]> Brief: gb-1834-05-13-02

gb-1834-05-13-02

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Auguste Weinhold an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf <lb></lb> London, 13. Mai 1834 Das glückliche Resultat meiner Reise nach Amsterdam veranlaßt mich, Ihnen von London aus Nachricht von mir zu geben, da ich einmal der schönen Hoffnung nicht ganz entsagen kann, daß Sie wenigstens noch einigen Antheil an Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) unbekannt unbekannt Weinhold, AugusteWeinhold, Auguste Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 29/143. Autograph Auguste Weinhold an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf; London, 13. Mai 1834 Das glückliche Resultat meiner Reise nach Amsterdam veranlaßt mich, Ihnen von London aus Nachricht von mir zu geben, da ich einmal der schönen Hoffnung nicht ganz entsagen kann, daß Sie wenigstens noch einigen Antheil an

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.

Auguste Weinhold

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

13. Mai 1834 Weinhold, Augustecounter-resetWeinhold, Auguste London Großbritannien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Düsseldorf Deutschland deutsch
Weinhold, Auguste Weinhold, Auguste London am 13 Mai 1834.

Das glückliche Resultat meiner Reise nach AmsterdamAmsterdamNiederlande veranlaßt mich, Ihnen von LondonLondonGroßbritannien aus Nachricht von mir zu geben, da ich einmal der schönen Hoffnung nicht ganz entsagen kann, daß Sie wenigstens noch einigen Antheil an meinem Schicksale nehmen. Sie gaben mir in Düsseldorf nicht mehr Gelegenheit Ihnen ein Lebewohl zu sagen,Ihnen ein Lebewohl zu sagen – Auguste Weinhold war 1833/34 in Düsseldorf als Sängerin engagiert und wechselte dann 1834/35 zu einem Engagement bei der Konzertgesellschaft Felix Meritis in Amsterdam. was mir in mehr als einer Hinsicht sehr schmerzlich war. Ich hätte Ihnen so gern noch recht herzlich gedankt für die mannichfachen Beweise Ihres freundschaftlichen Interesse’s, dessen wohlthätigen Einfluß ich immer sogleich empfunden habe. Ich wäre in einer sehr hülflosen Lage gewesen, wenn mich Ihre Fürsprache nicht so kräftig unterstüzt hätte, und dafür werde ich Ihnen immer innigst dankbar sein. Daß Sie aber in der lezten Zeit mich Ihrer Freundschaft nicht mehr würdig hielten,Ihrer Freundschaft nicht mehr würdig hielten – siehe dazu Brief fmb-1834-07-15-01 (Brief Nr. 970) Felix Mendelssohn Bartholdy an Julius Schubring in Dessau; Düsseldorf, 15. Juli 1834, Z. 40 ff.: »Dlle. Weinhold, die Du mir empfohlen, gefiel mir anfangs recht gut, nachher nicht mehr; für das Theater hat sie kein rechtes Talent, aber sie ist auf nächsten Winter sehr vortheilhaft nach dem Haag und Amsterdam engagirt, als Concertsängerinn bei felix meritis, wozu sie sich, glaub’ ich, gut eignen wird.« Die Gründe für Felix Mendelssohn Bartholdys plötzliche Ablehnung Auguste Weinholds sind nicht zu ermitteln. Diese Ungnade währte jedoch nur kurze Zeit, da Auguste Weinhold in der Gewandhaussaison 1835/36 mit einem Gehalt von 450 Reichstalern als Sängerin engagiert worden war. Siehe dazu Dörffel, Geschichte der Gewandhausconcerte, S. 123. ist eine der schmerzlichsten Erfahrungen meines Lebens gewesen. Legen Sie mir es nicht falsch aus, wenn ich Ihnen gestehe, nie einen daß ich nie einen Mann gekannt habe, an dessen Hochachtung mir so viel gelegen gewesen wäre, als an der Ihrigen. Hätte ich nicht eine so hohe Meinung von Ihrem Geiste, und Ihrem Herzen, würde ich Ihnen nicht dieses offne Geständniß thun. Daß die Welt mich verkannte, weil ich im