]> Brief: gb-1834-09-15-01

gb-1834-09-15-01

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Carl Julius Eicke an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin <lb></lb> Breslau, 15. September 1834 Es hätte mir warlich heute nichts Angenehmeres und Freudigeres begegnen können, als einige Zeilen von Ihnen zu erhalten, die ich mich nun auch zu beantworten beeile. – Entschuldigen Sie wenn der Brief länger wird, als Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Julius Eicke in Breslau; Berlin, vor dem 15. September 1834 unbekannt Eicke, Carl Julius (?-1866)Eicke, Carl Julius (?-1866) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 29/265. Autograph Carl Julius Eicke an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Breslau, 15. September 1834 Es hätte mir warlich heute nichts Angenehmeres und Freudigeres begegnen können, als einige Zeilen von Ihnen zu erhalten, die ich mich nun auch zu beantworten beeile. – Entschuldigen Sie wenn der Brief länger wird, als

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.

Carl Julius Eicke

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

15. September 1834 Eicke, Carl Julius (?-1866)counter-resetEicke, Carl Julius (?-1866) Breslau Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Berlin Deutschland deutsch
Eicke, Carl Julius (?-1866) Eicke, Carl Julius (?-1866) Mein lieber, verehrtester Herr Capellmeister!

Es hätte mir warlich heute nichts Angenehmeres und Freudigeres begegnen können, als einige Zeilen von Ihnen <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1834-09-15-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Julius Eicke in Breslau; Berlin, vor dem 15. September 1834</name> zu erhalten, die ich mich nun auch zu beantworten beeile. – Entschuldigen Sie wenn der Brief länger wird, als eigentlich die Erwiderung des Ihrigen erheischt, allein ich kann nicht umhin, Ihnen einige genauere ausführlichere Nachrichten von mir zu ertheilen, in der Hoffnung daß der Antheil den Sie damals in DüsseldorfDüsseldorfDeutschland an mir genommen haben, nicht vermindert worden ist, und daß Sie diese Mittheilung als einen Beweiß meiner aufrichtigen Ergebenheit und Liebe für Sie ansehen werden. –

Ich habe schon seit 4 bis 5 Monaten von einem Tage zum Andern es aufgeschoben Ihnen zu schreiben, allein theils war ich zu sehr beschäftigt, theils vermuthete ich auch daß Sie eine bedeutende Reise unternehmen würden,daß Sie eine bedeutende Reise unternehmen würden – Die einzige Reise Felix Mendelssohn Bartholdys während seiner Düsseldorfer Zeit im Jahre 1834 war seine Reise im September nach Berlin, um im Auftrag Karl Immermanns und mit Unterstützung von Eduard Devrient Engagements für die Düsseldorfer Bühne zu machen und seine Familie zu besuchen. wovon Sie auch damals sprachen, selbst heute dachte ich noch daran mich zu erkundigen ob Sie in DusseldDüsseldorfDeutschland. sind, und Ihnen ausführlich zu schreiben, da überraschte mich so eben Ihr mir sehr theurer Brief, und der Beweiß daß Sie noch an mich denken. –

Also jetzt zurück zu No 1. ich kam hier an, meine FrauEicke, Friederike (1804-1888)meine Frau – die Mezzosopranistin und Schauspielerin Friederike Eicke. hatte auf Bitten des DirectorsHaake, August (1793-1864)auf Bitten des Directors – August Haake, ein Vorgänger von Karl von Holtei, der 1839 Direktor des Theaters in Breslau wurde. am Tage vor meiner Ankunft hier gespielt und zwar mit vollkommnen Beifall Hervorruf etc,. ich trat zwei Tage später auf und wurde vom Publicum mit einem an Unsinn grenzenden Beifall aufgenommen und fetirt,fetirt – durch ein Fest ehren. am folgenden Tage schloß der Director auf ein Jahr mit mir ab, der Beifall erhielt sich nicht allein sondern wurde nur immer mehr befestigt da ich mir die Liebe des Publicums auch außer dem Theater errang, diese ganze Geschichte hätte mich vielleicht stolz machen können, allein ich war nicht so dumm und hütete mich vor dieser Krankheit, ich brachte MoseviusMosewius, Johann Theodor (1788-1858)Moesvius – der königliche Universitätsmusikdirektor zu Breslau Johann Theodor Mosevius. Ihren Gruß, er hatte mich bei meinem ersten Auftreten gehört, ich interessirte ihn, so wie auch meine Frau und er besuchte uns sogleich, nach vieler Mühe gelang es mir ihn zu bewegen mich förmlich als Schüler aufzunehmen; denn er hat eine schwer zu überwindende Abscheu gegen die hiesige Theater personage im |2| Allgemeinen, seitdem bin ich hier Schüler und ich habe wirklich sehr bedeutende Fortschritte im Gesange gemacht, so daß ich jetzt erst durch MMosewius, Johann Theodor (1788-1858). eine Idée vom Ansatz des Tons, Tonziehen, Schmelz etc hab, wovon wir damals oder Sie vielmehr sprachen, mein Ansatz ist jetzt vollkommen gleich und sicher und es gehört zu den Seltenheiten, daß mir noch zuweilen ein Schrey entschlüpft, ich habe auch bis dato noch niemand gefunden, der mit solcher Geduld und Leichtigkeit es einem beizubringen weiß wie Mosevius, wir singen durchaus keine Operngeschichten, sondern studiren aus dem Grunde, auch sind meine Fortschritte in der Einsicht des Edlen, Schönen, und der Aestethik des eigentlichen Singens so bedeutend, daß nicht allein Musicverständige sondern auch die hiesigen Laien oder Publicus ordinariusPublicus ordinarius – Lehrstuhlinhaber, Universitätsprofessoren. es bemerken. Mosevius hat meine Stimme dahin gebracht, daß die Töne von

Noten: GB-Ob, M.D.M. d. 29/265, fol. 1v.Tonumfang der Gesangsstimme von Carl Julius Eicke.
