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gb-1838-01-13-01

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Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb> Berlin, 13. Januar 1838 Diesmal will ich Dich wahrhaftig nicht anders mit Schreiben überfallen, als der Bediente thun würde, der sich nach Deinem Befinden erkundigen sollte. – Mit größtem Bedauern und sogar nicht ohne Unruhe lese ich von Deinem Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 10. Januar 1838 Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelsohn Bartholdy in Berlin; Leipzig, 15. Januar 1838 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Transkription: FMB-C Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 33/14. Autograph Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 13. Januar 1838 Diesmal will ich Dich wahrhaftig nicht anders mit Schreiben überfallen, als der Bediente thun würde, der sich nach Deinem Befinden erkundigen sollte. – Mit größtem Bedauern und sogar nicht ohne Unruhe lese ich von Deinem

1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [BERLIN 7-8A / 13 / 1], [R18 / 13 1 / N° 6], Siegel.

Lea Mendelssohn Bartholdy

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

13. Januar 1838 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842) Berlin Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig Deutschland deutsch
Herrn Musikdirektor Dr. FelixMendelssohn BartholdyLeipzig frei
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)Berlin 13 Januar 1838

Diesmal will ich Dich wahrhaftig nicht anders mit Schreiben überfallen, als der Bediente thun würde, der sich nach Deinem Befinden erkundigen sollte. – Mit größtem Bedauern und sogar nicht ohne Unruhe lese ich von Deinem abermaligen Ohrenschmerz. abermaligen Ohrenschmerz – Mendelssohn litt seit einiger Zeit an starken Ohrenschmerzen und kurzzeitig an Taubheit. Ich hoffe zwar, daß es nur etwas Rheumatism sein werde, aber Du brauchst Dein zartestes Gehör zu nothwendig und die Männertracht erlaubt so wenig, Dich dagegen zu schützen, daß ich mich vor Rückfällen ängstige. In DüßeldorfDüsseldorfDeutschland verändertest Du eben dieser Ursach wegen einmal Dein SchlafzimmerIn Düßeldorf verändertest Du … einmal Dein Schlafzimmer – siehe Brief fmb-1834-02-19-01 (Brief Nr. 863) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Düsseldorf, 19. Februar 1834. mit Erfolg; sei ja nicht ohne Rücksicht darauf in der neuen WohnungLurgensteins GartenLeipzigDeutschland,in der neuen Wohnung – Felix und Cécile Mendelssohn Bartholdy bezogen Anfang Dezember 1837 die linke Wohnung in der zweiten Etage im Vorderhaus des neuen Wohnhausensembles in Lurgensteins Garten in Leipzig. mein Kind! Du weißt, daß ich gar wenig auf Arzeneien halte; aber delikate Konstitutionen müßen genau erspähen, was im ganzen Verhalten und Leben ihnen dienlich ist, und auf Wohnung, Diät u. s. w. mußt Du mehr sehen als auf das garstige Gebräu des Mr. Purgon.Mr. Purgon – Monsieur Purgon, Figur aus Molières Komödie Le Malade imaginaire. Obgleich Dein ClarusClarus, Johann Christian August (1774-1854) im Aeußern nicht wenig von den MolièreMolière (eigtl. Jean Baptiste Poquelin) (1622-1673)schen Aerzten<name key="PSN0113379" style="hidden" type="author">Molière (eigtl. Jean Baptiste Poquelin) (1622–1673)</name><name key="CRT0112082" style="hidden" type="dramatic_work">Le Malade imaginaire</name> an sich hat, so höre ich zu seinem Ruhme, daß er nicht allzuviel droguirt, und denjenigen, die durchaus die medicinische Teufelsküche schmecken wollen, sehr unschuldig gefärbte Wäßerchen beibringt. Das gefällt mir von dem klugen Mann; wer durchaus betrogen sein will, mag es auf Kosten seines Gaumens und Beutels auch sein. – Ich begreife und theile Deine Aengstlichkeit vfor CecilensMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) großer