Gefühl meiner Unschuld vielleicht den Schein nicht genugWeinhold, Auguste vermied, darüber |2| habe ich mich leicht beruhigt, es ist ja zu bekannt, daß sie so gern Alles ins Niedrige zieht; daß aber auch Sie mich einer Unwürdigkeit fähig halten konnten, Sie, mit Ihrem für scharfen Blick, mit Ihrem richtigen Gefühl, darüber konnte mich auch mein stolzestes Bewußtsein nicht hinweg führen. Doch genug davon, ich habe vielleicht schon zu viel über diesen Gegenstand gesprochen. – Ich will Ihnen jezt erzählen wie meine Angelegenheiten in Amsterdam stehen. Ich reiste einen Tag früher von DüsseldorfDüsseldorfDeutschland ab als die andre Gesellschaft, mit der ich später in RotterdamRotterdamNiederlande wieder zusammentraf, nachdem ich im Fluge mein Engagement in Amsterdam in Richtigkeit gebracht hatte. Die Herren DirektorenKonzertgesellschaft Felix MeritisAmsterdamNiederlande nahmen mich mit ausgezeichneter Artigkeit auf, was ich besonders Ihrer Empfehlung zuschrieb und also abermals Ihren wohlthätigen Einfluß auch in weiter Ferne dankbar empfand. Natürlich wünschten sie mich zu hören, und so sang ich denn die Arie aus Don Juan<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110089" style="hidden" type="music">Don Giovanni KV 527</name>, Crudele, ah no mio bene, die, obgleich meine Stimme von der Reise etwas angegriffen war, doch so gefiel, daß mir sogleich noch 200 fl. hinzugesezt wurden. Ueberhaupt wurden die kalten, gemeßnen Kaufleute immer freundlicher und gemüthlicher im Laufe der Unterhaltung und wir trennten uns, zu meinem Vergnügen, mit gegenseitiger Befriedigung. Ich bekomme also 1200 fl. zwei Benefici-Conzerte, und die Erlaubniß, mich zugleich im Haag engagiren zu dürfen, was auch bereits durch den Herrn KerkhovenKerkhoven, Pieter JakobKerkhoven – Pieter Jakob Kerkhoven, Direktor des Musikvereins in Amsterdam. beinahe ganz in Richtigkeit gebracht worden war und worüber ich in einigen Wochen von ihm selbst noch mündliche Nachricht |3| erwarte. In jedem Fall ist dies ein sehr paßendes und angenehmes Engagement für mich und ich freue mich unbeschreiblich darüber. Wenn ich nun auch in LondonLondonGroßbritannien keine besondern Geschäfte mache, so steht mir der angenehme Hintergrund tröstend vor den Augen, und ich bin doch glücklich und danke dem Himmel von ganzer Seele dafür. Höchst unangenehm ist es mir freilich wenn ich wieder nach Elberfeld zurück muß auf die Monate August, September und Oktober und ich wünschte herzlich, daß ich diese Zeit über in London bleiben könnte, wozu ich allerdings für den Augenblick nicht die entfernteste Aussicht habe. – Daß mich London, nur das auswendige London in das allerhöchste Erstaunen sezt, können Sie denken, man fällt aus einer Verwundrung in die andre, und hat nicht Augen und Ohren genug um Alles Wunderbare zu sehen und zu hören, was einem bei jedem Schritte aufstößt. Gleich den ersten Tag verirrte ich mich vom Opernhaus bis nach unsrer Wohnung, was keine fünf Minuten weit ist und da ich keine Silbe englisch kann, so kostete es Mühe mich zurecht zu finden; ich war eine gute halbe Stunde unterwegs. – In der italienischen Oper bin ich gewesen und habe die GrisiGrisi, Giulia (1811-1869) gehört, die mich ganz entzückt hat. Stimme und Gesang sind bei ihr bezaubernd schön. Otello<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110586" style="hidden" type="music">Otello ossia Il Moro di Venezia</name> und die Gazza ladra<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110578" style="hidden" type="music">La gazza ladra</name> werden unausgesezt gegeben weil die Grisi darin ganz ungeheuer gefällt. Auch das ElslerscheElßler, Fanny (Franziska) (1810-1884)Elßler, Theresia (Therese) (1808-1878) Ballet macht furore, was für mich freilich keinen großen Reiz hat. – Morgen werden wir die Zauberflöte<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110155" style="hidden" type="music">Die Zauberflöte KV 620</name> endlich zu Tage fördern. Madame WalkerWalker, Madame singt die Pamina, die MichalesiMichalesi, Josephine (?