beinahe ganz gleich und ohne Anstrengung herauskommen, der Beweiß seiner guten Methode ist der, daß ich 2 Stunden gewöhnlich ohne die geringste Anstrengung solfeggiresolfeggire – auf die Solmisationssilben do, re, mis fa, sol, la, si gesungene Gesangsübung. und Abends Oper singe. – Ich singe wöchentlich 4 mal bei ihm, überhaupt stehn wir auf sehr freundschaftlichem Fuße, auch bin ich der Einzige vom Theater der Mitglied seiner Liedertafel geworden ist. – Er ist jetzt im Bade kommt aber in einigen Tage zurück. – Wir sprachen sehr oft von Ihnen, und Sie würden uns unbeschreiblich erfreuen wenn Sie auch nur auf einige Tage herkämen, vorzüglich aber Professor StentzlerStenzler, Adolf Friedrich (1807-1887), von dem ich aber nicht weiß ob er jetzt hier ist, da ich ihn lange nicht gesehen. – Hätte ich einen Monat früher den Brief von Ihnen empfangen; so wär ich noch frei gewesen, und ich hätte gewiß vorgezogen in Düsseld: das Engagement anzunehmen wenn auch nur lediglich aus dem Grunde, mein Studium unter Ihrer Leitung fortsetzen zu können; ich habe mich jedoch seit 14 Tagen wieder auf das Jahr 1835 engagirt, woran besonders |3| Mosevius viel Antheil hat, dessen Unterricht mir überaus nützlich ist, der Praxis verbunden welche ich am hiesigen Theater habe, und versicherte bis Ende naechsten Jahres mich dahin zu bringen, daß ich mit der größten Sicherheit jede Bühne betreten könne, auch entgeht mir hier keine Parthie, ich singe alle guten tiefliegenden Tenorparthin, so wie alle Baritons, wie Faust<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784–1859)</name><name key="CRT0110915" style="hidden" type="music">Faust WoO 51</name>,Faust – Baritontitelpartie in Faust, Oper in drei Akten von Louis Spohr (UA 1816). Tell<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110579" style="hidden" type="music">Guillaume Tell</name>,Tell – Baritontitelpartie in Guillaume Tell, Oper von Rossini (UA 1829). Figaro<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110123" style="hidden" type="music">Le nozze di Figaro KV 492</name>,Figaro – Titelpartie in Le nozze di Figaro (UA 1786) von Mozart. Don Juan<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110089" style="hidden" type="music">Don Giovanni KV 527</name>,Don Juan – Titelpartie in Don Giovanni (UA 1787) von Mozart. Templer<name key="PSN0113090" style="hidden" type="author">Marschner, Heinrich August (1795–1861)</name><name key="CRT0109894" style="hidden" type="music">Der Templer und die Jüdin op. 60</name>,Templer – Titelpartie in Der Templer und die Jüdin, Oper in drei Aufzügen von Heinrich Marschner (UA 1829). Hans Heiling<name key="PSN0113090" style="hidden" type="author">Marschner, Heinrich August (1795–1861)</name><name key="CRT0109891" style="hidden" type="music">Hans Heiling op. 80</name>,Hans Heiling – Titelpartie in Hans Heiling, Oper von Heinrich Marschner (UA 1833). etc. Vorzüglich aufgenommen wurde in den letzten Wochen, die Vestalin<name key="PSN0115037" style="hidden" type="author">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774–1851)</name><name key="CRT0110971" style="hidden" type="music">La vestale</name> und Faust, den Templer habe ich bereits seit 6 Monat 29mal gesungen, auch die Gage ist nicht schlecht. Ich habe jetzt mit meiner Frau circa 2400 rtrt – Eicke benutzte das gebräuchliche Währungs-Abkürzungszeichen. und contractl:contractl: – contractlich, vertraglich geregelt. Urlaub nächstes Jahr. –

Vom Konigstadt. TheaterKönigsstädtisches TheaterBerlinDeutschland hatte ich Anfang dieses Jahres ein brillantes Anerbieten, und auf dem Konigl. TheaterKönigliches HoftheaterHannoverDeutschland könnte ich jetzt gastiren, wenn ich hier fortkommen könnte. – Ich möchte sehr gerne nach BerlinBerlinDeutschland. – Sollte ich nicht daß Vergnügen haben Sie noch in diesem Jahre hier zu sehen; so komme ich doch jedenfalls auch nach DDüsseldorfDeutschland: wenn mein Engagement hier zu Ende ist nemlich Januar 1836. wo ich dann eine bedeutendere Reise zu unternehmen gedenke. – Wenn Sie die Güte haben wollen empfehlen Sie mich dHdH – dem Herrn. Oberlandsgerichtrath ImmermannImmermann, Karl Leberecht (1796-1840).

