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gb-1836-02-05-01

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Fanny Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Berlin, 4. und 5. Februar 1836 Ich will Deiner Aufforderung nachkommen, und Dir einmal einen rechten Kantorbrief schreiben, voller Quinten und Faxen, aber nein. Wir haben gestern die anwesenden Nummern des Paulus gesungen, zum zweitenmal, und bitten nun recht dringend um Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel in Berlin; Leipzig, 29. Januar 1836 Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Fanny Hensel in Berlin; Leipzig, 18. Februar 1836 Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) Transkription: Edition: FMB- Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
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Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 31/21. Autograph Fanny Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 4. und 5. Februar 1836 Ich will Deiner Aufforderung nachkommen, und Dir einmal einen rechten Kantorbrief schreiben, voller Quinten und Faxen, aber nein. Wir haben gestern die anwesenden Nummern des Paulus gesungen, zum zweitenmal, und bitten nun recht dringend um

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN 5-6 / 6 / 2], Siegel.

Fanny Hensel

Green Books

Citron, Letters, S. 508-510.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

4. und 5. Februar 1836 Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)counter-resetHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LeipzigDeutschland deutsch
Herrn Musikdirektor Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig. Reichels Garten. frei
Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Berlin, 4ten Februar 1836

Ich will Deiner Aufforderung nachkommen, und Dir einmal einen rechten KantorbriefKantorbrief – Kantor: Felix Mendelssohn Bartholdys Spitzname für die Schwester Fanny. schreiben, voller Quinten und Faxen, aber nein. Wir haben gestern die anwesenden Nummern des Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_2zmbf32z-3o9d-pzai-lyyj-wjlbhnlhrw8l"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name> gesungen, zum zweitenmalWir haben gestern die anwesenden Nummern des Paulus gesungen, zum zweitenmal – Mendelssohn hatte der Schwester Fanny leihweise den autographen Klavierauszug seines Paulus op. 36 (MWV A 14), überlassen, aus dem sie sich Aufführungsmaterial erstellte. Teile des Oratoriums wurden am 3. Februar 1836, Mendelssohns 27. Geburtstag, gesungen. Eine Probe einzelner Nummern hatte bereits am 13. Januar 1836 stattgefunden. Vgl. Brief gb-1836-01-12-01 Fanny Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Berlin, 5., 9., 11. und 12. Januar 1836, Z.: »Uebermorgen wollen wir eine Paulussitzung halten« und Brief gb-1836-01-17-01 Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Berlin, 17. Januar 1836, Z.: »Mittwoch Abend hatten wir eine kleine Probe v. den Paulus Stücken«., und bitten nun recht dringend um mehr, nämlich den Anfang, es geht schon sehr gut. Im Ganzen wüßte ich gar nichts auszuHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)setzenauszusetzen – »zu« nachträglich eingefügt., es folgt Alles schön und natürlich auf einander und steht in gutem Verhältniß. Meine Tadel sollen nur Einzelheiten betreffen, und damit Du zugleich siehst, daß ich mein Urtheil als mein subjektives, und nicht a la Rezensent als unsres hinstellen will, erzähle ich Dir gleich als ehrlicher Mann, wie erbaulich es ist, daß bei einer Stelle die ich nicht leiden kann, DevrientDevrient, Philipp Eduard (1801-1877) jedes mal mit stiller Inbrunst zu sich selbst sagt: wunderschön. Nun rathe, was das für eine ist. In einigen Rezitativ. (in denen mir übrigens, beiläufig gesagt, die Hauptkraft des Werks<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_i0e2f0lb-3jnh-flmk-6anf-e25czs9kzcun"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name> zu liegen scheint) sind müßige oder zu moderne Stellen. Am ersten, mit dem darauf folgenden Chor, Choral, und 2ten Rezit.Am ersten, mit dem darauf folgenden Chor, Choral, und 2ten Rezit. – Gemeint sind wohl die folgenden Nummern aus dem ersten Teil des Paulus: Nr. 9 Tenor-Rezitativ »Und sie steinigten ihn« mit anschließendem Chor (Choral) »Dir, Herr, dir will ich mich ergeben« sowie Nr. 10 Rezitativ (Sopran) »Und die Zeugen legten ab ihre Kleider«. wüßte ich gar nichts auszusetzen. Das Alles ist grandios und schön. Wunderschön der ganze erste Theil der Arie in h moll, bis zu den Worten: Herr thue meine Lippen auf bis zum tempo 1moder Arie in h moll, bis zu den Worten: Herr thue meine Lippen auf bis zum tempo 1mo – Nr. 18 Bass-Arie »Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte«, T. 57 (»Herr thue meine Lippen auf«) bis T. 71 (Adagio come 1mo).. Diese Stelle scheint mir matt, namentl. die Wiederholung der Worte. Der Schluß ist wieder sehr schön. Das folgende Rezit.Das folgende Rezit. – Nr. 19 Rezitativ Tenor / Sopran »Es war aber ein Jünger zu Damaskus mit Namen Ananias«. fängt sehr schön an, so ruhig und heiter und gelassen. Es ist eine meiner Lieblingsstellen, bis nach den Worten: denn siehe, er betetden Worten: denn siehe, er betet – Nr. 19, Sopran, T. 9-11.. Die folgenden Worte bis zum tempoDie folgenden Worte bis zum tempo – Nr. 19, Sopran, T. 12-15: »Dieser ist mir ein auserwähltes Rüstzeug«. scheinen mir zu unbedeutend und modern. Ist AlloAllo – »o« doppelt überstrichen. con moto nicht eine zu schnelle Bezeichnung für diese Stelle?Ist Allo con moto nicht eine zu schnelle Bezeichnung für diese Stelle? – Die Satzanweisung in Nr. 19, T. 16, änderte Mendelssohn in »Poco animato«. Im folgenden StückIm folgenden Stück – Nr. 20 Bass-Arie mit Chor »Ich danke dir, Herr, mein Gott« mit anschließendem Chor »Der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen«. kommt die Stelle über die ich mit DevrientDevrient, Philipp Eduard (1801-1877) verschiedner Meinung bin. Es ist der Eintritt der Alte mit den Worten,: denn der Herr hat es gesagtder Eintritt der Alte mit den Worten,: denn der Herr hat es gesagt – Nr. 20, T. 89., worauf 2 Takte später die Soprane eben so kommen. Das scheint mir, mit der Begleitung zusammen, nicht recht ernsthaft. Ich glaube, Du hast das |2| Thema erst als Kontrathema zum ersten erfunden, und mit dem zusammen klingt es auch nachher sehr schön, auch sogar allein, wenn die anderen Stimmen dazu kommen, nur dieser doppelte Eintritt auf denselben Noten will mir nicht gefallen.