-1846) die Königin der Nacht, SchmetzerSchmezer, Friedrich (1807-1877) den Tamino, SiebertSiebert, Herr von Sarastro, Dem. MünchMünch, Dem. aus DarmstadtDarmstadtDeutschland Papagena und zweite Dame (ich die Erste) |4| Madame SchirmerSchirmer, Madame 3te Dame. GüntherGünther, Carl Wilhelm (1809-1859) Papageno; die drei Genien sehr unbedeutende Kinderstimmchen. Ich bin ungeheuer gespannt auf das Resultat der ersten Vorstellung. Madame Walker hat eine sehr schöne Stimme, ihr Äußeres ist freilich nicht für die Pamina, sie ist beinahe kugelrund, doch hat sie ein schönes Theatergesicht und große schwarze Augen; ich glaube doch sie wird gefallen, sie soll übrigens auch gute Schauspielerin sein. Recht gelacht habe ich aber in der Stille, als ich von ihr die Worte: Ohne diese Sympathie ist kein Glück u. s. w. auf dieselbe Art singen hörte, die Sie bei mir so empörend fanden. Schmetzer hat eine schöne, höchst angenehme Stimme, ich zweifle nicht daß er auch gefällt. Auf Günther bin ich neugierig, was er für ein Papageno sein wird – vielleicht ein guter, wenn Sie hinter der Thür ständen. Für die Königin der Nacht war eine Mad. BraunBraun, Madame aus KölnKölnDeutschland engagirt, die aber so wenig einschlug daß die Michalesi sie bekam. Ich habe für die Walker mehrere Proben machen müßen, sie kam später als ich; im Fall’ sie gar nicht gekommen wäre, hätte ich die Pamina singen müßen. Gott sei Dank, daß ich dieser Todesangst nach der DevrientDevrient, Marie Therese (1803-1882) die Pamina in LondonLondonGroßbritannien singen zu müßen, entnommen bin, ich bin ganz zufrieden mit meiner ersten Dame. – Ich habe hier Bekannte gefunden, die sich unsrer aufs Freundlichste annehmen es ist ein Engländer, der eine Frau aus LeipzigLeipzigDeutschland hat und in dessen Hause also viel deutsch gesprochen wird. Dann bin ich einem gewißen Herrn ReineckerReinecker, Herr vorgestellt worden, der sich gern zum Protektor musikalischer Talente aufwirft und der es auf sich nehmen will, mich MoschelesMoscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870) vorzustellen. Ob ihm dieser Versuch gelingen wird, wage ich noch nicht zu hoffen. – Ein ganz leidliches Fortepiano für einen ganz unleidlichen Preis habe ich mir auch verschafft, ich bin also völlig eingerichtet und fühle mich ganz behaglich in einem recht hübschen Logis auf einer für London sehr stillen Straße, nahe an Golden Square, wo ich frische Luft habe so viel ich will und weit mehr Sonnenschein als in Düsseldorf, wo mir die Sonne überhaupt nicht überflüßig geschienen hat. – Jezt habe ich Ihnen Alles geschrieben, wovon ich mir einbilde, daß es einiges Interesse für Sie haben könnte und vielleicht noch weit mehr. Es ist aber einmal der bekannte Fehler der Damen daß sie sich nicht herausfinden könnten, wenn sie ins Erzählen kommen. Laßen Sie meinen Brief eine freundliche Aufnahme finden und sein Sie versichert, daß ich immer das wärmste Interesse für Alles was Sie betrifft haben würde wenn auch mein eignes Schicksal mich nicht dankbar an Sie erinnerte. Leben Sie recht wohl, und verschmähen Sie nicht die Versichrung meiner innigsten Hochachtung!

Auguste Weinhold.