Eine Bitte habe ich nun noch, wenn Sie gelegentlich Zeit und Muße haben; schreiben Sie mir ein Lied oder Liedchen zum Angedenken, nicht zu hoch, dem Umfange meiner Stimme angemessen. – Dr BecherBecher, Alfred Julius (Pseud.: Proteus ambulans) (1803-1848) bitte noch zu grüßen und KöttgenKöttgen, Gustav Adolf (1805-1882). – Ist Ihr Schauspielpersonal sehr vollzählig?Ist Ihr Schauspielpersonal sehr vollzählig – bezieht sich auf die Düsseldorfer Bühne. Felix Mendelssohn Bartholdy war nach Berlin gereist, um Sänger zu engagieren. ich möchte Ihnen im Gegenfall eine gute Aquisition empfehlen, nemlich eine jungs hübsche gebildete talentvolle Frau namens BrünickBrünick, Frau, die in 14 Tagen hier abgeht und gewiß dem H. d. T.H.d. T. – Herrn des Theaters. Immermann, so wie dem Publicum gefallen würde. Sie hat ein bedeutendes |4| Repertoir, ihr Hauptfach jedoch ist muntre jugendliche Liebhaberinnen im Schauspiel, Lustspiel, Mirandoline,Mirandoline – Mirandolina, Figur in Carlo Goldonis Komödie La locandiera (UA 1753). Kunigunde im <hi rend="latintype">Hans Sachs</hi><name key="PSN0120623" style="hidden" type="author">Deinhardstein, Johann Ludwig (eigtl. Johann Nepomuk Anton Alois Josef; Pseud.: Dr. Römer) (1790-1859)</name><name key="CRT0113374" style="hidden" type="dramatic_work">Hans Sachs</name>,Kunigunde im Hans Sachs – Figur in Johann Ludwig Deinhardsteins Dramatischem Gedicht Hans Sachs (UA 1827), der Vorlage für Albert Lortzings gleichnamige Oper. etc:, vielleicht können Sie sie zu Gastspiel kommen lassen. –

Ich schließe jetzt mit der Bitte sobald Sie können mich mit einigen Zeilen zu erfreuen; und bleibe mit besonderer Hochachtung Der Ihrige Julius Eicke Breslau 15 Septr 34. –
            Mein lieber, verehrtester Herr Capellmeister!
Es hätte mir warlich heute nichts Angenehmeres und Freudigeres begegnen können, als einige Zeilen von Ihnen zu erhalten, die ich mich nun auch zu beantworten beeile. – Entschuldigen Sie wenn der Brief länger wird, als eigentlich die Erwiderung des Ihrigen erheischt, allein ich kann nicht umhin, Ihnen einige genauere ausführlichere Nachrichten von mir zu ertheilen, in der Hoffnung daß der Antheil den Sie damals in Düsseldorf an mir genommen haben, nicht vermindert worden ist, und daß Sie diese Mittheilung als einen Beweiß meiner aufrichtigen Ergebenheit und Liebe für Sie ansehen werden. –
Ich habe schon seit 4 bis 5 Monaten von einem Tage zum Andern es aufgeschoben Ihnen zu schreiben, allein theils war ich zu sehr beschäftigt, theils vermuthete ich auch daß Sie eine bedeutende Reise unternehmen würden, wovon Sie auch damals sprachen, selbst heute dachte ich noch daran mich zu erkundigen ob Sie in Dusseld. sind, und Ihnen ausführlich zu schreiben, da überraschte mich so eben Ihr mir sehr theurer Brief, und der Beweiß daß Sie noch an mich denken. –
Also jetzt zurück zu No 1. ich kam hier an, meine Frau hatte auf Bitten des Directors am Tage vor meiner Ankunft hier gespielt und zwar mit vollkommnen Beifall Hervorruf etc, . ich trat zwei Tage später auf und wurde vom Publicum mit einem an Unsinn grenzenden Beifall aufgenommen und fetirt, am folgenden Tage schloß der Director auf ein Jahr mit mir ab, der Beifall erhielt sich nicht allein sondern wurde nur immer mehr befestigt da ich mir die Liebe des Publicums auch außer dem Theater errang, diese ganze Geschichte hätte mich vielleicht stolz machen können, allein ich war nicht so dumm und hütete mich vor