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gb-1837-12-31-01

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Johann Gustav Droysen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb> Berlin, 31. Dezember 1837 Vor allem will ich es mir nicht in eine neue Jahreszahl hinüber verschieben, Dir herzlichen Dank für Deinen Brief zu sagen; und mindestens ein Brief mit der Beilage wäre schon früher gekommen, wenn ich Dich Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Gustav Droysen in Berlin; Leipzig, 14. Dezember 1837 Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Gustav Droysen in Berlin; Leipzig, 5. März 1838 Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884)Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884) Transkription: FMB-C Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
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Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 32/182. Autograph Johann Gustav Droysen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 31. Dezember 1837 Vor allem will ich es mir nicht in eine neue Jahreszahl hinüber verschieben, Dir herzlichen Dank für Deinen Brief zu sagen; und mindestens ein Brief mit der Beilage wäre schon früher gekommen, wenn ich Dich

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.

Johann Gustav Droysen

Green Books

Abschrift, D-Bga, VI. HA, Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 54, fol. [in 59-66]. Gustav Droysen, Johann Gustav Droysen und Felix Mendelssohn-Bartholdy, in: Deutsche Rundschau 111 (1902), S. 209-211. Hübner, Johann Gustav Droysen 1829–1851, S. 128-131. Wehmer, Briefwechsel, S. 50-55.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

31. Dezember 1837 Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884)counter-resetDroysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808–1884) Berlin Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig Deutschland deutsch
Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808–1884) Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808–1884) Berlin 31 Decbr 37.

Vor allem will ich es mir nicht in eine neue Jahreszahl hinüber verschieben, Dir herzlichen Dank für Deinen Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1837-12-14-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Gustav Droysen in Berlin; Leipzig, 14. Dezember 1837</name> zu sagen; und mindestens ein Brief mit der Beilage wäre schon früher gekommen, wenn ich Dich nicht bis in den Spätherbst hinein auf Reisenbis in den Spätherbst hinein auf Reisen – Droysen meint wohl Felix Mendelssohn Bartholdys Englandreise vom 27. August bis Ende September. Danach hilt sich Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig auf. gewußt hätte. So stelle, wenn Du magst, das übersetzte Wesen zu dem Vorgänger; ich komme mir dabei vor wie unter einer Maske, wer es nicht genau weiß, erkennt den darunter nicht, oder wie einer, der mit einer Menagerie sich zeigt, nicht den, der die Mühe hat, sondern die wunderlichen Thiere beschaut man staunend, es sei denn, daß der van AkenAken (Van Aken), niederländisches Familienunternehmen sich neben den Löwen in den Käfig setzt und dann – was ist es mehr, als daß er nicht gefressen worden.

Ich habe es jetzt mit Deinem Paulus<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_cjoqzxux-szyc-4ipn-mppa-2znc1zltshuj"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name>. Die kleine zum Theil treffliche Schrift von MoseviusMosewius, Johann Theodor (1788-1858)Die kleine zum Theil treffliche Schrift von Mosevius – Felix Mendelssohn Bartholdys Paulus op. 36 (MWV A 14) wurde am 1. und am 13. Dezember 1837 in Breslau unter Johann Theodor Mosewius’ Leitung aufgeführt (siehe die Rezension in der AMZ 40, 1838, Sp. 391 f.). Mosewius übersandte Felix Mendelssohn Bartholdy am 16. Dezember 1837 zusammen mit einem Brief (gb-1837-12-16-01) das von ihm verfasste Programmheft Zur Aufführung des Oratoriums Paulus von Felix Mendelssohn-Bartholdy durch das königl. akademische Institut für Kirchenmusik und die Breslauer Sing-Akademie, Breslau [1837; das Erscheinungsdatum wird oft irrtümlich mit 1836 angegeben]. Nachweis von Felix Mendelssohn Bartholdys Exemplar, siehe Ward Jones, Library, S. 313, Nr. 178. hat mich veranlaßt, vor der nächsten Aufführung in der AkademieSingakademieKölnDeutschland (früher habe ich ihn bei FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) gehörtfrüher habe ich ihn bei Fanny gehört – Fanny Hensel veranstaltete mehrere Proben zu Felix Mendelssohn Bartholdys Paulus op. 36 (MWV A 14) für eine Aufführung unter ihrer Leitung am 22. Januar 1837. Generalprobe war am 21. Januar 1837.) das Werk auch nach den gedruckten Noten kennen zu lernen; ich möchte wohl Kenntniß genug haben, über Deine vielstimmige Christusstimme und über Mache Dich auf, werde Licht”, besonders aber über vieles andere mich zu äußern; Du weißt ja, wie die BerlinerBerlinDeutschland sind; helfen wird es auch nicht, da es nicht RellstabRellstab, Heinrich Friedrich Ludwig (Louis) (1799-1860) sagt und Du noch am Leben und gar aus Berlin bist. Darum hat es mir eine wahre Beruhigung gegeben zu hören, Du wirst nicht zur Aufführung der Akademiezur Aufführung der Akademie – Felix Mendelssohn Bartholdys Paulus op. 36 (MWV A 14) wurde am 18. Januar 1838 in der Sing-Akademie in Berlin aufgeführt. Mendelssohn hatte die Leitung der Aufführung abgelehnt. Siehe Brief fmb-1837-11-30-01 (Brief Nr. 1790) Felix Mendelssohn Bartholdy an die Vorsteherschaft der Sing-Akademie in Berlin, Leipzig, 30. November 1837. herkommen, obschon ich es bewundere, daß Du es ruhig ansehen kannst, wie Dir hierDroysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808–1884) die dirigierende Langeweile die Frische welk machen und die Kraft verwässern wird. Wir haben neuerdings Wunderbares am Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name> erlebt, eine faule, milzsüchtige Aufführung; und besser geht’s dem Paulus gewiß nicht. Die Berliner, auch die in der Akademie, fühlen, was sie nach ZelterZelter, Carl Friedrich (1758-1832)’s Tod für einen einfältigen Streich gemacht haben, und welche Perspective haben sie sich in ihrem prosaischen und contormäßigen Grell gewählt! Kurzum, man sieht wieder, wie selbst die trefflichsten Dinge nicht abstract durch sich gehalten sind, sondern Persönlichkeiten sie tragen müssen.

