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gb-1836-11-16-01

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Fanny Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Berlin, 16. November 1836 Lieber Felix, sey schönstens bedankt für Deinen lieben Brief, der mich sehr erfreut hat. Ich finde nun zwar eigentlich, zwischen 16, und 61 Jahren müßte man keinen Geburtstag haben (obgleich ich jeden Geburtstag der Andern Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel in Berlin; Leipzig, 14. November 1836 Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel in Berlin; Leipzig, 22. November 1836 Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 31/135. Autograph Fanny Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 16. November 1836 Lieber Felix, sey schönstens bedankt für Deinen lieben Brief, der mich sehr erfreut hat. Ich finde nun zwar eigentlich, zwischen 16, und 61 Jahren müßte man keinen Geburtstag haben (obgleich ich jeden Geburtstag der Andern

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.

Fanny Hensel

Green Books

Citron, Letters, S. 518-520.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

16. November 1836 Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)counter-resetHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LeipzigDeutschland deutsch
Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Berlin, 16ten Novbr 1836

Lieber Felix, sey schönstens bedankt für Deinen lieben Brief, der mich sehr erfreut hat. Ich finde nun zwar eigentlich, zwischen 16, und 61 Jahren müßte man keinen Geburtstag haben (obgleich ich jeden Geburtstag der Andern sehr gern habe und feiere) aber für mich habe ich den eigentlichen Apparat von Kuchen und Zubehör längst abgeschafft. Aber ein Brief, ein freundliches Gesicht (jenes soll dieses ersetzen), eine liebe Zeichnung von Sebastian, wer sich darüber nicht freuen wollte, der müßte wol noch älter als alt seyn. – Was mir sehr leid thut, ist daß Du gar nicht aus dem gehetzten Leben herauskommen kannst, denn ich weiß und sehe an Hensel, dem es auch oft so geht, wie sehr das aufreibt und die Nerven angreift. Auch dafür hoffe ich von Deiner Verheirathung sehr viel. Wie viel Zeit wirst Du nicht schon durch das Zuhauseessen ersparen, und wie angenehm wird das Tischchen seyn. Du wirst überhaupt so gern zu Hause seyn, daß Du Mittel finden wirst, es zu können, und das wird Dir sehr wohl thun. – Daß Ihr übrigens den Israel nicht wiederholt, finde ich sehr schade, es wäre der doppelte Genuß für dieselbe Mühe, und wie es den Directoren für das Frühjahr schaden soll, begreife ich nicht, ich dächte im Gegentheil.