ExpeditionCécilens großer Expedition – Cécile Mendelssohn Bartholdy erwartete in einer Woche die Geburt ihres ersten Kindes. aber dazu helfen alle vorhergehende Medicamente nicht, glaub es mir, und laß ihre gute Konstitution nicht durch Kuren und |2| Medicinschlucken schwächen und verderben. Die Entbindung ist durchweg ein Naturproceß, bei deßen Gelingen tausend verborgene Ursachen wirken, und der trotz unzähliger Erfahrung stets geheimnißvoll bleibt. Sogar in dem Grade, daß Frauen bei jeder neuen Geburt anders empfinden und daß man trotz aller Vorzeichen sich immer betrügt, was ich an mir selbst 9mal erfahren9mal erfahren – Lea Mendelssohn Bartholdy war insgesamt neunmal schwanger und verlor fünf Kinder. habe. Wenn es möglich wäre, daß weder Du noch Mde. JeanrenaudJeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871), die Ihr beide furchtbar ängstlich seid, zugegen wärt, so würd ich das für einen großen Gewinn für Cécile halten. Das Mitleid, die besorgten Gesichter, die Thränen der Umstehenden machen die Leidende unnöthig weichherzig und schwachmüthig; zuweilen versucht man sogar, sich des Schreiens zu enthalten, und verschlimmert die Lage der Sache. Ich habe stets gebeten und auch erlangt, nur die Personen um mich zu haben, die unumgänglich nothwendig sind; mit diesen läßt man sich gehörig gehen und wird durch fremdes Beileid nicht noch viel mehr zerknirscht als es durch die Unbarmherzigkeit der Leute vom Fach geschieht. – Zur Pflege und Beruhigung nachher so viel Aufmerksamkeit und Güte als irgend möglich; nur nicht bevor alles beseitigt ist. – Leider seh ich voraus, daß auch dies mein Moral-Predigen umsonst sein wird; ich halte es aber für meine Schuldigkeit, Dir als erfahrne in Wochen Gekommene, meine Meinung zu sagen, die auch Deine SchwesternHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) bestätigen. – Als Dein großer Kopf in die Welt gefördert wurde, soll ich hundertmal geschrieen haben, o was bin ich für eine unglückliche Frau! – Wenn Du von Cécilechen Aehnliches hörst, so waffne Dich mit Muth, und denke, daß |3| ich für diesen Deinen schlechten Willkommen viele tausendmal nachher gesagt und gedacht habe: o was bin ich für eine glückliche Mutter meines geliebten Felix!

Ich habe die Maße musical worlds<name key="PSN0113624" style="hidden" type="author">Novello, Joseph Alfred (1810–1896)</name><name key="CRT0112084" style="hidden" type="science">The Musical World, a Weekly Record of Musical Science, Literature, and Intelligence</name> durchgeblättert und manches, das mich intereßirte, gefunden ohne des rothen Fadens Felix zu gedenken, der sich durch so manches windet. Wesley’sWesley, Samuel (1766-1837) Leben und KindheitWesley’s Leben und Kindheit – Professional Memoranda of the Late Mr. Samuel Wesley’s Life, in The Musical World 7, Nr. 84 (20. Oktober 1837), S. 81-93, und Nr. 86 (3. November 1837), S. 113-118. besonders machte mir viel Vergnügen: ein wehmüthiges, der Besuch bei MozartsMozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791) SchwesterBerchtold zu Sonnenburg, Maria Anna Walburga Ignatia (Nannerl) Freifrau von (1751-1829), die in deßen Biographiedeßen Biographie – M.S.N. [Mary Sabilla Novello], Visit to Mozart’s Widow and Sister, in The Musical World 6, Nr. 75 (18. August 1837), S. 145 ff., Nr. 76 (25. August 1837), S. 161 f., und Nr. 77 (1. September 1837), S. 177 ff. ohngefähr als Kind so beschrieben ist als wie die kleine FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) neben dem kleinen Felix. Mde. BigotBigot de Morogues, Anne Marie Catherine Salomé (1786-1820) pflegte zu sagen „on ne parlerait que de Fanny s’il n’y avait pas de Felix au monde.“„on ne parlerait que de Fanny s’il n’y avait pas de Felix au monde.