gb-1834-12-27-02
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Berlin, 26. und 27. Dezember 1834
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl. und 1 Bl.: S. 1-6 Brieftext.
Fanny Hensel
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
Ich schreibe, nicht blos als Federkiel, sondern als selbständige Authörin.
Es waltet schon seit mehrern Wochen, und verschiedenen Hin- und Herschreibungen ein so eigenthümliches Mißverständnis ob,
en sujet deLafont , den ich damals noch gar nicht gehört – ist gar nicht aus
ichDir antwortete, war von mir, und da wir einmal angefangen haben, uns in eine höchst würdige und
parlamentarische Erörterung einzulassen, so wollen wir fortfahren.
Je demande la parole, die Du mir von
Daß die Zeiten sich ändern, und mit den Zeiten der Geschmack, und mit dem Geschmack der Zeiten auch wir, das läßt sich wol nicht ganz läugnen. Es giebt gewiß in der Kunst auch ein positiv
Modeihren Einfluß üben wird. Du erinnerst Du so gut wie ich, daß es eine Zeit gab, wo wir von
, und spielt wild, phantastisch, stark, und alle jungen Geiger bemühen sichPaganini
gSaite entsetzlich. Darauf höre ich Spohr nach einer Reihe von Jahren wieder, und unwillkührlich wird mir seine Süßigkeit mehr auffallen, als sonst, wenn sie sich auch an und für sich nicht vermehrt hätte, weil ich die Ohren von einer entgegen gesetzten Richtung voll habe. Diesem Einfluß unterliegt natürlich zunächst das Publicum in Masse, die einzelnen Menschen mehr oder weniger, aber ganz frei glaube ich, kann sich Niemand davon sprechen. Es würde mir gar nicht schwer werden, noch Beispiele in Menge andrer Art anzuführen, wo uns Dinge oder Menschen, die uns vor einiger Zeit gefielen, jetzt fade und langweilig, oder bizarr und unerträglich vorkommen. Solcher Wechsel trifft natürlich nie das Höchste und Beste seiner Art, aber daß auch das Gute, je nachdem es der Zeit gegen über steht, mehr oder weniger gut erscheinen kann, scheint mir entschieden. Antworte hierauf,
Clown! Soll ich diese ganze Korrespondenz in mein Streitbuch eintragen?
Lustig ist es übrigens, daß sich diese ganze Erörterung über ein dummes voreiliges Urtheil anspann, das ich über Lafont’s Perücke fällte, denn weiter kannte ich damals noch nichts von ihm. Ich habe ihn
in plenovorzutragen. Sie gefallen mir außerordentlich und ohne
Aber, ich halte sie mit für Deine Besten. Die Fugen sind vortrefflich, und die kleine hat einen sehr schönen Fluß. An der großen gefällt mir der letzte Schluß nicht ganz, es wird da wieder dünne, nachdem es lange vollstimmig gewesen ist, und auch in der Mitte ist eine Stelle, die mir wie ein Flick scheint, es ist die nach dem
p. cresc. f., wenn der Baß das Thema in
8ven c Durbringt, und das nun von der Oberstimme imitirt wird, wie auch die Folgende Themastelle in
f.Sonst ist sie prächtig, und ich möchte sie schon erst von Dir spielen hören. Die kleine erinnert mich im Character an ein kleines Stück von Dir, welches mir eine Deiner liebsten Compositionen ist, und trotz aller
Umschwünge, oder Reformen
Heut hab ich meinen
es dur, hast Du offenbar nur für das Clavier geschrieben, weil Du keine Worte dazu fandest, denn es ist ja ein wirkliches Lied und sehr schön declamirt, Du hättest aber nur die Verfasser mehrerer
In diesem Liede ist eine Stelle, die mich jedesmal zwingt zu sagen: sehr hübsch! Es ist der Wiedereintritt ins Thema, der allerliebst ist.
