gb-1835-03-09-02
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Berlin, 9. März 1835
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.
Fanny Hensel
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Ich will Dir ohne Aufschub Deine Hauptfrage beantworten,
Wenn ich es doch nur einzurichten wüßte, zum
Don Juan gesungen, den ich begleitete. Der
man midwife , eine hübsche, sehr kokette, und nicht ganz unzweideutig berufene Frau.
relata refero. So viel ist gewiß, daß er alle Tage bei ihr, und sie sehr viel bei
relaxa facinora, singen.
Eben lese ich in der
Halevys Jüdin
Scribe’s
.) Es ist doch kurios, was die Oper für einen Gang seit 50 Jahren genommen hat, und wie sie jetzt, nach meinem Gefühl wenigstens, an einem Uebermaß dessen leidet, was ihr damals gänzlich fehlte. InAli Baba
Ali Babaerdrücken sich die
ensemblestücke einander und mit den dicksten
ensemblestücken ist es schon nicht mehr gethan, sie müssen alle noch mit Chor gefüttert, seine liebenswürdigste Eigenschaft, die rasende Lebhaftigkeit, wird am Ende ungenießbar, weil sie durch gar keine Ruhe getragen und unterbrochen wird. Das war mir wenigstens der Eindruck des ersten Hörens , sobald es wieder gegeben wird , werde ich wieder hingehn, um die viele, wunderschöne Musik wo möglich besser zu fassen. Es schien mir sehr sorgsam und gut einstudirt, und namentlich
mon ami, es ist so schönes Wetter, daß ich noch einen Augenblick ausgehn will.
Berlin, 8ten März 1835 Ich will Dir ohne Aufschub Deine Hauptfrage beantworten, lieber Felix. Vater wird höchstwahrscheinlich in diesem Jahr noch nicht operirt werden können, obgleich das Uebel seit einigen Monaten bedeutende Fortschritte gemacht hat. Jüngken war vor ein Paar Tagen bei ihm, und äußerte sich sehr unbestimmt darüber, was er doch nicht thun würde, wenn er die nahe Befreiung wahrscheinlich fände, auch liegt es am Tage, und muß jedem Laien einleuchten, daß Vater von dem Punkt, der eine Operation zuläßt, noch weit entfernt ist. Das Licht thut ihm noch weh, so daß er es nicht ertragen kann, auch kann er sich in den Stuben noch vollkommen zurechtfinden, ja sogar, wiewol mit Mühe, einige Worte lesen. Es ist übrigens unbeschreiblich, mit welcher Geduld, Liebenswürdigkeit und Milde er dieses Leiden erträgt, und wie überhaupt mit jedem Jahr seine vortrefflichen Eigenschaften mehr hervortreten, und sein Character sanfter und gütiger wird. Wir thun natürlich alles Mögliche, ihm die Zeit zu verkürzen, und Eine von uns bleibt immer Abends zu Hause, wobei uns die Männer treulich Beistand leisten. Wenn ich es doch nur einzurichten wüßte, zum Musikfest in Cölln zu seyn, diese Frage geht mir beständig im Kopf herum, und ich weiß sie doch gar nicht zu beantworten; indessen denk ich, kommt Zeit, kommt Rath, auf jeden Fall freue ich mich ganz kindisch auf diese Reise. Ich weiß nicht, ob ich Dir neulich geschrieben habe, wo Hensels Bild hinkommt, will aber mit Gans sagen, es ist besser Du erfährst es zweimal, als gar nicht, in die Garnisonkirche, der deshalb ein Paar Fenster zugemauert werden, grade über dem Sängerchor. Man wird es von unten aus der Ferne, und von oben nahebei sehn können, und Hensel ist in jeder Beziehung sehr mit dem Platz zufrieden. Ich freue mich besonders, daß nun doch endlich eins seiner Werke dem Publicum ohne Weiteres zugänglich seyn wird, was bis jetzt