|2| Was ich früher einmal von einem Operntext geschrieben, war nicht viel mehr als ein momentaner Einfall und das sehr lebhafte Verlangen, Dir, wenn ich könnte, zu Gefallen zu sein. Wenn Du so gut sein willst, Dir diese letzten Worte weiter auszudenken, so findest Du darin einen ganzen Frühlingsgarten voll lauter Blumen und auch hier und da was zu naschen dabei; Du wirst Dich erinnern, wie damals der Garten in der Leipziger StraßeLeipziger Straße Nr. 3BerlinDeutschlandder Garten in der Leipziger Straße – Gemeint ist der Garten inkl. Gartenhaus im Berliner Anwesen der Familie Mendelssohn Bartholdy in der Leipziger Straße 3 in Berlin (ehemaliges Reckesches Palais). blühte, als wir die Flegeljahre<name key="PSN0114173" style="hidden" type="author">Richter, Johann Paul Friedrich (Pseud.: Jean Paul) (1763–1825)</name><name key="CRT0110453" style="hidden" type="literature">Flegeljahre. Eine Biographie</name> lasen. Kurz, brauchst Du mich, so ist es gut, so sage es. Gestern hat unser lieber Ed. BendemannBendemann, Eduard Julius Friedrich (1811-1889) bei mir gesessen, und wir haben von Dir gesprochen und uns bewiesen, daß Du eigentlich entschiedenster Weise der Mann dazu wärst eine Oper zu machen. Ja, hat er gemeint, ich kann mir wohl denken, das ist ein malerisches Sujet und jenes eins für die Meißel; aber was eigentlich das Musikalische an einer dramatischen Handlung ist, weiß ich nicht. Das ist gewiß auch ein eigen Ding; ist es etwa, daß durch den ganzen Figaro<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110123" style="hidden" type="music">Le nozze di Figaro KV 492</name> dieselbe sprudelnde Süßigkeit sinnlicher Lust klingt, und durch die Zauberflöte dieselbe helle Heiterkeit und kinderspielartige Lust, nur daß hier und da wie eine Ahndung ein tiefer und ergreifender Ernst klingt? Ist es so eine durchherrschende Grundstimmung, etwa wie auch die eine Landschaft ernst, die andre heiter, die eine ahndungsvoll ergreifend, die andere nach heimlich stillem Glück aussieht? Ich kenne von Opern im Grunde genommen nur MozartMozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791) und GluckGluck, Christoph Willibald (seit 1756) Ritter von (1714-1787), und da paßt mir das. Nun glaube ich, müßte ein rechter Operntext die Tonart treffen, in der Du nicht etwa gestimmt bist, sondern in der der liebe Gott Dein innerstes Wesen componirt hat, und da kann ich nicht sagen, ist es das heiße, wilde H-moll, oder ist es das hellenische A-dur (wenn anders ich recht denke, daß “Seid uns gnädig”<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_i45zqdgo-kjbe-gwfp-itku-t20uzibkodfl"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name>“Seid uns gnädig” – Felix Mendelssohn Bartholdy, Paulus op. 36 (MWV A 14), Nr. 35 Chor »Seid uns gnädig«. in A-dur geht). So sprachen wir, und Bendemann war der Meinung, in der Odyssee<name key="PSN0112080" style="hidden" type="author">Homer</name><name key="CRT0109351" style="hidden" type="literature">Odyssee</name> sei es eben der romantische Klang, der Dich anzieht. Das ist aber doch wohl kein Drama, ich glaube nicht einmal ein – Oratorium ist ein falscher Name, aber ich denke mir, es ist ein Seitenstück |3| zu den Hebriden<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_wwdpt1oj-4r4i-kqea-vfu6-ftx5oojcslzi"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PRC0100363" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 2 Die Hebriden / The Isles of Fingal (Zur einsamen Insel) h-Moll (»Fingals Höhle«), 7. August 1829 bis 16. Dezember 1830; Umarbeitung bis 20. Juni 1832<idno type="MWV">P 7</idno><idno type="op">26</idno></name>, und die holdselige Nausikaa kann ich mir sehr genau denken und den widerlichen brummigen Poseidon auch, aber bloß in Instrumenten. Und als ich dann die schöne Geschichte von dem Schatzhaus des Rhampsinit aus dem Herodot erzählte, von dem ägyptischen Könige und seiner klugen Tochter und dem kühnen Burschen, der an Wagnissen seine Lust hat, und ein äthiopischer Prinz durfte nicht fehlen, – so war ihm das auch nicht recht, er meinte, es müsse doch romantisch sein und wo möglich “das stille Volk” dabei, wie Dir ja der Sturm so passend geschienen, der als Geisterinsel oft genug dagewesen, und gar ein Kaiser Karl, etwa bei Roncesvalles,ein Kaiser Karl, etwa bei Roncesvalles – Bezieht sich auf den spanischen Ort Roncesvalles, der durch die Schlacht von Roncesvalles am 15. August 778 Berühmtheit erlangt. Dabei wurde die Nachhut des Truppenzuges Karls des Großen unter der Führung von Roland durch die ortsansässigen Basken vernichtet. würde Dir anklingen.

So kannst Du sehen, wie wir von Dir gesprochen, und ich wiederhole, willst und weißt Du irgend etwas, worin ich Dir zu Nutzen sein kann, hier bin ich, hier nimm mich. Aber das thut mir in der Seele weh, daß Du auf englisch componiren willst. Was haben wir nicht schon alles in der Musik an das Ausland verloren! Das thue uns doch ja nicht! Oder machen Sie es Dir besser? Sag’s, ich will es Dir übersetzen, lieber vor als nach der Composition.

