gb-1836-11-28-01
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Berlin, 28. November 1836
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN 5-6 / 28/11], Siegel.
Lea Mendelssohn Bartholdy
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
So sehr großes Vergnügen giebt mir Dein ersehnter Brief mit dem erfreulichen Inhalt, mein geliebter Felix! daß ich es Dir augenblicklich sagen muß. Da Du leider! nicht in Abdera angestellt bist, da kann mir nichts erwünschter sein, als Dich in Verhältnißen zu wißen, die Dir genügen, und in möglichster Nähe, so daß selbst mein Alter mit Bleifüßen, Dich schnell erreichen kann. Ostern, Leipzig, Paulus, Cécile, sind nun die hellen Punkte in dem mir noch bevorstehenden kurzen Lebenslauf; aber wenn die Schwestern und ich gesund bleiben, so hoff ich, soll mir nichts im Wege stehen, Dich dann zu umarmen, und das Werk zu hören, auf welches Vater sich so sehr gefreut, das ihn so lebhaft beschäftigt, auf das er im voraus so stolz war! Hoffentlich verbietest Du mir Deine Stadt nicht wie im Frühjahr; wenn Dus aber doch thust, so reise ich incognito. Wärs doch möglich, auch Cécile dann zu finden! Schreibt Euch doch darüber: in ihrem letzten Brief, wo sie den Empfang der Lithographie anzeigt, sagt sie, daß von solchem rendezvous die Rede sei. Sollte diese Idee nicht ausgeführt werden können, so schlage ich vor, daß Du sie im Sommer herbringst und einige Zeit bei mir wohnst. Sie schreibt Beckchen, daß sie Gärten so sehr liebe und nie einen beim Hause gehabt habe; wir könnten dann recht in der Luft und freundlichem Schatten hier leben, wenn wir auch keine Gegend haben. Qui vivra, verra! Ihren Ausdruck „ich könnte Dir verbieten”, halte ich für eine kleine Ziererei, welche der Italiäner niedlicher als der grobe Deutsche durch smorfiosette ausdrückt. Auf die tournée de visites mache Dich nur gefaßt und spendire einen hübschen Rock dazu; denn sie meldet, sie bekäme ein schönes Kleid und einen neuen Hut: Du mußt also auch ein hübscher Junge sein. Julie Schunk meynt, eine kleine Uhr würde sie sehr beglücken, sie hätte nur eine alte, ganz große, die nicht zu tragen ist. Ich schicke Dir Deine also hierbei, und Du mußt sie zum Uhrmacher bringen, wenn Du sie ihr, wie ich nicht zweifle, geben willst; die Kette laß ich alsdann erfolgenCrescini von der sie Dir wohl schreiben wird. Was Du Mde. Schunk wohl eher als v. Bettbezügen anvertrauen wirst, ist, daß Julie sehr gefällt; Albert Frank soll ihr gewaltig den Hof machen; entschlöße er sich etwas zu werden, so fände ich die Partie recht annehmbar. Auch ich mag sie sehr gern und finde sie weit herzlicher, zuthulicher, mittheilender als Emmeline, die gar zu viel von der Zugeknöpftheit ihres englischen Mannes
Was unsre Pauls betrifft, liebster Felix! so haben wir gute Nachricht von ihnen, und ich zweifle keinen Moment, daß es ihnen bald recht sehr in H. gefallen werde. Sie haben Verwandte, Bekannte, werden ganz bequem und angenehm leben; es wird Paul schmeicheln zu repräsentiren, er wird Gelegenheit haben, sich in seinem Fache auszubilden, umzuthun, zu unterrichten, selbstständig zu werden; kurz, es ist nützlich, ehrenvoll, intereßant, bedeutend für ihn, und wird ihn mehr und mehr in der guten Meinung befestigen die Onkel von ihm hat, und in den beglückenden Plänen, die vor ihm liegen, wenn er dem Handelshause noch näher angehört. Ich kann mich für ihn also nur darüber freuen, obschon es für mich ein sehr, sehr großer Verlust ist, und ich armer Wurm mich immer kleiner, tiefer in mein enges Schneckenhäuschen zurück zu ziehen habe. Wahrlich, eine betrübende Einrichtung