gb-1835-10-08-03
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Dessau, 8. Oktober 1835
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-2 Brieftext; S. 3 leer; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [DESSAU / 9. OCT.], Siegel.
Julius Schubring
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Felix Mendelssohn Bartholdy
Leipzig.
franco.
Oktobr1835.
Die Feiertage, die ich bei Dir zubrachte
, lieber Felix, spuken mir noch so vielfach im Kopfe herum, daß das Arbeiten noch gar nicht wieder schmecken will. Bisweilen kommt es mir vor, als wäre ich Dir doch eine Last gewesen, dann aber freue ich mich doch auch zu sehr, und vergesse das Andere. –Hier traf ich Alles nach Wunsch, und selbst die Schuhe passten vortrefflich. Das besprochene Schulfest
1. In meinen Bibeln steht: das Gras, das doch bald welk wird (im Hebräischen fehlt das bald beide male!)
2. Das verlangte Gebet bei Paulus erster Auswanderung. Dazu paßte vielleicht das einzige Gebet im N. Test. Ap.Gesch 4,29,30. Herr, gieb deinen Knechten, mit aller Freudigkeit zu reden dein Wort, und strecke deine Hand aus pp
oder nach Eph. 3,15: Der du der rechte Vater bist über Alles, was Kinder heißt, im Himmel & auf Erden, gieb ihnen Kraft nach dem Reichthum deiner Herrlichkeit, stark zu werden durch Deinen Geist & Christum zu wohnen in ihren Herzen (or dergl.)
(Oder ein Chor, womit man den Reisenden das Geleite giebt: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo.)
Oder nach Col. 1,26,27. Herr, thue kund, welcher da sei der herrliche Reichthum Deines Geheimnisses, welches verborgen gewesen ist von der Welt her, nun aber geoffenbaret deine Heiligen.
3. Bei dem Heidenopfer in Lystra ist es mir immer fühlbarer geworden, daß das doch zu lang ist. Man könnte wol in einem solchen Oratorium die Finsternisse des Heidenthums angeben, um nachher das Evangelium durch den Heidenapostel hineinscheinen zu lassen (wie die Arie im
h molldas Volk so im Finstern wandelt
pp)Aber das liegt in diesen Chören nicht; nach der Situation müßte vielleicht eine sinnlich üppige or dergl Musik beim Götzendienst vorkommen, was wieder für das Oratorium zu dramatisch würde. Daher glaube ich jetzt, Du würdest am besten thun, nach dem ersten Chor höchstens noch ein
g, spielen zu lassen, so daß dann schon Paulus unterbrechend hineinfährt. Dadurch würde auch Zeit gewonnen für noch fehlende Dinge. z.b. Nutzanwendungen in Arien oder Chören oder Chorälen, welche das Geschichtliche dem Herzen des Hörers näher brächten. Oder auch etwas, was die andern christlichen Gemeinden als theilnehmend darstellt, wie denn das damals in hohem Grade der Fall war. Wenn Du mir nachher einmal den ganzen Text schickst, will ich sehn, ob ich Dir noch irgend Vorschläge machen kann.
Die andre Bestellung habe ich in so weit ausgerichtet, daß Bachiana machen will , aus welchem Du Dir nach Gefallen aussuchen sollst. Er war sehr bereitwillig dazu. Wir haben hier einen sehr guten Notenschreiber, der Dir dann Alles besorgen kann.