Deine
Berlin, 27. Dec 1834. Ich schreibe, nicht blos als Federkiel, sondern als selbständige Authörin. Es waltet schon seit mehrern Wochen, und verschiedenen Hin- und Herschreibungen ein so eigenthümliches Mißverständnis ob, mein lieber Felix, daß ich mich umgehend hinsetze, es endlich ins Klare zu bringen. Der Brief, den Dir Rebecka schrieb, auf den Brief den Du mir geschrieben hast, über den Brief den ich Dir geschrieben hatte, en sujet de Lafont, den ich damals noch gar nicht gehört – ist gar nicht aus R. s Kopf, wiewol aus ihrer Feder geflossen, sondern war der erste, den Vater dictirte. Wunderst Du Dich? Lies ihn noch einmal, und die Schuppen werden Dir vom Auge fallen, und Du wirst nicht begreifen, daß Du ihn nicht gleich so verstanden hast. Ich begreife es indeß sehr wohl, was man selbst weiß, denkt man gar zu leicht für jeden Andern auch begreiflich, und so dachte Vater, Du müßtest auf der Stelle im Brief den Punkt erkennen, wo er angefangen zu diktiren. Ich fand es gleich nicht recht. Indeß ändert das eigentlich in der Sache nicht. Was ich Dir antwortete, war von mir, und da wir einmal angefangen haben, uns in eine höchst würdige und parlamentarische Erörterung einzulassen, so wollen wir fortfahren. Je demande la parole, die Du mir von Düsseldorf aus gewiß nicht streitig machen wirst. Daß die Zeiten sich ändern, und mit den Zeiten der Geschmack, und mit dem Geschmack der Zeiten auch wir, das läßt sich wol nicht ganz läugnen. Es giebt gewiß in der Kunst auch ein positiv Gutes, und ich hoffe, Du wirst mich niemals für so von Gott verlassen halten, daß ich das, was wir als Höchstes anerkannt haben, und immer anerkennen werden, der Mode unterworfen glauben sollte. Hannchen in den Jahreszeiten wird so wenig veralten, als Alceste, oder als der Evangelist Matthäus. Nun aber giebt es doch im Guten eine unglaubliche Menge von Schattirungen, und da sich die Kunst, oder das Schöne, oder der Geschmack nicht mit 2 mal 2, 4 demonstriren läßt, so wird es da einen Punkt geben (und der trifft glaub’ ich hauptsächlich die Execution) wo die Außenwelt, oder die Wandelbarkeit der Zeit, oder (schleiche Dich um das Wort herum wie Du willst) die Mode ihren Einfluß üben wird. Du erinnerst Du so gut wie ich, daß es eine Zeit gab, wo wir von Spohrs Musik unendlich entzückt waren. Jetzt sind wir es nicht mehr in dem Grade, nun ist aber doch seine Musik stehn geblieben, wir sind eben auch keine andre Menschen geworden, aber unser Verhältniß zu ihm hat sich geändert. Laß uns noch das einmal angeregte Beispiel von Violinspielern nehmen. Spohr hat gewiß in seinem Spiel unendlich viel positiv Gutes, was nicht vergehn wird, er hat aber auch daneben eine gewisse Süßlichkeit, und diese Tendenz hat vielleicht in ihrer Zeit viel zu seinem Ruhm beigetragen. Nun kommt Paganini, und spielt wild, phantastisch, stark, und alle jungen Geiger bemühen sich es ihm nachzuthun, und reißen die g Saite entsetzlich. Darauf höre ich Spohr nach einer Reihe von Jahren wieder, und unwillkührlich wird mir seine Süßigkeit mehr auffallen, als sonst, wenn sie sich auch an und für sich nicht vermehrt hätte, weil ich die Ohren von einer entgegen gesetzten Richtung voll habe. Diesem Einfluß unterliegt natürlich zunächst das Publicum in Masse, die einzelnen Menschen mehr oder weniger, aber ganz frei glaube ich, kann sich Niemand davon sprechen. Es würde mir gar nicht schwer werden, noch Beispiele in Menge andrer Art anzuführen, wo uns Dinge oder Menschen, die uns vor einiger Zeit gefielen, jetzt fade und langweilig, oder bizarr und unerträglich vorkommen. Solcher Wechsel trifft natürlich