]> Brief: gb-1834-12-27-01

gb-1834-12-27-01

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Rebecka Lejeune Dirichlet an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf <lb></lb> Berlin, 27. Dezember 1834 Potz Kuckuck und kein Ende! Nimm den Brief von mir zur Hand, wo der große Umschwung drinsteht. So weit wie leeres Gewäsche steht, d. h. die ersten drei Seiten, ist er von mir; von da Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Rebecka Lejeune Dirichlet; Düsseldorf, 23. Dezember 1834 Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Lejeune Dirichlet in Berlin; Düsseldorf, 2. Januar 1835 Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 29/336. Autograph Rebecka Lejeune Dirichlet an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf; Berlin, 27. Dezember 1834 Potz Kuckuck und kein Ende! Nimm den Brief von mir zur Hand, wo der große Umschwung drinsteht. So weit wie leeres Gewäsche steht, d. h. die ersten drei Seiten, ist er von mir; von da

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.

Rebecka Lejeune Dirichlet

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

27. Dezember 1834 Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)counter-resetDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Berlin Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Düsseldorf Deutschland deutsch
Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Berlin den 27sten December

Potz Kuckuck und kein Ende! Nimm den Brief <name key="PSN0110673" style="hidden" type="author">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</name> <name key="gb-1834-11-27-03" style="hidden" type="letter">Rebecka Lejeune Dirichlet und Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf; Berlin, 27. November 1834</name> von mir zur Hand, wo der große Umschwung drinsteht. So weit wie leeres Gewäsche steht, d. h. die ersten drei Seiten, ist er von mir; von da ab, wo Dir der Kopf gewaschen wird, hat Vater dictirt, und meinen Stiefel nachzuahmen gesucht, um Dich zum Narren zu haben, ich dachte aber wirklich nicht, daß Du es glauben würdest. Vergleiche einmal den Brief mit meinen andern Schmierereien, und siehe, ob ich jemals so etwas Folgerechtes, Vernünftiges zu Stande gebracht habe, als diese väterliche Ermahnung. Dazu habe ich weder Geduld noch Autorität noch Verstand. Seit drei Briefen bemühe ich mich Dir das begreiflich zu machen, aber die Gabe des Deutlichmachens scheint mir, neben manchen andern versagt zu seyn. Bei Gott, manchmal thut Ihr mir zu viel Ehre an, was weiß ich von Umschwung der Welt, ich kenne sie nur aus Beckers Weltgeschichte<name key="PSN0119713" style="hidden" type="author">Becker, Karl Friedrich (1777–1806)</name><name key="CRT0112492" style="hidden" type="science">Weltgeschichte für Kinder und Kinderlehrer</name> und politischen Himmel betrachte ich nur Sonn- und Festtags, ich sorge für mein Haus, gebe den Eltern an ihrem Hochzeittage zu essen, freu mich auf Weihnachten, freu mich, wenn es mir und meinen Freunden gut geht, gräme mich, wenns ihnen schlecht geht – das ist mein politisches Glaubensbekenntniß – der Rest ist Schweigen, sagt Hamlet<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564–1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name>. Für Reformen ließ ich vor 300 Jahren Martin LutherLuther, Martin (1483-1546) sorgen, der aber wohl auch nebst den |2| Reformiren revoltirt hat, denn er hat wohl Manches was gut war, mit weggenommen. Jetzt laß ich dafür sorgen – ja wen: WellingtonWellesley, Arthur (seit 1814) 1st Duke of Wellington (1769-1852) thuts nicht und ZumalacarreguiZumalacárregui, Tomás de (1788-1835)Zumalacarregui – Tomás de Zumalacárregui, spanischer General und Anführer der Carlisten. ist von CordovaCórdova, Luis Fernández de (1798-1840)Cordova – Luis Fernández de Córdova, spanischer Generalkapitän. Am 12. Dezember 1834 schlug er erfolgreich Zumalacárregui in der Schlacht von Mendaza. geschlagen. Wer ist der Held des Tages? Ich glaube am Ende Jeder, der seinen Beruf, Handwerk, Kunst, Wissenschaft, was es sey, ehrlich treibt, die Talente werden dann von selbst reformiren. Ihr seyd mir zu philosophisch, ich verstehe Euch nicht, was FannyHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) geschrieben hat, weiß ich nicht. Bei Gott, ich versichere Euch, ich bin nicht geistreich, manchmal ist mir Beckers Weltgeschichte viel zu diplomatisch. Übrigens hat mir LafontLafont, Charles Philippe (1781-1839) gefallen, elegant, fein, zierlich, es ist mir aber Nichts sitzen geblieben, ich verstehe zu wenig von der Kunst, so daß ich blos von Gipfeln entzückt werde. Ich weiß nicht recht, wie ich mich darin ausdrücken soll, aber ich höre bei Lafont und vielen andern ein gut gespieltes Instrument, aber keinen Menschen od. vielleicht keinen göttlichen Geist. Ist es das, was Du immer das Unmittelbare nennst; oder was, das ich so oft bei Musikern vermisse. Mir geht es damit, auch mit Bildern; wie Herren mit der Damentoilette, sie wissen immer, ob eine Dame gut angezogen ist od. nicht, woran das aber liegt, wissen sie nie. All den Unsinn habe ich nur geschrieben, weil damit Du einsiehst, der Schluß des Briefes en questionen question – frz., strittig, infrage. könne unmöglich von mir seyn, und VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) wird meinem Gänsekiel seinen Geist einhauchen, und was noch zu sagen bleibt, sagen.

