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gb-1836-06-03-01

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Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in Frankfurt a. M., adressiert an Moses Issak Hertz <lb></lb>London, 3. Juni 1836 Vorgestern um 5 Uhr nachmittags trat ich in meine alte Wohnung, und die hätte müssen um ein ganz Theil heller, lustiger und sonniger seyn, damit sie mir nach den verlebten Frühlingstagen hätte gefallen können. Doch Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; Leipzig, 22. März 1836 Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; Frankfurt a. M., 20. Juni 1836 Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) Transkription: FMB-C Edition: FMB- Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 31/97. Autograph Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in Frankfurt a. M., adressiert an Moses Issak Hertz; London, 3. Juni 1836 Vorgestern um 5 Uhr nachmittags trat ich in meine alte Wohnung, und die hätte müssen um ein ganz Theil heller, lustiger und sonniger seyn, damit sie mir nach den verlebten Frühlingstagen hätte gefallen können. Doch

1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [HANNOVER / 7. Juni (?)], [D. 4 / 9/6], Siegel.

Carl Klingemann

Green Books

Klingemann, Briefwechsel, S. 200 f. (Teildruck).

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

3. Juni 1836 Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)counter-resetKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) LondonGroßbritannien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Frankfurt a. M.Deutschland deutsch
Herrn Musikdirector, Dr F. Mendelssohn- Bartholdy in Frankfurt a/M. per adr. des Herrn M. I. Hertz.
Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) 37. BuryStr. 3. Juny 1836. Liebster Felix,

Vorgestern um 5 Uhr nachmittags trat ich in meine alte Wohnung,meine alte Wohnung – Carl Klingemanns Adresse in London war 37 Bury Street, St. James. und die hätte müssen um ein ganz Theil heller, lustiger und sonniger seyn, damit sie mir nach den verlebten Frühlingstagenden verlebten Frühlingstagen – Klingemann war zum 18. Niederrheinischen Musikfest zu Pfingsten (22. und 23. Mai) 1836 gereist, das Felix Mendelssohn Bartholdy geleitet hatte. Er hatte sich vom 21. bis zum 28. Mai 1836 in Düsseldorf aufgehalten (vgl. Mendelssohns Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 43-45. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 34). hätte gefallen können. Doch soll sichs machen, – ich denke ich habe ein Stück Sonne und Wärme in mir mitgebracht, und das hoffentlich nicht wie die AbderitenAbderiten – Abderit: Bezeichnung für einen Schildbürger. Der Begriff wird von der antiken Stadt Abdera hergeleitet. Abdera ist zugleich ist eine Stadt in Christoph Martin Wielands satirischem Roman Die Abderiten, Erstdruck in Fortsetzungen als Die Abderiten. Eine sehr wahrscheinliche Geschichte, in: Teutscher Merkur 1774, 1778, 1779 und 1780; Separatdruck (Tl. 1): Weimar 1774; vollständiger Druck als »Geschichte der Abderiten«: 2 Bde, Weimar 1781. im Sack, sondern würklich und dauernd. Das habe ich wieder Dir zu danken, und da ich an Dir und Deinem Beispiele allerlei Erkleckliches gelernt und nachgedacht habe, so mußt Du wieder mit mir zufrieden seyn, und so fort. Gott weiß woran es Alles gelegen hat, aber das Deutsche Wesen und der deutsche Frühling haben mir diesmal so absonderlich gefallen, und klingen so eigen in mir nach, daß ich hier noch immer umhergehe wie ein Fremder und mich manch liebes Mal in Gedanken eben da draußen ertappe. Wie lieb ists mir, daß ich Dein Werk<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_febd1e92-3f8c-45ee-9607-28404662ec58"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name> eben da, und eben so gehört habe!daß ich Dein Werk … gehört habe! – Die Uraufführung des Oratoriums Paulus op. 36 (MWV A 14) hatte am ersten Musikfesttag, dem 22. Mai 1836, unter der Leitung des Komponisten stattgefunden (Hauchecorne, Musikfeste, Anhang, S. 19). Du leidest am Ende dabei, oder das Werk an sich, daß mir nun dabei der Ort und die Bäume und Nachtigallen, und die Morgenfrische, und das Wiedersehen und die lieben Leute dort und alles treu-Ungeschickte der Heimath, und der Himmel weiß was, bis an mein Lebensende einfallen werden, – aber mir werden dabei auch immer die ersten Eindrücke, und die starken und wohlthuenden Rührungen einfallen, die mich am Sonnabend Nachmittag, wo sichs mir zuerst aufthat,am Sonnabend Nachmittag, wo sichs mir zuerst aufthat – Klingemann war am Sonnabend, dem 21. Mai 1836, in Düsseldorf angekommen und hatte die Generalprobe des Paulus gehört (vgl. Mendelssohns Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 43: »Klingemanns Ankunft. / 4 GeneralProbe Paulus gut«. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 34). bewegten, – und kurz, ich werde es nie in der Folge hören, ohne Zweimal und doppelt gerührt davon zu werden. Was mir also als Kenner an Einsicht abgehen mag, das kommt mir an gläubigem und liebendem Genießen zu Gute.

Von hier weiß ich noch nichts zu schreiben – wie gesagt, ich bin noch fremd hier und abwesend. RosenRosen (bis 1817: Ballhorn), Friedrich August (1805-1837) habe ich gestern Morgen |2| beim Frühstück mit Erzählen und Berichten beglückt und tractirt, – er flocht seine Episoden ein und wußte es und ließ es doch nicht, – dann wurde der historische Faden wieder aufgenommen und wir sind kaum fertig geworden. Auf alle Fälle fährst du gut bei uns. – Dann habe ich HorsleysHorsley, Familie von → William H. begrüßt und ihnen erzählt und Dich entschuldigt – MoschelesMoscheles, Familie von → Ignaz M. sah ich erst heute und liefere bei ihnen über einem Roastbeef nach, – meine ChefsGoltermann, Johann Heinrich Gerhard (1759-1836)Ompteda, Ludwig Carl Georg Freiherr von (1767-1854) und Collegenmeine Chefs und Collegen – Klingemanns unmittelbarer Vorgesetzter Johann Heinrich Gerhard Goltermann, wohl der Minister in der Königlich Deutschen Kanzlei in London Ludwig Carl Georg Freiherr von Ompteda sowie die dortigen Mitarbeiter. sahen mäßig scheel über mein längeres Ausbleiben aus, und haben mir glücklicherweise so viel Arbeit aufheben können, daß ich einen guten Theil der Schuld abverdiene, und zwischen dem Umherlaufen und Wiederfinden für die ersten Tage alle Hände voll zu thun habe.