Und nun zu guter Letzt will ich mich noch gegen eine Stelle des letzten Sopranrezit. erklären, und zwar gegen die Worte: und ging hin und ließ sich taufendes letzten Sopranrezit. … die Worte: und ging hin und ließ sich taufen – der Sopranteil ab T. 31 »Und alsbald fiel es wie Schuppen von seinen Augen« in Nr. 21 Rezitativ Sopran / Tenor »Und Ananias ging hin und kam in das Haus«; hier die Textstelle »und stand auf und ließ sich taufen«, T. 39-41., welche mir nicht ihrer Wichtigkeit gemäß behandelt scheinen.

Und nun bin ich fertig.

HauserHauser, Franz (František) (1794-1870) und PaulMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874) haben auch viel geschuhuhtgeschuhuht – Schuhu: von Uhu; hier: genörgelt, kritisiert. Siehe Goethe, Die Vögel. Nach dem Aristophanes, Leipzig 1787: »Wir haben gehört, daß auf dem Gipfel dieses überhohen Berges ein Schuhu wohnt, der mit nichts zufrieden ist, und dem wir deßwegen große Kenntnisse zuschreiben. Sie nennen ihn im ganzen Lande den Kriticus« (Goethe, Münchner Ausgabe, Bd. 2.1, S. 313 f.)., und wollen den Schluß der letzten Fuge mit dem hohen ader letzten Fuge mit dem hohen a – Chor Nr. 22 »O welch eine Tiefe«, T. 67 ff. (Poco a poco più animato) »Ihm sei Ehre in Ewigkeit«. Das zweigestrichene a findet sich in den Sopranen in T. 133 und T. 137 (Textstelle »Amen«). d und dem Quartsextenaccord zu modern finden. Ich erklärte ihnen aber sehr bestimmt, er kwürde nicht geändert, denn er wäre wesentlich Felixsch. Ueberdieß ist das Singevolk höchst erbaut, und die Chöre singen sich sehr leicht, und wir haben Alle große Freude dran, und eine Beruhigung, daß VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) doch noch etwas davon in DüsseldorfDüsseldorfDeutschland gehört hat. Daß ich daran nicht Theil genommen, wird mir ewig leid seyn.

Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) 5. Februar

Gestern waren wir zum erstenmal im Concert und gerade in Israel in Egypten<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108989" style="hidden" type="music">Israel in Egypt HWV 54</name>Gestern waren wir … in Israel in Egypten – Die Aufführung von Georg Friedrich Händels Oratorium Israel in Egypt HWV 54 am 4. Februar 1836 fand im Saal der Sing-Akademie statt (Martin Heinrich Karl Lichtenstein, Zur Geschichte der Sing-Akademie in Berlin. Nebst einer Nachricht über das Fest am funfzigsten Jahrestage ihrer Stiftung, Berlin 1843, S. XXIII)., und da habe ich wieder Grimm und Aerger geschluckt. Wie dieser LumpRungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)dieser Lump – Gemeint ist der Direktor der Sing-Akademie in Berlin, Karl Friedrich Rungenhagen. das schöne Talent, die SingacademieSing-AkademieBerlinDeutschland herunter gebracht hat. Kein einziger Stimmeneintritt in der ganzen Musik ging gut, und wer sie nicht vorher kannte, war nicht im Stande auch nur eine Ahnung davon zu bekommen. Beständig mußte ich an die Orgel und die CöllnerKölnDeutschland Chöredie Orgel und die Cöllner Chöre – bezieht sich auf das von Felix Mendelssohn Bartholdy geleitete 17. Niederrheinischen Musikfest zu Pfingsten (7. und 8. Juni) 1835 in Köln, das Fanny Hensel mit ihrer Familie, den Eltern Abraham und Lea und der Schwester Rebecka besucht hatte. Am ersten Tag des Festes führte Mendelssohn Georg Friedrich Händels Oratorium Solomon HWV 67 auf, das vom Kölner Domorganisten Franz Weber an einer in den Gürzenich-Saal gebrachten Orgel begleitet wurde. Siehe Hauchecorne, Musikfeste, Anhang, S. 18, Klaus Wolfgang Niemöller, Felix Mendelssohn-Bartholdy und das Niederrheinische Musikfest 1835 in Köln, in: Studien zur Musikgeschichte des Rheinlandes Bd. 3, hrsg. von Ursula Eckart-Bäcker (Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte, Bd. 62), Köln 1965, S. 46-64, und besonders Alain Gehring, Händels Solomon in der Bearbeitung von Felix Mendelssohn Bartholdy (1835), in: Die Musikforschung 65 (2012), S. 313-337. denken. Und nun die eine RungenhagenscheRungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851) Posaune, die er obligat zu Allem setzt. Den Gesang der Mirjam<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108989" style="hidden" type="music">Israel in Egypt HWV 54</name>Den Gesang der Mirjam – Georg Friedrich Händel, Solomon HWV 67, Nr. 18: Sopran Solo und Chor »Singet zu dem Herrn, denn er hat gesieget wunderbar!« (»Sing ye to the Lord, for He hath triumphed gloriously!«). ließ er mit 2 Hörnern und einer Pauke begleiten. Nebenbei ist es auch nicht wenig schade, daß die LenzLenz, Bertha Luise (1813-1819), diese allerliebste Sängerin, ihre Stimme so ganz verloren hat. Du erinnerst Dich doch wie sie die Königinn der Nacht<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110155" style="hidden" type="music">Die Zauberflöte KV 620</name> sang, jetzt bringt sie mühsam fis, und g fast gar |3| nicht mehr heraus. Ich wollte erst kaum glauben, daß sie es wäre.

Dabei fällt mir ein: glaubst Du denn, daß HändelHändel, Georg Friedrich (1685-1759) selbst die Orgel zu seinen Sachen gespielt hat? Denn da die geschriebenen Orgelstimmen nicht da sind, so müßte der Organist, wenn er es nicht selbst gewesen ist, doch wohl nur die Ziffern begleitet haben.

