]> Brief: gb-1837-10-04-01

gb-1837-10-04-01

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Rebecka Lejeune Dirichlet und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb> Berlin, 4. Oktober 1837 Wir wissen noch immer nicht, ob Du wieder- und Du weißt nicht, ob ich niedergekommen, letzteres ist zufällig nicht der Fall, aller Mathematik zum Trotz, und noch mehr allen ärztlichen Prophezeiungen, wackele ich noch aufs Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Cécile Mendelssohn Bartholdy und Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Lejeune Dirichlet in Berlin; Bingen am Rhein, 24. Juli 1837 Felix Mendelssohn Bartholdy, Julie Schunck und Cécile Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Lejeune Dirichlet in Berlin; Leipzig, 29. Oktober 1837 Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) Transkription: FMB-C Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 32/77. Autograph Rebecka Lejeune Dirichlet und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 4. Oktober 1837 Wir wissen noch immer nicht, ob Du wieder- und Du weißt nicht, ob ich niedergekommen, letzteres ist zufällig nicht der Fall, aller Mathematik zum Trotz, und noch mehr allen ärztlichen Prophezeiungen, wackele ich noch aufs

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.

Rebecka Lejeune Dirichlet, Lea Mendelssohn Bartholdy

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

4. Oktober 1837 Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)counter-resetDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842) Berlin Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Leipzig Deutschland deutsch
Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Berlin den 4ten Oktober

Wir wissen noch immer nicht, ob Du wieder- und Du weißt nicht, ob ich niedergekommen, letzteres ist zufällig nicht der Fall, aller Mathematik zum Trotz, und noch mehr allen ärztlichen Prophezeiungen, wackele ich noch aufs allerschwerfälligste umher, und warte auf meinen Jungen, denn wie sagt der BerlinerBerlinDeutschland Witz: ein Mädchen hälts keine 9 Monat bei ihr aus, geschweige denn zehntehalb. Aber wenn Ihr, Gott gebe es, gesund in LeipzigLeipzigDeutschland angekommen seyd,gesund in Leipzig angekommen seyd – Felix und Cécile Mendelssohn Bartholdy waren am 30. September abends von Ihrer Reise von Frankfurt a. M. nach Leipzig angekommen. Siehe Brief fmb-1837-10-02-01 (Brief Nr. 1723 ) Felix Mendelssohn Bartholdy an Elisabeth Jeanrenaud in Frankfurt a. M., Leipzig, 2. Oktober 1837, Z. 2 f. so soll CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) Schelte bekommen, daß sie sich nicht gemeldet hat, wie sie die Reise überstanden, ein Zettel mit all right, wäre hinreichend gewesen. Durch meine Freundin Julie SchunkSchunck, Julie (1819-1899), habe ich erfahren, wie zweckmäßig Euch Mde. SchunkSchunck, Juliane (Julie) Louise (1789-1862) eingerichtet hat, sonst wüßten wir auch gar nicht, wo Ihr Eure Häupter niederlegt, denn wenn auch Raum ist in der kleinsten Hütteauch Raum ist in der kleinsten Hütte – Friedrich Schiller, Der Parasit IV, 4. (Charlotte): »Raum ist in der kleinsten Hütte für ein glücklich liebend Paar.« für ein glücklich liebend Paar, so findet sich doch in der Messe nicht einmal eine Hütte vor, und da Ihr nun schon nicht in einer Hütte wohnt, sondern in einem |2| neugebauten Hause, und wie andre Menschen wirthschaftet und eßt und trinkt, haben HenselsHensel, Wilhelm (1794-1861) und DirichletsDirichlet (Lejeune Dirichlet), Familie von → Johann Peter Gustav Lejeune D. sich die Freiheit genommen, Euch ein Stückchen in die Wirthschaft zu schenken überreichen, wir fassen jede einen Henkel des true genuine Englischen Brettes an, auf das wir vorher auch true BerlinerBerlinDeutschland Porzellan gesetzt haben, grün ist die Farbe der Hoffnung, d. h. ich hoffe noch ehe es mit Gottes Hülfe zerbrochen ist, bei Euch Thee oder Kaffee draus zu trinken, und bitten Euch, es Euch wohlschmecken zu lassen; in einigen Tagen werden alle Kisten mit aus Berlin eintreffen, die vortreffliche Julie wird auch das besorgen.

