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gb-1835-11-25-01

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Ferdinand von Woringen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb>Düsseldorf, 25. November 1835 Schon seit lange suchte ich nach einer guten Stunde, um Deinen Brief vom 31 v. M. zu beantworten. Ach! Ich dachte nicht, daß ich die Feder für Dich ansetzen müßte, um mich Deinen Thränen, Deinen Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798-1851)Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798-1851) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 30/164. Autograph Ferdinand von Woringen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig; Düsseldorf, 25. November 1835 Schon seit lange suchte ich nach einer guten Stunde, um Deinen Brief vom 31 v. M. zu beantworten. Ach! Ich dachte nicht, daß ich die Feder für Dich ansetzen müßte, um mich Deinen Thränen, Deinen

1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse mit Hinzufügung von fremder Hand, 2 Poststempel [DÜSSELDORF 1-2 / 25/11], [No1 / 28 11 / C.], Siegel.

Ferdinand von Woringen

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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

25. November 1835 Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798-1851)counter-resetWoringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798–1851) DüsseldorfDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LeipzigDeutschland deutsch
An den Herrn Felix Mendelssohn- Bartholdy, Wohlgeboren zu Berlin LeipzigUnbekannt Leipziger Str. Nr. 3. frei.
Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798–1851) Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798–1851) Düsseldorf den 25 Novb. 1835. Mein lieber armer Felix!

Schon seit lange suchte ich nach einer guten Stunde, um Deinen Brief vom 31 v. M. zu beantworten. Ach! Ich dachte nicht, daß ich die Feder für Dich ansetzen müßte, um mich Deinen Thränen, Deinen Klagen um den unnennbaren Verlust des VatersMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)den unnennbaren Verlust des Vaters – Abraham Mendelssohn Bartholdy war am 19. November 1835 gestorben., unseres geliebten Freundes, anzuschließen. Und neben diesen bedrängt uns Alle die treuste Sorge um Dich. O, ich kann mir das unabsehbare, traurige Gefühl des liebenden Sohnes recht lebendig machen, dem so plötzlich wie ein Donnerschlag aus heiterem Himmel, die Kunde zugeht, die unerwartet jammervolle, daß der über Alles geliebte Vater, plötzlich getrennt von ihm, gestorben sei. Wie wir Alle Dich denken, Dein reiches, reizbar empfängliches Herz, wie wir es kennen, welcher Schmerz Dich hier überfiel, als Deine liebe MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) in Deiner Gegenwart gefährlich erkrankteals Deine liebe Mutter in Deiner Gegenwart gefährlich erkrankte – Nach dem 17. Niederrheinischen Musikfest in Köln zu Pfingsten (7. und 8. Juni) 1835, das Felix Mendelssohn Bartholdy geleitet hatte, verbrachten Abraham und Lea Mendelssohn Bartholdy noch einige Wochen in Düsseldorf. Ende Juni war die Mutter dort schwer erkrankt., so sehen wir Dich angstvoll und trauernd vor uns, als Du die schreckliche Nachricht empfängst, der arme Felix, war unser nächstes, ist jetzt unser stündliches Wort! Möge Dir der liebe Gott Kraft gegeben haben, wohl den herbsten Schlag des Schicksals mit Ergebung und Fassung zu tragen. Ich weiß; wie Du augenblicks zu den Deinen eiltest, um noch einmal die Züge des