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gb-1836-04-10-01

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Rebecka Lejeune Dirichlet an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Berlin, 9. und 10. April 1836 Dein Brief hat mich schamroth gemacht, solche Complimente bekomme ich darin, und wie unverdient, geliebter Magister. Ich bin jetzt in der größten Unruhe, in allen Zweifeln der Welt versunken, kein Mensch will mir rathen, mich Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Lejeune Dirichlet, Fanny Hensel, Lea Mendelssohn Bartholdy und Sebastian Hensel in Berlin, adressiert an Lea Mendelssohn Bartholdy; Leipzig, 3. April 1836Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy, Rebecka Lejeune Dirichlet und Fanny Hensel in Berlin; Leipzig, 14. April 1836 Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) Transkription: FMB-C Edition: FMB- Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 31/66. Autograph Rebecka Lejeune Dirichlet an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 9. und 10. April 1836 Dein Brief hat mich schamroth gemacht, solche Complimente bekomme ich darin, und wie unverdient, geliebter Magister. Ich bin jetzt in der größten Unruhe, in allen Zweifeln der Welt versunken, kein Mensch will mir rathen, mich

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN 2-3 / 10/4], Siegelmarke »R«.

Rebecka Lejeune Dirichlet

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

9. und 10. April 1836 Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)counter-resetDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LeipzigDeutschland deutsch
An Herrn Musikdirektor F. Mendelssohn Bartholdy in Leipzig frei
Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Berlin d. 9ten April Abends Lieber MagisterMagister – Die philosophische Fakultät der Universität Leipzig hatte Mendelssohn zum Doctor der Philosophie und Magister der freien Künste ernannt und ihm am Morgen des 20. März 1836 das Doktordiplom überreicht (siehe Brief gb-1836-03-19-01 Carl Friedrich Günther an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Leipzig, 19. März 1836, sowie Mendelssohns Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 26. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 24). und Bruder!

Dein Brief<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="fmb-1836-04-03-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Lejeune Dirichlet, Fanny Hensel, Lea Mendelssohn Bartholdy und Sebastian Hensel in Berlin, adressiert an Lea Mendelssohn Bartholdy; Leipzig, 3. April 1836</name> hat mich schamroth gemacht, solche Complimente bekomme ich darin, und wie unverdient, geliebter Magister. Ich bin jetzt in der größten Unruhe, in allen Zweifeln der Welt versunken, kein Mensch will mir rathen, mich entscheiden. DirichletDirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859) hatte während seiner Ferien so sehr viel zu thun, daß er nicht an eine Reise zu Dir denken konnte, er ist diesen ganzen Winter ein Bücher und Studirstubenwurm gewesen, was mir auch, die letzten Tage ausgenommen, die ich gar zu gern anders angewandt hätte, gewiß lieb war, und worin ich ihn kräftig mit Zuhausebleiben unterstützt habe. Nun hatte Onkel JosephMendelssohn, Joseph (1770-1848) und GansGans, Eduard (bis 1825: Elias) (1797-1839) das Project, in dieser Zeit nach LeipzigLeipzigDeutschland zu gehen, und an einen dieser Ehrenmänner wollte ich mir anschließen,mir anschließen – eine damals noch gebräuchliche Sprachform oder Anspielung auf die berlinerische Verwechslung von »mich« und »mir«. sie gehen aber beide nicht, und mit Windbeuteln wie Hr. v. HaberHaber, Emil von (vorh. Eli) (1807-1881) od. Albert FrankFranck, Friedrich Albert (1809-1896), der gestern Abend hier ankam, und in der nächsten Woche abgeht, zu Dir,Albert Frank, der … in der nächsten Woche abgeht, zu Dir – Albert Franck besuchte Mendelssohn am 19. April 1836 in Leipzig (vgl. Mendelssohns Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 34: »Morg. Vis. Frank«. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 28, hier irrt. als Eduard Franck identifiziert). kann solche respectable Person doch nicht reisen. Pfui über die Weiber.