noch mit keinem der Fall gewesen ist. Ich billige es außerordentlich, daß Du ein Gesetz veranlassen willst, daß auf Musikfesten nichts mehr vom Dirigenten gegeben werden soll. Wenn das nicht förmlich ausgesprochen wird, so ist es allerdings unhöflich, ihn nicht dazu auffzufordern, und nicht alle Directoren sind so bescheiden als mein Bruder, den mir die Bescheidenheit zu nennen verbietet. Vater hat so von Weitem die Idee, vielleicht nach Ffurt zu Deinem Paulus zu kommen, schreibe ihm aber noch nicht, daß ich es Dir geklatscht habe. Ich hoffe immer, Du kommst mir einmal näher davor, denn unmöglich kann ich, wenn wir eben nach Hause gekommen sind, schon wieder so weit reisen, wenn es Leipzig wäre, ging es eher. Kommst Du einmal wieder her, so mußt Du, dem Bilde zu Ehren, in der Garnisonkirche schöne Musik machen. Diese Ostern höre ich, soll die Passion dort gegeben werden. Es ist schade, daß Du ihnen nicht alle große Bachsche Musiken so schön vorgeschnitten und mit Sauce bereitet hast, denn was die Tölpel selbst versucht haben, ist doch spurlos wieder untergegangen. Gestern wurde bei der Decker der Don Juan gesungen, den ich begleitete. Der Musikdirector Grell und der Organist Schneider standen zu meinen Seiten, und paßten mir auf den Dienst, ich habe Grell aber nicht den Gefallen than, einen Fehler zu machen. Gerechter Gott wie sieht der Mensch aus! und was für ein Rüpel ist er! Als die Arie der Elvira kam, öffnete er zuerst seinen weisen Mund, und sagte zu seinem Nachbar: die Arie hat ein sehr schönes Orschester. Heydemanns, wie die Welt sagt Braut, ist die Frau von Siebold, die Wittwe des berühmten man midwife, eine hübsche, sehr kokette, und nicht ganz unzweideutig berufene Frau. relata refero. So viel ist gewiß, daß er alle Tage bei ihr, und sie sehr viel bei H. s ist, und daß sie sich alle Mühe geben soll, ihn an sich zu ziehn, haben wir aus guter Hand. Meine Wahl wäre sie eben nicht, indeß daran wird ihm blutwenig gelegen seyn. Wir haben sie einen Abend da gesehn, und da machte nicht er, sondern Albert und Minna ihr die Cour, das ist schon sehr verdächtig. Da hast Du was Geklatschtes. – Lieber Felix, ich hänge mich um, ich schieße mich auf, ich bringe mich todt. Deine Nonnenstücke, die ich noch vor 4 Wochen für Dich abschreiben lassen, sind fort, wie weggeblasen. Sollte ich sie Dir aus Versehn mit den Abschriften geschickt haben, so bitte lasse sie mit erster Gelegenheit von dieser Spatzierfahrt zurückkommen, ich besitze jetzt den nettesten Chor von 10 Sopranen, 2 Alten, 1 Tenor und 5 Bässen, die sollen, relaxa facinora, singen. Eben lese ich in der Spen. Zeitung den Inhalt von Halevys Jüdin. Lieber Felix, das ist ja wieder ein außerordentlicher Fortschritt der künstlerischen Freiheit, da werden die Leute auf dem Theater in siedendem Oehl gebraten. Solche neue, sublime Idee hat Shakespeare nie gehabt. Wo wirst Du einen vernünftigen Text herbekommen! Schaff Dir nur um Gotteswillen einen. Leider hat Cherubini auch von Scribe’s Verrücktheit zu leiden gehabt, namentlich ist der Schluß unbegreiflich schlecht. (Ich rede von Ali Baba. ) Es ist doch kurios, was die Oper für einen Gang seit 50 Jahren genommen hat, und wie sie jetzt, nach meinem Gefühl wenigstens, an einem Uebermaß dessen leidet, was ihr damals gänzlich fehlte. In Ali Baba erdrücken sich die ensemblestücke