Von KlingemannKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) hat MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) einen sehr hübschen Brief bekommen, bis zu Deiner Abreise aus LondonLondonGroßbritannien, der Arme fühlt sich nun doppelt verwaiset, da Du wieder fort bist, und eben kommt ein Brief von WoringenWoringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798-1851) aus LiegnitzLiegnitzDeutschland, voller Klagen über Einsamkeit, Hammelbraten, Cholera, er scheint sich sogar nach seiner BrautReigers, Maria Francisca Berendina zu sehnen; übrigens muß dies kleine Polen wirklich schwer für einen Rheinländer |3| zu ertragen zu seyn, er könnte die Gelegenheit finden, seine Sünden zu bereuen, wenn nicht der Teufel wieder hübsche und auch häusliche Mädchen und Frauen ihm in den Weg führt. Auf jeden Fall aber ists Schade, daß er die letzten Jahre seiner Stimme dort vergrabenseiner Stimme dort vergraben – Ferdinand von Woringen war ein begabter Sänger (Tenor) im Düsseldorfer Musikverein. seyn muß, er hat hier wieder wunderschön gesungen. Der VaterWoringen, Georgius Otto Philippus von (1760-1838) und die TöchterWoringen, Elisabetha (Elisa) Clementina Maria von (1807-?)Woringen, Rosa Clementina von (1810-1875) werden in der nächsten Woche bei Euch seyn, ich beneide Euch gegenseitig drum, d. h. ich wollt ich wäre dabei, sey nur sehr liebenswürdig und spiele ihnen wunderschön vor, und trinkt Thee aus dem Paar grünen Geschirre, dann werden Euch die Mädchen erzählen, wie wir es ausgesucht haben, und vorher bei RaczinskyRaczyński (Raczynski), Eduard (Edward) (1786-1845) waren, und nachher gegessen haben, und andre interessante Begebenheiten, und laßt Euch von FranzWoringen, Franz Arnold Maria von (1804-1870) Faxen vormachen.

WalterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887) ist ein sehr fleißiges A B C Schützchen, er lernt wirklich außerordentlich schnell, während des schlechten Wetters war ich genöthigt, um ihn zu beschäftigen, zum sogenannten Lernen zu greifen, und nun kann er nicht genug kriegen, er sieht allerliebst aus, wenn er sich selbst die Buchstaben mit der Nadel zeigt und hersagt. Aber ich lasse ihn doch nicht überstudiren, und seine schönen rothen Backen haben noch nicht durch den Fleiß gelitten. Adieu, ich hoffe, Madame, Sie werden von mir hören, sagt Odoardo Galotti<name key="PSN0112804" style="hidden" type="author">Lessing, Gotthold Ephraim (1729–1781)</name><name key="CRT0109735" style="hidden" type="dramatic_work">Emilia Galotti</name>,Odoardo Galotti – Figur aus Gotthold Ephraim Lessings Drama Emilia Galotti. ihr auch laßt von Euch hören.

Rebecka Lejeune Dirichlet
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)

|4| Wie sagt Freund KlingemannKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)? ich hänge mich an ecKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)! ganz häuslich und nah kommt LeipzLeipzigDeutschland. mir jetzt vor; wenn ich nur was davon hätt! Erzählen muß ich Dir, o Felix! daß PaulMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874) nebst BunsenBunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860) gestern das zarte Kindlein Landsberg aus der Taufe gehoben; das Antlitz des nuovo convertitonuovo convertito – ital., neu Bekehrter. war durch einen mächtigen Schnurrbart mit accessoires noch viel kindlicher als sonst. Ein schöner Mann, Landsberg im Haar! – Herr HenochHenoch, Israel Moses (1770-1844) in GleißenGleißenDeutschland hat auf seine Kosten eine Kirche dort bauen lassen, mit Musik eingeweiht, ein ungeheures Fest gegeben, deßen pomphafte Beschreibung in den Zeitungen stand: zugleich das Distichon:Lebte LeßingLessing, Gotthold Ephraim (1729-1781) noch und säh Dein TreibenDen zweyten Nathan<name key="PSN0112804" style="hidden" type="author">Lessing, Gotthold Ephraim (1729–1781)</name><name key="CRT0109737" style="hidden" type="dramatic_work">Nathan der Weise</name> würd’ er schreiben!

