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gb-1834-02-17-01

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Rebecka Lejeune Dirichlet an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf <lb></lb> Berlin, 16. und 17. Februar 1834 Weil ich heut gar keine Zeit habe, denn ich muß mit Walter den kranken Doctor Bing besuchen, will ich anfangen, Dir zu schreiben, und mich schönstens zu bedanken, für Lieder und Zettel, erstere habe ich Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Lejeune Dirichlet und die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Düsseldorf, 26. und 28. Oktober 1833 unbekannt Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 29/45. Autograph Rebecka Lejeune Dirichlet an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf; Berlin, 16. und 17. Februar 1834 Weil ich heut gar keine Zeit habe, denn ich muß mit Walter den kranken Doctor Bing besuchen, will ich anfangen, Dir zu schreiben, und mich schönstens zu bedanken, für Lieder und Zettel, erstere habe ich

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.

Rebecka Lejeune Dirichlet

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

16. und 17. Februar 1834 Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)counter-resetDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Berlin Deutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Düsseldorf Deutschland deutsch
Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Sonntag den 16ten

Weil ich heut gar keine Zeit habe, denn ich muß mit WalterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887) den kranken Doctor BingBing, Abraham Herz (1769-1835) besuchen,Abraham Herz Bing (1769-1835) wohnte 1834 in der Neuen Friedrichstraße 39. will ich anfangen, Dir zu schreiben, und mich schönstens zu bedanken, für LiederLieder – Im Vorgängerbrief fmb-1833-10-28-01 sind keine übersandten Lieder erwähnt. und Zettel,und Zettel – wohl eine Zeichnung der Stube Mendelssohns in Düsseldorf – siehe Brief fmb-1834-02-19-01 (Brief Nr. 863) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Düsseldorf, 19. Februar 1834, Z.n 27-29: »und schlafe nicht an der Wand, sondern mitten in der Stube, wie Du aus dem Plan, der in der Melusina steckte, wohl ersehen haben wirst.« erstere habe ich schon mehreremale gespielt und gesungen, und verzweifele nicht die ohne Worte<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_w0kp2m86-7ega-yc10-dgmz-pqtxoqib4upm"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="piano_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_piano_two_hands" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100444" style="hidden">Lied ohne Worte D-Dur, 12. Dezember 1833<idno type="MWV">U 97</idno><idno type="op">30/5</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ekhqwdmw-0c7a-wcth-jx5h-pahl2uollcd0"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="piano_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_piano_two_hands" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100445" style="hidden">Lied ohne Worte h-Moll, 30. Januar 1834<idno type="MWV">U 98</idno><idno type="op">30/4</idno></name> zu lernen, auf meinem Klaviere nämlich, wo sich Alles von selbst spielt.

Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)

Montag. Es geschah so, ich bin mit VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835), SebastianHensel, Sebastian Ludwig Felix (1830-1898) und WalterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887) im beliebten Kremserim beliebten Kremser – ein von Pferden gezogener, vielsitziger, an den Seiten geöffneter Mietwagen mit Verdeck, der 1825 vom Fuhrunternehmer Simon Kremser (Person noch nicht in der Datenbank) in Berlin entwickelt worden war. bei Dr. BingBing, Abraham Herz (1769-1835) gewesen,Abraham Herz Bing (1769-1835) wohnte 1834 in der Neuen Friedrichstraße 39. am Museumam Museum – Das 1830 eröffnete Museum wurde später in Altes Museum umbenannt. auf VaterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) gewartet, mit dem