Von MarxMarx, Adolph Bernhard (1795-1866) weiß ich nur wenig mehr; er hat mir seine Compositionslehre<name key="PSN0113108" style="hidden" type="author">Marx, Adolph Bernhard (1795–1866)</name><name key="CRT0109904" style="hidden" type="science">Die Lehre von der musikalischen Komposition, praktisch-theoretisch</name> geschickt, woraus ich vieles zu lernen hoffe. Er wird mich miskannt haben, wie er schon so vieles, was ihm nah und treu war, mit getrübtem Blick angesehen hat; ich habe sein Thun und Treiben nicht mehr verstanden; sein scharfer Verstand ist sein Unglück; er braucht ihn wie einen Spaten, sich den Boden unter den Füßen wegzuschaufeln, um sich eine Anhöhe zu bauen; wenn er nicht eher fallen müßte, so käme er hoch zu stehen; obenein aber schaufelt er aber auch die Wurzeln der Verhältnisse hinweg, die er hat, er will sich da oben hinein einen neuen Baum von Liebe und Ehe pflanzen, aber es sind schon einige dort umgeweht und verdorrt, ehe sie nur ein Blatt getrieben. Aber weiß Gott, ich bin weit entfernt, den Stein wider ihn zu heben, er thut mir in tiefster Seele weh, um so mehr, da ich in dem, was er mit so tiefem Verlangen sich umsonst ersehnt, sehr glücklich bin. Wohl mögen wir uns zum neuen Jahre vieles Glück wünschen, lieber Felix, |4| es bringt uns beiden ein paar sorgenvolle Tage; und es ist wunderlich, daß uns das Liebste in der Welt durch solche Sorgen nur immer noch theurer werden muß.

Wärst Du nur einmal wieder hier; wie das alles anders geworden ist, sonst frisch und kräftig und elastisch gegen den Druck der Gegenwart, ist matt oder gekrümmt oder auch wohl corpulent geworden, den einen verstimmt die Ehe, die er hat, den anderen, daß er keine hat, den treibt die Gier, was Rechtes zu leisten, jenen quält der Aerger, daß er es nicht kann; wenige sind jung und rüstig geblieben. Du hast es oft genug geklagt, daß die Luft hier nichts taugt; es ist die unablässige Thuerei eines Tretrads; man kommt nicht recht weiter, und reißt einmal ein heftiges Thun draußen Luken auf, daß man hinaussehen kann in die bunte, vielbewegte Welt, nach GöttingenGöttingenDeutschland oder CölnKölnDeutschland, so sagt die Censur:nach Göttingen oder Cöln, so sagt die Censur – Bezieht sich zum einen auf den Protest der »Göttinger Sieben« (Göttinger Professoren) im Jahre 1837 gegen die Wiederherstellung der altständischen Verfassung von 1819 durch den Hannoverschen König Ernst August. Zum anderen ist der sich 1837 an der Mischehenfrage entzündende Streit zwischen dem Erzbischof von Köln, Clemens August Freiherr Droste zu Vischering und Preußen gemeint, der in der Verhaftung Droste zu Vischerings mündete und ihn zu einer bedeutsamen Symbolgestalt für die Freiheit der Kirche machte. es giebt Zug, macht die Luken zu! und die dunstige Arbeit geht dann bei dem frühen Lampenlicht der selbstgefälligen Intelligenz weiter fort. Ich habe rechte Sehnsucht, endlich einmal hinaus zu kommen. Es giebt hier auch Liberale; aber die lautesten unter ihnen sind noch übler, die “unschädlichen Schreier”; SubscriptionenSubscriptionen – Die Protestaktion der »Göttinger Sieben«, welche 1837 gegen die Aufhebung der 1833 eingeführten liberalen Verfassung im Königreich Hannover protestierten, hatte in Berlin große Anerkennung gefunden. Für die ihrer Ämter Enthobenen wurde Geld gesammelt, »eine Subskription von zahlreichen Beiträgen auf 5 Jahre«. Die Berliner wollten sich dem Leipziger Komitee anschließen, ihm ihre Beiträge überweisen, wohl um ihre Anonymität zu sichern. Felix Mendelssohn Bartholdy übernahm hierbei eine Vermittlerrolle. Siehe dazu Brief fmb-1837-12-30-02 (Brief Nr. 1832) Felix Mendelssohn Bartholdy an Peter Gustav Lejeune Dirichlet und Rebecka Lejeune Dirichlet in Berlin; Leipzig, 30. Dezember 1837, Z. 3-13. anregend für die Sieben, machen sie sich eine Fête von ihrer Freisinnigkeit und wandeln in ihrer Liberalität, während DahlmannDahlmann, Friedrich Christoph (1785-1860) rührende Worte von Weib und Kind spricht und die edelsten Herzen an den bittersten Wunden kranken.

Und nun soll es für heute genug sein, und hast Du Dich von mir müssen allzulange stören lassen, so denke nur, wie unendlich lieb es mir ist, wieder mit Dir ein Wort geplaudert zu haben. Deiner FrauMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) sag alle besten Grüße und Wünsche von mir und daß kein Blumenstrauß anmuthiger und heiterer sein kann als das Bild voll Anmuth und lebensheiterer Milde, das ich mir von ihr denke.

Ueberhaupt aber wäre es schön, wenn Du nicht bloß Noten schriebst, sondern auch einmal meiner zu gedenken Anlaß nähmest.