Darob ergrimmte der edle PaulMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874) bis zum Dichten, und parodirte: Motto „Es ist nicht alles Gold was gleißt! „Lebte ShakespearShakespeare, William (1564-1616) noch und säh Dein Treiben, „den zweyten Shylock<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564–1616)</name><name key="CRT0110863" style="hidden" type="dramatic_work">Der Kaufmann von Venedig (The Merchant of Venice)</name>Shylock – Figur aus Shakespeares Der Kaufmann von Venedig. würd er schreiben.“

(Die Zensur hat es aber gestrichen.)

Heute gehen Dir die bestimmten Kisten ab, mein Herz! Der Frachtfuhrmann will sie in 5 Tagen dort liefern. In einer Kiste ist Rebeckas Bild<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109203" style="hidden" type="art">Rebecka Mendelssohn Bartholdy (Ölgemälde 1830)</name>; in d. 2. die Zeichnung der Milder<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109158" style="hidden" type="art">Pauline Anna Milder-Hauptmann (Porträtzeichnung April 1829)</name>, in der 3. das wunderschöne Porcellan der Schwestern; in d. 4. das kleine Mama-Mädchenklavier, in d. 5. Dein TrousseauDein Trousseau – Gemeint ist Felix Mendelssohn Bartholdys bevorzugter Rotwein, eine im Jura beheimatete Rotweinsorte. und Bücher. Den Schlüßel zu letzrer muß der Fuhrmann eingesiegelt abliefern; in dem Papier findet CécileMendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853) das Verzeichniß der Wäsche; sie wird sich v. JulienSchunck, Julie (1819-1899) und KornelienSchunck, Cornelie (1821-1910) helfen laßen auspacken, und hoffentlich nur Vergnügen davon haben. Schreibt nun, was für Silberzeug Ihr von mir haben wollt? an Geld überweise ich Dir sobald Du willst, 800 Thaler, mein Felix! Die Fracht ist hier bezahlt. Von PaulMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874) bekommt Ihr wunderschöne engl. Lampen; das engl. Brettdas engl. Brett – Gemeint ist vermutlich das englische Spielbrett des Spiels Solitair. ist v. d. SchwesternHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858). Seid gesund und glücklich!

