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London, 26. Februar 1833
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.
Carl Klingemann
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
London, d 26
Febr33.
“Denn es kommt doch alles anders”
Motto aus den Papiren eines genialen Tonkünstlers.
“Overwhelmed as I am” – aber ich muß in einer fürchterlichen Hast schreiben –
mouvementund guter Gaben, den mir
Paulso eben recommendationsweise auf den Hals geschickt hat – ich brach nur eben den Brief auf und sehe die alten vielwerthen Schriftzüge Deiner Schwester
, und ich soll dichten und Humor haben! Ich habe grade welchen, allerdings, aber verneinenden, scharfen, ich kann auch fluchen, und gottlob! Nicht daß mir was passirt wäre, – das Gegentheil ists eben, ich habe fidelen Katzenjammer, und wär ich unter Euch, ich würde schon Knittelverse machen, – aber ich habe mich mal grade wieder innerlich isolirt und mich, wie Du es wol nennst, in meine Schalen zurückgezogen, und denke und träume viel, nehme mich aber nach außen ledern aus. – Bekanntlich sage ich nicht gern nein oder ja – ich thus aberRebekka
umgehend, dh.
Hamburg, heute schreib ich blos extra mit dem Preuß. Courier über Holland, –
Jetzt antworte ich Dir, und hole historisch nach, was zu holen ist.
Philh. Concert – in den neuen, den
– keine Loge, alles unten und voll, hübsch, ehrend, –Hanover Rooms
wieder in gleicher Gegend wie voriges Jahr, Verwandte undMary
ringsum, Bekannte allenthalben, ich machte zweiHawses
Appointments, that ein Geschäft ab, schlug eine Einladung zum
Dinneraus (nicht in den
GravelPits, das giebts nicht) fragte drei Schal Individuen nach ihrem und der werthen Ihrigen Befinden, zog von Platz zu Platz, fand
Maryvon Weitem noch gefährlicher wie in der Nähe, beobachtete
, ob sie während der Einleitung zuSophy
beim Paukenschlage auffahren würde – (sie thats diesmal nicht) fluchte aufOberon
, billigteSpohr
, verabscheuteHaydn
, fandDonzelli
BeethovensQuintett
aber eine der treflichsten socialen Londoner Einrichtungen, und ihre 4 Guineen werth. Die Musik war aber lausig, dh gar nichts Neues –Philh Concerts
Sinfonieaus
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Mozart
Haydn
undOberon
Demophonvon
Vogel
Kensingtonschlägt mirs eine lang verschlossene Flasche in Menschen und erregte Erstaunen – gestern Abend sollte ich zwei
Hawsezu meinem Verdruß. Beim Herausgehen gab
Mary
Comers
wären drinn, und wollte sie sehen – Dich würde es mehr amüsirt haben wie mich, wie sie, gleich einem edlenTaylors
Im Rehearsal war ich auch, dank dem hülfreichen Moscheles, – aus alter Pietät.
In der TrialNight auch, Dank demselben, es war lächerlich aber schön, daß sie mit der ZauberflötenOuv. anfingen die etwas göttlich klang. Eine
Potter
native talentalle mögliche Ehre anzuthun. Eine andre von
Griesbachwar zu schlecht, zahm und breitgetretener Quark – eine von
Rousselotzu gut, in der neusten franz. tollgewordnen
hypogenialen Manier. EineBeethovenschen
Ouvertürevon
Wesley jun. erbärmlicher
. AberWeber
RegentStreet umher – es war Geburtstag der Gig und Andere, unter denen Polizei, hielten das Pferd – Mob und Nachtvögel in Schaaren umher – it is my horse rief hier der Haltende, – your horse, rief der Betrunkne, you never had a Donkey or a Dog! und der ganze Haufen Mob applaudirte und cheerte, – dann hieb er aufs Pferd und Alles war im Begriff umzufallen und stieb auseinander und der Haufen rief: Go it! give it him! und alles schloß sich wieder und lief nach und schloß sich wieder wies vorwärts ging oder stillstand – eine empfindsame Hure bedauerte gegen mich das arme Pferd, und ich drückte ihr die Hand. Zuletzt verschwand alles im Dunkel und Quadranten.
Rosen und
und ich sprachen über die Kunst, undMary
Rosensagte in seiner bekannten ironischen Manier, was man jetzt Alles lernen müße – Geschmack und das Pathetische
pp– das Pathetische, rief
Mary, – daran habe ich genug zu
verlernen gehabt! – Und dann wachte ich auf, und nahm mir vor den Traum zu behalten, und schlief wieder ein, und erzählte Dir die Geschichte, aber so wie ich sie erzählen wollte, stand hinter jedem Stuhl ein Mädchen und lachte – und ich konnte nie damit zu Ende kommen. – Neulich träumte mir, ich ließe mich begraben, – das Sterben erwartete ich noch – es wollte aber nicht kommen, ich stand also wieder auf, und schämte mich nur, daß ich mich so vor den Leuten compromittirte die mich so stattlich bestattet hatten. –
Kurz der Frühling wird schon kommen – bei den zwei Rosen und dem Χαρεῖν!ten verlegt u.s.w. Und dann war ich schon damals auf dem Isolirschemel. Schon als kurzer Mann nahm ich mirs vor, bei Zeiten mich in den Hintergrund und auf eine zweite, dritte oder vierte Linie zu stellen, – das macht sich dann um so viel hübscher und natürlicher, wenn der Komet erst da ist, und ich eben dann dort auf jener Linie bequem auf OpernVerse simulire. Hätt ich aber gewußt daß der Komet erst Ende April erscheint, wie ichs jetzt muthmaße, hätte ich noch eine Weile länger so in den Tag hineinleben können.
Eine Scene fiel noch in die frühern Zeiten, und muß beschrieben werden. Es war Rede von den OberonschörenM r H.
I walked all the way, sagte er, and I was looking out for any tallish man I met in the road, supposing it was you.“
Tallish man!sagte ich,
you are very good, Mr H – I have no such pretentions in this Country. In France indeed I consider myself a Giant ppSo stritten wir ob ich
tallishwäre, er sagte ich wäre nur 2-3
incheskleiner wie er, und wir maßen uns an dem ThürPfosten und es verhielt sich so. Plötzlich stand
auf:Mary
I want to be measured too– lösete sich die Haarflechten unter dem Gelächter
incheskleiner wie ich. Wir spaßten noch Einiges über groß und klein – dann ging ich. –
Gestern sah ich Rosen, der Dich herzlich grüßt, – er ist wohl und fleißig, und läßt Dich versichern, daß er trotz aller gerühmten Sehnsucht nach
Berlineinen vergnügten
Mayund
Junymit Dir zu verleben hoffe. Denk Dir nur, daß der
die Blattern gehabt hat! Aber er ist ganz wieder beßer, und schweift umher, – das glatte Gesicht unversehrt. Jetzt hat sie ein Freund vonStenzler
Stenzler,
, auch ein Sanskritter, der eben erst ausBrockhaus
Parisangekommen war wie sie Jenen überfielen und der, gleich
Rosen, ihm Gesellschaft leistete. Wenn sie nur der Rosen nicht kriegt. – Zu
Stenzlerbin ich nicht gegangen, weil ichs erst erfuhr, als er fast genesen war, und es nicht der Mühe werth gewesen wäre sich noch zu
apponiren.