der Natur, daß man grade im Alter, wo man der Geselligkeit und Erheiterung am meisten bedarf, immer mehr auf Einsamkeit zurück gewiesen wird. Ich hatte auf Philemon und Baucis gehofft! – Daß Pauls Abwesenheit aber mit 6 Monaten abmais a n’est là qu’en épisode de joie! – Ich kann mich nur bestreben, alles mit äußerm Gleichmuth und Festigkeit zu tragen, und an Vaters weise Resignation zu denken! Läßt Gott mir nur mein bischen Sehkraft, die in dem letzten Jahr freilich sehr abgenommen, so will ich nicht klagen, denn ich kann noch manche Stunde des Abends mit Lesen verkürzen, und sogar etwas (an dem gröbern Zeuge) zu Deiner Aussteuer nähen, was mir diese ungeistige Arbeit sehr intereßant machte. Thue mir auch die Liebe, und schick mir einen Wunschzettel: sonst bekömmst Du zu Weihnachten gar nichts da Du zur Aussteuer alles bekömmst. Vielleicht finden sich aber doch noch angenehme Kleinigkeiten die Dir zur Kleidung oder Reise nützlich wären. Für Woringens thun die Schwestern, Pauls und ich uns zusammen; wir gedenken, ihnen eine große Fußdecke zu schenken, die man ganz wunderschön jetzt hat und die wir morgen kaufen wollen, damit sie noch zur bestimmten Zeit ankomme. – Bei uns wird es den Abend sehr prosaisch zugehen, da unsre Dichter- und Schauspielertruppe durch Pauls und Mosers Abwesenheit aufgelöst ist. Letztrer ist heut nach Königsberg abgereist; die abgeschmackt steife Akademie will ihm den Beerschen Preis nur zur Reise nach Rom, nicht nach Paris geben, wo er doch nach Hensels Rath zu technischen und andern Studien erst hin möchte: nun hofft er in seiner Vaterstadt so viel zu verdienen, um auf eigne Kosten nach Frankreich gehen zu können. Pohlke, deßen Du Dich wohl erinnerst, schickt sehr tüchtige Sachen aus Paris; der König hat mehreres v. ihm gekauft. Auch Kaselowsky ist erst dorthin gereist. –Mde. Beer hat sich eines beßern besonnen und bleibt wieder; W. Beers Töchter sind mit ihrer Hofmeisterin zu ihr gegangen.
Schreibe ja bald wieder und sende répertoires Deiner Koncerte. Ists wahr, daß Du das Liederspiel herausgiebst? und zu welchem Preise? ich sags keinem Menschen wieder, so wenig wie die geheimen 1000 rt. Dein!!
Berlin 28 November 1836 So sehr großes Vergnügen giebt mir Dein ersehnter Brief mit dem erfreulichen Inhalt, mein geliebter Felix! daß ich es Dir augenblicklich sagen muß. Da Du leider! nicht in Abdera angestellt bist, da kann mir nichts erwünschter sein, als Dich in Verhältnißen zu wißen, die Dir genügen, und in möglichster Nähe, so daß selbst mein Alter mit Bleifüßen, Dich schnell erreichen kann. Ostern, Leipzig, Paulus, Cécile, sind nun die hellen Punkte in dem mir noch bevorstehenden kurzen Lebenslauf; aber wenn die Schwestern und ich gesund bleiben, so hoff ich, soll mir nichts im Wege stehen, Dich dann zu umarmen, und das Werk zu hören, auf welches Vater sich so sehr gefreut, das ihn so lebhaft beschäftigt, auf das er im voraus so stolz war! Hoffentlich verbietest Du mir Deine Stadt nicht wie im Frühjahr; wenn Dus aber doch thust, so reise ich incognito. Wärs doch möglich, auch Cécile dann zu finden! Schreibt Euch doch darüber: in ihrem letzten Brief, wo sie den Empfang der Lithographie anzeigt, sagt sie, daß von solchem rendezvous die Rede sei. Sollte diese Idee nicht ausgeführt werden können, so schlage ich vor, daß Du sie im Sommer herbringst und einige Zeit bei mir wohnst. Sie schreibt Beckchen, daß sie Gärten so sehr liebe und nie einen beim Hause gehabt habe; wir könnten dann recht in der Luft und freundlichem Schatten hier leben, wenn wir auch keine Gegend haben. Qui vivra, verra! Ihren Ausdruck „ich