nie das Höchste und Beste seiner Art, aber daß auch das Gute, je nachdem es der Zeit gegen über steht, mehr oder weniger gut erscheinen kann, scheint mir entschieden. Antworte hierauf, Clown! Soll ich diese ganze Korrespondenz in mein Streitbuch eintragen? Lustig ist es übrigens, daß sich diese ganze Erörterung über ein dummes voreiliges Urtheil anspann, das ich über Lafont’s Perücke fällte, denn weiter kannte ich damals noch nichts von ihm. Ich habe ihn seitdem im Concert gehört, wo mir sein klares, fließendes, angenehmes Spiel ungemein gefallen hat, und besonders sein reizender Vortrag melodischer Stellen. Dann hat er einmal hier gespielt, wo ich ihm Variationen begleitete, und dabei Gefahr lief, in mein erstes Urtheil über seine Perücke zurückzufallen, denn seine Compositionen, Variat. mit Herz und Kalkbrenner u. s. w. sind doch wol von der Art, daß nicht einmal die äußerste Mode sie entschuldigen kann, und es verdroß mich, daß die nette Geige nichts Ordentliches spielt. Und nun habe ich geschwatzt und geschwatzt, und die Zeit versäumt, in der ich mir Deine neuen Lieder einstudiren wollte, um sie morgen in pleno vorzutragen. Sie gefallen mir außerordentlich und ohne Aber, ich halte sie mit für Deine Besten. Die Fugen sind vortrefflich, und die kleine hat einen sehr schönen Fluß. An der großen gefällt mir der letzte Schluß nicht ganz, es wird da wieder dünne, nachdem es lange vollstimmig gewesen ist, und auch in der Mitte ist eine Stelle, die mir wie ein Flick scheint, es ist die nach dem p. cresc. f., wenn der Baß das Thema in 8ven c Dur bringt, und das nun von der Oberstimme imitirt wird, wie auch die Folgende Themastelle in f. Sonst ist sie prächtig, und ich möchte sie schon erst von Dir spielen hören. Die kleine erinnert mich im Character an ein kleines Stück von Dir, welches mir eine Deiner liebsten Compositionen ist, und trotz aller Umschwünge, oder Reformen oder Kirchenverbesserungen wahrscheinlich bleiben wird, ich müßte dann ein Türke werden, ein rechter Renegat. Ich meine, die kleine Quartettfuge, die mich sehr rührt, wenn ich nur an sie denke, und an den, der sie schön spielte. 27sten Dec. Um nochmals auf besagten Umschwung zu kommen, will ich Dir einen Fall anführen, wo ich ganz Deiner Meinung bin. Ich war noch voriges Jahr sehr gegen die Homöopathie, und besonders gegen das Selbstdispensiren der Aerzte; jetzt haben wir Stüler zum Arzt, er giebt mir und uns Allen seine Pülverchen, ich bin damit zufrieden, und Hensel besonders hat diese Behandlung gegen den Magenkrampf ganz vorzüglich gut gethan. Dessen ungeachtet aber kann ich es gar nich leiden, wenn so manche homöopathische Neophiten sich anstellen, als wäre ihnen nun plötzlich das Himmelreich eröffnet, und als wäre früher kein Mensch kuriert worden, ich bin gewiß frei von solcher Befangenheit, und glaube es überhaupt so ziemlich zu seyn. Heut hab ich meinen Sonntagspublicum Deine neuen Sachen vorgespielt, Publicus war sehr entzückt. Das erste Lied, es dur, hast Du offenbar nur für das Clavier geschrieben, weil Du keine Worte dazu fandest, denn es ist ja ein wirkliches Lied und sehr schön declamirt, Du hättest aber nur die Verfasser mehrerer von Dir komponirten Lieder, z. B. Egon Ebert, oder Voß drum angehn sollen, die hätten es Dir gewiß nach Deinem Sinn geschrieben. In dem 2ten Liede bitte ich um Erlaubniß eine Note zu ändern und statt: so zu spielen In diesem Liede ist eine Stelle, die mich jedesmal zwingt zu sagen: sehr hübsch! Es ist der Wiedereintritt ins Thema, der allerliebst ist. Deine Nonnenstücke sollen sogleich abgeschrieben, und Dir geschickt