Ist das über, – etwa am Montag, so singe ich den täglichen Tenor, Dir zu Ehren und mir zum Wohle. Dem Himmel sey Dank, daß wir zu unserm Gespräch am Freitag Abendunserm Gespräch am Freitag Abend – Für den 27. Mai 1836 hielt Mendelssohn in seinem Schreibkalender fest: »Ab. mit Klingemann allein« (GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 45. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 34). gekommen sind. Ich kann Dir jetzt wohl sagen, daß mir die Art von Entfernung, in die man dort durch die Umgebungen und die Menge der herandrängenden Dinge und Personen gesetzt wurde, ganz unheimlich vorkam. Jetzt und hinterdrein verstehe ichs schon. –

Meine RückreiseMeine Rückreise – ab dem 28. Mai 1836; siehe Kommentar zu Z.: den verlebten Frühlingstagen. war gut, – auch ein Glückswurf, wäre ich den tristbekannten Weg über RotterdamRotterdamNiederlande zurückgegangen, ich wäre verkommen vor Nachwehen. So zog sichs über den neuen Boden mit neuen Dingen, nach denen ich mich so lange gesehnt hatte, muthig weiter. Ich habe mich tüchtig gerührt, und eine Maße gesehen und gepackt. In AachenAachenDeutschland Abends in der Dämmerung den alten DomHoher Dom zu AachenAachenDeutschland, Karls des GrKarl der Große (Carolus Magnus) (?-814) StuhlHoher Dom zu AachenAachenDeutschland,den alten Dom, Karls des Gr Stuhl – Der Thron Karls des Großen befindet sich in der Pfalzkapelle, dem Zentrum des Aachener Doms. Von 813 bis 1531 war er der Krönungssitz von mehr als 30 römisch-deutschen Königen. – eine einsame Kerze in der Ferne, – ein Gedicht. LüttichLüttichBelgien früh Morgens, im dampfenden Nebel, tiefes Läuten, Frühmeße, betendes Volk, Alles vor 6 Uhr. LöwenLöwenBelgien |3| Mittags, mit dem unvergleichlichen StadthausRathausLöwenBelgien und einer schönen KircheSint-Pieterskerk (Sankt-Peters-Stiftskirche)LöwenBelgien, – St TronSint-TruidenBelgien,St Tron – Gemeint ist die belgische Stadt Sint-Truiden (frz. Saint-Trond) rund 40 km nordwestlich von Lüttich. TirlemontTienenBelgien, überall war Gothisches, Stattliches, alles just bequem zu beschauen. Sonntag Nachmittag in BrüsselBrüssel (Bruxelles)Belgien, – ein curios melankolisch Plaisir, sich allein unter den vielen geputzten Leuten umherzutreiben. Am andern Morgen StadthausStadhuis (Hôtel de Ville, Rathaus)Brüssel (Bruxelles)Belgien, DomKathedrale St. Michael und St. GudulaBrüssel (Bruxelles)Belgien, GallerieGalerie d’ArenbergBrüssel (Bruxelles)Belgien des Fürsten v. ArembergArenberg, Prosper Ludwig Fürst von (1785-1861), Einkauf, und zuletzt noch, ein wahrer Treffer, das PalaisPalais des Prinzen von OranienBrüssel (Bruxelles)Belgien des Prinzen v. OranienNiederlande, Wilhelm Friedrich Georg Ludwig von Oranien-Nassau (1792-1849), mit den herrlichsten Bildern. Merk Dirs, es ist sehr der Mühe werth. Am Mittag auf der EisenbahnEisenbahnDeutschlandDeutschland nach AntwerpenAntwerpenBelgien,auf der Eisenbahn nach Antwerpen – Die Eisenbahnstrecke von Brüssel nach Mechelen bestand seit 1835. Am 3. Mai 1836 war die Fortführung zum Antwerpener Bahnhof Borgerhout eröffnet worden (dort befindet sich heute der Hauptbahnhof Antwerpen-Centraal). Insgesamt ist die Strecke rund 50 km lang. – in die schlanke ThurmspitzeOnze-Lieve-Vrouwekathedraal (Liebfrauenkathedrale)AntwerpenBelgienAntwerpen … die schlanke Thurmspitze – bezieht sich auf die dortige Onze-Lieve-Vrouwekathedraal (Liebfrauenkathedrale). habe ich mich rein verliebt, – jenseits der Scheldeder Schelde – im Norden Frankreichs entspringender, ca. km langer Fluss. An dessen Oberlauf befindet sich Antwerpen, er mündet bei Vlissingen (Niederlande) in die Nordsee. auf die alte Stadt mit dem hohen Wunderbau zu schauen. Oben gewesen, über alle dem Gothischen Wesen weg sah ich den Dampfwagen mit langem Zuge abfahren, dazwischen lärmte der Carillon,der Carillon – Im Nordturm Liebfrauenkathedrale ist ein 47-stimmiges Carillon eingebaut. und der Thürmer erzählte mir von der letzten Belagerung. Von da ging kein Dampfboot zeitig genug, – ich fuhr also Nachts nach GentGentBelgien, – da sah ich im Vormittage St BavonSint-Baafskathedraal (St.-Bavo-Kathedrale)GentBelgien mit dem berühmten <hi rend="latintype">Von Eyk</hi><name key="PSN0118830" style="hidden" type="author">Eyck, Jan van (?-1441)</name><name key="PSN0118923" style="hidden" type="author">Eyck, Hubert (Huybrecht) van (?-1426)</name><name key="CRT0113146" style="hidden" type="art">Genter Altar</name><name key="PSN0118923" style="hidden" type="author">Eyck, Hubert (Huybrecht) van (?-1426)</name><name key="PSN0118830" style="hidden" type="author">Eyck, Jan van (?-1441)</name><name key="CRT0113146" style="hidden" type="art">Genter Altar</name>St Bavon mit dem berühmten Von Eyk – der Genter Altar in der Sint-Baafskathedraal (St.