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gb-1833-05-24-01

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Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf <lb></lb>London, 24. Mai 1833 Wort muß gehalten werden und fehlten auch Worte, ja Gedanken und Thaten! Wir sitzen uns einander, nach DoppelbriefManier, gegenüber, Frank und ich, an seinem letzten Tage, und vor der unendlichen Henkersmahlzeit, und mich macht dabei Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy und Alexander Mendelssohn an Carl Klingemann in London; Berlin, 10. April 1833 Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; Düsseldorf, 31. Mai 1833 Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 28/94. Autograph Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in Düsseldorf; London, 24. Mai 1833 Wort muß gehalten werden und fehlten auch Worte, ja Gedanken und Thaten! Wir sitzen uns einander, nach DoppelbriefManier, gegenüber, Frank und ich, an seinem letzten Tage, und vor der unendlichen Henkersmahlzeit, und mich macht dabei

1 Bl.: S. 1 Brieftext; S. 2 Adresse, 2 Poststempel [Engeland / over Rotterdam], [??? / F 33 / ???], Siegel.

Carl Klingemann

Green Books

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

24. Mai 1833 Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)counter-resetKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) LondonGroßbritannien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) DüsseldorfDeutschland deutsch
Herrn Felix Mendelssohn-Bartholdy per adr des Herrn Director Schadow in Düsseldorf. per Rotterdam Steamboat.
Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) 37. BuryStreet 24 22 May 33.

Wort muß gehalten werden und fehlten auch Worte, ja Gedanken und Thaten! Wir sitzen uns einander, nach DoppelbriefManier,DoppelbriefManier – Bei Mendelssohns Aufenthalten in England schrieben dieser und Carl Klingemann zumeist gemeinsame Briefe an die Familie Mendelssohn in Berlin. gegenüber, FrankFranck, Georg Hermann (1802-1855) und ich, an seinem letzten Tage, und vor der unendlichen Henkersmahlzeit, und mich macht dabei der Gedanke confus, daß er da drüben das schönste tolle Zeug hinschreibt, während ich ledern bin. Aber hauptsächlich grüße ich Dich, und wünsche und gönne Dir allen möglichen Musik- und WeltSpaß im schönsten Maywetter. Halte ein Tagebuch, Lieber (ich hätte es Dir gleich aufgeben sollen) und berichte drin ausführlich was an Ergötzlichkeiten und närrischen Dingen dort vorfällt. Thust Dus nicht, so fällt Dir ein EngländerHolmes, Edward (1797-1859) ins Handwerk, der expreß deshalb nach Düsseldorf gegangen ist. Mr ClarkeClarke, Charles Cowden (1787-1877), NovellosNovello, Vincent (1781-1861) Schwiegersohn,Mr Clarke, Novellos Schwiegersohn – Der englische Autor und Verleger Charles Cowden Clarke war seit 1828 mit Mary Victoria, der Tochter Vincent Novellos, verheiratet. glaub ich, war deshalb verschiedene Male bei mir, – der schreibende Engländer wollte wißen wann das Fest15. Niederrheinisches Musikfest (1833)DüsseldorfDeutschlanddas Fest – Das 15. Niederrheinisches Musikfest fand zu Pfingsten 1833 (26. und 27. Mai) in Düsseldorf statt. Dazu erschien ein gedrucktes Programmheft (Niederrheinisches Musik-Fest unter Leitung des Herrn Felix Mendelsohn-Bartholdy zu Düsseldorf. Pfingsten 26. und 27. May 1833, Düsseldorf [1833]), das die Programmfolge, Gesangstexte und ein »Verzeichniss derjenigen Dilettanten und Künstler, welche bei dem Niederrheinischen Musikfeste 1833. mitgewirkt haben« beinhaltet. Erstmals richtet man 1833 einen dritten Konzerttag aus (28. Mai 1833), der solistischen Darbietungen der mitwirkenden Vokal- und Instrumentalsolisten vorbehalten war. wäre, es sey ein gescheuter Mensch, der schon einen Ramble amongst the Musicians of Germany<name key="PSN0117094" style="hidden" type="author">Holmes, Edward (1797–1859)</name><name key="CRT0111924" style="hidden" type="science">A Ramble among the Musicians of Germany</name>einen Ramble amongst the Musician of Germany – Edward Holmes, A Ramble among the Musicians of Germany, giving some Account of the Operas of Munich, Dresden, Berlin, &c. With Remarks upon the Church Music, Singers, Performers, and Composers; and a Sample of the Pleasures and Inconveniences that await the Lover of Art on a similar Excursion, London 1828. Eine zweite Auflage erschien 1830. gemacht und geschrieben habe, und der dabei seyn wolle. Nun ist der Mensch auch würklich fort und Ihr werdet sehr beobachtet und gedruckt. – Während Deiner AbwesenheitDeiner Abwesenheit – Mendelssohn hatte sich seit dem 25. April 1833 in London aufgehalten und war am 18. Mai 1833 von dort zurück nach Düsseldorf gereist. Vgl. auch Kommentar zu Z.: Wie wir Dich am Sonnabend verließen. bin ich mit FrankFranck, Georg Hermann (1802-1855) so fleißig gewesen, daß es mir vorkommt, als habe die Welt und die Sonne derweil still gestanden – die Seele hatte 7 Meilenstiefel an, und zog eilig zwischen Paris, London und Breslau umher, amüsirt haben wir uns vielfach, ich war wieder ein Fremder, und ziehe erst morgen mein John BullJohn Bull – eine Personifikation Großbritanniens. Die fiktive Figur wurde seit dem 18. Jahrhundert in englischen Karikaturen häufig verwendet. wieder an, weiß derweilen von nichts, nichts von TaylorsTaylor, Familie von → John T., HorsleysHorsley, Familie von → William H., AlexandersAlexander, Mary (1806-1867)Alexander, Anna-Joanna (1793-1859)Alexander, Margaret Stewart (1791-1861) und wie die Eroberer alle weiter Namen haben. Deine DampfbootOpfer für SophyHorsley, Sophia Hutchins (Sophy) (1819-1894)Deine DampfbootOpfer für Sophy – vielleicht ein Geschenk für Sophia Hutchins Horsley, das Mendelssohn dieser vor der Überfahrt über den Kanal machte. wollte ich am Dienstag zu den KindernDie Familie Horsley mit den Kindern Mary Elizabeth, Frances Arabella, John Callcott, Sophia Hutchins und Charles Edward lebte in Kensington Gravel Pits. hinausbringen und hatte Frank derweilen mit einem Freund zur City und zum großen RothschildtRothschild, Nathan Mayer (seit 1817) de, (seit 1822) Baron de (1777-1836)zum großen Rothschild – Der Bankier Nathan Mayer de Rothschild hatte im Jahre 1798 den in