Dein Mozartsches Concert<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110101" style="hidden" type="music">Klavierkonzert d-Moll, KV 466</name>Dein Mozartsches Concert – Am 28. Januar 1836 war Mendelssohn im 14. Abonnementkonzert des Gewandhauses als Solist in Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert d-Moll, KV 466, zu hören gewesen (Hagels, Konzerte in Leipzig, Statistik, S. 934 f.). Er beschrieb seinen Auftritt in Brief fmb-1836-01-29-02 (Brief Nr. 1284) Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel in Berlin, Leipzig, 29. Januar 1836. möchte ich wol gehört haben. Seit 7 Jahren, also eigentlich grade von der Zeit Deiner vollen Ausbildung an, sind wir nun nicht mehr zusammen, und ich habe Dich fast gar nicht öffentlich spielen hören, und wären wir nicht diesen Sommer nach CöllnKölnDeutschland gekommenwären wir nicht diesen Sommer nach Cölln gekommen – siehe Kommentar zu Z.: die Orgel und die Cöllner Chöre., hätte ich gar keine Anschauung von Deinem öffentlichen Treiben. Und hier sitzt unterdessen ein AffeRungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851), und verdirbt alle Jahr 6 ConcerteSing-AkademieBerlinDeutschland mit den besten Mitteln, und so viel Proben, als er dazu braucht. Pfui!

Nun will ich schließlich noch einmal auf mich zurück kommen, so unangenehm es auch ist, Advokat in seiner eignen Sache zu seyn, wir sind ja gewohnt, rund heraus mit einander zu reden. Du hast in LeipzigLeipzigDeutschland gesagtDu hast in Leipzig gesagt – Die Unterhaltung fand in der Zeit vom 22. bis 26. September 1835 statt, als Fanny Hensel mit ihrer Familie auf ihrer Rückreise von Frankreich in Leipzig Station machte. Siehe dazu Hensel, Tagebücher, S. 71., ich möchte lieber keine geistliche Musik mehr machen, weil mein Talent dazu nicht neigte. Nun habe ich seit meiner Rückkunft, oder vielmehr seit 8 T. mehrere meiner frühern Sachen der Art durchgespielt, und muß vorraus schicken, daß ich der Meinung bin, es gäbe keinen strengeren Beurtheiler, als ein ehrlicher Mensch über seine eignen frühern Sachen ist. Vieles, ja das Meiste hat mich so ennüyirtennüyirt – von frz. ennuyer, langweilen, verdrießen., daß ich mit Mühe die Geduld aufbringen konnte, es durchzuspielen, Manches aber, z. B. die Arie: o daß ich tausend Zungen hätte<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name><name key="CRT0111433" style="hidden" type="music">»Lobgesang«, Kantate für Sopran, Alt, vierstimmigen Chor und Orchester HU 257 (6. Februar – 14. Juni 1831); UA 6. Juli 1831</name>die Arie: o daß ich tausend Zungen hätte – Nr. 4 aus Fanny Hensels 1831 entstandener »Lobgesang«-Kantate für Sopran, Alt, vierstimmigen Chor und Orchester HU 257., und einige Chöre und Rezit. aus der sogenannten Choleramusik<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name><name key="CRT0111435" style="hidden" type="music">»Höret zu, merket auf« (»Choleramusik«), Kantate für Sopran, Alt, Tenor, Bass, achtstimmigen gemischten Chor und Orchester HU 260 (9. Oktober – 20. November 1831); UA 10. Dezember 1831</name>, hat mir so gut gefallen, daß ich mich, so närrisch das klingen mag, recht daran erfreut habe, weil ich das für eine Probe halte, wenn Einem die eigenen Sachen nach längerer Zeit, und nachdem man sie ganz in Ver- |4| gessenheit gerathen lassen, wieder gefallen. Indessen, was Du sagst fällt nie bei mir auf einen steinigen Boden, und ich bin mißtrauisch müßtrauisch geworden, wiewol ich im Allgemeinen glaube, es jetzt besser machen zu können, als damals, und mich schon dran gemacht hätte, Einiges umzuarbeiten, wenn nicht Dein Interdict mich störte.

HenselHensel, Wilhelm (1794-1861) hat mir vorgestern an Deinem Geburtstag eine hübsche Ueberraschung gemacht, indem er in den Hintergrund seines Bildes<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109197" style="hidden" type="art">Miriam (Ölgemälde 1836)</name>seines Bildes – Wilhelm Hensel arbeitete seit Ende 1835 an seinem Ölgemälde Miriam (vollendet 1836). die Figur eines Knaben gemalt, der der die lustig Horn bläst, und mit langen braunen Haaren Dir ähnlich sieht. Ich glaube das Bild wird sehr schön. VatersMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) Bemerkungen hat er Alle noch benutzt.