“ – frz., Man würde nur über Fanny sprechen, wenn es keinen Felix auf der Welt gäbe. – Das bewährt sich jetzt recht, mein liebes Herz, wo Deine begabte und erzgute Schwester die Auszeichnung erhält, die ihr Talent und ihre Bescheidenheit verdienen. die Stimme des Volkschorsdie Stimme des Volkschors – siehe Brief gb-1838-01-06-01 Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Berlin, 6. Januar 1838, Z.: »die tempi seien ihnen zu langsam«. scheint endlich gewirkt zu haben: RungenhagenRungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851) hat Fanny schriftl. und mündlich aufgefordert, ihn mit Rath und Gegenwart beim Paulus <list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_j5hlfgbv-pame-crus-ki7t-ivzk86ui5bdv"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item> </list> <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_vwqeabpe-8nmm-jwfh-0afe-jknwz8zr2zw2"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name> beizustehen. Sie hat gestern einer Probe beigewohnt, und geht morgen wieder hin zu Einer, was auch ich zu thun gedenke: auch RiesRies, Johann Peter Joseph Hubert (1802-1886) hat mit ihr gesprochen; aber da der Prometheus-Akademie an den Felsen-PhilarmoniePhilharmonische GesellschaftBerlinDeutschland geschmiedet ist,da der Prometheus-Akademie an den Felsen-Philarmonie geschmiedet ist – Anspielung auf den Mythos des Prometheus, der von Zeus zur Strafe an einen Felsen gekettet wurde. so wird für das Orchester, wie Ries selbst sagt, weniger zu thun sein. Nimm nicht übel, wenn ich mich freue, daß v. Fannys Seite wenigstens etwas geschieht, die Aufführungdie Aufführung – Die Aufführung von Mendelssohns Oratorium Paulus op. 36 durch die Sing-Akademie in Berlin unter der Leitung von Karl Friedrich Rungenhagen fand am 18. Januar 1838 statt. so wenig schlecht als möglich zu machen; unter Deiner und selbst auch unter ihrer Leitung soll es freilich noch anders werden können: und daß so herrliche Mittel nicht erschöpfend zu dem Zweck angewendet sind, bleibt freilich zu bedauern. Es versöhnt mich aber einigermaßen mit Rung.sRungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851) Dummheit, daß er so selbstverläugnend ist, den Schritt zu thun, der seine Eigenliebe so schmerzen muß. Daß er nicht „mit Verstand gesegnet ist“ bleibt Schuld der Götter!

Lebwohl, geliebtes Kind! halte die Ohren steif und – warm! Eine Mütze mit Klappen ist häßlich, doch tugendhaft! Die Kälte ist hier sehr unbequem. Tausend Grüße zur Vertheilung!
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)

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Fanny wollte Dir heut schreiben, RungenhRungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851). sitzt aber neben ihr am Klavier und läßt sich edel beschulmeistern.Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)

            Berlin 13 Januar 1838 Diesmal will ich Dich wahrhaftig nicht anders mit Schreiben überfallen, als der Bediente thun würde, der sich nach Deinem Befinden erkundigen sollte. – Mit größtem Bedauern und sogar nicht ohne Unruhe lese ich von Deinem abermaligen Ohrenschmerz. Ich hoffe zwar, daß es nur etwas Rheumatism sein werde, aber Du brauchst Dein zartestes Gehör zu nothwendig und die Männertracht erlaubt so wenig, Dich dagegen zu schützen, daß ich mich vor Rückfällen ängstige. In Düßeldorf verändertest Du eben dieser Ursach wegen einmal Dein Schlafzimmer mit Erfolg; sei ja nicht ohne Rücksicht darauf in der neuen Wohnung, mein Kind! Du weißt, daß ich gar wenig auf Arzeneien halte; aber delikate Konstitutionen müßen genau erspähen, was im ganzen Verhalten und Leben ihnen dienlich ist, und auf Wohnung, Diät u. s. w. mußt Du mehr sehen als auf das garstige Gebräu des Mr. Purgon. Obgleich Dein Clarus im Aeußern nicht wenig von den Molièreschen Aerzten an sich hat, so höre ich zu seinem Ruhme, daß er nicht allzuviel droguirt, und denjenigen, die durchaus die medicinische Teufelsküche