Lea Mendelssohn Bartholdy
            Berlin den 4ten Oktober Wir wissen noch immer nicht, ob Du wieder- und Du weißt nicht, ob ich niedergekommen, letzteres ist zufällig nicht der Fall, aller Mathematik zum Trotz, und noch mehr allen ärztlichen Prophezeiungen, wackele ich noch aufs allerschwerfälligste umher, und warte auf meinen Jungen, denn wie sagt der Berliner Witz: ein Mädchen hälts keine 9 Monat bei ihr aus, geschweige denn zehntehalb. Aber wenn Ihr, Gott gebe es, gesund in Leipzig angekommen seyd, so soll Cécile Schelte bekommen, daß sie sich nicht gemeldet hat, wie sie die Reise überstanden, ein Zettel mit all right, wäre hinreichend gewesen. Durch meine Freundin Julie Schunk, habe ich erfahren, wie zweckmäßig Euch Mde. Schunk eingerichtet hat, sonst wüßten wir auch gar nicht, wo Ihr Eure Häupter niederlegt, denn wenn auch Raum ist in der kleinsten Hütte für ein glücklich liebend Paar, so findet sich doch in der Messe nicht einmal eine Hütte vor, und da Ihr nun schon nicht in einer Hütte wohnt, sondern in einem neugebauten Hause, und wie andre Menschen wirthschaftet und eßt und trinkt, haben Hensels und Dirichlets sich die Freiheit genommen, Euch ein Stückchen in die Wirthschaft zu schenken überreichen, wir fassen jede einen Henkel des true genuine Englischen Brettes an, auf das wir vorher auch true Berliner Porzellan gesetzt haben, grün ist die Farbe der Hoffnung, d. h. ich hoffe noch ehe es mit Gottes Hülfe zerbrochen ist, bei Euch Thee oder Kaffee draus zu trinken, und bitten Euch, es Euch wohlschmecken zu lassen; in einigen Tagen werden alle Kisten mit aus Berlin eintreffen, die vortreffliche Julie wird auch das besorgen.
Von Klingemann hat Mutter einen sehr hübschen Brief bekommen, bis zu Deiner Abreise aus London, der Arme fühlt sich nun doppelt verwaiset, da Du wieder fort bist, und eben kommt ein Brief von Woringen aus Liegnitz, voller Klagen über Einsamkeit, Hammelbraten, Cholera, er scheint sich sogar nach seiner Braut zu sehnen; übrigens muß dies kleine Polen wirklich schwer für einen Rheinländer zu ertragen zu seyn, er könnte die Gelegenheit finden, seine Sünden zu bereuen, wenn nicht der Teufel wieder hübsche und auch häusliche Mädchen und Frauen ihm in den Weg führt. Auf jeden Fall aber ists Schade, daß er die letzten Jahre seiner Stimme dort vergraben seyn muß, er hat hier wieder wunderschön gesungen. Der Vater und die Töchter werden in der nächsten Woche bei Euch seyn, ich beneide Euch gegenseitig drum, d. h. ich wollt ich wäre dabei, sey nur sehr liebenswürdig und spiele ihnen wunderschön vor, und trinkt Thee aus dem Paar grünen Geschirre, dann werden Euch die Mädchen erzählen, wie wir es ausgesucht haben, und vorher bei Raczinsky waren, und nachher gegessen haben, und andre interessante Begebenheiten, und laßt Euch von Franz Faxen vormachen.
Walter ist ein sehr fleißiges A B C Schützchen, er lernt wirklich außerordentlich schnell, während des schlechten Wetters war ich genöthigt, um ihn zu beschäftigen, zum sogenannten Lernen zu greifen, und nun kann er nicht genug kriegen, er sieht allerliebst aus, wenn er sich selbst die Buchstaben mit der Nadel zeigt und hersagt. Aber ich lasse ihn doch nicht überstudiren, und seine schönen rothen Backen haben noch nicht durch den Fleiß gelitten. Adieu, ich hoffe, Madame, Sie werden von mir hören, sagt Odoardo Galotti, ihr auch laßt von Euch hören.
Rebecka Lejeune Dirichlet
 Wie sagt Freund Klingemann? ich hänge mich an ec! ganz häuslich und nah kommt Leipz. mir jetzt vor; wenn ich nur was davon hätt! Erzählen muß ich Dir, o Felix! daß Paul nebst Bunsen gestern das zarte Kindlein Landsberg aus der Taufe gehoben; das Antlitz des nuovo convertito war durch einen mächtigen Schnurrbart mit accessoires noch viel kindlicher als sonst. Ein schöner Mann, Landsberg im Haar! – Herr Henoch in Gleißen hat auf seine Kosten eine Kirche dort bauen lassen, mit Musik eingeweiht, ein ungeheures Fest gegeben, deßen pomphafte Beschreibung in den Zeitungen stand: zugleich das Distichon:Lebte Leßing noch und säh Dein TreibenDen zweyten Nathan würd’ er schreiben!
Darob ergrimmte der edle Paul bis zum Dichten, und parodirte: Motto „Es ist nicht alles Gold was gleißt! „Lebte Shakespear noch und säh Dein Treiben, „den zweyten Shylock würd er schreiben. “
(Die Zensur hat es aber gestrichen. )