im Einspänner durch den ThiergartenGroßer TiergartenBerlinDeutschland gefahren, und do bin i, heut ists früh am Tage, und mein Walterchen sitzt in seinem kleinen Stühlchen neben mir, spielt mit meinen Schlüsseln und mit hölzernen Thieren und zupft mich gelegentlich am Kleide. Ich habe ihm das Wiegenliedchen<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_jre0mdby-rasy-3ix3-agds-ttgu2z2mzgu9"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100276" style="hidden">Bei der Wiege (Wiegenlied) »Schlummre und träume«, 15. August 1833<idno type="MWV">K 77</idno><idno type="op">47/6</idno></name> vorgesungen, er nimmt sich vor, Alles zu thun, was drin steht. Aber wofür habe ich Dich so lange Chronologie lernen lassen, daß Du sagest, wenn er an schönen Frauen und am Frühling sich freute wüßtest Du nichts mehr davon. Hoffentlich liebt WalterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887) zu 18 Jahren, er müßte denn ganz aus der Familienart schlagen, und dann bist Du ein 40ger, |2| und das Courmachen geht erst recht an, mit Unverschämtheit, Händedrücken, Necken, aus besonderer Gunstbezeugung einen Walzer tanzen, u. s. w., was den Frühling betrifft, so erlaube ich Dir nichtDirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858) vor Deinem 90sten Jahre ihn gleichgültig kommen zu sehen. Das Lied ist aber sehr niedlich, auch die Worte. A propos v. KlingemannKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862), ich habe ja RosenRosen (bis 1817: Ballhorn), Friedrich August (1805-1837) gar nicht durch DüsseldorfDüsseldorfDeutschland kommen hören. Und von dem durch Queerverbindung von MühlenfelsMühlenfels, Ludwig von (1793-1861) auf SchleiermacherSchleiermacher, Friedrich Daniel Ernst (1768-1834),Queerverbindung von Mühlenfels auf Schleiermacher – Schleiermacher war mit Henriette, geb. von Mühlenfels, verw. von Willich, einer entfernten Verwandten Ludwig von Mühlenfels‘, verheiratet. Siehe Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser, 1. Jg., 1907, S. 547-551. daß der gestorben ist, ist traurig genug, aber gräßlich, wie seine FrauSchleiermacher, verw. von Willich, Henriette Charlotte Sophie (1788-1840) und die se verrückte FischerFischer, Karoline ihn gequält haben sollen: Ich will lieber nichts davon schreiben, es erbittert mich jedes mal, daß solcher Mann sich so von solchen Weibern tyrannisiren lassen konnte. Unter andern haben sie nicht gelitten, daß er seine KinderSchleiermacher, Clara (1810-1881)Schleiermacher, Hanna Gertrud (1812-1839)Schleiermacher, Hildegard sähe, und ihnen das Abendmahl reiche, was er sehnlichst wünschte, kurz, es sind unglaubliche Dinge vorgegangen. Ich habe es von SteffensSteffens, Henrik (Henryk, Heinrich) (1773-1845), KlärchenSteffens, Clara (Claire) (1806-1865) war bei den Kindern eine halbe Stunde vor seinem Tode, ich bin nicht dabei gewesen. Daß die jüngste SchleiermacherSchleiermacher, Hildegard Marie (1817-1889) den Grafen SchwerinSchwerin-Putzar, Maximilian Heinrich Karl Anton Kurt (1804-1872), JonasJonas, Ludwig (1797-1859) Schwager, heirathet, weißt Du gewiß, man sagt, Mühlenfels werde auch eine heirathen.Mühlenfels werde auch eine heirathen – Ludwig von Mühlenfels heiratete 1843 Sophie Louise Pauline Gutike. Relata refero.Relata refero – lat., Ich gebe (nur) Gehörtes wieder

Heut Mittag habe ich, da Dirichlet nicht zu |3| Hause war, bei Tante HinnyMendelssohn, Henriette (Hinni) (1776-1862) einen pot de fortunepot de fortune – frz., Glückstopf. gegessen, wo ich mir mit MariannenMendelssohn, Marianne (1799-1880) Rendezvous gab, Herrmann und FranzHerrmann und Franz – Söhne von Alexander und Marianne Mendelssohn. haben ein sehr leichtes Scharlachfieber, daher gehe ich nicht hin, vor einer halben Stunde bin ich erst wiedergekommen, Du weißt aber gar nicht, wie spät es ist, unterdessen ist Dir. nach Hause gekommen, ungeduldig geworden, und gegangen mich abzuholen, ist aber noch nicht wieder zurück. Die JägerstraßeDie Jägerstraße – Familien Joseph und Alexander Mendelssohn. läßt grüßen.