werden, wegen der Fugen habe ich Dir schon geantwortet, ich kann sie nicht finden, und habe Dir auch damals, auf Dein ausdrückliches Verlangen, Alles geschickt was Du irgend glaubtest brauchen zu können. Nun aber höre ich auf, und schreibe Dir nie wieder, bis Du mir einen ordentlichen Privatbrief geschrieben hast. Wetter, was denkst Du von mir? Du behandelst mich schlecht. Seit Du weg bist, hast Du ein einziges Mal an mich geschrieben, um mich zu meinem Geburtstag schlecht zu machen. Ist das recht? Nein Herr Ve – tter. Hensel denkt Dir einen Privatbrief zu mit einer schönen Predigt über das Grün in Deinen Bildern. Nimm dies einstweilen als Verschreibung. Der schweizer Maler Lory, der jetzt hier ist, und mehrere 100 Schweizer Prospecte in Wasserfarbe gemalt hat, würde Dich interessiren. Ich bekomme auch ein Bild von ihm, wofür ihn Hensel zeichnet.
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1834-12-26" xml:id="date_d8909763-648c-48b3-a7f7-bc08ceed0504">26.</date> und <date cert="high" when="1834-12-27" xml:id="date_7e5381ed-1227-400b-bd9f-40155365c600">27. 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XXI : 3</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0e7f533b-71cc-47d8-85b7-d20762f6ecb3" xml:lang="de">Hannchen in den Jahreszeiten – Joseph Haydn, Die Jahreszeiten, Nr. 22 Duett (Hannchen-Duett)</note> wird so wenig veralten, als <title xml:id="title_f268ae4c-05e2-4f6a-8635-c181e185b583">Alceste<name key="PSN0111405" style="hidden" type="author">Gluck, Christoph Willibald (seit 1756) Ritter von (1714–1787)</name><name key="CRT0111398" style="hidden" type="music">Alceste GluckWV 1.38</name></title>, oder als der Evangelist <title xml:id="title_870cf549-4a31-4794-8284-a0bff90eb9e9">Matthäus<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title>. Nun aber giebt es doch im Guten eine unglaubliche Menge von Schattirungen, und da sich die Kunst, oder das Schöne, oder der Geschmack nicht mit 2 mal 2, 4 demonstriren läßt, so wird es da einen Punkt geben (und der trifft glaub’ ich hauptsächlich die Execution) wo die Außenwelt, oder die Wandelbarkeit der Zeit, oder (schleiche Dich um das Wort herum wie Du willst) die <hi n="1" rend="underline">Mode</hi> ihren Einfluß üben wird. Du erinnerst Du so gut wie ich, daß es eine Zeit gab, wo wir von <persName xml:id="persName_f3d22e84-db68-432e-bc9b-56b411d1d2f8">Spohrs<name key="PSN0115032" style="hidden" type="person">Spohr, Louis (Ludewig) (1784-1859)</name></persName> Musik unendlich entzückt waren. Jetzt sind wir es nicht mehr in dem Grade, nun ist aber doch seine Musik stehn geblieben, wir sind eben auch keine andre Menschen geworden, aber unser Verhältniß zu ihm hat sich geändert. Laß uns noch das einmal angeregte Beispiel von Violinspielern nehmen. Spohr hat gewiß in seinem Spiel unendlich viel positiv Gutes, was nicht vergehn wird, er hat aber auch daneben eine gewisse Süßlichkeit, und diese Tendenz hat vielleicht in ihrer Zeit viel zu seinem Ruhm beigetragen. Nun kommt <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_db6e6885-a768-4945-ac8c-785104ad83d8">Paganini<name key="PSN0113722" style="hidden" type="person">Paganini, Niccolò (1782-1840)</name></persName></hi>, und spielt wild, phantastisch, stark, und alle jungen Geiger bemühen sich<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> es ihm nachzuthun, und reißen die <hi rend="latintype">g</hi> Saite entsetzlich. Darauf höre ich Spohr nach einer Reihe von Jahren wieder, und unwillkührlich wird mir seine Süßigkeit mehr auffallen, als sonst, wenn sie sich auch an und für sich nicht vermehrt hätte, weil