Dein Billet an Hrn Kersting ist höflichst geschrieben |3| worden, Deine Zeichnung<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_qfiape5r-t8m2-0ruz-3hwt-f86zhdsxanra"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="watercolors_and_colored_pen_and_ink_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="datable_watercolors" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100734" style="hidden">Saanen, [Dezember 1834]; Standort unbekannt<idno type="MWV">AQ 13*</idno><idno type="op"></idno></name>Deine Zeichnung – Felix Mendelssohn Bartholdys Aquarell Saanen MWV-VB AQ 13* (heutiger Standort unbekannt) nach der Bleistiftzeichnung Gessenay, gegen die dent de Jaman MWV-VB ZB 10/32 vom 7. August 1831 (GB-Ob, M.D.M. d. 3, fol. 31), ein Weihnachtsgeschenk für die Schwester Rebecka. denke ich nicht dran, von PohlkePohlke, Karl Wilhelm (1810-1876) restauriren zu lassen, sie ist gut genug für Dich, Du bist gut genug für mich, also ist die Zeichnung gut für mich. Ehe ich aber mit Wasserfarben male, da hats noch lange Beine, einen Baum mit Kreide habe ich gemacht, mit dem könnte man kleine Kinder kle zu Bett treiben, und jetzt mache ich einen bemoosten Baumstamm in Seppia, außer der Stunde eine feine kleine Zeichnung mit Bleistift, wo mir der Himmel viel Mühe macht, neulich habe ich eine mit einem Kapuziner zu Stande gebracht, dessen Du sogar Dich nicht zu schämen brauchst (videvide – lat., siehe. die Hühner auf Don Tommasos Hühnerhof).die Hühner auf Don Tommasos Hühnerhof – siehe Brief fmb-1831-06-06-02 (Brief Nr. 429) Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel und Rebecka Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Rom, 6. Juni 1831, Z. 64 f.: »hätte Don Tommaso nicht den niedlichsten Hühnerhof, den es in Europa geben kann«. Summa Summarum ich habe vergnügte Stunden dabei, und jetzt, wo Vater wieder ausfährt, will ich auch recht fleißig seyn, das Vorlesen und Weihnachten haben mich in der letzten Zeit ziemlich in Anspruch genommen. Doch hat mich mein gestrenger Herr Lehrer ein paarmal gelobt. Das Haaröl habe ich aufgegeben, weil ich glaube, ihm meine vielen weißen Haare zuschreiben zu müssen, Mariane MendelssohnMendelssohn, Marianne (1799-1880) aber, und viele andre versichern mich, auf sie mache es nicht den Eindruck, daher mag bei mir wol besondre Disposition seyn, oder Folge der Kopfschmerzen, brauche es also ruhig fort, wenn es Dir gut thut, Du sollst auch mehr haben. Übrigens ist mein Kopf seit einiger Zeit so erträglich, daß ich kapabel bin, wenn es so fortbleibt, das Seebad flöten gehn zu lassen, muß ich aber doch hin, so ist unser Plan folgender: Bist Du im Juni |4| in DüsseldorfDüsseldorfDeutschland, so besuche ich Dich dort auf ein paar Wochen, und Du bringst mich Anfang Juli nach FrankfurtFrankfurt a. M.Deutschland, wo ich Dir. treffe, von da gehen wir nach MünchenMünchenDeutschland, TyrolTirolÖsterreich, SalzburgSalzburgDeutschland, über den Brenner, nach TriestTriestItalien, baden dort und, in GenuaGenuaItalien od. LivornoLivornoItalien in der See, gehen, dann über MailandMailandItalien, die Seen, den Genfer See, Chamonni, Neuchateller See etc. nach Hause, wo wir den 14 October seyn müssen. Bist Du im Juni nicht in Düsseldorf, so gehen wir zusammen den ersten Juli von hierBerlinDeutschland nach MünchenMünchenDeutschland. Wenn es Dir so gut scheint, so schreibe, wo Du mit uns reisen od. uns treffen willst, einst schworst Du MarxMarx, Adolph Bernhard (1795-1866) in Tyrol, da gingst Du einmal mit mir hin, halte nun Wort, und komm, wenn ich auch Mann und Kind bei mir habe. Oder willst Du nach NorderneiNorderneyDeutschland od. SchweningenSchwenningenDeutschland, dann gehen wir da erst hin, und machen nachher noch eine schöne Reise. Nun bestimme. Wir haben, ich vom vom ersten Juni, DirichletDirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859) vom ersten Juli bis zum 14ten Oktober Zeit, die verreiset werden soll, und so viel als möglich mit DirDirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859). Vorausgesetzt nämlich, alles gehe mit Vater nach Wunsch und Hoffnung; im entgegengesetzten Falle – doch lieber nichts davon; so viel menschliche Vernunft voraussehen kann, wird es gut gehen, das Andre wäre Schicksal. Nun schreibe über den Reiseplan, und laß unsre Briefe, bis zum Wiedersehn vonDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Aussichten zum Wiedersehen sprechen.