|2| Nun bitte ich Dich, schreib mir, Du brauchst weiter nichts zu schreiben, wann gehst Du fort.wann gehst Du fort – Gemeint ist Mendelssohns Abreise nach Düsseldorf zu den Vorbereitungen des 18. Niederrheinischen Musikfestes. Diese erfolgte am 1. Mai 1836. Ich muß suchen, noch einen ohnmächtigen efforteffort – engl., Anstrengung, Bemühung. zu machen, und mich in den Schutz irgend eines Meßjuden zu begeben. Wüßte ich, nur eine halbe Stunde mit Dir ruhig plaudern zu können, so wäre ich capabelcapabel – befähigt, fähig. zum Musikfest18. Niederrheinisches Musikfest (1836)DüsseldorfDeutschland zu kommen, aber das läßt sich nicht annehmen, und Gott weiß, wann wir uns nachher wiedersehen.

Verzeih, daß ich Dir lauter Projecte so hinschreibe, aber Du glaubst nicht, wie mir das am Herzen liegt, Tag und Nacht, denn ich schlafe immer spät ein, vor lauter Plänen, Hoffnungen, Widerlegungen, Angst. Es läßt sich gar zu viel gegen die Reisewuth sagen. Wären nur nicht die Aussichten so lockend, und hätte ich Dich nicht so schrecklich lieb – dann wäre freilich was Rechtes an mir. Sage, wie hängt das zusammen, daß ich so oft habe gegen Deinen Willen handeln müssen, und daß Du doch meine Hauptsache bist. Daran denke ich oft.

Warum sind wir nicht zusammen? Darüber kann ich nicht umhin, voll Bitter-|3|keit zu seyn, denn das ist kein Schicksal, in das man sich ergeben muß, es sind Dummheiten. Pfui. So darf ich aber nicht schließen vielleicht bringt der morgende Tag zuerst das Gute vor die Augen; das ist mein WalterchenDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887), mein erster Anblick alle Morgen; was ist das Kind lieb und gut. Heut ist er im Stehen eingeschlafen. SebastianHensel, Sebastian Ludwig Felix (1830-1898) hat ihn gelehrt Leise zieht in mein Gemüth<name key="PSN0111816" style="hidden" type="author">Heine, Christian Johann Heinrich (bis 1825: Harry) (1797-1856)</name><name key="CRT0109124" style="hidden" type="literature">Leise zieht durch mein Gemüt</name>“, an der Art wie Seb. es sagt, kann man u. a. sehen, wie hübsch Du es componirt hast, es klingt genau wie Dein Lied<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_c9cbe1c2-050d-43ed-bf99-e5dbb25594fa"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100270" style="hidden">Gruß (Frühlingslied) »Leise zieht durch mein Gemüt«, 9. März 1832<idno type="MWV">K 71</idno><idno type="op">19a/5</idno></name>. WalterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887) sagt es schon mehr im klobigen Style.

Zu meinem Geburtstagemeinem Geburtstage – Rebecka Lejeune Dirichlets 25. Geburtstag am Montag, dem 11. April 1836. habe ich AugustenBaerns, Elisabeth Augusta (Auguste) (1819-?) Kindergesellschaft von jungen Mädchen Nachmittags gebeten. Hier mag ich heimlich träumen, sag ich, wenn sie fort sind – das Lied<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_9c2f1dd9-ce0b-4fa2-ab52-c5cb97b452df"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100270" style="hidden">Gruß (Frühlingslied) »Leise zieht durch mein Gemüt«, 9. März 1832<idno type="MWV">K 71</idno><idno type="op">19a/5</idno></name> habe ich in g dur von HauserHauser, Franz (František) (1794-1870) bekommen.das Lied habe ich in g dur von Hauser bekommen – Franz Hauser besaß eine mit dem 19. April 1832 datierte Abschrift des Liedes Gruß (Frühlingslied) »Leise zieht durch mein Gemüt« op. 19a/5 (MWV K 71); heutiger Standort: D-DS, Mus. ms. 1459 (vgl. MWV, S. 154, Abschrift a, bzw. S. 442, Sammelhandschrift 7). A propos von Hauser! Der will sein Wunderhorn<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_e403b130-0bfc-409f-86aa-918d84a6d021"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100279" style="hidden">Minnelied (Mailied) »Leucht’t heller als die Sonne«, 11. Mai 1834<idno type="MWV">K 80</idno><idno type="op">34/1</idno></name>Wunderhorn – Mit »Wunderhorn« ist entweder das Minnelied (Mailied) »Leucht’t heller als die Sonne« op. 34/1 (MWV K 80), Andres Mailied »Ich weiß mir’n Mädchen« / Hüt du dich »Ich weiß ein Mädchen« MWV K 81 oder Jagdlied »Mit Lust tät ich ausreiten« MWV K 82 nach Versen aus Des Knaben Wunderhorn gemeint. Mendelssohn übersandte das Lied mit Brief fmb-1836-04-11-01 (Brief Nr. 1335) Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel und Rebecka Lejeune Dirichlet in Berlin, Leipzig, 11. April 1836. Das Minnelied op. 34/1 war, wie das o. g. Lied »Leise zieht durch mein Gemüt« op. 19a/5, Teil des Lieder-Albums Franz Hausers mit Standort in D-DS, Mus. ms. 1459 (vgl. MWV, S. 158, Abschrift d, bzw. S. 442, Sammelhandschrift 7). haben, das bei SchleinitzSchleinitz, Heinrich Conrad (1802-1881) seyn soll, giebs doch BenekeBenecke, Victor (1809-1853) mit. Und leb wohl, vielleicht komm ich morgen nicht zum Schreiben, und will Dir gern diesen Brief zum meinemDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Geburtstage schenken. 25 Jahr alt. Der Rest ist Schweigen.

Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)

|4| Sonntag. Ich bereite Dich drauf vor, daß TaubertTaubert, Carl Gottfried Wilhelm (1811-1891) der nach LondonLondonGroßbritannien von Herrn JacobsonJacobson, Herrmann (1801-1892) kostenfrei mitgenommen wird (wie kommt der Hund zu Pflaumen und Fleisch)wie kommt der Hund zu Pflaumen und Fleisch – Abwandlung des in Preußen gebräuchlichen Sprichworts »Er kommt dazu, wie der Hund zum Pflaumenfleisch.« von Dir dorthin Empfehlungen haben will.Taubert der nach London … mitgenommen wird … von Dir dorthin Empfehlungen haben will – Wilhelm Taubert hielt sich in den Monaten Juni und Juli 1836 in England auf (siehe dazu Wilhelm Taubert. Ein Lebensbild. […] ihren Schwestern und Neffen gewidmet von Maria Taubert, D-B, Musikabteilung, Mus. ms. theor. 895, Bd. 1, Kap. 5, S. 78 ff.). Er erhielt von Mendelssohn zwei Empfehlungsschreiben nach London: Brief fmb-1836-04-21-02 (Brief Nr. 1344) Felix Mendelssohn Bartholdy an Ignaz Moscheles in London, Leipzig, 21. April 1836, und Brief fmb-1836-05-01-02 (Brief Nr. 1355) Felix Mendelssohn Bartholdy an George Smart in London, Leipzig, 21. April 1836. Die beiden Schreiben übersandte er Taubert am 21. April 1836 (vgl. den Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 35. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 28). Hast Du Selbstverläugnung genug, selbst solche schlechte Copie von Dir zu präsentiren? Ich würde ihn Mrs. CalcottCallcott, Caroline Hutchins (1802-1864) empfehlen. Eben ist ein Postschein angekommen, der mir ein Paket von WoringensWoringen, Familie von → Georgius Otto Philippus von W. (-) ankündigt, ich warte bis morgen und lasse mich überraschen. Nun adieu, herzliebster etc.

            Berlin d. 9ten April Abends Lieber Magister und Bruder!
Dein Brief hat mich schamroth gemacht, solche Complimente bekomme ich darin, und wie unverdient, geliebter Magister. Ich bin jetzt in der größten Unruhe, in allen Zweifeln der Welt versunken, kein Mensch will mir rathen, mich entscheiden. Dirichlet hatte während seiner Ferien so sehr viel zu thun, daß er nicht an eine Reise zu Dir denken konnte, er ist diesen ganzen Winter ein Bücher und Studirstubenwurm gewesen, was mir auch, die letzten Tage ausgenommen, die ich gar zu gern anders angewandt hätte, gewiß lieb war, und worin ich ihn kräftig mit Zuhausebleiben unterstützt habe. Nun hatte Onkel Joseph und Gans das Project, in dieser Zeit nach Leipzig zu gehen, und an einen dieser Ehrenmänner wollte ich mir anschließen, sie gehen aber beide nicht, und mit Windbeuteln wie Hr. v. Haber od. Albert Frank, der gestern Abend hier ankam, und in der nächsten Woche abgeht, zu Dir, kann solche respectable Person doch nicht reisen. Pfui über die Weiber.