Manchester von ihm gegründeten Zweig des Bankhauses Rothschild 1813 nach London verlegt. Die Familie Rothschild bewohnte seit 1825 ein Haus in Nr. 107 Piccadilly in London (Abbildung des Hauses). spedirt, da bringt mir der Teufel Arbeit über den Hals und ich muß zu Haus sitzen, – nun wollte ichs Morgen Abend abgeben, – aber ich kriege heute Morgen eine Note von Mary die die Isles of Fingal verlangt, weil sie sie morgen Abend brauche, da habe ich sie also samt dem obigen, mit zarten Worten hinausgeschickt, und erkläre das Weitere, nicht mich selber, flüchtig und enthaltend (wie Frank diskret verdeutscht) im PhilharmonicPhilharmonic SocietyLondonGroßbritannien, wo es kühl werden wird, denn <hi rend="latintype">Neukomms</hi> Musik über das verlorene Paradies<name key="PSN0113580" style="hidden" type="author">Neukomm, Sigismund (seit 1815) Ritter von (1778–1858)</name><name key="CRT0111925" style="hidden" type="music">Fantaisie dramatique on some pasages of Miltons Paradise lost NV 426</name>im Philharmonic … Neukomms Musik über das verlorene Paradies – Am 27. Mai 1833 wurde Sigismund von Neukomms Fantaisie dramatique on some pasages of Miltons Paradise lost NV 426 im siebenten Konzert der Philharmonic Society uraufgeführt. Die Komposition war am 24. Februar 1833 für die Philharmonic Society entstanden (Harmonicon 11, 1833, S. 154, und Rudolph Angermüller, Sigismund Neukomm. Werkverzeichnis, Autobiographie, Beziehung zu seinen Zeitgenossen, München und Salzburg 1977, S. 109). wird gemacht. Gestern Abend trafen wir ihn, F.Franck, Georg Hermann (1802-1855) und ich, bei MoschelesMoscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870),bei Moscheles – Ignaz Moscheles’ Haus befand sich in Nr. 3 Chester Place, Chester Terrace, Regents Park. eben angekommen,Neukomms … Gestern Abend … eben angekommen – zu Sigismund von Neukomms Ankunft in London am 23. Mai 1833 vgl. Rudolph Angermüller, Sigismund Neukomm. Werkverzeichnis, Autobiographie, Beziehung zu seinen Zeitgenossen, München und Salzburg 1977, S. 12. er grüßt Dich sehr und freut sich Dich hier noch zu sehen, – Davids<name key="PSN0113580" style="hidden" type="author">Neukomm, Sigismund (seit 1815) Ritter von (1778–1858)</name><name key="CRT0110200" style="hidden" type="music">David NV 424</name> Skizze,Davids Skizze – Sigismund von Neukomm hatte sein Oratorium David op. 34 innerhalb von sieben Wochen bis zum 3. Februar 1833 komponiert (vgl. Rudolph Angermüller, Sigismund Neukomm. Werkverzeichnis, Autobiographie, Beziehung zu seinen Zeitgenossen, München und Salzburg 1977, S. 43 und S. 109). Das Werk kam am 8. Oktober 1834 während des Birmingham Triennial Music Festivals zur Uraufführung. gebunden, lag auf dem Tische, – wo ist da der Goliath?Goliath – Goliath war dem biblischen Bericht (1. Sam 17) zufolge ein riesiger Krieger vom Stamm der Philister, der von dem Hirtenjungen David erschlagen wurde. Ein guter Mann, er, ich bleibe dabei, er segnete mich. Aber vorher waren wir in EpsomEpsomGroßbritannien,Epsom – traditionelle Stadt des Pferdesports südwestlich von London. ein großer Anblick, beim heitersten Wetter, ich denke Frank wird sein Außersichgerathenseyn zu verstehen geben, es war toll an schönen Pferden und schönen Weibern; sie waren wohlfeil dort und man glaubte man hätte sie alle, nämlich beisammen, und beim Nachhausefahren standen die Straßen wieder voll davon, und blühten alle Fenster mit Jugend, daß es zum Verwundern war Sinn dafür, daß Mr SadlersSadler, Isaac Dangerous die Derbyrace gewann,daß Mr Sadlers Dangerous die Derbyrace gewann – Isaac Sadler war der Besitzer, Jem Chapple der Reiter des dreijährigen Pferds Dangerous, das das Epsom Derby Race am 23. Mai 1833 gewann. obgleich 40 gegen zuKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862) 1. gegen sie gewettet. A fine Race, sagten sie alle, und wetteten ihre Handschuh, aber das feine Kind, dem vor 3 Jahren alle Männer den Hof machten, während die Prächtige verlaßen hinter ihr saß, ist gewiß schon gestorben oder verheirathet, denn es waren genug andre und neue und auch hübsche da, die im Lachen die glänzendsten Zähne zeigten und denen die Cour gemacht wurde, und die in 3 Jahren auch nicht mehr weit her sind. – Wie wir Dich am Sonnabend verließen,Wie wir Dich am Sonnabend verließen – Carl Klingemann und Hermann Franck hatten Mendelssohn am 18. Mai 1833 von London bis Gravesend begleitet (siehe den Notizbucheintrag an diesem Tag: »früh Abreise. mit Frank und Kl. bis Gravend [!]«, GB-Ob, M.D.M. g. 4, fol. 13v). Gravesend ist eine Hafenstadt östlich von London am Ufer des Themsetrichters. Mendelssohn reiste von dort aus allein nach Düsseldorf weiter. landeten wir in der Kneipe an der Dover Road, wie Tags vorher in StreathamStreathamGroßbritannien,Streatham – Ort südlich von London, heute ein Stadtteil. ein Mann las neben uns die Zeitungen ohne Brille, der 89. Jahr alt war, eine StageStage – engl. stagecoach, Postkutsche. nahm uns nach London, und das war wieder glänzend, von BlackheathBlackheathGroßbritannienBlackheath – Ort südlich von London, heute ein Stadtteil. hinunter war es als käme uns London entgegengefahren – das gute CityVolk war mit der Woche und der Börse fertig, und schnurrte in lustiger Eile zu Weib und Kind und Dinner. Wir zogen uns um, gingen vor Tisch noch in den HydeparkHyde ParkLondonGroßbritannien, folgten dem Zuge – der Wagen, und waren im KensingtonGartenKensington GardensLondonGroßbritannien,KensingtonGarten – Kensington Gardens, einer der königlichen Parks in London. RegimentsMusik spielte dort auf dem grünen Rasen, die schönsten Kinder standen da wieder in hellem Haufen und draußen saßen sie zu Hunderten zu Pferd und horchten nach Musik und acquaintance über die niedrige Mauer. Dann aßen wir und gingen Abends zu MoschelesMoscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870) und da war HerzHerz, Henri (Heinrich) (1803-1888) und spielte und ich bin Gottlob seiner los auf lange, nämlich auf ewig, und da saß Mrs FlemingFleming, Christopheria (1799-1860), bei der ich Dich nachahmte und sie nicht kannte, und ihre TochterFleming, Honoria Willis (1813-1895)ihre Tochter – Christopheria Fleming hatte vier Töchter, hier ist