Ompteda
Rosensagte: Es geht über uns Orientalisten her, in
Parissterben wir, und hier kriegen wir die Blattern. –
Stenzler beendigt hier übrigens noch Arbeiten, und geht erst in einigen Monaten ab.
Von unsrer braven kleinen Frau, der Moscheles, kann ich übrigens das Erfreulichste melden – nie ist Niederkunft und Wochenbett glücklicher und leichter gewesen, – sie sieht schon Freundinnen, und in 8 Tagen werden wir Profanen schon zugelaßen werden.
Moschelesbeste Composition. “Ja es ist ein Fortschritt” – sagt er selbst. Uebrigens habe ich die Instrumente falsch angegeben – es ist ein Contrabaß dabei. Das Thema des letzten Satzes ist auch etwas anders.
Glück
fair, sondern auch sehr schön – auf
a mol
Aber Mary, der ich gestern Abend meinen Brieftreffer pries, fragt: wann? und ich weiß es nicht, und sie verlangt ausdrücklich: Du sollest eine Zeit der Ankunft nennen. Und ich verlange: Du sollest sie auch halten; – ich habe große Furcht Du kommst zu spät, dh nicht früh genug. Mach Dir ein Gesetz, und sey wenigstens hier für die letzten 4 Concerte. –
Ueber Turandot soll ich mich erklären? Und wenn ich nun sage: ich mache sie gleich, wenn Deine – im
Junyzu endende – mir geräth – ist das was, und nicht zu rabulistisch ? Vorher kann ichs doch nicht – und seit geraumer Zeit war ich beim Himmel nicht in der Verfaßung dazu. – Aber grüße
undMarx
shakein meinem Namen
handsmit ihm.
Porto hin – Porto her – Du magst mir dafür was schenken. Namentlich versieh Dich wohl mit Exemplaren Deiner Lieder,GravelPits.
Aber laß mir ein Loos besorgen, ein halbes,Routen? – Wegen meiner Schuld erwarte ich also das Weitere.
Empfange noch, Ophelia. Schmeichelhaft für Dich ist,
war. Deine Concerte, und Deine Successe inRungenhagen
Berlinsind grade zur rechten Zeit gekommen, insofern müßen sie Dir auch was werth seyn. – Wir verstehen hier übrigens wohl, wie Du in der ganzen dummen Directorgeschichte aus zarten Rücksichten gehandelt, oder vielmehr gelitten hast. – Selbst
, der ausführlich schreibt, und gut und verkehrt, jung und alt, durcheinander, sieht darin richtig und meint, es wäre gar nichts für Dich gewesen. Aber freilich was er Dir schreibt, ist etwas abgeschmackt; es sollte mich in allen Hinsichten freuen wenn Ihr Euch hier träfet und Euch, nicht etwa verständigtet, sondern eben sähet. –Paul
Von der lasse ich übrigens nicht los, – Du mußt mir schreiben ob sie lebt.
Die Foreigners in Distress oder vielmehr die Directoren der Gesellschaft haben Dir nicht geschrieben, und Dich nicht selbst um Zusage
a body, oder einzeln, wie Du es haben willst. Die Sache verdient alle Unterstützung. –
Da ist Rosen, für den es eine expreßmagnetische Anziehung haben muß, wenn ich Dir schreibe, denn er fällt immer à propos in den Parlour, diesmal “um sich mir selber vorzuzeigen, und daß meine gestern geäußerte Besorgniß wegen der Blattern (er klagte nebenbei etwas) keinen Grund gehabt habe.” Er will aber diesmal sich nicht anhängen, sondern nächstens selber schreiben. –
Es ist übrigens ein wunderlicher Posttag und ich kriege Briefe von allen Orten und Ecken – eben von den Meinigen, und bittersüß genug. giebt gilt – seit längerer Zeit; aber
Laß Dir das keine Differenz seyn, – mir ists keine, darum schrieb ichs bewußt nieder. Mir gehts ganz gut, und mein Arm leistet das Mögliche,Appointments war mit dem freundlichen Stone, der mir Rath geben will, was ich am besten zur Uebung des Arms vornehme, – denn üben muß ich den vertrackten Muskel, – es wird am Ende ans
Boxengehen müßen, und so muß ich, ewiger Jugend geweiht, jugendliche Spiele vornehmen, wo Andere schon, mit hohen Nachtmützen auf, ihre Jugend, sichtbar und greifbar geworden, wiegen oder gar zu ähnlichen Spielen anhalten.
Felix, segnend oder fluchend, oder beides, oder wie Du willst und magst, Du schreibst immer gut, – ich sags Dir selten, finde es aber doch; wir haben wohl Freude an unseren beiderseitigen Briefen, und das just zu gleichen Theilen, aber nicht weil wir gut schreiben,
sondern weil wir uns schreiben– als zwei unbefangen-befangene gute Freunde und Gesellen.
CKl.
Attwood gehts gut und fortwährend beßer – er geht wieder aus; er kann aber noch nicht selber schreiben, und abermals dankt mir und Dir
M
rsAhow gratified Mr. A. felt forMr M. kind letter and heartfelt sollicitudy , bis er wieder schreiben könne.