Hört Hört! Nach dem disowned<name key="PSN0110189" style="hidden" type="author">Bulwer (seit 1843: Bulwer-Lytton), (seit 1838) Sir Edward George, (seit 1866) 1st Baron Lytton of Knebworth (1803-1873)</name><name key="CRT0111671" style="hidden" type="literature">The Disowned</name> habe ich, horribile dictu,horribile dictu – lat., schrecklich zu sagen. einen Roman<name key="PSN0111207" style="hidden" type="author">Friedländer (später: Saaling), Rebecca (Pseud.: Regina Frohberg) (1783–1850)</name><name key="CRT0111727" style="hidden" type="literature">Schmerz der Liebe</name> von der FrohbergFriedländer (später: Saaling), Rebecca (Pseud.: Regina Frohberg) (1783-1850) gelesen, den VarnhagenVarnhagen (seit 1826) von Ense, Karl August Ludwig Philipp (1785-1858) MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) gegeben hat, eine scandalöse Lebensgeschichte ihrer selbst, das unanständigste, platteste dummste gemeinste Sudelfaß, das je einem Gänsekiel entlockt ist, lumpiger als die Lumpen, woraus das arme Papier gemacht wurde, welches die Besudelung dieses Meisterstücks dulden mußte. Wir haben uns aber halbtodt drüber gelacht. Varnhagen hat sich den Spaß gemacht, alle Namen der gemeinten Personen dazubeizuschreiben, und alle unanständigen Stellen mit kleinen Nullen zu bezeichnen. Die Lerche, die moralis Lerche ist moralisch dagegen, die führt sie doch in die Kerche.Lerche … Kerche – Anspielung auf eine Strophe aus dem Kinderlied »Ein Vogel wollte Hochzeit machen«. Die führen sich aber bloß – – schlecht auf. Ich nenne das Buch nicht, Du möchtest sonst verrathen, daß ich es gelesen habe, und mein κλέος ἐσθλὸν ἐν ἀνθρώποισινκλέος ἐσθλὸν ἐν ἀνθρώποισιν – griech., edler Ruf unter den Sterblichen. Zitat aus Homer, Odyssee, 1. Gesang, Vers 95 (Götterbeschluss): ἠδ’ ἵνα μιν κλέος ἐσθλὸν ἐν ἀνθρώποισιν ἔχῃσιν. (Und ein edler Ruf ihn unter den Sterblichen preise.) wäre hin. Liesest Du denn Griechisch? Ich nicht, ich studire an WalterDirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887) die Ursprache aller Menschen, sie heißt, rä, gä, ach, brr, gag gag lä lä ä. Walter hat Dir. an dessen Geburtstage (13 Februar, pro memoria)pro memoria – lat., zur Erinnerung. mit dem dritten Zahn überrascht. In 6 Wochen ungefähr wird er gespänt,gespänt – „Der Mutterbrust entwöhnt“. dafür hast Du Dich ja interessirt. Die Satisfaction habe ich ich doch gehabt, nebenbei, daß der Junge so prächtig geworden ist, daß ich seine erste Liebe bin; so wie er mich sieht, streckt er mir die Ärmchen entgegen und sperrt den Mund weit auf. Das sind kinderne Sachen.

LindbladLindblad, Adolf Fredrik (1801-1878) will wissen wo Du den Sommer zubringen willst, da will er auch hin. Ach komm her. Wenn auch nur auf ein Paar Tage. Das kürzeste Wiedersehen hilft wieder lange Trennung ertragen. Warum können wir denn nicht zusammen seyn! Ich sehe es ein, es ist recht und glücklich für Dich, wie es ist aber es wird mir gar zu schwer. Leb wohl, behalte lieb Deine

treue Seele.
            Sonntag den 16ten Weil ich heut gar keine Zeit habe, denn ich muß mit Walter den kranken Doctor Bing besuchen, will ich anfangen, Dir zu schreiben, und mich schönstens zu bedanken, für Lieder und Zettel, erstere habe ich schon mehreremale gespielt und gesungen, und verzweifele nicht die ohne Worte zu lernen, auf meinem Klaviere nämlich, wo sich Alles von selbst spielt.
Montag. Es geschah so, ich bin mit Vater, Sebastian und Walter im beliebten Kremser bei Dr. Bing gewesen, am Museum auf Vater gewartet, mit dem im Einspänner durch den Thiergarten gefahren, und do bin i, heut ists früh am Tage, und mein Walterchen sitzt in seinem kleinen Stühlchen neben mir, spielt mit meinen Schlüsseln und mit hölzernen Thieren und zupft mich gelegentlich am Kleide. Ich habe ihm das Wiegenliedchen vorgesungen, er nimmt sich vor, Alles zu thun, was drin steht. Aber wofür habe ich Dich so lange Chronologie lernen lassen, daß Du sagest, wenn er an schönen Frauen und am Frühling sich freute wüßtest Du nichts mehr davon. Hoffentlich liebt Walter zu 18 Jahren, er müßte denn ganz aus der Familienart schlagen, und dann bist Du ein 40ger, und das Courmachen geht erst recht an, mit Unverschämtheit, Händedrücken, Necken, aus besonderer Gunstbezeugung einen Walzer tanzen, u. s. w., was den Frühling betrifft, so erlaube ich Dir nicht vor Deinem 90sten Jahre ihn gleichgültig kommen zu sehen. Das Lied ist aber sehr niedlich, auch die Worte. A propos v. Klingemann, ich habe ja Rosen gar nicht durch Düsseldorf kommen hören. Und von dem durch Queerverbindung von Mühlenfels auf Schleiermacher, daß der gestorben ist, ist traurig genug, aber gräßlich, wie seine Frau und verrückte Fischer ihn gequält haben sollen: Ich will lieber nichts davon schreiben, es erbittert mich jedes mal, daß solcher Mann sich so von solchen Weibern tyrannisiren lassen konnte. Unter andern haben sie nicht gelitten, daß er seine Kinder sähe, und ihnen das Abendmahl reiche, was er sehnlichst wünschte, kurz, es sind unglaubliche Dinge vorgegangen. Ich habe es von Steffens, Klärchen war bei den Kindern eine halbe Stunde vor seinem Tode, ich bin nicht dabei gewesen. Daß die jüngste Schleiermacher den Grafen Schwerin, Jonas Schwager, heirathet, weißt Du gewiß, man sagt, Mühlenfels werde auch eine heirathen. Relata refero.