Unsere Reise ging damals doch noch , war ich eben mit Frühstücken fertig, als der Wagen ankam, der auch nur Trab fuhr. Unwillkürlich muß ich bei Deiner damaligen Ungeduld daran denken, wie gut es ist, wenn man nicht Alles ganz nach Wünschen haben kann. Wie sollte ichs z.b. in einer Klasse mit 50-60 Jungen aushalten, von denen doch Manche wenigstens erstaunend viel zu wünschen übrig lassen, wenn ich über Kleinigkeiten gleich verdrießlich werden wollte. Eigne Kinder – ach liebster Freund –, da lernt man Geduld haben, wenns um einen herum bisweilen quarrt pp pp pp Abends 6 Uhr kamen wir hier an. Und ich hätte wenig Profit gehabt, wenn ich um 5 oder 4 Uhr angekommen wäre. Dagegen freut michs noch immer, daß ich mich auf dem Hinwege zu Dir durch nichts aufhalten ließ und so bei Zeiten angekommen bin. NB . Jetzt eben sitzt mein kleiner
Wenn Du mir schreibst, so erzähle mir doch auch, wie die ersten
Deßau d. 8 Oktobr 1835. Die Feiertage, die ich bei Dir zubrachte, lieber Felix, spuken mir noch so vielfach im Kopfe herum, daß das Arbeiten noch gar nicht wieder schmecken will. Bisweilen kommt es mir vor, als wäre ich Dir doch eine Last gewesen, dann aber freue ich mich doch auch zu sehr, und vergesse das Andere. – Hier traf ich Alles nach Wunsch, und selbst die Schuhe passten vortrefflich. Das besprochene Schulfest ist glücklich überstanden – ich muß aber noch unbändig viel schlafen – vom Hetzen her. Da habe ich denn erst gestern wieder ordentlich an Deinen Paulus denken können, wovon ich zunächst folgendes Resultat liefere: 1. In meinen Bibeln steht: das Gras, das doch bald welk wird (im Hebräischen fehlt das bald beide male!) 2. Das verlangte Gebet bei Paulus erster Auswanderung. Dazu paßte vielleicht das einzige Gebet im N. Test. Ap. Gesch 4, 29, 30. Herr, gieb deinen Knechten, mit aller Freudigkeit zu reden dein Wort, und strecke deine Hand aus pp oder nach Eph. 3, 15: Der du der rechte Vater bist über Alles, was Kinder heißt, im Himmel & auf Erden, gieb ihnen Kraft nach dem Reichthum deiner Herrlichkeit, stark zu werden durch Deinen Geist & Christum zu wohnen in ihren Herzen (or dergl. ) (Oder ein Chor, womit man den Reisenden das Geleite giebt: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo. ) Oder nach Col. 1, 26, 27. Herr, thue kund, welcher da sei der herrliche Reichthum Deines Geheimnisses, welches verborgen gewesen ist von der Welt her, nun aber geoffenbaret deine Heiligen. 3. Bei dem Heidenopfer in Lystra ist es mir immer fühlbarer geworden, daß das doch zu lang ist. Man könnte wol in einem solchen Oratorium die Finsternisse des Heidenthums angeben, um nachher das Evangelium durch den Heidenapostel hineinscheinen zu lassen (wie die Arie im Messias aus h moll das Volk so im Finstern wandelt pp) Aber das liegt in diesen Chören nicht; nach der Situation müßte vielleicht eine sinnlich üppige or dergl Musik beim Götzendienst vorkommen, was wieder für das Oratorium zu dramatisch würde. Daher glaube ich jetzt, Du würdest am besten thun, nach dem ersten Chor höchstens noch ein Riturnell or dergl, wie zu dem Chor aus g, spielen zu lassen, so daß dann schon Paulus unterbrechend hineinfährt. Dadurch würde auch Zeit gewonnen für noch fehlende Dinge. z. b. Nutzanwendungen in Arien oder Chören oder Chorälen, welche das Geschichtliche dem Herzen des Hörers näher brächten. Oder auch etwas, was die andern christlichen Gemeinden als theilnehmend darstellt, wie denn das damals in hohem Grade der Fall war. Wenn Du mir nachher einmal den ganzen Text schickst, will ich sehn, ob ich Dir noch irgend Vorschläge machen kann. Die andre Bestellung habe ich in so weit ausgerichtet, daß Schneider ein kleines Verzeichniß seiner ungedruckten Bachiana machen will, aus welchem Du Dir nach Gefallen aussuchen sollst. Er war sehr bereitwillig dazu. Wir haben hier einen sehr guten Notenschreiber, der Dir dann Alles besorgen kann. Unsere Reise ging damals doch noch zu ziemlich von Statten. In Eutritzsch, war ich eben mit Frühstücken fertig, als der Wagen ankam, der auch nur Trab fuhr. Unwillkürlich muß ich bei Deiner damaligen Ungeduld daran denken, wie gut es ist, wenn man nicht Alles ganz