einander und mit den dicksten ensemblestücken ist es schon nicht mehr gethan, sie müssen alle noch mit Chor gefüttert, seine liebenswürdigste Eigenschaft, die rasende Lebhaftigkeit, wird am Ende ungenießbar, weil sie durch gar keine Ruhe getragen und unterbrochen wird. Das war mir wenigstens der Eindruck des ersten Hörens, sobald es wieder gegeben wird, werde ich wieder hingehn, um die viele, wunderschöne Musik wo möglich besser zu fassen. Es schien mir sehr sorgsam und gut einstudirt, und namentlich das Orchester vortrefflich zu seyn. Lebe wohl, mon ami, es ist so schönes Wetter, daß ich noch einen Augenblick ausgehn will.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1835-03-09" xml:id="date_2970f95e-62a0-4ed8-9cf8-942a08eadfe9">8. 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Es ist schade, daß Du ihnen nicht alle große Bachsche Musiken so schön vorgeschnitten und mit Sauce bereitet hast, denn was die Tölpel selbst versucht haben, ist doch spurlos wieder untergegangen.</p> <p><seg type="pagebreak">|3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> <date cert="high" when="1835-03-08" xml:id="date_f9d6650d-87bb-40d0-bbcd-50eceb5cc12c">Gestern</date> wurde bei <persName xml:id="persName_cb88395d-cc2e-4672-8806-382204c49bc1">der Decker<name key="PSN0110583" style="hidden" type="person">Decker, Johanne Sophie Friederike Pauline (1812-1882)</name></persName> der <hi rend="latintype"><title xml:id="title_c7fd8a17-152a-419f-ab30-350c70f28a1b">Don Juan<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110089" style="hidden" type="music">Don Giovanni KV 527</name></title></hi> gesungen, den ich begleitete. Der <persName xml:id="persName_c76eaa11-93da-480b-93a4-67facf77a1b1">Musikdirector Grell<name key="PSN0111523" style="hidden" type="person">Grell, August Eduard (1800-1886)</name></persName> und der <persName xml:id="persName_5f887d67-6075-4f94-b044-d7b758760a88">Organist Schneider<name key="PSN0114648" style="hidden" type="person">Schneider, Johann Julius (1805-1885)</name></persName> standen zu meinen Seiten, und paßten mir auf den Dienst, ich habe Grell aber nicht den Gefallen than, einen Fehler zu machen. Gerechter Gott wie sieht der Mensch aus! und was für ein Rüpel ist er! Als die Arie der Elvira<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5d26824a-0353-4ec3-b440-4fbd6c26ff36" xml:lang="de">die Arie der Elvira – »Ah! fuggi il traditor!« (»Ach, fliehe den Verräter!«), Arie der Donna Elvira aus dem ersten Akt, dritte Szene, von Wolfgang Amadeus Mozarts Oper Don Giovanni KV 527.</note> kam, öffnete er zuerst seinen weisen Mund, und sagte zu seinem Nachbar: die Arie hat ein sehr schönes Orschester.</p> <p><persName xml:id="persName_611eddbc-dbb8-4890-815d-8b38d130c32b">Heydemanns<name key="PSN0111961" style="hidden" type="person">Heydemann, Ludwig Eduard (Louis) (1805-1874)</name></persName>, wie die Welt sagt Braut, ist die <persName xml:id="persName_2e23d591-27ff-477e-84ea-2b37474a8dde">Frau von Siebold<name key="PSN0114904" style="hidden" type="person">Siebold, Friederike Auguste von (1806-1845)</name></persName>, die Wittwe des berühmten <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_801478cc-c852-47a9-bc29-3a27fb8473bb">man midwife<name key="PSN0114903" style="hidden" type="person">Siebold, Adam Elias Cosmas (seit 1801) von (1775-1828)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4bab13a5-0d25-45c1-afc2-e6441b751b4a" xml:lang="de">Heydemanns … Braut, ist die Frau von Siebold, die Wittwe des berühmten man midwife – Ludwig Eduard Heydemann verlobte sich 1835 mit Friederike Auguste von Siebold, der Witwe des 1828 verstorbenen Mediziners Adam Elias von Siebold.