-Bavo-Kathedrale), ein Flügelaltar, den Jan van Eyck und dessen Bruder Hubert van Eyck zwischen 1426 und 1432 schufen. und andern schönen Bildern, und eine reiche SammlungGemäldesammlung von Jean-Gilles-Marie-Joseph Schamp d’AveschootGentBelgien des Baron de SchampSchamp d’Aveschoot, Jean-Gilles-Marie-Joseph Baron (1765-1839). Merk Dirs. – Wie lernt man da die Niederländer erst verstehen! In AntwerpenAntwerpenBelgien RubensRubens, Peter Paul (1577-1640) KapelleSint-Jacobskerk (St. Jakobskirche)AntwerpenBelgien in St JacquesSint-Jacobskerk (St. Jakobskirche)AntwerpenBelgien, sein eigen Grab, alle sein eigen Bild, alle Verwandten ringsum da begraben, das ist wieder ein reich Stück Poesie. Im MuseumKoninklijk Museum voor Schone Kunsten (Königliches Museum der Schönen Künste)AntwerpenBelgien in Antwerpen Rubens’ Vorschule, – das war mir complett neu. HildebrandsHildebrandt, Ferdinand Theodor (1804-1874) Quintin MessisMassys (Messis, Mesys, Metsis), Quentin (Quintin) (gen. der Schmied von Antwerpen) (?-1530) ist, wie er sagt, eine Ueberraschung, – aber in BrüsselBrüssel (Bruxelles)Belgien in dem Palais von OranienPalais des Prinzen von OranienBrüssel (Bruxelles)Belgien ist auch ein großer, ich glaube mit noch schönern Frauenköpfen. –

Von GentGentBelgien ab zog ich mit lauter Engländern weiter, eine Strecke Wegs lang durch lauter Ehrenpforten und Triumpfbogen, – irgend ein Ortsheiliger hatte seinen GalletagGalletag – auch: Gallentag; der Tag des St. Gallus ist der 16. Oktober; hier ist allgemein »Festtag« gemeint. – eine lustige Blumenkrone blieb oben auf der Diligenceder Diligence – frz., Eilpostwagen. sitzen, wir saßen dahinter, hinter dem Cabrioletdem Cabriolet – frz. Cabriolet; die vordere Abteilung der Kutsche mit nur einer Sitzreihe. oben, und schwenkten unsere Mützen gegen die Menge. In BrüggenBrüggeBelgien konnte ich mir die Herrlichkeit nur auswärts ansehen, um 10. Uhr waren wir in OstendeOstendeBelgien, – tranken Thee, und um 12. Uhr, Mitternachts fuhr das Boot ab, – ich legt mich zu Bett, und schlief in Todtmüdigkeit bis 8. Uhr des Mittwoch Morgens – es war mir nie so frei und ganz bequem auf der See zu Muthe wie diesmal, – in 15 Stunden waren wir da, und nun weißt Du alles, nur nicht mit welcher vLerstärkten Liebe und Treue ich Deiner jetzt gedenke. Bis zum 15Bis zum 15 – Carl Klingemann und Felix Mendelssohn Bartholdy hatten miteinander vereinbart, monatlich zu festen Terminen zu korrespondieren. Klingemann sollte jeweils am 1., Mendelssohn am 15. eines jeden Monats einen Brief an den anderen schreiben. Mendelssohn schrieb dem Freund erst am 20. Juni 1836: Brief fmb-1836-06-20-01 (Brief Nr. 1367) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London, Frankfurt a. M., 20. Juni 1836. also! Bleibe mir gut!

Dein CKl.
            37. BuryStr. 3. Juny 1836. Liebster Felix,
Vorgestern um 5 Uhr nachmittags trat ich in meine alte Wohnung, und die hätte müssen um ein ganz Theil heller, lustiger und sonniger seyn, damit sie mir nach den verlebten Frühlingstagen hätte gefallen können. Doch soll sichs machen, – ich denke ich habe ein Stück Sonne und Wärme in mir mitgebracht, und das hoffentlich nicht wie die Abderiten im Sack, sondern würklich und dauernd. Das habe ich wieder Dir zu danken, und da ich an Dir und Deinem Beispiele allerlei Erkleckliches gelernt und nachgedacht habe, so mußt Du wieder mit mir zufrieden seyn, und so fort. Gott weiß woran es Alles gelegen hat, aber das Deutsche Wesen und der deutsche Frühling haben mir diesmal so absonderlich gefallen, und klingen so eigen in mir nach, daß ich hier noch immer umhergehe wie ein Fremder und mich manch liebes Mal in Gedanken eben da draußen ertappe. Wie lieb ists mir, daß ich Dein Werk eben da, und eben so gehört habe! Du leidest am Ende dabei, oder das Werk an sich, daß mir nun dabei der Ort und die Bäume und Nachtigallen, und die Morgenfrische, und das Wiedersehen und die lieben Leute dort und alles treu-Ungeschickte der Heimath, und der Himmel weiß was, bis an mein Lebensende einfallen werden, – aber mir werden dabei auch immer die ersten Eindrücke, und die starken und wohlthuenden Rührungen einfallen, die mich am Sonnabend Nachmittag, wo sichs mir zuerst aufthat, bewegten, – und kurz, ich werde es nie in der Folge hören, ohne Zweimal und doppelt gerührt davon zu werden. Was mir also als Kenner an Einsicht abgehen mag, das kommt mir an gläubigem und liebendem Genießen zu Gute.
Von hier weiß ich noch nichts zu schreiben – wie gesagt, ich bin noch fremd hier und abwesend. Rosen habe ich gestern Morgen beim Frühstück mit Erzählen und Berichten beglückt und tractirt, – er flocht seine Episoden ein und wußte es und ließ es doch nicht, – dann wurde der historische Faden wieder aufgenommen und wir sind kaum fertig geworden. Auf alle Fälle fährst du gut bei uns. – Dann habe ich Horsleys begrüßt und ihnen erzählt und Dich entschuldigt – Moscheles sah ich erst heute und liefere bei ihnen über einem Roastbeef nach, – meine Chefs und Collegen sahen mäßig scheel über mein längeres Ausbleiben aus, und haben mir glücklicherweise so viel Arbeit aufheben können, daß ich einen guten Theil der Schuld abverdiene, und zwischen dem Umherlaufen und Wiederfinden für die ersten Tage alle Hände voll zu thun habe.