Gestern haben wir den 30 jährigen Hochzeittag gefeiert, die ElternMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) und whole family, Hr. v. SybelSybel, Heinrich Carl Ludolf von (1817-1895), GansGans, Eduard (bis 1825: Elias) (1797-1839) RungeRunge, Friedlieb Ferdinand (1794-1867) Lori aßen bei uns, a propos, LoriLory, Mathias Gabriel jun. (1784-1846) war sehr erfreut über Deine Landschaften,Deine Landschaften – betrifft die Zeichnungen und Aquarelle Felix Mendelssohn Bartholdys, die er 1831 während seiner Fußreise durch die Schweiz angefertigt hatte. die bei mir hängen, erkannte Alles, und sagte wenn Du nach der SchweizSchweizSchweiz kämst, solltest Du ihn besuchen, und er wollte Dir noch einigen guten Rath geben. Abends waren wir mit Verwandten und Schülern bei HenselsHensel, Wilhelm (1794-1861), MoserMoser, Julius (1805-1879) überreichte einen Hochzeitkarmen und die Drehorgel wurde auf Begehren wiederholt und belacht. Zum Spaß des Morgens früh habe ich keinen Platz mehr, auch muß WalterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887) erzogen werden,Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)

|3| Der Brief ist so dumm, auf Deinen freundlichen lieben, ernsten, daß ich ihn nicht abschicken würde, könnte ichs nur besser machen. Aber mein Magen schmerzt. Laß Dich nicht abschrecken, und schreibe mir bald wieder, ich meine es nicht so dumm.Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)

            Berlin den 27sten December Potz Kuckuck und kein Ende! Nimm den Brief von mir zur Hand, wo der große Umschwung drinsteht. So weit wie leeres Gewäsche steht, d. h. die ersten drei Seiten, ist er von mir; von da ab, wo Dir der Kopf gewaschen wird, hat Vater dictirt, und meinen Stiefel nachzuahmen gesucht, um Dich zum Narren zu haben, ich dachte aber wirklich nicht, daß Du es glauben würdest. Vergleiche einmal den Brief mit meinen andern Schmierereien, und siehe, ob ich jemals so etwas Folgerechtes, Vernünftiges zu Stande gebracht habe, als diese väterliche Ermahnung. Dazu habe ich weder Geduld noch Autorität noch Verstand. Seit drei Briefen bemühe ich mich Dir das begreiflich zu machen, aber die Gabe des Deutlichmachens scheint mir, neben manchen andern versagt zu seyn. Bei Gott, manchmal thut Ihr mir zu viel Ehre an, was weiß ich von Umschwung der Welt, ich kenne sie nur aus Beckers Weltgeschichte und politischen Himmel betrachte ich nur Sonn- und Festtags, ich sorge für mein Haus, gebe den Eltern an ihrem Hochzeittage zu essen, freu mich auf Weihnachten, freu mich, wenn es mir und meinen Freunden gut geht, gräme mich, wenns ihnen schlecht geht – das ist mein politisches Glaubensbekenntniß – der Rest ist Schweigen, sagt Hamlet. Für Reformen ließ ich vor 300 Jahren Martin Luther sorgen, der aber wohl auch nebst den Reformiren revoltirt hat, denn er hat wohl Manches was gut war, mit weggenommen. Jetzt laß ich dafür sorgen – ja wen: Wellington thuts nicht und Zumalacarregui ist von Cordova geschlagen. Wer ist der Held des Tages? Ich glaube am Ende Jeder, der seinen Beruf, Handwerk, Kunst, Wissenschaft, was es sey, ehrlich treibt, die Talente werden dann von selbst reformiren. Ihr seyd mir zu philosophisch, ich verstehe Euch nicht, was Fanny geschrieben hat, weiß ich nicht. Bei Gott, ich versichere Euch, ich bin nicht geistreich, manchmal ist mir Beckers Weltgeschichte viel zu diplomatisch. Übrigens hat mir Lafont gefallen, elegant, fein, zierlich, es ist mir aber Nichts sitzen geblieben, ich verstehe zu wenig von der Kunst, so daß ich blos von Gipfeln entzückt werde. Ich weiß nicht recht, wie ich mich darin ausdrücken soll, aber ich höre bei Lafont und vielen andern ein gut gespieltes Instrument, aber keinen Menschen od. vielleicht keinen göttlichen Geist. Ist es das, was Du immer das Unmittelbare nennst; oder was, das ich so oft bei Musikern vermisse. Mir geht es damit, auch mit Bildern; wie Herren mit der Damentoilette, sie wissen immer, ob eine Dame gut angezogen ist od. nicht, woran das aber liegt, wissen sie nie. All den Unsinn habe ich nur geschrieben, weil damit Du einsiehst, der Schluß des Briefes en question könne unmöglich von mir seyn, und Vater wird meinem Gänsekiel seinen Geist einhauchen, und was noch zu sagen bleibt, sagen.