London, d 26 Febr 33. “Denn es kommt doch alles anders” Motto aus den Papiren eines genialen Tonkünstlers. “Overwhelmed as I am” – aber ich muß in einer fürchterlichen Hast schreiben – das dritte Werk Deiner Brieffeder in schnell aufeinander folgenden Schlägen! Ich saß grade beim Frühstück und daneben ein junger Franzose voll mouvement und guter Gaben, den mir Paul so eben recommendationsweise auf den Hals geschickt hat – ich brach nur eben den Brief auf und sehe die alten vielwerthen Schriftzüge Deiner Schwester Rebekka, und ich soll dichten und Humor haben! Ich habe grade welchen, allerdings, aber verneinenden, scharfen, ich kann auch fluchen, und gottlob! Nicht daß mir was passirt wäre, – das Gegentheil ists eben, ich habe fidelen Katzenjammer, und wär ich unter Euch, ich würde schon Knittelverse machen, – aber ich habe mich mal grade wieder innerlich isolirt und mich, wie Du es wol nennst, in meine Schalen zurückgezogen, und denke und träume viel, nehme mich aber nach außen ledern aus. – Bekanntlich sage ich nicht gern nein oder ja – ich thus aber umgehend, dh. nächsten Freitag über Hamburg, heute schreib ich blos extra mit dem Preuß. Courier über Holland, – nächsten Freitag antworte ich Deiner Schwester, und entweder mit den Versen, oder als sterile Immergrünstaude, – aber in keinem Fall ohne Rührung. Sag ihr das. – Jetzt antworte ich Dir, und hole historisch nach, was zu holen ist. Gestern Abend nämlich war das erste Philh. Concert – in den neuen, den Hanover Rooms – keine Loge, alles unten und voll, hübsch, ehrend, – Mary wieder in gleicher Gegend wie voriges Jahr, Verwandte und Hawses ringsum, Bekannte allenthalben, ich machte zwei Appointments, that ein Geschäft ab, schlug eine Einladung zum Dinner aus (nicht in den GravelPits, das giebts nicht) fragte drei Schal Individuen nach ihrem und der werthen Ihrigen Befinden, zog von Platz zu Platz, fand Mary von Weitem noch gefährlicher wie in der Nähe, beobachtete Sophy, ob sie während der Einleitung zu Oberon beim Paukenschlage auffahren würde – (sie thats diesmal nicht) fluchte auf Spohr, billigte Haydn, verabscheute Donzelli, fand Beethovens Quintett zu lang, die Philh Concerts aber eine der treflichsten socialen Londoner Einrichtungen, und ihre 4 Guineen werth. Die Musik war aber lausig, dh gar nichts Neues – Sinfonie aus Es von Mozart, eine sehr alte von Haydn – Oberon und Demophon von Vogel, und übriges Gezeug. Du kennst meine Geschicklichkeit, Glaspropfen zu lösen – neulich Abend in Kensington schlägt mirs eine lang verschlossene Flasche in Menschen und erregte Erstaunen – gestern Abend sollte ich zwei Riechfläschchen öffnen und blamirte mich doppelt, – die eine zwar zerbrach nachher ein Cousin zu meinem Trost, – aber die andere öffnete ein Hawse zu meinem Verdruß. Beim Herausgehen gab Mary Comers – sie versicherte Taylors wären drinn, und wollte sie sehen – Dich würde es mehr amüsirt haben wie mich, wie sie, gleich einem edlen Wilden, mit Anflug von Röthe und eifrigen Augen scharf umherspähte. Fand sie aber nicht. – Im Rehearsal war ich auch, dank dem hülfreichen Moscheles, – aus alter Pietät. In der TrialNight auch, Dank demselben, es war lächerlich aber schön, daß sie mit der ZauberflötenOuv. anfingen die etwas göttlich klang. Eine Sinfonie von Potter hatte Glück – gut angelegt, kurz und frei heraus – ich habe sie nach allen Kräften gelobt und das einestheils mit gutem Gewißen und dann um dem native talent alle mögliche Ehre anzuthun. Eine andre von Griesbach war zu schlecht, zahm und breitgetretener Quark – eine von Rousselot zu gut, in der neusten franz. tollgewordnen Beethovenschen hypogenialen Manier. Eine Ouvertüre von Wesley jun. erbärmlicher Weber. Aber die Kinder waren da. – Ich trieb mich aber gestern Abend noch eine halbe Stunde in RegentStreet umher – es war Geburtstag der Königin und so zu sagen Illumination – ein Betrunkener saß in einem Gig und Andere, unter denen Polizei, hielten das Pferd – Mob und Nachtvögel in Schaaren umher – it is my horse rief hier der Haltende, – your horse, rief der Betrunkne, you never had a Donkey or a Dog! und der ganze Haufen Mob applaudirte und cheerte, – dann hieb er aufs Pferd und Alles war im Begriff umzufallen und stieb auseinander und der Haufen rief: Go it! give it him! und alles schloß sich wieder und lief nach und schloß sich wieder wies vorwärts ging oder stillstand – eine empfindsame Hure bedauerte gegen mich das arme Pferd, und ich drückte ihr die Hand. Zuletzt verschwand alles im Dunkel und Quadranten. In der Nacht träumte ich lebhaft – wie jetzt immer – Rosen und Mary und ich sprachen über die Kunst, und Rosen sagte in seiner bekannten ironischen Manier, was man jetzt Alles lernen müße – Geschmack und das Pathetische pp – das Pathetische, rief Mary, – daran habe ich genug zu verlernen gehabt! – Und dann wachte ich auf, und nahm mir vor den Traum zu behalten, und schlief wieder ein, und erzählte Dir die Geschichte, aber so wie ich sie erzählen wollte, stand hinter jedem Stuhl ein Mädchen und lachte – und ich konnte nie damit zu Ende kommen. – Neulich träumte mir, ich ließe mich begraben, – das Sterben erwartete ich noch – es wollte aber nicht kommen, ich stand also wieder auf, und schämte mich nur, daß ich mich so vor den Leuten compromittirte die mich so stattlich bestattet hatten. – Kurz der Frühling wird schon kommen – bei den zwei Rosen und dem Χαρεῖν! Aber den Geburtstag beschrieb ich doch nicht – denn da paßt eben das Motto: denn es kommt Alles anders! Er war nämlich auf den 5ten verlegt u. s. w. Und dann war ich schon damals auf dem Isolirschemel. Schon als kurzer Mann nahm ich mirs vor, bei Zeiten mich in den Hintergrund und auf eine zweite, dritte oder vierte Linie zu stellen, – das macht sich dann um so viel hübscher und natürlicher, wenn der Komet erst da ist, und ich eben dann dort auf jener Linie bequem auf OpernVerse simulire. Hätt ich aber gewußt daß der Komet erst Ende April erscheint, wie ichs jetzt muthmaße, hätte ich noch eine Weile länger so in den Tag hineinleben können. Eine Scene fiel noch in die frühern Zeiten, und muß beschrieben werden. Es war Rede von den Oberonschören gewesen, die Andern gingen, und ich auch, aber die Mama sagte, ich müßte doch nicht gehen, es wäre noch früh und ich müße noch Mr H. guten Abend sagen, der gleich zu Haus