Ist das über, – etwa am Montag, so singe ich den täglichen Tenor, Dir zu Ehren und mir zum Wohle. Dem Himmel sey Dank, daß wir zu unserm Gespräch am Freitag Abend gekommen sind. Ich kann Dir jetzt wohl sagen, daß mir die Art von Entfernung, in die man dort durch die Umgebungen und die Menge der herandrängenden Dinge und Personen gesetzt wurde, ganz unheimlich vorkam. Jetzt und hinterdrein verstehe ichs schon. –
Meine Rückreise war gut, – auch ein Glückswurf, wäre ich den tristbekannten Weg über Rotterdam zurückgegangen, ich wäre verkommen vor Nachwehen. So zog sichs über den neuen Boden mit neuen Dingen, nach denen ich mich so lange gesehnt hatte, muthig weiter. Ich habe mich tüchtig gerührt, und eine Maße gesehen und gepackt. In Aachen Abends in der Dämmerung den alten Dom, Karls des Gr Stuhl, – eine einsame Kerze in der Ferne, – ein Gedicht. Lüttich früh Morgens, im dampfenden Nebel, tiefes Läuten, Frühmeße, betendes Volk, Alles vor 6 Uhr. Löwen Mittags, mit dem unvergleichlichen Stadthaus und einer schönen Kirche, – St Tron, Tirlemont, überall war Gothisches, Stattliches, alles just bequem zu beschauen. Sonntag Nachmittag in Brüssel, – ein curios melankolisch Plaisir, sich allein unter den vielen geputzten Leuten umherzutreiben. Am andern Morgen Stadthaus, Dom, Gallerie des Fürsten v. Aremberg, Einkauf, und zuletzt noch, ein wahrer Treffer, das Palais des Prinzen v. Oranien, mit den herrlichsten Bildern. Merk Dirs, es ist sehr der Mühe werth. Am Mittag auf der Eisenbahn nach Antwerpen, – in die schlanke Thurmspitze habe ich mich rein verliebt, – jenseits der Schelde auf die alte Stadt mit dem hohen Wunderbau zu schauen. Oben gewesen, über alle dem Gothischen Wesen weg sah ich den Dampfwagen mit langem Zuge abfahren, dazwischen lärmte der Carillon, und der Thürmer erzählte mir von der letzten Belagerung. Von da ging kein Dampfboot zeitig genug, – ich fuhr also Nachts nach Gent, – da sah ich im Vormittage St Bavon mit dem berühmten Von Eyk und andern schönen Bildern, und eine reiche Sammlung des Baron de Schamp. Merk Dirs. – Wie lernt man da die Niederländer erst verstehen! In Antwerpen Rubens Kapelle in St Jacques, sein eigen Grab, alle sein eigen Bild, alle Verwandten ringsum da begraben, das ist wieder ein reich Stück Poesie. Im Museum in Antwerpen Rubens’ Vorschule, – das war mir complett neu. Hildebrands Quintin Messis ist, wie er sagt, eine Ueberraschung, – aber in Brüssel in dem Palais von Oranien ist auch ein großer, ich glaube mit noch schönern Frauenköpfen. –
Von Gent ab zog ich mit lauter Engländern weiter, eine Strecke Wegs lang durch lauter Ehrenpforten und Triumpfbogen, – irgend ein Ortsheiliger hatte seinen Galletag – eine lustige Blumenkrone blieb oben auf der Diligence sitzen, wir saßen dahinter, hinter dem Cabriolet oben, und schwenkten unsere Mützen gegen die Menge. In Brüggen konnte ich mir die Herrlichkeit nur auswärts ansehen, um 10. Uhr waren wir in Ostende, – tranken Thee, und um 12. Uhr, Mitternachts fuhr das Boot ab, – ich legt mich zu Bett, und schlief in Todtmüdigkeit bis 8. Uhr des Mittwoch Morgens – es war mir nie so frei und ganz bequem auf der See zu Muthe wie diesmal, – in 15 Stunden waren wir da, und nun weißt Du alles, nur nicht mit welcher Lerstärkten Liebe und Treue ich Deiner jetzt gedenke. Bis zum 15 also! Bleibe mir gut!
Dein CKl.          
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(Teildruck).</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1836-06-03" xml:id="date_7580236b-0eac-4642-81a7-f6e0a5567d42">3. Juni 1836</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0112434" resp="author" xml:id="persName_8a0c3d0c-4d1c-49cc-b35c-df1337248946">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0112434" resp="writer">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_b6fde5bc-f89a-4dc7-b2e0-97a1d3c7bafc"> <settlement key="STM0100126">London</settlement><country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_5330e3f0-bb43-4745-a1c0-38ccbbe58c4f">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_8e9c2c58-67c6-4df6-a8bf-18d6318d9c0b"> <settlement key="STM0100204">Frankfurt a. M.</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"></revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_015087f2-1487-4b55-bfb8-250a78c2f5cf"> <head> <address> <addrLine>Herrn Musikdirector,</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">D<hi rend="superscript">r</hi> F. Mendelssohn-</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Bartholdy</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">in</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Frankfurt <formula rend="fraction_slash"><hi rend="supslash">a</hi><hi rend="barslash">/</hi><hi rend="subslash">M</hi></formula></hi>.</addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">per adr. des</hi></hi></addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">Herrn M. I. Hertz</hi></hi>.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_e3744088-2fc8-4c10-9926-574e18ebf479"> <docAuthor key="PSN0112434" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_adbf5cd2-7a21-4c60-a9da-e4ff278a7fa1">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112434" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_06d0eda2-ba97-4c5c-90fa-c1348983d264">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <dateline rend="right">37. <hi rend="latintype">BuryStr</hi>. <date cert="high" when="1836-06-03" xml:id="date_bf00a377-d1e6-40ef-81f9-7bf81f50ac1f">3. <hi rend="latintype">Juny</hi> 1836</date>.</dateline> <salute rend="left">Liebster <hi rend="latintype">Felix</hi>,</salute> <p style="paragraph_without_indent"><date cert="high" when="1836-06-01" xml:id="date_d0e5c754-b74c-48c9-b940-1339fd577c89">Vorgestern</date> um 5 Uhr nachmittags trat ich in meine alte Wohnung,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_97a8e73a-47af-47c6-93a6-1755d8a9f133" xml:lang="de ">meine alte Wohnung – Carl Klingemanns Adresse in London war 37 Bury Street, St. James.