Dein ewig treuer Joh Gust Droysen
            Berlin 31 Decbr 37. Vor allem will ich es mir nicht in eine neue Jahreszahl hinüber verschieben, Dir herzlichen Dank für Deinen Brief zu sagen; und mindestens ein Brief mit der Beilage wäre schon früher gekommen, wenn ich Dich nicht bis in den Spätherbst hinein auf Reisen gewußt hätte. So stelle, wenn Du magst, das übersetzte Wesen zu dem Vorgänger; ich komme mir dabei vor wie unter einer Maske, wer es nicht genau weiß, erkennt den darunter nicht, oder wie einer, der mit einer Menagerie sich zeigt, nicht den, der die Mühe hat, sondern die wunderlichen Thiere beschaut man staunend, es sei denn, daß der van Aken sich neben den Löwen in den Käfig setzt und dann – was ist es mehr, als daß er nicht gefressen worden.
Ich habe es jetzt mit Deinem Paulus. Die kleine zum Theil treffliche Schrift von Mosevius hat mich veranlaßt, vor der nächsten Aufführung in der Akademie (früher habe ich ihn bei Fanny gehört) das Werk auch nach den gedruckten Noten kennen zu lernen; ich möchte wohl Kenntniß genug haben, über Deine vielstimmige Christusstimme und über Mache Dich auf, werde Licht”, besonders aber über vieles andere mich zu äußern; Du weißt ja, wie die Berliner sind; helfen wird es auch nicht, da es nicht Rellstab sagt und Du noch am Leben und gar aus Berlin bist. Darum hat es mir eine wahre Beruhigung gegeben zu hören, Du wirst nicht zur Aufführung der Akademie herkommen, obschon ich es bewundere, daß Du es ruhig ansehen kannst, wie Dir hier die dirigierende Langeweile die Frische welk machen und die Kraft verwässern wird. Wir haben neuerdings Wunderbares am Messias erlebt, eine faule, milzsüchtige Aufführung; und besser geht’s dem Paulus gewiß nicht. Die Berliner, auch die in der Akademie, fühlen, was sie nach Zelter’s Tod für einen einfältigen Streich gemacht haben, und welche Perspective haben sie sich in ihrem prosaischen und contormäßigen Grell gewählt! Kurzum, man sieht wieder, wie selbst die trefflichsten Dinge nicht abstract durch sich gehalten sind, sondern Persönlichkeiten sie tragen müssen.
 Was ich früher einmal von einem Operntext geschrieben, war nicht viel mehr als ein momentaner Einfall und das sehr lebhafte Verlangen, Dir, wenn ich könnte, zu Gefallen zu sein. Wenn Du so gut sein willst, Dir diese letzten Worte weiter auszudenken, so findest Du darin einen ganzen Frühlingsgarten voll lauter Blumen und auch hier und da was zu naschen dabei; Du wirst Dich erinnern, wie damals der Garten in der Leipziger Straße blühte, als wir die Flegeljahre lasen. Kurz, brauchst Du mich, so ist es gut, so sage es. Gestern hat unser lieber Ed. Bendemann bei mir gesessen, und wir haben von Dir gesprochen und uns bewiesen, daß Du eigentlich entschiedenster Weise der Mann dazu wärst eine Oper zu machen. Ja, hat er gemeint, ich kann mir wohl denken, das ist ein malerisches Sujet und jenes eins für die Meißel; aber was eigentlich das Musikalische an einer dramatischen Handlung ist, weiß ich nicht. Das ist gewiß auch ein eigen Ding; ist es etwa, daß durch den ganzen Figaro dieselbe sprudelnde Süßigkeit sinnlicher Lust klingt, und durch die Zauberflöte dieselbe helle Heiterkeit und kinderspielartige Lust, nur daß hier und da wie eine Ahndung ein tiefer und ergreifender Ernst klingt? Ist es so eine durchherrschende Grundstimmung, etwa wie auch die eine Landschaft ernst, die andre heiter, die eine ahndungsvoll ergreifend, die andere nach heimlich stillem Glück aussieht? Ich kenne von Opern im Grunde genommen nur Mozart und Gluck, und da paßt mir das. Nun glaube ich, müßte ein rechter Operntext die Tonart treffen, in der Du nicht etwa gestimmt bist, sondern in der der liebe Gott Dein innerstes Wesen componirt hat, und da kann ich nicht sagen, ist es das heiße, wilde H-moll, oder ist es das hellenische A-dur (wenn anders ich recht denke, daß “Seid uns gnädig” in A-dur geht) . So sprachen wir, und Bendemann war der Meinung, in der Odyssee sei es eben der romantische Klang, der Dich anzieht. Das ist aber doch wohl kein Drama, ich glaube nicht einmal ein – Oratorium ist ein falscher Name, aber ich denke mir, es ist ein Seitenstück zu den Hebriden, und die holdselige Nausikaa kann ich mir sehr genau denken und den widerlichen brummigen Poseidon auch, aber bloß in Instrumenten. Und als ich dann die schöne Geschichte von dem Schatzhaus des Rhampsinit aus dem Herodot erzählte, von dem ägyptischen Könige und seiner klugen Tochter und dem kühnen Burschen, der an Wagnissen seine Lust hat, und ein äthiopischer Prinz durfte nicht fehlen, – so war ihm das auch nicht recht, er meinte, es müsse doch romantisch sein und wo möglich “das stille Volk” dabei, wie Dir ja der Sturm so passend geschienen, der als Geisterinsel oft genug dagewesen, und gar ein Kaiser Karl, etwa bei Roncesvalles, würde Dir anklingen.
So kannst Du sehen, wie wir von Dir gesprochen, und ich wiederhole, willst und weißt Du irgend etwas, worin ich Dir zu Nutzen sein kann, hier bin ich, hier nimm mich. Aber das thut mir in der Seele weh, daß Du auf englisch componiren willst. Was haben wir nicht schon alles in der Musik an das Ausland verloren! Das thue uns doch ja nicht! Oder machen Sie es Dir besser? Sag’s, ich will es Dir übersetzen, lieber vor als nach der Composition.
Von Marx weiß ich nur wenig mehr; er hat mir seine Compositionslehre geschickt, woraus ich vieles zu lernen hoffe. Er wird mich miskannt haben, wie er schon so vieles, was ihm nah und treu war, mit getrübtem Blick angesehen hat; ich habe sein Thun und Treiben nicht mehr verstanden; sein scharfer Verstand ist sein Unglück; er braucht ihn wie einen Spaten, sich den Boden unter den Füßen wegzuschaufeln, um sich eine Anhöhe zu bauen; wenn er nicht eher fallen müßte, so käme er hoch zu stehen; obenein aber schaufelt er aber auch die Wurzeln der Verhältnisse hinweg, die er hat, er will sich da oben hinein einen neuen Baum von Liebe und Ehe pflanzen, aber es sind schon einige dort umgeweht und verdorrt, ehe sie nur ein Blatt getrieben. Aber weiß Gott, ich bin weit entfernt, den Stein wider ihn zu heben, er thut mir in tiefster Seele weh, um so mehr, da ich in dem, was er mit so tiefem Verlangen sich umsonst ersehnt, sehr glücklich bin. Wohl mögen wir uns zum neuen Jahre vieles Glück wünschen, lieber Felix, es bringt uns beiden ein paar sorgenvolle Tage; und es ist wunderlich, daß uns das Liebste in der Welt durch solche Sorgen nur immer noch theurer werden muß.