schmecken wollen, sehr unschuldig gefärbte Wäßerchen beibringt. Das gefällt mir von dem klugen Mann; wer durchaus betrogen sein will, mag es auf Kosten seines Gaumens und Beutels auch sein. – Ich begreife und theile Deine Aengstlichkeit for Cecilens großer Expedition aber dazu helfen alle vorhergehende Medicamente nicht, glaub es mir, und laß ihre gute Konstitution nicht durch Kuren und Medicinschlucken schwächen und verderben. Die Entbindung ist durchweg ein Naturproceß, bei deßen Gelingen tausend verborgene Ursachen wirken, und der trotz unzähliger Erfahrung stets geheimnißvoll bleibt. Sogar in dem Grade, daß Frauen bei jeder neuen Geburt anders empfinden und daß man trotz aller Vorzeichen sich immer betrügt, was ich an mir selbst 9mal erfahren habe. Wenn es möglich wäre, daß weder Du noch Mde. Jeanrenaud, die Ihr beide furchtbar ängstlich seid, zugegen wärt, so würd ich das für einen großen Gewinn für Cécile halten. Das Mitleid, die besorgten Gesichter, die Thränen der Umstehenden machen die Leidende unnöthig weichherzig und schwachmüthig; zuweilen versucht man sogar, sich des Schreiens zu enthalten, und verschlimmert die Lage der Sache. Ich habe stets gebeten und auch erlangt, nur die Personen um mich zu haben, die unumgänglich nothwendig sind; mit diesen läßt man sich gehörig gehen und wird durch fremdes Beileid nicht noch viel mehr zerknirscht als es durch die Unbarmherzigkeit der Leute vom Fach geschieht. – Zur Pflege und Beruhigung nachher so viel Aufmerksamkeit und Güte als irgend möglich; nur nicht bevor alles beseitigt ist. – Leider seh ich voraus, daß auch dies mein Moral-Predigen umsonst sein wird; ich halte es aber für meine Schuldigkeit, Dir als erfahrne in Wochen Gekommene, meine Meinung zu sagen, die auch Deine Schwestern bestätigen. – Als Dein großer Kopf in die Welt gefördert wurde, soll ich hundertmal geschrieen haben, o was bin ich für eine unglückliche Frau! – Wenn Du von Cécilechen Aehnliches hörst, so waffne Dich mit Muth, und denke, daß ich für diesen Deinen schlechten Willkommen viele tausendmal nachher gesagt und gedacht habe: o was bin ich für eine glückliche Mutter meines geliebten Felix!
Ich habe die Maße musical worlds durchgeblättert und manches, das mich intereßirte, gefunden ohne des rothen Fadens Felix zu gedenken, der sich durch so manches windet. Wesley’s Leben und Kindheit besonders machte mir viel Vergnügen: ein wehmüthiges, der Besuch bei Mozarts Schwester, die in deßen Biographie ohngefähr als Kind so beschrieben ist als wie die kleine Fanny neben dem kleinen Felix. Mde. Bigot pflegte zu sagen „on ne parlerait que de Fanny s’il n’y avait pas de Felix au monde. “ – Das bewährt sich jetzt recht, mein liebes Herz, wo Deine begabte und erzgute Schwester die Auszeichnung erhält, die ihr Talent und ihre Bescheidenheit verdienen. die Stimme des Volkschors scheint endlich gewirkt zu haben: Rungenhagen hat Fanny schriftl. und mündlich aufgefordert, ihn mit Rath und Gegenwart beim Paulus beizustehen. Sie hat gestern einer Probe beigewohnt, und geht morgen wieder hin zu Einer, was auch ich zu thun gedenke: auch Ries hat mit ihr gesprochen; aber da der Prometheus-Akademie an den Felsen-Philarmonie geschmiedet ist, so wird für das Orchester, wie Ries selbst sagt, weniger zu thun sein. Nimm nicht übel, wenn ich mich freue, daß v. Fannys Seite wenigstens etwas geschieht, die Aufführung so wenig schlecht als möglich zu machen; unter Deiner und selbst auch unter ihrer Leitung soll es freilich noch anders werden können: und daß so herrliche Mittel nicht erschöpfend zu dem Zweck angewendet sind, bleibt freilich zu bedauern. Es versöhnt mich aber einigermaßen mit Rung. s Dummheit, daß er so selbstverläugnend ist, den Schritt zu thun, der seine Eigenliebe so schmerzen muß. Daß er nicht „mit Verstand gesegnet ist“ bleibt Schuld der Götter!