vermutlich die älteste, Honoria, gemeint. die ich achte weil sie freundlich ist. Am Sonntage fuhren wir, nebst StenzlerStenzler, Adolf Friedrich (1807-1887), nach HamptonCourtHampton Court PalaceLondonGroßbritannien; hätts nicht geregnet, wärs göttlich genug gewesen, den Punkt aber, denk ich, haben wir mal eines schönen Tages, in grünern Jahren, erschöpft. Ein dicker Schauer kam, wie wir nach RichmondRichmondGroßbritannienRichmond – Ort südwestlich von London, heute ein Stadtteil. hinübergehen wollten, wir stellten uns unter eine der dunkeln Kastanien im BushyParkBushy ParkLondonGroßbritannien,Bushy Park – königlicher Park im Südwesten Londons nördlich des Hampton Court Palace. und Frank phantasirte zu Stenzlers Trost und Aufheiterung eine halbe Stunde lang auf Breslau,Frank phantasirte zu Stenzlers Trost … auf Breslau – Hermann Franck instruierte Adolf Friedrich Stenzler über seine Heimatstadt Breslau. Stenzler war zum Wintersemester 1833/34 zum außerordentlichen Professor für orientalische Sprachen an die dortige Universität berufen worden. wie da keine Hausnummern wären, aber man erkenne die Häuser am Gestank, – das erste Gericht was einem Mittags gebracht sey, ließe man stehen weil man glaube etwas Genießbares käme noch, man irre sich aber, vom SalzringSalzring BreslauDeutschlandSalzring – kleiner Platz an der südwestlichen Ecke des Breslauer Großen Rings; 1827 wurde dort ein Blücherdenkmal errichtet, seitdem hieß der Platz Blücherplatz. sprach er mit Salz, und beschrieb wie sich die Leute ein SonntagsPlaisir machten und den gemahlenen Kaffee mit in die Wirthshäuser hinausnehmen um etwas zu sparen, – wie man ihn dort mit eineseinem der 12. Mädchen verheirathen würde, aus denen alles was vom Geschlecht dort leidlich wäre, bestände u. s. w. Beim Heirathen seuftzte Stenzler, und versicherte, es passire ihm nie,Stenzler … es passiere ihm nie – Adolf Friedrich Stenzler heiratete 1840 Karoline Helene Wilhelmine Marie von Liebenroth. seine SchwesterStenzler, Friederike Wilhelmine Gustava (1811-?) wolle er mitnehmen, die solle ihm die Wirthschaft führen; wir Deutschen nehmen uns doch würklich lächerlich aus wenn wir im Kampfe zwischen Philisterium und Leidenschaft unterliegen, und einer der größten Züge ist der im Werther<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749–1832)</name><name key="CRT0108836" style="hidden" type="literature">Die Leiden des jungen Werthers</name>, wo das Butterbrodschmieren durch die Gluth vorleuchtet. Ich will aber aufhören, denn es kommt zu nichts Gescheutem, – denke Dir, daß zwei Männer von Geist, wie F. und ich, uns in allen Richtungen umhergetrieben haben, nur nicht in der nothwendigsten, in der Richtung der Oper!in der Richtung der Oper – Gemeint ist das Opernlibretto, um das Mendelssohn Klingemann gebeten hatte. Siehe dazu Brief fmb-1832-12-26-01 (Brief Nr. 646) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London, Berlin, 26. Dezember 1832, Z. 81 ff.: »Du bist der einzige Mensch, von allen die ich kenne, der mir eine Oper machen könnte, wie ich sie haben muß; aber ich glaube, Du willst es nicht, und wirst es deshalb auch nicht thun«, und Klingemanns Antwort in Brief gb-1833-01-23-02 Carl Klingemann und Friedrich Rosen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 18.–23. Januar 1833, Z.: »Für mein Leben gern schrieb ich Dir eine Oper, und zwar eine wunderschöne, seltsam neue«. Wir habens aber schändlich verludert! vielleicht kommt mirs nun im Schlafe. MoschelesMoscheles, Familie von → Ignaz M.’ grüßen aufs schönste. Wirst Du denn schreiben?

            37. BuryStreet 22 May 33. Wort muß gehalten werden und fehlten auch Worte, ja Gedanken und Thaten! Wir sitzen uns einander, nach DoppelbriefManier, gegenüber, Frank und ich, an seinem letzten Tage, und vor der unendlichen Henkersmahlzeit, und mich macht dabei der Gedanke confus, daß er da drüben das schönste tolle Zeug hinschreibt, während ich ledern bin. Aber hauptsächlich grüße ich Dich, und wünsche und gönne Dir allen möglichen Musik- und WeltSpaß im schönsten Maywetter. Halte ein Tagebuch, Lieber (ich hätte es Dir gleich aufgeben sollen) und berichte drin ausführlich was an Ergötzlichkeiten und närrischen Dingen dort vorfällt. Thust Dus nicht, so fällt Dir ein Engländer ins Handwerk, der expreß deshalb nach Düsseldorf gegangen ist. Mr Clarke, Novellos Schwiegersohn, glaub ich, war deshalb verschiedene Male bei mir, – der schreibende Engländer wollte wißen wann das Fest wäre, es sey ein gescheuter Mensch, der schon einen Ramble amongst the Musicians of Germany gemacht und geschrieben habe, und der dabei seyn wolle. Nun ist der Mensch auch würklich fort und Ihr werdet sehr beobachtet und gedruckt. – Während Deiner Abwesenheit bin ich mit Frank so fleißig gewesen, daß es mir vorkommt, als habe die Welt und die Sonne derweil still gestanden – die Seele hatte 7 Meilenstiefel an, und zog eilig zwischen Paris, London und Breslau umher, amüsirt haben wir uns vielfach, ich war wieder ein Fremder, und ziehe erst morgen mein John Bull wieder an, weiß derweilen von nichts, nichts von Taylors, Horsleys, Alexanders und wie die Eroberer alle weiter Namen haben. Deine DampfbootOpfer für Sophy wollte ich am Dienstag zu den Kindern hinausbringen und hatte Frank derweilen mit einem Freund zur City und zum großen Rothschildt spedirt, da bringt mir der Teufel Arbeit über den Hals und ich muß zu Haus sitzen, – nun wollte ichs Morgen Abend abgeben, – aber ich kriege heute Morgen eine Note von Mary die die Isles of Fingal verlangt, weil sie sie morgen Abend brauche, da habe ich sie also samt dem obigen, mit zarten Worten hinausgeschickt, und erkläre das Weitere, nicht mich selber, flüchtig und enthaltend (wie Frank diskret verdeutscht) im Philharmonic, wo es kühl werden wird, denn Neukomms Musik über das verlorene Paradies wird gemacht. Gestern Abend trafen wir ihn, F. und ich, bei Moscheles, eben angekommen, er grüßt Dich sehr und freut sich Dich hier noch zu sehen, – Davids Skizze, gebunden, lag auf dem Tische, – wo ist da der Goliath? Ein guter Mann, er, ich bleibe dabei, er segnete mich. Aber vorher waren wir in Epsom, ein großer Anblick, beim heitersten Wetter, ich denke