nach Wünschen haben kann. Wie sollte ichs z. b. in einer Klasse mit 50-60 Jungen aushalten, von denen doch Manche wenigstens erstaunend viel zu wünschen übrig lassen, wenn ich über Kleinigkeiten gleich verdrießlich werden wollte. Eigne Kinder – ach liebster Freund –, da lernt man Geduld haben, wenns um einen herum bisweilen quarrt pp pp pp Abends 6 Uhr kamen wir hier an. Und ich hätte wenig Profit gehabt, wenn ich um 5 oder 4 Uhr angekommen wäre. Dagegen freut michs noch immer, daß ich mich auf dem Hinwege zu Dir durch nichts aufhalten ließ und so bei Zeiten angekommen bin. NB. Jetzt eben sitzt mein kleiner Junge neben mir auf dem Sopha und höckert an mir herauf, weshalb die Buchstaben mitunter etwas verdreht herauskommen. Wenn Du mir schreibst, so erzähle mir doch auch, wie die ersten Concerte abgelaufen sind. Lebe wohl und behalte mich lieb. Grüße Hauser bestens Dein J. Schubring
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1835-10-08-03" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1835-10-08-03" xml:id="title_53e07a6c-d545-4f00-8a6e-b0e4b334d854">Julius Schubring an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig <lb></lb> Dessau, 8. Oktober 1835</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_11d336de-a522-49a9-b0ae-3d803c4f2d18">Die Feiertage, die ich bei Dir zubrachte, lieber Felix, spuken mir noch so vielfach im Kopfe herum, daß das Arbeiten noch gar nicht wieder schmecken will. Bisweilen kommt es mir vor, als wäre ich Dir</title> <title level="s" type="sub" xml:id="title_849e5a04-150d-4b47-aa80-053931ced3e4">Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C)</title> <title key="fmb-1835-09-16-01" type="precursor" xml:id="title_ca036b21-9c04-4fe9-8bea-965a6347905c">Felix Mendelssohn Bartholdy an Julius Schubring in Dessau; Leipzig, 16. September 1835</title> <title key="fmb-1835-12-06-02" type="successor" xml:id="title_e4f010e3-5270-4f5f-8d54-dbbb005e7c08">Felix Mendelssohn Bartholdy an Julius Schubring in Dessau; Leipzig, 6. 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Oktober 1835</title> <incipit>Die Feiertage, die ich bei Dir zubrachte, lieber Felix, spuken mir noch so vielfach im Kopfe herum, daß das Arbeiten noch gar nicht wieder schmecken will. Bisweilen kommt es mir vor, als wäre ich Dir</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-2 Brieftext; S. 3 leer; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [DESSAU / 9. 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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1835-10-08" xml:id="date_3bb6559b-e419-4379-89e7-ac4dd9efd90a">8. 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September 1835 nach Leipzig gekommen; vgl. dazu Brief fmb-1835-10-06-01 (Brief Nr. 1223) Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Leipzig, 6. Oktober 1835, Z. 50 ff.: »Aber noch ehe Chopin reis’te, war Schubring angekommen; der gute war in seinen einzigen freien Ferientagen zu Fuß herübergekommen, um mich auf ein Paar Tage zu besuchen und bei mir zu wohnen«.</note>, lieber Felix, spuken mir noch so vielfach im Kopfe herum, daß das Arbeiten noch gar nicht wieder schmecken will. Bisweilen kommt es mir vor, als wäre ich Dir doch eine Last gewesen, dann aber freue ich mich doch auch zu sehr, und vergesse das Andere. –</p> <p>Hier traf ich Alles nach Wunsch, und selbst die Schuhe passten vortrefflich. Das besprochene Schulfest<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_892947f3-6b8e-427d-8858-0188728813c8" xml:lang="de">Das besprochene Schulfest ist glücklich überstanden – die fünfzigjährige Jubiläumsfeier des Gymnasiums in Dessau am 5. und 6. Oktober 1835; siehe Brief gb-1835-09-13-01 Julius Schubring an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Dessau, 12. und 13. September 1835.