            London am 13 Mai 1834. Das glückliche Resultat meiner Reise nach Amsterdam veranlaßt mich, Ihnen von London aus Nachricht von mir zu geben, da ich einmal der schönen Hoffnung nicht ganz entsagen kann, daß Sie wenigstens noch einigen Antheil an meinem Schicksale nehmen. Sie gaben mir in Düsseldorf nicht mehr Gelegenheit Ihnen ein Lebewohl zu sagen, was mir in mehr als einer Hinsicht sehr schmerzlich war. Ich hätte Ihnen so gern noch recht herzlich gedankt für die mannichfachen Beweise Ihres freundschaftlichen Interesse’s, dessen wohlthätigen Einfluß ich immer sogleich empfunden habe. Ich wäre in einer sehr hülflosen Lage gewesen, wenn mich Ihre Fürsprache nicht so kräftig unterstüzt hätte, und dafür werde ich Ihnen immer innigst dankbar sein. Daß Sie aber in der lezten Zeit mich Ihrer Freundschaft nicht mehr würdig hielten, ist eine der schmerzlichsten Erfahrungen meines Lebens gewesen. Legen Sie mir es nicht falsch aus, wenn ich Ihnen gestehe, nie einen daß ich nie einen Mann gekannt habe, an dessen Hochachtung mir so viel gelegen gewesen wäre, als an der Ihrigen. Hätte ich nicht eine so hohe Meinung von Ihrem Geiste, und Ihrem Herzen, würde ich Ihnen nicht dieses offne Geständniß thun. Daß die Welt mich verkannte, weil ich im Gefühl meiner Unschuld vielleicht den Schein nicht genug vermied, darüber habe ich mich leicht beruhigt, es ist ja zu bekannt, daß sie so gern Alles ins Niedrige zieht; daß aber auch Sie mich einer Unwürdigkeit fähig halten konnten, Sie, mit Ihrem für scharfen Blick, mit Ihrem richtigen Gefühl, darüber konnte mich auch mein stolzestes Bewußtsein nicht hinweg führen. Doch genug davon, ich habe vielleicht schon zu viel über diesen Gegenstand gesprochen. – Ich will Ihnen jezt erzählen wie meine Angelegenheiten in Amsterdam stehen. Ich reiste einen Tag früher von Düsseldorf ab als die andre Gesellschaft, mit der ich später in Rotterdam wieder zusammentraf, nachdem ich im Fluge mein Engagement in Amsterdam in Richtigkeit gebracht hatte. Die Herren Direktoren nahmen mich mit ausgezeichneter Artigkeit auf, was ich besonders Ihrer Empfehlung zuschrieb und also abermals Ihren wohlthätigen Einfluß auch in weiter Ferne dankbar empfand. Natürlich wünschten sie mich zu hören, und so sang ich denn die Arie aus Don Juan, Crudele, ah no mio bene, die, obgleich meine Stimme von der Reise etwas angegriffen war, doch so gefiel, daß mir sogleich noch 200 fl. hinzugesezt wurden. Ueberhaupt wurden die kalten, gemeßnen Kaufleute immer freundlicher und gemüthlicher im Laufe der Unterhaltung und wir trennten uns, zu meinem Vergnügen, mit gegenseitiger Befriedigung. Ich bekomme also 1200 fl. zwei Benefici-Conzerte, und die Erlaubniß, mich zugleich im Haag engagiren zu dürfen, was auch bereits durch den Herrn Kerkhoven beinahe ganz in Richtigkeit gebracht worden war und worüber ich in einigen Wochen von ihm selbst noch mündliche Nachricht erwarte. In jedem Fall ist dies ein sehr paßendes und angenehmes Engagement für mich und ich freue mich unbeschreiblich darüber. Wenn ich nun auch in London keine besondern Geschäfte mache, so steht mir der angenehme Hintergrund tröstend vor den Augen, und ich bin doch glücklich und danke dem Himmel von ganzer Seele dafür. Höchst unangenehm ist es mir freilich wenn ich wieder nach Elberfeld zurück muß auf die Monate August, September und Oktober und ich wünschte herzlich, daß ich diese Zeit über in London bleiben könnte, wozu ich allerdings für den Augenblick nicht die entfernteste Aussicht habe. – Daß mich London, nur das auswendige London in das allerhöchste Erstaunen sezt, können Sie denken, man fällt aus einer Verwundrung in die andre, und hat nicht Augen und Ohren genug um Alles Wunderbare zu sehen und zu hören, was einem bei jedem Schritte aufstößt. Gleich den ersten Tag verirrte ich mich vom Opernhaus bis nach unsrer Wohnung, was keine fünf Minuten weit ist und da ich keine Silbe englisch kann, so kostete es Mühe mich zurecht zu finden; ich war eine gute halbe Stunde unterwegs. – In der italienischen Oper bin ich gewesen und habe die Grisi gehört, die mich ganz entzückt