ich die Ohren von einer entgegen gesetzten Richtung voll habe. Diesem Einfluß unterliegt natürlich zunächst das Publicum in Masse, die einzelnen Menschen mehr oder weniger, aber ganz frei glaube ich, kann sich Niemand davon sprechen. Es würde mir gar nicht schwer werden, noch Beispiele in Menge andrer Art anzuführen, wo uns Dinge oder Menschen, die uns vor einiger Zeit gefielen, jetzt fade und langweilig, oder bizarr und unerträglich vorkommen. Solcher Wechsel trifft natürlich nie das Höchste und Beste seiner Art, aber daß auch das Gute, je nachdem es der Zeit gegen über steht, mehr oder weniger gut erscheinen kann, scheint mir entschieden. Antworte hierauf, <hi rend="latintype">Clown</hi>!<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_c6a89eb8-bbc2-4282-baf8-22ee99482420" xml:lang="de">Clown – ein Spitzname für Felix Mendelssohn Bartholdy.</note> Soll ich diese ganze Korrespondenz in mein Streitbuch eintragen?</p> <p>Lustig ist es übrigens, daß sich diese ganze Erörterung über ein dummes voreiliges Urtheil anspann, das ich über <hi rend="latintype">Lafont’s</hi> Perücke fällte, denn weiter kannte ich damals noch nichts von ihm. Ich habe ihn <add place="above">seitdem<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add> im Concert gehört, wo mir sein klares, fließendes, angenehmes Spiel ungemein gefallen hat,<seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> und besonders sein reizender Vortrag melodischer Stellen. Dann hat er einmal hier gespielt, wo ich ihm Variationen begleitete, und dabei Gefahr lief, in mein erstes Urtheil über seine Perücke zurückzufallen, denn seine Compositionen, <title xml:id="title_fcd90664-67b5-4816-b90e-129bb666f6d3">Variat<name key="PSN0112645" style="hidden" type="author">Lafont, Charles Philippe (1781–1839)</name><name key="CRT0109630" style="hidden" type="music">Concertante für das Pianoforte und Violine (Gemeinschaftskomposition mit → Henri Herz)</name></title>. mit <persName xml:id="persName_a3c5065d-cf1c-419f-aad2-7902f3ede7f4">Herz<name key="PSN0111939" style="hidden" type="person">Herz, Henri (Heinrich) (1803-1888)</name></persName> und <persName xml:id="persName_a56937ac-6d6a-490d-b96a-8a1fae5efea8">Kalkbrenner<name key="PSN0112301" style="hidden" type="person">Kalkbrenner, Friedrich Wilhelm Michael (1785-1849)</name></persName> u.s.w. sind doch wol von der Art, daß nicht einmal die äußerste Mode sie entschuldigen kann, und es verdroß mich, daß die nette Geige nichts Ordentliches spielt. Und nun habe ich geschwatzt und geschwatzt, und die Zeit versäumt, in der ich mir <title xml:id="title_7833da3f-d3db-474d-b667-0cbe31257586">Deine neuen Lieder<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_iphmmxxx-k7ft-rqys-cptb-pydpybrft7on"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="collective_sources" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="collective_prints" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100625" style="hidden">Sechs Lieder ohne Worte für Klavier, 2. Heft, 1835; enthält MWV U 103, U 77, U 104, U 98, U 97 und U 110<idno type="MWV">SD 9</idno><idno type="op">30</idno></name></title> einstudiren wollte, um sie morgen <hi rend="latintype">in pleno</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_96b5ad19-c73b-4e12-8cff-3a2c86615766" xml:lang="la ">in pleno – lat., vollzählig.</note> vorzutragen. Sie gefallen mir außerordentlich und ohne <hi n="1" rend="underline">Aber</hi>, ich halte sie mit für Deine Besten. Die Fugen sind vortrefflich, und die kleine hat einen sehr schönen Fluß. An der großen gefällt mir der letzte Schluß nicht ganz, es wird da wieder dünne, nachdem es lange vollstimmig gewesen ist, und auch in der Mitte ist eine Stelle, die mir wie ein Flick scheint, es ist die nach dem <hi rend="latintype">p. cresc. f.