dieser Krankheit, ich brachte Mosevius Ihren Gruß, er hatte mich bei meinem ersten Auftreten gehört, ich interessirte ihn, so wie auch meine Frau und er besuchte uns sogleich, nach vieler Mühe gelang es mir ihn zu bewegen mich förmlich als Schüler aufzunehmen; denn er hat eine schwer zu überwindende Abscheu gegen die hiesige Theater personage im Allgemeinen, seitdem bin ich hier Schüler und ich habe wirklich sehr bedeutende Fortschritte im Gesange gemacht, so daß ich jetzt erst durch M. eine Idée vom Ansatz des Tons, Tonziehen, Schmelz etc hab, wovon wir damals oder Sie vielmehr sprachen, mein Ansatz ist jetzt vollkommen gleich und sicher und es gehört zu den Seltenheiten, daß mir noch zuweilen ein Schrey entschlüpft, ich habe auch bis dato noch niemand gefunden, der mit solcher Geduld und Leichtigkeit es einem beizubringen weiß wie Mosevius, wir singen durchaus keine Operngeschichten, sondern studiren aus dem Grunde, auch sind meine Fortschritte in der Einsicht des Edlen, Schönen, und der Aestethik des eigentlichen Singens so bedeutend, daß nicht allein Musicverständige sondern auch die hiesigen Laien oder Publicus ordinarius es bemerken. Mosevius hat meine Stimme dahin gebracht, daß die Töne von beinahe ganz gleich und ohne Anstrengung herauskommen, der Beweiß seiner guten Methode ist der, daß ich 2 Stunden gewöhnlich ohne die geringste Anstrengung solfeggire und Abends Oper singe. – Ich singe wöchentlich 4 mal bei ihm, überhaupt stehn wir auf sehr freundschaftlichem Fuße, auch bin ich der Einzige vom Theater der Mitglied seiner Liedertafel geworden ist. – Er ist jetzt im Bade kommt aber in einigen Tage zurück. – Wir sprachen sehr oft von Ihnen, und Sie würden uns unbeschreiblich erfreuen wenn Sie auch nur auf einige Tage herkämen, vorzüglich aber Professor Stentzler, von dem ich aber nicht weiß ob er jetzt hier ist, da ich ihn lange nicht gesehen. – Hätte ich einen Monat früher den Brief von Ihnen empfangen; so wär ich noch frei gewesen, und ich hätte gewiß vorgezogen in Düsseld: das Engagement anzunehmen wenn auch nur lediglich aus dem Grunde, mein Studium unter Ihrer Leitung fortsetzen zu können; ich habe mich jedoch seit 14 Tagen wieder auf das Jahr 1835 engagirt, woran besonders Mosevius viel Antheil hat, dessen Unterricht mir überaus nützlich ist, der Praxis verbunden welche ich am hiesigen Theater habe, und versicherte bis Ende naechsten Jahres mich dahin zu bringen, daß ich mit der größten Sicherheit jede Bühne betreten könne, auch entgeht mir hier keine Parthie, ich singe alle guten tiefliegenden Tenorparthin, so wie alle Baritons, wie Faust, Tell, Figaro, Don Juan, Templer, Hans Heiling, etc. Vorzüglich aufgenommen wurde in den letzten Wochen, die Vestalin und Faust, den Templer habe ich bereits seit 6 Monat 29mal gesungen, auch die Gage ist nicht schlecht. Ich habe jetzt mit meiner Frau circa 2400 rt und contractl: Urlaub nächstes Jahr. –
Vom Konigstadt. Theater hatte ich Anfang dieses Jahres ein brillantes Anerbieten, und auf dem Konigl. Theater könnte ich jetzt gastiren, wenn ich hier fortkommen könnte. – Ich möchte sehr gerne nach Berlin. – Sollte ich nicht daß Vergnügen haben Sie noch in diesem Jahre hier zu sehen; so komme ich doch jedenfalls auch nach D: wenn mein Engagement hier zu Ende ist nemlich Januar 1836. wo ich dann eine bedeutendere Reise zu unternehmen gedenke. – Wenn Sie die Güte haben wollen empfehlen Sie mich dH Oberlandsgerichtrath Immermann.