 Nun bitte ich Dich, schreib mir, Du brauchst weiter nichts zu schreiben, wann gehst Du fort. Ich muß suchen, noch einen ohnmächtigen effort zu machen, und mich in den Schutz irgend eines Meßjuden zu begeben. Wüßte ich, nur eine halbe Stunde mit Dir ruhig plaudern zu können, so wäre ich capabel zum Musikfest zu kommen, aber das läßt sich nicht annehmen, und Gott weiß, wann wir uns nachher wiedersehen.
Verzeih, daß ich Dir lauter Projecte so hinschreibe, aber Du glaubst nicht, wie mir das am Herzen liegt, Tag und Nacht, denn ich schlafe immer spät ein, vor lauter Plänen, Hoffnungen, Widerlegungen, Angst. Es läßt sich gar zu viel gegen die Reisewuth sagen. Wären nur nicht die Aussichten so lockend, und hätte ich Dich nicht so schrecklich lieb – dann wäre freilich was Rechtes an mir. Sage, wie hängt das zusammen, daß ich so oft habe gegen Deinen Willen handeln müssen, und daß Du doch meine Hauptsache bist. Daran denke ich oft.
Warum sind wir nicht zusammen? Darüber kann ich nicht umhin, voll Bitter-keit zu seyn, denn das ist kein Schicksal, in das man sich ergeben muß, es sind Dummheiten. Pfui. So darf ich aber nicht schließen vielleicht bringt der morgende Tag zuerst das Gute vor die Augen; das ist mein Walterchen, mein erster Anblick alle Morgen; was ist das Kind lieb und gut. Heut ist er im Stehen eingeschlafen. Sebastian hat ihn gelehrt Leise zieht in mein Gemüth“, an der Art wie Seb. es sagt, kann man u. a. sehen, wie hübsch Du es componirt hast, es klingt genau wie Dein Lied. Walter sagt es schon mehr im klobigen Style.
Zu meinem Geburtstage habe ich Augusten Kindergesellschaft von jungen Mädchen Nachmittags gebeten. Hier mag ich heimlich träumen, sag ich, wenn sie fort sind – das Lied habe ich in g dur von Hauser bekommen. A propos von Hauser! Der will sein Wunderhorn haben, das bei Schleinitz seyn soll, giebs doch Beneke mit. Und leb wohl, vielleicht komm ich morgen nicht zum Schreiben, und will Dir gern diesen Brief zum meinem Geburtstage schenken. 25 Jahr alt. Der Rest ist Schweigen.
 Sonntag. Ich bereite Dich drauf vor, daß Taubert der nach London von Herrn Jacobson kostenfrei mitgenommen wird (wie kommt der Hund zu Pflaumen und Fleisch) von Dir dorthin Empfehlungen haben will. Hast Du Selbstverläugnung genug, selbst solche schlechte Copie von Dir zu präsentiren? Ich würde ihn Mrs. Calcott empfehlen. Eben ist ein Postschein angekommen, der mir ein Paket von Woringens ankündigt, ich warte bis morgen und lasse mich überraschen. Nun adieu, herzliebster etc.          