Dein Billet an Hrn Kersting ist höflichst geschrieben worden, Deine Zeichnung denke ich nicht dran, von Pohlke restauriren zu lassen, sie ist gut genug für Dich, Du bist gut genug für mich, also ist die Zeichnung gut für mich. Ehe ich aber mit Wasserfarben male, da hats noch lange Beine, einen Baum mit Kreide habe ich gemacht, mit dem könnte man kleine Kinder kle zu Bett treiben, und jetzt mache ich einen bemoosten Baumstamm in Seppia, außer der Stunde eine feine kleine Zeichnung mit Bleistift, wo mir der Himmel viel Mühe macht, neulich habe ich eine mit einem Kapuziner zu Stande gebracht, dessen Du sogar Dich nicht zu schämen brauchst (vide die Hühner auf Don Tommasos Hühnerhof) . Summa Summarum ich habe vergnügte Stunden dabei, und jetzt, wo Vater wieder ausfährt, will ich auch recht fleißig seyn, das Vorlesen und Weihnachten haben mich in der letzten Zeit ziemlich in Anspruch genommen. Doch hat mich mein gestrenger Herr Lehrer ein paarmal gelobt. Das Haaröl habe ich aufgegeben, weil ich glaube, ihm meine vielen weißen Haare zuschreiben zu müssen, Mariane Mendelssohn aber, und viele andre versichern mich, auf sie mache es nicht den Eindruck, daher mag bei mir wol besondre Disposition seyn, oder Folge der Kopfschmerzen, brauche es also ruhig fort, wenn es Dir gut thut, Du sollst auch mehr haben. Übrigens ist mein Kopf seit einiger Zeit so erträglich, daß ich kapabel bin, wenn es so fortbleibt, das Seebad flöten gehn zu lassen, muß ich aber doch hin, so ist unser Plan folgender: Bist Du im Juni in Düsseldorf, so besuche ich Dich dort auf ein paar Wochen, und Du bringst mich Anfang Juli nach Frankfurt, wo ich Dir. treffe, von da gehen wir nach München, Tyrol, Salzburg, über den Brenner, nach Triest, baden dort und, in Genua od. Livorno in der See, gehen, dann über Mailand, die Seen, den Genfer See, Chamonni, Neuchateller See etc. nach Hause, wo wir den 14 October seyn müssen. Bist Du im Juni nicht in Düsseldorf, so gehen wir zusammen den ersten Juli von hier nach München. Wenn es Dir so gut scheint, so schreibe, wo Du mit uns reisen od. uns treffen willst, einst schworst Du Marx in Tyrol, da gingst Du einmal mit mir hin, halte nun Wort, und komm, wenn ich auch Mann und Kind bei mir habe. Oder willst Du nach Nordernei od. Schweningen, dann gehen wir da erst hin, und machen nachher noch eine schöne Reise. Nun bestimme. Wir haben, ich vom vom ersten Juni, Dirichlet vom ersten Juli bis zum 14ten Oktober Zeit, die verreiset werden soll, und so viel als möglich mit Dir. Vorausgesetzt nämlich, alles gehe mit Vater nach Wunsch und Hoffnung; im entgegengesetzten Falle – doch lieber nichts davon; so viel menschliche Vernunft voraussehen kann, wird es gut gehen, das Andre wäre Schicksal. Nun schreibe über den Reiseplan, und laß unsre Briefe, bis zum Wiedersehn von Aussichten zum Wiedersehen sprechen.
Gestern haben wir den 30 jährigen Hochzeittag gefeiert, die Eltern und whole family, Hr. v. Sybel, Gans Runge Lori aßen bei uns, a propos, Lori war sehr erfreut über Deine Landschaften, die bei mir hängen, erkannte Alles, und sagte wenn Du nach der Schweiz kämst, solltest Du ihn besuchen, und er wollte Dir noch einigen guten Rath geben. Abends waren wir mit Verwandten und Schülern bei Hensels, Moser überreichte einen Hochzeitkarmen und die Drehorgel wurde auf Begehren wiederholt und belacht. Zum Spaß des Morgens früh habe ich keinen Platz mehr, auch muß Walter erzogen werden,
 Der Brief ist so dumm, auf Deinen freundlichen lieben, ernsten, daß ich ihn nicht abschicken würde, könnte ichs nur besser machen. Aber mein Magen schmerzt. Laß Dich nicht abschrecken, und schreibe mir bald wieder, ich meine es nicht so dumm.          