Heute gehen Dir die bestimmten Kisten ab, mein Herz! Der Frachtfuhrmann will sie in 5 Tagen dort liefern. In einer Kiste ist Rebeckas Bild; in d. 2. die Zeichnung der Milder, in der 3. das wunderschöne Porcellan der Schwestern; in d. 4. das kleine Mama-Mädchenklavier, in d. 5. Dein Trousseau und Bücher. Den Schlüßel zu letzrer muß der Fuhrmann eingesiegelt abliefern; in dem Papier findet Cécile das Verzeichniß der Wäsche; sie wird sich v. Julien und Kornelien helfen laßen auspacken, und hoffentlich nur Vergnügen davon haben. Schreibt nun, was für Silberzeug Ihr von mir haben wollt? an Geld überweise ich Dir sobald Du willst, 800 Thaler, mein Felix! Die Fracht ist hier bezahlt. Von Paul bekommt Ihr wunderschöne engl. Lampen; das engl. Brett ist v. d. Schwestern. Seid gesund und glücklich!
Lea Mendelssohn Bartholdy          
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1837-10-04" xml:id="date_130b863b-9740-4e78-a371-f3d22cb94568">4. Oktober 1837</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0110673" resp="author" xml:id="persName_47911971-f94e-4acb-af3d-b23ccebf93cd">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</persName> <persName key="PSN0113260" resp="author" xml:id="persName_a3b6c559-8d66-48f9-ad17-48f125cdb620">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0110673" resp="writer">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</persName><persName key="PSN0113260" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_7aa98dc8-c285-498d-ae9e-0fe64b35e56d"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_cfbcb43b-27e6-4b88-b075-77d848ff09c8">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_d39657fe-5b0f-4881-af90-74f2878a14de"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"></revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_b37c4579-682a-486d-866c-a1d64913bead"> <docAuthor key="PSN0110673" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_84747cef-43d5-4f1d-a047-bf06431bf373">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0110673" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_52dc3f91-b74b-46af-b61a-8bd1d8a99ccb">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin den <date cert="high" when="1837-10-04" xml:id="date_9f274e14-c099-4a47-abda-45f5f81f7578">4ten Oktober</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Wir wissen noch immer nicht, ob Du wieder- und Du weißt nicht, ob ich niedergekommen, letzteres ist zufällig nicht der Fall, aller Mathematik zum Trotz, und noch mehr allen ärztlichen Prophezeiungen, wackele ich noch aufs allerschwerfälligste umher, und warte auf meinen Jungen, denn wie sagt der <placeName xml:id="placeName_67e69c07-02ac-42a3-a4d4-5598a5976535">Berliner<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Witz: ein Mädchen hälts keine 9 Monat bei ihr aus, geschweige denn zehntehalb. Aber wenn Ihr, Gott gebe es, gesund in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_f267d17e-96bb-42f0-9599-2903cad527b5">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi> angekommen seyd,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f040d2aa-e402-4c3a-b813-4043b3e08bcf" xml:lang="de">gesund in Leipzig angekommen seyd – Felix und Cécile Mendelssohn Bartholdy waren am 30. September abends von Ihrer Reise von Frankfurt a. M. nach Leipzig angekommen. Siehe Brief fmb-1837-10-02-01 (Brief Nr. 1723 ) Felix Mendelssohn Bartholdy an Elisabeth Jeanrenaud in Frankfurt a. M., Leipzig, 2. Oktober 1837, Z. 2 f.</note> so soll <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_236eef4f-8a3b-4013-825c-a717d66de05e">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> Schelte bekommen, daß sie sich nicht gemeldet hat, wie sie die Reise überstanden, ein Zettel mit <hi rend="latintype">all right</hi>, wäre hinreichend gewesen. Durch meine Freundin Julie Schunk<name key="PSN0114770" style="hidden" type="person">Schunck, Julie (1819-1899)</name>, habe ich erfahren, wie zweckmäßig Euch Mde. <persName xml:id="persName_f5f796d4-6380-4bdf-aeba-ecf454dbc1d2"><hi rend="latintype">Schunk</hi><name key="PSN0114769" style="hidden" type="person">Schunck, Juliane (Julie) Louise (1789-1862)</name></persName> eingerichtet hat, sonst wüßten wir auch gar nicht, wo Ihr Eure Häupter niederlegt, denn wenn auch Raum ist in der kleinsten Hütte<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e4e1df63-401d-4abd-a1c5-6db72581c4b4" xml:lang="de">auch Raum ist in der kleinsten Hütte – Friedrich Schiller, Der Parasit IV, 4. (Charlotte): »Raum ist in der kleinsten Hütte für ein glücklich liebend Paar.