</hi> , wenn der Baß das Thema in <hi rend="latintype">8ven c Dur</hi> bringt, und das nun von der Oberstimme imitirt wird, wie auch die Folgende Themastelle in <hi rend="latintype">f.</hi> Sonst ist sie prächtig, und ich möchte sie schon erst von Dir spielen hören. Die kleine erinnert mich im Character an ein kleines Stück von Dir, welches mir eine Deiner liebsten Compositionen ist, und trotz aller <hi n="1" rend="underline">Umschwünge</hi>, oder Reformen<note resp="UT" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_17c54822-858f-4cda-bd52-f6cb14bbfa46" xml:lang="de">Beginn des Briefteils in GB-Ob, M.D.M. d. 30/221a:</note><seg type="pagebreak"> |5|<pb n="5" type="pagebreak"></pb></seg> oder Kirchenverbesserungen wahrscheinlich bleiben wird, ich müßte dann ein Türke werden, ein rechter Renegat. Ich meine, die kleine <title xml:id="title_a32a403a-b368-45d0-9527-7f2026183d37">Quartettfuge<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ylldiwzs-ukzy-2ypq-i9f1-hxykfkgh3b7k"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_works_without_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100979" style="hidden">Quartett Es-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, März (bis April?) 1823<idno type="MWV">R 18</idno><idno type="op"></idno></name></title>, die mich sehr rührt, wenn ich nur an sie denke, und an den, der sie schön spielte.</p> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_2defe436-25ad-4870-beda-88f2c47691ba"> <docAuthor key="PSN0111893" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_a595c4e5-2375-401d-9157-ade6ea420f66">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111893" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_a9386935-d07e-433c-864a-10990caf6510">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="dateline"><hi n="1" rend="underline"><date cert="high" when="1834-12-27" xml:id="date_e9d9637f-78dc-41a7-ae25-11395b6416d5">27sten Dec.</date></hi></seg> Um nochmals auf besagten Umschwung zu kommen, will ich Dir einen Fall anführen, wo ich ganz Deiner Meinung bin. Ich war noch voriges Jahr sehr gegen die Homöopathie, und besonders gegen das Selbstdispensiren der Aerzte; jetzt haben wir <persName xml:id="persName_ac3079d2-659e-40b9-8808-1fcda925697f">Stüler<name key="PSN0115191" style="hidden" type="person">Stüler, Gottfried Wilhelm (1798-1838)</name></persName> zum Arzt, er giebt mir und uns Allen seine Pülverchen, ich bin damit zufrieden, und <persName xml:id="persName_2f199497-e1e8-43df-a7c0-b8e01e85fe45">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> besonders hat diese Behandlung gegen den Magenkrampf ganz vorzüglich gut gethan. Dessen ungeachtet aber kann ich es gar nich leiden, wenn so manche homöopathische Neophiten sich anstellen, als wäre ihnen nun plötzlich das Himmelreich eröffnet, und als wäre früher kein Mensch kuriert worden, ich bin gewiß frei von solcher Befangenheit, und glaube es überhaupt so ziemlich zu seyn.