Heut Mittag habe ich, da Dirichlet nicht zu Hause war, bei Tante Hinny einen pot de fortune gegessen, wo ich mir mit Mariannen Rendezvous gab, Herrmann und Franz haben ein sehr leichtes Scharlachfieber, daher gehe ich nicht hin, vor einer halben Stunde bin ich erst wiedergekommen, Du weißt aber gar nicht, wie spät es ist, unterdessen ist Dir. nach Hause gekommen, ungeduldig geworden, und gegangen mich abzuholen, ist aber noch nicht wieder zurück. Die Jägerstraße läßt grüßen.
Hört Hört! Nach dem disowned habe ich, horribile dictu, einen Roman von der Frohberg gelesen, den Varnhagen Mutter gegeben hat, eine scandalöse Lebensgeschichte ihrer selbst, das unanständigste, platteste dummste gemeinste Sudelfaß, das je einem Gänsekiel entlockt ist, lumpiger als die Lumpen, woraus das arme Papier gemacht wurde, welches die Besudelung dieses Meisterstücks dulden mußte. Wir haben uns aber halbtodt drüber gelacht. Varnhagen hat sich den Spaß gemacht, alle Namen der gemeinten Personen dazubeizuschreiben, und alle unanständigen Stellen mit kleinen Nullen zu bezeichnen. Die Lerche, die moralis Lerche ist moralisch dagegen, die führt sie doch in die Kerche. Die führen sich aber bloß – – schlecht auf. Ich nenne das Buch nicht, Du möchtest sonst verrathen, daß ich es gelesen habe, und mein κλέος ἐσθλὸν ἐν ἀνθρώποισιν wäre hin. Liesest Du denn Griechisch? Ich nicht, ich studire an Walter die Ursprache aller Menschen, sie heißt, rä, gä, ach, brr, gag gag lä lä ä. Walter hat Dir. an dessen Geburtstage (13 Februar, pro memoria) mit dem dritten Zahn überrascht. In 6 Wochen ungefähr wird er gespänt, dafür hast Du Dich ja interessirt. Die Satisfaction habe ich ich doch gehabt, nebenbei, daß der Junge so prächtig geworden ist, daß ich seine erste Liebe bin; so wie er mich sieht, streckt er mir die Ärmchen entgegen und sperrt den Mund weit auf. Das sind kinderne Sachen.
Lindblad will wissen wo Du den Sommer zubringen willst, da will er auch hin. Ach komm her. Wenn auch nur auf ein Paar Tage. Das kürzeste Wiedersehen hilft wieder lange Trennung ertragen. Warum können wir denn nicht zusammen seyn! Ich sehe es ein, es ist recht und glücklich für Dich, wie es ist aber es wird mir gar zu schwer. Leb wohl, behalte lieb Deine
treue Seele.          