Adieu, das war mal ein ganz handwerksmäßiger Brief. Schreibe mir bald wieder. Kommst Du nicht nach beendeten ConcertenGewandhausLeipzigDeutschland her?
            Berlin, 4ten Februar 1836 Ich will Deiner Aufforderung nachkommen, und Dir einmal einen rechten Kantorbrief schreiben, voller Quinten und Faxen, aber nein. Wir haben gestern die anwesenden Nummern des Paulus gesungen, zum zweitenmal, und bitten nun recht dringend um mehr, nämlich den Anfang, es geht schon sehr gut. Im Ganzen wüßte ich gar nichts auszusetzen, es folgt Alles schön und natürlich auf einander und steht in gutem Verhältniß. Meine Tadel sollen nur Einzelheiten betreffen, und damit Du zugleich siehst, daß ich mein Urtheil als mein subjektives, und nicht a la Rezensent als unsres hinstellen will, erzähle ich Dir gleich als ehrlicher Mann, wie erbaulich es ist, daß bei einer Stelle die ich nicht leiden kann, Devrient jedes mal mit stiller Inbrunst zu sich selbst sagt: wunderschön. Nun rathe, was das für eine ist. In einigen Rezitativ. (in denen mir übrigens, beiläufig gesagt, die Hauptkraft des Werks zu liegen scheint) sind müßige oder zu moderne Stellen. Am ersten, mit dem darauf folgenden Chor, Choral, und 2ten Rezit. wüßte ich gar nichts auszusetzen. Das Alles ist grandios und schön. Wunderschön der ganze erste Theil der Arie in h moll, bis zu den Worten: Herr thue meine Lippen auf bis zum tempo 1mo. Diese Stelle scheint mir matt, namentl. die Wiederholung der Worte. Der Schluß ist wieder sehr schön. Das folgende Rezit. fängt sehr schön an, so ruhig und heiter und gelassen. Es ist eine meiner Lieblingsstellen, bis nach den Worten: denn siehe, er betet. Die folgenden Worte bis zum tempo scheinen mir zu unbedeutend und modern. Ist Allo con moto nicht eine zu schnelle Bezeichnung für diese Stelle? Im folgenden Stück kommt die Stelle über die ich mit Devrient verschiedner Meinung bin. Es ist der Eintritt der Alte mit den Worten, : denn der Herr hat es gesagt, worauf 2 Takte später die Soprane eben so kommen. Das scheint mir, mit der Begleitung zusammen, nicht recht ernsthaft. Ich glaube, Du hast das Thema erst als Kontrathema zum ersten erfunden, und mit dem zusammen klingt es auch nachher sehr schön, auch sogar allein, wenn die anderen Stimmen dazu kommen, nur dieser doppelte Eintritt auf denselben Noten will mir nicht gefallen.
Und nun zu guter Letzt will ich mich noch gegen eine Stelle des letzten Sopranrezit. erklären, und zwar gegen die Worte: und ging hin und ließ sich taufen, welche mir nicht ihrer Wichtigkeit gemäß behandelt scheinen.
Und nun bin ich fertig.
Hauser und Paul haben auch viel geschuhuht, und wollen den Schluß der letzten Fuge mit dem hohen a d und dem Quartsextenaccord zu modern finden. Ich erklärte ihnen aber sehr bestimmt, er kwürde nicht geändert, denn er wäre wesentlich Felixsch. Ueberdieß ist das Singevolk höchst erbaut, und die Chöre singen sich sehr leicht, und wir haben Alle große Freude dran, und eine Beruhigung, daß Vater doch noch etwas davon in Düsseldorf gehört hat. Daß ich daran nicht Theil genommen, wird mir ewig leid seyn.
5. Februar Gestern waren wir zum erstenmal im Concert und gerade in Israel in Egypten, und da habe ich wieder Grimm und Aerger geschluckt. Wie dieser Lump das schöne Talent, die Singacademie herunter gebracht hat. Kein einziger Stimmeneintritt in der ganzen Musik ging gut, und wer sie nicht vorher kannte, war nicht im Stande auch nur eine Ahnung davon zu bekommen. Beständig mußte ich an die Orgel und die Cöllner Chöre denken. Und nun die eine Rungenhagensche Posaune, die er obligat zu Allem setzt. Den Gesang der Mirjam ließ er mit 2 Hörnern und einer Pauke begleiten. Nebenbei ist es auch nicht wenig schade, daß die Lenz, diese allerliebste Sängerin, ihre Stimme so ganz verloren hat. Du erinnerst Dich doch wie sie die Königinn der Nacht sang, jetzt bringt sie mühsam fis, und g fast gar nicht mehr heraus. Ich wollte erst kaum glauben, daß sie es wäre.
Dabei fällt mir ein: glaubst Du denn, daß Händel selbst die Orgel zu seinen Sachen gespielt hat? Denn da die geschriebenen Orgelstimmen nicht da sind, so müßte der Organist, wenn er es nicht selbst gewesen ist, doch wohl nur die Ziffern begleitet haben.
Dein Mozartsches Concert möchte ich wol gehört haben. Seit 7 Jahren, also eigentlich grade von der Zeit Deiner vollen Ausbildung an, sind wir nun nicht mehr zusammen, und ich habe Dich fast gar nicht öffentlich spielen hören, und wären wir nicht diesen Sommer nach Cölln gekommen, hätte ich gar keine Anschauung von Deinem öffentlichen Treiben. Und hier sitzt unterdessen ein Affe, und verdirbt alle Jahr 6 Concerte mit den besten Mitteln, und so viel Proben, als er dazu braucht. Pfui!
Nun will ich schließlich noch einmal auf mich zurück kommen, so unangenehm es auch ist, Advokat in seiner eignen Sache zu seyn, wir sind ja gewohnt, rund heraus mit einander zu reden. Du hast in Leipzig gesagt, ich möchte lieber keine geistliche Musik mehr machen, weil mein Talent dazu nicht neigte. Nun habe ich seit meiner Rückkunft, oder vielmehr seit 8 T. mehrere meiner frühern Sachen der Art durchgespielt, und muß vorraus schicken, daß ich der Meinung bin, es gäbe keinen strengeren Beurtheiler, als ein ehrlicher Mensch über seine eignen frühern Sachen ist. Vieles, ja das Meiste hat mich so ennüyirt, daß ich mit Mühe die Geduld aufbringen konnte, es durchzuspielen, Manches aber, z. B. die Arie: o daß ich tausend Zungen hätte, und einige Chöre und Rezit. aus der sogenannten Choleramusik, hat mir so gut gefallen, daß ich mich, so närrisch das klingen mag, recht daran erfreut habe, weil ich das für eine Probe halte, wenn Einem die eigenen Sachen nach längerer Zeit, und nachdem man sie ganz in Ver- gessenheit gerathen lassen, wieder gefallen. Indessen, was Du sagst fällt nie bei mir auf einen steinigen Boden, und ich bin müßtrauisch geworden, wiewol ich im Allgemeinen glaube, es jetzt besser machen zu können, als damals, und mich schon dran gemacht hätte, Einiges umzuarbeiten, wenn nicht Dein Interdict mich störte.
Hensel hat mir vorgestern an Deinem Geburtstag eine hübsche Ueberraschung gemacht, indem er in den Hintergrund seines Bildes die Figur eines Knaben gemalt, die lustig Horn bläst, und mit langen braunen Haaren Dir ähnlich sieht. Ich glaube das Bild wird sehr schön. Vaters Bemerkungen hat er Alle noch benutzt.
Adieu, das war mal ein ganz handwerksmäßiger Brief. Schreibe mir bald wieder. Kommst Du nicht nach beendeten Concerten her?          