geliebten Todten zu sehen, ehe sie die weiche Erde deckt. Möge die verklärende Ruhe, die gewiß aus dem todten Bilde des herrlichen, edlen Mannes Dich anblickte, auch Ruhe in Dein Herz in Deinen Schmerz gesenkt haben. Wir hier kennen die ganze Wohlthat des Anschauens eines so ruhigen Todtenbildes. Als meine MutterWoringen, Maria Anna (Antoinette?) von (1776-1828) am 4ten Nov. 1828 starbAls meine Mutter am 4ten Nov. 1828 starb – Ferdinand von Woringens Mutter Maria Anna (Antoinette?), geb. Reigers, war die erste Ehefrau des Vaters Otto von Woringen. Dieser ehe entstammten auch die im vorliegenden Brief erwähnten Schwestern Elisabetha (Elisa) Clementina Maria und Rosa Clementina von Woringen. und nach ihrem Verscheiden mit jeder Stunde der herbe Schmerz ihres fürchterlichen, langen Leidens mehr und mehr von ihren verblichenen Zügen gewichen war, |2| als sie endlich vor mir lag, ein weiches Lächeln um die geliebten Züge spielte und sie aussah, als ob sie schlummernd von Glück und Segen träume und bald wieder erwachen werde, da wurden unsere Thränen mild. Zu unserem Jammer trat die Verklärung der Verewigten, Geliebten, deren Geist uns sanft und freundlich tröstend umschwebte und uns einander umarmend, fanden wir am Lager der Todten Ruhe und Fassung. So hoffe ich, wird es auch Dir und den Deinen ergangen sein. Wie preise ich, daß Du so nahe warst, um doch den VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) noch verblichen zu sehen! Wie muß es tröstend für Dich sein, seinen letzten Lebenssommer, seine letzten sorgenvollen, und auch vielleicht die letzten heiteren Tage seit Pfingsten mit ihm zusammen und bis kurz vor seinem Ende verlebt zu habendie letzten heiteren Tage seit Pfingsten mit ihm … verlebt zu haben – Felix Mendelssohn Bartholdy begleitete die Eltern nach der Erkrankung der Mutter Lea nach Berlin und verbrachte dort die Zeit ab dem 1. August 1835. Am 29. August 1835 übersiedelte er nach Leipzig. Am 13. Oktober 1835 war Mendelssohn mit dem zuvor fast zwei Wochen in Leipzig weilenden Ignaz Moscheles und der inzwischen angekommenen Familie Dirichlet nach Berlin gereist, wo sie am Folgetag nachts ankamen. Am 16. Oktober reiste er frühmorgens von Berlin ab; vgl. Brief fmb-1835-10-14-01 (Brief Nr. 1229) Felix Mendelssohn Bartholdy an Franz Hauser in Leipzig, Berlin, 14. Oktober 1835.. Hier drängten sich Monate lang die verschiedensten Begebnisse, worin zunächst eure gegenseitige Liebe den Hauptmoment zum Tragen des Trüben, zum Genusse des Erfreulichen bildete. Hier war es, wo Du nach der großen Freude, welche ihm in CœlnKölnDeutschland geworden warder großen Freude, welche ihm in Cœln geworden war – bezieht auch auf das von Mendelssohn geleitete 17. Niederrheinischen Musikfest in Köln zu Pfingsten 1835., ihm Deinen schönsten Triumph in einem gelungenen großartigen Werke<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_pj6sktlx-0n3a-fypw-lzbk-wuejtxqgkq47"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name>Deinen schönsten Triumph in einem gelungenen großartigen Werke – Gemeint ist das Oratoriums Paulus op. 36 (MWV A 14), aus dem Abraham Mendelssohn Bartholdy »noch in Berlin und Düsseld. einige der schönsten Stellen, namentl. die Predigt, Steinigung und Bestattung Stephans gehört hatte, natürlich am Clavier« (Hensel, Tagebücher, S. 81). Die Uraufführung des Werks fand erst während des 18. Niederrheinischen Musikfestes zu Pfingsten 1836 in Düsseldorf statt. zeigen konntest. Er durfte sterben, denn