Von der Art und Weise habe ich nun wohl durch den Salomon eine Idee, indeß mag es mit einer tüchtigen Kirchenorgel doch noch anders klingen. Frank sagte mir, sein Bruder habe die ganze Orgelstimme geschrieben, ist das wahr, oder hat der kleine Frank geflunkert? Wie ich hier ganz und gar aus jeder Musik heraus komme, die ich mir |2| nicht selbst vormache, davon hast Du wirklich keinen Begriff. Ich höre im eigentlichsten Sinne des Worts keinen Ton, und was sollte ich auch hören? Wie Möser Jahr aus, Jahr ein dieselben Symphonieen in derselben Reihenfolge herunterkratzen läßt, oder wie Ries ziemlich sauber aber sehr langweilig ein Quartett nach dem andern spielt? Da bin ich sogar abonnirt, gehe aber niemals hin. Oper haben wir nicht, von Academieconcerten werde ich wol Joseph in Egypten v. Händel hören, weil ich das nicht kenne, und daher weniger fühlen werde, wie sie es verderben. Ueber diesen gänzlichen Mangel an Anstoß von außen verfalle ich nun selbst auch in eine solche musikalische Apathie, daß ich wirklich in Jahr und Tag keine eigentliche Musik gemacht habe. Indeß habe ich beschlossen, mich heraus zu reißen, und Ende des Monats mit Deinem Psalm und den drei Nonnenstücken wieder anzufangen, die ich sehr hübsch besetzen kann. Die Decker ist nach wie vor äußerst gefällig und liebenswürdig gegen mich, auch haben wir vorige Woche bei ihr eine sehr wohlgelungene Aufführung v. Marschners Templer gehabt. – Daher kannst Du denken, wie erfreulich es mir istHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847), daß Du mit meinen Clavierstücken zufrieden bist, woraus ich doch sehn kann, daß ich noch nicht ganz mit der Musik zerfallen bin. Schicke sie mir nur wieder, ich werde sie Dir abschreiben lassen, dafür laß Du mir das aus e moll à la Thalberg, zukommen. Die Ausstellung wird Sonntag geschlossen, weshalb wir den heutigen schönen, trüben Tag benutzen wollen, noch einmal hinzugehn, auf klares Wetter können wir doch nicht mehr warten. Wir haben allerdings Ursach, mit dem Erfolg |3| ganz gut zufrieden zu seyn, lieber Felix, was uns aber viel mehr, als das, hier hält, weißt Du ja, und kannst es Dir denken. Indessen müssen wir daran denken, und thun es auch alles Ernstes, in einigen Jahren einmal ein Jahr in Italien zuzubringen. Für Hensel ist es ein Bedürfniß, und mein Wunsch stimmt natürlich mit ein. Was nun das jetzige Schulenwesen betrifft, darüber habe ich meine eignen Gedanken, die sich bei dieser Ausstellung sehr bestätigt haben. Um eine eigentliche Schule zu bilden, dazu gehört, daß wie im Mittelalter durchgängig, und heut zu Tage nur allein in München, eine gemeinsame große Aufgabe Lehrer und Schüler lange Zeit hindurch beschäftigen. Wie ist es aber möglich, daß 3. oder 400 junge Maler, jeder jedes Jahr ein Bild malen können? Die ohnehin schon schwachen Kräfte zersplittern sich, die Gegenstände wiederholen sich ins Unendliche, und es ist natürlich, daß endlich wie ein Düsseldorf, ein Leithammel voran springt, und 100 andre den Sprung nachzuthun versuchen. Mit Hensel ist es wieder etwas anders. Er betreibt die Sache ohne alle Koketterie, und nur im Interesse seiner jungen Leute. Daher entläßt er sie, sobald sie irgend auf eignen Füßen stehen können, und hat es immer wieder mit neuen zu thun, die ihm weder künstlerisch noch persönlich, so viel Interesse einflößen können. Doch hat er diesmal die Freude, die 2 einzigen Preise, die im ganzen Staat für dies Fach vergeben werden, in sein Attelier gekommen zu sehn, Kaselowsky ist schon fort, Moser wird im Lauf des Winters gehn, dann ist die ganze ersteHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Generation mit der wir uns sehr eingelebt hatten, zerstoben, und daß er nicht Lust hat, das in infinitum so fort |4| zu treiben, kannst Du Dir wol denken.+

Ich habe immer so einen Gedanken im Hinterhalt, sollte denn der gar nicht ausführbar seyn daß wir uns einmal Alle aufmachten, und einen Sommer in schöner Gegend, am Rhein, oder in Baden, oder in Dresden, still mit einander zubrächten. Was meinst Du dazu? Sollte das nicht möglich und sehr hübsch seyn? Oder am Genfer See. Du hast uns auch noch gar nicht die frohe Versicherung gegeben, uns Cäcilien zu bringen, sobald sie Dein ist, wir hoffen zwar Alle sicher darauf, möchten es doch aber auch gar zu gern hören. Und wie gern sähen wir sie erst noch als Mädchen. An meinem Geburtstag war Marianne mit ihren Kindern hier, mit denen haben wir wieder recht viel von Euch gesprochen. Alle Menschen kennen sie ja, nur wir nicht, das ist doch recht grausam. Grüße sie tausendmal, und sage ihr, sie soll uns einstweilen gut seyn. Ihre Briefe sind gar zu lieb. Was beschreibt sie denn von der Verlobung falsch? Wiederlege sie. Neulich hat sie wieder ein allerliebstes Briefchen an Mutter geschrieben. Mutter, Beckchen und Hensel, Alles grüßt Dich bestens. Es ist alles wohl, bis auf den Schnupfen, der die Runde gemacht hat, und jetzt an mir hält, Hensel hat viel am Zahnweh gelitten, sich einen ausreißen lassen, und laborirt trotz aller Karpfengallen, fortwährend am Magen.

Sein voriges großes Bild wird in sehr großer Dimension, sehr gut lithographirt, der Steindruck ist heut noch auf die Ausstellung gekommen, wir hoffen Dir zu Weihnachten einen Abdruck zu Füßen legen zu können. Leb wohl und bleib mir gut.Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)