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Wir haben gestern die anwesenden Nummern des Paulus gesungen, zum zweitenmal, und bitten nun recht dringend um</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_97d71323-8fb3-428d-9d20-cf4ee90856ed">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="fmb-1836-01-29-02" type="precursor" xml:id="title_5aef507d-e693-4d8a-ae4b-bc53606252af">Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel in Berlin; Leipzig, 29. Januar 1836</title> <title key="fmb-1836-02-18-01" type="successor" xml:id="title_c3b41697-cf76-4140-a829-69112e20a52a">Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Fanny Hensel in Berlin; Leipzig, 18. Februar 1836</title> <author key="PSN0111893">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0111893" resp="writer">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription"></name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition"> FMB-</name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_1e68d850-5057-4650-afba-4e5829dbf1df"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Großbritannien</country> <settlement>Oxford</settlement> <institution key="RISM">GB-Ob</institution> <repository>Oxford, Bodleian Library</repository> <collection>Music Section</collection> <idno type="signatur">M.D.M. d. 31/21.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1836-02-05-01" type="letter" xml:id="title_c51407cf-8612-4f28-b5d5-9a8df2da04dc">Fanny Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Berlin, 4. und 5. Februar 1836</title> <incipit>Ich will Deiner Aufforderung nachkommen, und Dir einmal einen rechten Kantorbrief schreiben, voller Quinten und Faxen, aber nein. Wir haben gestern die anwesenden Nummern des Paulus gesungen, zum zweitenmal, und bitten nun recht dringend um</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN 5-6 / 6 / 2], Siegel.</p> <handDesc hands="1"> <p>Fanny Hensel</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Citron, Letters, S. 508-510. </bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1836-02-04" xml:id="date_fe4ff18e-361c-4232-94f9-1f993fcfa2f3">4.</date> und <date cert="high" when="1836-02-05" xml:id="date_9cb87bda-63ed-43cb-98ef-54d6480b69f6">5. Februar 1836</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0111893" resp="author" xml:id="persName_3ad007bf-23dc-4dd6-b9cf-95ea1141758a">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0111893" resp="writer">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_1e3a50c9-c90c-4330-9a21-ebc056b236ea"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_d384c413-962a-4a50-a4f0-c30a440bde8e">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_1e4cc812-31c8-4764-8d5e-78a8ec7ab022"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_618ec3a6-76c9-4ba0-9f0a-d2afe3b32a8b"> <head> <address> <addrLine>Herrn</addrLine> <addrLine>Musikdirektor Felix Mendelssohn Bartholdy</addrLine> <addrLine>in</addrLine> <addrLine>Leipzig.</addrLine> <addrLine>Reichels Garten.</addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline">frei</hi></addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_fbc7ab4c-bec4-4cc9-acfd-b7bbbf2ef0b7"> <docAuthor key="PSN0111893" resp="author" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111893" resp="writer" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin, <date cert="high" when="1836-02-04" xml:id="date_3420646c-b6b9-45e0-9b3f-6faf105bb135">4ten Februar</date></dateline> <dateline rend="right"><date cert="high" when="1836-02-04" xml:id="date_1b527107-91e4-42bf-89d1-0e9e332c2baa">1836</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Ich will Deiner Aufforderung nachkommen, und Dir einmal einen rechten Kantorbrief<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_361742d4-b09a-40a8-8e38-5e7c7f70b9b7" xml:lang="de">Kantorbrief – Kantor: Felix Mendelssohn Bartholdys Spitzname für die Schwester Fanny.</note> schreiben, voller Quinten und Faxen, aber nein. Wir haben <date cert="high" when="1836-02-03" xml:id="date_cefb5375-6182-45a5-bdd6-a521906fab7f">gestern</date> die anwesenden Nummern des <title xml:id="title_6738656b-311b-4040-892a-54d422215d40">Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_2zmbf32z-3o9d-pzai-lyyj-wjlbhnlhrw8l"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> gesungen, zum zweitenmal<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_97f18917-5b03-49c2-8bb5-21aae001f1b7" xml:lang="de">Wir haben gestern die anwesenden Nummern des Paulus gesungen, zum zweitenmal – Mendelssohn hatte der Schwester Fanny leihweise den autographen Klavierauszug seines Paulus op. 36 (MWV A 14), überlassen, aus dem sie sich Aufführungsmaterial erstellte. Teile des Oratoriums wurden am 3. Februar 1836, Mendelssohns 27. Geburtstag, gesungen. Eine Probe einzelner Nummern hatte bereits am 13. Januar 1836 stattgefunden. Vgl. Brief gb-1836-01-12-01 Fanny Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Berlin, 5., 9., 11. und 12. Januar 1836, Z.: »Uebermorgen wollen wir eine Paulussitzung halten« und Brief gb-1836-01-17-01 Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Berlin, 17. Januar 1836, Z.: »Mittwoch Abend hatten wir eine kleine Probe v. den Paulus Stücken«.</note>, und bitten nun recht dringend um mehr, nämlich den Anfang, es geht schon sehr gut. Im Ganzen wüßte ich gar nichts aus<add place="inline">zu<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></add>setzen<note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_8d6d13dd-615f-4fe8-80dc-61e828a1c694" xml:lang="de">auszusetzen – »zu« nachträglich eingefügt.</note>, es folgt Alles schön und natürlich auf einander und steht in gutem Verhältniß. Meine Tadel sollen nur Einzelheiten betreffen, und damit Du zugleich siehst, daß ich mein Urtheil als mein subjektives, und nicht <hi rend="latintype">a la</hi> Rezensent als <hi n="1" rend="underline">unsres</hi> hinstellen will, erzähle ich Dir gleich als ehrlicher Mann, wie erbaulich es ist, daß bei einer Stelle die ich nicht leiden kann, <persName xml:id="persName_595c8170-9e9f-45db-abe1-05a05120507e">Devrient<name key="PSN0110637" style="hidden" type="person">Devrient, Philipp Eduard (1801-1877)</name></persName> jedes mal mit stiller Inbrunst zu sich selbst sagt: wunderschön. Nun rathe, was das für eine ist. In einigen Rezitativ. (in denen mir übrigens, beiläufig gesagt, die Hauptkraft des <title xml:id="title_ecec8b63-03e1-422e-890c-91a12d2dc967">Werks<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_i0e2f0lb-3jnh-flmk-6anf-e25czs9kzcun"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> zu liegen scheint) sind müßige oder zu moderne Stellen. Am ersten, mit dem darauf folgenden Chor, Choral, und 2ten Rezit.