«</note> für ein glücklich liebend Paar, so findet sich doch in der Messe nicht einmal eine Hütte vor, und da Ihr nun schon nicht in einer Hütte wohnt, sondern in einem<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> neugebauten Hause, und wie andre Menschen wirthschaftet und eßt und trinkt, haben <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_6d35bcb1-9107-4fca-bbd1-e4047b594630">Hensels<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName></hi> und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_44fdf57e-5239-4854-9705-981178c57d38">Dirichlets<name key="PSN0110664" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Familie von → Johann Peter Gustav Lejeune D.</name></persName></hi> sich die Freiheit genommen, Euch ein Stückchen in die Wirthschaft zu <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_57daa3f1-3a69-4ea0-8280-41c2c462e1b2">schenken</del> überreichen, wir fassen jede einen Henkel des <hi rend="latintype">true genuine</hi> Englischen Brettes an, auf das wir vorher auch <hi rend="latintype">true</hi> <placeName xml:id="placeName_24bb7f15-7419-4b4e-99f4-1cf7ed559700">Berliner<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Porzellan gesetzt haben, grün ist die Farbe der Hoffnung, d. h. ich hoffe noch ehe es mit Gottes Hülfe zerbrochen ist, bei Euch Thee oder Kaffee draus zu trinken, und bitten Euch, es Euch wohlschmecken zu lassen; in einigen Tagen werden alle Kisten <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_a1a4298d-8f45-4f85-8462-f999db5eca03">mit</del> aus Berlin eintreffen, die vortreffliche Julie wird auch das besorgen.</p> <p>Von <persName xml:id="persName_d3b531da-9aa2-45c3-8785-27945b569ce2">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> hat <persName xml:id="persName_fb489284-b63e-42c5-a71e-45dd9cbebfc8">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> einen sehr hübschen Brief bekommen, bis zu Deiner Abreise aus <placeName xml:id="placeName_09cc12cc-9c65-47ee-8d34-e45afd76136f">London<settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName>, der Arme fühlt sich nun doppelt verwaiset, da Du wieder fort bist, und eben kommt ein Brief von <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9c777969-d02c-4404-8faf-7a9280079833">Woringen<name key="PSN0115884" style="hidden" type="person">Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798-1851)</name></persName></hi> aus <placeName xml:id="placeName_53726d74-d5c1-4373-a3ad-a185c4accd65">Liegnitz<settlement key="STM0103248" style="hidden" type="locality">Liegnitz</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, voller Klagen über Einsamkeit, Hammelbraten, Cholera, er scheint sich sogar nach seiner <persName xml:id="persName_92cb3f17-5603-491f-a96f-814642f9139a">Braut<name key="PSN0119616" style="hidden" type="person">Reigers, Maria Francisca Berendina</name></persName> zu sehnen; übrigens muß dies kleine Polen wirklich schwer für einen Rheinländer<seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>zu ertragen zu seyn, er könnte die Gelegenheit finden, seine Sünden zu bereuen, wenn nicht der Teufel wieder hübsche und auch häusliche Mädchen und Frauen ihm in den Weg führt. Auf jeden Fall aber ists Schade, daß er die letzten Jahre seiner Stimme dort vergraben<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9622ea64-45ac-4ae4-86d0-3db00da61ce7" xml:lang="de">seiner Stimme dort vergraben – Ferdinand von Woringen war ein begabter Sänger (Tenor) im Düsseldorfer Musikverein.</note> seyn muß, er hat hier wieder wunderschön gesungen. Der <persName xml:id="persName_14526acb-d970-4740-bfb8-06b148b562e2">Vater<name key="PSN0115880" style="hidden" type="person">Woringen, Georgius Otto Philippus von (1760-1838)</name></persName> und die <persName xml:id="persName_e2fccb9d-0f90-4231-89ef-0ef2994b5fac">Töchter<name key="PSN0115877" style="hidden" type="person">Woringen, Elisabetha (Elisa) Clementina Maria von (1807-?)