</note>, eine hübsche, sehr kokette, und nicht ganz unzweideutig berufene Frau. <hi rend="latintype">relata refero<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_fead55ee-9676-419b-9e06-84787d0e50a4" xml:lang="la ">relata refero – lat., Berichtetes berichte ich.</note></hi>. So viel ist gewiß, daß er alle Tage bei ihr, und sie sehr viel bei <persName xml:id="persName_566d9699-ca21-4b95-9837-74e3113b7531">H.s<name key="PSN0111958" style="hidden" type="person">Heydemann, Familie von → Albert Gustav H. und → Ludwig Eduard H.</name></persName> ist, und daß sie sich alle Mühe geben soll, ihn an sich zu ziehn, haben wir aus guter Hand. Meine Wahl wäre sie eben nicht, indeß daran wird ihm blutwenig gelegen seyn. Wir haben sie einen Abend da gesehn, und da machte nicht er, sondern <persName xml:id="persName_c53704fc-0b02-4311-a8f5-7021ec072bae">Albert<name key="PSN0111960" style="hidden" type="person">Heydemann, Albert Gustav (1808-1877)</name></persName> und <persName xml:id="persName_c13ba26e-94bf-4f99-a4f3-459ed61e7cbe">Minna<name key="PSN0111962" style="hidden" type="person">Heydemann, Minna</name></persName> ihr die Cour, das ist schon sehr verdächtig. Da hast Du was Geklatschtes. – Lieber Felix, ich hänge mich um, ich schieße mich auf, ich bringe mich todt. Deine <title xml:id="title_d734a704-b161-4ed1-b769-22cf0b9a44f3">Nonnenstücke<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_yantuqhs-dj1l-hrg0-3ixc-1bugc4ltw6p9"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100132" style="hidden">»O beata et benedicta« für Frauenchor und Orgel, 30. Dezember 1830<idno type="MWV">B 22</idno><idno type="op"></idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_bg4pt1lv-5qnr-tisr-nkvg-gbpvgumrf31p"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100133" style="hidden">»Surrexit pastor« / »Er ist ein guter Hirte« für Solostimmen, Frauenchor und Orgel, 30. Dezember 1830<idno type="MWV">B 23</idno><idno type="op">39/3</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_lkidosyt-9hgc-iiuf-zspy-cu55mngf3vbn"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100134" style="hidden">»Veni Domine« / »Herr, erhöre uns« für Frauenchor und Orgel, 31. Dezember 1830<idno type="MWV">B 24</idno><idno type="op">39/1</idno></name></title>, die ich noch vor 4 Wochen für Dich abschreiben lassen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4cbf6167-ed8d-442a-b21e-311b8ba27c3a" xml:lang="de">Deine Nonnenstücke, die ich noch vor 4 Wochen für Dich abschreiben lassen – In Brief fmb-1834-12-23-01 (Brief Nr. 1055) Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Düsseldorf, 23. Dezember 1834, hatte Mendelssohn gebeten (Z. 109 ff.): »Jetzt Fanny brauch’ ich meine drei Nonnenmusiken, ich habe sie nicht, und der Casseler Musikverein will sie haben und der Düsseldorfer auch, weil überall die Damen fleißiger kommen, als die Herren; schick mir daher die Abschriften von allen dreien«. Die drei Vokalwerke »O beata et benedicta« für dreistimmigen Frauenchor und Orgel MWV B 22, »Surrexit pastor« für Solostimmen, vierstimmigen Frauenchor und Orgel op. 39/3 (MWV B 23) sowie »Veni domine« (»Zum dritten Adventssontag«) für dreistimmigen Frauenchor und Orgel op. 39/1 (MWV B 24) waren am 30. bzw. letzteres am 31. Dezember 1830 in Rom für die Nonnen auf Trinità dei Monti entstanden.