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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1834-02-16" xml:id="date_2d1750d9-3acb-4085-b836-511844231f4b">16.</date> und <date cert="high" when="1834-02-17" xml:id="date_aafdaa59-528e-4127-8586-fc43dfd11f13">17. Februar 1834</date> </creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0110673" resp="author">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0110673" resp="writer">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</persName> <placeName type="writing_place"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place"> <settlement key="STM0100109">Düsseldorf</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing"> <docAuthor key="PSN0110673" resp="author" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0110673" resp="writer" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <dateline rend="right">Sonntag den <date cert="high" when="1834-02-16">16ten</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Weil ich heut gar keine Zeit habe, denn ich muß mit <persName xml:id="persName_e7593f43-0e3e-4fc5-ad85-f4f302324ef0">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName> den kranken <persName xml:id="persName_678a4d08-9284-4cea-aa6f-5163f18e5e5b">Doctor Bing<name key="PSN0109955" style="hidden" type="person">Bing, Abraham Herz (1769-1835)</name></persName> besuchen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_bf251a9c-a725-4479-b225-8c5b46eafdb7" xml:lang="de">Abraham Herz Bing (1769-1835) wohnte 1834 in der Neuen Friedrichstraße 39.</note> will ich anfangen, Dir zu schreiben, und mich schönstens zu bedanken, für Lieder<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1ca17121-1ae3-4347-8bbc-271f08f38c8b" xml:lang="de">Lieder – Im Vorgängerbrief fmb-1833-10-28-01 sind keine übersandten Lieder erwähnt. </note> und Zettel,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_787c9d57-de14-469b-82ca-ff1641f885eb" xml:lang="de">und Zettel – wohl eine Zeichnung der Stube Mendelssohns in Düsseldorf – siehe Brief fmb-1834-02-19-01 (Brief Nr. 863) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin; Düsseldorf, 19. Februar 1834, Z.n 27-29: »und schlafe nicht an der Wand, sondern mitten in der Stube, wie Du aus dem Plan, der in der Melusina steckte, wohl ersehen haben wirst.«</note> erstere habe ich schon mehreremale gespielt und gesungen, und verzweifele nicht <title xml:id="title_301fdb71-1d30-4199-803f-7e71397780ae">die ohne Worte<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_w0kp2m86-7ega-yc10-dgmz-pqtxoqib4upm"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="piano_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_piano_two_hands" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100444" style="hidden">Lied ohne Worte D-Dur, 12. Dezember 1833<idno type="MWV">U 97</idno><idno type="op">30/5</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ekhqwdmw-0c7a-wcth-jx5h-pahl2uollcd0"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="piano_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_piano_two_hands" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100445" style="hidden">Lied ohne Worte h-Moll, 30. Januar 1834<idno type="MWV">U 98</idno><idno type="op">30/4</idno></name></title> zu lernen, auf meinem Klaviere nämlich, wo sich Alles von selbst spielt.</p> </div> <div n="2" type="act_of_writing"> <docAuthor key="PSN0110673" resp="author" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0110673" resp="writer" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><hi n="1" rend="underline"><date cert="high" when="1834-02-17">Montag</date></hi>. Es geschah so, ich bin mit <persName xml:id="persName_6db684fa-d6c2-4fd5-b2b1-d9cdd3ac16ca">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName>, <persName xml:id="persName_0f99aad3-a392-492d-9a49-793de065c3a4">Sebastian<name key="PSN0111898" style="hidden" type="person">Hensel, Sebastian Ludwig Felix (1830-1898)</name></persName> und <persName xml:id="persName_3412e224-c66f-4ba0-915e-f3ffb77eb42c">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName> im beliebten Kremser<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_28e43a4c-e148-4cb2-8f35-2c2d7f92b8d7" xml:lang="de">im beliebten Kremser – ein von Pferden gezogener, vielsitziger, an den Seiten geöffneter Mietwagen mit Verdeck, der 1825 vom Fuhrunternehmer Simon Kremser (Person noch nicht in der Datenbank) in Berlin entwickelt worden war.