käme. Da saßen wir und plauderten gemüthlich, bis er kam. I walked all the way, sagte er, and I was looking out for any tallish man I met in the road, supposing it was you. “Tallish man! sagte ich, you are very good, Mr H – I have no such pretentions in this Country. In France indeed I consider myself a Giant pp So stritten wir ob ich tallish wäre, er sagte ich wäre nur 2-3 inches kleiner wie er, und wir maßen uns an dem ThürPfosten und es verhielt sich so. Plötzlich stand Mary auf: I want to be measured too – lösete sich die Haarflechten unter dem Gelächter der Schwestern, und stellte sich so, grade und doch bescheiden, an den Pfosten. Das sah hübsch aus, sie war in der That zwei inches kleiner wie ich. Wir spaßten noch Einiges über groß und klein – dann ging ich. – Gestern sah ich Rosen, der Dich herzlich grüßt, – er ist wohl und fleißig, und läßt Dich versichern, daß er trotz aller gerühmten Sehnsucht nach Berlin einen vergnügten May und Juny mit Dir zu verleben hoffe. Denk Dir nur, daß der Stenzler die Blattern gehabt hat! Aber er ist ganz wieder beßer, und schweift umher, – das glatte Gesicht unversehrt. Jetzt hat sie ein Freund von Stenzler, Brockhaus, auch ein Sanskritter, der eben erst aus Paris angekommen war wie sie Jenen überfielen und der, gleich Rosen, ihm Gesellschaft leistete. Wenn sie nur der Rosen nicht kriegt. – Zu Stenzler bin ich nicht gegangen, weil ichs erst erfuhr, als er fast genesen war, und es nicht der Mühe werth gewesen wäre sich noch zu apponiren. Frau v. Ompteda sagte, als ich sie fragte, obs ihr unangenehm wäre, einen Blatterkran- ken-Besucher zu sehen; Nein, das nicht – aber Sie müßen bedenken, daß sie in dergleichen Unglück haben. – Bei Rosen würde michs natürlich nicht abhalten, obgleich ich durch Dampfbäder hinlänglich für dergl Spaß präparirt bin. Wir trafen uns gestern beim Eßen und Rosen sagte: Es geht über uns Orientalisten her, in Paris sterben wir, und hier kriegen wir die Blattern. – Stenzler beendigt hier übrigens noch Arbeiten, und geht erst in einigen Monaten ab. Von unsrer braven kleinen Frau, der Moscheles, kann ich übrigens das Erfreulichste melden – nie ist Niederkunft und Wochenbett glücklicher und leichter gewesen, – sie sieht schon Freundinnen, und in 8 Tagen werden wir Profanen schon zugelaßen werden. Der Junge ist gleichfalls gedeihend – er ist mit vollem Haar zur Welt gekommen, hübsch soll er nicht seyn, aber was thut das? Ich selber wollte ich wäre nicht so sehr schön, – häslich seyn ist gar nichts, – man muß nur gescheut genug seyn um es selber zu wißen. Das Septett ist und bleibt neben den Etüden Moscheles beste Composition. “Ja es ist ein Fortschritt” – sagt er selbst. Uebrigens habe ich die Instrumente falsch angegeben – es ist ein Contrabaß dabei. Das Thema des letzten Satzes ist auch etwas anders. Glück zu zu Deinen Sinfonien ! Zwei auf einmal, das ist nicht allein fair, sondern auch sehr schön – auf die a mol freue ich mich wie auf einen alten Freund, und die neue wird mich schon kennen lernen. Was für eine Ouvertüre ? Baue nur zu mit dem Hinabfahren auf dem Rhein, – in den Worten ist schon Poesie. Aber Mary, der ich gestern Abend meinen Brieftreffer pries, fragt: wann? und ich weiß es nicht, und sie verlangt ausdrücklich: Du sollest eine Zeit der Ankunft nennen. Und ich verlange: Du sollest sie auch halten; – ich habe große Furcht Du kommst zu spät, dh nicht früh genug. Mach Dir ein Gesetz, und sey wenigstens hier für die letzten 4 Concerte. – Ueber Turandot soll ich mich erklären? Und wenn ich nun sage: ich mache sie gleich, wenn Deine – im Juny zu endende – mir geräth – ist das was, und nicht zu rabulistisch? Vorher kann ichs doch nicht – und seit geraumer Zeit war ich beim Himmel nicht in der Verfaßung dazu. – Aber grüße Marx und shake in meinem Namen hands mit ihm. Porto hin – Porto her – Du magst mir dafür was schenken. Namentlich versieh Dich wohl mit Exemplaren Deiner Lieder, ich nehme gleich ein paar an, um damit Hungrige zu erfreuen. Meins, uncomplett, ist schon lange, auf Nimmerwiederfordern, in den GravelPits. Aber laß mir ein Loos besorgen, ein halbes, – baldigst und immer; ich rechne aufs Gewinnen, dann ändre ich meinen Lebenslauf, gehe in die Bäder, purgire Morgens, spiele Abends und werde anerkannt. Wahrhaftig, es war mir ein wahrer Schrecken, daß ich nicht spielte, und ich bin hart bestraft für Stillschweigen – obgleich es beredt war, – wie oft bin ich nicht mit dem Gedanken ins Bett gestiegen oder heraus: vielleicht bist Du jetzt ein Mann mit freien netten unabhängigen Routen? – Wegen meiner Schuld erwarte ich also das Weitere. Empfange noch, o Felix, empfange meine herzlichsten Glückwünsche zu Deiner Undirectorschaft! Darin liegt meine ganze Meinung, ich bin heilfroh, daß Dus nicht geworden bist. Ein Philistarium, dem man nur, äußerlich auch ein Philister dh 25 Jahr älter, entgegen treten kann. Deine hiesigen Freunde freuen sich mit. Wir alle wißen und fühlen, daß Du vorerst noch was Andres zu thun hast als Dich mit dem Volk zu placken. Es ist für Deine späten Jahre, wie der KlosterPlatz für Ophelia. Schmeichelhaft für Dich ist, daß die Wahl nur zwischen Dir und Rungenhagen war. Deine Concerte, und Deine Successe in Berlin sind grade zur rechten Zeit gekommen, insofern müßen sie Dir auch was werth seyn. – Wir verstehen hier übrigens wohl, wie Du in der ganzen dummen Directorgeschichte aus zarten Rücksichten gehandelt, oder vielmehr gelitten hast. – Selbst Paul, der ausführlich schreibt, und gut und verkehrt, jung und alt, durcheinander, sieht darin richtig und meint, es wäre gar nichts für Dich gewesen. Aber freilich was er Dir schreibt, ist etwas abgeschmackt; es sollte mich in allen Hinsichten freuen wenn Ihr Euch hier träfet und Euch, nicht etwa verständigtet, sondern eben sähet. – Von der Cavan lasse ich übrigens nicht los, – Du mußt mir schreiben ob sie lebt. Die Foreigners in Distress oder vielmehr die Directoren der Gesellschaft haben Dir nicht geschrieben, und Dich nicht selbst um Zusage ih irgend eines musikal. Beitrages ersucht, weil sie zwischen bei dem zwischen Dir und mir obwaltenden leidlichen Vernehmen geglaubt haben, ich passe zu der Aufforderung, die ich also hiemit officiell und zuredend mache. Sie schreiben Dir sonst auch selber, in a body, oder einzeln, wie Du es haben willst. Die