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9999448c-076a-4476-a9d1-4ea458585ecd" xml:lang="de">Am ersten, mit dem darauf folgenden Chor, Choral, und 2ten Rezit. – Gemeint sind wohl die folgenden Nummern aus dem ersten Teil des Paulus: Nr. 9 Tenor-Rezitativ »Und sie steinigten ihn« mit anschließendem Chor (Choral) »Dir, Herr, dir will ich mich ergeben« sowie Nr. 10 Rezitativ (Sopran) »Und die Zeugen legten ab ihre Kleider«.</note> wüßte ich gar nichts auszusetzen. Das Alles ist grandios und schön. Wunderschön der ganze erste Theil der Arie in <hi rend="latintype">h moll</hi>, bis zu den Worten: Herr thue meine Lippen auf bis zum <hi rend="latintype">tempo 1mo</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7dfb2ad9-2428-4049-9bc7-4cb9c5fd38fb" xml:lang="de">der Arie in h moll, bis zu den Worten: Herr thue meine Lippen auf bis zum tempo 1mo – Nr. 18 Bass-Arie »Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte«, T. 57 (»Herr thue meine Lippen auf«) bis T. 71 (Adagio come 1mo).</note>. Diese Stelle scheint mir matt, namentl. die Wiederholung der Worte. Der Schluß ist wieder sehr schön. Das folgende Rezit.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_37f9b5c2-4193-4054-b860-28f0f7786025" xml:lang="de">Das folgende Rezit. – Nr. 19 Rezitativ Tenor / Sopran »Es war aber ein Jünger zu Damaskus mit Namen Ananias«.</note> fängt sehr schön an, so ruhig und heiter und gelassen. Es ist eine meiner Lieblingsstellen, bis nach den Worten: denn siehe, er betet<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_277792de-6ac7-4c4b-916a-9c3f87e6cfae" xml:lang="de">den Worten: denn siehe, er betet – Nr. 19, Sopran, T. 9-11.</note>. Die folgenden Worte bis zum <hi rend="latintype">tempo</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d77c584e-c01d-402a-874b-112f168d798a" xml:lang="de">Die folgenden Worte bis zum tempo – Nr. 19, Sopran, T. 12-15: »Dieser ist mir ein auserwähltes Rüstzeug«.</note> scheinen mir zu unbedeutend und modern. Ist <hi rend="latintype">Allo<note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_cfbec204-4863-4685-a7d1-fd6d5e8fc2a5" xml:lang="de">Allo – »o« doppelt überstrichen.</note> con moto</hi> nicht eine zu schnelle Bezeichnung für diese Stelle?<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ad4defc8-24d1-4b3c-ad7f-75567f5f4b61" xml:lang="de">Ist Allo con moto nicht eine zu schnelle Bezeichnung für diese Stelle? – Die Satzanweisung in Nr. 19, T. 16, änderte Mendelssohn in »Poco animato«.</note> Im folgenden Stück<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_03fe9767-4905-4257-a8b4-b80a422a1e3a" xml:lang="de">Im folgenden Stück – Nr. 20 Bass-Arie mit Chor »Ich danke dir, Herr, mein Gott« mit anschließendem Chor »Der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen«.</note> kommt die Stelle über die ich mit <persName xml:id="persName_5b25d6d3-5885-4344-84cb-c8113b7c636c">Devrient<name key="PSN0110637" style="hidden" type="person">Devrient, Philipp Eduard (1801-1877)</name></persName> verschiedner Meinung bin. Es ist der Eintritt der Alte mit den Worten,: denn der Herr hat es gesagt<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4dd907ac-6bb2-49b8-b688-40f9cfd91da9" xml:lang="de">der Eintritt der Alte mit den Worten,: denn der Herr hat es gesagt – Nr. 20, T. 89.</note>, worauf 2 Takte später die Soprane eben so kommen. Das scheint mir, mit der Begleitung zusammen, nicht recht ernsthaft. Ich glaube, Du hast das<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>Thema erst als Kontrathema zum ersten erfunden, und mit dem zusammen klingt es auch nachher sehr schön, auch sogar allein, wenn die anderen Stimmen dazu kommen, nur dieser doppelte Eintritt auf denselben Noten will mir nicht gefallen.</p> <p>Und nun zu guter Letzt will ich mich noch gegen eine Stelle des letzten Sopranrezit. erklären, und zwar gegen die Worte: und ging hin und ließ sich taufen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_6c5b75a0-bf31-4b3a-8128-937dcbc55868" xml:lang="de">des letzten Sopranrezit. … die Worte: und ging hin und ließ sich taufen – der Sopranteil ab T. 31 »Und alsbald fiel es wie Schuppen von seinen Augen« in Nr. 21 Rezitativ Sopran / Tenor »Und Ananias ging hin und kam in das Haus«; hier die Textstelle »und stand auf und ließ sich taufen«, T. 39-41.</note>, welche mir nicht ihrer Wichtigkeit gemäß behandelt scheinen. </p> <p>Und nun bin ich fertig.</p> <p><persName xml:id="persName_d6fee3b0-200c-4477-b186-51ae517d56e7">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden" type="person">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> und <persName xml:id="persName_680333ae-cc45-4091-9132-811955d4473f">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> haben auch viel geschuhuht<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_19d2d594-b593-4b41-873b-dbe4696c57d6" xml:lang="de">geschuhuht – Schuhu: von Uhu; hier: genörgelt, kritisiert. Siehe Goethe, Die Vögel. Nach dem Aristophanes, Leipzig 1787: »Wir haben gehört, daß auf dem Gipfel dieses überhohen Berges ein Schuhu wohnt, der mit nichts zufrieden ist, und dem wir deßwegen große Kenntnisse zuschreiben. Sie nennen ihn im ganzen Lande den Kriticus« (Goethe, Münchner Ausgabe, Bd. 2.1, S. 313 f.).</note>, und wollen den Schluß der letzten Fuge mit dem hohen <hi rend="latintype">a</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_16a38c2f-7059-424b-b02f-0d71d7f75c7d" xml:lang="de">der letzten Fuge mit dem hohen a – Chor Nr. 22 »O welch eine Tiefe«, T. 67 ff. (Poco a poco più animato) »Ihm sei Ehre in Ewigkeit«. Das zweigestrichene a findet sich in den Sopranen in T. 133 und T. 137 (Textstelle »Amen«).