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1834-12-27" xml:id="date_4cbfd0a1-2cfb-4d4d-8766-cfed12a6db80">27. Dezember 1834</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0110673" resp="author" xml:id="persName_33db9f04-fc74-44bd-88fd-e2d592e5245b">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0110673" resp="writer">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_26f8e386-8853-446b-a814-ce7bd58b42f6"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_2d23482c-a06d-4c99-9d25-c59f5418f9e6">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_65dd16c0-19d9-4014-8a35-beb7040c413d"> <settlement key="STM0100109">Düsseldorf</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"></revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_59859f07-7b4b-48cf-8784-f9b38eb893af"> <docAuthor key="PSN0110673" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_30a36a17-2492-4c99-b15b-e335e15675b6">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0110673" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_f9a1d957-f507-4287-b301-38fc2b177928">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin den <date cert="high" when="1834-12-27" xml:id="date_4e068d46-fe9c-445e-9234-948b51f672c3">27sten December</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Potz Kuckuck und kein Ende! Nimm den <title xml:id="title_61b9fde1-4298-4cdc-be17-88143c3368c7">Brief <name key="PSN0110673" style="hidden" type="author">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</name> <name key="gb-1834-11-27-03" style="hidden" type="letter">Rebecka Lejeune Dirichlet und Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf; Berlin, 27. November 1834</name> </title> von mir zur Hand, wo der große Umschwung drinsteht. So weit wie leeres Gewäsche steht, d. h. die ersten drei Seiten, ist er von mir; von da ab, wo Dir der Kopf gewaschen wird, hat Vater dictirt, und meinen Stiefel nachzuahmen gesucht, um Dich zum Narren zu haben, ich dachte aber wirklich nicht, daß Du es glauben würdest. Vergleiche einmal den Brief mit meinen andern Schmierereien, und siehe, ob ich jemals so etwas Folgerechtes, Vernünftiges zu Stande gebracht habe, als diese väterliche Ermahnung. Dazu habe ich weder Geduld noch Autorität noch Verstand. <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> Seit drei Briefen bemühe ich mich Dir das begreiflich zu machen, aber die Gabe des Deutlichmachens scheint mir, neben manchen andern versagt zu seyn. Bei Gott, manchmal thut Ihr mir zu viel Ehre an, was weiß ich von Umschwung der Welt, ich kenne sie nur aus <title xml:id="title_07d5312d-ce41-4da6-8af5-068985c27198">Beckers Weltgeschichte<name key="PSN0119713" style="hidden" type="author">Becker, Karl Friedrich (1777–1806)</name><name key="CRT0112492" style="hidden" type="science">Weltgeschichte für Kinder und Kinderlehrer</name></title> und politischen Himmel betrachte ich nur Sonn- und Festtags, ich sorge für mein Haus, gebe den Eltern an ihrem Hochzeittage zu essen, freu mich auf Weihnachten, freu mich, wenn es mir und meinen Freunden gut geht, gräme mich, wenns ihnen schlecht geht – das ist mein politisches Glaubensbekenntniß – der Rest ist Schweigen, sagt <title xml:id="title_428c9d85-bfd5-466e-9827-1621030704b7">Hamlet<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564–1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name></title>. Für Reformen ließ ich vor 300 Jahren <persName xml:id="persName_9071c390-53d4-4183-b2cc-fe535e157fad">Martin Luther<name key="PSN0112987" style="hidden" type="person">Luther, Martin (1483-1546)</name></persName> sorgen, der aber wohl auch nebst den<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Reformiren revoltirt hat, denn er hat wohl Manches was gut war, mit weggenommen. Jetzt laß ich dafür sorgen – ja wen: <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_32d47c65-f0f3-4b6c-a820-7829b82a652c">Wellington<name key="PSN0115692" style="hidden" type="person">Wellesley, Arthur (seit 1814) 1st Duke of Wellington (1769-1852)</name></persName></hi> thuts nicht und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_23809837-2740-4381-ab29-600017f8f2c3">Zumalacarregui<name key="PSN0118966" style="hidden" type="person">Zumalacárregui, Tomás de (1788-1835)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_50b23245-3d71-432e-b5a4-5c70b93b84eb" xml:lang="de">Zumalacarregui – Tomás de Zumalacárregui, spanischer General und Anführer der Carlisten.