könnte Dir verbieten”, halte ich für eine kleine Ziererei, welche der Italiäner niedlicher als der grobe Deutsche durch smorfiosette ausdrückt. Auf die tournée de visites mache Dich nur gefaßt und spendire einen hübschen Rock dazu; denn sie meldet, sie bekäme ein schönes Kleid und einen neuen Hut: Du mußt also auch ein hübscher Junge sein. Julie Schunk meynt, eine kleine Uhr würde sie sehr beglücken, sie hätte nur eine alte, ganz große, die nicht zu tragen ist. Ich schicke Dir Deine also hierbei, und Du mußt sie zum Uhrmacher bringen, wenn Du sie ihr, wie ich nicht zweifle, geben willst; die Kette laß ich alsdann erfolgen sobald Du Dich dafür bestimmt hast, und Du giebst sie ihr in meinem Namen. Von Julien erfuhr Fanny auch schon Sonnabend, daß Dein Bleiben in L. entschieden sei, und daß sie alle sich sehr darüber freuten. Fanny sprach sie im Koncert der Mde. Crescini von der sie Dir wohl schreiben wird. Was Du Mde. Schunk wohl eher als v. Bettbezügen anvertrauen wirst, ist, daß Julie sehr gefällt; Albert Frank soll ihr gewaltig den Hof machen; entschlöße er sich etwas zu werden, so fände ich die Partie recht annehmbar. Auch ich mag sie sehr gern und finde sie weit herzlicher, zuthulicher, mittheilender als Emmeline, die gar zu viel von der Zugeknöpftheit ihres englischen Mannes an sich hat, für die ich nie so wie manche Damen hier, schwärmen konnte. Wie sagte Pauls H. v. Halle: ein steifer Bock! Er fängt aber wieder an zu prosperiren und hat viele Stunden, unter andern bei Prinz Albrecht, was hier immer von gutem Einfluß ist. Was unsre Pauls betrifft, liebster Felix! so haben wir gute Nachricht von ihnen, und ich zweifle keinen Moment, daß es ihnen bald recht sehr in H. gefallen werde. Sie haben Verwandte, Bekannte, werden ganz bequem und angenehm leben; es wird Paul schmeicheln zu repräsentiren, er wird Gelegenheit haben, sich in seinem Fache auszubilden, umzuthun, zu unterrichten, selbstständig zu werden; kurz, es ist nützlich, ehrenvoll, intereßant, bedeutend für ihn, und wird ihn mehr und mehr in der guten Meinung befestigen die Onkel von ihm hat, und in den beglückenden Plänen, die vor ihm liegen, wenn er dem Handelshause noch näher angehört. Ich kann mich für ihn also nur darüber freuen, obschon es für mich ein sehr, sehr großer Verlust ist, und ich armer Wurm mich immer kleiner, tiefer in mein enges Schneckenhäuschen zurück zu ziehen habe. Wahrlich, eine betrübende Einrichtung der Natur, daß man grade im Alter, wo man der Geselligkeit und Erheiterung am meisten bedarf, immer mehr auf Einsamkeit zurück gewiesen wird. Ich hatte auf Philemon und Baucis gehofft! – Daß Pauls Abwesenheit aber mit 6 Monaten abgemacht sein sollte, ist mir unwahrscheinlicher als je; und wenn er sich recht ins Hamb. Geschäft eingearbeitet haben wird, dürfte es schwieriger als jetzt sein, ihn dort zu mißen, oder hier ein paßendes Subjekt zu finden. Daß er einmal auf kurze Zeit zum Besuch kommen werde, bezweifle ich nicht, mais a n’est là qu’en épisode de joie! – Ich kann mich nur bestreben, alles mit äußerm Gleichmuth und Festigkeit zu tragen, und an Vaters weise Resignation zu denken! Läßt Gott mir nur mein bischen Sehkraft, die in dem letzten Jahr freilich sehr abgenommen, so will ich nicht klagen, denn ich kann noch manche Stunde des Abends mit Lesen verkürzen, und sogar etwas (an dem gröbern Zeuge) zu Deiner Aussteuer nähen, was mir diese ungeistige Arbeit sehr intereßant machte. Thue mir auch die Liebe, und schick mir einen Wunschzettel: sonst bekömmst Du zu Weihnachten gar nichts da Du zur Aussteuer alles bekömmst. Vielleicht finden sich aber