</p> <p>Heut hab ich meinen <placeName xml:id="placeName_3ef2274b-32ec-4104-900b-327b8ff0636f">Sonntagspublicum<name key="NST0100215" style="hidden" subtype="" type="institution">Sonntagsmusiken der Familie Mendelssohn Bartholdy</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> <title xml:id="title_ca472c2a-e7b7-4c33-8969-edd31535d382">Deine neuen Sachen<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_nqc5m8wv-pibi-jtfm-yjb1-1obql8ffpuma"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="collective_sources" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="collective_prints" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100625" style="hidden">Sechs Lieder ohne Worte für Klavier, 2. Heft, 1835; enthält MWV U 103, U 77, U 104, U 98, U 97 und U 110<idno type="MWV">SD 9</idno><idno type="op">30</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_9xvuba28-vlj7-7wkb-m6a8-ai4y0zmz8tu8"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="collective_sources" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="collective_manuscripts" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0101013" style="hidden">Zwei Fugen für Klavier, [vor dem 19. Dezember 1834]; enthält MWV U 106 und U105<idno type="MWV">SH 22</idno><idno type="op"></idno></name></title> vorgespielt, Publicus war sehr entzückt. Das erste Lied, <hi rend="latintype">es dur</hi>, hast Du offenbar nur für das Clavier geschrieben, weil Du keine Worte dazu fandest, denn es ist ja ein wirkliches Lied und sehr schön declamirt, Du hättest aber nur die Verfasser mehrerer<seg type="pagebreak"> |6|<pb n="6" type="pagebreak"></pb></seg> von Dir komponirten Lieder, z. B. <persName xml:id="persName_3468fde8-2a16-4c41-8f18-c13dca748d0e">Egon Ebert<name key="PSN0118839" style="hidden" type="person">Ebert, Carl Leopold Felix (Egon) (seit 1872) Ritter von (1801-1882)</name></persName>, oder <persName xml:id="persName_55435e44-f45a-4c99-b5fc-07bc4a8575a7">Voß<name key="PSN0115567" style="hidden" type="person">Voß, Johann Heinrich (1751-1826)</name></persName> drum angehn sollen, die hätten es Dir gewiß nach Deinem Sinn geschrieben. In dem <title xml:id="title_6780bace-20e8-4bd6-8542-d37a61c7401d">2ten Liede<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_9ucwatpo-kn6m-1qnc-ngle-9kiecunhn7r3"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="collective_sources" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="collective_prints" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100625" style="hidden">Sechs Lieder ohne Worte für Klavier, 2. Heft, 1835; enthält MWV U 103, U 77, U 104, U 98, U 97 und U 110<idno type="MWV">SD 9</idno><idno type="op">30</idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_cfcd9296-9365-4221-8e01-be8fcdef79e2" xml:lang="de">In dem 2ten Liede – Felix Mendelssohn Bartholdy, Allegro di molto b-Moll, op. 30/2, aus den Liedern ohne Worte, 2. Heft, op. 30 (MWV SD 9).</note> bitte ich um Erlaubniß eine Note zu ändern und statt: <figure rend="inline_big_size" style="center" subtype="quarter_page" type="notated_Music" xml:id="figure_52995f8c-91fa-4926-9083-af002f2184b9"> <graphic url="https://www.felix-mendelssohn-bartholdy.org/_api/letters/letter_image/Noten/gb-1834-12-27-02-N-001.jpg"></graphic> <head style="display_none">Noten: GB-Ob, M.D.M. d. 30/221a, fol. 1v. </head> <figDesc style="display_none">Notenzitat aus Felix Mendelssohn Bartholdy, Lieder ohne Worte, Heft 2 op. 30, Allegro di molto b-Moll op. 30 Nr. 2 (MWV SD 9).</figDesc> </figure> so zu spielen <figure rend="inline_big_size" style="center" subtype="quarter_page" type="notated_Music" xml:id="figure_a6916a0b-352e-4236-bdfc-97354c35ba5f"> <graphic url="https://www.felix-mendelssohn-bartholdy.org/_api/letters/letter_image/Noten/gb-1834-12-27-02-N-002.jpg"></graphic> <head style="display_none">Noten: GB-Ob, M.D.M. d. 30/221a, fol. 1v.</head> <figDesc style="display_none">Notenzitat aus Felix Mendelssohn Bartholdy, Lieder ohne Worte, Heft 2 op. 30, Allegro di molto b-Moll op. 30 Nr. 2 (MWV SD 9).