Wärst Du nur einmal wieder hier; wie das alles anders geworden ist, sonst frisch und kräftig und elastisch gegen den Druck der Gegenwart, ist matt oder gekrümmt oder auch wohl corpulent geworden, den einen verstimmt die Ehe, die er hat, den anderen, daß er keine hat, den treibt die Gier, was Rechtes zu leisten, jenen quält der Aerger, daß er es nicht kann; wenige sind jung und rüstig geblieben. Du hast es oft genug geklagt, daß die Luft hier nichts taugt; es ist die unablässige Thuerei eines Tretrads; man kommt nicht recht weiter, und reißt einmal ein heftiges Thun draußen Luken auf, daß man hinaussehen kann in die bunte, vielbewegte Welt, nach Göttingen oder Cöln, so sagt die Censur: es giebt Zug, macht die Luken zu! und die dunstige Arbeit geht dann bei dem frühen Lampenlicht der selbstgefälligen Intelligenz weiter fort. Ich habe rechte Sehnsucht, endlich einmal hinaus zu kommen. Es giebt hier auch Liberale; aber die lautesten unter ihnen sind noch übler, die “unschädlichen Schreier”; Subscriptionen anregend für die Sieben, machen sie sich eine Fête von ihrer Freisinnigkeit und wandeln in ihrer Liberalität, während Dahlmann rührende Worte von Weib und Kind spricht und die edelsten Herzen an den bittersten Wunden kranken.
Und nun soll es für heute genug sein, und hast Du Dich von mir müssen allzulange stören lassen, so denke nur, wie unendlich lieb es mir ist, wieder mit Dir ein Wort geplaudert zu haben. Deiner Frau sag alle besten Grüße und Wünsche von mir und daß kein Blumenstrauß anmuthiger und heiterer sein kann als das Bild voll Anmuth und lebensheiterer Milde, das ich mir von ihr denke.
Ueberhaupt aber wäre es schön, wenn Du nicht bloß Noten schriebst, sondern auch einmal meiner zu gedenken Anlaß nähmest.
Dein
ewig treuer
Joh Gust Droysen          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1837-12-31-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1837-12-31-01" xml:id="title_4d397d18-6758-456b-b936-a6a9eb1a1946">Johann Gustav Droysen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb> Berlin, 31. Dezember 1837</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_d943422d-5a47-4807-b1df-17d14084a5a1">Vor allem will ich es mir nicht in eine neue Jahreszahl hinüber verschieben, Dir herzlichen Dank für Deinen Brief zu sagen; und mindestens ein Brief mit der Beilage wäre schon früher gekommen, wenn ich Dich</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_9d7c5f4a-78ce-4edc-b80f-090df24f1fcd">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="fmb-1837-12-14-01" type="precursor" xml:id="title_e1a87b74-fc65-4df3-8bcf-e773ca41feef">Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Gustav Droysen in Berlin; Leipzig, 14. Dezember 1837</title> <title key="fmb-1838-03-05-01" type="successor" xml:id="title_c9dc66f5-53f3-4119-ba8c-c778b92cb49a">Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Gustav Droysen in Berlin; Leipzig, 5. März 1838</title> <author key="PSN0110751">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0110751" resp="writer">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription">FMB-C</name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition">  </name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_70319fb9-383a-430b-a608-fa6583cb08a4"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript" xml:id="sourceDesc_2a320d12-2b94-4aa1-a137-a9e522050594"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Großbritannien</country> <settlement>Oxford</settlement> <institution key="RISM">GB-Ob</institution> <repository>Oxford, Bodleian Library</repository> <collection>Music Section</collection> <idno type="signatur">M.D.M. d. 32/182. </idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1837-12-31-01" type="letter" xml:id="title_8851d2c2-67a8-4d19-b59f-597a1ede08f7">Johann Gustav Droysen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig;  Berlin, 31. Dezember 1837</title> <incipit>Vor allem will ich es mir nicht in eine neue Jahreszahl hinüber verschieben, Dir herzlichen Dank für Deinen Brief zu sagen; und mindestens ein Brief mit der Beilage wäre schon früher gekommen, wenn ich Dich</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.</p> <handDesc hands="1"> <p>Johann Gustav Droysen</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="copy_from_foreign_hand">Abschrift, D-Bga, VI. HA, Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 54, fol. [in 59-66].</bibl> <bibl type="printed_letter">Gustav Droysen, Johann Gustav Droysen und Felix Mendelssohn-Bartholdy, in: Deutsche Rundschau 111 (1902), S. 209-211. </bibl> <bibl type="printed_letter">Hübner, Johann Gustav Droysen 1829–1851, S. 128-131.</bibl> <bibl type="printed_letter">Wehmer, Briefwechsel, S. 50-55.</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation>31. Dezember 1837</creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0110751" resp="author" xml:id="persName_06767eef-27a2-4670-85e0-37f69d879f32">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808-1884)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0110751" resp="writer">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808–1884)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_9adac510-731f-4064-a930-784e5e364283"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_f07f682c-0368-4d8e-9e75-5910b4b2249a">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_4f35c1b5-68d7-43fe-bcb5-059b8c7c9c79"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_0e30c81c-b913-4dc8-ab83-6ff98325f47c"> <docAuthor key="PSN0110751" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_e4166d20-310f-4696-9da9-31b0d3e65c68">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808–1884)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0110751" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_0b7d19e5-d4dd-4201-85a2-1c1e5e841d20">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808–1884)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin <date cert="high" when="1837-12-31" xml:id="date_fdb24019-c0b7-46c7-85ce-7ceec5bfc144">31 Decbr 37</date>.