</name><name key="PSN0115882" style="hidden" type="person">Woringen, Rosa Clementina von (1810-1875)</name></persName> werden in der nächsten Woche bei Euch seyn, ich beneide Euch gegenseitig drum, d. h. ich wollt ich wäre dabei, sey nur sehr liebenswürdig und spiele ihnen wunderschön vor, und trinkt Thee aus dem <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_e5842199-b28a-4b08-afd9-203836a115e3">Paar</del> grünen Geschirre, dann werden Euch die Mädchen erzählen, wie wir es ausgesucht haben, und vorher bei <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_0bb177f6-a01e-41a7-a10b-08f3e52190e5">Raczinsky<name key="PSN0119617" style="hidden" type="person">Raczyński (Raczynski), Eduard (Edward) (1786-1845)</name></persName></hi> waren, und nachher gegessen haben, und andre interessante Begebenheiten, und laßt Euch von <persName xml:id="persName_e2715973-ae7c-434c-ac98-096c6832a464">Franz<name key="PSN0115879" style="hidden" type="person">Woringen, Franz Arnold Maria von (1804-1870)</name></persName> Faxen vormachen.</p> <p><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_2e2eadaa-ba7d-435a-84d4-5c5e536f79ec">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName></hi> ist ein sehr fleißiges A B C Schützchen, er lernt wirklich außerordentlich schnell, während des schlechten Wetters war ich genöthigt, um ihn zu beschäftigen<unclear reason="covering" resp="UT">,</unclear> zum sogenannten Lernen zu greifen, und nun kann er nicht genug kriegen, er sieht allerliebst aus, wenn er sich selbst die Buchstaben mit der Nadel zeigt und hersagt. Aber ich lasse ihn doch nicht überstudiren, und seine schönen rothen Backen haben noch nicht durch den Fleiß gelitten. Adieu, ich hoffe, Madame, Sie werden von mir hören, sagt <hi rend="latintype"><title xml:id="title_ec537ac2-e489-48c0-99bc-cf3670e5360b">Odoardo Galotti<name key="PSN0112804" style="hidden" type="author">Lessing, Gotthold Ephraim (1729–1781)</name><name key="CRT0109735" style="hidden" type="dramatic_work">Emilia Galotti</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_65708f58-5607-4f52-b1cd-fcfbd1dc5971" xml:lang="de">Odoardo Galotti – Figur aus Gotthold Ephraim Lessings Drama Emilia Galotti.</note> ihr auch laßt von Euch hören.</p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Rebecka Lejeune Dirichlet</add></signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_861e804f-8623-45c1-ac9b-1b1bcefddbb0"> <docAuthor key="PSN0113260" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_781ee96a-ecdf-448b-84b3-7d8b0655f257">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113260" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_f6efc300-68d5-47d8-b6bf-4ee0231b6d6e">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> Wie sagt Freund <persName xml:id="persName_f18edddf-20d0-4aa1-a84f-9b8291e8d94e">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName>? ich hänge mich an <add place="above">ec<name key="PSN0112434" resp="writers_hand" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</name></add>! ganz häuslich und nah kommt <placeName xml:id="placeName_f13ea10b-b538-4dc9-a751-11d1df774557">Leipz<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>. mir jetzt vor; wenn ich nur was davon hätt! Erzählen muß ich Dir, o Felix! daß <persName xml:id="persName_452ab0cb-621a-4e9f-b9ae-284c7bdbf33c">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> nebst <persName xml:id="persName_251d44fa-130d-424e-b215-dfd07556bc34">Bunsen<name key="PSN0110195" style="hidden" type="person">Bunsen, Christian Carl Josias (seit 1858) Freiherr von (1791-1860)</name></persName> gestern das zarte Kindlein <hi n="1" rend="underline">Landsberg</hi> aus der Taufe gehoben; das Antlitz des <hi rend="latintype">nuovo convertito</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_53d09a19-9835-45a3-8455-932d2fd61aae" xml:lang="it ">nuovo convertito – ital., neu Bekehrter.</note> war durch einen mächtigen Schnurrbart mit <hi rend="latintype">accessoires</hi> noch viel kindlicher als sonst. Ein schöner Mann, Landsberg im Haar! – Herr <persName xml:id="persName_3193708c-71ee-4b10-8c63-506db73ab419">Henoch<name key="PSN0111886" style="hidden" type="person">Henoch, Israel Moses (1770-1844)</name></persName> in <placeName xml:id="placeName_e4c1f1a2-b57d-4561-8f1b-c1612a6e04c8">Gleißen<settlement key="STM0104573" style="hidden" type="locality">Gleißen</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> hat auf seine Kosten eine Kirche dort bauen lassen, mit Musik eingeweiht, ein ungeheures Fest gegeben, deßen pomphafte Beschreibung in den Zeitungen stand: zugleich das Distichon:<lg rend="center" type="verse" xml:id="lg_42d272fd-e600-4b2a-9cda-5ed585104827"><l>Lebte <persName xml:id="persName_c3fc5211-739e-48da-afba-6b16ecf7d866">Leßing<name key="PSN0112804" style="hidden" type="person">Lessing, Gotthold Ephraim (1729-1781)</name></persName> noch und säh Dein Treiben</l><l>Den zweyten <title xml:id="title_14ec2ba8-68eb-41e2-a426-30cc51792587">Nathan<name key="PSN0112804" style="hidden" type="author">Lessing, Gotthold Ephraim (1729–1781)</name><name key="CRT0109737" style="hidden" type="dramatic_work">Nathan der Weise</name></title> würd’ er schreiben!