wie er wußte, daß alle seine KinderHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874) glücklich, daß seine Liebe glücklich und treflich geworden, so gieng das Bewußtsein mit ihm hinüber, daß sein geliebter Sohn den gefeierten Namen auch nach ihm würdig tragen, erhalten werde. Du bist vor vielen Söhnen zu preisen, ein solches Bewußtsein dem Vater mit in jene Welt zu geben und wenige Väter, wie der Deine, wüßten dieses Glück so innig, so treu, so dankbar zu tragen. Er war ein herrlicher Mann. Was ich Deiner SchwesterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) in derselben Stunde schriebWas ich Deiner Schwester in derselben Stunde schrieb – Der Brief an Rebecka Lejeune Dirichlet ist nicht bekannt., wo uns der Schmerz wieder mit euch Allen vereinte, ist mehr. Auch uns starb in ihm ein Freund, den wir als Vater ehrten. Unser Haus trägt |3| die Familientrauer mit euch. Meine SchwesternWoringen, Elisabetha (Elisa) Clementina Maria von (1807-?)Woringen, Rosa Clementina von (1810-1875) schrieben gesternMeine Schwestern schrieben gestern – Der Brief von Elisabetha (Elisa) Clementina Maria und Rosa Clementina von Woringen an die Familie Mendelssohn Bartholdy vom 24. November 1835 lässt sich nicht nachweisen. unter Thränen. Heute früh flossen sie aufs neue, als ich sagte, daß ich Dir schreiben wolle. Ihr erhaltet so drei Tage nach einander unsere Briefe, da ich diesen Dir nach BerlinBerlinDeutschland sende, wo ich Dich jetzt weiß. Mit ihnen bringen wir Euch unser ganzes Herz, unsere Mitleiden und unsere Thränen um unseren Verlust. Aber auch unsere Sorgen um Euch Alle, um Deine liebe MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842), die so unendlich arm geworden ist, um Dich, der Du so empfänglich bist für die nachtheiligen Eindrücke eines plötzlichen Schmerzes. Wenn doch die gemeinsame Trauer Euch Alle nur stärken möchte! Was an Mitgefühl aus der Ferne Euch tröstend zu Theil werden kann, ist Euch hier im treusten Sinne gewidmet. Die Trauerbotschaft ist hier von Allen, von Deinen und Deines Vaters Freunden mit einem Beweise der innigsten Anhänglichkeit vernommen. Alle hatten gehofft, daß der verehrte Freund länger für uns leben werde. Alle hatten erwartet, ihn noch einmal um uns zu sehen. Er ist dahin und mit herzlicher Trauer weinen wir ihm nach. Meine SchwesternWoringen, Elisabetha (Elisa) Clementina Maria von (1807-?)Woringen, Rosa Clementina von (1810-1875) und mein VaterWoringen, Georgius Otto Philippus von (1760-1838) sind tief ergriffen. Mein Vater weinte viel und lange, denn er hatte ihn sehr lieb. RosaWoringen, Rosa Clementina von (1810-1875) ist sehr herunter. Sie besitzt weniger Fassung als EliseWoringen, Elisabetha (Elisa) Clementina Maria von (1807-?), bei der sich der erste Schmerz heftiger ausdrückt. Bei jener wirkt der Schmerz nach. O, wären wir nicht so fern, Nichts sollte uns halten, zu Euch zu eilen, um gemeinsam zu tragen, zu trösten. Jetzt bleibt uns nur das Bewußtsein getheilten Leides und der sehnliche Wunsch bald, o recht bald zu wissen, wie es Euch ergeht, wie ihr Alle den Schlag ertragt. Schreibe mir. Ausspruch des Schmerzes ist Wohlthun und wohin könntest Du ihn senden, als dahin, wo er demselben Schmerze begegnet. Und sei, wenn irgend möglich, bald wieder thätig, recht thätig. Arbeit ist der beste Trost des Betrübten. Tausend Grüße von Allen hier an die Deinen. Mit der treuesten Liebe

Dein F.
            Düsseldorf den 25 Novb. 1835. Mein lieber armer Felix!