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1836-04-09" xml:id="date_7c0e1ec9-953a-4e61-a1c0-67b7b6846810">9.</date> und <date cert="high" when="1836-04-10" xml:id="date_ea1aa66b-9fca-44d9-99e3-6dfe732a904e">10. April 1836</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0110673" resp="author" xml:id="persName_4adf9e19-d1ab-4e13-8fd2-628123e308cc">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0110673" resp="writer">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_13c29d5c-0e90-4dd1-8fac-f1e5a43ba534"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_7e3ee3e6-169c-4765-a6df-d29eeb3a04a8">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_b115c308-6743-4d30-9ddb-f125481bd142"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"></revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_5a625a82-da80-4620-b8f2-bbfe0e2b39dd"> <head> <address> <addrLine>An</addrLine> <addrLine>Herrn Musikdirektor <hi rend="latintype">F. Mendelssohn</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Bartholdy</hi></addrLine> <addrLine>in</addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">Leipzig</hi></hi></addrLine> <addrLine>frei</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_6a5a7223-02f2-4eb3-80d1-4f321d5982f3"> <docAuthor key="PSN0110673" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_02349cbb-f254-4583-93cf-f9a7dde8d623">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0110673" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_7b5c14cc-bed4-47e2-96b1-2f9741830ecd">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin d. <date cert="high" when="1836-04-09" xml:id="date_a1d62710-123a-4377-925c-468f5f4d0f30">9ten April Abends</date></dateline> <salute rend="left">Lieber Magister<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_65957f1a-a7f8-4760-a2c6-4d54eebaa12c" xml:lang="de ">Magister – Die philosophische Fakultät der Universität Leipzig hatte Mendelssohn zum Doctor der Philosophie und Magister der freien Künste ernannt und ihm am Morgen des 20. März 1836 das Doktordiplom überreicht (siehe Brief gb-1836-03-19-01 Carl Friedrich Günther an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Leipzig, 19. März 1836, sowie Mendelssohns Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 26. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 24).</note> und Bruder!</salute> <p style="paragraph_without_indent">Dein <title xml:id="title_0c4f4cd0-b501-46f4-adb2-16d2a246058f">Brief<name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="fmb-1836-04-03-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Lejeune Dirichlet, Fanny Hensel, Lea Mendelssohn Bartholdy und Sebastian Hensel in Berlin, adressiert an Lea Mendelssohn Bartholdy; Leipzig, 3. April 1836</name></title> hat mich schamroth gemacht, solche Complimente bekomme ich darin, und wie unverdient, geliebter Magister. Ich bin jetzt in der größten Unruhe, in allen Zweifeln der Welt versunken, kein Mensch will mir rathen, mich entscheiden. <persName xml:id="persName_04840831-f791-4695-aec0-962e189d36cb">Dirichlet<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName> hatte während seiner Ferien so sehr viel zu thun, daß er nicht an eine Reise zu Dir denken konnte, er ist diesen ganzen Winter ein Bücher und Studirstubenwurm gewesen, was mir auch, die letzten Tage ausgenommen, die ich gar zu gern anders angewandt hätte, gewiß lieb war, und worin ich ihn kräftig mit Zuhausebleiben unterstützt habe. Nun hatte <persName xml:id="persName_ae2b7754-1dfb-4be5-9759-1a01175b868d">Onkel Joseph<name key="PSN0113227" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Joseph (1770-1848)</name></persName> und <persName xml:id="persName_83002b88-c04c-4023-92e6-d0044a894323">Gans<name key="PSN0111279" style="hidden" type="person">Gans, Eduard (bis 1825: Elias) (1797-1839)</name></persName> das Project, in dieser Zeit nach <placeName xml:id="placeName_f9288511-7311-45a4-9cb6-7a995101a64b">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zu gehen, und an einen dieser Ehrenmänner wollte ich mir anschließen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_0d72815e-e4e6-4a89-8256-46788847dc02" xml:lang="de ">mir anschließen – eine damals noch gebräuchliche Sprachform oder Anspielung auf die berlinerische Verwechslung von »mich« und »mir«.