</note> ist von <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_42347ac7-e804-41d2-b4bd-0badfb3d24a5">Cordova<name key="PSN0118965" style="hidden" type="person">Córdova, Luis Fernández de (1798-1840)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_08300ffb-fb52-4046-bef5-49d8277bf412" xml:lang="de">Cordova – Luis Fernández de Córdova, spanischer Generalkapitän. Am 12. Dezember 1834 schlug er erfolgreich Zumalacárregui in der Schlacht von Mendaza.</note> geschlagen. Wer ist der Held des Tages? Ich glaube am Ende Jeder, der seinen Beruf, Handwerk, Kunst, Wissenschaft, was es sey, ehrlich treibt, die Talente werden dann von selbst reformiren. Ihr seyd mir zu philosophisch, ich verstehe Euch nicht, was <persName xml:id="persName_9461dfc4-6722-4415-95cd-427ea119f62e">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> geschrieben hat, weiß ich nicht. Bei Gott, ich versichere Euch, ich bin nicht geistreich, manchmal ist mir Beckers Weltgeschichte viel zu diplomatisch. Übrigens hat mir <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_3bd1aa78-1728-48fc-ae79-fe3ceb767391">Lafont<name key="PSN0112645" style="hidden" type="person">Lafont, Charles Philippe (1781-1839)</name></persName></hi> gefallen, elegant, fein, zierlich, es ist mir aber Nichts sitzen geblieben, ich verstehe zu wenig von der Kunst, so daß ich blos von Gipfeln entzückt werde. Ich weiß nicht recht, wie ich mich darin ausdrücken soll, aber ich höre bei <hi rend="latintype">Lafont</hi> und vielen andern ein gut gespieltes Instrument, aber keinen Menschen od. vielleicht keinen göttlichen Geist. Ist es das, was Du immer das Unmittelbare nennst; <gap quantity="1" reason="uncertain_reading" unit="words"></gap> oder was, das ich so oft bei Musikern vermisse. Mir geht es damit, auch mit Bildern; wie Herren mit der Damentoilette, sie wissen immer, ob eine Dame gut angezogen ist od. nicht, woran das aber liegt, wissen sie nie. All den Unsinn habe ich nur geschrieben, <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_ad31e23e-28c1-4ac8-ac6f-af4030d18051">weil</del> damit Du einsiehst, der Schluß des Briefes <hi rend="latintype">en question</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_8c9e2dee-998c-4ce2-81c5-9977f908e3e9" xml:lang="fr ">en question – frz., strittig, infrage.</note> könne unmöglich von mir seyn, und <persName xml:id="persName_20ca23e3-4e06-4e1c-a849-3c23ef789c23">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> wird <gap quantity="2" reason="deletion" unit="words"></gap> meinem Gänsekiel seinen Geist einhauchen, und was noch zu sagen bleibt, sagen.</p> <p>Dein Billet an Hrn Kersting ist höflichst geschrieben<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> worden, <title xml:id="title_64ad33b0-a0ad-43ff-aea2-781d8d03addd">Deine Zeichnung<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_qfiape5r-t8m2-0ruz-3hwt-f86zhdsxanra"> <item n="1" sortKey="art" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="watercolors_and_colored_pen_and_ink_drawings" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="datable_watercolors" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100734" style="hidden">Saanen, [Dezember 1834]; Standort unbekannt<idno type="MWV">AQ 13*</idno><idno type="op"></idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8e057d9b-01fe-445b-af48-e7e14d886400" xml:lang="de">Deine Zeichnung – Felix Mendelssohn Bartholdys Aquarell Saanen MWV-VB AQ 13* (heutiger Standort unbekannt) nach der Bleistiftzeichnung Gessenay, gegen die dent de Jaman MWV-VB ZB 10/32 vom 7. August 1831 (GB-Ob, M.D.M. d. 3, fol. 31), ein Weihnachtsgeschenk für die Schwester Rebecka.</note> denke ich nicht dran, von <persName xml:id="persName_5bce17d4-240d-4a66-be53-1063fbca5ceb">Pohlke<name key="PSN0113934" style="hidden" type="person">Pohlke, Karl Wilhelm (1810-1876)</name></persName> restauriren zu lassen, sie ist gut genug für Dich, Du bist gut genug für mich, also ist die Zeichnung gut für mich. Ehe ich aber mit Wasserfarben male, da hats noch lange Beine, einen Baum mit Kreide habe ich gemacht, mit dem könnte man kleine Kinder <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_5ef6df1e-cafd-435e-9ade-da2f2a41694a">kle</del> zu Bett treiben, und jetzt mache ich einen bemoosten Baumstamm in Seppia, außer der Stunde eine feine kleine Zeichnung mit Bleistift, wo mir der Himmel viel Mühe macht, neulich habe ich eine mit einem Kapuziner zu Stande gebracht, dessen <hi n="1" rend="underline">Du</hi> sogar Dich nicht zu schämen brauchst (<hi rend="latintype">vide</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_05caac29-80c8-4393-b990-eeec4ccfa451" xml:lang="la ">vide – lat., siehe.</note> die Hühner auf <hi rend="latintype">Don Tommasos</hi> Hühnerhof).