Schon seit lange suchte ich nach einer guten Stunde, um Deinen Brief vom 31 v. M. zu beantworten. Ach! Ich dachte nicht, daß ich die Feder für Dich ansetzen müßte, um mich Deinen Thränen, Deinen Klagen um den unnennbaren Verlust des Vaters, unseres geliebten Freundes, anzuschließen. Und neben diesen bedrängt uns Alle die treuste Sorge um Dich. O, ich kann mir das unabsehbare, traurige Gefühl des liebenden Sohnes recht lebendig machen, dem so plötzlich wie ein Donnerschlag aus heiterem Himmel, die Kunde zugeht, die unerwartet jammervolle, daß der über Alles geliebte Vater, plötzlich getrennt von ihm, gestorben sei. Wie wir Alle Dich denken, Dein reiches, reizbar empfängliches Herz, wie wir es kennen, welcher Schmerz Dich hier überfiel, als Deine liebe Mutter in Deiner Gegenwart gefährlich erkrankte, so sehen wir Dich angstvoll und trauernd vor uns, als Du die schreckliche Nachricht empfängst, der arme Felix, war unser nächstes, ist jetzt unser stündliches Wort! Möge Dir der liebe Gott Kraft gegeben haben, wohl den herbsten Schlag des Schicksals mit Ergebung und Fassung zu tragen. Ich weiß; wie Du augenblicks zu den Deinen eiltest, um noch einmal die Züge des geliebten Todten zu sehen, ehe sie die weiche Erde deckt. Möge die verklärende Ruhe, die gewiß aus dem todten Bilde des herrlichen, edlen Mannes Dich anblickte, auch Ruhe in Dein Herz in Deinen Schmerz gesenkt haben. Wir hier kennen die ganze Wohlthat des Anschauens eines so ruhigen Todtenbildes. Als meine Mutter am 4ten Nov. 1828 starb und nach ihrem Verscheiden mit jeder Stunde der herbe Schmerz ihres fürchterlichen, langen Leidens mehr und mehr von ihren verblichenen Zügen gewichen war, als sie endlich vor mir lag, ein weiches Lächeln um die geliebten Züge spielte und sie aussah, als ob sie schlummernd von Glück und Segen träume und bald wieder erwachen werde, da wurden unsere Thränen mild. Zu unserem Jammer trat die Verklärung der Verewigten, Geliebten, deren Geist uns sanft und freundlich tröstend umschwebte und uns einander umarmend, fanden wir am Lager der Todten Ruhe und Fassung. So hoffe ich, wird es auch Dir und den Deinen ergangen sein. Wie preise ich, daß Du so nahe warst, um doch den Vater noch verblichen zu sehen! Wie muß es tröstend für Dich sein, seinen letzten Lebenssommer, seine letzten sorgenvollen, und auch vielleicht die letzten heiteren Tage seit Pfingsten mit ihm zusammen und bis kurz vor seinem Ende verlebt zu haben. Hier drängten sich Monate lang die verschiedensten Begebnisse, worin zunächst eure gegenseitige Liebe den Hauptmoment zum Tragen des Trüben, zum Genusse des Erfreulichen bildete. Hier war es, wo Du nach der großen Freude, welche ihm in Cœln geworden war, ihm Deinen schönsten Triumph in einem gelungenen großartigen Werke zeigen konntest. Er durfte sterben, denn wie er wußte, daß alle seine Kinder glücklich, daß seine Liebe glücklich und treflich geworden, so gieng das Bewußtsein mit ihm hinüber, daß sein geliebter Sohn den gefeierten Namen auch nach ihm würdig tragen, erhalten werde. Du bist vor vielen Söhnen zu preisen, ein solches Bewußtsein dem Vater mit in jene Welt zu geben und wenige Väter, wie der Deine, wüßten dieses Glück so innig, so treu, so dankbar zu tragen. Er war ein herrlicher Mann. Was ich Deiner Schwester in derselben Stunde schrieb, wo uns der Schmerz wieder mit euch Allen vereinte, ist mehr. Auch uns starb in ihm ein Freund, den wir als Vater ehrten. Unser Haus trägt die Familientrauer mit euch. Meine Schwestern schrieben gestern unter Thränen. Heute früh flossen sie aufs neue, als ich sagte, daß ich Dir schreiben wolle. Ihr erhaltet so drei Tage nach einander unsere Briefe, da ich diesen Dir nach Berlin sende, wo ich Dich jetzt weiß. Mit ihnen bringen wir Euch unser ganzes Herz, unsere Mitleiden und unsere Thränen um unseren Verlust. Aber auch unsere Sorgen um Euch Alle, um Deine liebe Mutter, die so unendlich arm geworden ist, um Dich, der Du so empfänglich bist für die nachtheiligen Eindrücke eines plötzlichen Schmerzes. Wenn doch die gemeinsame Trauer Euch Alle nur stärken möchte! Was an Mitgefühl aus der Ferne Euch tröstend zu Theil werden kann, ist Euch hier im treusten Sinne gewidmet. Die Trauerbotschaft ist hier von Allen, von Deinen und Deines Vaters Freunden mit einem Beweise der innigsten Anhänglichkeit vernommen. Alle hatten gehofft, daß der verehrte Freund länger für uns leben werde. Alle hatten erwartet, ihn noch einmal um uns zu sehen. Er ist dahin und mit herzlicher Trauer weinen wir ihm nach. Meine Schwestern und mein Vater sind tief ergriffen. Mein Vater weinte viel und lange, denn er hatte ihn sehr lieb. Rosa ist sehr herunter. Sie besitzt weniger Fassung als Elise, bei der sich der erste Schmerz heftiger ausdrückt. Bei jener wirkt der Schmerz nach. O, wären wir nicht so fern, Nichts sollte uns halten, zu Euch zu eilen, um gemeinsam zu tragen, zu trösten. Jetzt bleibt uns nur das Bewußtsein getheilten Leides und der sehnliche Wunsch bald, o recht bald zu wissen, wie es Euch ergeht, wie ihr Alle den Schlag ertragt. Schreibe mir. Ausspruch des Schmerzes ist Wohlthun und wohin könntest Du ihn senden, als dahin, wo er demselben Schmerze begegnet. Und sei, wenn irgend möglich, bald wieder thätig, recht thätig. Arbeit ist der beste Trost des Betrübten. Tausend Grüße von Allen hier an die Deinen. Mit der treuesten Liebe
Dein F.          