Sache verdient alle Unterstützung. – Da ist Rosen, für den es eine expreßmagnetische Anziehung haben muß, wenn ich Dir schreibe, denn er fällt immer à propos in den Parlour, diesmal “um sich mir selber vorzuzeigen, und daß meine gestern geäußerte Besorgniß wegen der Blattern (er klagte nebenbei etwas) keinen Grund gehabt habe. ” Er will aber diesmal sich nicht anhängen, sondern nächstens selber schreiben. – Es ist übrigens ein wunderlicher Posttag und ich kriege Briefe von allen Orten und Ecken – eben von den Meinigen, und bittersüß genug. Eine meiner Schwestern ist sehr leidend, und ich weiß genug von Brustkrankheiten um zu wißen wie, und wie es endet, – und ich bin vorbereitet – wenn solch ein dummes Wort bei solchen Dingen giebt gilt – seit längerer Zeit; aber meine Eltern scheinen jetzt erst des Ganges gewahr zu werden, und so winkt sich Einer dem Andern zu. Bisher war ich so glücklich noch Keinen meiner nächsten Angehörigen zu verlieren. – Daneben kommt ein Gutes, mein Schwager – der Mann meiner zweiten Schwester, – kriegt eine beßere Versorgung die mich von mancher Sorge befreit, – sie hatten bisher nicht die besten Tage, und wenig daran zu rühmen, als daß meine Schwester bewies, was man mit einem stillen Gefühl von Pflicht und Ehre, und einem gesunden Stück Christenthum aushalten kann. Laß Dir das keine Differenz seyn, – mir ists keine, darum schrieb ichs bewußt nieder. Mir gehts ganz gut, und mein Arm leistet das Mögliche, bis auf Wetterbeobachtungen, die mit dem Frühling von dannen gehen mögen. Eines meiner gestrigen Appointments war mit dem freundlichen Stone, der mir Rath geben will, was ich am besten zur Uebung des Arms vornehme, – denn üben muß ich den vertrackten Muskel, – es wird am Ende ans Boxen gehen müßen, und so muß ich, ewiger Jugend geweiht, jugendliche Spiele vornehmen, wo Andere schon, mit hohen Nachtmützen auf, ihre Jugend, sichtbar und greifbar geworden, wiegen oder gar zu ähnlichen Spielen anhalten. Schreib mir, Felix, segnend oder fluchend, oder beides, oder wie Du willst und magst, Du schreibst immer gut, – ich sags Dir selten, finde es aber doch; wir haben wohl Freude an unseren beiderseitigen Briefen, und das just zu gleichen Theilen, aber nicht weil wir gut schreiben, sondern weil wir uns schreiben – als zwei unbefangen-befangene gute Freunde und Gesellen. Dein CKl. Dem alten AttwoodAttwood, Thomas (1765-1838) gehts gut und fortwährend beßer – er geht wieder aus; er kann aber noch nicht selber schreiben, und abermals dankt mir und Dir Mrs A. fund bittet mich Dir zu sagen how gratified Mr. A. felt for Mr M. kind letter Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) Felix Mendelssohn Bartholdy an Thomas Attwood in Biggin Hill, Norwood Surrey; Berlin, 10. Februar 1833 and heartfelt sollicitudy, bis er wieder schreiben könne.
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März 1833</title> <author key="PSN0112434">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</author><respStmt><resp resp="writer"></resp><persName key="PSN0112434" resp="writer">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</persName></respStmt><respStmt resp="transcription"> <resp resp="transcription">Transkription: </resp> <name resp="transcription"></name> </respStmt> <respStmt resp="edition"> <resp resp="edition">Edition: </resp> <name resp="edition"> FMB- </name> </respStmt> </titleStmt> <publicationStmt> <publisher>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_aba4eb82-663d-4f81-9290-f4f68fe95c09"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Großbritannien</country> <settlement>Oxford</settlement> <institution key="RISM">GB-Ob</institution> <repository>Oxford, Bodleian Library</repository> <collection>Music Section</collection> <idno type="signatur">M.D.M. d. 28/81.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1833-02-26-02" type="letter" xml:id="title_d2791b15-0277-4b9a-b60e-5ace066beee7">Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 26. Februar 1833</title> <incipit>“Denn es kommt doch alles anders”Motto aus den Papiren eines genialen Tonkünstlers.“Overwhelmed as I am” – aber ich muß in einer fürchterlichen Hast schreiben – das dritte Werk Deiner Brieffeder in schnell aufeinander folgenden Schlägen!</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext.</p> <handDesc hands="1"> <p>Carl Klingemann</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl></accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1833-02-26" xml:id="date_412ed3c1-2f95-4a9e-a35b-ab640eea183c">26. Februar 1833</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0112434" resp="author" xml:id="persName_543c3eee-7850-4d9c-b3ad-9aaccf8c2c22">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0112434" resp="writer">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_e42e81b8-84c6-4a0d-9f6e-ae6353ae3cd5"> <settlement key="STM0100126">London</settlement><country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_02534dea-3cf2-4eae-a89b-7b20bae75a21">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_67e202c3-44d4-4819-bdf3-622d6ddcab9a"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"> </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_cc26275e-b54f-4ff2-aaee-286f2e6ae5ca"> <docAuthor key="PSN0112434" resp="author" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112434" resp="writer" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <dateline rend="center"><date cert="high" when="1833-02-26" xml:id="date_cfc4ae68-8090-419f-bc68-8d8ce7976c43"><hi rend="latintype">London</hi>, d 26 <hi rend="latintype">Febr</hi> 33.</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">“Denn es kommt doch alles anders”</p> <p style="paragraph_without_indent">Motto aus den Papiren eines genialen Tonkünstlers.</p> <p> </p> <p>“<hi rend="latintype">Overwhelmed as I am</hi>” – aber ich muß in einer fürchterlichen Hast schreiben – <title xml:id="title_2929e689-d09b-4ec3-b59e-b413fb094a86">das dritte Werk Deiner Brieffeder <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1833-02-20-02" style="hidden" type="letter">Rebecka Lejeune Dirichlet und Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; Berlin, 20. Februar 1833</name> </title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5b569413-2568-4470-ae2c-c4d686c06c4d" xml:lang="de">das dritte Werk Deiner Brieffeder – Brief fmb-1833-02-20-02 (Brief Nr. 677) Rebecka Lejeune Dirichlet und Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London, Berlin, 20. Februar 1833. Voraus gingen Brief fmb-1833-02-06-01 (Brief Nr. 667) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London, Berlin, 4. und 6. Februar 1833, und Brief fmb-1833-02-13-01 (Brief Nr. 671) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London, Berlin, 13. Februar 1833.