<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8dae2e63-ec67-4a54-a6c9-d5c7c9335461" xml:lang="de">die Hühner auf Don Tommasos Hühnerhof – siehe Brief fmb-1831-06-06-02 (Brief Nr. 429) Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel und Rebecka Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Rom, 6. Juni 1831, Z. 64 f.: »hätte Don Tommaso nicht den niedlichsten Hühnerhof, den es in Europa geben kann«.</note> Summa Summarum ich habe vergnügte Stunden dabei, und jetzt, wo Vater wieder ausfährt, will ich auch recht fleißig seyn, das Vorlesen und Weihnachten haben mich in der letzten Zeit ziemlich in Anspruch genommen. Doch hat mich mein gestrenger Herr Lehrer ein paarmal gelobt. Das Haaröl habe ich aufgegeben, weil ich glaube, ihm meine vielen weißen Haare zuschreiben zu müssen, <persName xml:id="persName_05cf7b18-f071-49d7-9096-3f8615eb8b36">Mariane Mendelssohn<name key="PSN0113230" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Marianne (1799-1880)</name></persName> aber, und viele andre versichern mich, auf sie mache es nicht den Eindruck, daher mag bei mir wol besondre Disposition seyn, oder Folge der Kopfschmerzen, brauche es also ruhig fort, wenn es Dir gut thut, Du sollst auch mehr haben. Übrigens ist mein Kopf seit einiger Zeit so erträglich, daß ich kapabel bin, wenn es so fortbleibt, das Seebad flöten gehn zu lassen, muß ich aber doch hin, so ist unser Plan folgender: Bist Du im Juni<seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> in <placeName xml:id="placeName_7514dbe6-5126-4926-a06e-e3862eab4fda">Düsseldorf<settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, so besuche ich Dich dort auf ein paar Wochen, und Du bringst mich Anfang Juli nach <placeName xml:id="placeName_76832b36-7bf8-43f5-86e6-e7e76ddab9c6">Frankfurt<settlement key="STM0100204" style="hidden" type="locality">Frankfurt a. M.</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, wo ich Dir. treffe, von da gehen wir nach <placeName xml:id="placeName_780522d0-1755-4040-b2aa-5d67fffbb8ae">München<settlement key="STM0100169" style="hidden" type="locality">München</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, <placeName xml:id="placeName_ab9d961b-f473-488e-beb8-44d90e60a5e7">Tyrol<settlement key="STM0104827" style="hidden" type="region">Tirol</settlement><country style="hidden">Österreich</country></placeName>, <placeName xml:id="placeName_9e9fa077-6b1a-4491-b37d-6e80e4c8a843">Salzburg<settlement key="STM0100113" style="hidden" type="locality">Salzburg</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, über den Brenner, nach <placeName xml:id="placeName_9e03bf93-726f-452f-ba90-36b546a1f1b2">Triest<settlement key="STM0103483" style="hidden" type="locality">Triest</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>, baden dort <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_e2a012a5-b312-48b8-944b-d001240cd63b">und</del>, in <placeName xml:id="placeName_be05b51b-a034-4d0e-a58b-cd70df9c9d60">Genua<settlement key="STM0100179" style="hidden" type="locality">Genua</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> od. <placeName xml:id="placeName_e3090e07-df7b-47ee-b745-f4bcd374c10c">Livorno<settlement key="STM0104741" style="hidden" type="locality">Livorno</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> in der See, gehen, dann über <placeName xml:id="placeName_4d817c5a-298b-4e0b-8713-a01521f629b2">Mailand<settlement key="STM0100180" style="hidden" type="locality">Mailand</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName>, die Seen, den Genfer See, Chamonni, Neuchateller See <hi rend="latintype">etc</hi>. nach Hause, wo wir den 14 October seyn müssen. Bist Du im Juni nicht in Düsseldorf, so gehen wir zusammen den ersten Juli von <placeName xml:id="placeName_e41d3af6-91d1-4eb0-99cf-76fd6ed844e8">hier<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> nach <placeName xml:id="placeName_94a46c28-65dd-45bb-9354-0894c1dc442f">München<settlement key="STM0100169" style="hidden" type="locality">München</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>. Wenn es Dir so gut scheint, so schreibe, wo Du mit uns reisen od. uns treffen willst, einst schworst Du <persName xml:id="persName_9beeda4c-f10d-4b17-b697-81c8fb2da3dc">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden" type="person">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName> in Tyrol, da gingst Du einmal mit mir hin, halte nun Wort, und komm, wenn ich auch Mann und Kind bei mir habe. Oder willst Du nach <placeName xml:id="placeName_b5ab7859-1e54-45a7-8471-aa8a67a78306">Nordernei<settlement