Eine Bitte habe ich nun noch, wenn Sie gelegentlich Zeit und Muße haben; schreiben Sie mir ein Lied oder Liedchen zum Angedenken, nicht zu hoch, dem Umfange meiner Stimme angemessen. – Dr Becher bitte noch zu grüßen und Köttgen. – Ist Ihr Schauspielpersonal sehr vollzählig? ich möchte Ihnen im Gegenfall eine gute Aquisition empfehlen, nemlich eine jungs hübsche gebildete talentvolle Frau namens Brünick, die in 14 Tagen hier abgeht und gewiß dem H. d. T. Immermann, so wie dem Publicum gefallen würde. Sie hat ein bedeutendes Repertoir, ihr Hauptfach jedoch ist muntre jugendliche Liebhaberinnen im Schauspiel, Lustspiel, Mirandoline, Kunigunde im Hans Sachs, etc:, vielleicht können Sie sie zu Gastspiel kommen lassen. –
Ich schließe jetzt mit der Bitte sobald Sie können mich mit einigen Zeilen zu erfreuen; und bleibe mit besonderer Hochachtung Der Ihrige
Julius Eicke
Breslau 15 Septr 34. –          
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1834-09-15" xml:id="date_af896656-1683-4612-8950-2fb1764b2252">15. September 1834</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0110867" resp="author" xml:id="persName_f49e5538-e7f5-4778-b0df-e4dbe03a9a3c">Eicke, Carl Julius (?-1866)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0110867" resp="writer">Eicke, Carl Julius (?-1866)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_f4e5e1f9-10b8-48c6-9a3d-11a264ca28dc"> <settlement key="STM0100136">Breslau</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_e0e82dea-b859-444b-b1c7-5a36be74429f">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_ffe0f6c6-fec1-44c5-a121-72fd77277ba7"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"></revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_e801281b-598d-4b6c-af67-a7494ebc3d8a"> <docAuthor key="PSN0110867" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_1cb70f55-5e75-4fbb-9c38-2345eeb3ef8a">Eicke, Carl Julius (?-1866)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0110867" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_b682b3c8-e4a7-476d-b64c-db6e86056888">Eicke, Carl Julius (?-1866)</docAuthor> <salute rend="left">Mein lieber, verehrtester Herr <hi rend="latintype">Capellmeister</hi>!</salute> <p style="paragraph_without_indent">Es hätte mir warlich heute nichts Angenehmeres und Freudigeres begegnen können, als einige <title xml:id="title_8824361b-52c8-44cf-9646-4fe3ccef0829">Zeilen von Ihnen <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1834-09-15-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Julius Eicke in Breslau; Berlin, vor dem 15. September 1834</name> </title> zu erhalten, die ich mich nun auch zu beantworten beeile. – Entschuldigen Sie wenn der Brief länger wird, als eigentlich die Erwiderung des Ihrigen erheischt, allein ich kann nicht umhin, Ihnen einige genauere ausführlichere Nachrichten von mir zu ertheilen, in der Hoffnung daß der Antheil den Sie damals in <placeName xml:id="placeName_009b99d6-65a5-490f-bf43-7004e63802d2"><hi rend="latintype">Düsseldorf</hi><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> an mir genommen haben, nicht vermindert worden ist, und daß Sie diese Mittheilung als einen Beweiß meiner aufrichtigen <hi n="1" rend="underline">Ergebenheit und Liebe</hi> für Sie ansehen werden. – </p> <p>Ich habe schon seit 4 bis 5 Monaten von einem Tage zum Andern es aufgeschoben Ihnen zu schreiben, allein theils war ich zu sehr beschäftigt, theils vermuthete ich auch daß Sie eine bedeutende Reise unternehmen würden,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_18918137-70de-4c17-8212-eaaef8564ad4" xml:lang="de">daß Sie eine bedeutende Reise unternehmen würden – Die einzige Reise Felix Mendelssohn Bartholdys während seiner Düsseldorfer Zeit im Jahre 1834 war seine Reise im September nach Berlin, um im Auftrag Karl Immermanns und mit Unterstützung von Eduard Devrient Engagements für die Düsseldorfer Bühne zu machen und seine Familie zu besuchen.</note> wovon Sie auch damals sprachen, selbst heute dachte ich noch daran mich zu erkundigen ob Sie in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_30b087af-e7f9-400b-bd36-6e25f6bdd926">Dusseld<settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi>. sind, und Ihnen ausführlich zu schreiben, da überraschte mich so eben Ihr mir sehr theurer Brief, und der Beweiß daß Sie noch an mich denken. – </p> <p>Also jetzt zurück zu <hi rend="latintype">N<hi rend="superscript">o</hi></hi> 1. ich kam hier an, meine <persName xml:id="persName_dd5461c0-3252-4442-bd75-c0386c684eaf">Frau<name key="PSN0110868" style="hidden" type="person">Eicke, Friederike (1804-1888)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_3bd6d919-f533-4bdc-adec-4f737581d02f" xml:lang="de">meine Frau – die Mezzosopranistin und Schauspielerin Friederike Eicke.