</note> und die hätte müssen um ein ganz Theil heller, lustiger und sonniger seyn, damit sie mir nach den verlebten Frühlingstagen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_20ddfac7-fdae-459a-85e8-c90f3f4ee743" xml:lang="de ">den verlebten Frühlingstagen – Klingemann war zum 18. Niederrheinischen Musikfest zu Pfingsten (22. und 23. Mai) 1836 gereist, das Felix Mendelssohn Bartholdy geleitet hatte. Er hatte sich vom 21. bis zum 28. Mai 1836 in Düsseldorf aufgehalten (vgl. Mendelssohns Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 43-45. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 34).</note> hätte gefallen können. Doch soll sichs machen, – ich denke ich habe ein Stück Sonne und Wärme in mir mitgebracht, und das hoffentlich nicht wie die Abderiten<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_fe03cc22-dd4d-4214-bb05-2446ae03f6d3" xml:lang="de ">Abderiten – Abderit: Bezeichnung für einen Schildbürger. Der Begriff wird von der antiken Stadt Abdera hergeleitet. Abdera ist zugleich ist eine Stadt in Christoph Martin Wielands satirischem Roman Die Abderiten, Erstdruck in Fortsetzungen als Die Abderiten. Eine sehr wahrscheinliche Geschichte, in: Teutscher Merkur 1774, 1778, 1779 und 1780; Separatdruck (Tl. 1): Weimar 1774; vollständiger Druck als »Geschichte der Abderiten«: 2 Bde, Weimar 1781.</note> im Sack, sondern würklich und dauernd. Das habe ich wieder Dir zu danken, und da ich an Dir und Deinem Beispiele allerlei Erkleckliches gelernt und nachgedacht habe, so mußt Du wieder mit mir zufrieden seyn, und so fort. Gott weiß woran es Alles gelegen hat, aber das Deutsche Wesen und der deutsche Frühling haben mir diesmal so absonderlich gefallen, und klingen so eigen in mir nach, daß ich hier noch immer umhergehe wie ein Fremder und mich manch liebes Mal in Gedanken eben da draußen ertappe. Wie lieb ists mir, daß ich Dein <title xml:id="title_48e2d7a7-ae32-4dc2-9cdd-5f87012d0305">Werk<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_febd1e92-3f8c-45ee-9607-28404662ec58"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> eben da, und eben so gehört habe!<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_19d2d7bd-e67f-43e0-b868-355e654526bd" xml:lang="de ">daß ich Dein Werk … gehört habe! – Die Uraufführung des Oratoriums Paulus op. 36 (MWV A 14) hatte am ersten Musikfesttag, dem 22. Mai 1836, unter der Leitung des Komponisten stattgefunden (Hauchecorne, Musikfeste, Anhang, S. 19).</note> Du leidest am Ende dabei, oder das Werk an sich, daß mir nun dabei der Ort und die Bäume und Nachtigallen, und die Morgenfrische, und das Wiedersehen und die lieben Leute dort und alles treu-Ungeschickte der Heimath, und der Himmel weiß was, bis an mein Lebensende einfallen werden, – aber mir werden dabei auch immer die ersten Eindrücke, und die starken und wohlthuenden Rührungen einfallen, die mich am <date cert="high" when="1836-05-21" xml:id="date_57d82ac5-ee99-410c-a5b7-3846480a1a44">Sonnabend Nachmittag</date>, wo sichs mir zuerst aufthat,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8ed0d330-1186-474d-88bf-5c556d2fb020" xml:lang="de ">am Sonnabend Nachmittag, wo sichs mir zuerst aufthat – Klingemann war am Sonnabend, dem 21. Mai 1836, in Düsseldorf angekommen und hatte die Generalprobe des Paulus gehört (vgl. Mendelssohns Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 43: »Klingemanns Ankunft. / 4 GeneralProbe Paulus gut«. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 34).</note> bewegten, – und kurz, ich werde es nie in der Folge hören, ohne Zweimal und doppelt gerührt davon zu werden. Was mir also als Kenner an Einsicht abgehen mag, das kommt mir an gläubigem und liebendem Genießen zu Gute.</p> <p>Von hier weiß ich noch nichts zu schreiben – wie gesagt, ich bin noch fremd hier und abwesend. <persName xml:id="persName_f9047883-0419-40fe-a3cc-8a4b77e62dbd"><hi rend="latintype">Rosen</hi><name key="PSN0114283" style="hidden" type="person">Rosen (bis 1817: Ballhorn), Friedrich August (1805-1837)</name></persName> habe ich <date cert="high" when="1836-06-02" xml:id="date_77b5b3e6-f82c-4d4f-b50b-fa2139f69d4d">gestern Morgen</date><seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> beim Frühstück mit Erzählen und Berichten beglückt und tractirt, – er flocht seine Episoden ein und wußte es und ließ es doch nicht, – dann wurde der historische Faden wieder aufgenommen und wir sind kaum fertig geworden. Auf alle Fälle fährst du gut bei uns. – Dann habe ich <persName xml:id="persName_3f65d5d9-9b8d-4996-a42c-5ced101c8b5e"><hi rend="latintype">Horsleys</hi><name key="PSN0112100" style="hidden" type="person">Horsley, Familie von → William H.</name></persName> begrüßt und ihnen erzählt und Dich entschuldigt – <persName xml:id="persName_4ac98129-d841-4b62-9017-90130a64e2e1"><hi rend="latintype">Moscheles</hi><name key="PSN0113434" style="hidden" type="person">Moscheles, Familie von → Ignaz M.</name></persName> sah ich erst heute und liefere bei ihnen über einem <hi rend="latintype">Roastbeef</hi> nach, – meine <persName xml:id="persName_01b540a7-5d2a-4d15-81b3-bfea47b7a2dc"><hi rend="latintype">Chefs</hi><name key="PSN0111463" style="hidden" type="person">Goltermann, Johann Heinrich Gerhard (1759-1836)</name><name key="PSN0113670" style="hidden" type="person">Ompteda, Ludwig Carl Georg Freiherr von (1767-1854)</name></persName> und Collegen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_efd2a351-f3dc-417d-846f-b20a871c371c" xml:lang="de ">meine Chefs und Collegen – Klingemanns unmittelbarer Vorgesetzter Johann Heinrich Gerhard Goltermann, wohl der Minister in der Königlich Deutschen Kanzlei in London Ludwig Carl Georg Freiherr von Ompteda sowie die dortigen Mitarbeiter.</note> sahen mäßig scheel über mein längeres Ausbleiben aus, und haben mir glücklicherweise so viel Arbeit aufheben können, daß ich einen guten Theil der Schuld abverdiene, und zwischen dem Umherlaufen und Wiederfinden für die ersten Tage alle Hände voll zu thun habe.