doch noch angenehme Kleinigkeiten die Dir zur Kleidung oder Reise nützlich wären. Für Woringens thun die Schwestern, Pauls und ich uns zusammen; wir gedenken, ihnen eine große Fußdecke zu schenken, die man ganz wunderschön jetzt hat und die wir morgen kaufen wollen, damit sie noch zur bestimmten Zeit ankomme. – Bei uns wird es den Abend sehr prosaisch zugehen, da unsre Dichter- und Schauspielertruppe durch Pauls und Mosers Abwesenheit aufgelöst ist. Letztrer ist heut nach Königsberg abgereist; die abgeschmackt steife Akademie will ihm den Beerschen Preis nur zur Reise nach Rom, nicht nach Paris geben, wo er doch nach Hensels Rath zu technischen und andern Studien erst hin möchte: nun hofft er in seiner Vaterstadt so viel zu verdienen, um auf eigne Kosten nach Frankreich gehen zu können. Pohlke, deßen Du Dich wohl erinnerst, schickt sehr tüchtige Sachen aus Paris; der König hat mehreres v. ihm gekauft. Auch Kaselowsky ist erst dorthin gereist. –Mde. Beer hat sich eines beßern besonnen und bleibt wieder; W. Beers Töchter sind mit ihrer Hofmeisterin zu ihr gegangen. Schreibe ja bald wieder und sende répertoires Deiner Koncerte. Ists wahr, daß Du das Liederspiel herausgiebst? und zu welchem Preise? ich sags keinem Menschen wieder, so wenig wie die geheimen 1000 rt. Dein!! Deinen Siegelring schick ich nebst der Uhr. Das Pettschaft ist hübscher als das Düsseldorfer vom ollen Apoll.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1836-11-28" xml:id="date_b855f540-581f-48fa-82a7-ead629033a31">28. 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Sie haben Verwandte, Bekannte, werden ganz bequem und angenehm leben; es wird Paul schmeicheln zu repräsentiren, er wird Gelegenheit haben, sich in seinem Fache auszubilden, umzuthun, zu unterrichten, selbstständig zu werden; kurz, es ist nützlich, ehrenvoll, intereßant, bedeutend für ihn, und wird ihn mehr und mehr in der guten Meinung befestigen die Onkel von ihm hat, und in den beglückenden Plänen, die vor ihm liegen, wenn er dem Handelshause noch näher angehört. Ich kann mich <hi n="1" rend="underline">für ihn</hi> also nur darüber freuen, obschon es <hi n="1" rend="underline">für mich</hi> ein sehr, sehr großer Verlust ist, und ich armer Wurm mich immer kleiner, tiefer in mein enges Schneckenhäuschen zurück zu ziehen habe. Wahrlich, eine betrübende Einrichtung der Natur, daß man grade im Alter, wo man der Geselligkeit und Erheiterung am meisten bedarf, immer mehr auf Einsamkeit zurück gewiesen wird. 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Letztrer ist heut nach Königsberg abgereist; die abgeschmackt steife Akademie will ihm den Beerschen Preis nur zur Reise nach Rom, nicht nach Paris geben, wo er doch nach Hensels Rath zu technischen und andern Studien erst hin möchte: nun hofft er in seiner Vaterstadt so viel zu verdienen, um auf eigne Kosten nach Frankreich gehen zu können. Pohlke, deßen Du Dich wohl erinnerst, schickt sehr tüchtige Sachen aus Paris; der König hat mehreres v. ihm gekauft. Auch Kaselowsky ist erst dorthin gereist. –Mde. Beer hat sich eines beßern besonnen und bleibt wieder; W. Beers Töchter sind mit ihrer Hofmeisterin zu ihr gegangen.</p> <p>Schreibe ja bald wieder und sende <hi rend="latintype">répertoires</hi> Deiner Koncerte. Ists wahr, daß Du das Liederspiel herausgiebst? und zu welchem Preise? ich sags keinem Menschen wieder, so wenig wie die geheimen 1000 rt. Dein!!</p> <p><seg type="pagebreak">|1|<pb n="1" type="pagebreak"></pb></seg> <add place="top">Deinen Siegelring schick ich nebst der Uhr. 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