</note> hatte auf Bitten des <persName xml:id="persName_d0384a8e-e7be-4510-bfa5-ea6871601598"><hi rend="latintype">Directors</hi><name key="PSN0118782" style="hidden" type="person">Haake, August (1793-1864)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_27a6e877-9369-4ebd-8f39-0ae4db0f7e69" xml:lang="de">auf Bitten des Directors – August Haake, ein Vorgänger von Karl von Holtei, der 1839 Direktor des Theaters in Breslau wurde.</note> am Tage vor meiner Ankunft hier gespielt und zwar mit vollkommnen Beifall Hervorruf <hi rend="latintype">etc</hi>,. ich trat zwei Tage später auf und wurde vom <hi rend="latintype">Publicum</hi> mit einem an <hi rend="latintype">Unsinn</hi> grenzenden Beifall aufgenommen und <hi rend="latintype">fetirt</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_726138be-09b2-492e-906c-5ef13a1cab99" xml:lang="de">fetirt – durch ein Fest ehren.</note> am folgenden Tage schloß der <hi rend="latintype">Director</hi> auf ein Jahr mit mir ab, der Beifall erhielt sich nicht allein sondern wurde nur immer mehr befestigt da ich mir die Liebe des <hi rend="latintype">Publicums</hi> auch außer dem Theater errang, diese ganze Geschichte hätte mich vielleicht stolz machen können, allein ich war nicht so dumm und hütete mich vor dieser Krankheit, ich brachte <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_a7d76da8-af27-4fb5-b30b-f7df23a8ac05">Mosevius<name key="PSN0113450" style="hidden" type="person">Mosewius, Johann Theodor (1788-1858)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_912509be-e834-41b6-928c-405226e58fa6" xml:lang="de">Moesvius – der königliche Universitätsmusikdirektor zu Breslau Johann Theodor Mosevius.</note> Ihren Gruß, er hatte mich bei meinem ersten Auftreten gehört, ich interessirte ihn, so wie auch meine Frau und er besuchte uns sogleich, nach vieler Mühe gelang es mir ihn zu bewegen mich förmlich als Schüler aufzunehmen; denn er hat eine schwer zu überwindende Abscheu gegen die hiesige Theater <hi rend="latintype">personage</hi> im<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Allgemeinen, seitdem bin ich hier Schüler und ich habe wirklich sehr bedeutende Fortschritte im Gesange gemacht, so daß ich jetzt erst durch <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_e31657ec-9e86-4ea6-8d2a-6332b753a29c">M<name key="PSN0113450" style="hidden" type="person">Mosewius, Johann Theodor (1788-1858)</name></persName></hi>. eine <hi rend="latintype">Idée</hi> vom Ansatz des Tons, Tonziehen, Schmelz etc hab, wovon wir damals oder Sie vielmehr sprachen, mein Ansatz ist jetzt vollkommen gleich und sicher und es gehört zu den Seltenheiten, daß mir noch zuweilen ein Schrey entschlüpft, ich habe auch bis dato noch niemand gefunden, der mit solcher Geduld und Leichtigkeit es einem beizubringen weiß wie <hi rend="latintype">Mosevius</hi>, wir singen durchaus keine Operngeschichten, sondern studiren aus dem Grunde, auch sind meine Fortschritte in der Einsicht des Edlen, Schönen, und der Aestethik des eigentlichen Singens so bedeutend, daß nicht allein Musicverständige sondern auch die hiesigen <hi rend="latintype">Laien</hi> oder <hi rend="latintype">Publicus ordinarius</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_1a2090b3-fa46-491b-862c-5f20d1263d2b" xml:lang="la ">Publicus ordinarius – Lehrstuhlinhaber, Universitätsprofessoren.</note> es bemerken. <hi rend="latintype">Mosevius</hi> hat meine Stimme dahin gebracht, daß die Töne von <figure rend="inline_big_size" style="center" subtype="eighth_page" type="notated_Music" xml:id="figure_75a032a0-9319-40d8-93e3-db32375ca211"><graphic url="https://www.felix-mendelssohn-bartholdy.org/_api/letters/letter_image/Noten/gb-1834-09-15-01-N-001.jpg"></graphic><head style="display_none">Noten: GB-Ob, M.D.M. d. 29/265, fol. 1v.</head><figDesc style="display_none">Tonumfang der Gesangsstimme von Carl Julius Eicke.</figDesc></figure> beinahe ganz gleich und ohne Anstrengung herauskommen, der Beweiß seiner guten Methode ist der, daß ich 2 Stunden gewöhnlich ohne die geringste Anstrengung <hi rend="latintype">solfeggire</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_2e06edcc-a28e-44d6-b8dd-3f8cd0640b61" xml:lang="de">solfeggire – auf die Solmisationssilben do, re, mis fa, sol, la, si gesungene Gesangsübung.