</p> <p>Ist das über, – etwa am <date cert="high" when="1836-06-06" xml:id="date_c5b858c7-38bd-4e19-aa4d-01fca3155a58">Montag</date>, so singe ich den täglichen Tenor, Dir zu Ehren und mir zum Wohle. Dem Himmel sey Dank, daß wir zu unserm Gespräch am <date cert="high" when="1836-05-27" xml:id="date_cf439e6c-57c0-4310-9992-7cfd0d18b5fd">Freitag Abend</date><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8b6cfcf7-de79-473c-b096-3dc0d080f02d" xml:lang="de ">unserm Gespräch am Freitag Abend – Für den 27. Mai 1836 hielt Mendelssohn in seinem Schreibkalender fest: »Ab. mit Klingemann allein« (GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 45. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 34).</note> gekommen sind. Ich kann Dir jetzt wohl sagen, daß mir die Art von Entfernung, in die man dort durch die Umgebungen und die Menge der herandrängenden Dinge und Personen gesetzt wurde, ganz unheimlich vorkam. Jetzt und hinterdrein verstehe ichs schon. –</p> <p>Meine Rückreise<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d2ea3669-958f-4bf4-818d-23b26153d70c" xml:lang="de ">Meine Rückreise – ab dem 28. Mai 1836; siehe Kommentar zu Z.: den verlebten Frühlingstagen.</note> war gut, – auch ein Glückswurf, wäre ich den tristbekannten Weg über <placeName xml:id="placeName_d4b28d13-5b3f-4d51-8f22-ca12c7145772"><hi rend="latintype">Rotterdam</hi><settlement key="STM0100166" style="hidden" type="locality">Rotterdam</settlement><country style="hidden">Niederlande</country></placeName> zurückgegangen, ich wäre verkommen vor Nachwehen. So zog sichs über den neuen Boden mit neuen Dingen, nach denen ich mich so lange gesehnt hatte, muthig weiter. Ich habe mich tüchtig gerührt, und eine Maße gesehen und gepackt. In <placeName xml:id="placeName_5037319e-04ca-42e4-992d-08655d73814c"><hi rend="latintype">Aachen</hi><settlement key="STM0100106" style="hidden" type="locality">Aachen</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Abends in der Dämmerung den alten <placeName xml:id="placeName_5b531dac-9f09-49d1-9f32-d13abbfbf9b4">Dom<name key="SGH0105371" style="hidden" subtype="Thron Karls des Großen" type="sight">Hoher Dom zu Aachen</name><settlement key="STM0100106" style="hidden" type="locality">Aachen</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, <persName xml:id="persName_e4b1fccb-114e-45f5-b8af-766bdf05c765">Karls des Gr<name key="PSN0118922" style="hidden" type="person">Karl der Große (Carolus Magnus) (?-814)</name></persName> <placeName xml:id="placeName_15116d1a-a04a-4911-a231-ae8a67674ad4">Stuhl<name key="SGH0105371" style="hidden" subtype="Thron Karls des Großen" type="sight">Hoher Dom zu Aachen</name><settlement key="STM0100106" style="hidden" type="locality">Aachen</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_19341d68-168a-4c4d-846c-774928cd9be8" xml:lang="de ">den alten Dom, Karls des Gr Stuhl – Der Thron Karls des Großen befindet sich in der Pfalzkapelle, dem Zentrum des Aachener Doms. Von 813 bis 1531 war er der Krönungssitz von mehr als 30 römisch-deutschen Königen.</note> – eine einsame Kerze in der Ferne, – ein Gedicht. <placeName xml:id="placeName_53c60094-fbc7-4f45-8cfb-7a6ffba532af"><hi rend="latintype">Lüttich</hi><settlement key="STM0100642" style="hidden" type="locality">Lüttich</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> früh Morgens, im dampfenden Nebel, tiefes Läuten, Frühmeße, betendes Volk, Alles vor 6 Uhr. <placeName xml:id="placeName_7826d813-e8bb-4e48-8fcd-9b4168232d1d"><hi rend="latintype">Löwen</hi><settlement key="STM0104938" style="hidden" type="locality">Löwen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName><seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> Mittags, mit dem unvergleichlichen <placeName xml:id="placeName_b2de9d93-ab2d-4acf-8546-65b3c17ea730">Stadthaus<name key="SGH0105373" style="hidden" subtype="" type="sight">Rathaus</name><settlement key="STM0104938" style="hidden" type="locality">Löwen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> und einer schönen <placeName xml:id="placeName_f9d848b5-7622-4ef6-b669-e4a28a6d039d">Kirche<name key="SGH0105374" style="hidden" subtype="" type="sight">Sint-Pieterskerk (Sankt-Peters-Stiftskirche)</name><settlement key="STM0104938" style="hidden" type="locality">Löwen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>, – <placeName xml:id="placeName_59415872-461d-43a3-a594-c9272cb43d0d"><hi rend="latintype">St Tron</hi><settlement key="STM0105375" style="hidden" type="locality">Sint-Truiden</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_88f81425-5fc6-4cb0-bfef-a403e2298f0a" xml:lang="de ">St Tron – Gemeint ist die belgische Stadt Sint-Truiden (frz. Saint-Trond) rund 40 km nordwestlich von Lüttich.</note> <placeName xml:id="placeName_0ecb1ad9-f223-4fc1-86d4-01a8680101a9"><hi rend="latintype">Tirlemont</hi><settlement key="STM0105372" style="hidden" type="locality">Tienen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>, überall war Gothisches, Stattliches, alles just bequem zu beschauen. <date cert="high" when="1836-05-29" xml:id="date_43c8ad9f-818c-43a1-bfac-e70757ec3ea0">Sonntag Nachmittag</date> in <placeName xml:id="placeName_36aec683-f05c-4905-82aa-398c137e0b2e"><hi rend="latintype">Brüssel</hi><settlement key="STM0100602" style="hidden" type="locality">Brüssel (Bruxelles)</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>, – ein curios melankolisch Plaisir, sich allein unter den vielen geputzten Leuten umherzutreiben. <date cert="high" when="1836-05-30" xml:id="date_7bd16419-42fc-497b-b368-b5f4dfd23b61">Am andern Morgen</date> <placeName xml:id="placeName_fa723fc0-2866-4ef3-9d2e-a847dff0f397">Stadthaus<name key="SGH0105376" style="hidden" subtype="" type="sight">Stadhuis (Hôtel de Ville, Rathaus)</name><settlement key="STM0100602" style="hidden" type="locality">Brüssel (Bruxelles)</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>, <placeName xml:id="placeName_1265fa9e-4088-4df4-926a-6363b4278d29">Dom<name key="SGH0105379" style="hidden" subtype="" type="sight">Kathedrale