</note> sie gehen aber beide nicht, und mit Windbeuteln wie <persName xml:id="persName_b11e65bc-1859-4215-8c13-a709a242912a">Hr. v. Haber<name key="PSN0111648" style="hidden" type="person">Haber, Emil von (vorh. Eli) (1807-1881)</name></persName> od. <persName xml:id="persName_84114535-87aa-45d7-9f38-f2d900a0c27d">Albert Frank<name key="PSN0111116" style="hidden" type="person">Franck, Friedrich Albert (1809-1896)</name></persName>, der <date cert="high" when="1836-04-08" xml:id="date_486b978c-0873-4b8d-92b9-62e9d32afc2c">gestern</date> <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_4942b26d-f433-4577-bdfd-4521b28619c1">Abend</del> hier ankam, und in der nächsten Woche abgeht, zu Dir,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_fb789547-d4b6-49a4-9540-db96bd79e4ca" xml:lang="de ">Albert Frank, der … in der nächsten Woche abgeht, zu Dir – Albert Franck besuchte Mendelssohn am 19. April 1836 in Leipzig (vgl. Mendelssohns Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 34: »Morg. Vis. Frank«. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 28, hier irrt. als Eduard Franck identifiziert).</note> kann solche respectable Person doch nicht reisen. Pfui über die Weiber.</p> <p><seg type="pagebreak">|2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Nun bitte ich Dich, schreib mir, Du brauchst weiter nichts zu schreiben, <hi n="1" rend="underline">wann gehst Du fort</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e5e3be57-bc2f-42f4-b34b-8f2fce5f8692" xml:lang="de ">wann gehst Du fort – Gemeint ist Mendelssohns Abreise nach Düsseldorf zu den Vorbereitungen des 18. Niederrheinischen Musikfestes. Diese erfolgte am 1. Mai 1836.</note> Ich muß suchen, noch einen ohnmächtigen <hi rend="latintype">effort</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_24264826-7e13-4cff-8a02-fa058a0b2ca2" xml:lang="en ">effort – engl., Anstrengung, Bemühung.</note> zu machen, und mich in den Schutz irgend eines Meßjuden zu begeben. Wüßte ich, nur eine halbe Stunde mit Dir ruhig plaudern zu können, so wäre ich capabel<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_c0226654-e1ac-48f2-a0c2-67527892dd91" xml:lang="de ">capabel – befähigt, fähig.</note> zum <placeName xml:id="placeName_4cdbae4b-cf41-466d-9895-d93146e0ee25">Musikfest<name key="NST0100342" style="hidden" subtype="" type="institution">18. Niederrheinisches Musikfest (1836)</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> zu kommen, aber das läßt sich nicht annehmen, und Gott weiß, wann wir uns nachher wiedersehen.</p> <p>Verzeih, daß ich Dir lauter Projecte so hinschreibe, aber Du glaubst nicht, wie mir das am Herzen liegt, Tag und Nacht, denn ich schlafe immer spät ein, vor lauter Plänen, Hoffnungen, Widerlegungen, Angst. Es läßt sich gar zu viel gegen die Reisewuth sagen. Wären nur nicht die Aussichten so lockend, und hätte ich Dich nicht so schrecklich lieb – dann wäre freilich was Rechtes an mir. Sage, wie hängt das zusammen, daß ich so oft habe gegen Deinen Willen handeln müssen, und daß Du doch meine Hauptsache bist. Daran denke ich oft.</p> <p>Warum sind wir nicht zusammen? Darüber kann ich nicht umhin, voll Bitter-<seg type="pagebreak">|3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>keit zu seyn, denn das ist kein Schicksal, in das man sich ergeben muß, es sind Dummheiten. Pfui. So darf ich aber nicht schließen vielleicht bringt der morgende Tag zuerst das Gute vor die Augen; das ist mein <persName xml:id="persName_0bb90af4-803b-4a64-bed1-5242446468d1">Walterchen<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName>, mein erster Anblick alle Morgen; was ist das Kind lieb und gut. <date cert="high" when="1836-04-09" xml:id="date_1007defc-4ea1-4daf-93f1-85750af8bd26">Heut</date> ist er im Stehen eingeschlafen. <persName xml:id="persName_feebbf07-1fdd-472b-be30-10701b62d99b">Sebastian<name key="PSN0111898" style="hidden" type="person">Hensel, Sebastian Ludwig Felix (1830-1898)</name></persName> hat ihn