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November 1835</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0115884" resp="author" xml:id="persName_f95b0ec7-89c7-4ee7-b0fd-aea809633af4">Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798-1851)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0115884" resp="writer">Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798–1851)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_4b78db38-f8e0-438f-9086-b7e883a1abda"> <settlement key="STM0100109">Düsseldorf</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_540ad090-55a5-411f-886d-0106536ba683">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_080f2ddf-6d2f-4516-b299-c4f5e7805cac"> <settlement key="STM0100116">Leipzig</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_18e26d11-9f01-40fd-91b0-d4d2845f3357"> <head> <address> <addrLine>An den</addrLine> <addrLine>Herrn <hi rend="latintype">Felix Mendelssohn-</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Bartholdy</hi>,</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Wohlgeboren</hi></addrLine> <addrLine>zu</addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline"><del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_2eea0f2a-d5b8-4dc9-9350-d23cdc2f0d92"><hi rend="latintype">Berlin</hi></del></hi> <add place="above"><hi n="1" rend="underline">Leipzig</hi><name key="PSN0118477" resp="writers_hand" style="hidden">Unbekannt</name></add></addrLine> <addrLine><del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_7d034571-cca0-4664-ad9e-c60bd19d187d">Leipziger Str. <hi rend="latintype">Nr</hi>. 3.</del></addrLine> <addrLine><hi n="1" rend="underline">frei</hi>.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_29ed42a5-faf7-4079-8ba3-9262dc6d5b41"> <docAuthor key="PSN0115884" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_41fa75a6-115d-4482-9a58-08b230f2d193">Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798–1851)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0115884" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_62d2c73c-5a8e-4446-a431-9122c44bdc92">Woringen, Theodor Franz Ferdinand von (1798–1851)</docAuthor> <dateline rend="right"><hi rend="latintype">Düsseldorf</hi> den <date cert="high" when="1835-11-25" xml:id="date_6d67de0c-5451-48e9-9f90-feb237816787">25 <hi rend="latintype">Novb</hi>. 1835</date>.</dateline> <salute rend="left">Mein lieber armer Felix!</salute> <p style="paragraph_without_indent">Schon seit lange suchte ich nach einer guten Stunde, um Deinen Brief vom 31 v. M. zu beantworten. Ach! Ich dachte nicht, daß ich die Feder für Dich ansetzen müßte, um mich Deinen Thränen, Deinen Klagen um den unnennbaren Verlust des <persName xml:id="persName_bcaacae9-07e1-444d-9115-6b623a6c03cb">Vaters<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_265c3ae3-1b54-4a0e-8383-0616864b5ab4" xml:lang="de">den unnennbaren Verlust des Vaters – Abraham Mendelssohn Bartholdy war am 19. November 1835 gestorben.</note>, unseres geliebten Freundes, anzuschließen. Und neben diesen bedrängt uns Alle die treuste Sorge um Dich. O, ich kann mir das unabsehbare, traurige Gefühl des liebenden Sohnes recht lebendig machen, dem so plötzlich wie ein Donnerschlag aus heiterem Himmel, die Kunde zugeht, die unerwartet jammervolle, daß der über Alles geliebte Vater, plötzlich getrennt von ihm, gestorben sei. Wie wir Alle Dich denken, Dein reiches, reizbar empfängliches Herz, wie wir es kennen, welcher Schmerz Dich hier überfiel, als Deine liebe <persName