Lebwohl, geliebtes Kind! halte die Ohren steif und – warm! Eine Mütze mit Klappen ist häßlich, doch tugendhaft! Die Kälte ist hier sehr unbequem. Tausend Grüße zur Vertheilung!

Fanny wollte Dir heut schreiben, Rungenh. sitzt aber neben ihr am Klavier und läßt sich edel beschulmeistern.          
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Januar 1838</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0113260" resp="author" xml:id="persName_f1688776-8589-4ae0-8b1c-853b60b6a2e7">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0113260" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_9d8be61c-3a06-4a60-a0e1-f6735565a3dc"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_8f3b1748-8f2c-41cc-a817-22ac29db1233">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_e9997803-49b2-4912-ad29-9e2a814e407b"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc></teiHeader> <text type="letter"><body><div type="address" xml:id="div_ff538ed2-3e16-404a-833c-4ac0119895a6"><head><address><addrLine>Herrn Musikdirektor <hi rend="latintype">Dr</hi>. Felix</addrLine><addrLine>Mendelssohn Bartholdy</addrLine><addrLine>Leipzig</addrLine><addrLine> <hi n="1" rend="underline">frei</hi> </addrLine></address></head></div><div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_a16ca96f-a2a7-4201-8c1b-e1a08280f40b"><docAuthor key="PSN0113260" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor><docAuthor key="PSN0113260" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor><dateline rend="right">Berlin <date cert="high" when="1838-01-13">13 Januar</date></dateline><dateline rend="right"> <date cert="high" when="1838-01-13">1838</date> </dateline><p style="paragraph_without_indent">Diesmal will ich Dich wahrhaftig nicht anders mit Schreiben überfallen, als der Bediente thun würde, der sich nach Deinem Befinden erkundigen sollte. – Mit größtem Bedauern und sogar nicht ohne Unruhe lese ich von Deinem abermaligen Ohrenschmerz.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d852d7ba-c889-450c-a9d4-00c2c550f3df" xml:lang="de"> abermaligen Ohrenschmerz – Mendelssohn litt seit einiger Zeit an starken Ohrenschmerzen und kurzzeitig an Taubheit. </note> Ich hoffe zwar, daß es nur etwas Rheumatism sein werde, aber Du brauchst Dein zartestes Gehör zu nothwendig und die Männertracht erlaubt so wenig, Dich dagegen zu schützen, daß ich mich vor Rückfällen ängstige. In <placeName xml:id="placeName_79c8aa25-e974-4b5d-9604-f8e24d79360e">Düßeldorf<settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> verändertest Du eben dieser Ursach wegen einmal Dein Schlafzimmer<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_309a2a7d-f086-4088-ba92-e9f0a4bf80fa" xml:lang="de">In Düßeldorf verändertest Du … einmal Dein Schlafzimmer – siehe Brief fmb-1834-02-19-01 (Brief Nr. 863) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Düsseldorf, 19. Februar 1834.</note> mit Erfolg; sei ja nicht ohne Rücksicht darauf in der neuen <placeName xml:id="placeName_9e4064bd-33c9-4a4d-bdcb-d7a7003687ed">Wohnung<name key="NST0100540" style="hidden" subtype="" type="institution">Lurgensteins Garten</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_bf94bb66-0abc-45ab-95dd-2be0094179e8" xml:lang="de">in der neuen Wohnung – Felix und Cécile Mendelssohn Bartholdy bezogen Anfang Dezember 1837 die linke Wohnung in der zweiten Etage im Vorderhaus des neuen Wohnhausensembles in Lurgensteins Garten in Leipzig.</note> mein Kind! Du weißt, daß ich gar wenig auf Arzeneien halte; aber delikate Konstitutionen müßen genau erspähen, was im ganzen Verhalten und Leben ihnen dienlich ist, und auf Wohnung, Diät u. s. w. mußt Du mehr sehen als auf das garstige Gebräu des <hi rend="latintype">Mr. Purgon</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_87bef565-aa70-4032-8c36-1cdd4bba94fe" xml:lang="de">Mr. Purgon – Monsieur Purgon, Figur aus Molières Komödie Le Malade imaginaire.