hat. Stimme und Gesang sind bei ihr bezaubernd schön. Otello und die Gazza ladra werden unausgesezt gegeben weil die Grisi darin ganz ungeheuer gefällt. Auch das Elslersche Ballet macht furore, was für mich freilich keinen großen Reiz hat. – Morgen werden wir die Zauberflöte endlich zu Tage fördern. Madame Walker singt die Pamina, die Michalesi die Königin der Nacht, Schmetzer den Tamino, Siebert Sarastro, Dem. Münch aus Darmstadt Papagena und zweite Dame (ich die Erste) Madame Schirmer 3te Dame. Günther Papageno; die drei Genien sehr unbedeutende Kinderstimmchen. Ich bin ungeheuer gespannt auf das Resultat der ersten Vorstellung. Madame Walker hat eine sehr schöne Stimme, ihr Äußeres ist freilich nicht für die Pamina, sie ist beinahe kugelrund, doch hat sie ein schönes Theatergesicht und große schwarze Augen; ich glaube doch sie wird gefallen, sie soll übrigens auch gute Schauspielerin sein. Recht gelacht habe ich aber in der Stille, als ich von ihr die Worte: Ohne diese Sympathie ist kein Glück u. s. w. auf dieselbe Art singen hörte, die Sie bei mir so empörend fanden. Schmetzer hat eine schöne, höchst angenehme Stimme, ich zweifle nicht daß er auch gefällt. Auf Günther bin ich neugierig, was er für ein Papageno sein wird – vielleicht ein guter, wenn Sie hinter der Thür ständen. Für die Königin der Nacht war eine Mad. Braun aus Köln engagirt, die aber so wenig einschlug daß die Michalesi sie bekam. Ich habe für die Walker mehrere Proben machen müßen, sie kam später als ich; im Fall’ sie gar nicht gekommen wäre, hätte ich die Pamina singen müßen. Gott sei Dank, daß ich dieser Todesangst nach der Devrient die Pamina in London singen zu müßen, entnommen bin, ich bin ganz zufrieden mit meiner ersten Dame. – Ich habe hier Bekannte gefunden, die sich unsrer aufs Freundlichste annehmen es ist ein Engländer, der eine Frau aus Leipzig hat und in dessen Hause also viel deutsch gesprochen wird. Dann bin ich einem gewißen Herrn Reinecker vorgestellt worden, der sich gern zum Protektor musikalischer Talente aufwirft und der es auf sich nehmen will, mich Moscheles vorzustellen. Ob ihm dieser Versuch gelingen wird, wage ich noch nicht zu hoffen. – Ein ganz leidliches Fortepiano für einen ganz unleidlichen Preis habe ich mir auch verschafft, ich bin also völlig eingerichtet und fühle mich ganz behaglich in einem recht hübschen Logis auf einer für London sehr stillen Straße, nahe an Golden Square, wo ich frische Luft habe so viel ich will und weit mehr Sonnenschein als in Düsseldorf, wo mir die Sonne überhaupt nicht überflüßig geschienen hat. – Jezt habe ich Ihnen Alles geschrieben, wovon ich mir einbilde, daß es einiges Interesse für Sie haben könnte und vielleicht noch weit mehr. Es ist aber einmal der bekannte Fehler der Damen daß sie sich nicht herausfinden könnten, wenn sie ins Erzählen kommen. Laßen Sie meinen Brief eine freundliche Aufnahme finden und sein Sie versichert, daß ich immer das wärmste Interesse für Alles was Sie betrifft haben würde wenn auch mein eignes Schicksal mich nicht dankbar an Sie erinnerte. Leben Sie recht wohl, und verschmähen Sie nicht die Versichrung meiner innigsten Hochachtung!
Auguste Weinhold.          
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Daß Sie aber in der lezten Zeit mich Ihrer Freundschaft nicht mehr würdig hielten,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4c6f3acf-ac84-4220-ac78-defaedd1a736" xml:lang="de">Ihrer Freundschaft nicht mehr würdig hielten – siehe dazu Brief fmb-1834-07-15-01 (Brief Nr. 970) Felix Mendelssohn Bartholdy an Julius Schubring in Dessau; Düsseldorf, 15. Juli 1834, Z. 40 ff.: »Dlle. Weinhold, die Du mir empfohlen, gefiel mir anfangs recht gut, nachher nicht mehr; für das Theater hat sie kein rechtes Talent, aber sie ist auf nächsten Winter sehr vortheilhaft nach dem Haag und Amsterdam engagirt, als Concertsängerinn bei felix meritis, wozu sie sich, glaub’ ich, gut eignen wird.