Fanny.
Ich bitte Dich aber sehr, das Alles streng unter uns zu lassen.
            Berlin, 16ten Novbr 1836 Lieber Felix, sey schönstens bedankt für Deinen lieben Brief, der mich sehr erfreut hat. Ich finde nun zwar eigentlich, zwischen 16, und 61 Jahren müßte man keinen Geburtstag haben (obgleich ich jeden Geburtstag der Andern sehr gern habe und feiere) aber für mich habe ich den eigentlichen Apparat von Kuchen und Zubehör längst abgeschafft. Aber ein Brief, ein freundliches Gesicht (jenes soll dieses ersetzen), eine liebe Zeichnung von Sebastian, wer sich darüber nicht freuen wollte, der müßte wol noch älter als alt seyn. – Was mir sehr leid thut, ist daß Du gar nicht aus dem gehetzten Leben herauskommen kannst, denn ich weiß und sehe an Hensel, dem es auch oft so geht, wie sehr das aufreibt und die Nerven angreift. Auch dafür hoffe ich von Deiner Verheirathung sehr viel. Wie viel Zeit wirst Du nicht schon durch das Zuhauseessen ersparen, und wie angenehm wird das Tischchen seyn. Du wirst überhaupt so gern zu Hause seyn, daß Du Mittel finden wirst, es zu können, und das wird Dir sehr wohl thun. – Daß Ihr übrigens den Israel nicht wiederholt, finde ich sehr schade, es wäre der doppelte Genuß für dieselbe Mühe, und wie es den Directoren für das Frühjahr schaden soll, begreife ich nicht, ich dächte im Gegentheil.
Von der Art und Weise habe ich nun wohl durch den Salomon eine Idee, indeß mag es mit einer tüchtigen Kirchenorgel doch noch anders klingen. Frank sagte mir, sein Bruder habe die ganze Orgelstimme geschrieben, ist das wahr, oder hat der kleine Frank geflunkert? Wie ich hier ganz und gar aus jeder Musik heraus komme, die ich mir nicht selbst vormache, davon hast Du wirklich keinen Begriff. Ich höre im eigentlichsten Sinne des Worts keinen Ton, und was sollte ich auch hören? Wie Möser Jahr aus, Jahr ein dieselben Symphonieen in derselben Reihenfolge herunterkratzen läßt, oder wie Ries ziemlich sauber aber sehr langweilig ein Quartett nach dem andern spielt? Da bin ich sogar abonnirt, gehe aber niemals hin. Oper haben wir nicht, von Academieconcerten werde ich wol Joseph in Egypten v. Händel hören, weil ich das nicht kenne, und daher weniger fühlen werde, wie sie es verderben. Ueber diesen gänzlichen Mangel an Anstoß von außen verfalle ich nun selbst auch in eine solche musikalische Apathie, daß ich wirklich in Jahr und Tag keine eigentliche Musik gemacht habe. Indeß habe ich beschlossen, mich heraus zu reißen, und Ende des Monats mit Deinem Psalm und den drei Nonnenstücken wieder anzufangen, die ich sehr hübsch besetzen kann. Die Decker ist nach wie vor äußerst gefällig und liebenswürdig gegen mich, auch haben wir vorige Woche bei ihr eine sehr wohlgelungene Aufführung v. Marschners Templer gehabt. – Daher kannst Du denken, wie erfreulich es mir ist, daß Du mit meinen Clavierstücken zufrieden bist, woraus ich doch sehn kann, daß ich noch nicht ganz mit der Musik zerfallen bin. Schicke sie mir nur wieder, ich werde sie Dir abschreiben lassen, dafür laß Du mir das aus e moll à la Thalberg, zukommen. Die Ausstellung wird Sonntag geschlossen, weshalb wir den heutigen schönen, trüben Tag benutzen wollen, noch einmal hinzugehn, auf klares Wetter können wir doch nicht mehr warten. Wir haben allerdings Ursach, mit dem Erfolg ganz gut zufrieden zu seyn, lieber Felix, was uns aber viel mehr, als das, hier hält, weißt Du ja, und kannst es Dir denken. Indessen müssen wir daran denken, und thun es auch alles Ernstes, in einigen Jahren einmal ein Jahr in Italien zuzubringen. Für Hensel ist es ein Bedürfniß, und mein Wunsch stimmt natürlich mit ein. Was nun das jetzige Schulenwesen betrifft, darüber habe ich meine eignen Gedanken, die sich bei dieser Ausstellung sehr bestätigt haben. Um eine eigentliche Schule zu bilden, dazu gehört, daß wie im Mittelalter durchgängig, und heut zu Tage nur allein in München, eine gemeinsame große Aufgabe Lehrer und Schüler lange Zeit hindurch beschäftigen. Wie ist es aber möglich, daß 3. oder 400 junge Maler, jeder jedes Jahr ein Bild malen können? Die ohnehin schon schwachen Kräfte