St. Michael und St. Gudula</name><settlement key="STM0100602" style="hidden" type="locality">Brüssel (Bruxelles)</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>, <placeName xml:id="placeName_8ccb1a0d-0e68-4719-8c9e-55ecdac810eb">Gallerie<name key="NST0105377" style="hidden" subtype="" type="institution">Galerie d’Arenberg</name><settlement key="STM0100602" style="hidden" type="locality">Brüssel (Bruxelles)</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> des <persName xml:id="persName_9e099321-b7b0-47a4-a8c5-8f3a1846032f">Fürsten <hi rend="latintype">v. Aremberg</hi><name key="PSN0120482" style="hidden" type="person">Arenberg, Prosper Ludwig Fürst von (1785-1861)</name></persName>, Einkauf, und zuletzt noch, ein wahrer Treffer, das <placeName xml:id="placeName_52db375d-ee20-4100-af14-6657265ff5e3"><hi rend="latintype">Palais</hi><name key="NST0105378" style="hidden" subtype="" type="institution">Palais des Prinzen von Oranien</name><settlement key="STM0100602" style="hidden" type="locality">Brüssel (Bruxelles)</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> des <persName xml:id="persName_98f55031-b75f-47ac-b7c8-0bb1b985cc6b">Prinzen <hi rend="latintype">v. Oranien</hi><name key="PSN0113597" style="hidden" type="person">Niederlande, Wilhelm Friedrich Georg Ludwig von Oranien-Nassau (1792-1849)</name></persName>, mit den herrlichsten Bildern. <hi n="1" rend="underline">Merk Dirs</hi>, es ist sehr der Mühe werth. Am Mittag auf der <placeName xml:id="placeName_50f48a61-5729-4ae5-9dd1-197ccfdf6062">Eisenbahn<name key="NST0105353" style="hidden" subtype="" type="institution">Eisenbahn</name><settlement key="STM0104839" style="hidden" type="locality">Deutschland</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> nach <placeName xml:id="placeName_643f6356-0cdf-4462-8a62-bd20d6a055a8"><hi rend="latintype">Antwerpen</hi><settlement key="STM0103504" style="hidden" type="locality">Antwerpen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9c9ea19b-8742-452c-9adb-24ce4f4390ea" xml:lang="de ">auf der Eisenbahn nach Antwerpen – Die Eisenbahnstrecke von Brüssel nach Mechelen bestand seit 1835. Am 3. Mai 1836 war die Fortführung zum Antwerpener Bahnhof Borgerhout eröffnet worden (dort befindet sich heute der Hauptbahnhof Antwerpen-Centraal). Insgesamt ist die Strecke rund 50 km lang.</note> – in die schlanke <placeName xml:id="placeName_07a667c4-d62b-458e-994b-62d0e3e4e840">Thurmspitze<name key="SGH0103507" style="hidden" subtype="" type="sight">Onze-Lieve-Vrouwekathedraal (Liebfrauenkathedrale)</name><settlement key="STM0103504" style="hidden" type="locality">Antwerpen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9660fb68-a1bb-4b5e-9fb1-f023a9ef226f" xml:lang="de ">Antwerpen … die schlanke Thurmspitze – bezieht sich auf die dortige Onze-Lieve-Vrouwekathedraal (Liebfrauenkathedrale).</note> habe ich mich rein verliebt, – jenseits der Schelde<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_faad8dce-c86c-4c66-bfe3-5d8c61a79e7a" xml:lang="de ">der Schelde – im Norden Frankreichs entspringender, ca. km langer Fluss. An dessen Oberlauf befindet sich Antwerpen, er mündet bei Vlissingen (Niederlande) in die Nordsee.</note> auf die alte Stadt mit dem hohen Wunderbau zu schauen. Oben gewesen, über alle dem Gothischen Wesen weg sah ich den Dampfwagen mit langem Zuge abfahren, dazwischen lärmte der <hi rend="latintype">Carillon</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_59dbe44e-7e79-40f3-96cc-51d42130c2a8" xml:lang="de ">der Carillon – Im Nordturm Liebfrauenkathedrale ist ein 47-stimmiges Carillon eingebaut.</note> und der Thürmer erzählte mir von der letzten Belagerung. Von da ging kein Dampfboot zeitig genug, – ich fuhr also Nachts nach <placeName xml:id="placeName_88274694-b609-44af-afae-f6cb515f3e9e"><hi rend="latintype">Gent</hi><settlement key="STM0103381" style="hidden" type="locality">Gent</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>, – da sah ich im Vormittage <placeName xml:id="placeName_18acd39d-a7d4-4a66-9706-0eb23f02156e"><hi rend="latintype">St Bavon</hi><name key="SGH0105380" style="hidden" subtype="" type="sight">Sint-Baafskathedraal (St.-Bavo-Kathedrale)</name><settlement key="STM0103381" style="hidden" type="locality">Gent</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> mit dem berühmten <title xml:id="title_9458b13b-4512-4790-9a21-ac82f3d4eb6d"><hi rend="latintype">Von Eyk</hi><name key="PSN0118830" style="hidden" type="author">Eyck, Jan van (?-1441)</name><name key="PSN0118923" style="hidden" type="author">Eyck, Hubert (Huybrecht) van (?-1426)</name><name key="CRT0113146" style="hidden" type="art">Genter Altar</name><name key="PSN0118923" style="hidden" type="author">Eyck, Hubert (Huybrecht) van (?-1426)</name><name key="PSN0118830" style="hidden" type="author">Eyck, Jan van (?-1441)</name><name key="CRT0113146" style="hidden" type="art">Genter Altar</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_34562ef7-b705-4a57-9a54-031f5918b88e" xml:lang="de ">St Bavon mit dem berühmten Von Eyk – der Genter Altar in der Sint-Baafskathedraal (St.-Bavo-Kathedrale), ein Flügelaltar, den Jan van Eyck und dessen Bruder Hubert van Eyck zwischen 1426 und 1432 schufen.