xml:id="persName_c7f58b07-574a-4ab4-ad5e-9c8386ee570f">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> in Deiner Gegenwart gefährlich erkrankte<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_82674bf9-a86a-48a5-9c61-348d6da29fa0" xml:lang="de">als Deine liebe Mutter in Deiner Gegenwart gefährlich erkrankte – Nach dem 17. Niederrheinischen Musikfest in Köln zu Pfingsten (7. und 8. Juni) 1835, das Felix Mendelssohn Bartholdy geleitet hatte, verbrachten Abraham und Lea Mendelssohn Bartholdy noch einige Wochen in Düsseldorf. Ende Juni war die Mutter dort schwer erkrankt.</note>, so sehen wir Dich angstvoll und trauernd vor uns, als Du die schreckliche Nachricht empfängst, der arme Felix, war unser nächstes, ist jetzt unser stündliches Wort! Möge Dir der liebe Gott Kraft gegeben haben, wohl den herbsten Schlag des Schicksals mit Ergebung und Fassung zu tragen. Ich weiß; wie Du augenblicks zu den Deinen eiltest, um noch einmal die Züge des geliebten Todten zu sehen, ehe sie die weiche Erde deckt. Möge die verklärende Ruhe, die gewiß aus dem todten Bilde des herrlichen, edlen Mannes Dich anblickte, auch Ruhe in Dein Herz in Deinen Schmerz gesenkt haben. Wir hier kennen die ganze Wohlthat des Anschauens eines so ruhigen Todtenbildes. Als meine <persName xml:id="persName_98cacbe0-e4c5-4e5c-9390-54284096df53">Mutter<name key="PSN0118674" style="hidden" type="person">Woringen, Maria Anna (Antoinette?) von (1776-1828)</name></persName> am <date cert="high" when="1828-11-04" xml:id="date_77d5a296-ab58-41ec-aa29-5266bf3938c4">4<hi rend="superscript">ten</hi> Nov. 1828</date> starb<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_af9784ce-06d7-437b-b75e-1e4c2f257d03" xml:lang="de">Als meine Mutter am 4ten Nov. 1828 starb – Ferdinand von Woringens Mutter Maria Anna (Antoinette?), geb. Reigers, war die erste Ehefrau des Vaters Otto von Woringen. Dieser ehe entstammten auch die im vorliegenden Brief erwähnten Schwestern Elisabetha (Elisa) Clementina Maria und Rosa Clementina von Woringen.</note> und nach ihrem Verscheiden mit jeder Stunde der herbe Schmerz ihres fürchterlichen, langen Leidens mehr und mehr von ihren verblichenen Zügen gewichen war,<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> als sie endlich vor mir lag, ein weiches Lächeln um die geliebten Züge spielte und sie aussah, als ob sie schlummernd von Glück und Segen träume und bald wieder erwachen werde, da wurden unsere Thränen mild. Zu unserem Jammer trat die Verklärung der Verewigten, Geliebten, deren Geist uns sanft und freundlich tröstend umschwebte und uns einander umarmend, fanden wir am Lager der Todten Ruhe und Fassung. So hoffe ich, wird es auch Dir und den Deinen ergangen sein. Wie preise ich, daß Du so nahe warst, um doch den <persName xml:id="persName_177e02af-8806-4e28-a985-9311f620b5a5">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> noch verblichen zu sehen! Wie muß es tröstend für Dich sein, seinen letzten Lebenssommer, seine letzten sorgenvollen, und auch vielleicht die letzten heiteren Tage seit Pfingsten mit ihm zusammen und bis kurz vor seinem Ende verlebt zu haben<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_03899232-3a16-4803-93e1-216cf3ba0145" xml:lang="de">die letzten heiteren Tage seit Pfingsten mit ihm … verlebt zu haben – Felix Mendelssohn Bartholdy begleitete die Eltern nach der Erkrankung der Mutter Lea nach Berlin und verbrachte dort die Zeit ab dem 1. August 1835. Am 29. August 1835 übersiedelte er nach Leipzig. Am 13. Oktober 1835 war Mendelssohn mit dem zuvor fast zwei Wochen in Leipzig weilenden Ignaz Moscheles und der inzwischen angekommenen Familie Dirichlet nach Berlin gereist, wo sie am Folgetag nachts ankamen. Am 16. Oktober reiste er frühmorgens von Berlin ab; vgl. Brief fmb-1835-10-14-01 (Brief Nr. 1229) Felix Mendelssohn Bartholdy an Franz Hauser in Leipzig, Berlin, 14. Oktober 1835.