</note> und Abends Oper singe. – Ich singe wöchentlich 4 mal bei ihm, überhaupt stehn wir auf sehr freundschaftlichem Fuße, auch bin ich der Einzige vom Theater der Mitglied seiner Liedertafel geworden ist. – Er ist jetzt im Bade kommt aber in einigen Tage zurück. – Wir sprachen sehr oft von Ihnen, und Sie würden uns unbeschreiblich erfreuen wenn Sie auch nur auf einige Tage herkämen, vorzüglich aber <hi rend="latintype">Professor</hi> <persName xml:id="persName_e770862c-4b03-439a-89e7-e42fa8e925d4">Stentzler<name key="PSN0115112" style="hidden" type="person">Stenzler, Adolf Friedrich (1807-1887)</name></persName><unclear reason="covering" resp="UT">,</unclear> von dem ich aber nicht weiß ob er jetzt hier ist, da ich ihn lange nicht gesehen. – Hätte ich einen Monat früher den Brief von Ihnen empfangen; so wär ich noch frei gewesen, und ich hätte gewiß vorgezogen in <hi rend="latintype">Düsseld</hi>: das <hi rend="latintype">Engagement</hi> anzunehmen wenn auch nur lediglich aus dem Grunde, mein Studium unter Ihrer Leitung fortsetzen zu können; ich habe mich jedoch seit 14 Tagen wieder auf das Jahr 1835 engagirt, woran besonders<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> <hi rend="latintype">Mosevius</hi> viel Antheil hat, dessen Unterricht mir überaus nützlich ist, der <hi rend="latintype">Praxis</hi> verbunden welche ich am hiesigen Theater habe, und versicherte bis Ende naechsten Jahres mich dahin zu bringen, daß ich mit der größten Sicherheit jede Bühne betreten könne, auch entgeht mir hier keine <hi rend="latintype">Parthie</hi>, ich singe alle guten tiefliegenden <hi rend="latintype">Tenorparthin</hi>, so wie alle <hi rend="latintype">Baritons</hi>, wie <hi rend="latintype"><title xml:id="title_b4a64d79-e36a-417f-b9df-59d70d101242">Faust<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784–1859)</name><name key="CRT0110915" style="hidden" type="music">Faust WoO 51</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2f6b3986-bc35-4c20-82ff-b73536a01ebc" xml:lang="de">Faust – Baritontitelpartie in Faust, Oper in drei Akten von Louis Spohr (UA 1816).</note> <hi rend="latintype"><title xml:id="title_1a80a197-1deb-4142-ab1a-8a740359d5b0">Tell<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110579" style="hidden" type="music">Guillaume Tell</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_204db04b-7a89-46ce-8061-500b00f28d05" xml:lang="de">Tell – Baritontitelpartie in Guillaume Tell, Oper von Rossini (UA 1829).</note> <hi rend="latintype"><title xml:id="title_13e63a9f-14b9-49a3-b17f-cfdd97b2886b">Figaro<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110123" style="hidden" type="music">Le nozze di Figaro KV 492</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ad674c55-dd91-435a-b887-5e7226bfdd75" xml:lang="de">Figaro – Titelpartie in Le nozze di Figaro (UA 1786) von Mozart.</note> <hi rend="latintype"><title xml:id="title_e269196c-d537-46e4-9386-a070eeaf9e95">Don Juan<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110089" style="hidden" type="music">Don Giovanni KV 527</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_529ea748-4622-438c-8076-b451807acaa3" xml:lang="de">Don Juan – Titelpartie in Don Giovanni (UA 1787) von Mozart.</note> <hi rend="latintype"><title xml:id="title_f2dece47-53f5-4545-95fd-df709418b0f0">Templer<name key="PSN0113090" style="hidden" type="author">Marschner, Heinrich August (1795–1861)</name><name key="CRT0109894" style="hidden" type="music">Der Templer und die Jüdin op. 60</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_758ecdb6-c4b5-4cf7-8f64-918c37dfa2a7" xml:lang="de">Templer – Titelpartie in Der Templer und die Jüdin, Oper in drei Aufzügen von Heinrich Marschner (UA 1829).</note> <hi rend="latintype"><title xml:id="title_4b716605-c660-4bd3-a4eb-9e4d09423158">Hans Heiling<name key="PSN0113090" style="hidden" type="author">Marschner, Heinrich August (1795–1861)</name><name key="CRT0109891" style="hidden" type="music">Hans Heiling op. 80</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8f393087-584d-4d31-ba46-8972bdc882fd" xml:lang="de">Hans Heiling – Titelpartie in Hans Heiling, Oper von Heinrich Marschner (UA 1833).</note> <hi rend="latintype">etc</hi>. Vorzüglich aufgenommen wurde in den letzten Wochen, die <hi rend="latintype"><title xml:id="title_3688c09f-3b45-4cba-9c4b-1efb75ce560a">Vestalin<name key="PSN0115037" style="hidden" type="author">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774–1851)</name><name key="CRT0110971" style="hidden" type="music">La vestale</name></title></hi> und <hi rend="latintype">Faust</hi>, den <hi rend="latintype">Templer</hi> habe ich bereits seit 6 Monat 29mal gesungen, auch die <hi rend="latintype">Gage</hi> ist nicht schlecht. Ich habe jetzt mit meiner Frau circa 2400 rt<note resp="FMBC" style="hidden" type="text_constitution" xml:id="note_b722f09e-da16-41af-b7e7-87b859e2d218" xml:lang="de ">rt – Eicke benutzte das gebräuchliche Währungs-Abkürzungszeichen.</note> und <hi rend="latintype">contractl</hi>:<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_320bacf1-e21a-49d1-bce6-c374b2d17566" xml:lang="de">contractl: – contractlich, vertraglich geregelt.