</note> bei Dr. <persName xml:id="persName_a04bc3a2-b789-4b94-b96e-202915d71b27">Bing<name key="PSN0109955" style="hidden" type="person">Bing, Abraham Herz (1769-1835)</name></persName> gewesen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_aabf5301-b2ac-468c-97e2-45dfabba8ff2" xml:lang="de">Abraham Herz Bing (1769-1835) wohnte 1834 in der Neuen Friedrichstraße 39.</note> am Museum<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7ea4f8f3-6816-48a5-a01f-43c911d04272" xml:lang="de">am Museum – Das 1830 eröffnete Museum wurde später in Altes Museum umbenannt.</note> auf <persName xml:id="persName_654f48b3-21ac-490b-ad71-ac215e78609e">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> gewartet, mit dem im Einspänner durch den <placeName xml:id="placeName_7f08224b-3a54-4922-82e0-55035f3008af">Thiergarten<name key="SGH0100503" style="hidden" subtype="" type="sight">Großer Tiergarten</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> gefahren, und do bin i, heut ists früh am Tage, und mein Walterchen sitzt in seinem kleinen Stühlchen neben mir, spielt mit meinen Schlüsseln und mit hölzernen Thieren und zupft mich gelegentlich am Kleide. Ich habe ihm das <title xml:id="title_104f6b0e-4fb3-498a-8116-934672b58885">Wiegenliedchen<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_jre0mdby-rasy-3ix3-agds-ttgu2z2mzgu9"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100276" style="hidden">Bei der Wiege (Wiegenlied) »Schlummre und träume«, 15. August 1833<idno type="MWV">K 77</idno><idno type="op">47/6</idno></name></title> vorgesungen, er nimmt sich vor, Alles zu thun, was drin steht. Aber wofür habe ich Dich so lange Chronologie lernen lassen, daß Du sagest, wenn er an schönen Frauen und am Frühling sich freute wüßtest Du nichts mehr davon. Hoffentlich liebt <persName xml:id="persName_1a5f3daa-0059-4c02-975c-f0ce23025ad4">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName> zu 18 Jahren, er müßte denn ganz aus der Familienart schlagen, und dann bist Du ein 40ger,<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>und das Courmachen geht erst recht an, mit Unverschämtheit, Händedrücken, Necken, aus besonderer Gunstbezeugung einen Walzer tanzen, u. s. w., was den Frühling betrifft, so erlaube ich Dir <add place="above">nicht<name key="PSN0110673" resp="writers_hand" style="hidden">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811–1858)</name></add> vor Deinem 90sten Jahre ihn gleichgültig kommen zu sehen. Das Lied ist aber sehr niedlich, auch die Worte. A propos v. <persName xml:id="persName_9b4bd45e-6c46-4dde-a458-1957967ed4ee">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName>, ich habe ja <persName xml:id="persName_486de083-8e0e-4f09-a702-51c8e8c22589">Rosen<name key="PSN0114283" style="hidden" type="person">Rosen (bis 1817: Ballhorn), Friedrich August (1805-1837)</name></persName> gar nicht durch <placeName xml:id="placeName_1f9295d4-18d4-469f-90ca-0b1694f0634a">Düsseldorf<settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> kommen hören. Und von dem durch Queerverbindung von <persName xml:id="persName_d4a58e82-b62e-4977-8b84-3f857d245f3e">Mühlenfels<name key="PSN0113471" style="hidden" type="person">Mühlenfels, Ludwig von (1793-1861)</name></persName> auf <persName xml:id="persName_97cd0654-c004-4f08-8454-68815a482aec">Schleiermacher<name key="PSN0114564" style="hidden" type="person">Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst (1768-1834)</name></persName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_00e9a4e1-b17d-4b78-9428-79f164c21c43" xml:lang="de">Queerverbindung von Mühlenfels auf Schleiermacher – Schleiermacher war mit Henriette, geb. von Mühlenfels, verw. von Willich, einer entfernten Verwandten Ludwig von Mühlenfels‘, verheiratet. Siehe Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser, 1. Jg., 1907, S. 547-551.