</l></lg></p> <p>Darob ergrimmte der edle <persName xml:id="persName_0870e014-2c8b-459f-8b72-822be370c7a1">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> bis zum Dichten, und parodirte:<lg rend="center" type="verse" xml:id="lg_747c0e78-2b66-4078-b5a2-19223503a70d"> <l><hi rend="latintype">Motto</hi> „Es ist nicht alles Gold was gleißt!</l> <l>„Lebte <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_5a90004a-e23e-4647-8f05-ab758e7fab4f">Shakespear<name key="PSN0114889" style="hidden" type="person">Shakespeare, William (1564-1616)</name></persName></hi> noch und säh Dein Treiben,</l> <l>„den zweyten <hi rend="latintype"><title xml:id="title_ab4f94d5-8e38-49dc-a24b-59bb3fb68560">Shylock<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564–1616)</name><name key="CRT0110863" style="hidden" type="dramatic_work">Der Kaufmann von Venedig (The Merchant of Venice)</name></title></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2a2b8c59-3f1a-4db9-893d-4d14af1c5fba" xml:lang="de">Shylock – Figur aus Shakespeares Der Kaufmann von Venedig.</note> würd er schreiben.“</l> </lg></p> <p>(Die Zensur hat es aber gestrichen.)</p><p>Heute gehen Dir die bestimmten Kisten ab, mein Herz! Der Frachtfuhrmann will sie in 5 Tagen dort liefern. In einer Kiste ist <title xml:id="title_b79473b5-5363-446f-86d9-ade5ecae23c1">Rebeckas Bild<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109203" style="hidden" type="art">Rebecka Mendelssohn Bartholdy (Ölgemälde 1830)</name></title>; in d. 2. die <title xml:id="title_298b9b27-7f80-4c08-9e0d-42f968c81776">Zeichnung der Milder<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109158" style="hidden" type="art">Pauline Anna Milder-Hauptmann (Porträtzeichnung April 1829)</name></title>, in der 3. das wunderschöne Porcellan der Schwestern; in d. 4. das kleine Mama-Mädchenklavier, in d. 5. Dein <hi rend="latintype">Trousseau</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c9a6d920-51b6-4fcc-a5ca-6ef4c4e50fb5" xml:lang="de">Dein Trousseau – Gemeint ist Felix Mendelssohn Bartholdys bevorzugter Rotwein, eine im Jura beheimatete Rotweinsorte.</note> und Bücher. Den Schlüßel zu letzrer muß der Fuhrmann eingesiegelt abliefern; in dem Papier findet <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_04941e7e-4d12-42de-a67e-70d5ad26a6dc">Cécile<name key="PSN0113252" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy, Cécile Sophie Charlotte (1817-1853)</name></persName></hi> das Verzeichniß der Wäsche; sie wird sich v. <persName xml:id="persName_ee79fcb0-f5f3-42e2-8be1-e1c28d7d3890">Julien<name key="PSN0114770" style="hidden" type="person">Schunck, Julie (1819-1899)</name></persName> und <persName xml:id="persName_e3b15f97-d0ab-4f6b-812b-b2a0bd1f59f8">Kornelien<name key="PSN0114762" style="hidden" type="person">Schunck, Cornelie (1821-1910)</name></persName> helfen laßen auspacken, und hoffentlich <hi n="1" rend="underline">nur</hi> Vergnügen davon haben. Schreibt nun, was für Silberzeug Ihr von mir haben wollt? an Geld überweise ich Dir sobald Du willst, 800 Thaler, mein Felix! Die Fracht ist <hi n="1" rend="underline">hier</hi> bezahlt. Von <persName xml:id="persName_a356e62f-d6be-4d96-9cbd-6c98897d713c">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> bekommt Ihr wunderschöne engl. Lampen; das engl. Brett<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_53046daf-1ad1-4a9e-bd0b-1bd73e43f9b2" xml:lang="de">das engl. Brett – Gemeint ist vermutlich das englische Spielbrett des Spiels Solitair.</note> ist v. d. <persName xml:id="persName_b1cf847e-4316-4ef2-aa92-92b8f8145aaa">Schwestern<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName>. <seg type="closer">Seid gesund und glücklich!</seg></p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Lea Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> </body> </text></TEI>