</note> ist glücklich überstanden – ich muß aber noch unbändig viel schlafen – vom Hetzen her. Da habe ich denn erst <date cert="high" when="1835-10-07" xml:id="date_baacd7db-1fa9-4086-842a-39d98cd271a7">gestern</date> wieder ordentlich an Deinen <title xml:id="title_806f0d4d-05b2-43f3-a4a4-8fda1cb4e19c">Paulus<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_girzavzq-ua7q-xvjd-fgki-oeeodimpmazh"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100114" style="hidden">Paulus / St. Paul, Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, gemischten Chor, Orchester und Orgel, [1832] bis 18. April 1836<idno type="MWV">A 14</idno><idno type="op">36</idno></name></title> denken können, wovon ich zunächst folgendes Resultat liefere: </p> <p>1. In meinen Bibeln steht: das Gras, das doch <hi n="1" rend="underline">bald</hi> welk wird<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f9651f70-26b7-4300-8df1-bd78b39fe2bb" xml:lang="de">das Gras, das doch bald welk wird – Ps 90,5: »Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom; sie sind wie ein Schlaf, gleichwie ein Gras, das doch bald welk wird« (zit. nach Lutherbibel 1912).</note> (im Hebräischen fehlt das <hi n="1" rend="underline">bald</hi> beide male!)</p> <p>2. Das verlangte Gebet bei Paulus erster Auswanderung. Dazu paßte vielleicht das einzige Gebet im N. Test. Ap.Gesch 4,29,30. Herr, gieb deinen Knechten, mit aller Freudigkeit zu reden dein Wort, und strecke deine Hand aus <hi rend="latintype">pp</hi></p> <p>oder nach <hi rend="latintype">Eph</hi>. 3,15: Der du der rechte Vater bist über Alles, was Kinder heißt, im Himmel & auf Erden, gieb ihnen Kraft nach dem Reichthum deiner Herrlichkeit, stark zu werden durch Deinen Geist & Christum zu wohnen in ihren Herzen (or dergl.)</p> <p>(Oder ein Chor, womit man den Reisenden das Geleite giebt: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo.)</p> <p>Oder nach <hi rend="latintype">Col</hi>. 1,26,27. Herr, thue kund, welcher da sei der herrliche Reichthum Deines Geheimnisses, welches verborgen gewesen ist von der Welt her, nun aber geoffenbaret deine Heiligen.</p> <p>3. Bei dem Heidenopfer in Lystra ist es mir immer fühlbarer geworden, daß das doch zu lang ist. Man könnte wol in einem solchen Oratorium die Finsternisse des Heidenthums angeben, um nachher das Evangelium durch den Heidenapostel hineinscheinen zu lassen (wie die Arie im <title xml:id="title_a3573828-a484-4ca2-98f5-934d1022eb05">Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name></title> aus <hi rend="latintype">h moll</hi> das Volk so im Finstern wandelt<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2dacc3e8-caac-4dfd-ba81-be4b11285aee" xml:lang="de">die Arie im Messias aus h moll das Volk so im Finstern wandelt – Nr. 11 Air »The people that walked in darkness have seen a great light« aus Georg Friedrich Händels Oratorium Messiah HWV 56.</note> <hi rend="latintype">pp)</hi> Aber das liegt in diesen Chören nicht; nach der Situation müßte vielleicht eine sinnlich üppige or<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_f37c4160-f00a-4693-ace3-5daf22569c63" xml:lang="de">or – lies: oder.</note> dergl Musik beim Götzendienst vorkommen, was wieder für das Oratorium zu dramatisch würde. Daher glaube ich jetzt, Du würdest am besten thun, nach dem ersten Chor<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c6de5b45-119e-4cd2-8303-0ed95948aed3" xml:lang="de">dem ersten Chor – Paulus op. 36 (MWV A 14), Nr. 2 »Herr, der du bist der Gott«.</note> höchstens noch ein <choice resp="editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_0159710b-dc2f-48f7-be2c-5ab6617b94ed"> <sic resp="writer">Riturnell</sic> <corr resp="editor">Ritornell</corr> </choice><seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> or dergl, wie zu dem Chor aus <hi rend="latintype">g</hi>, spielen zu lassen, so daß dann schon Paulus unterbrechend hineinfährt. Dadurch würde auch Zeit gewonnen für noch fehlende Dinge. z.b. Nutzanwendungen in Arien oder Chören oder Chorälen, welche das Geschichtliche dem Herzen des Hörers näher brächten. Oder auch etwas, was die andern christlichen Gemeinden als theilnehmend darstellt, wie denn das damals in hohem Grade der Fall war. Wenn Du mir nachher einmal den ganzen Text schickst, will ich sehn, ob ich Dir noch irgend Vorschläge machen kann. </p> <p>Die andre Bestellung habe ich in so weit ausgerichtet, daß <persName xml:id="persName_976bf2ae-db0d-4e9a-948f-d64b6717adbf">Schneider<name