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gb-1837-12-30-02

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Werner Hahn an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb> Halle an der Saale, 30. Dezember 1837 mit großem Vertrauen zu Ihrer Güte wende ich mich, persönlich unbekannt, an Sie mit einer Bitte, die, wie ich hoffe, Sie leicht erfüllen können. Die diesem Briefe beigelegte Sonate, und das Geständniß, daß ich ein titelloser, Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) unbekannt unbekannt Hahn, WernerHahn, Werner Transkription: FMB-C Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 32/180. Autograph Werner Hahn an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Halle an der Saale, 30. Dezember 1837 mit großem Vertrauen zu Ihrer Güte wende ich mich, persönlich unbekannt, an Sie mit einer Bitte, die, wie ich hoffe, Sie leicht erfüllen können. Die diesem Briefe beigelegte Sonate, und das Geständniß, daß ich ein titelloser,

1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 leer.

Werner Hahn

Sonate von Werner Hahn

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

30. Dezember 1837 Hahn, Wernercounter-resetHahn, Werner Halle an der Saale Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig Deutschland deutsch
Hahn, Werner Hahn, Werner Sehr verehrter Herr Musikdirektor,

mit großem Vertrauen zu Ihrer Güte wende ich mich, persönlich unbekannt, an Sie mit einer Bitte, die, wie ich hoffe, Sie leicht erfüllen können.

Die diesem Briefe beigelegte Sonate<name key="PSN0118732" style="hidden" type="author">Hahn, Werner</name><name key="CRT0111863" style="hidden" type="music">Sonate</name>, und das Geständniß, daß ich ein titelloser, neuer, junger Mensch bin, der sich von jeher mächtig zur Musik gezogen fühlte, wird Ihnen gleich meine Bitte verrathen. Sie ist einfach die, daß, wenn es Ihnen irgend möglich und gefällig ist, Sie sich einen Augenblick Zeit nehmen, meine Sonate durchzusehn, und mich kurz wissen lassen möchten, ob Sie mein Leben nicht für verfehlt und verloren erachten, wenn ich fernerhin und immer eifriger mich der schönsten Kunst ergebe.

Das ganze Vertrauen, was ich zuHahn, Werner Ihrem wohlgemeinten Urtheil hiemit an den Tag lege, zwingt mich zu der sichern Erwartung, daß Sie meine Bitte gern und freundlich erfüllen werden.

Ich erlaube mir noch, die Entstehung namentlich dieser Sonate anzugeben. Es ist mir lange im Kopfe herumgegangen, daß die Musik viel zu geistlos behandelt wird, indem sie bloß zum schwankenden Glockengeläute des unaussprechbaren Gefühls gemacht wird, daß die Manier derer, die (wie BeethovenBeethoven, Ludwig van (1770-1827) sagt) nur das Handwerk der Liebe zur Musik treiben, die nichts als Ach und O, und „schön“ und „langweilig“ zu einem Musikstück sagen können, nur die äußerste, verflächigste Oberfläche |2| der Musik berührt. Vorzugsweise durch Beethoven und zuletzt durch Ihre Kompositionen bin ich zu einer immer gehaltvollern Ansicht und (ich möchte sagen) Anschauung der Musik gelangt, so daß ich mir ferner immer mehr bewußt wurde, wie mich ein bestimmter Gedanke zur Composition trieb, und nicht bloß die unbestimm[te] Lust an Tönen, oder ein deutlos, schwebendes Gefühl.

Bei der vorliegenden Sonate kam ich, auf mein Leben und meine Individualität reflektirend, auf eine Periode meines sich entwickelnden Geistes, die auch noch nicht ganz verklungen ist, wo es dem eignen Herzen eine ernsthafte Lust ist, das Wohl der ganzen Menschheit dadurch bewirken zu wollen, daß man das geheime Gesetz des eignen Innern, sein eingebildet vortreffliches Wesen in der Menschheit darstellt. In dieser Periode der jugendlichen Schwärmerei schien mir zweierlei die Hauptstimmung zu sein, – einmal: die innere Befriedigung, von deren Hauche man sich angeweht fühlt, wenn man in sich die Fähigkeit wähnt, das Heil der Welt bewirken zu können, – dann aber: die Lust, gegen Alles, was nicht das eigne Herz ist, zu kämpfen; – so daß mir also in der Musik sowohl das stille glückliche Wiegen in schmeichelnden Gefühlen, als auch das Schrecken des Krieges gegen die äußre Wirklichkeit auszudrücken schien. Dazu kam dann natürlich noch die über diese Periode der Einbildung hinausführende Erkenntniß, daß das Allgemeine, welches der Welten und Menschen Hause regiert, nicht das eigne, beschränkte, von Eigenliebe befangne Herz ist, sondern der Geist der Wahrheit und der Liebe, – daß also für jenes früher |3| in seiner Einbildung glückliche Herz sich der ganze Wahnsinn des Eigendünkels beschämend aufthun muß.

Indem ich mir nun erlaubt habe, die Veranlassung und Entstehung meiner vorgelegten Sonate anzugeben, darf ich nicht unterlassen, Sie, hochgeschätzter Herr, auch noch darum zu bitten, daß Sie mir überhaupt, wenn es Ihnen nicht gar zu unangenehm ist, über meine Art, die Musik so mit klaren Gedanken zu behandeln, Ihre Ansicht sagen, damit ich für meine geringe Erfahrung und Umsicht davon den größtmöglichsten Nutzen ziehen könne.