</note> in schnell aufeinander folgenden Schlägen! Ich saß grade beim Frühstück und daneben <persName xml:id="persName_3946d9f9-2221-4b7b-9916-bc6679c46605">ein junger Franzose<name key="PSN0116172" style="hidden" type="person">Belin, Marie Pierre Auguste (1814-?)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f2541f1c-7a3f-4736-8a84-d25a8910ed92" xml:lang="de">ein junger Franzose – Aus Paul Mendelssohn Bartholdys Brief an Klingemann vom 20. Februar 1833 geht hervor, dass Marie Pierre Auguste Belin gemeint ist (D-B, Handschriftenabteilung, Autogr. I/249/5) Der 1814 geborene Sohn des Pariser Buchhändlers und Verlegers Auguste Belin (1786-1851) hatte sich mit seinem Vater überworfen, da er keine Neigung zum Beruf des Vaters hatte. Er wurde 1833 zur Buchhändler-Ausbildung nach London geschickt, arbeitete nur kurze Zeit im Betrieb des Vaters und wechselte baldmöglichst zur Medizin.</note> voll <hi rend="latintype">mouvement</hi> und guter Gaben, den mir <hi rend="latintype">Paul</hi> so eben recommendationsweise<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_6cfdf96b-f34c-4b40-83c8-67687ee6c623" xml:lang="de">recommendationsweise – empfehlenswerterweise; von frz. recommander, jemanden empfehlen.</note> auf den Hals geschickt hat – ich brach nur eben den Brief auf und sehe die alten vielwerthen Schriftzüge Deiner Schwester <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_5a23528b-5754-42ad-9855-0b613c1d1b9d">Rebekka<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName></hi>, und ich soll dichten und Humor haben! Ich habe grade welchen, allerdings, aber verneinenden, scharfen, ich kann auch fluchen, und gottlob! Nicht daß mir was passirt wäre, – das Gegentheil ists eben, ich habe fidelen Katzenjammer, und wär ich unter Euch, ich würde schon Knittelverse machen, – aber ich habe mich mal grade wieder innerlich isolirt und mich, wie Du es wol nennst, in meine Schalen zurückgezogen, und denke und träume viel, nehme mich aber nach außen ledern aus. – Bekanntlich sage ich nicht gern nein oder ja – ich thus aber <hi n="1" rend="underline">umgehend</hi>, dh. <date cert="high" when="1833-03-01" xml:id="date_120a3d2b-bc97-474b-a107-22da301afb7e">nächsten Freitag</date> über <hi rend="latintype">Hamburg</hi>, heute schreib ich blos extra mit dem Preuß. Courier über Holland, – <date cert="high" when="1833-03-01" xml:id="date_0118da6c-af24-42f6-ad7a-fdafbd2fde1b">nächsten Freitag</date> antworte ich <persName xml:id="persName_cfb6d9ae-078c-4bcd-9c1f-40f7f7a7b45f">Deiner Schwester<name key="PSN0110673" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName>, und entweder mit den Versen, oder als sterile Immergrünstaude, – aber in keinem Fall ohne Rührung. Sag ihr das. –</p> <p>Jetzt antworte ich Dir, und hole historisch nach, was zu holen ist.</p> <p><date cert="high" when="1833-02-25" xml:id="date_b75a1b32-0ee4-4766-8e58-fa470f9629c9">Gestern Abend</date> nämlich war das erste <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_6c308366-ed10-457b-b1d2-db5d11eadc9a">Philh. Concert<name key="NST0100287" style="hidden" subtype="" type="institution">Philharmonic Society</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi> – in den neuen, den <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_cbc81524-1bc0-470c-baf2-cc377240ddd2">Hanover Rooms<name key="NST0102800" style="hidden" subtype="" type="institution">Hanover Square Rooms</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi> –<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_80d1d40e-10b6-4e46-8def-ebdfee2be5aa" xml:lang="de">Gestern Abend nämlich war das erste Philh. Concert – in den neuen, den Hanover Rooms – Das Konzert der Philharmonic Society in London am 25. Februar 1833 dirigierte Johann Baptist Cramer (zum Programm siehe Harmonicon 11, 1833, S. 81, und Foster, Philharmonic Society, S. 120). Nachdem die Argyll Rooms am 6. Februar 1830 durch ein Feuer zerstört worden waren, verlegte man die Konzerte der Philharmonic Society zunächst in das King’s Theatre. Ab der Saison 1833 bis 1869 wurden die Hanover Square Rooms ihre Spielstätte (Cyril Ehrlich, First Philharmonic. A History of the Royal Philharmonic Society, Oxford 1995, S. 37 f.). Eine Ansicht des Gebäudes findet sich u. a. in Robert Elkin, The old Concert Rooms of London, London 1955, nach S. 96.</note> keine Loge, alles unten und voll, hübsch, ehrend, – <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_5af7249f-9931-404b-9b7c-d701fa9aa0f3">Mary<name key="PSN0112107" style="hidden" type="person">Horsley, Mary Elizabeth (1813-1881)</name></persName></hi> wieder in gleicher Gegend wie voriges Jahr, Verwandte und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f105283c-92a9-40fd-ae9e-7ae7d0d3c19d">Hawses<name key="PSN0111786" style="hidden" type="person">Hawes, William (1785-1846)</name></persName></hi> ringsum, Bekannte allenthalben, ich machte zwei <hi rend="latintype">Appointments</hi>, that ein Geschäft ab, schlug eine Einladung zum <hi rend="latintype">Dinner</hi> aus (nicht in den <hi rend="latintype">GravelPits</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_db698d4b-5996-4980-b215-bb03fe6befe9" xml:lang="de">GravelPits – Die Familie Horsley wohnte in London, Kensington Gravel Pits.</note> das giebts nicht) fragte drei Schal Individuen nach ihrem und der werthen Ihrigen Befinden, zog von Platz zu Platz, fand <hi rend="latintype">Mary</hi> von Weitem noch gefährlicher wie in der Nähe, beobachtete <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_6cc35062-f171-409f-aa8a-4407706d2ef7">Sophy<name key="PSN0112108" style="hidden" type="person">Horsley, Sophia Hutchins (Sophy) (1819-1894)</name></persName></hi>, ob sie während der Einleitung zu <hi rend="latintype"><title xml:id="title_842c868f-3948-4bf4-bc5e-4ba5800b3885">Oberon<name key="PSN0115645" style="hidden" type="author">Weber, Carl Maria Friedrich Ernst von (1786–1826)</name><name key="CRT0111259" style="hidden" type="music">Oberon, or the Elf King’s Oath WeV C. 10</name></title></hi> beim Paukenschlage<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d9a240a1-80e0-4252-afb9-e4c8e5203a6a" xml:lang="de">während der Einleitung zum Oberon beim Paukenschlage – in Carl Maria von Webers Ouvertüre zur Oper Oberon, or the Elf King’s Oath WeV C. 10, Adagio sostenuto, T. 22: fortefortissimo.