</note>, sind fort, wie weggeblasen. Sollte ich sie Dir aus Versehn mit den Abschriften geschickt haben<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b66dca81-23ea-4713-9389-d229b3e45476" xml:lang="de">sie Dir aus Versehn mit den Abschriften geschickt haben – Später teilte Mendelssohn der Schwester Fanny mit, er habe »nur die Copie bekommen«, jedoch nicht das »Manuscript „an Fanny“«. Siehe Brief fmb-1835-04-02-01 (Brief Nr. 1127) Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Lejeune Dirichlet in Berlin, Düsseldorf, 31. März und 2. April 1835, Z. 50 f.</note>, so bitte lasse sie mit erster Gelegenheit von dieser Spatzierfahrt zurückkommen, ich besitze jetzt den nettesten |4| Chor<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_dae426de-e630-4a00-9953-a038147ddd76" xml:lang="de">ich besitze jetzt den nettesten Chor – Der Großteil der Sänger wird von Lea Mendelssohn Bartholdy in Brief gb-1835-03-03-01 Abraham Mendelssohn Bartholdy und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf, Berlin, 3. März 1835, erwähnt.</note> von 10 Sopranen, 2 Alten, 1 Tenor und 5 Bässen, die sollen, <hi rend="latintype">relaxa facinora<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_6bc79e9a-a07a-4a65-9e3f-7e46ed712994" xml:lang="la ">relaxa facinora – lat. relaxa facinora plebis tuae, komm, Herr, und zögere nicht; zweite Zeile des Responsoriums »Veni, Domine, et noli tardare«.</note></hi>, singen.</p> <p>Eben lese ich in der <title xml:id="title_435b1953-30e8-48e9-8fb9-81f8afb25485">Spen. Zeitung<name key="PSN0118321" style="hidden" type="author">Spener, Johann Carl [d. Ä.] (1710–1756)</name><name key="PSN0115023" style="hidden" type="author">Spiker, Samuel Heinrich (1786-1858)</name><name key="CRT0111900" style="hidden" type="periodical">Spenersche Zeitung (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen)</name></title> den Inhalt von <title xml:id="title_8fb1d5e2-08f0-4da6-898c-a881a513a86d"><hi rend="latintype">Halevy</hi>s Jüdin<name key="PSN0111677" style="hidden" type="author">Halévy, Jacques François Fromental Élie (Fromentin Elias) (1799–1862)</name><name key="CRT0108937" style="hidden" type="music">La Juive (Die Jüdin)</name></title>. Lieber Felix, das ist ja wieder ein außerordentlicher Fortschritt der künstlerischen Freiheit, da werden die Leute auf dem Theater in siedendem Oehl gebraten. Solche neue, sublime Idee hat <persName xml:id="persName_55d5fde1-bf48-4ac8-8aed-2a6509cd8d46">Shakespeare<name key="PSN0114889" style="hidden" type="person">Shakespeare, William (1564-1616)</name></persName> nie gehabt. Wo wirst Du einen vernünftigen Text herbekommen! Schaff Dir nur um Gotteswillen einen. Leider hat <persName xml:id="persName_b9f800ed-9f5e-4426-b953-eeb5994e340b">Cherubini<name key="PSN0110361" style="hidden" type="person">Cherubini, Maria Luigi Carlo Zenobio Salvatore (1760-1842)</name></persName> auch von <persName xml:id="persName_9ef151d4-9517-4f0a-8519-1ab8d447bc6d"><hi rend="latintype">Scribe</hi>’s<name