« Die Gründe für Felix Mendelssohn Bartholdys plötzliche Ablehnung Auguste Weinholds sind nicht zu ermitteln. Diese Ungnade währte jedoch nur kurze Zeit, da Auguste Weinhold in der Gewandhaussaison 1835/36 mit einem Gehalt von 450 Reichstalern als Sängerin engagiert worden war. Siehe dazu Dörffel, Geschichte der Gewandhausconcerte, S. 123.</note> ist eine der schmerzlichsten Erfahrungen meines Lebens gewesen. Legen Sie mir es nicht falsch aus, wenn ich Ihnen gestehe, <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_3695bb2c-9c26-4419-9459-a73b430a69b7">nie einen</del> daß ich nie einen Mann gekannt habe, an dessen Hochachtung mir so viel gelegen gewesen wäre, als an der Ihrigen. Hätte ich nicht eine so hohe Meinung von Ihrem Geiste, und Ihrem Herzen, würde ich Ihnen nicht dieses offne Geständniß thun. Daß die Welt mich verkannte, weil ich im Gefühl meiner Unschuld vielleicht den Schein nicht <add place="above">genug<name key="PSN0115676" resp="writers_hand" style="hidden">Weinhold, Auguste</name></add> vermied, darüber<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> habe ich mich leicht beruhigt, es ist ja zu bekannt, daß sie so gern Alles ins Niedrige zieht; daß aber auch Sie mich einer Unwürdigkeit fähig halten konnten, Sie, mit Ihrem <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_b6ccfe85-222b-453a-88a3-e09f224298b3">für</del> scharfen Blick, mit Ihrem richtigen Gefühl, darüber konnte mich auch mein stolzestes Bewußtsein nicht hinweg führen. Doch genug davon, ich habe vielleicht schon zu viel über diesen Gegenstand gesprochen. – Ich will Ihnen jezt erzählen wie meine Angelegenheiten in Amsterdam stehen. Ich reiste einen Tag früher von <placeName xml:id="placeName_da20e2c2-7c7a-475b-b368-3d8842ab2364">Düsseldorf<settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> ab als die andre Gesellschaft, mit der ich später in <placeName xml:id="placeName_96b7ae13-df81-4bb2-9b0e-dd2c4ba7b5d7">Rotterdam<settlement key="STM0100166" style="hidden" type="locality">Rotterdam</settlement><country style="hidden">Niederlande</country></placeName> wieder zusammentraf, nachdem ich im Fluge mein Engagement in Amsterdam in Richtigkeit gebracht hatte. Die Herren <placeName xml:id="placeName_7416f91d-69dd-4237-af20-fa1025ebcfa6">Direktoren<name key="NST0104709" style="hidden" subtype="Direktion" type="institution">Konzertgesellschaft Felix Meritis</name><settlement key="STM0100369" style="hidden" type="locality">Amsterdam</settlement><country style="hidden">Niederlande</country></placeName> nahmen mich mit ausgezeichneter Artigkeit auf, was ich besonders Ihrer Empfehlung zuschrieb und also abermals Ihren wohlthätigen Einfluß auch in weiter Ferne dankbar empfand. Natürlich wünschten sie mich zu hören, und so sang ich denn die Arie aus <hi rend="latintype"><title xml:id="title_80080b76-c65f-4a88-9c3c-1a5b32834b52">Don Juan<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110089" style="hidden" type="music">Don Giovanni KV 527</name></title>, Crudele, ah no mio bene</hi>, die, obgleich meine Stimme von der Reise etwas angegriffen war, doch so gefiel, daß mir sogleich noch 200 fl. hinzugesezt wurden. Ueberhaupt wurden die kalten, gemeßnen Kaufleute immer freundlicher und gemüthlicher im Laufe der Unterhaltung und wir trennten uns, zu meinem Vergnügen, mit gegenseitiger Befriedigung. Ich bekomme also 1200 fl. zwei <hi rend="latintype">Benefici</hi>-Conzerte, und die Erlaubniß, mich zugleich im Haag engagiren zu dürfen, was auch bereits durch den Herrn <persName xml:id="persName_b9dc45e5-5f33-49b6-a7f2-899cd3bfe3e7">Kerkhoven<name key="PSN0117230" style="hidden" type="person">Kerkhoven, Pieter Jakob</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_cf52f07f-567c-413f-9d1a-7784541d336a" xml:lang="de">Kerkhoven – Pieter Jakob Kerkhoven, Direktor des Musikvereins in Amsterdam.