key="PSN0114646" style="hidden" type="person">Schneider, Johann Christian Friedrich (1786-1853)</name></persName> ein kleines Verzeichniß seiner ungedruckten <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_73654f1b-d86f-4856-8b4a-d2e41d05d8de">Bach<name key="PSN0109617" style="hidden" type="person">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName>iana</hi> machen will<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_128b7268-26c0-4c8e-ac85-2ad1b689a418" xml:lang="de">daß Schneider ein kleines Verzeichniß seiner ungedruckten Bachiana machen will – Mit Brief gb-1835-11-26-01 Friedrich Schneider an Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, Dessau, 26. November 1835, sandte Schneider neun Kantaten Johann Sebastian Bachs an Mendelssohn in Leipzig. Es stellte sich heraus, dass Mendelssohn alle Kompositionen bereits bekannt waren.</note>, aus welchem Du Dir nach Gefallen aussuchen sollst. Er war sehr bereitwillig dazu. Wir haben hier einen sehr guten Notenschreiber, der Dir dann Alles besorgen kann. </p> <p>Unsere Reise ging damals doch noch <choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_2d8756cc-6f9a-4bae-923f-3ccf6873607e"> <corr resp="writer">so</corr> <sic resp="writer">zu</sic> </choice> ziemlich von Statten. In <placeName xml:id="placeName_1ac340f3-3be9-4384-a433-8bc7928f0bf7">Eutritzsch<settlement key="STM0105102" style="hidden" type="locality">Eutritzsch</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName><del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_5e769519-6ef4-4dd4-a29e-fd9aad30198e">,</del> war ich eben mit Frühstücken fertig, als der Wagen ankam, der auch nur Trab fuhr. Unwillkürlich muß ich bei Deiner damaligen Ungeduld daran denken, wie gut es ist, wenn man nicht Alles ganz nach Wünschen haben kann. Wie sollte ichs z.b. in einer Klasse mit 50-60 Jungen aushalten, von denen doch Manche wenigstens erstaunend viel zu wünschen übrig lassen, wenn ich über Kleinigkeiten gleich verdrießlich werden wollte. Eigne Kinder – ach liebster Freund –, da lernt man Geduld haben, wenns um einen herum bisweilen quarrt<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_ea85fe07-fe38-4c2a-88a6-564e41bac54f" xml:lang="de">quarrt – quarren: weinerliche Laute von sich geben.</note> <hi rend="latintype">pp pp pp</hi> Abends 6 Uhr kamen wir hier an. Und ich hätte wenig Profit gehabt, wenn ich um 5 oder 4 Uhr angekommen wäre. Dagegen freut michs noch immer, daß ich mich auf dem Hinwege zu Dir durch nichts aufhalten ließ und so bei Zeiten angekommen bin. <hi rend="latintype">NB</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_93598e09-9be2-4e4d-858f-e58ab9325014" xml:lang="de">NB. – Ligatur.</note>. Jetzt eben sitzt mein kleiner <persName xml:id="persName_439b996b-f70c-4f76-b263-08ecbdc6ad9e">Junge<name key="PSN0114730" style="hidden" type="person">Schubring, Johannes Friedrich (1834-1869)</name></persName> neben mir auf dem Sopha und höckert an mir herauf, weshalb die Buchstaben mitunter etwas verdreht herauskommen.</p> <p>Wenn Du mir schreibst, so erzähle mir doch auch, wie die ersten <placeName xml:id="placeName_fc477410-0d1a-48d6-83bc-a3116e14c90c">Concerte<name key="NST0100117" style="hidden" subtype="Abonnementkonzerte, Konzerte" type="institution">Gewandhaus</name><settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d74a7e9d-92a6-4218-87c4-643020942f39" xml:lang="de">die ersten Concerte – Am Tage von Mendelssohns erstem Konzert als Gewandhauskapellmeister, dem ersten Abonnementkonzert des Gewandhauses am Sonntag, dem 4. Oktober 1835, weilte Schubring demnach nicht mehr in Leipzig. Das zweite Abonnementkonzert des Gewandhausorchesters fand am 11. Oktober 1835 statt. Zu den Programmen siehe Hagels, Konzerte in Leipzig, Statistik, S. 919-921.</note> abgelaufen sind. <seg type="closer">Lebe wohl und behalte mich lieb. Grüße <persName xml:id="persName_da2c07c7-febb-4d5b-a323-42fe845aa07a">Hauser<name key="PSN0111775" style="hidden" type="person">Hauser, Franz (František) (1794-1870)</name></persName> bestens</seg></p> <signed rend="center">Dein</signed> <signed rend="right">J. Schubring</signed> </div> </body> </text></TEI>