Frank wird sein Außersichgerathenseyn zu verstehen geben, es war toll an schönen Pferden und schönen Weibern; sie waren wohlfeil dort und man glaubte man hätte sie alle, nämlich beisammen, und beim Nachhausefahren standen die Straßen wieder voll davon, und blühten alle Fenster mit Jugend, daß es zum Verwundern war Sinn dafür, daß Mr Sadlers Dangerous die Derbyrace gewann, obgleich 40 gegen zu 1. gegen sie gewettet. A fine Race, sagten sie alle, und wetteten ihre Handschuh, aber das feine Kind, dem vor 3 Jahren alle Männer den Hof machten, während die Prächtige verlaßen hinter ihr saß, ist gewiß schon gestorben oder verheirathet, denn es waren genug andre und neue und auch hübsche da, die im Lachen die glänzendsten Zähne zeigten und denen die Cour gemacht wurde, und die in 3 Jahren auch nicht mehr weit her sind. – Wie wir Dich am Sonnabend verließen, landeten wir in der Kneipe an der Dover Road, wie Tags vorher in Streatham, ein Mann las neben uns die Zeitungen ohne Brille, der 89. Jahr alt war, eine Stage nahm uns nach London, und das war wieder glänzend, von Blackheath hinunter war es als käme uns London entgegengefahren – das gute CityVolk war mit der Woche und der Börse fertig, und schnurrte in lustiger Eile zu Weib und Kind und Dinner. Wir zogen uns um, gingen vor Tisch noch in den Hydepark, folgten dem Zuge – der Wagen, und waren im KensingtonGarten, RegimentsMusik spielte dort auf dem grünen Rasen, die schönsten Kinder standen da wieder in hellem Haufen und draußen saßen sie zu Hunderten zu Pferd und horchten nach Musik und acquaintance über die niedrige Mauer. Dann aßen wir und gingen Abends zu Moscheles und da war Herz und spielte und ich bin Gottlob seiner los auf lange, nämlich auf ewig, und da saß Mrs Fleming, bei der ich Dich nachahmte und sie nicht kannte, und ihre Tochter die ich achte weil sie freundlich ist. Am Sonntage fuhren wir, nebst Stenzler, nach HamptonCourt; hätts nicht geregnet, wärs göttlich genug gewesen, den Punkt aber, denk ich, haben wir mal eines schönen Tages, in grünern Jahren, erschöpft. Ein dicker Schauer kam, wie wir nach Richmond hinübergehen wollten, wir stellten uns unter eine der dunkeln Kastanien im BushyPark, und Frank phantasirte zu Stenzlers Trost und Aufheiterung eine halbe Stunde lang auf Breslau, wie da keine Hausnummern wären, aber man erkenne die Häuser am Gestank, – das erste Gericht was einem Mittags gebracht sey, ließe man stehen weil man glaube etwas Genießbares käme noch, man irre sich aber, vom Salzring sprach er mit Salz, und beschrieb wie sich die Leute ein SonntagsPlaisir machten und den gemahlenen Kaffee mit in die Wirthshäuser hinausnehmen um etwas zu sparen, – wie man ihn dort mit eines der 12. Mädchen verheirathen würde, aus denen alles was vom Geschlecht dort leidlich wäre, bestände u. s. w. Beim Heirathen seuftzte Stenzler, und versicherte, es passire ihm nie, seine Schwester wolle er mitnehmen, die solle ihm die Wirthschaft führen; wir Deutschen nehmen uns doch würklich lächerlich aus wenn wir im Kampfe zwischen Philisterium und Leidenschaft unterliegen, und einer der größten Züge ist der im Werther, wo das Butterbrodschmieren durch die Gluth vorleuchtet. Ich will aber aufhören, denn es kommt zu nichts Gescheutem, – denke Dir, daß zwei Männer von Geist, wie F. und ich, uns in allen Richtungen umhergetrieben haben, nur nicht in der nothwendigsten, in der Richtung der Oper! Wir habens aber schändlich verludert! vielleicht kommt mirs nun im Schlafe. Moscheles’ grüßen aufs schönste. Wirst Du denn schreiben?          
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Wir sitzen uns einander, nach DoppelbriefManier, gegenüber, Frank und ich, an seinem letzten Tage, und vor der unendlichen Henkersmahlzeit, und mich macht dabei</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Bl.: S. 1 Brieftext; S. 2 Adresse, 2 Poststempel [Engeland / over Rotterdam], [??? / F 33 / ???], Siegel. </p> <handDesc hands="1"> <p>Carl Klingemann</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1833-05-24" xml:id="date_20fb06bb-8e7c-4407-9336-cbd24ed3c22c">24. Mai 1833</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0112434" resp="author" xml:id="persName_14a758d7-e9d4-44d7-9b24-1e1ab944493d">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0112434" resp="writer">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_7515e3b0-d501-4876-8408-1d57cc739ad7"> <settlement key="STM0100126">London</settlement><country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_7c6112bb-5734-4199-93c3-3f8daa67dee5">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_ad7da9d3-e052-47c5-80fd-b2f1c12890f4"> <settlement key="STM0100109">Düsseldorf</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_0c0d298b-b209-4bdf-b382-e5fec38e3990"> <head> <address> <addrLine>Herrn <hi rend="latintype">Felix Mendelssohn-Bartholdy</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">per ad<hi rend="superscript">r</hi></hi> des Herrn <hi rend="latintype">Director</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Schadow</hi></addrLine> <addrLine>in</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Düsseldorf</hi>.</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">per Rotterdam</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Steamboat.</hi></addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_4d39d06d-76f6-4a27-9cc6-dcaa9c0d6cf1"> <docAuthor key="PSN0112434" resp="author" style="hidden" xml:id="docAuthor_777df7c8-1027-4a3b-9b13-35dd94060940">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112434" resp="writer" style="hidden" xml:id="docAuthor_bc577a3c-e396-4d08-861c-493687e985cd">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <dateline rend="right">37. <hi rend="latintype">BuryStreet</hi> <date cert="high" when="1833-05-24" xml:id="date_c30780d3-b306-48d5-adb5-bcb8a25ae804"><choice resp="writer" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_20994118-b563-4b84-bcf0-64568aa4418f"> <corr resp="writer">24</corr> <sic resp="writer">22</sic> </choice> <hi rend="latintype">May</hi> 33</date>.