</note> Obgleich Dein <persName xml:id="persName_a26037e1-9dc9-4b9b-9be8-dfb1d4caa320">Clarus<name key="PSN0110406" style="hidden" type="person">Clarus, Johann Christian August (1774-1854)</name></persName> im Aeußern nicht wenig von den <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f95c8f4f-e619-491b-a0a5-da19616f2c2d">Molière<name key="PSN0113379" style="hidden" type="person">Molière (eigtl. Jean Baptiste Poquelin) (1622-1673)</name></persName></hi>schen <title xml:id="title_f65757b6-6c0a-4a42-93ff-93d41b0c8149">Aerzten<name key="PSN0113379" style="hidden" type="author">Molière (eigtl. Jean Baptiste Poquelin) (1622–1673)</name><name key="CRT0112082" style="hidden" type="dramatic_work">Le Malade imaginaire</name></title> an sich hat, so höre ich zu seinem Ruhme, daß er nicht allzuviel <hi rend="latintype">droguirt</hi>, und denjenigen, die durchaus die medicinische Teufelsküche schmecken <hi n="1" rend="underline">wollen</hi>, sehr unschuldig gefärbte Wäßerchen beibringt. Das gefällt mir von dem klugen Mann; wer durchaus betrogen sein will, mag es auf Kosten seines Gaumens und Beutels auch sein. – Ich begreife und theile Deine Aengstlichkeit <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"><corr resp="writer">v</corr><sic resp="writer">f</sic></choice>or <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_2c602e0f-ae23-42d7-ac3e-5e70be5e4772">Cecilens<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> großer Expedition<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_71a86aeb-0a29-4220-90f3-d96597c67668" xml:lang="de">Cécilens großer Expedition – Cécile Mendelssohn Bartholdy erwartete in einer Woche die Geburt ihres ersten Kindes.</note> aber <hi n="1" rend="underline">dazu</hi> helfen alle vorhergehende Medicamente nicht, glaub es mir, und laß ihre gute Konstitution nicht durch Kuren und<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>Medicinschlucken schwächen und verderben. Die Entbindung ist durchweg ein Naturproceß, bei deßen Gelingen tausend verborgene Ursachen wirken, und der trotz unzähliger Erfahrung stets geheimnißvoll bleibt. Sogar in <hi n="1" rend="underline">dem</hi> Grade, daß Frauen bei jeder neuen Geburt anders empfinden und daß man trotz aller Vorzeichen sich immer betrügt, was ich an mir selbst 9mal erfahren<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1e8f8650-38ea-4907-815a-58a1008bc327" xml:lang="de">9mal erfahren – Lea Mendelssohn Bartholdy war insgesamt neunmal schwanger und verlor fünf Kinder.</note> habe. Wenn es möglich wäre, daß weder Du noch <persName xml:id="persName_0fbd7aa6-f7da-4b9e-b1f3-744607a18592"><hi rend="latintype">Mde. Jeanrenaud</hi><name key="PSN0112228" style="hidden" type="person">Jeanrenaud, Elisabeth (Lilly) Wilhelmine (1796-1871)</name></persName>, die Ihr beide furchtbar ängstlich seid, zugegen wärt, so würd ich das für einen großen Gewinn für <hi rend="latintype">Cécile</hi> halten. Das Mitleid, die besorgten Gesichter, die Thränen der Umstehenden machen die Leidende unnöthig weichherzig und schwachmüthig; zuweilen versucht man sogar, sich des Schreiens zu enthalten, und verschlimmert die Lage der Sache. <hi n="1" rend="underline">Ich</hi> habe stets gebeten und auch erlangt, nur <hi n="1" rend="underline">die</hi> Personen um mich zu haben, die unumgänglich nothwendig sind; mit diesen läßt man sich gehörig gehen und wird durch fremdes Beileid nicht noch viel mehr zerknirscht als es durch die Unbarmherzigkeit der Leute vom Fach geschieht. – Zur Pflege und Beruhigung <hi n="1" rend="underline">nach</hi>her so viel Aufmerksamkeit und Güte als irgend möglich; nur nicht bevor alles beseitigt ist. – Leider seh ich voraus, daß auch dies mein Moral-Predigen umsonst sein wird; ich halte es aber für meine Schuldigkeit, Dir als erfahrne in Wochen Gekommene, meine Meinung zu sagen, die auch Deine <persName xml:id="persName_af40f08a-2870-4173-b826-216296b31442">Schwestern<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> bestätigen. – Als Dein <hi n="1" rend="underline">großer</hi> <hi n="1" rend="underline">Kopf</hi> in die Welt gefördert wurde, soll ich hundertmal geschrieen haben, o was bin ich für eine unglückliche Frau! – Wenn Du von <hi rend="latintype">Cécile</hi>chen Aehnliches hörst, so waffne Dich mit Muth, und denke, daß<seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>ich für diesen Deinen schlechten <unclear reason="seal_tear-off" resp="FMBC">Willkommen</unclear> viele tausendmal nachher gesagt und gedacht habe: o was bin ich für eine glückliche Mutter meines geliebten Felix!