</note> und andern schönen Bildern, und eine reiche <placeName xml:id="placeName_d36d7bac-b0a6-4664-85a9-3087790698e6">Sammlung<name key="NST0105381" style="hidden" subtype="" type="institution">Gemäldesammlung von Jean-Gilles-Marie-Joseph Schamp d’Aveschoot</name><settlement key="STM0103381" style="hidden" type="locality">Gent</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> des <persName xml:id="persName_e5a7b5eb-5ca6-4f18-a1d5-f4644aee9dca"><hi rend="latintype">Baron de Schamp</hi><name key="PSN0118924" style="hidden" type="person">Schamp d’Aveschoot, Jean-Gilles-Marie-Joseph Baron (1765-1839)</name></persName>. <hi n="1" rend="underline">Merk Dirs</hi>. – Wie lernt man da die Niederländer erst verstehen! In <placeName xml:id="placeName_d0995a1d-2396-430b-93aa-19b7f20ea92d"><hi rend="latintype">Antwerpen</hi><settlement key="STM0103504" style="hidden" type="locality">Antwerpen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_c4f56ab3-54cb-4b5f-883b-3b1436bb9e9a">Rubens<name key="PSN0114342" style="hidden" type="person">Rubens, Peter Paul (1577-1640)</name></persName> <placeName xml:id="placeName_3227c697-d84b-400d-b029-a23bc2f970ce">Kapelle<name key="SGH0105382" style="hidden" subtype="Grabkapelle für Peter Paul Rubens" type="sight">Sint-Jacobskerk (St. Jakobskirche)</name><settlement key="STM0103504" style="hidden" type="locality">Antwerpen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName></hi> in <placeName xml:id="placeName_74902ec4-17aa-48ac-90b6-9a0086f5021e"><hi rend="latintype">St Jacques</hi><name key="SGH0103509" style="hidden" subtype="" type="sight">Sint-Jacobskerk (St. Jakobskirche)</name><settlement key="STM0103504" style="hidden" type="locality">Antwerpen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>, sein eigen Grab, <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_43b65943-d8ea-4087-b928-9bdee5390c5a">alle</del> sein eigen Bild, alle Verwandten ringsum da begraben, <unclear reason="seal_tear-off" resp="FMBC">das</unclear> ist wieder ein reich Stück Poesie. Im <placeName xml:id="placeName_3409a3f3-1101-4b07-b37c-f68a1af43735">Museum<name key="NST0103505" style="hidden" subtype="" type="institution">Koninklijk Museum voor Schone Kunsten (Königliches Museum der Schönen Künste)</name><settlement key="STM0103504" style="hidden" type="locality">Antwerpen</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> in <hi rend="latintype">Antwerpen</hi> Ru<unclear reason="seal_tear-off" resp="FMBC">bens’</unclear> Vorschule, – das war mir complett neu. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_bff7d5cf-a93e-46da-9d27-6621d92d882c">Hildebrands<name key="PSN0111982" style="hidden" type="person">Hildebrandt, Ferdinand Theodor (1804-1874)</name></persName> <persName xml:id="persName_e1ee1f81-b2ee-4b72-9184-82934c61f1a3">Quintin Messis<name key="PSN0118925" style="hidden" type="person">Massys (Messis, Mesys, Metsis), Quentin (Quintin) (gen. der Schmied von Antwerpen) (?-1530)</name></persName></hi> ist, wie er sagt, eine Ueberraschung, – aber in <placeName xml:id="placeName_776c6339-8e45-4597-afd6-fda659c87017"><hi rend="latintype">Brüssel</hi><settlement key="STM0100602" style="hidden" type="locality">Brüssel (Bruxelles)</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> in dem <placeName xml:id="placeName_ceeed42d-d793-47a7-8fc1-4756bb1b85cf"><hi rend="latintype">Palais von Oranien</hi><name key="NST0105378" style="hidden" subtype="" type="institution">Palais des Prinzen von Oranien</name><settlement key="STM0100602" style="hidden" type="locality">Brüssel (Bruxelles)</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> ist auch ein großer, ich glaube mit noch schönern Frauenköpfen. –</p> <p>Von <placeName xml:id="placeName_46ab3ad7-1896-41b3-ab2f-20a41330be59"><hi rend="latintype">Gent</hi><settlement key="STM0103381" style="hidden" type="locality">Gent</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> ab zog ich mit lauter Engländern weiter, eine Strecke Wegs lang durch lauter Ehrenpforten und Triumpfbogen, – irgend ein Ortsheiliger hatte seinen Galletag<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_f3967bfa-77a8-4a35-9ae6-3074ec3581ca" xml:lang="de ">Galletag – auch: Gallentag; der Tag des St. Gallus ist der 16. Oktober; hier ist allgemein »Festtag« gemeint.</note> – eine lustige Blumenkrone blieb oben auf der <hi rend="latintype">Diligence</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_a65052b7-7799-4c01-9a70-f3e022e20cc9" xml:lang="fr ">der Diligence – frz., Eilpostwagen.</note> sitzen, wir saßen dahinter, hinter dem <hi rend="latintype">Cabriolet</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_43a09419-8a31-479d-b6e6-65b30e2bf0a7" xml:lang="fr ">dem Cabriolet – frz. Cabriolet; die vordere Abteilung der Kutsche mit nur einer Sitzreihe.</note> oben, und schwenkten unsere Mützen gegen die Menge. In <placeName xml:id="placeName_f5ce399e-ad0f-421b-a620-f1012b488bd3"><hi rend="latintype">Brüggen</hi><settlement key="STM0104311" style="hidden" type="locality">Brügge</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName> konnte ich mir die Herrlichkeit nur auswärts ansehen, um 10. Uhr waren wir in <placeName xml:id="placeName_63c616b8-5572-4679-8698-20cd18f049dc"><hi rend="latintype">Ostende</hi><settlement key="STM0103247" style="hidden" type="area">Ostende</settlement><country style="hidden">Belgien</country></placeName>, – tranken Thee, und um 12. Uhr, Mitternachts fuhr das Boot ab, – ich legt mich zu Bett, und schlief in Todtmüdigkeit bis 8. Uhr des <date cert="high" when="1836-06-01" xml:id="date_e4c02ec8-b75e-4eb2-a667-eb1ccf7c6e8d">Mittwoch Morgens</date> – es war mir nie so frei und ganz bequem auf der See zu Muthe wie diesmal, – in 15 Stunden waren wir da, und nun weißt Du alles, nur nicht mit welcher <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_40fd5c6d-292f-4bc9-84fb-3e7182fa7963"><corr resp="writer">v</corr><sic resp="writer">L</sic></choice>erstärkten Liebe und Treue ich Deiner jetzt gedenke. <seg type="closer">Bis zum <date cert="high" when="1836-06-15" xml:id="date_aa1cb402-75b5-4315-be91-f8061ae8ad2c">15</date><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7be29654-064c-42ec-acbb-e49dab37e47d" xml:lang="de ">Bis zum 15 – Carl Klingemann und Felix Mendelssohn Bartholdy hatten miteinander vereinbart, monatlich zu festen Terminen zu korrespondieren. Klingemann sollte jeweils am 1., Mendelssohn am 15. eines jeden Monats einen Brief an den anderen schreiben. Mendelssohn schrieb dem Freund erst am 20. Juni 1836: Brief fmb-1836-06-20-01 (Brief Nr. 1367) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London, Frankfurt a. M., 20. Juni 1836.</note> also! Bleibe mir gut!</seg></p> <signed rend="center">Dein <hi rend="latintype">CKl</hi>.</signed> </div> </body> </text></TEI>