</note> daß der gestorben ist, ist traurig genug, aber gräßlich, wie <persName xml:id="persName_dd9e10e7-47f7-4f3e-a983-ce6f735622de">seine Frau<name key="PSN0118130" style="hidden" type="person">Schleiermacher, verw. von Willich, Henriette Charlotte Sophie (1788-1840)</name></persName> und <persName xml:id="persName_74011c49-8a2a-4edf-9ac3-22d7d700981e"><choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_48569cca-b1be-447c-9947-daf60b562de5"> <corr resp="writer">die</corr> <sic resp="writer">se</sic> </choice> verrückte Fischer<name key="PSN0116711" style="hidden" type="person">Fischer, Karoline</name></persName> ihn gequält haben sollen: Ich will lieber nichts davon schreiben, es erbittert mich jedes mal, daß solcher Mann sich <del cert="high" rend="strikethrough">so</del> von solchen Weibern tyrannisiren lassen konnte. Unter andern haben sie nicht gelitten, daß er <persName xml:id="persName_8288bd83-86e2-4e0b-9aca-65c1bb4545fd">seine Kinder<name key="PSN0119092" style="hidden" type="person">Schleiermacher, Clara (1810-1881)</name><name key="PSN0119093" style="hidden" type="person">Schleiermacher, Hanna Gertrud (1812-1839)</name><name key="PSN0119094" style="hidden" type="person">Schleiermacher, Hildegard</name></persName> sähe, und ihnen das Abendmahl reiche, was er sehnlichst wünschte, kurz, es sind unglaubliche Dinge vorgegangen. Ich habe es von <persName xml:id="persName_f8c04876-2083-492a-a6bf-1136f69fd005">Steffens<name key="PSN0115078" style="hidden" type="person">Steffens, Henrik (Henryk, Heinrich) (1773-1845)</name></persName>, <persName xml:id="persName_8f99231c-95b3-48fe-b79c-a38554cae3d9">Klärchen<name key="PSN0115076" style="hidden" type="person">Steffens, Clara (Claire) (1806-1865)</name></persName> war bei den Kindern eine halbe Stunde vor seinem Tode, ich bin nicht dabei gewesen. Daß <persName xml:id="persName_7b2be611-0cc3-4d77-aa19-9545a1608d82">die jüngste Schleiermacher<name key="PSN0118131" style="hidden" type="person">Schleiermacher, Hildegard Marie (1817-1889)</name></persName> den <persName xml:id="persName_cd676c0b-b07f-4520-b6b4-a4d54678804f">Grafen Schwerin<name key="PSN0118248" style="hidden" type="person">Schwerin-Putzar, Maximilian Heinrich Karl Anton Kurt (1804-1872)</name></persName>, <persName xml:id="persName_d1c685a9-ddfc-43d9-bce1-1271976259e9">Jonas<name key="PSN0112268" style="hidden" type="person">Jonas, Ludwig (1797-1859)</name></persName> Schwager, heirathet, weißt Du gewiß, man sagt, Mühlenfels werde auch eine heirathen.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_47f03d2b-c67d-439d-8d99-c62c9cf18d94" xml:lang="de">Mühlenfels werde auch eine heirathen – Ludwig von Mühlenfels heiratete 1843 Sophie Louise Pauline Gutike.</note> <hi rend="latintype">Relata refero</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_c4957456-9df4-44bd-ad10-4a44c0874675" xml:lang="la ">Relata refero – lat., Ich gebe (nur) Gehörtes wieder</note></p> <p>Heut Mittag habe ich, da Dirichlet nicht zu<seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>Hause war, bei <persName xml:id="persName_d7dfbddf-ed0d-446d-8141-20473c389220">Tante Hinny<name key="PSN0113223" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Henriette (Hinni) (1776-1862)</name></persName> einen <hi rend="latintype">pot de fortune</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_8d177032-ecdc-4988-87e6-61a76b6b3c00" xml:lang="de">pot de fortune – frz., Glückstopf.</note> gegessen, wo ich mir mit <persName xml:id="persName_23f1d1fe-64e3-4204-968e-a68ae57ee72f">Mariannen<name key="PSN0113230" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Marianne (1799-1880)</name></persName> Rendezvous gab, Herrmann und Franz<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_30b768cb-f94a-4cba-9da7-0f975a591f5e" xml:lang="de">Herrmann und Franz – Söhne von Alexander und Marianne Mendelssohn.</note> haben ein sehr leichtes Scharlachfieber, daher gehe ich nicht hin, vor einer halben Stunde bin ich erst wiedergekommen, Du weißt aber gar nicht, wie spät es ist, unterdessen ist Dir. nach Hause gekommen, ungeduldig geworden, und gegangen mich abzuholen, ist aber noch nicht wieder zurück. Die Jägerstraße<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_37b26e63-5f99-4723-b595-bc8e87351772" xml:lang="de">Die Jägerstraße – Familien Joseph und Alexander Mendelssohn.</note> läßt grüßen.</p> <p>Hört Hört! Nach dem <hi rend="latintype"><title xml:id="title_7bb8288c-a713-40d7-a81b-53fadf729829">disowned<name key="PSN0110189" style="hidden" type="author">Bulwer (seit 1843: Bulwer-Lytton), (seit 1838) Sir Edward George, (seit 1866) 1st Baron Lytton of Knebworth (1803-1873)</name><name key="CRT0111671" style="hidden" type="literature">The Disowned</name></title></hi> habe ich, <hi rend="latintype">horribile dictu</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_afd13fc5-4d15-49a1-b405-6be0b5734a7e" xml:lang="la ">horribile dictu – lat., schrecklich zu sagen.