</note>. Hier drängten sich Monate lang die verschiedensten Begebnisse, worin zunächst eure gegenseitige Liebe den Hauptmoment zum Tragen des Trüben, zum Genusse des Erfreulichen bildete. Hier war es, wo Du nach der großen Freude, welche ihm in <placeName xml:id="placeName_4cc6e9ae-ad32-4cab-99f3-b529650e1609"><hi rend="latintype">Cœln</hi><settlement key="STM0100107" style="hidden" type="locality">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> geworden war<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_219bd84c-7f60-4ced-a815-f92bd6724cb1" xml:lang="de">der großen Freude, welche ihm in Cœln geworden war – bezieht auch auf das von Mendelssohn geleitete 17. Niederrheinischen Musikfest in Köln zu Pfingsten 1835.</note>, ihm Deinen schönsten Triumph in einem gelungenen großartigen <title xml:id="title_9a8faba2-3b0f-4567-aa77-52d7a63f37e0">Werke<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_pj6sktlx-0n3a-fypw-lzbk-wuejtxqgkq47"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9e9b50a2-1b12-4e1c-9a2d-c3368ea8747c" xml:lang="de">Deinen schönsten Triumph in einem gelungenen großartigen Werke – Gemeint ist das Oratoriums Paulus op. 36 (MWV A 14), aus dem Abraham Mendelssohn Bartholdy »noch in Berlin und Düsseld. einige der schönsten Stellen, namentl. die Predigt, Steinigung und Bestattung Stephans gehört hatte, natürlich am Clavier« (Hensel, Tagebücher, S. 81). Die Uraufführung des Werks fand erst während des 18. Niederrheinischen Musikfestes zu Pfingsten 1836 in Düsseldorf statt.</note> zeigen konntest. Er durfte sterben, denn wie er wußte, daß alle seine <persName xml:id="persName_bc5c3323-59e4-4081-983d-d32d4e7bbf3d">Kinder<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="PSN0000001" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name><name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> glücklich, daß seine Liebe glücklich und treflich geworden, so gieng das Bewußtsein mit ihm hinüber, daß sein geliebter Sohn den gefeierten Namen auch nach ihm würdig tragen, erhalten werde. Du bist vor vielen Söhnen zu preisen, ein solches Bewußtsein dem Vater mit in jene Welt zu geben und wenige Väter, wie der Deine, wüßten dieses Glück so innig, so treu, so dankbar zu tragen. Er war ein herrlicher Mann. Was ich Deiner <persName xml:id="persName_3d94ff7b-2fac-4974-81b7-731094d220e0">Schwester<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> in derselben Stunde schrieb<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0fe5ad5a-d24e-420b-a0fb-bd29aac43f22" xml:lang="de">Was ich Deiner Schwester in derselben Stunde schrieb – Der Brief an Rebecka Lejeune Dirichlet ist nicht bekannt.</note>, wo uns der Schmerz wieder mit euch Allen vereinte, ist mehr. Auch uns starb in ihm ein Freund, den wir als Vater ehrten. Unser Haus trägt<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> die Familientrauer mit euch. Meine <persName xml:id="persName_ce43f04e-cd98-4cc5-a724-365d45e0f5ac">Schwestern<name key="PSN0115877" style="hidden" type="person">Woringen, Elisabetha (Elisa) Clementina Maria von (1807-?)