</p><p>Ich habe die Maße <hi rend="latintype"><title xml:id="title_881cc71a-523d-4d52-92a4-d5a1d16b70f6">musical worlds<name key="PSN0113624" style="hidden" type="author">Novello, Joseph Alfred (1810–1896)</name><name key="CRT0112084" style="hidden" type="science">The Musical World, a Weekly Record of Musical Science, Literature, and Intelligence</name></title></hi> durchgeblättert und manches, das mich intereßirte, gefunden ohne des <hi n="1" rend="underline">rothen Fadens Felix</hi> zu gedenken, der sich durch so manches windet. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_599ae812-8469-469a-8fcc-0f267592c192">Wesley’s<name key="PSN0115729" style="hidden" type="person">Wesley, Samuel (1766-1837)</name></persName></hi> Leben und Kindheit<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f03d5013-01f7-4f3b-9cac-9eaa4baf6363" xml:lang="de">Wesley’s Leben und Kindheit – Professional Memoranda of the Late Mr. Samuel Wesley’s Life, in The Musical World 7, Nr. 84 (20. Oktober 1837), S. 81-93, und Nr. 86 (3. November 1837), S. 113-118.</note> besonders machte mir viel Vergnügen: ein wehmüthiges, der Besuch bei <persName xml:id="persName_68f45c66-f6d3-414c-9688-1a8db18d95b7">Mozarts<name key="PSN0113466" style="hidden" type="person">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name></persName> <persName xml:id="persName_f9d57ca2-b6f8-48f7-a2ee-3469c7e943b1">Schwester<name key="PSN0109866" style="hidden" type="person">Berchtold zu Sonnenburg, Maria Anna Walburga Ignatia (Nannerl) Freifrau von (1751-1829)</name></persName>, die in deßen Biographie<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_068eda75-1269-4f64-ae25-3e4bb66f4a61" xml:lang="de">deßen Biographie – M.S.N. [Mary Sabilla Novello], Visit to Mozart’s Widow and Sister, in The Musical World 6, Nr. 75 (18. August 1837), S. 145 ff., Nr. 76 (25. August 1837), S. 161 f., und Nr. 77 (1. September 1837), S. 177 ff. </note> ohngefähr als Kind so beschrieben ist als wie die kleine <persName xml:id="persName_33199cca-51ff-4edd-a408-8451fe4618b8">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> neben dem kleinen Felix. <hi rend="latintype">Mde. <persName xml:id="persName_28fb5e53-0bc7-4359-b7ba-b6acb9feb762">Bigot<name key="PSN0109945" style="hidden" type="person">Bigot de Morogues, Anne Marie Catherine Salomé (1786-1820)</name></persName></hi> pflegte zu sagen „<hi rend="latintype">on ne parlerait que de Fanny s’il n’y avait pas de Felix au monde</hi>.“<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_086ae65b-90d1-42de-8b96-69b178cce8f6" xml:lang="fr ">„on ne parlerait que de Fanny s’il n’y avait pas de Felix au monde.“ – frz., Man würde nur über Fanny sprechen, wenn es keinen Felix auf der Welt gäbe.</note> – Das bewährt sich jetzt recht, mein liebes Herz, wo Deine begabte und erzgute Schwester die Auszeichnung erhält, die ihr Talent und ihre Bescheidenheit verdienen. die Stimme des <hi n="1" rend="underline">Volkschors</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_77a981d2-c490-47fe-b1b5-284192a8ba46" xml:lang="de">die Stimme des Volkschors – siehe Brief gb-1838-01-06-01 Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Berlin, 6. Januar 1838, Z.: »die tempi seien ihnen zu langsam«.