</note> einen <title xml:id="title_fa796c0f-2731-45c7-b6f5-e0ca5d98447e">Roman<name key="PSN0111207" style="hidden" type="author">Friedländer (später: Saaling), Rebecca (Pseud.: Regina Frohberg) (1783–1850)</name><name key="CRT0111727" style="hidden" type="literature">Schmerz der Liebe</name></title> von der <persName xml:id="persName_046ce3c3-3a83-4c39-9d7a-6d49737830ba">Frohberg<name key="PSN0111207" style="hidden" type="person">Friedländer (später: Saaling), Rebecca (Pseud.: Regina Frohberg) (1783-1850)</name></persName> gelesen, den <persName xml:id="persName_439213b9-cd47-433c-a40e-307038ec9484">Varnhagen<name key="PSN0115453" style="hidden" type="person">Varnhagen (seit 1826) von Ense, Karl August Ludwig Philipp (1785-1858)</name></persName> <persName xml:id="persName_5016133e-1a17-46d0-ac3d-9d262b8c3320">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> gegeben hat, eine scandalöse Lebensgeschichte ihrer selbst, das unanständigste, platteste dummste gemeinste Sudelfaß, das je einem Gänsekiel entlockt ist, lumpiger als die Lumpen, woraus das arme Papier gemacht wurde, welches die Besudelung dieses Meisterstücks dulden mußte. Wir haben uns aber halbtodt drüber gelacht. Varnhagen hat sich den Spaß gemacht, alle Namen der gemeinten Personen da<del cert="high" rend="strikethrough">zu</del>beizuschreiben, und alle unanständigen Stellen mit kleinen Nullen zu bezeichnen. Die Lerche, die <del cert="high" rend="strikethrough">moralis</del> Lerche ist moralisch dagegen, die führt sie doch in die Kerche.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_af899d7b-cca6-4798-8a3a-e17698b77d6a" xml:lang="de">Lerche … Kerche – Anspielung auf eine Strophe aus dem Kinderlied »Ein Vogel wollte Hochzeit machen«.</note> Die führen sich aber bloß – – schlecht auf. Ich nenne das Buch nicht, Du möchtest sonst verrathen, daß ich es gelesen habe, und mein κλέος ἐσθλὸν ἐν ἀνθρώποισιν<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_b62df546-84ec-4834-86d6-144dafc0f631" xml:lang="grc ">κλέος ἐσθλὸν ἐν ἀνθρώποισιν – griech., edler Ruf unter den Sterblichen. Zitat aus Homer, Odyssee, 1. Gesang, Vers 95 (Götterbeschluss): ἠδ’ ἵνα μιν κλέος ἐσθλὸν ἐν ἀνθρώποισιν ἔχῃσιν. (Und ein edler Ruf ihn unter den Sterblichen preise.)</note> wäre hin. Liesest Du denn Griechisch? Ich nicht, ich studi<unclear reason="covering" resp="SP">re</unclear> an <persName xml:id="persName_1ec18db0-4825-4587-ac22-87f90d8dc247">Walter<name key="PSN0110666" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Abraham Walter (1833-1887)</name></persName> die Ursprache aller Menschen, sie heißt, rä, gä, ach, brr, gag gag lä lä ä. Walter hat Dir. an dessen Geburtstage (<date cert="high" when="1834-02-13">13 Februar</date>, <hi rend="latintype">pro memoria</hi>)<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_f0479dbb-9c6c-4984-904c-e3769d80f924" xml:lang="la ">pro memoria – lat., zur Erinnerung.</note> mit dem dritten Zahn überrascht. In 6 Wochen ungefähr wird er gespänt,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_ff95652a-8b9d-48c9-af63-2a6d423a2d25" xml:lang="de">gespänt – „Der Mutterbrust entwöhnt“.</note> dafür hast Du Dich ja interessirt. Die Satisfaction habe ich ich doch gehabt, nebenbei, daß der Junge so prächtig geworden ist, daß ich seine erste Liebe bin<unclear reason="covering" resp="SP">;</unclear> so wie er mich sieht, streckt er mir die Ärmchen entgegen und sperrt den Mund weit auf. Das sind kinderne Sachen.</p> <p><persName xml:id="persName_78458779-8bd2-46eb-9929-0aaab74dff8c">Lindblad<name key="PSN0112854" style="hidden" type="person">Lindblad, Adolf Fredrik (1801-1878)</name></persName> will wissen wo Du den Sommer zubringen willst, da will er auch hin. Ach komm her. Wenn auch nur auf ein Paar Tage. Das kürzeste Wiedersehen hilft wieder lange Trennung ertragen. Warum könn<unclear reason="covering" resp="SP">en</unclear> wir denn nicht zusammen seyn! Ich sehe es ein, es ist recht und glücklich für Dich, wie es ist aber es wird mir gar zu schwer. <seg type="closer">Leb wohl, behalte lieb Deine</seg></p> <signed rend="right">treue Seele.</signed> </div> </body> </text></TEI>