</name><name key="PSN0115882" style="hidden" type="person">Woringen, Rosa Clementina von (1810-1875)</name></persName> schrieben <date cert="high" when="1835-11-24" xml:id="date_19576630-2e90-43ed-b17b-5860deb130b5">gestern</date><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c71a2912-c507-48cf-a240-8d3edbfa36f6" xml:lang="de">Meine Schwestern schrieben gestern – Der Brief von Elisabetha (Elisa) Clementina Maria und Rosa Clementina von Woringen an die Familie Mendelssohn Bartholdy vom 24. November 1835 lässt sich nicht nachweisen.</note> unter Thränen. <date cert="high" when="1835-11-25" xml:id="date_bc10b34e-8d2e-4713-a389-292f1f50ea7a">Heute früh</date> flossen sie aufs neue, als ich sagte, daß ich Dir schreiben wolle. Ihr erhaltet so drei Tage nach einander unsere Briefe, da ich diesen Dir nach <placeName xml:id="placeName_0ed87291-ac64-4668-98e0-45269b92d09f">Berlin<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> sende, wo ich Dich jetzt weiß. Mit ihnen bringen wir Euch unser ganzes Herz, unsere Mitleiden und unsere Thränen um unseren Verlust. Aber auch unsere Sorgen um Euch Alle, um Deine liebe <persName xml:id="persName_47576539-827f-48e8-be99-a7cbbda18829">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName>, die so unendlich arm geworden ist, um Dich, der Du so empfänglich bist für die nachtheiligen Eindrücke eines plötzlichen Schmerzes. Wenn doch die gemeinsame Trauer Euch Alle nur stärken möchte! Was an Mitgefühl aus der Ferne Euch tröstend zu Theil werden kann, ist Euch hier im treusten Sinne gewidmet. Die Trauerbotschaft ist hier von Allen, von Deinen und Deines Vaters Freunden mit einem Beweise der innigsten Anhänglichkeit vernommen. Alle hatten gehofft, daß der verehrte Freund länger für uns leben werde. Alle hatten erwartet, ihn noch einmal um uns zu sehen. Er ist dahin und mit herzlicher Trauer weinen wir ihm nach. Meine <persName xml:id="persName_3f38ae5f-b56c-43a5-a4cd-fa6ce58997c8">Schwestern<name key="PSN0115877" style="hidden" type="person">Woringen, Elisabetha (Elisa) Clementina Maria von (1807-?)</name><name key="PSN0115882" style="hidden" type="person">Woringen, Rosa Clementina von (1810-1875)</name></persName> und mein <persName xml:id="persName_eb73bd5a-342a-4e9d-ad6d-d9c956487aac">Vater<name key="PSN0115880" style="hidden" type="person">Woringen, Georgius Otto Philippus von (1760-1838)</name></persName> sind tief ergriffen. Mein Vater weinte viel und lange, denn er hatte ihn sehr lieb. <persName xml:id="persName_d424866c-fd64-4b3c-a154-a82c78c7699d">Rosa<name key="PSN0115882" style="hidden" type="person">Woringen, Rosa Clementina von (1810-1875)</name></persName> ist sehr herunter. Sie besitzt weniger Fassung als <persName xml:id="persName_a9c7ee77-4e36-40ec-9ad6-0e867fdbba8b">Elise<name key="PSN0115877" style="hidden" type="person">Woringen, Elisabetha (Elisa) Clementina Maria von (1807-?)</name></persName>, bei der sich der erste Schmerz heftiger ausdrückt. Bei jener wirkt der Schmerz nach. O, wären wir nicht so fern, Nichts sollte uns halten, zu Euch zu eilen, um gemeinsam zu tragen, zu trösten. Jetzt bleibt uns nur das Bewußtsein getheilten Leides und der sehnliche Wunsch bald, o recht bald zu wissen, wie es Euch ergeht, wie ihr Alle den Schlag ertragt. Schreibe mir. Ausspruch des Schmerzes ist Wohlthun und wohin könntest Du ihn senden, als dahin, wo er demselben Schmerze begegnet. Und sei, wenn irgend möglich, bald wieder thätig, recht thätig. Arbeit ist der beste Trost des Betrübten. Tausend Grüße von Allen hier an die Deinen. Mit der treuesten Liebe</p> <signed rend="right">Dein <hi rend="latintype">F</hi>.</signed> </div> </body> </text></TEI>