</note> <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_b090aff8-9649-4afe-b0c4-2669aeb2c454">d</del> und dem Quartsextenaccord zu modern finden. Ich erklärte ihnen aber sehr bestimmt, er <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_c600e8e7-ad86-4d83-bba6-cb00505ca5d9">k</del>würde nicht geändert, denn er wäre wesentlich Felixsch. Ueberdieß ist das Singevolk höchst erbaut, und die Chöre singen sich sehr leicht, und wir haben Alle große Freude dran, und eine Beruhigung, daß <persName xml:id="persName_fa39bc8f-e794-40fa-a1b7-c10570a55797">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> doch noch etwas davon in <placeName xml:id="placeName_d2b0b721-2e4c-4585-ad03-7f0ebef2f915">Düsseldorf<settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gehört hat. Daß ich daran nicht Theil genommen, wird mir ewig leid seyn.</p> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_5ad42fef-f999-4736-80f0-86fcdfbb852d"> <docAuthor key="PSN0111893" resp="author" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111893" resp="writer" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <dateline rend="right"><date cert="high" when="1836-02-05" xml:id="date_e198d6c6-49be-4a42-ba45-d2c599b63b84">5. Feb<unclear reason="covering" resp="FMBC">ruar</unclear></date></dateline> <p style="paragraph_without_indent"><date cert="high" when="1836-02-04" xml:id="date_6615a7b3-5e1f-4dcc-8874-167ee2d8e306">Gestern</date> waren wir zum erstenmal im Concert und ge<unclear reason="covering" resp="FMBC">rade</unclear> in <title xml:id="title_47091608-1f30-4229-b81d-e292bd05dc78">Israel in Egypten<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108989" style="hidden" type="music">Israel in Egypt HWV 54</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5ec53877-982a-4c29-bc50-b19ffa2e81b2" xml:lang="de">Gestern waren wir … in Israel in Egypten – Die Aufführung von Georg Friedrich Händels Oratorium Israel in Egypt HWV 54 am 4. Februar 1836 fand im Saal der Sing-Akademie statt (Martin Heinrich Karl Lichtenstein, Zur Geschichte der Sing-Akademie in Berlin. Nebst einer Nachricht über das Fest am funfzigsten Jahrestage ihrer Stiftung, Berlin 1843, S. XXIII).</note>, und da habe ich wieder Grimm und Aerger geschluckt. Wie dieser <persName xml:id="persName_839120f8-1698-45dd-8b4c-b5bbabf237fc">Lump<name key="PSN0114359" style="hidden" type="person">Rungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f68b443d-eebd-4790-a0e1-04b8e58f70ae" xml:lang="de">dieser Lump – Gemeint ist der Direktor der Sing-Akademie in Berlin, Karl Friedrich Rungenhagen.</note> das schöne Talent, die <placeName xml:id="placeName_ff1b6beb-ddd9-45af-a82a-2a594bede7e7">Singacademie<name key="NST0100203" style="hidden" subtype="" type="institution">Sing-Akademie</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> herunter gebracht hat. Kein einziger Stimmeneintritt in der ganzen Musik ging gut, und wer sie nicht vorher kannte, war nicht im Stande auch nur eine Ahnung davon zu bekommen. Beständig mußte ich an die Orgel und die <placeName xml:id="placeName_01506c55-b2f4-40d1-9e73-84d7e25cd94c">Cöllner<settlement key="STM0100107" style="hidden" type="locality">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Chöre<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a64eca0a-2ddf-4e74-ad59-12792b69135b" xml:lang="de">die Orgel und die Cöllner Chöre – bezieht sich auf das von Felix Mendelssohn Bartholdy geleitete 17. Niederrheinischen Musikfest zu Pfingsten (7. und 8. Juni) 1835 in Köln, das Fanny Hensel mit ihrer Familie, den Eltern Abraham und Lea und der Schwester Rebecka besucht hatte. Am ersten Tag des Festes führte Mendelssohn Georg Friedrich Händels Oratorium Solomon HWV 67 auf, das vom Kölner Domorganisten Franz Weber an einer in den Gürzenich-Saal gebrachten Orgel begleitet wurde. Siehe Hauchecorne, Musikfeste, Anhang, S. 18, Klaus Wolfgang Niemöller, Felix Mendelssohn-Bartholdy und das Niederrheinische Musikfest 1835 in Köln, in: Studien zur Musikgeschichte des Rheinlandes Bd. 3, hrsg. von Ursula Eckart-Bäcker (Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte, Bd. 62), Köln 1965, S. 46-64, und besonders Alain Gehring, Händels Solomon in der Bearbeitung von Felix Mendelssohn Bartholdy (1835), in: Die Musikforschung 65 (2012), S. 313-337.</note> denken. Und nun die eine <persName xml:id="persName_664d38a9-bb8f-4cc5-a807-581314ceb12f">Rungenhagensche<name key="PSN0114359" style="hidden" type="person">Rungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)</name></persName> Posaune, die er obligat zu Allem setzt. Den <title xml:id="title_ee8db25a-f889-4a03-8f42-b57e4a011505">Gesang der Mirjam<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108989" style="hidden" type="music">Israel in Egypt HWV 54</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7ddb66ac-c778-4a03-8015-bae55fa54103" xml:lang="de">Den Gesang der Mirjam – Georg Friedrich Händel, Solomon HWV 67, Nr. 18: Sopran Solo und Chor »Singet zu dem Herrn, denn er hat gesieget wunderbar!« (»Sing ye to the Lord, for He hath triumphed gloriously!«).</note> ließ er mit 2 Hörnern und einer Pauke begleiten. Nebenbei ist es auch nicht wenig schade, daß <persName xml:id="persName_9374e565-d373-4aef-ba51-b03350a98e15">die Lenz<name key="PSN0112777" style="hidden" type="person">Lenz, Bertha Luise (1813-1819)</name></persName>, diese allerliebste Sängerin, ihre Stimme so ganz verloren hat. Du erinnerst Dich doch wie sie <title xml:id="title_368cc82f-90c8-4985-b281-38e0c4c0dcfb">die Königinn der Nacht<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110155" style="hidden" type="music">Die Zauberflöte KV 620</name></title> sang, jetzt bringt sie mühsam <hi rend="latintype">fis</hi>, und <hi rend="latintype">g</hi> fast gar<seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>nicht mehr heraus. Ich wollte erst kaum glauben, daß sie es wäre.</p> <p>Dabei fällt mir ein: glaubst Du denn, daß <persName xml:id="persName_7016d3a1-77d2-4ee9-bb76-82cba0b3e2ed">Händel<name key="PSN0111693" style="hidden" type="person">Händel, Georg Friedrich (1685-1759)</name></persName> selbst die Orgel zu seinen Sachen gespielt hat? Denn da die geschriebenen Orgelstimmen nicht da sind, so müßte der Organist, wenn er es nicht selbst gewesen ist, doch wohl nur die Ziffern begleitet haben.</p> <p>Dein <title xml:id="title_bc2f9b67-18de-4de1-9096-ac148ebfaa48">Mozartsches Concert<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110101" style="hidden" type="music">Klavierkonzert d-Moll, KV 466</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_174898f7-1d87-4f05-bd77-c71407721f22" xml:lang="de">Dein Mozartsches Concert – Am 28. Januar 1836 war Mendelssohn im 14. Abonnementkonzert des Gewandhauses als Solist in Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert d-Moll, KV 466, zu hören gewesen (Hagels, Konzerte in Leipzig, Statistik, S. 934 f.). Er beschrieb seinen Auftritt in Brief fmb-1836-01-29-02 (Brief Nr. 1284) Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel in Berlin, Leipzig, 29. Januar 1836.