</dateline> <p style="paragraph_without_indent">Wort muß gehalten werden und fehlten auch Worte, ja Gedanken und Thaten! Wir sitzen uns einander, nach DoppelbriefManier,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_52f0d509-62dd-4469-9f8a-16efb6ef8077" xml:lang="de">DoppelbriefManier – Bei Mendelssohns Aufenthalten in England schrieben dieser und Carl Klingemann zumeist gemeinsame Briefe an die Familie Mendelssohn in Berlin.</note> gegenüber, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_1c4f8c40-89c8-4062-ae59-02271eea59a5">Frank<name key="PSN0111123" style="hidden" type="person">Franck, Georg Hermann (1802-1855)</name></persName></hi> und ich, an seinem letzten Tage, und vor der unendlichen Henkersmahlzeit, und mich macht dabei der Gedanke confus, daß er da drüben das schönste tolle Zeug hinschreibt, während ich ledern bin. Aber hauptsächlich grüße ich Dich, und wünsche und gönne Dir allen möglichen Musik- und WeltSpaß im schönsten Maywetter. Halte ein Tagebuch, Lieber (ich hätte es Dir gleich aufgeben sollen) und berichte drin ausführlich was an Ergötzlichkeiten und närrischen Dingen dort vorfällt. Thust Dus nicht, so fällt Dir <persName xml:id="persName_be3133bd-952e-4cd5-ad94-34115918c8df">ein Engländer<name key="PSN0117094" style="hidden" type="person">Holmes, Edward (1797-1859)</name></persName> ins Handwerk, der expreß deshalb nach <hi rend="latintype">Düsseldorf</hi> gegangen ist. <persName xml:id="persName_010c940c-e35b-4482-9d4a-d263bbd754ca"><hi rend="latintype">M<hi rend="superscript">r</hi> Clarke</hi><name key="PSN0110401" style="hidden" type="person">Clarke, Charles Cowden (1787-1877)</name></persName>, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_de7902de-de8c-4cac-8ba2-33bdb4c8906d">Novellos<name key="PSN0113627" style="hidden" type="person">Novello, Vincent (1781-1861)</name></persName></hi> Schwiegersohn,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1f5ce73c-40be-4914-a82b-dd188efe3352" xml:lang="de">Mr Clarke, Novellos Schwiegersohn – Der englische Autor und Verleger Charles Cowden Clarke war seit 1828 mit Mary Victoria, der Tochter Vincent Novellos, verheiratet.</note> glaub ich, war deshalb verschiedene Male bei mir, – der schreibende Engländer wollte wißen wann das <placeName xml:id="placeName_05e3bbd0-8bad-4af3-a238-ead18bc70b1c">Fest<name key="NST0100303" style="hidden" subtype="" type="institution">15. Niederrheinisches Musikfest (1833)</name><settlement key="STM0100109" style="hidden" type="locality">Düsseldorf</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8461a6d7-3e50-4337-8251-36ff9c310f2a" xml:lang="de">das Fest – Das 15. Niederrheinisches Musikfest fand zu Pfingsten 1833 (26. und 27. Mai) in Düsseldorf statt. Dazu erschien ein gedrucktes Programmheft (Niederrheinisches Musik-Fest unter Leitung des Herrn Felix Mendelsohn-Bartholdy zu Düsseldorf. Pfingsten 26. und 27. May 1833, Düsseldorf [1833]), das die Programmfolge, Gesangstexte und ein »Verzeichniss derjenigen Dilettanten und Künstler, welche bei dem Niederrheinischen Musikfeste 1833. mitgewirkt haben« beinhaltet. Erstmals richtet man 1833 einen dritten Konzerttag aus (28. Mai 1833), der solistischen Darbietungen der mitwirkenden Vokal- und Instrumentalsolisten vorbehalten war. </note> wäre, es sey ein gescheuter Mensch, der schon einen <hi rend="latintype"><title xml:id="title_2dada869-d51f-4086-ba9d-ffac9da3a488">Ramble amongst the Musicians of Germany<name key="PSN0117094" style="hidden" type="author">Holmes, Edward (1797–1859)</name><name key="CRT0111924" style="hidden" type="science">A Ramble among the Musicians of Germany</name></title></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7f3b2859-2fbd-4243-8fec-22bea49eeef1" xml:lang="de">einen Ramble amongst the Musician of Germany – Edward Holmes, A Ramble among the Musicians of Germany, giving some Account of the Operas of Munich, Dresden, Berlin, &amp;c. With Remarks upon the Church Music, Singers, Performers, and Composers; and a Sample of the Pleasures and Inconveniences that await the Lover of Art on a similar Excursion, London 1828. Eine zweite Auflage erschien 1830.</note> gemacht und geschrieben habe, und der dabei seyn wolle. Nun ist der Mensch auch würklich fort und Ihr werdet sehr beobachtet und gedruckt. – Während Deiner Abwesenheit<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_39148204-e7d7-441c-953b-5b0616d9757c" xml:lang="de">Deiner Abwesenheit – Mendelssohn hatte sich seit dem 25. April 1833 in London aufgehalten und war am 18. Mai 1833 von dort zurück nach Düsseldorf gereist. Vgl. auch Kommentar zu Z.: Wie wir Dich am Sonnabend verließen.</note> bin ich mit <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_5398d655-01c8-4262-b104-1af7ea839f1b">Frank<name key="PSN0111123" style="hidden" type="person">Franck, Georg Hermann (1802-1855)</name></persName></hi> so fleißig gewesen, daß es mir vorkommt, als habe die Welt und die Sonne derweil still gestanden – die Seele hatte 7 Meilenstiefel an, und zog eilig zwischen <hi rend="latintype">Paris</hi>, <hi rend="latintype">London</hi> und <hi rend="latintype">Breslau</hi> umher, amüsirt haben wir uns vielfach, ich war wieder ein Fremder, und ziehe erst morgen mein <hi rend="latintype">John Bull</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_be3432fd-b976-4716-853c-b471be996c48" xml:lang="en">John Bull – eine Personifikation Großbritanniens. Die fiktive Figur wurde seit dem 18. Jahrhundert in englischen Karikaturen häufig verwendet.</note> wieder an, weiß derweilen von nichts, nichts von <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_beec20da-5058-4ef2-9d5e-a326fc7db62a">Taylors<name key="PSN0115264" style="hidden" type="person">Taylor, Familie von → John T.</name></persName></hi>, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_718266cc-e129-455c-a8a0-6ae88f041d2d">Horsleys<name key="PSN0112100" style="hidden" type="person">Horsley, Familie von → William H.