</dateline> <p style="paragraph_without_indent">Vor allem will ich es mir nicht in eine neue Jahreszahl hinüber verschieben, Dir herzlichen Dank für Deinen <title xml:id="title_4cacf3bc-0921-4d30-80a3-b8066e4355ab">Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1837-12-14-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Johann Gustav Droysen in Berlin; Leipzig, 14. Dezember 1837</name> </title> zu sagen; und mindestens ein Brief mit der Beilage wäre schon früher gekommen, wenn ich Dich nicht bis in den Spätherbst hinein auf Reisen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_350ae4f7-4b9a-480f-b34c-1813476c2380" xml:lang="de">bis in den Spätherbst hinein auf Reisen – Droysen meint wohl Felix Mendelssohn Bartholdys Englandreise vom 27. August bis Ende September. Danach hilt sich Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig auf.</note> gewußt hätte. So stelle, wenn Du magst, das übersetzte Wesen zu dem Vorgänger; ich komme mir dabei vor wie unter einer Maske, wer es nicht genau weiß, erkennt den darunter nicht, oder wie einer, der mit einer Menagerie sich zeigt, nicht den, der die Mühe hat, sondern die wunderlichen Thiere beschaut man staunend, es sei denn, daß der <persName xml:id="persName_05f1047e-2253-4fb6-aeba-13b8acb4f834"><hi rend="latintype">van Aken</hi><name key="PSN0109410" style="hidden" type="person">Aken (Van Aken), niederländisches Familienunternehmen</name></persName> sich neben den Löwen in den Käfig setzt und dann – was ist es mehr, als daß er nicht gefressen worden.</p> <p>Ich habe es jetzt mit Deinem <title xml:id="title_4dfdc37f-5ff9-407a-abe3-fe5e1ac72d00">Paulus<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_cjoqzxux-szyc-4ipn-mppa-2znc1zltshuj"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title>. Die kleine zum Theil treffliche Schrift von <persName xml:id="persName_dc3e79e7-513e-4643-9f31-daaa96530d28">Mosevius<name key="PSN0113450" style="hidden" type="person">Mosewius, Johann Theodor (1788-1858)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_566c0f68-2a1d-4b13-b6a4-6434f3e20c1b" xml:lang="de">Die kleine zum Theil treffliche Schrift von Mosevius – Felix Mendelssohn Bartholdys Paulus op. 36 (MWV A 14) wurde am 1. und am 13. Dezember 1837 in Breslau unter Johann Theodor Mosewius’ Leitung aufgeführt (siehe die Rezension in der AMZ 40, 1838, Sp. 391 f.). Mosewius übersandte Felix Mendelssohn Bartholdy am 16. Dezember 1837 zusammen mit einem Brief (gb-1837-12-16-01) das von ihm verfasste Programmheft Zur Aufführung des Oratoriums Paulus von Felix Mendelssohn-Bartholdy durch das königl. akademische Institut für Kirchenmusik und die Breslauer Sing-Akademie, Breslau [1837; das Erscheinungsdatum wird oft irrtümlich mit 1836 angegeben]. Nachweis von Felix Mendelssohn Bartholdys Exemplar, siehe Ward Jones, Library, S. 313, Nr. 178.</note> hat mich veranlaßt, vor der nächsten Aufführung in der <placeName xml:id="placeName_c25db7d2-6bc7-46dd-b7b8-aa2e3e90067d">Akademie<name key="NST0103866" style="hidden" subtype="" type="institution">Singakademie</name><settlement key="STM0100107" style="hidden" type="locality">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> (früher habe ich ihn bei <persName xml:id="persName_655626c6-deb5-4d58-9c5f-56d58213ac78">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> gehört<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e1a3470d-c10d-4819-968b-d6530b6760a3" xml:lang="de">früher habe ich ihn bei Fanny gehört – Fanny Hensel veranstaltete mehrere Proben zu Felix Mendelssohn Bartholdys Paulus op. 36 (MWV A 14) für eine Aufführung unter ihrer Leitung am 22. Januar 1837. Generalprobe war am 21. Januar 1837.</note>) das Werk auch nach den gedruckten Noten kennen zu lernen; ich möchte wohl Kenntniß genug haben, über Deine vielstimmige Christusstimme und über Mache Dich auf, werde Licht”, besonders aber über vieles andere mich zu äußern; Du weißt ja, wie die <placeName xml:id="placeName_b50bd11e-5b14-4b5a-91b4-6b5099ff321e">Berliner<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> sind; helfen wird es auch nicht, da es nicht <persName xml:id="persName_71c1856e-737f-4635-9c55-e405825bf842">Rellstab<name key="PSN0114136" style="hidden" type="person">Rellstab, Heinrich Friedrich Ludwig (Louis) (1799-1860)</name></persName> sagt und Du noch am Leben und gar aus Berlin bist. Darum hat es mir eine wahre Beruhigung gegeben zu hören, Du wirst nicht zur Aufführung der Akademie<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8b126866-32c1-4361-a15e-86d49f491509" xml:lang="de">zur Aufführung der Akademie – Felix Mendelssohn Bartholdys Paulus op. 36 (MWV A 14) wurde am 18. Januar 1838 in der Sing-Akademie in Berlin aufgeführt. Mendelssohn hatte die Leitung der Aufführung abgelehnt. Siehe Brief fmb-1837-11-30-01 (Brief Nr. 1790) Felix Mendelssohn Bartholdy an die Vorsteherschaft der Sing-Akademie in Berlin, Leipzig, 30. November 1837.</note> herkommen, obschon ich es bewundere, daß Du es ruhig ansehen kannst, wie Dir <add place="above">hier<name key="PSN0110751" resp="writers_hand" style="hidden">Droysen, Johann Gustav Bernhard (Pseud.: Voß) (1808–1884)</name></add> die dirigierende Langeweile die Frische welk machen und die Kraft verwässern wird. Wir haben neuerdings Wunderbares am <title xml:id="title_e770af28-8616-4669-8c5f-d03d1de44234">Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name></title> erlebt, eine faule, milzsüchtige Aufführung; und besser geht’s dem Paulus gewiß nicht. Die Berliner, auch die in der Akademie, fühlen, was sie nach <persName xml:id="persName_fa65aace-ae58-4c99-9caf-3a8445a9ea9e">Zelter<name key="PSN0115916" style="hidden" type="person">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name></persName>’s Tod für einen einfältigen Streich gemacht haben, und welche Perspective haben sie sich in ihrem prosaischen und contormäßigen Grell gewählt! Kurzum, man sieht wieder, wie selbst die trefflichsten Dinge nicht abstract durch sich gehalten sind, sondern Persönlichkeiten sie tragen müssen.