key="PSN0114417" style="hidden" type="person">Sachsen-Weimar-Eisenach, Maria Pawlowna (Marija Pavlovna) von (1786-1859)</name></persName> das <title xml:id="title_1200e9b3-cc8a-41fb-ba8b-02f047533379"><hi rend="latintype">a moll</hi> Konzer<name key="PSN0112147" style="hidden" type="author">Hummel, Johann Nepomuk (1778–1837)</name><name key="CRT0109419" style="hidden" type="music">2. Klavierkonzert a-Moll, op. 85</name></title>t vorzuspielen,<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>und dann zur Erholung in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_10f48fe2-eb63-47df-8d80-cfc100d4dc95">Belvedere<name key="SGH0103440" style="hidden" subtype="" type="sight">Schloss Belvedere</name><settlement key="STM0100134" style="hidden" type="locality">Weimar</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi> Bier zu trinken und v. Hofmarschall agonirt zu werden, so schauderts mich. Indeß wer weiß welche Inspirationen mir ein halb dutzend Jahre mehr noch bringen werden –. Im <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_0571974d-40e0-483b-adaf-069fd79dc919">Café Florien<name key="NST0103441" style="hidden" subtype="" type="institution">Caffè Florian</name><settlement key="STM0100176" style="hidden" type="locality">Venedig</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName></hi> auf dem Markusplatze, las ich in der allgemeinen Z. die Nachricht v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_22ede50e-c9dd-4f5d-b207-0a2dbe898dce">Ries<name key="PSN0114191" style="hidden" type="person">Ries, Ferdinand (1784-1838)</name></persName></hi>’ens Tode<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9fef42e4-312b-4e25-9c44-72800fe0dd96" xml:lang="de ">in der allgemeinen Z. die Nachricht v. Ries’ens Tode – Allgemeine Zeitung. Die Todesnachricht über Ferdinand Ries erschien in der Allgemeinen Zeitung vom 19. Januar 1838.</note> und war nicht wenig erschüttert – der arme <placeName xml:id="placeName_03b1f03b-6e59-4bb7-8663-fd14e85744d8">Verein<name key="NST0100338" style="hidden" subtype="" type="institution">Cäcilienverein</name><settlement key="STM0100204" style="hidden" type="locality">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>! Ich glaube daß zuletzt Freund <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_3f3ebd13-11a7-4ecb-89e8-7379af76f8ff">Schnyder<name key="PSN0114653" style="hidden" type="person">Schnyder von Wartensee, Franz Xaver Joseph Peter (1786-1868)</name></persName></hi> doch noch daran kömmt – oder solltest Du? – – – – </p> <p>Wir haben hier fortwährend ziemlich kalt und viel Schnee und bei der luftigen Bauart der Häuser friert man – indeß kam’s doch nie höher als (Nachts) auf 10-12 Grad. Die Straßen Polizei gegen den Schnee ist bewundernswürdig und das Beste was ich hier gefunden – kaum hat’s ein paar Stunden geschneit, so kommen einige tausend Bauern in die Stadt, kehren alles zusammen und fahrens vors Thor hinaus – morgens beim Aufstehen ist man ganz verwundert die schönen <hi rend="latintype">trottoirs</hi> wieder glatt und rein zu sehen – Ueberhaupt ist Mailand eine der Städte in welchen man am gemächlichsten und bequemsten seine Tage abdient – reine schöne Straßen, gutes Essen und Trinken, keine <hi rend="latintype">bel esprit</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_bc0a79fc-e2a9-4902-a0da-26e587ac6c93" xml:lang="fr ">bel esprit – frz., Schöngeist.</note> Prätentionen, allerliebste Frauen, das leiert sich so ab, dudeldumdey –.</p> <closer rend="left">Die liebenswürdigen Zeilen Deiner guten <hi rend="latintype">Cäcilie</hi>, für welche ich ihr und Dir herzlich danke, haben einen einzigen Fehler – sie schmecken nach mehr – ich hoffe sie ist wieder wohl und stark genug um mir’s eigenhändig anzuzeigen – für die schöne Briefadresse bin ich ihr noch besonders dankbar – Adieu, mein guter <hi rend="latintype">Felix</hi>, </closer> <closer rend="center">schreibe mir bald. –</closer> <signed rend="right">Dein <hi rend="latintype">Hiller</hi> –.</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_497f807c-0bcb-4f09-afb0-14d8616a34e1"> <docAuthor key="PSN0112003" resp="author" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112003" resp="writer" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><add place="margin">Deiner verehrtesten <persName xml:id="persName_dc6ee3a4-7100-4090-be00-f1a8ce57d23e">Schwiegermutter<name key="PSN0112228" style="hidden" type="person">Jeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871)</name></persName> bitte ich mich aufs Beste zu empfehlen<name key="PSN0112002" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Antolka (seit 1875) von (1820–1896)</name></add></p> </div> <div n="3" type="act_of_writing"> <docAuthor key="PSN0112003" resp="author" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112003" resp="writer" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="pagebreak">|1|<pb n="1" type="pagebreak"></pb></seg><add place="margin">Warum bekomme ich denn nie einen Gruß v. <persName xml:id="persName_8a8a21ba-422f-43bf-83a4-6aaeea45a5d9">David<name key="PSN0110564" style="hidden" type="person">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name></persName> und <persName xml:id="persName_e5ff0433-affc-4a8d-a2bd-f9c69509d669">Frau<name key="PSN0110574" style="hidden" type="person">David, Sophie Wilhelmine (1807-1893)</name></persName>? ich hoffe, sie gedenken noch meiner und empfangen gerne den meinigen.<name key="PSN0112003" resp="writers_hand" style="hidden">Hiller, Ferdinand (seit 1875) von (1811–1885)</name></add></p> </div> </body> </text></TEI>