</name></persName></hi>, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_69684488-4bcc-4dd5-bc59-0f4e4ba19209">Alexanders<name key="PSN0109430" style="hidden" type="person">Alexander, Mary (1806-1867)</name><name key="PSN0109428" style="hidden" type="person">Alexander, Anna-Joanna (1793-1859)</name><name key="PSN0109429" style="hidden" type="person">Alexander, Margaret Stewart (1791-1861)</name></persName></hi> und wie die Eroberer alle weiter Namen haben. Deine DampfbootOpfer für <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_740cf3a1-d2c5-4dde-a87d-50ff4da97fda">Sophy<name key="PSN0112108" style="hidden" type="person">Horsley, Sophia Hutchins (Sophy) (1819-1894)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_8fd341d2-789a-4c2c-a35d-d1969e803511" xml:lang="de">Deine DampfbootOpfer für Sophy – vielleicht ein Geschenk für Sophia Hutchins Horsley, das Mendelssohn dieser vor der Überfahrt über den Kanal machte.</note> wollte ich am <date cert="high" when="1833-05-21" xml:id="date_7a418497-d595-4c89-8f6d-0f2b8a42fa80">Dienstag</date> zu den Kindern<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_805382a1-914a-4b49-9256-d2e657cac6d2" xml:lang="de">Die Familie Horsley mit den Kindern Mary Elizabeth, Frances Arabella, John Callcott, Sophia Hutchins und Charles Edward lebte in Kensington Gravel Pits.</note> hinausbringen und hatte <hi rend="latintype">Frank</hi> derweilen mit einem Freund zur <hi rend="latintype">City</hi> und zum großen <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_b2b88d8f-2f35-4e6d-ad4e-297540059a6a">Rothschildt<name key="PSN0114323" style="hidden" type="person">Rothschild, Nathan Mayer (seit 1817) de, (seit 1822) Baron de (1777-1836)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_fc0f4f0f-a866-441b-8b14-a5c339246f7f" xml:lang="de">zum großen Rothschild – Der Bankier Nathan Mayer de Rothschild hatte im Jahre 1798 den in Manchester von ihm gegründeten Zweig des Bankhauses Rothschild 1813 nach London verlegt. Die Familie Rothschild bewohnte seit 1825 ein Haus in Nr. 107 Piccadilly in London (<ref target="https://family.rothschildarchive.org/estates/74-107-piccadilly" xml:id="ref_821269bd-03a6-4111-9123-be7516819fbc">Abbildung des Hauses</ref>).</note> spedirt, da bringt mir der Teufel Arbeit über den Hals und ich muß zu Haus sitzen, – nun wollte ichs <date cert="high" when="1833-05-25" xml:id="date_0c33df57-a9d4-4d18-bd77-7afac4c6720d">Morgen</date> Abend abgeben, – aber ich kriege heute Morgen eine Note von <hi rend="latintype">Mary</hi> die die <hi rend="latintype">Isles of Fingal</hi> verlangt, weil sie sie morgen Abend brauche, da habe ich sie also samt dem obigen, mit zarten Worten hinausgeschickt, und erkläre das Weitere, nicht mich selber, flüchtig und enthaltend (wie <hi rend="latintype">Frank</hi> diskret verdeutscht) im <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_72e7831c-b917-4b00-8c62-7b483c065ba0">Philharmonic<name key="NST0100287" style="hidden" subtype="" type="institution">Philharmonic Society</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi>, wo es kühl werden wird, denn <title xml:id="title_f2742428-1c1b-409d-8c36-a78372b661af"><hi rend="latintype">Neukomms</hi> Musik über das verlorene Paradies<name key="PSN0113580" style="hidden" type="author">Neukomm, Sigismund (seit 1815) Ritter von (1778–1858)</name><name key="CRT0111925" style="hidden" type="music">Fantaisie dramatique on some pasages of Miltons Paradise lost NV 426</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2799f220-ad5a-466b-89e1-dd1d2ce95f90" xml:lang="de">im Philharmonic … Neukomms Musik über das verlorene Paradies – Am 27. Mai 1833 wurde Sigismund von Neukomms Fantaisie dramatique on some pasages of Miltons Paradise lost NV 426 im siebenten Konzert der Philharmonic Society uraufgeführt. Die Komposition war am 24. Februar 1833 für die Philharmonic Society entstanden (Harmonicon 11, 1833, S. 154, und Rudolph Angermüller, Sigismund Neukomm. Werkverzeichnis, Autobiographie, Beziehung zu seinen Zeitgenossen, München und Salzburg 1977, S. 109).</note> wird gemacht. <date cert="high" when="1833-05-23" xml:id="date_f7f9d4cd-5057-44a9-b403-3ea08624908e">Gestern</date> Abend trafen wir ihn, <persName xml:id="persName_fc769138-7d98-4b5f-9f6b-34a199f5aaed"><hi rend="latintype">F</hi>.<name key="PSN0111123" style="hidden" type="person">Franck, Georg Hermann (1802-1855)</name></persName> und ich, bei <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_86506631-a3cf-457a-965d-cab6e1c8e962">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden" type="person">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5f0e14da-28ff-4dcf-856d-ea6dcdd04a08" xml:lang="de">bei Moscheles – Ignaz Moscheles’ Haus befand sich in Nr. 3 Chester Place, Chester Terrace, Regents Park.</note> eben angekommen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f630ae51-6402-4e7a-9119-790c6fcd757e" xml:lang="de">Neukomms … Gestern Abend … eben angekommen – zu Sigismund von Neukomms Ankunft in London am 23. Mai 1833 vgl. Rudolph Angermüller, Sigismund Neukomm. Werkverzeichnis, Autobiographie, Beziehung zu seinen Zeitgenossen, München und Salzburg 1977, S. 12.</note> er grüßt Dich sehr und freut sich Dich hier noch zu sehen, – <hi rend="latintype"><title xml:id="title_451d0a28-ada2-404c-b33d-a4301089274d">Davids<name key="PSN0113580" style="hidden" type="author">Neukomm, Sigismund (seit 1815) Ritter von (1778–1858)</name><name key="CRT0110200" style="hidden" type="music">David NV 424</name></title></hi> Skizze,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5c7075af-fab0-4660-b81a-39a0d1c1406f" xml:lang="de">Davids Skizze – Sigismund von Neukomm hatte sein Oratorium David op. 34 innerhalb von sieben Wochen bis zum 3. Februar 1833 komponiert (vgl. Rudolph Angermüller, Sigismund Neukomm. Werkverzeichnis, Autobiographie, Beziehung zu seinen Zeitgenossen, München und Salzburg 1977, S. 43 und S. 109). Das Werk kam am 8. Oktober 1834 während des Birmingham Triennial Music Festivals zur Uraufführung.</note> gebunden, lag auf dem Tische, – wo ist da der Goliath?<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_82ae18c4-e4f2-4420-9ead-563db97eed49" xml:lang="de">Goliath – Goliath war dem biblischen Bericht (1. Sam 17) zufolge ein riesiger Krieger vom Stamm der Philister, der von dem Hirtenjungen David erschlagen wurde.