</note> beinahe ganz in Richtigkeit gebracht worden war und worüber ich in einigen Wochen von ihm selbst noch mündliche Nachricht<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> erwarte. In jedem Fall ist dies ein sehr paßendes und angenehmes <hi rend="latintype">Engagement</hi> für mich und ich freue mich unbeschreiblich darüber. Wenn ich nun auch in <placeName xml:id="placeName_a249ec63-b757-43c9-80d0-3dcdd1a098fb">London<settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName> keine besondern Geschäfte mache, so steht mir der angenehme Hintergrund tröstend vor den Augen, und ich bin doch glücklich und danke dem Himmel von ganzer Seele dafür. Höchst unangenehm ist es mir freilich wenn ich wieder nach Elberfeld zurück muß auf die Monate August, September und Oktober und ich wünschte herzlich, daß ich diese Zeit über in London bleiben könnte, wozu ich allerdings für den Augenblick nicht die entfernteste Aussicht habe. – Daß mich London, nur das auswendige London in das allerhöchste Erstaunen sezt, können Sie denken, man fällt aus einer Verwundrung in die andre, und hat nicht Augen und Ohren genug um Alles Wunderbare zu sehen und zu hören, was einem bei jedem Schritte aufstößt. Gleich den ersten Tag verirrte ich mich vom Opernhaus bis nach unsrer Wohnung, was keine fünf Minuten weit ist und da ich keine Silbe englisch kann, so kostete es Mühe mich zurecht zu finden; ich war eine gute halbe Stunde unterwegs. – In der italienischen Oper bin ich gewesen und habe die <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_bab9aca6-064e-450a-be60-600bae24009b">Grisi<name key="PSN0111555" style="hidden" type="person">Grisi, Giulia (1811-1869)</name></persName></hi> gehört, die mich ganz entzückt hat. Stimme und Gesang sind bei ihr bezaubernd schön. <hi rend="latintype"><title xml:id="title_34a9439a-ca32-4bf8-81cb-fe3f636e9871">Otello<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110586" style="hidden" type="music">Otello ossia Il Moro di Venezia</name></title></hi> und die <hi rend="latintype"><title xml:id="title_332959e6-e965-4938-98fa-2a8fce5138e3">Gazza ladra<name key="PSN0114299" style="hidden" type="author">Rossini, Gioachino Antonio (1792–1868)</name><name key="CRT0110578" style="hidden" type="music">La gazza ladra</name></title></hi> werden unausgesezt gegeben weil die <hi rend="latintype">Grisi</hi> darin ganz ungeheuer gefällt. Auch das <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_a6076549-8c5d-4071-97cd-85815fa304aa">Elslersche<name key="PSN0110893" style="hidden" type="person">Elßler, Fanny (Franziska) (1810-1884)</name><name key="PSN0110894" style="hidden" type="person">Elßler, Theresia (Therese) (1808-1878)</name></persName> Ballet</hi> macht <hi rend="latintype">furore</hi>, was für mich freilich keinen großen Reiz hat. – <date cert="high" when="1834-05-14" xml:id="date_a287ea6d-3fdc-4697-9c2a-695264c214b1">Morgen</date> werden wir die <title xml:id="title_e9395a64-1678-4fd1-8e3d-89f3f03569d2">Zauberflöte<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110155" style="hidden" type="music">Die Zauberflöte KV 620</name></title> endlich zu Tage fördern. Madame <persName xml:id="persName_16678ae6-e988-45b3-9bb7-82231bf9bcb8">Walker<name key="PSN0118562" style="hidden" type="person">Walker, Madame</name></persName> singt die Pamina, die <persName xml:id="persName_4b3a1f11-d67d-470f-b148-50cfb4167655">Michalesi<name key="PSN0113326" style="hidden" type="person">Michalesi, Josephine (?-1846)</name></persName> die Königin der Nacht, <persName xml:id="persName_6461509f-6cfc-4ff6-a34c-752b3b14a3fa">Schmetzer<name key="PSN0114598" style="hidden" type="person">Schmezer, Friedrich (1807-1877)</name></persName> den Tamino, <persName xml:id="persName_e5ac381a-19b4-48ef-84b5-1616b3c8094f">Siebert<name key="PSN0114902" style="hidden" type="person">Siebert, Herr von</name></persName> Sarastro, Dem. <persName xml:id="persName_3661b318-6d65-48c8-8b0e-c9966179db8a">Münch<name key="PSN0117676" style="hidden" type="person">Münch, Dem.