key="PSN0114826" style="hidden" type="person">Scribe, Augustin Eugène (1791-1861)</name></persName> Verrücktheit zu leiden gehabt, namentlich ist der Schluß unbegreiflich schlecht. (Ich rede von <hi rend="latintype"><title xml:id="title_c4766f0d-f92a-411d-9117-60b2c5ae9324">Ali Baba<name key="PSN0110361" style="hidden" type="author">Cherubini, Maria Luigi Carlo Zenobio Salvatore (1760–1842)</name><name key="CRT0108362" style="hidden" type="music">Ali Baba, ou Les Quarante Voleurs</name><name key="PSN0114826" style="hidden" type="author">Scribe, Augustin Eugène (1791–1861)</name><name key="PSN0119637" style="hidden" type="author">Duveyrier, Anne-Honoré-Joseph (gen. Mélesville) Baron (1787-1865)</name><name key="CRT0112278" style="hidden" type="dramatic_work">Ali Baba, ou Les Quarante Voleurs (Libretto)</name></title></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_54e8e0c0-b9db-4933-8ef6-e3512b8deced" xml:lang="de">hat Cherubini … Scribe’s Verrücktheit zu leiden gehabt … Ali Baba – Das Libretto von Luigi Cherubinis Oper Ali Baba, ou Les Quarante Voleurs stammt von Eugène Scribe und Anne-Honoré-Joseph Baron Duveyrier (gen. Mélesville).</note>.) Es ist doch kurios, was die Oper für einen Gang seit 50 Jahren genommen hat, und wie sie jetzt, nach meinem Gefühl wenigstens, an einem Uebermaß dessen leidet, was ihr damals gänzlich fehlte. In <hi rend="latintype">Ali Baba</hi> erdrücken sich die <hi rend="latintype">ensemble</hi>stücke einander und mit den dicksten <hi rend="latintype">ensemble</hi>stücken ist es schon nicht mehr gethan, sie müssen alle noch mit Chor gefüttert, seine liebenswürdigste Eigenschaft, die rasende Lebhaftigkeit, wird am Ende ungenießbar, weil sie durch gar keine Ruhe getragen und unterbrochen wird. Das war mir wenigstens der Eindruck des ersten Hörens<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0b6d49c8-927f-4df2-bcde-9386aaad0529" xml:lang="de">der Eindruck des ersten Hörens – Ali Baba war am 27. Februar und 1. März 1835 im Königlichen Opernhaus gegeben worden (Repertorium der Königl. deutschen und französischen Schauspiele, für das Jahr 1835, hrsg. von Ludwig Wolff, Berlin 1836, S. 20). Fanny Hensel hatte die erste Aufführung besucht; vgl. Brief gb-1835-02-28-01 Lea Mendelssohn Bartholdy und Rebecka Lejeune Dirichlet an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf, Berlin, 28. Februar 1835.</note>, sobald es wieder gegeben wird<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_065b4ea6-21ab-4651-aa29-c96056911eb9" xml:lang="de">sobald es wieder gegeben wird – Die nächste Vorstellung der Oper Ali Baba fand am 13. März 1835 statt (Repertorium der Königl. deutschen und französischen Schauspiele, für das Jahr 1835, hrsg. von Ludwig Wolff, Berlin 1836, S. 21).</note>, werde ich wieder hingehn, um die viele, wunderschöne Musik wo möglich besser zu fassen. Es schien mir sehr sorgsam und gut einstudirt, und namentlich <placeName xml:id="placeName_5db77d9d-a341-488b-9559-cf42673e2f0a">das Orchester<name key="NST0100406" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliche Hofkapelle</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> vortrefflich zu seyn.</p> <closer rend="left">Lebe wohl, <hi rend="latintype">mon ami</hi>, es ist so schönes Wetter, daß ich noch einen Augenblick ausgehn will.</closer> </div> </body> </text></TEI>