</note> Ein guter Mann, er, ich bleibe dabei, er segnete mich. Aber vorher waren wir in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_e111a60e-d27b-4446-b56b-eef64d4aa44f">Epsom<settlement key="STM0103336" style="hidden" type="locality">Epsom</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_66979a4a-ddb8-4e85-bca4-b87eec57f173" xml:lang="de">Epsom – traditionelle Stadt des Pferdesports südwestlich von London.</note> ein großer Anblick, beim heitersten Wetter, ich denke <hi rend="latintype">Frank</hi> wird sein Außersichgerathenseyn zu verstehen geben, es war toll an schönen Pferden und schönen Weibern; sie waren wohlfeil dort und man glaubte man hätte sie alle, nämlich beisammen, und beim Nachhausefa<supplied reason="seal_tear-off" resp="UW">hren</supplied> standen die Straßen wieder voll davon, und blühten alle Fenster mit Jugend, daß es zum Verwundern war <gap quantity="3" reason="paper_destruction" unit="words"></gap> Sinn dafür, daß <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_82af396b-f9f3-47d4-94d0-0a1fbba4abca">M<hi rend="superscript">r</hi> Sadlers<name key="PSN0118069" style="hidden" type="person">Sadler, Isaac</name></persName> Dangerous</hi> die <hi rend="latintype">Derbyrace</hi> gewann,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_06b3197c-b52c-40db-83f9-98f5fb20ffd9" xml:lang="de">daß Mr Sadlers Dangerous die Derbyrace gewann – Isaac Sadler war der Besitzer, Jem Chapple der Reiter des dreijährigen Pferds Dangerous, das <ref target="http://www.greyhoundderby.com/Derby1833.html" xml:id="ref_cb0b3a1e-2b28-4de5-b0fb-88900d19b487">das Epsom Derby Race am 23. Mai 1833 gewann</ref>.</note> obgleich 40 <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_0d7f4f4c-42f2-42d9-970c-f6ac2be71e1e">gegen</del> <add place="above">zu<name key="PSN0112434" resp="writers_hand" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</name></add> 1. gegen sie ge<supplied reason="seal_tear-off" resp="UW">wettet.</supplied> <hi rend="latintype">A fine Race</hi>, sagten sie alle, und wetteten ihre Handschuh, aber das feine Kind, dem vor 3 Jahren alle Männ<supplied reason="seal_tear-off" resp="UW">er den Hof</supplied> machten, während die Prächtige verlaßen hinter ihr saß, ist gewiß schon gestorben oder verheirathet, denn es waren genug andre und neue und auch hübsche da, die im Lachen die glänzendsten Zähne zeigten und denen die Cour gemacht wurde, und die in 3 Jahren auch nicht mehr weit her sind. – Wie wir Dich am <date cert="high" when="1833-05-18" xml:id="date_a030cb57-d5c9-41b7-866a-644c9dfe9150">Sonnabend</date> verließen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_82a41aa4-baa9-4c9b-b465-d3ab619e0a1b" xml:lang="de">Wie wir Dich am Sonnabend verließen – Carl Klingemann und Hermann Franck hatten Mendelssohn am 18. Mai 1833 von London bis Gravesend begleitet (siehe den Notizbucheintrag an diesem Tag: »früh Abreise. mit Frank und Kl. bis Gravend [!]«, GB-Ob, M.D.M. g. 4, fol. 13v). Gravesend ist eine Hafenstadt östlich von London am Ufer des Themsetrichters. Mendelssohn reiste von dort aus allein nach Düsseldorf weiter.</note> landeten wir in der Kneipe an der <hi rend="latintype">Dover Road</hi>, wie Tags vorher in <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_3afe268f-2f9f-48c7-bae4-be398897beb9">Streatham<settlement key="STM0103410" style="hidden" type="locality">Streatham</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_256f0d5a-eb56-467c-972f-bb020e0c67f6" xml:lang="de">Streatham – Ort südlich von London, heute ein Stadtteil.</note> ein Mann las neben uns die Zeitungen ohne Brille, der 89. Jahr alt war, eine <hi rend="latintype">Stage</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_c1ab618d-d188-497e-bafe-ddcc678d409e" xml:lang="en">Stage – engl. stagecoach, Postkutsche.</note> nahm uns nach <hi rend="latintype">London</hi>, und das war wieder glänzend, von <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_45893d48-168b-4bcf-a2bf-f5e6f221b6b8">Blackheath<settlement key="STM0103411" style="hidden" type="locality">Blackheath</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1481b155-afde-4451-93ff-52c4f9ac0812" xml:lang="de">Blackheath – Ort südlich von London, heute ein Stadtteil.</note> hinunter war es als käme uns <hi rend="latintype">London</hi> entgegengefahren – das gute <hi rend="latintype">City</hi>Volk war mit der Woche und der Börse fertig, und schnurrte in lustiger Eile zu Weib und Kind und <hi rend="latintype">Dinner</hi>. Wir zogen uns um, gingen vor Tisch noch in den <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_60f40316-da79-4e01-9073-05c6c3cad5d6">Hydepark<name key="SGH0103412" style="hidden" subtype="" type="sight">Hyde Park</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi>, folgten dem Zuge – der Wagen, und waren im <placeName xml:id="placeName_5136069f-5e3e-4943-b222-df1853b9f15b"><hi rend="latintype">Kensington</hi>Garten<name key="SGH0103413" style="hidden" subtype="" type="sight">Kensington Gardens</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f5e9d4de-06fb-4409-81dd-930b9e7d2322" xml:lang="de">KensingtonGarten – Kensington Gardens, einer der königlichen Parks in London.</note> RegimentsMusik spielte dort auf dem grünen Rasen, die schönsten Kinder standen da wieder in hellem Haufen und draußen saßen sie zu Hunderten zu Pferd und horchten nach Musik und <hi rend="latintype">acquaintance</hi> über die niedrige Mauer. Dann aßen wir und gingen Abends zu <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_91daa7bc-70af-4f0a-ad47-b986fd61ba2a">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden" type="person">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName></hi> und da war <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_aaa83765-b907-451d-a884-bd3499b47409">Herz<name key="PSN0111939" style="hidden" type="person">Herz, Henri (Heinrich) (1803-1888)</name></persName></hi> und spielte und ich bin Gottlob seiner los auf lange, nämlich auf ewig, und da saß <persName xml:id="persName_b667a85f-f8a4-4aeb-a987-08c9244d16f4"><hi rend="latintype">M<hi rend="superscript">rs</hi> Fleming</hi><name key="PSN0118774" style="hidden" type="person">Fleming, Christopheria (1799-1860)</name></persName>, bei der ich Dich nachahmte und sie nicht kannte, und <persName xml:id="persName_36dbff78-0db7-4a16-9f02-4826164175b9">ihre Tochter<name key="PSN0119240" style="hidden" type="person">Fleming, Honoria Willis (1813-1895)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_39d683c6-0acf-47a9-a6b1-1ee9575b3e4d" xml:lang="de">ihre Tochter – Christopheria Fleming hatte vier Töchter, hier ist vermutlich die älteste, Honoria, gemeint.