</note> möchte ich wol gehört haben. Seit 7 Jahren, also eigentlich grade von der Zeit Deiner vollen Ausbildung an, sind wir nun nicht mehr zusammen, und ich habe Dich fast gar nicht öffentlich spielen hören, und wären wir nicht diesen Sommer nach <placeName xml:id="placeName_493f1586-abca-4f43-a030-69dcf46282e0">Cölln<settlement key="STM0100107" style="hidden" type="locality">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gekommen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_3fc81b3c-8a4d-464f-839c-573644c741e7" xml:lang="de">wären wir nicht diesen Sommer nach Cölln gekommen – siehe Kommentar zu Z.: die Orgel und die Cöllner Chöre.</note>, hätte ich gar keine Anschauung von Deinem öffentlichen Treiben. Und hier sitzt unterdessen <persName xml:id="persName_1438d479-83bf-4ec2-bb41-4499e5021b36">ein Affe<name key="PSN0114359" style="hidden" type="person">Rungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)</name></persName>, und verdirbt alle Jahr 6 <placeName xml:id="placeName_b539437a-fa7b-4c60-b452-065e73a7958b">Concerte<name key="NST0103549" style="hidden" subtype="Abonnementkonzerte (Winterkonzerte)" type="institution">Sing-Akademie</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> mit den besten Mitteln, und so viel Proben, als er dazu braucht. Pfui!</p> <p>Nun will ich schließlich noch einmal auf mich zurück kommen, so unangenehm es auch ist, Advokat in seiner eignen Sache zu seyn, wir sind ja gewohnt, rund heraus mit einander zu reden. Du hast in <placeName xml:id="placeName_03dffcd8-6ad8-4052-88d7-ff109ae5048f">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gesagt<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2b405f48-b734-44cd-abb5-5e2c72435d75" xml:lang="de">Du hast in Leipzig gesagt – Die Unterhaltung fand in der Zeit vom 22. bis 26. September 1835 statt, als Fanny Hensel mit ihrer Familie auf ihrer Rückreise von Frankreich in Leipzig Station machte. Siehe dazu Hensel, Tagebücher, S. 71.</note>, ich möchte lieber keine geistliche Musik mehr machen, weil mein Talent dazu nicht neigte. Nun habe ich seit meiner Rückkunft, oder vielmehr seit 8 T. mehrere meiner frühern Sachen der Art durchgespielt, und muß vorraus schicken, daß ich der Meinung bin, es gäbe keinen strengeren Beurtheiler, als ein ehrlicher Mensch über seine eignen frühern Sachen ist. Vieles, ja das Meiste hat mich so ennüyirt<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_7587c479-0e69-4ec7-813f-a62abea0fa6a" xml:lang="fr ">ennüyirt – von frz. ennuyer, langweilen, verdrießen.</note>, daß ich mit Mühe die Geduld aufbringen konnte, es durchzuspielen, Manches aber, z. B. <title xml:id="title_a01fa74b-a273-475d-a541-79679dbf53d2">die Arie: o daß ich tausend Zungen hätte<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name><name key="CRT0111433" style="hidden" type="music">»Lobgesang«, Kantate für Sopran, Alt, vierstimmigen Chor und Orchester HU 257 (6. Februar – 14. Juni 1831); UA 6. Juli 1831</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ec33446b-4114-44f0-bd0d-3a336a886825" xml:lang="de">die Arie: o daß ich tausend Zungen hätte – Nr. 4 aus Fanny Hensels 1831 entstandener »Lobgesang«-Kantate für Sopran, Alt, vierstimmigen Chor und Orchester HU 257.</note>, und einige Chöre und Rezit. aus der sogenannten <title xml:id="title_93f673eb-d960-4f66-b86c-3b4db5d068ff">Choleramusik<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name><name key="CRT0111435" style="hidden" type="music">»Höret zu, merket auf« (»Choleramusik«), Kantate für Sopran, Alt, Tenor, Bass, achtstimmigen gemischten Chor und Orchester HU 260 (9. Oktober – 20. November 1831); UA 10. Dezember 1831</name></title>, hat mir so gut gefallen, daß ich mich, so närrisch das klingen mag, recht daran erfreut habe, weil ich da<unclear reason="seal_tear-off" resp="UW">s</unclear> für eine Probe halte, wenn Einem die eigenen Sache<unclear reason="seal_tear-off" resp="UW">n</unclear> nach längerer Zeit, und nachdem man sie ganz in Ver-<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>gessenheit gerathen lassen, wieder gefallen. Indessen, was Du sagst fällt nie bei mir auf einen steinigen Boden, und ich bin <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_d760735e-d221-43a5-bfaa-e39ad158aa66"> <corr resp="writer">mißtrauisch</corr> <sic resp="writer">müßtrauisch</sic> </choice> geworden, wiewol ich im Allgemeinen glaube, es jetzt besser machen zu können, als damals, und mich schon dran gemacht hätte, Einiges umzuarbeiten, wenn nicht Dein Interdict mich störte.</p> <p><persName xml:id="persName_8722d9ea-51ba-4a60-9cb0-b5f3fb563928">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> hat mir <date cert="high" when="1836-02-03" xml:id="date_01593c9d-13ad-4ec7-9af1-3616afcaa805">vorgestern</date> an Deinem Geburtstag eine hübsche Ueberraschung gemacht, indem er in den Hintergrund seines <title xml:id="title_26c6d9d0-9659-4a30-9a98-1bc0a4821ab9">Bildes<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109197" style="hidden" type="art">Miriam (Ölgemälde 1836)</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_04f32894-3872-4f30-9b80-84fdbf9f4253" xml:lang="de">seines Bildes – Wilhelm Hensel arbeitete seit Ende 1835 an seinem Ölgemälde Miriam (vollendet 1836).</note> die Figur eines Knaben gemalt, <corr resp="writer">der</corr><choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_b5c39761-7ba7-48e7-bd69-1bcf32eec0d6"> <corr resp="writer">der</corr> <sic resp="writer">die</sic> </choice> lustig Horn bläst, und mit langen braunen Haaren Dir ähnlich sieht. Ich glaube das Bild wird sehr schön. <persName xml:id="persName_aece336c-105c-4ce2-9cb9-99fcc48814d7">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> Bemerkungen hat er Alle noch benutzt.</p> <closer rend="left">Adieu, das war mal ein ganz handwerksmäßiger Brief. Schreibe mir bald wieder. Kommst Du nicht nach beendeten <placeName xml:id="placeName_2cde27e5-2209-43b6-827d-2f670b972393">Concerten<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="Abonnementkonzerte, Konzerte" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> her?</closer> </div> </body> </text></TEI>