gelehrt <title xml:id="title_8bad9d25-e09d-49b0-bce5-bef452182a5e">Leise zieht in mein Gemüth<name key="PSN0111816" style="hidden" type="author">Heine, Christian Johann Heinrich (bis 1825: Harry) (1797-1856)</name><name key="CRT0109124" style="hidden" type="literature">Leise zieht durch mein Gemüt</name></title>“, an der Art wie Seb. es sagt, kann man u. a. sehen, wie hübsch Du es componirt hast, es klingt genau wie <title xml:id="title_f74dabbe-4f2a-4314-87f7-277260e7752a">Dein Lied<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_c9cbe1c2-050d-43ed-bf99-e5dbb25594fa"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100270" style="hidden">Gruß (Frühlingslied) »Leise zieht durch mein Gemüt«, 9. März 1832<idno type="MWV">K 71</idno><idno type="op">19a/5</idno></name></title>. <persName xml:id="persName_5553252f-c739-46b4-8fd0-d988bc2ca607">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName> sagt <unclear reason="seal_tear-off" resp="FMBC">es</unclear> schon mehr im klobigen Style.</p> <p>Zu meinem <date cert="high" when="1836-04-11" xml:id="date_9dad908d-b7d4-4b85-9bce-89f9338ff159">Geburtstage</date><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ba89cf8d-0801-464b-8bff-3389b0c64c13" xml:lang="de ">meinem Geburtstage – Rebecka Lejeune Dirichlets 25. Geburtstag am Montag, dem 11. April 1836.</note> habe ich <persName xml:id="persName_bae4d9ed-d0e6-4a81-ad6a-c31308c7ea83">Augusten<name key="PSN0118918" style="hidden" type="person">Baerns, Elisabeth Augusta (Auguste) (1819-?)</name></persName> Kindergesellschaft von jungen Mädchen Nachmittags gebeten. Hier mag ich heimlich träumen, sag ich, wenn sie fort sind – das <title xml:id="title_8624aaee-36a0-40b1-aca6-2b6d7b21f549">Lied<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_9c2f1dd9-ce0b-4fa2-ab52-c5cb97b452df"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100270" style="hidden">Gruß (Frühlingslied) »Leise zieht durch mein Gemüt«, 9. März 1832<idno type="MWV">K 71</idno><idno type="op">19a/5</idno></name></title> habe ich in g dur von <persName xml:id="persName_4dca8b9a-a603-4cb8-ae60-6540510c3e2b">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden" type="person">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> bekommen.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b6fb01b2-88c1-48fb-b189-e8cad369fb88" xml:lang="de ">das Lied habe ich in g dur von Hauser bekommen – Franz Hauser besaß eine mit dem 19. April 1832 datierte Abschrift des Liedes Gruß (Frühlingslied) »Leise zieht durch mein Gemüt« op. 19a/5 (MWV K 71); heutiger Standort: D-DS, Mus. ms. 1459 (vgl. MWV, S. 154, Abschrift a, bzw. S. 442, Sammelhandschrift 7).</note> A propos von Hauser! Der will sein <title xml:id="title_0821c3af-8065-42fe-b9cf-44e078b96cfc">Wunderhorn<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="list_e403b130-0bfc-409f-86aa-918d84a6d021"><item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item><item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item><item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item><item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100279" style="hidden">Minnelied (Mailied) »Leucht’t heller als die Sonne«, 11. Mai 1834<idno type="MWV">K 80</idno><idno type="op">34/1</idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_70308a73-1dc3-4e58-b2aa-034b1e09c3d5" xml:lang="de ">Wunderhorn – Mit »Wunderhorn« ist entweder das Minnelied (Mailied) »Leucht’t heller als die Sonne« op. 34/1 (MWV K 80), Andres Mailied »Ich weiß mir’n Mädchen« / Hüt du dich »Ich weiß ein Mädchen« MWV K 81 oder Jagdlied »Mit Lust tät ich ausreiten« MWV K 82 nach Versen aus Des Knaben Wunderhorn gemeint. Mendelssohn übersandte das Lied mit Brief fmb-1836-04-11-01 (Brief Nr. 1335) Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel und Rebecka Lejeune Dirichlet in Berlin, Leipzig, 11. April 1836. Das Minnelied op. 34/1 war, wie das o. g. Lied »Leise zieht durch mein Gemüt« op. 19a/5, Teil des Lieder-Albums Franz Hausers mit Standort in D-DS, Mus. ms. 1459 (vgl. MWV, S. 158, Abschrift d, bzw. S. 442, Sammelhandschrift 7).