gb-1835-11-24-01
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Brüssow, 24. November 1835
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BRÜSSOW / 24 NOV 1835], Siegel.
Ernst Friedrich Albert Baur
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Felix Mendelssohn-Bartholdy
Leipzig.
Brüssowd
Novemb. 35
Die Nachricht von unserem GlückBelzig
Jetzt aber mein Lieber zu etwas anderem. Du hörtest mit Erstaunen von mir, doch wie mich dünkt nicht ganz ungläubig, daß man auch in der Ferne Pathenschaft übernehmen könne. Dich darum zu bitten, bei Dir es nun einmal selbst zu versuchen ist die Veranlassung, daß ich gerade heute schreibe. Denn t DecemberAnna getauft werden , und nothwendiger Weise mußt Du es doch vorher wissen. Zugemuthet wird Dir dabei für den Tauftag selbst, so viel Phantasie, daß Du Dir auch dort die Handlung in allem lebendig vorstellen und mit Deinem Geiste dabei sein kannst, und das wirst Du vielleicht um so lieber thun, wenn Du hörst, daß außer meinen Verwandten und hiesigen Freunden auch in corpore , in der Ferne aber auch noch Julie Köpke
Bis auf den letzten kleinen Punkt habe ich, lieber, das beste Vertrauen zu Dir, und so wundere Dich denn nicht, sondern schlag ein, es ist nicht mehr was Du versprichst, als was Du ohne dies schon willst und sollst.
Brüssow d 24sten Novemb. 35. Mein lieber Felix Die Nachricht von unserem Glück, das wir so lange ersehnt hatten, haben wir zunächst den Zeitungen übergeben, und da hast auch Du wohl schon von der Geburt unseres Töchterchens gelesen, und ich wills hoffen, Dich mit uns gefreut. Diese Freude so ganz ins Einzeleste hinein zu verfolgen, muthe ich Dir nicht zu, wenn Du es nur den Eltern lassen willst, ohne diese Freude Verliebtheit zu schelten, aber eben deshalb erspare ich Dir auch alle Schilderungen, diesen wir doch ohnedies hoffen, Dich künftig noch einmal in Belzig bei uns zu sehen um unser Töchterlein Dir dann zu zeigen. Nun habe ich die großen allgemeinen Erfahrungen des Lebens gemacht, und bin ein ganzer Mann, nach Gellert, nur das Sterben habe ich noch durchzumachen, und viel tausend Einzelheiten. Aber in der That habe ich diese Erfahrung ängstlich erharret, und nach ihrer Erfüllung bin auch über dieses Sehnen, wie über das bräutliche früher, nunmehr gestillet. Es ist mir als könnte ich nun mit mehr Freiheit und Seelenruhe weiter leben und arbeiten, während man gewöhnlich die Sache umgekehrt gelten läßt. Ich sagte Dir schon einmal lieber Felix, jetzt kümmert mich mein Alter nichts mehr, es ist in der That wahr, ich fühle ganz entschieden seit dem nichts mehr davon. Jetzt aber mein Lieber zu etwas anderem. Du hörtest mit Erstaunen von mir, doch wie mich dünkt nicht ganz ungläubig, daß man auch in der Ferne Pathenschaft übernehmen könne. Dich darum zu bitten, bei Dir es nun einmal selbst zu versuchen ist die Veranlassung, daß ich gerade heute schreibe. Denn Mittwoch den 2t December vormittags 11 Uhr soll unser Töchterchen Anna getauft werden, und nothwendiger Weise mußt Du es doch vorher wissen. Zugemuthet wird Dir dabei für den Tauftag selbst, so viel Phantasie, daß Du Dir auch dort die Handlung in allem lebendig vorstellen und mit Deinem Geiste dabei sein kannst, und das wirst Du vielleicht um so lieber thun, wenn Du hörst, daß außer meinen Verwandten und hiesigen Freunden auch Mühlenfels, hoffentlich in corpore, in der Ferne aber auch noch Julie