</note> die ich achte weil sie freundlich ist. Am <date cert="high" when="1833-05-19" xml:id="date_d7f4cfa7-75ad-4335-a3ea-748e3c56efb7">Sonntage</date> fuhren wir, nebst <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_54b8e519-eee9-4f09-81f7-a464dadb9752">Stenzler<name key="PSN0115112" style="hidden" type="person">Stenzler, Adolf Friedrich (1807-1887)</name></persName></hi>, nach <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_99deaf9c-a20a-431a-b8c1-c7bfd99c1a9c">HamptonCourt<name key="SGH0103414" style="hidden" subtype="" type="sight">Hampton Court Palace</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi>; hätts nicht geregnet, wärs göttlich genug gewesen, <hi n="1" rend="underline">den</hi> Punkt aber, denk ich, haben wir mal eines schönen Tages, in grünern Jahren, erschöpft. Ein dicker Schauer kam, wie wir nach <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_1c43aacb-1caa-4ab4-bfd1-1a540669d2d4">Richmond<settlement key="STM0103415" style="hidden" type="locality">Richmond</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_3de55bb0-43eb-4015-8cc3-40dc15f38da3" xml:lang="de">Richmond – Ort südwestlich von London, heute ein Stadtteil.</note> hinübergehen wollten, wir stellten uns unter eine der dunkeln Kastanien im <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_312f5fea-0858-4dd3-83db-b824e5f36adf">BushyPark<name key="SGH0103416" style="hidden" subtype="" type="sight">Bushy Park</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a5d3a429-24d5-4bc1-ac37-0332ae114bdc" xml:lang="de">Bushy Park – königlicher Park im Südwesten Londons nördlich des Hampton Court Palace.</note> und <hi rend="latintype">Frank</hi> phantasirte zu <hi rend="latintype">Stenzlers</hi> Trost und Aufheiterung eine halbe Stunde lang auf <hi rend="latintype">Breslau</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_cdca401a-2c9a-4608-be36-6a18d093a008" xml:lang="de">Frank phantasirte zu Stenzlers Trost … auf Breslau – Hermann Franck instruierte Adolf Friedrich Stenzler über seine Heimatstadt Breslau. Stenzler war zum Wintersemester 1833/34 zum außerordentlichen Professor für orientalische Sprachen an die dortige Universität berufen worden.</note> wie da keine Hausnummern wären, aber man erkenne die Häuser am Gestank, – das erste Gericht was einem Mittags gebracht sey, ließe man stehen weil man glaube etwas Genießbares käme noch, man irre sich aber, vom <placeName xml:id="placeName_51dea149-f267-4137-8f95-cee34e3b50c8">Salzring<name key="SGH0103417" style="hidden" subtype="" type="sight">Salzring </name><settlement key="STM0100136" style="hidden" type="locality">Breslau</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_eb571db4-d5fc-485f-9385-841a8c9a63b7" xml:lang="de">Salzring – kleiner Platz an der südwestlichen Ecke des Breslauer Großen Rings; 1827 wurde dort ein Blücherdenkmal errichtet, seitdem hieß der Platz Blücherplatz.</note> sprach er mit Salz, und beschrieb wie sich die Leute ein SonntagsPlaisir machten und den gemahlenen Kaffee mit in die Wirthshäuser hinausnehmen um etwas zu sparen, – wie man ihn dort mit <choice resp="editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_6b724308-28c9-4729-8ea4-25ee31f75b40"><sic resp="writer">eines</sic><corr resp="editor">einem</corr></choice> der 12. Mädchen verheirathen würde, aus denen alles was vom Geschlecht dort leidlich wäre, bestände u. s. w. Beim Heirathen seuftzte Stenzler, und versicherte, es passire ihm nie,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e785813e-f284-4842-bb0a-d66c911d65cf" xml:lang="de">Stenzler … es passiere ihm nie – Adolf Friedrich Stenzler heiratete 1840 Karoline Helene Wilhelmine Marie von Liebenroth.</note> <persName xml:id="persName_2ac9521f-7cc9-4d89-b4d8-97960b77e7d0">seine Schwester<name key="PSN0118357" style="hidden" type="person">Stenzler, Friederike Wilhelmine Gustava (1811-?)</name></persName> wolle er mitnehmen, die solle ihm die Wirthschaft führen; wir Deutschen nehmen uns doch würklich lächerlich aus wenn wir im Kampfe zwischen Philisterium und Leidenschaft unterliegen, und einer der größten Züge ist der im <title xml:id="title_6238fcdb-46d0-4623-8f4e-e1227540ef29">Werther<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749–1832)</name><name key="CRT0108836" style="hidden" type="literature">Die Leiden des jungen Werthers</name></title>, wo das Butterbrodschmieren durch die Gluth vorleuchtet. Ich will aber aufhören, denn es kommt zu nichts Gescheutem, – denke Dir, daß zwei Männer von Geist, wie <hi rend="latintype">F</hi>. und ich, uns in allen Richtungen umhergetrieben haben, nur nicht in der nothwendigsten, in der Richtung der Oper!<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ff3a664a-e174-40fd-aec1-7d6a27def1e0" xml:lang="de">in der Richtung der Oper – Gemeint ist das Opernlibretto, um das Mendelssohn Klingemann gebeten hatte. Siehe dazu Brief fmb-1832-12-26-01 (Brief Nr. 646) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London, Berlin, 26. Dezember 1832, Z. 81 ff.: »Du bist der einzige Mensch, von allen die ich kenne, der mir eine Oper machen könnte, wie ich sie haben muß; aber ich glaube, Du willst es nicht, und wirst es deshalb auch nicht thun«, und Klingemanns Antwort in Brief gb-1833-01-23-02 Carl Klingemann und Friedrich Rosen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 18.–23. Januar 1833, Z.: »Für mein Leben gern schrieb ich Dir eine Oper, und zwar eine wunderschöne, seltsam neue«.</note> Wir habens aber schändlich verludert! vielleicht kommt mirs nun im Schlafe. <seg type="closer"><hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_91e378af-67c5-4e64-8049-41f36ae43148">Moscheles<name key="PSN0113434" style="hidden" type="person">Moscheles, Familie von → Ignaz M.</name></persName></hi>’ grüßen aufs schönste. Wirst Du denn schreiben?</seg></p> </div> </body> </text></TEI>