</note> auffahren würde – (sie thats diesmal nicht) fluchte auf <hi rend="latintype"><title xml:id="title_b79cfb4a-82bc-48da-862f-10964ecb8dbd"><title xml:id="title_56c1a3b5-1428-4dd3-9737-6cc03e43f5f2">Spohr<name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784–1859)</name><name key="CRT0111880" style="hidden" type="music">Der Alchymist WoO 57</name></title><name key="PSN0115032" style="hidden" type="author">Spohr, Louis (Ludewig) (1784–1859)</name><name key="CRT0111879" style="hidden" type="music">2. Klarinettenkonzert Es-Dur, op. 57</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f8b2a12f-e451-4509-8cc1-de371cbb3296" xml:lang="de">fluchte auf Spohr – Von Louis Spohr erklangen am 25. Januar 1833 das 2. Klarinettenkonzert Es-Dur, op. 57 mit Thomas Lindsay Willman als Solisten, so wie die Aria »Ah, che i giorni« aus der Oper Der Alchymist WoO 57, gesungen von der schottischen Sopranistin Mary Ann Wood.</note> billigte <hi rend="latintype"><title xml:id="title_175065d3-9292-40d0-bdb6-56acda62f1b9">Haydn<name key="PSN0111789" style="hidden" type="author">Haydn, Franz Joseph (1732–1809)</name><name key="CRT0109091" style="hidden" type="music">103. Sinfonie Es-Dur, Hob. I : 103 (Mit dem Paukenwirbel)</name></title></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_59cabd27-cc00-46a8-b800-140756337303" xml:lang="de">billigte Haydn – Im Harmonicon findet sich nur die Angabe »Sinfonia, No. XI« (Harmonicon 11, 1833, S. 81). Es handelte sich um Joseph Haydns Londoner Sinfonie Nr. 103, Es-Dur, Hob. I : 103 (Mit dem Paukenwirbel). </note> verabscheute <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_1af9e947-b48b-4c98-ac59-07a5a3f616b6">Donzelli<name key="PSN0110708" style="hidden" type="person">Donzelli, Domenico (1790-1873)</name></persName></hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7e8668f2-d7f5-4855-ae4c-acb23d7db485" xml:lang="de">verabscheute Donzelli – Der Tenor Domenico Donzelli sang die Arie »Pria che spunti in ciel l’aurora« aus Domenico Cimarosas Oper Il matrimonio segreto (UA 1792).</note> fand <title xml:id="title_49380f06-19b1-4e64-91fe-7e31bf374521"><hi rend="latintype">Beethovens</hi> Quintett<name key="PSN0109771" style="hidden" type="author">Beethoven, Ludwig van (1770–1827)</name><name key="CRT0108098" style="hidden" type="music">Streichquintett C-Dur, op. 29</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4de63c84-06db-474a-beb4-a2f52bcb0b2e" xml:lang="de">Beethovens Quintett – Ludwig van Beethovens Streichquintett C-Dur, op. 29, wurde von Nicolas Mori, William Watts, Joseph Moralt, Charles Alexander Seymour und Robert Lindley vorgetragen.</note> zu lang, die <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_b025e184-ab74-4d9a-aaf2-915d5592796a">Philh Concerts<name key="NST0100287" style="hidden" subtype="" type="institution">Philharmonic Society</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi> aber eine der treflichsten socialen Londoner Einrichtungen, und ihre 4 Guineen werth. Die Musik war aber lausig, dh gar nichts Neues – <title xml:id="title_972da478-a031-4b10-9d5c-ac5402da3174"><hi rend="latintype">Sinfonie</hi> aus <hi rend="latintype">Es</hi> von <hi rend="latintype">Mozart</hi><name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110138" style="hidden" type="music">Sinfonie Es-Dur, KV 543</name></title>, <title xml:id="title_9f01fa5b-ac6a-4a24-b061-37a1bbc51ac7">eine sehr alte von <hi rend="latintype">Haydn</hi><name key="PSN0111789" style="hidden" type="author">Haydn, Franz Joseph (1732–1809)</name><name key="CRT0109091" style="hidden" type="music">103. Sinfonie Es-Dur, Hob. I : 103 (Mit dem Paukenwirbel)</name></title> – <hi rend="latintype"><title xml:id="title_57400c9b-5879-4729-ba10-338608beec40">Oberon<name key="PSN0115645" style="hidden" type="author">Weber, Carl Maria Friedrich Ernst von (1786–1826)</name><name key="CRT0111259" style="hidden" type="music">Oberon, or the Elf King’s Oath WeV C. 10</name></title></hi> und <title xml:id="title_6df6452e-e228-4fc7-8083-bdfcbf8e66d2"><hi rend="latintype">Demophon</hi> von <hi rend="latintype">Vogel</hi><name key="PSN0118515" style="hidden" type="author">Vogel, Johann Christoph (1758–1788)</name><name key="CRT0111885" style="hidden" type="music">Démophon</name></title>, und übriges Gezeug.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2dfd589d-cbd1-4cd9-9362-1447db4da210" xml:lang="de">übriges Gezeug – Als zweiten Programmpunkt sang der Bassist Henry Phillips Georg Friedrich Händels Arie »Lascia Amor, e siegui Marte« aus der Oper Orlando HWV 31, sowie interpretierte vor der abschließenden Ouvertüre zu Johann Christoph Vogels Oper Démophon gemeinsam mit Mary Ann Wood (Sopran) das Duett »Come frenar« aus Gioachino Rossinis Oper La gazza ladra (UA 1817).</note> Du kennst meine Geschicklichkeit, Glaspropfen zu lösen – neulich Abend in <hi rend="latintype">Kensington</hi> schlägt mirs eine lang verschlossene Flasche in Menschen und erregte Erstaunen – gestern Abend sollte ich zwei <unclear reason="uncertain_reading" resp="FMBC">Riechfläschchen</unclear> öffnen und blamirte mich doppelt, – die eine zwar zerbrach nachher ein Cousin zu meinem Trost, – aber die andere öffnete ein <hi rend="latintype">Hawse</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e334dd9b-56c2-447e-a5af-9f8240c7cee9" xml:lang="de">ein Hawse – ein Mitglied der Familie von William Hawes (1805-1885).</note> zu meinem Verdruß. Beim Herausgehen gab <hi rend="latintype">Mary</hi> <unclear reason="uncertain_reading" resp="FMBC"><hi rend="latintype">Comers</hi></unclear> – sie versicherte <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_80e813bb-c294-4007-91f7-ef9beb31fcdc">Taylors<name key="PSN0115264" style="hidden" type="person">Taylor, Familie von → John T.