</name></persName> aus <placeName xml:id="placeName_b3499060-9885-4c14-ba07-1bc124028340">Darmstadt<settlement key="STM0103576" style="hidden" type="locality">Darmstadt</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> Papagena und zweite Dame (ich die Erste)<seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> Madame <persName xml:id="persName_6fcaeb55-3c83-40e3-8247-38921fd9a4ab">Schirmer<name key="PSN0118128" style="hidden" type="person">Schirmer, Madame</name></persName> 3te Dame. <persName xml:id="persName_ffe65dee-2a6f-449a-a153-4d15d4fc60a2">Günther<name key="PSN0111623" style="hidden" type="person">Günther, Carl Wilhelm (1809-1859)</name></persName> Papageno; die drei Genien sehr unbedeutende Kinderstimmchen. Ich bin ungeheuer gespannt auf das Resultat der ersten Vorstellung. Madame Walker hat eine sehr schöne Stimme, ihr Äußeres ist freilich nicht für die Pamina, sie ist beinahe kugelrund, doch hat sie ein schönes Theatergesicht und große schwarze Augen; ich glaube doch sie wird gefallen, sie soll übrigens auch gute Schauspielerin sein. Recht gelacht habe ich aber in der Stille, als ich von ihr die Worte: Ohne diese Sympathie ist kein Glück u. s. w. auf dieselbe Art singen hörte, die Sie bei mir so empörend fanden. Schmetzer hat eine schöne, höchst angenehme Stimme, ich zweifle nicht daß er auch gefällt. Auf Günther bin ich neugierig, was er für ein Papageno sein wird – vielleicht ein guter, wenn Sie hinter der Thür ständen. Für die Königin der Nacht war eine Mad. <persName xml:id="persName_3e695a17-6943-43aa-a07f-0faa7407eb72">Braun<name key="PSN0116293" style="hidden" type="person">Braun, Madame</name></persName> aus <placeName xml:id="placeName_f833bd7b-759a-4432-bfcf-2e4eebe6d109">Köln<settlement key="STM0100107" style="hidden" type="locality">Köln</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> <hi rend="latintype">engagirt</hi>, die aber so wenig einschlug daß die Michalesi sie bekam. Ich habe für die Walker mehrere Proben machen müßen, sie kam später als ich; im Fall’ sie gar nicht gekommen wäre, hätte ich die Pamina singen müßen. Gott sei Dank, daß ich dieser Todesangst nach der <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_65c620e6-0ef2-4ca1-afd4-140fd5ade053">Devrient<name key="PSN0110639" style="hidden" type="person">Devrient, Marie Therese (1803-1882)</name></persName></hi> die Pamina in <placeName xml:id="placeName_217e21d6-5f3d-436d-a2e9-98caab0f410a">London<settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName> singen zu müßen, entnommen bin, ich bin ganz zufrieden mit meiner ersten Dame. – Ich habe hier Bekannte gefunden, die sich unsrer aufs Freundlichste annehmen es ist ein Engländer, der eine Frau aus <placeName xml:id="placeName_485195c9-b344-4dbb-83bd-8850e2123c90">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> hat und in dessen Hause also viel deutsch gesprochen wird. Dann bin ich einem gewißen Herrn <persName xml:id="persName_9ab69724-63ed-41f2-aca0-2a3c53f78314">Reinecker<name key="PSN0119694" style="hidden" type="person">Reinecker, Herr</name></persName> vorgestellt worden, der sich gern zum Protektor musikalischer Talente aufwirft und der es auf sich nehmen will, mich <persName xml:id="persName_91b6354a-273f-402b-aa5a-cea403138cae">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden" type="person">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName> vorzustellen. Ob ihm dieser Versuch gelingen wird, wage ich noch nicht zu hoffen. – Ein ganz leidliches Fortepiano für einen ganz unleidlichen Preis habe ich mir auch verschafft, ich bin also völlig eingerichtet und fühle mich ganz behaglich in einem recht hübschen Logis auf einer für London sehr stillen Straße, nahe an <hi rend="latintype">Golden Square</hi>, wo ich frische Luft habe so viel ich will und weit mehr Sonnenschein als in Düsseldorf, wo mir die Sonne überhaupt nicht überflüßig geschienen hat. – Jezt habe ich Ihnen Alles geschrieben, wovon ich mir einbilde, daß es einiges Interesse für Sie haben könnte und vielleicht noch weit mehr. Es ist aber einmal der bekannte Fehler der Damen daß sie sich nicht herausfinden könnten, wenn sie ins Erzählen kommen. Laßen Sie meinen Brief eine freundliche Aufnahme finden und sein Sie versichert, daß ich immer das wärmste Interesse für Alles was Sie betrifft haben würde wenn auch mein eignes Schicksal mich nicht dankbar an Sie erinnerte. Leben Sie recht wohl, und verschmähen Sie nicht die Versichrung meiner innigsten Hochachtung!</p> <signed rend="right">Auguste Weinhold.</signed> </div> </body> </text></TEI>