zersplittern sich, die Gegenstände wiederholen sich ins Unendliche, und es ist natürlich, daß endlich wie ein Düsseldorf, ein Leithammel voran springt, und 100 andre den Sprung nachzuthun versuchen. Mit Hensel ist es wieder etwas anders. Er betreibt die Sache ohne alle Koketterie, und nur im Interesse seiner jungen Leute. Daher entläßt er sie, sobald sie irgend auf eignen Füßen stehen können, und hat es immer wieder mit neuen zu thun, die ihm weder künstlerisch noch persönlich, so viel Interesse einflößen können. Doch hat er diesmal die Freude, die 2 einzigen Preise, die im ganzen Staat für dies Fach vergeben werden, in sein Attelier gekommen zu sehn, Kaselowsky ist schon fort, Moser wird im Lauf des Winters gehn, dann ist die ganze erste Generation mit der wir uns sehr eingelebt hatten, zerstoben, und daß er nicht Lust hat, das in infinitum so fort zu treiben, kannst Du Dir wol denken. +
Ich habe immer so einen Gedanken im Hinterhalt, sollte denn der gar nicht ausführbar seyn daß wir uns einmal Alle aufmachten, und einen Sommer in schöner Gegend, am Rhein, oder in Baden, oder in Dresden, still mit einander zubrächten. Was meinst Du dazu? Sollte das nicht möglich und sehr hübsch seyn? Oder am Genfer See. Du hast uns auch noch gar nicht die frohe Versicherung gegeben, uns Cäcilien zu bringen, sobald sie Dein ist, wir hoffen zwar Alle sicher darauf, möchten es doch aber auch gar zu gern hören. Und wie gern sähen wir sie erst noch als Mädchen. An meinem Geburtstag war Marianne mit ihren Kindern hier, mit denen haben wir wieder recht viel von Euch gesprochen. Alle Menschen kennen sie ja, nur wir nicht, das ist doch recht grausam. Grüße sie tausendmal, und sage ihr, sie soll uns einstweilen gut seyn. Ihre Briefe sind gar zu lieb. Was beschreibt sie denn von der Verlobung falsch? Wiederlege sie. Neulich hat sie wieder ein allerliebstes Briefchen an Mutter geschrieben. Mutter, Beckchen und Hensel, Alles grüßt Dich bestens. Es ist alles wohl, bis auf den Schnupfen, der die Runde gemacht hat, und jetzt an mir hält, Hensel hat viel am Zahnweh gelitten, sich einen ausreißen lassen, und laborirt trotz aller Karpfengallen, fortwährend am Magen.
Sein voriges großes Bild wird in sehr großer Dimension, sehr gut lithographirt, der Steindruck ist heut noch auf die Ausstellung gekommen, wir hoffen Dir zu Weihnachten einen Abdruck zu Füßen legen zu können. Leb wohl und bleib mir gut.
Fanny. Ich bitte Dich aber sehr, das Alles streng unter uns zu lassen.          
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Du wirst überhaupt so gern zu Hause seyn, daß Du Mittel finden wirst, es zu können, und das wird Dir sehr wohl thun. – Daß Ihr übrigens den Israel nicht wiederholt, finde ich sehr schade, es wäre der doppelte Genuß für dieselbe Mühe, und wie es den Directoren für das Frühjahr schaden soll, begreife ich nicht, ich dächte im Gegentheil.</p> <p>Von der Art und Weise habe ich nun wohl durch den Salomon eine Idee, indeß mag es mit einer tüchtigen Kirchenorgel doch noch anders klingen. Frank sagte mir, sein Bruder habe die ganze Orgelstimme geschrieben, ist das wahr, oder hat der kleine Frank geflunkert? Wie ich hier ganz und gar aus jeder Musik heraus komme, die ich mir<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> nicht selbst vormache, davon hast Du wirklich keinen Begriff. Ich höre im eigentlichsten Sinne des Worts keinen Ton, und was sollte ich auch hören? Wie Möser Jahr aus, Jahr ein dieselben Symphonieen in derselben Reihenfolge herunterkratzen läßt, oder wie Ries ziemlich sauber aber sehr langweilig ein Quartett nach dem andern spielt? Da bin ich sogar abonnirt, gehe aber niemals hin. Oper haben wir nicht, von Academieconcerten werde ich wol Joseph in Egypten v. Händel hören, weil ich das nicht kenne, und daher weniger fühlen werde, wie sie es verderben. Ueber diesen gänzlichen Mangel an Anstoß von außen verfalle ich nun selbst auch in eine solche musikalische Apathie, daß ich wirklich in Jahr und Tag keine eigentliche Musik gemacht habe. Indeß habe ich beschlossen, mich heraus zu reißen, und Ende des Monats mit Deinem Psalm und den drei Nonnenstücken wieder anzufangen, die ich sehr hübsch besetzen kann. Die Decker ist nach wie vor äußerst gefällig und liebenswürdig gegen mich, auch haben wir vorige Woche bei ihr eine sehr wohlgelungene Aufführung v. 