</note> Urlaub nächstes Jahr. – </p> <p>Vom <placeName xml:id="placeName_359465d4-eb7e-420d-a6bb-5b5ccf77a0ea">Konigstadt. Theater<name key="NST0100297" style="hidden" subtype="" type="institution">Königsstädtisches Theater</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> hatte ich Anfang dieses Jahres ein brillantes Anerbieten, und auf dem <placeName xml:id="placeName_ff3fdb31-ab38-4369-b9dd-dfb0c39d9cd9">Konigl. Theater<name key="NST0103679" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliches Hoftheater</name><settlement key="STM0100118" style="hidden" type="locality">Hannover</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> könnte ich jetzt gastiren, wenn ich hier fortkommen könnte. – Ich möchte sehr gerne nach <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_2856f601-390f-413b-aa81-b5bbdfca80bf">Berlin<settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi>. – Sollte ich nicht daß Vergnügen haben Sie noch in diesem Jahre hier zu sehen; so komme ich doch jedenfalls auch nach <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_15923231-dddb-403b-a163-d172f56d5118">D<settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName></hi>: wenn mein <hi rend="latintype">Engagement</hi> hier zu Ende ist nemlich <hi rend="latintype">Januar</hi> 1836. wo ich dann eine bedeutendere Reise zu unternehmen gedenke. – Wenn Sie die Güte haben wollen empfehlen Sie mich dH<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_5d48b7a7-cd87-4648-955e-54d12399590f" xml:lang="de">dH – dem Herrn.</note> Oberlandsgerichtrath <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_1c6ea6ba-7844-4943-9afb-e2425ea9fb3b">Immermann<name key="PSN0112169" style="hidden" type="person">Immermann, Karl Leberecht (1796-1840)</name></persName></hi>. </p> <p>Eine Bitte habe ich nun noch, wenn Sie gelegentlich Zeit und Muße haben; schreiben Sie mir ein Lied oder Liedchen zum Angedenken, nicht zu hoch, dem Umfange meiner Stimme angemessen. – <persName xml:id="persName_2d06a074-4832-47d3-99f2-7f98998a3490"><hi rend="latintype">Dr Becher</hi><name key="PSN0109738" style="hidden" type="person">Becher, Alfred Julius (Pseud.: Proteus ambulans) (1803-1848)</name></persName> bitte noch zu grüßen und <persName xml:id="persName_8b49c8a5-f5ec-4bdb-8fb7-4db825965140"><hi rend="latintype">Köttgen</hi><name key="PSN0112509" style="hidden" type="person">Köttgen, Gustav Adolf (1805-1882)</name></persName>. – Ist Ihr Schauspielpersonal sehr vollzählig?<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e6dbce87-5b57-4616-84b2-1c3db95fcaf6" xml:lang="de">Ist Ihr Schauspielpersonal sehr vollzählig – bezieht sich auf die Düsseldorfer Bühne. Felix Mendelssohn Bartholdy war nach Berlin gereist, um Sänger zu engagieren.</note> ich möchte Ihnen im Gegenfall eine gute Aquisition empfehlen, nemlich eine jungs hübsche gebildete talentvolle Frau namens <persName xml:id="persName_983a8826-b7bf-4adc-9cc4-135149a08d15">Brünick<name key="PSN0116321" style="hidden" type="person">Brünick, Frau</name></persName>, die in 14 Tagen hier abgeht und gewiß dem H. d. T.<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_1f70ef3e-4e2c-4492-8757-24cde9b8c21d" xml:lang="de">H.d. T. – Herrn des Theaters.</note> <hi rend="latintype">Immermann</hi>, so wie dem <hi rend="latintype">Publicum</hi> gefallen würde. Sie hat ein bedeutendes<seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> <hi rend="latintype">Repertoir</hi>, ihr Hauptfach jedoch ist muntre jugendliche Liebhaberinnen im Schauspiel, Lustspiel, <hi rend="latintype">Mirandoline</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a694410a-cd2d-4d52-af60-270b9b246d04" xml:lang="de ">Mirandoline – Mirandolina, Figur in Carlo Goldonis Komödie La locandiera (UA 1753).</note> <hi rend="latintype">Kunigunde</hi> im <title xml:id="title_00e1c629-908a-4c75-98e4-7e84f32376f9"><hi rend="latintype">Hans Sachs</hi><name key="PSN0120623" style="hidden" type="author">Deinhardstein, Johann Ludwig (eigtl. Johann Nepomuk Anton Alois Josef; Pseud.: Dr. Römer) (1790-1859)</name><name key="CRT0113374" style="hidden" type="dramatic_work">Hans Sachs</name></title>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_80fad98f-2dba-464c-9597-6888a1bfcd9a" xml:lang="de">Kunigunde im Hans Sachs – Figur in Johann Ludwig Deinhardsteins Dramatischem Gedicht Hans Sachs (UA 1827), der Vorlage für Albert Lortzings gleichnamige Oper.</note> <hi rend="latintype">etc</hi>:, vielleicht können Sie sie zu Gastspiel kommen lassen. –</p> <closer rend="left">Ich schließe jetzt mit der Bitte sobald Sie können mich mit einigen Zeilen zu erfreuen; und bleibe mit besonderer Hochachtung </closer> <signed rend="right">Der Ihrige</signed> <signed rend="right"><hi rend="latintype">Julius Eicke</hi></signed> <dateline rend="left"><hi rend="latintype">Breslau</hi> <date cert="high" when="1834-09-15" xml:id="date_d29ede72-e717-4c07-aef7-73742c88e86e">15 <hi rend="latintype">Septr</hi> 34</date>. – </dateline> </div> </body> </text></TEI>