</note> haben, das bei <persName xml:id="persName_fa46191c-2d10-4c3a-8dab-2cfb2fc7aab1">Schleinitz<name key="PSN0114567" style="hidden" type="person">Schleinitz, Heinrich Conrad (1802-1881)</name></persName> seyn soll, giebs doch <persName xml:id="persName_a7fdcd7c-6216-4319-b898-1ee1880f0ea3">Beneke<name key="PSN0109835" style="hidden" type="person">Benecke, Victor (1809-1853)</name></persName> mit. Und leb wohl, vielleicht komm ich <date cert="high" when="1836-04-10" xml:id="date_a2d50745-d0d3-4642-9f4e-cd6aa8123506">morgen</date> nicht zum Schreiben, und will Dir gern diesen Brief zu<del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_d14a56e1-a52c-49c4-aa6d-42ced222acea">m</del> <add place="above">meinem<name key="PSN0110673" resp="writers_hand" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</name></add> Geburtstage schenken. 25 Jahr alt. Der Rest ist Schweigen.</p> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_bf4584e4-ea6b-48ee-b8c5-f7593281a83a"> <docAuthor key="PSN0110673" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_012c2053-62bd-4cd4-9d3a-4a0f2d155c91">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0110673" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_295ca763-08aa-45c2-bf72-ce331a9bb9f6">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> <hi n="1" rend="underline"><date cert="high" when="1836-04-10" xml:id="date_7cf6fcac-c48e-409c-be4f-b60b53165839">Sonntag</date></hi>. Ich bereite Dich drauf vor, daß <persName xml:id="persName_7e337dab-e2b2-47ea-a014-6c79654d8976"><hi rend="latintype">Taubert</hi><name key="PSN0115254" style="hidden" type="person">Taubert, Carl Gottfried Wilhelm (1811-1891)</name></persName> der nach <placeName xml:id="placeName_eca8f792-03db-4c1a-b99d-d1b6ad56fd52">London<settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName> von <persName xml:id="persName_585c4f2a-e738-4744-92d8-673ab7cde209">Herrn <hi rend="latintype">Jacobson</hi><name key="PSN0112193" style="hidden" type="person">Jacobson, Herrmann (1801-1892)</name></persName> kostenfrei mitgenommen wird (wie kommt der Hund zu Pflaumen und Fleisch)<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1eef7779-4757-4b6c-a573-c74f81fc8660" xml:lang="de ">wie kommt der Hund zu Pflaumen und Fleisch – Abwandlung des in Preußen gebräuchlichen Sprichworts »Er kommt dazu, wie der Hund zum Pflaumenfleisch.« </note> von Dir dorthin Empfehlungen haben will.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_41ad1809-0815-42cc-9813-2869b228857a" xml:lang="de ">Taubert der nach London … mitgenommen wird … von Dir dorthin Empfehlungen haben will – Wilhelm Taubert hielt sich in den Monaten Juni und Juli 1836 in England auf (siehe dazu Wilhelm Taubert. Ein Lebensbild. […] ihren Schwestern und Neffen gewidmet von Maria Taubert, D-B, Musikabteilung, Mus. ms. theor. 895, Bd. 1, Kap. 5, S. 78 ff.). Er erhielt von Mendelssohn zwei Empfehlungsschreiben nach London: Brief fmb-1836-04-21-02 (Brief Nr. 1344) Felix Mendelssohn Bartholdy an Ignaz Moscheles in London, Leipzig, 21. April 1836, und Brief fmb-1836-05-01-02 (Brief Nr. 1355) Felix Mendelssohn Bartholdy an George Smart in London, Leipzig, 21. April 1836. Die beiden Schreiben übersandte er Taubert am 21. April 1836 (vgl. den Schreibkalender von 1836, GB-Ob, M.D.M. f. 4, S. 35. Druck: Klein / Ward Jones, Schreibkalender, S. 28).</note> Hast Du Selbstverläugnung genug, selbst solche schlechte Copie von Dir zu präsentiren? Ich würde ihn <persName xml:id="persName_4678d506-2b4e-4a67-8660-a40d51c67773"><hi rend="latintype">Mrs. Calcott</hi><name key="PSN0110248" style="hidden" type="person">Callcott, Caroline Hutchins (1802-1864)</name></persName> empfehlen. Eben ist ein Postschein angekommen, der mir ein Paket von <persName xml:id="persName_703449e4-370f-47c1-9e03-015f54c8da9a">Woringens<name key="PSN0115873" style="hidden" type="person">Woringen, Familie von → Georgius Otto Philippus von W. (-)</name></persName> ankündigt, ich warte bis <date cert="high" when="1836-04-11" xml:id="date_cfb059a2-ffb8-404b-8f44-3e45b8800490">morgen</date> und lasse mich überraschen. Nun adieu, herzliebster <hi rend="latintype">etc</hi>. </p> </div> </body> </text></TEI>