Köpke das Amt mit Dir theilen. Für alle übrige Zeit außer dem Tauftage wird allerdings noch mehr dadurch Dir auferlegt, daß Du nämlich Dich alle Zeit als ein ordentlicher Christenmensch halten willst, sowohl in Gegenwart unseres Töchterleins, daß nur Segen und Gutes von Dir ausgehe für sie, als auch fern von ihr, damit, was sie von Dir hört von gleich guter Christenart sei. Dazu gehört nun vor allen Dingen, daß Du diese jüngere Generation wollest in Dein Herz schließen bei Deinem Schaffen in der Kunst, damit sie den rechten Christenhimmel darin finde und – daß Du es ihr nicht so schwer machst, sich da hinauf zu spielen und zu singen. Bis auf den letzten kleinen Punkt habe ich, lieber, das beste Vertrauen zu Dir, und so wundere Dich denn nicht, sondern schlag ein, es ist nicht mehr was Du versprichst, als was Du ohne dies schon willst und sollst. Nim es freundlich auf das ernsthafte Scherzen, und denke Dir weiter aus, warum mir daran liegen mag zu den Pathen, welche nur von Natur und Rechts wegen sind, auch solche Leute, wie Dich und Mühlenfels als Elternpathen und Vertreter unserer heutigen Christengemeinschaft einzuladen. Bleib mir freundlich, und zeige es auch durch baldiges Schreiben. Dein Freund Albert Baur.
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Oktober 1835 war Albert Baurs Tochter Anna (Anne) Wilhelmine Ulrike zur Welt gekommen.</note>, das wir so lange ersehnt hatten, haben wir zunächst den Zeitungen übergeben, und da hast auch Du wohl schon von der Geburt unseres <persName xml:id="persName_4bcbe700-c754-4334-a086-81090dfea5c3">Töchterchens<name key="PSN0109709" style="hidden" type="person">Baur, Anna (Anne) Wilhelmine Ulrike (1835-1867)</name></persName> gelesen, und ich wills hoffen, Dich mit uns gefreut. Diese Freude so ganz ins Einzeleste hinein zu verfolgen, muthe ich Dir nicht zu, wenn Du es nur den <persName xml:id="persName_1be465e7-930e-46a2-b721-b23be84ede79">Eltern<name key="PSN0109710" style="hidden" type="person">Baur, Ernst Friedrich Albert (1803-1886)</name><name key="PSN0109713" style="hidden" type="person">Baur, Luise Henriette (1807-1848)</name></persName> lassen willst, ohne diese Freude Verliebtheit zu schelten, aber eben deshalb erspare ich Dir auch alle Schilderungen, diesen wir doch ohnedies hoffen, Dich künftig noch einmal in <placeName xml:id="placeName_bc5da9e6-deb8-4be5-8b31-1797fe6e0c3c"><hi rend="latintype">Belzig</hi><settlement key="STM0100597" style="hidden" type="area">Belzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> bei uns zu sehen um unser Töchterlein Dir dann zu zeigen. 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Du hörtest mit Erstaunen von mir, doch wie mich dünkt nicht ganz ungläubig, daß man auch in der Ferne Pathenschaft übernehmen könne. Dich darum zu bitten, bei Dir es nun einmal selbst zu versuchen ist die Veranlassung, daß ich gerade heute schreibe. Denn <date cert="high" when="1835-12-02" xml:id="date_f3deaffe-87f5-49a8-97a6-c37a0c1b044b">Mittwoch den 2<hi rend="superscript">t</hi> <hi rend="latintype">December</hi></date> vormittags 11 Uhr soll unser Töchterchen <hi rend="latintype">Anna</hi> getauft werden<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_06160de4-b135-4c3d-8065-c9e565661577" xml:lang="de">Mittwoch den 2t December vormittags 11 Uhr soll unser Töchterchen Anna getauft werden – Vorliegende Einladung erhielt Mendelssohn