</p> <p><seg type="pagebreak">|2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Was ich früher einmal von einem Operntext geschrieben, war nicht viel mehr als ein momentaner Einfall und das sehr lebhafte Verlangen, Dir, wenn ich könnte, zu Gefallen zu sein. Wenn Du so gut sein willst, Dir diese letzten Worte weiter auszudenken, so findest Du darin einen ganzen Frühlingsgarten voll lauter Blumen und auch hier und da was zu naschen dabei; Du wirst Dich erinnern, wie damals der Garten in der <placeName xml:id="placeName_1c3daa8e-0f34-404f-bb43-b99b4da6520e">Leipziger Straße<name key="NST0100322" style="hidden" subtype="" type="institution">Leipziger Straße Nr. 3</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a7f0232a-799a-4943-88a2-95356376a8c6" xml:lang="de">der Garten in der Leipziger Straße – Gemeint ist der Garten inkl. Gartenhaus im Berliner Anwesen der Familie Mendelssohn Bartholdy in der Leipziger Straße 3 in Berlin (ehemaliges Reckesches Palais). </note> blühte, als wir die <title xml:id="title_cfb1c99a-aa9e-4016-bf0d-38e95dd79a8c">Flegeljahre<name key="PSN0114173" style="hidden" type="author">Richter, Johann Paul Friedrich (Pseud.: Jean Paul) (1763–1825)</name><name key="CRT0110453" style="hidden" type="literature">Flegeljahre. Eine Biographie</name></title> lasen. Kurz, brauchst Du mich, so ist es gut, so sage es. Gestern hat unser lieber <persName xml:id="persName_80493942-a088-4175-91be-64c428dc93a0">Ed. Bendemann<name key="PSN0109806" style="hidden" type="person">Bendemann, Eduard Julius Friedrich (1811-1889)</name></persName> bei mir gesessen, und wir haben von Dir gesprochen und uns bewiesen, daß Du eigentlich entschiedenster Weise der Mann dazu wärst eine Oper zu machen. Ja, hat er gemeint, ich kann mir wohl denken, das ist ein malerisches Sujet und jenes eins für die Meißel; aber was eigentlich das Musikalische an einer dramatischen Handlung ist, weiß ich nicht. Das ist gewiß auch ein eigen Ding; ist es etwa, daß durch den ganzen <title xml:id="title_1fbeb395-c256-42a5-8f70-945bf7c49cb2">Figaro<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110123" style="hidden" type="music">Le nozze di Figaro KV 492</name></title> dieselbe sprudelnde Süßigkeit sinnlicher Lust klingt, und durch die Zauberflöte dieselbe helle Heiterkeit und kinderspielartige Lust, nur daß hier und da wie eine Ahndung ein tiefer und ergreifender Ernst klingt? Ist es so eine durchherrschende Grundstimmung, etwa wie auch die eine Landschaft ernst, die andre heiter, die eine ahndungsvoll ergreifend, die andere nach heimlich stillem Glück aussieht? Ich kenne von Opern im Grunde genommen nur <persName xml:id="persName_66893250-82f0-4757-badb-9456d2d28f84">Mozart<name key="PSN0113466" style="hidden" type="person">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name></persName> und <persName xml:id="persName_0cbc512e-d702-41c8-8e06-c5e02dcd8d63">Gluck<name key="PSN0111405" style="hidden" type="person">Gluck, Christoph Willibald (seit 1756) Ritter von (1714-1787)</name></persName>, und da paßt mir das. Nun glaube ich, müßte ein rechter Operntext die Tonart treffen, in der Du nicht etwa gestimmt bist, sondern in der der liebe Gott Dein innerstes Wesen componirt hat, und da kann ich nicht sagen, ist es das heiße, wilde H-moll, oder ist es das hellenische A-dur (wenn anders ich recht denke, daß <title xml:id="title_a510534f-ea1c-46a6-bec0-9ba9fd369c54">“Seid uns gnädig”<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_i45zqdgo-kjbe-gwfp-itku-t20uzibkodfl"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_407e9afa-b171-4604-af63-1718ca6011e1" xml:lang="de">“Seid uns gnädig” – Felix Mendelssohn Bartholdy, Paulus op. 36 (MWV A 14), Nr. 35 Chor »Seid uns gnädig«.</note> in A-dur geht). So sprachen wir, und Bendemann war der Meinung, in der <title xml:id="title_ed9368c8-4b71-4d98-ba3f-79d8a2b43bc1">Odyssee<name key="PSN0112080" style="hidden" type="author">Homer</name><name key="CRT0109351" style="hidden" type="literature">Odyssee</name></title> sei es eben der romantische Klang, der Dich anzieht. Das ist aber doch wohl kein Drama, ich glaube nicht einmal ein – Oratorium ist ein falscher Name, aber ich denke mir, es ist ein Seitenstück<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> zu den <title xml:id="title_975088b5-2b4b-4a79-b5a9-14b2272e7e61">Hebriden<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_wwdpt1oj-4r4i-kqea-vfu6-ftx5oojcslzi"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PRC0100363" style="hidden">Konzert-Ouvertüre Nr. 2 Die Hebriden / The Isles of Fingal (Zur einsamen Insel) h-Moll (»Fingals Höhle«), 7. August 1829 bis 16. Dezember 1830; Umarbeitung bis 20. Juni 1832<idno type="MWV">P 7</idno><idno type="op">26</idno></name></title>, und die holdselige Nausikaa kann ich mir sehr genau denken und den widerlichen brummigen Poseidon auch, aber bloß in Instrumenten. Und als ich dann die schöne Geschichte von dem Schatzhaus des Rhampsinit aus dem Herodot erzählte, von dem ägyptischen Könige und seiner klugen Tochter und dem kühnen Burschen, der an Wagnissen seine Lust hat, und ein äthiopischer Prinz durfte nicht fehlen, – so war ihm das auch nicht recht, er meinte, es müsse doch romantisch sein und wo möglich “das stille Volk” dabei, wie Dir ja der Sturm so passend geschienen, der als Geisterinsel oft genug dagewesen, und gar ein Kaiser Karl, etwa bei Roncesvalles,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1c4f2f82-4818-4265-a7f9-df2554ed390b" xml:lang="de">ein Kaiser Karl, etwa bei Roncesvalles – Bezieht sich auf den spanischen Ort Roncesvalles, der durch die Schlacht von Roncesvalles am 15. August 778 Berühmtheit erlangt. Dabei wurde die Nachhut des Truppenzuges Karls des Großen unter der Führung von Roland durch die ortsansässigen Basken vernichtet.</note> würde Dir anklingen.