key="STM0104707" style="hidden" type="locality">Norderney</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> od. <placeName xml:id="placeName_294b254b-773c-463b-b696-bb1daebaf2f9">Schweningen<settlement key="STM0104828" style="hidden" type="locality">Schwenningen</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, dann gehen wir da erst hin, und machen nachher noch eine schöne Reise. Nun bestimme. Wir haben, ich vom vom ersten Juni, <persName xml:id="persName_3a54ae7d-2c74-4d5f-bccb-73214ba8ecc4">Dirichlet<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName> vom <date cert="high" when="1835-07-01" xml:id="date_32c6adc3-0a21-42f8-a001-3118ff46c82b">ersten Juli</date> bis zum <date cert="high" when="1835-10-14" xml:id="date_eec11613-b6ee-4c1f-8bf5-4d4cdaeaeb3a">14ten Oktober</date> Zeit, die verreiset werden soll, und so viel als möglich mit <persName xml:id="persName_37f17ada-bae8-406d-b9ce-b65cb3966cdb">Dir<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName>. Vorausgesetzt nämlich, alles gehe mit Vater nach Wunsch und Hoffnung; im entgegengesetzten Falle – doch lieber nichts davon; so viel menschliche Vernunft voraussehen kann, wird es gut gehen, das Andre wäre Schicksal. Nun schreibe über den Reiseplan, und laß unsre Briefe, bis zum Wiedersehn <gap quantity="1" reason="deletion" unit="words"></gap> <add place="above">von<name key="PSN0110673" resp="writers_hand" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</name></add> Aussichten zum Wiedersehen sprechen.</p> <p><date cert="high" when="1834-12-28" xml:id="date_4d688f9c-36e8-45ba-bde6-39e476e80ce2">Gestern</date> haben wir den 30 jährigen Hochzeittag gefeiert, die <persName xml:id="persName_aa698bd2-1fa4-409a-9c5b-2c0ec396271c">Eltern<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name><name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> und <hi rend="latintype">whole family</hi>, Hr. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_c9db4714-fb19-41b1-8f12-433bc22aafcb">v. Sybel<name key="PSN0118398" style="hidden" type="person">Sybel, Heinrich Carl Ludolf von (1817-1895)</name></persName></hi>, <persName xml:id="persName_8d81550f-87e6-4242-869a-9a9100a1554a">Gans<name key="PSN0111279" style="hidden" type="person">Gans, Eduard (bis 1825: Elias) (1797-1839)</name></persName> <persName xml:id="persName_afb8bd2b-7ecf-4413-9fd1-4acb481dbb5e">Runge<name key="PSN0114358" style="hidden" type="person">Runge, Friedlieb Ferdinand (1794-1867)</name></persName> <hi rend="latintype">Lori</hi> aßen bei uns, a propos, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_2f0209ca-377b-4f69-a9b9-d30c59df9f72">Lori<name key="PSN0117448" style="hidden" type="person">Lory, Mathias Gabriel jun. (1784-1846)</name></persName></hi> war sehr erfreut über Deine Landschaften,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c8b33f62-4488-4bc0-9ab6-6826a8f4b738" xml:lang="de">Deine Landschaften – betrifft die Zeichnungen und Aquarelle Felix Mendelssohn Bartholdys, die er 1831 während seiner Fußreise durch die Schweiz angefertigt hatte.</note> die bei mir hängen, erkannte Alles, und sagte wenn Du nach der <placeName xml:id="placeName_7c69f511-b930-4b0c-a13e-c2c2d3444bd3">Schweiz<settlement key="STM0104801" style="hidden" type="area">Schweiz</settlement><country style="hidden">Schweiz</country></placeName> kämst, solltest Du ihn besuchen, und er wollte Dir noch einigen guten Rath geben. Abends waren wir mit Verwandten und Schülern bei <persName xml:id="persName_c4260e4c-02c4-46e3-99fe-8b6170acde3d">Hensels<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName>, <persName xml:id="persName_99859346-dacb-4c16-aac6-3bee0406d4b5">Moser<name key="PSN0113449" style="hidden" type="person">Moser, Julius (1805-1879)</name></persName> überreichte einen Hochzeitkarmen und die Drehorgel wurde auf Begehren <add place="margin">wiederholt und belacht. Zum Spaß des Morgens früh habe ich keinen Platz mehr, auch muß <persName xml:id="persName_0c18a19a-17df-4444-a002-43f4970936b7">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName> erzogen werden,<name key="PSN0110673" resp="writers_hand" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</name></add></p> <p><seg type="pagebreak">|3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> <add place="bottom">Der Brief ist so dumm, auf Deinen freundlichen lieben, ernsten, daß ich ihn nicht abschicken würde, könnte ichs nur besser machen. Aber mein Magen schmerzt. Laß Dich nicht abschrecken, und schreibe mir bald wieder, ich meine es nicht so dumm.<name key="PSN0110673" resp="writers_hand" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</name></add></p> </div> </body> </text></TEI>