</note> scheint endlich gewirkt zu haben: <persName xml:id="persName_405d4f7f-4e24-4c34-90a1-54bc6bde9875">Rungenhagen<name key="PSN0114359" style="hidden" type="person">Rungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)</name></persName> hat Fanny schriftl. und mündlich aufgefordert, ihn mit Rath und Gegenwart beim <title xml:id="title_b8e3bf63-202c-49e9-9de4-77b491f36b87">Paulus <list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_j5hlfgbv-pame-crus-ki7t-ivzk86ui5bdv"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item> </list> <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_vwqeabpe-8nmm-jwfh-0afe-jknwz8zr2zw2"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> beizustehen. Sie hat <date cert="high" when="1838-01-12">gestern</date> einer Probe beigewohnt, und geht <date cert="high" when="1838-01-14">morgen</date> wieder hin zu <unclear reason="uncertain_reading" resp="UT">Einer</unclear>, was auch ich zu thun gedenke: auch <persName xml:id="persName_cf227e3f-d721-4560-800b-cb2868c4ba34">Ries<name key="PSN0114192" style="hidden" type="person">Ries, Johann Peter Joseph Hubert (1802-1886)</name></persName> hat mit ihr gesprochen; aber da der Prometheus-Akademie an den Felsen-<placeName xml:id="placeName_a409a4ba-ca65-4604-9b58-57fad60d445d">Philarmonie<name key="NST0100417" style="hidden" subtype="" type="institution">Philharmonische Gesellschaft</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> geschmiedet ist,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7a6a6844-843e-4b45-adc2-5754c4ce3f16" xml:lang="de">da der Prometheus-Akademie an den Felsen-Philarmonie geschmiedet ist – Anspielung auf den Mythos des Prometheus, der von Zeus zur Strafe an einen Felsen gekettet wurde.</note> so wird für das Orchester, wie Ries selbst sagt, weniger zu thun sein. Nimm nicht übel, wenn ich mich freue, daß v. Fannys Seite wenigstens etwas geschieht, die Aufführung<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_75740f2d-ae3c-4bf2-87df-11b35451440e" xml:lang="de">die Aufführung – Die Aufführung von Mendelssohns Oratorium Paulus op. 36 durch die Sing-Akademie in Berlin unter der Leitung von Karl Friedrich Rungenhagen fand am 18. Januar 1838 statt.</note> <hi n="1" rend="underline">so wenig schlecht</hi> als möglich zu <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"><corr resp="writer">m</corr><sic resp="writer"></sic></choice>achen; unter Deiner und selbst auch unter ihrer Leitung soll es freilich noch anders werden können: und daß so herrliche Mittel nicht erschöpfend zu <hi n="1" rend="underline">dem</hi> Zweck angewendet sind, bleibt freilich zu bedauern. Es versöhnt mich aber einigermaßen mit <persName xml:id="persName_4b7f6c8e-f637-429d-85d9-461d86564d43">Rung.s<name key="PSN0114359" style="hidden" type="person">Rungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)</name></persName> Dummheit, daß er so selbstverläugnend ist, den Schritt zu thun, der seine Eigenliebe so schmerzen muß. Daß er nicht „mit Verstand gesegnet ist“ bleibt Schuld der Götter!</p><closer rend="left">Lebwohl, geliebtes Kind! halte die Ohren steif und – warm! Eine Mütze mit Klappen ist häßlich, doch tugendhaft! Die Kälte ist hier sehr unbequem. Tausend Grüße zur Vertheilung!</closer></div><div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_77d06111-6f0b-48e6-a134-e85af1071a2d"><docAuthor key="PSN0113260" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor><docAuthor key="PSN0113260" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor><p style="paragraph_without_indent"> <seg type="pagebreak">|1|<pb n="1" type="pagebreak"></pb></seg> </p><p style="paragraph_without_indent"> <add place="top">Fanny wollte Dir <date cert="high" when="1838-01-13">heut</date> schreiben, <persName xml:id="persName_4628644b-beb4-4621-8847-cf649377807a">Rungenh<name key="PSN0114359" style="hidden" type="person">Rungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)</name></persName>. sitzt aber neben ihr am Klavier und läßt sich edel beschulmeistern.<name key="PSN0113260" resp="writers_hand" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</name></add> </p></div></body></text></TEI>