</p> <p>So kannst Du sehen, wie wir von Dir gesprochen, und ich wiederhole, willst und weißt Du irgend etwas, worin ich Dir zu Nutzen sein kann, hier bin ich, hier nimm mich. Aber das thut mir in der Seele weh, daß Du auf englisch componiren willst. Was haben wir nicht schon alles in der Musik an das Ausland verloren! Das thue uns doch ja nicht! Oder machen Sie es Dir besser? Sag’s, ich will es Dir übersetzen, lieber vor als nach der Composition.</p> <p>Von <persName xml:id="persName_c76121bc-3ab4-4152-8997-a822c7a49ca9">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden" type="person">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName> weiß ich nur wenig mehr; er hat mir seine <title xml:id="title_98cc11a4-9ab0-417f-a9b9-104f18c37ac9">Compositionslehre<name key="PSN0113108" style="hidden" type="author">Marx, Adolph Bernhard (1795–1866)</name><name key="CRT0109904" style="hidden" type="science">Die Lehre von der musikalischen Komposition, praktisch-theoretisch</name></title> geschickt, woraus ich vieles zu lernen hoffe. Er wird mich miskannt haben, wie er schon so vieles, was ihm nah und treu war, mit getrübtem Blick angesehen hat; ich habe sein Thun und Treiben nicht mehr verstanden; sein scharfer Verstand ist sein Unglück; er braucht ihn wie einen Spaten, sich den Boden unter den Füßen wegzuschaufeln, um sich eine Anhöhe zu bauen; wenn er nicht eher fallen müßte, so käme er hoch zu stehen; obenein aber schaufelt er aber auch die Wurzeln der Verhältnisse hinweg, die er hat, er will sich da oben hinein einen neuen Baum von Liebe und Ehe pflanzen, aber es sind schon einige dort umgeweht und verdorrt, ehe sie nur ein Blatt getrieben. Aber weiß Gott, ich bin weit entfernt, den Stein wider ihn zu heben, er thut mir in tiefster Seele weh, um so mehr, da ich in dem, was er mit so tiefem Verlangen sich umsonst ersehnt, sehr glücklich bin. Wohl mögen wir uns zum neuen Jahre vieles Glück wünschen, lieber Felix, |4| es bringt uns beiden ein paar sorgenvolle Tage; und es ist wunderlich, daß uns das Liebste in der Welt durch solche Sorgen nur immer noch theurer werden muß.</p> <p>Wärst Du nur einmal wieder hier; wie das alles anders geworden ist, sonst frisch und kräftig und elastisch gegen den Druck der Gegenwart, ist matt oder gekrümmt oder auch wohl corpulent geworden, den einen verstimmt die Ehe, die er hat, den anderen, daß er keine hat, den treibt die Gier, was Rechtes zu leisten, jenen quält der Aerger, daß er es nicht kann; wenige sind jung und rüstig geblieben. Du hast es oft genug geklagt, daß die Luft hier nichts taugt; es ist die unablässige Thuerei eines Tretrads; man kommt nicht recht weiter, und reißt einmal ein heftiges Thun draußen Luken auf, daß man hinaussehen kann in die bunte, vielbewegte Welt, nach <placeName xml:id="placeName_44ca948c-141f-474b-879b-eabe4d092858">Göttingen<settlement key="STM0103656" style="hidden" type="locality">Göttingen</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> oder <placeName xml:id="placeName_63a7c930-c1aa-418c-a28a-1d72df1a4a70">Cöln<settlement key="STM0100107" style="hidden" type="locality">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, so sagt die Censur:<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_728d4f7b-0b5f-477b-83ab-2d0d2315aa96" xml:lang="de">nach Göttingen oder Cöln, so sagt die Censur – Bezieht sich zum einen auf den Protest der »Göttinger Sieben« (Göttinger Professoren) im Jahre 1837 gegen die Wiederherstellung der altständischen Verfassung von 1819 durch den Hannoverschen König Ernst August. Zum anderen ist der sich 1837 an der Mischehenfrage entzündende Streit zwischen dem Erzbischof von Köln, Clemens August Freiherr Droste zu Vischering und Preußen gemeint, der in der Verhaftung Droste zu Vischerings mündete und ihn zu einer bedeutsamen Symbolgestalt für die Freiheit der Kirche machte.</note> es giebt Zug, macht die Luken zu! und die dunstige Arbeit geht dann bei dem frühen Lampenlicht der selbstgefälligen Intelligenz weiter fort. Ich habe rechte Sehnsucht, endlich einmal hinaus zu kommen. Es giebt hier auch Liberale; aber die lautesten unter ihnen sind noch übler, die “unschädlichen Schreier”; Subscriptionen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_cc73c23e-a19f-404a-bc94-11bc2b56ae59" xml:lang="de">Subscriptionen – Die Protestaktion der »Göttinger Sieben«, welche 1837 gegen die Aufhebung der 1833 eingeführten liberalen Verfassung im Königreich Hannover protestierten, hatte in Berlin große Anerkennung gefunden. Für die ihrer Ämter Enthobenen wurde Geld gesammelt, »eine Subskription von zahlreichen Beiträgen auf 5 Jahre«. Die Berliner wollten sich dem Leipziger Komitee anschließen, ihm ihre Beiträge überweisen, wohl um ihre Anonymität zu sichern. Felix Mendelssohn Bartholdy übernahm hierbei eine Vermittlerrolle. Siehe dazu Brief fmb-1837-12-30-02 (Brief Nr. 1832) Felix Mendelssohn Bartholdy an Peter Gustav Lejeune Dirichlet und Rebecka Lejeune Dirichlet in Berlin; Leipzig, 30. Dezember 1837, Z. 3-13.</note> anregend für die Sieben, machen sie sich eine Fête von ihrer Freisinnigkeit und wandeln in ihrer Liberalität, während <persName xml:id="persName_acf50f9e-3ce4-403e-9c15-47257914da77">Dahlmann<name key="PSN0110540" style="hidden" type="person">Dahlmann, Friedrich Christoph (1785-1860)</name></persName> rührende Worte von Weib und Kind spricht und die edelsten Herzen an den bittersten Wunden kranken.</p> <p>Und nun soll es für heute genug sein, und hast Du Dich von mir müssen allzulange stören lassen, so denke nur, wie unendlich lieb es mir ist, wieder mit Dir ein Wort geplaudert zu haben. <seg type="closer">Deiner <persName xml:id="persName_0b39dc35-d6e2-413a-8705-07079a17babd">Frau<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName> sag alle besten Grüße und Wünsche von mir und daß kein Blumenstrauß anmuthiger und heiterer sein kann als das Bild voll Anmuth und lebensheiterer Milde, das ich mir von ihr denke.</seg></p> <p>Ueberhaupt aber wäre es schön, wenn Du nicht bloß Noten schriebst, sondern auch einmal meiner zu gedenken Anlaß nähmest. </p> <signed rend="center">Dein</signed> <signed rend="right">ewig treuer</signed> <signed rend="right">Joh Gust Droysen</signed> </div> </body> </text></TEI>