</figDesc> </figure> </p> <p>In diesem Liede ist eine Stelle, die mich jedesmal zwingt zu sagen: sehr hübsch! Es ist der Wiedereintritt ins Thema, der allerliebst ist.</p> <p>Deine <title xml:id="title_2df46c8e-6dd9-4017-b560-046738f77b6d"><title xml:id="title_caf66ccc-e86f-40b1-a74c-65efc2cb5394">Nonnenstücke<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_nfxcfhaz-xp4b-loqp-hqsj-e1fzssffo5sp"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100133" style="hidden">»Surrexit pastor« / »Er ist ein guter Hirte« für Solostimmen, Frauenchor und Orgel, 30. Dezember 1830<idno type="MWV">B 23</idno><idno type="op">39/3</idno></name></title><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_xye6ftdx-xjuz-dvbe-gvzr-vjxdsv4sdnhk"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100134" style="hidden">»Veni Domine« / »Herr, erhöre uns« für Frauenchor und Orgel, 31. Dezember 1830<idno type="MWV">B 24</idno><idno type="op">39/1</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_kkbhectx-zv44-qmew-eekl-5fnyururcfbj"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100132" style="hidden">»O beata et benedicta« für Frauenchor und Orgel, 30. Dezember 1830<idno type="MWV">B 22</idno><idno type="op"></idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5eb12e24-394f-4986-9aa0-fd0b2b1c7a48" xml:lang="de">Deine Nonnenstücke – Die drei für die Nonnen auf Trinità dei Monti in Rom komponierten Vokalwerke »O beata et benedicta« für dreistimmigen Frauenchor und Orgel (30. Dezember 1830, MWV B 22), »Surrexit pastor« für Soli, vierstimmigen Frauenchor und Orgel in der einsätzigen Fassung vom 30. Dezember 1830 (op. 39/3, MWV B 23) sowie »Veni domine« (»Zum dritten Adventssontag«) für dreistimmigen Frauenchor und Orgel (31. Dezember 1830, op. 39/1, MWV B 24).</note> sollen sogleich abgeschrieben, und Dir geschickt werden, wegen der Fugen habe ich Dir schon <title xml:id="title_ad59da27-c83f-4eef-a942-92327a85a6b5">geantwortet <name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name> <name key="gb-1834-12-25-01" style="hidden" type="letter">Fanny Hensel, Sebastian Hensel und Wilhelm Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf; Berlin, 30. November, 10., 23. und 25. Dezember 1834</name> </title>, ich kann sie nicht finden, und habe Dir auch damals, auf Dein ausdrückliches Verlangen, Alles geschickt was Du irgend glaubtest brauchen zu können. Nun aber höre ich auf, und schreibe Dir nie wieder, bis Du mir einen ordentlichen Privatbrief geschrieben hast. Wetter, was denkst Du von mir? Du behandelst mich schlecht. Seit Du weg bist, hast Du <title xml:id="title_2ba1c53b-4f52-44d0-83ce-64a5614a32ac">ein einziges Mal an mich geschrieben <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1834-11-14-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel in Berlin; Düsseldorf, 14. November 1834</name> </title>, um mich zu meinem Geburtstag schlecht zu machen. Ist das recht? Nein Herr Ve – tter. <persName xml:id="persName_1ab92303-0547-4856-ac07-e00936dc36e5">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> denkt Dir einen Privatbrief zu mit einer schönen Predigt über das Grün in Deinen Bildern. Nimm dies einstweilen als Verschreibung. Der schweizer Maler <persName xml:id="persName_ae328e7a-fb9d-4cda-b2f9-c1255043b195">Lory<name key="PSN0117448" style="hidden" type="person">Lory, Mathias Gabriel jun. (1784-1846)</name></persName>, der jetzt hier ist, und mehrere 100 Schweizer Prospecte in Wasserfarbe gemalt hat, würde Dich interessiren. Ich bekomme auch ein Bild von ihm, wofür ihn Hensel zeichnet.</p> </div> </body> </text></TEI>