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Indessen müssen wir daran denken, und thun es auch alles Ernstes, in einigen Jahren einmal ein Jahr in Italien zuzubringen. Für Hensel ist es ein Bedürfniß, und mein Wunsch stimmt natürlich mit ein. Was nun das jetzige Schulenwesen betrifft, darüber habe ich meine eignen Gedanken, die sich bei dieser Ausstellung sehr bestätigt haben. Um eine eigentliche Schule zu bilden, dazu gehört, daß wie im Mittelalter durchgängig, und heut zu Tage nur allein in München, eine gemeinsame große Aufgabe Lehrer und Schüler lange Zeit hindurch beschäftigen. Wie ist es aber möglich, daß 3. oder 400 junge Maler, jeder jedes Jahr ein Bild malen können? Die ohnehin schon schwachen Kräfte zersplittern sich, die Gegenstände wiederholen sich ins Unendliche, und es ist natürlich, daß endlich wie ein Düsseldorf, ein Leithammel voran springt, und 100 andre den Sprung nachzuthun versuchen. Mit Hensel ist es wieder etwas anders. Er betreibt die Sache ohne alle Koketterie, und nur im Interesse seiner jungen Leute. Daher entläßt er sie, sobald sie irgend auf eignen Füßen stehen können, und hat es immer wieder mit neuen zu thun, die ihm weder künstlerisch noch persönlich, so viel Interesse einflößen können. Doch hat er diesmal die Freude, die 2 einzigen Preise, die im ganzen Staat für dies Fach vergeben werden, in sein Attelier gekommen zu sehn, Kaselowsky ist schon fort, Moser wird im Lauf des Winters gehn, dann ist die ganze <add place="above">erste<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add> Generation mit der wir uns sehr eingelebt hatten, zerstoben, und daß er nicht Lust hat, das <hi rend="latintype">in infinitum</hi> so fort<seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> zu treiben, kannst Du Dir wol denken.<ref target="#fn1" type="Footnotes_reference" xml:id="fnr1">+</ref></p> <p>Ich habe immer so einen Gedanken im Hinterhalt, sollte denn der gar nicht ausführbar seyn daß wir uns einmal Alle aufmachten, und einen Sommer in schöner Gegend, am Rhein, oder in Baden, oder in Dresden, still mit einander zubrächten. Was meinst Du dazu? Sollte das nicht möglich und sehr hübsch seyn? Oder am Genfer See. Du hast uns auch noch gar nicht die frohe Versicherung gegeben, uns Cäcilien zu bringen, sobald sie Dein ist, wir hoffen zwar Alle sicher darauf, möchten es doch aber auch gar zu gern hören. Und wie gern sähen wir sie erst noch als Mädchen. An meinem Geburtstag war Marianne mit ihren Kindern hier, mit denen haben wir wieder recht viel von Euch gesprochen. Alle Menschen kennen sie ja, nur wir nicht, das ist doch recht grausam. Grüße sie tausendmal, und sage ihr, sie soll uns einstweilen gut seyn. Ihre Briefe sind gar zu lieb. Was beschreibt sie denn von der Verlobung falsch? Wiederlege sie. Neulich hat sie wieder ein allerliebstes Briefchen an Mutter geschrieben. Mutter, Beckchen und Hensel, Alles grüßt Dich bestens. Es ist alles wohl, bis auf den Schnupfen, der die Runde gemacht hat, und jetzt an mir hält, Hensel hat viel am Zahnweh gelitten, sich einen ausreißen lassen, und laborirt trotz aller Karpfengallen, fortwährend am Magen.</p> <p>Sein voriges großes Bild wird in sehr großer Dimension, sehr gut lithographirt, der Steindruck ist heut noch auf die Ausstellung gekommen, wir hoffen Dir zu Weihnachten einen Abdruck zu <add place="margin">Füßen legen zu können. <seg type="closer">Leb wohl und bleib mir gut.</seg><name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add></p> <signed rend="right">Fanny.</signed> </div> <div type="footnotes_area" xml:id="div_870a1933-eb6b-41e5-9d1b-2ded6949543a"> <note n="+" place="in_the_marginal_area_right,_left_or_right_and_left" subtype="author" target="fnr1" type="footnote" xml:id="fn1">Ich bitte Dich aber sehr, das Alles streng unter uns zu lassen.</note> </div> </body> </text></TEI>