Ich fühle, daß ich kein Recht habe, Ihre Güte so sehr in Anspruch zu nehmen; aber die Entzückung, die mir aus Ihren Compositionen geworden ist, wo, ohne daß es der gefeierte Componist weiß, das Eine beglückte Herz zu tausend andern laut und rein spricht, hat mir ein unzerstörbares Zutrauen eingeflößt, und mit dieser treuen Versicherung bitte ich, mir freundlich zu vergeben und zu gewähren.

Mit aller Hochachtung Ihr ergebener Werner Hahn. Halle, 30. Dec. 37. Leipzigerstraße 242.
            Sehr verehrter Herr Musikdirektor,
mit großem Vertrauen zu Ihrer Güte wende ich mich, persönlich unbekannt, an Sie mit einer Bitte, die, wie ich hoffe, Sie leicht erfüllen können.
Die diesem Briefe beigelegte Sonate, und das Geständniß, daß ich ein titelloser, neuer, junger Mensch bin, der sich von jeher mächtig zur Musik gezogen fühlte, wird Ihnen gleich meine Bitte verrathen. Sie ist einfach die, daß, wenn es Ihnen irgend möglich und gefällig ist, Sie sich einen Augenblick Zeit nehmen, meine Sonate durchzusehn, und mich kurz wissen lassen möchten, ob Sie mein Leben nicht für verfehlt und verloren erachten, wenn ich fernerhin und immer eifriger mich der schönsten Kunst ergebe.
Das ganze Vertrauen, was ich zu Ihrem wohlgemeinten Urtheil hiemit an den Tag lege, zwingt mich zu der sichern Erwartung, daß Sie meine Bitte gern und freundlich erfüllen werden.
Ich erlaube mir noch, die Entstehung namentlich dieser Sonate anzugeben. Es ist mir lange im Kopfe herumgegangen, daß die Musik viel zu geistlos behandelt wird, indem sie bloß zum schwankenden Glockengeläute des unaussprechbaren Gefühls gemacht wird, daß die Manier derer, die (wie Beethoven sagt) nur das Handwerk der Liebe zur Musik treiben, die nichts als Ach und O, und „schön“ und „langweilig“ zu einem Musikstück sagen können, nur die äußerste, verflächigste Oberfläche der Musik berührt. Vorzugsweise durch Beethoven und zuletzt durch Ihre Kompositionen bin ich zu einer immer gehaltvollern Ansicht und (ich möchte sagen) Anschauung der Musik gelangt, so daß ich mir ferner immer mehr bewußt wurde, wie mich ein bestimmter Gedanke zur Composition trieb, und nicht bloß die unbestimmte Lust an Tönen, oder ein deutlos, schwebendes Gefühl.
Bei der vorliegenden Sonate kam ich, auf mein Leben und meine Individualität reflektirend, auf eine Periode meines sich entwickelnden Geistes, die auch noch nicht ganz verklungen ist, wo es dem eignen Herzen eine ernsthafte Lust ist, das Wohl der ganzen Menschheit dadurch bewirken zu wollen, daß man das geheime Gesetz des eignen Innern, sein eingebildet vortreffliches Wesen in der Menschheit darstellt. In dieser Periode der jugendlichen Schwärmerei schien mir zweierlei die Hauptstimmung zu sein, – einmal: die innere Befriedigung, von deren Hauche man sich angeweht fühlt, wenn man in sich die Fähigkeit wähnt, das Heil der Welt bewirken zu können, – dann aber: die Lust, gegen Alles, was nicht das eigne Herz ist, zu kämpfen; – so daß mir also in der Musik sowohl das stille glückliche Wiegen in schmeichelnden Gefühlen, als auch das Schrecken des Krieges gegen die äußre Wirklichkeit auszudrücken schien. Dazu kam dann natürlich noch die über diese Periode der Einbildung hinausführende Erkenntniß, daß das Allgemeine, welches der Welten und Menschen Hause regiert, nicht das eigne, beschränkte, von Eigenliebe befangne Herz ist, sondern der Geist der Wahrheit und der Liebe, – daß also für jenes früher in seiner Einbildung glückliche Herz sich der ganze Wahnsinn des Eigendünkels beschämend aufthun muß.
Indem ich mir nun erlaubt habe, die Veranlassung und Entstehung meiner vorgelegten Sonate anzugeben, darf ich nicht unterlassen, Sie, hochgeschätzter Herr, auch noch darum zu bitten, daß Sie mir überhaupt, wenn es Ihnen nicht gar zu unangenehm ist, über meine Art, die Musik so mit klaren Gedanken zu behandeln, Ihre Ansicht sagen, damit ich für meine geringe Erfahrung und Umsicht davon den größtmöglichsten Nutzen ziehen könne.
Ich fühle, daß ich kein Recht habe, Ihre Güte so sehr in Anspruch zu nehmen; aber die Entzückung, die mir aus Ihren Compositionen geworden ist, wo, ohne daß es der gefeierte Componist weiß, das Eine beglückte Herz zu tausend andern laut und rein spricht, hat mir ein unzerstörbares Zutrauen eingeflößt, und mit dieser treuen Versicherung bitte ich, mir freundlich zu vergeben und zu gewähren.
Mit aller Hochachtung Ihr ergebener
Werner Hahn.
Halle, 30. Dec. 37. Leipzigerstraße 242.          
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