erst am 2. Dezember 1835, dem Tauftag. In seinem Antwortschreiben, Brief fmb-1835-12-05-01 (Brief Nr. 1263) Felix Mendelssohn Bartholdy an Ernst Friedrich Albert Baur in Belzig, Leipzig, 5. Dezember 1835, übermittelte er dem Freund (Z. 22 ff.): »wenn Du in späteren Jahren Deinem Kinde von denen erzählst, die Du zu seiner Taufe gebeten hattest, so laß mich nicht weg, sondern sage ihm, wie Einer davon an diesem Tage sein Leben auch von Neuem, aber in einer andern Bedeutung angefangen habe, – mit neuen Vorsätzen und Wünschen, und mit neuen Bitten zu Gott!«</note>, und nothwendiger Weise mußt Du es doch vorher wissen. Zugemuthet wird Dir dabei für den Tauftag selbst, so viel Phantasie, daß Du Dir auch dort die Handlung in allem lebendig vorstellen und mit Deinem Geiste dabei sein kannst, und das wirst Du vielleicht um so lieber thun, wenn Du hörst, daß außer meinen Verwandten und hiesigen Freunden auch <persName xml:id="persName_70887553-b09e-49a1-975e-7d392f401178">Mühlenfels<name key="PSN0113471" style="hidden" type="person">Mühlenfels, Ludwig von (1793-1861)</name></persName>, hoffentlich <hi rend="latintype">in corpore</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_08ad334b-5009-423e-b246-7aa6d856b9ff" xml:lang="la ">in corpore – lat., gemeinsam, in geschlossener Gruppe.</note>, in der Ferne aber auch noch <persName xml:id="persName_bb3ff48e-d735-46f0-9857-58ea4b15598c"><hi rend="latintype">Julie Köpke</hi><name key="PSN0119253" style="hidden" type="person">Köpke, Sophie Julie Wilhelmine (1806-?)</name></persName> das Amt mit Dir theilen. Für alle übrige Zeit außer dem Tauftage wird allerdings noch mehr dadurch Dir auferlegt, daß Du nämlich Dich alle Zeit als ein ordentlicher Christenmensch halten willst, sowohl in Gegenwart unseres Töchterleins, daß nur<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> Segen und Gutes von Dir ausgehe für sie, als auch fern von ihr, damit, was sie von Dir hört von gleich guter Christenart sei. Dazu gehört nun vor allen Dingen, daß Du diese jüngere Generation wollest in Dein Herz schließen bei Deinem Schaffen in der Kunst, damit sie den rechten Christenhimmel darin finde und – daß Du es ihr nicht so schwer machst, sich da hinauf zu spielen und zu singen.</p> <p>Bis auf den letzten kleinen Punkt habe ich, lieber, das beste Vertrauen zu Dir, und so wundere Dich denn nicht, sondern schlag ein, es ist nicht mehr was Du versprichst, als was Du ohne dies schon willst und sollst. <choice resp="editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_d2aced0c-5d16-482a-b3fc-ad4094f55e9b"> <sic resp="writer">Nim</sic> <corr resp="editor">Nimm</corr> </choice> es freundlich auf das ernsthafte Scherzen, und denke Dir weiter aus, warum mir daran liegen mag zu den Pathen, welche <unclear reason="seal_tear-off" resp="FMBC">nur</unclear> von Natur und Rechts wegen sind, auch solche Leute, wie Dich und <persName xml:id="persName_cd711b0f-6208-43e6-bf49-df46a4ea21c3">Mühlenfels<name key="PSN0113471" style="hidden" type="person">Mühlenfels, Ludwig von (1793-1861)</name></persName> als Elternpathen und Vertreter unserer heutigen Christengemeinschaft einzuladen.</p> <closer rend="left">Bleib mir freundlich, und zeige es auch durch baldiges Schreiben.</closer> <signed rend="right">Dein</signed> <signed rend="right">Freund</signed> <signed rend="right">Albert Baur.</signed> </div> </body> </text></TEI>