</name></persName></hi> wären drinn, und wollte sie sehen – Dich würde es mehr amüsirt haben wie mich, wie sie, gleich einem edlen <unclear reason="uncertain_reading" resp="FMBC">Wilden</unclear>, mit Anflug von Röthe und eifrigen Augen scharf umherspähte. Fand sie aber nicht. –</p> <p>Im <hi rend="latintype">Rehearsal</hi> war ich auch,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d5675832-a79b-46ff-aa03-8812af4955d0" xml:lang="de">Im Rehearsal war ich auch – in der Probe zum Konzert der Philharmonic Society am 25. Februar 1833.</note> dank dem hülfreichen <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_acbf8621-9593-41cd-bee7-313732c3064c">Moscheles<name key="PSN0113441" style="hidden" type="person">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794-1870)</name></persName></hi>, – aus alter Pietät.</p> <p>In der <hi rend="latintype">TrialNight</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_eebdc20d-65fe-4c00-b4e3-0649229cd7d3" xml:lang="en">TrialNight – Zusammenkunft des Orchesters der Philharmonic Society in den Hanover Square Rooms am 21. Januar 1833 (vgl. Harmonicon 11, 1833, S. 64). Dort wurden neue Kompositionen für die kommende Saison 1833 probiert.</note> auch, Dank demselben, es war lächerlich aber schön, daß sie mit der <hi rend="latintype"><title xml:id="title_228cca22-b5f0-401b-846e-4324fdcfddc3">ZauberflötenOuv<name key="PSN0113466" style="hidden" type="author">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791)</name><name key="CRT0110155" style="hidden" type="music">Die Zauberflöte KV 620</name></title></hi>. anfingen die etwas göttlich klang. Eine <title xml:id="title_3c2270a9-9a2d-401a-a809-7e2bb97091bc">Sinfonie von <hi rend="latintype">Potter</hi><name key="PSN0113968" style="hidden" type="author">Potter, Philip Cipriani Hambly (1792–1871)</name><name key="CRT0111889" style="hidden" type="music">Sinfonie a-Moll</name></title> hatte Glück<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ef09f02c-a2ba-45fe-8ae9-57ddc4f30f9a" xml:lang="de">Eine Sinfonie von Potter hatte Glück – Die für die Philharmonic Society komponierte Sinfonie a-Moll von Philip Cipriani Hambly Potter, die in deren siebentem Konzert am 27. Mai 1833 zur Uraufführung kam (Foster, Philharmonic Society, S. 123), erhielt keine Zählung und Opuszahl. Vgl. Jürgen Schaarwächter, Two Centuries of British Symphonism. From the beginnings to 1945. A preliminary Survey, Bd. 2, Hildesheim u. a. 2015, S. 982.</note> – gut angelegt, kurz und frei heraus – ich habe sie nach allen Kräften gelobt und das einestheils mit gutem Gewißen und dann um dem <hi rend="latintype">native talent</hi> alle mögliche Ehre anzuthun. Eine andre von <hi rend="latintype">Griesbach</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_25689275-c426-4edf-bd60-a3685f1ed202" xml:lang="de">Eine andre von Griesbach – John Henry Griesbach hatte wie Potter einen Auftrag der Philharmonic Society erhalten, ein Werk für die Saison 1833 zu komponieren (Foster, Philharmonic Society, S. 1218). 1833 kam keine Sinfonie Griesbachs zur Aufführung. Hier ist möglicherweise die 1832 entstandene und im Dezember 1832 uraufgeführte 2. Sinfonie Es-Dur, op. 23, gemeint (Standort der der Philharmonic Society geschenkten Partitur: GB-Lbl, Loan 4.112; vgl. Fiona M. Palmer, Vincent Novello and the Philharmonic Society of London, in: Nineteenth-Century British Music Studies 3, 2003, S. 207-223, hier S. 222, Anm. 76).</note> war zu schlecht, zahm und breitgetretener Quark – eine von <hi rend="latintype">Rousselot</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_bb0d3d9e-4c09-49a5-abcc-7cd119180ad6" xml:lang="de">eine von Rousselot – Auch Scipion Rousselot hatte im Auftrag der Philharmonic Society für die Saison 1833 eine Sinfonie komponiert, diese wurde letztendlich nicht in deren Konzerten aufgeführt (Foster, Philharmonic Society, S. 1218). Von Rousselot lässt sich nur eine Sinfonie nachweisen, die am 9. Februar 1834 in einem Konzert des Conservatoire de Musique in Paris aufgeführt wurde (Christina Bashford, Art. Rousselot, Scipion, in: <ref target="https://doi.org/10.1093/gmo/9781561592630.article.46467" xml:id="ref_c72403a0-146a-41a7-927c-bd9c07ee9915">Grove Music Online</ref>).</note> zu gut, in der neusten franz. tollgewordnen <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_db7660c7-b102-429d-bcbc-4979ed895ea3">Beethovenschen<name key="PSN0109771" style="hidden" type="person">Beethoven, Ludwig van (1770-1827)</name></persName></hi> hypogenialen Manier. Eine <hi rend="latintype">Ouvertüre</hi> von <hi rend="latintype">Wesley jun</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_647f2ab1-8913-47f3-8082-051c909cd4ea" xml:lang="de">Eine Ouvertüre von Wesley jun. – Von Samuel Sebastian Wesley jun. ist nur eine Ouvertüre E-Dur bekannt, die 1834 während des Hereford Festivals aufgeführt wurde. Diese Komposition wird auch zuweilen Samuel Wesley sen. zugeschrieben (Nicholas Temperley / Charles Horton, Art. Wesley family / (5) Samuel Sebastian Wesley, in: <ref target="https://doi.org/10.1093/gmo/9781561592630.article.44468" xml:id="ref_73f34723-15e2-4044-a029-cfe46f116471">Grove Music Online</ref>).</note> erbärmlicher <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_01943b82-e219-4bfd-bcf7-dddb1cec1142">Weber<name key="PSN0115645" style="hidden" type="person">Weber, Carl Maria Friedrich Ernst von (1786-1826)</name></persName></hi>. Aber <persName xml:id="persName_4d91ad79-8fc9-49ae-857f-6991b4ea1dc1">die Kinder<name key="PSN0112100" style="hidden" type="person">Horsley, Familie von → William H.</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d26ea86d-49a9-4b20-86a4-15b2eecc5cd4" xml:lang="de">die Kinder – die Kinder der Familie von William Horsley.</note> waren da. –</p> <p><seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Ich trieb mich aber <date cert="high" when="1833-02-25" xml:id="date_85121977-20bf-4b09-aec7-8ed4a27f7d99">gestern Abend</date> noch eine halbe Stunde in <hi rend="latintype">RegentStreet</hi> umher – es war Geburtstag der <persName xml:id="persName_8862f40e-8aba-45f6-b8d4-e3c4fc3fadfa">Königin<name key="PSN0111575" style="hidden" type="person">Großbritannien, Irland und Hannover, Adelheid (Adelaide) Louise Theresa Caroline Amelia von (1792-1849)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a0d92233-9c4a-46cd-9cbd-4910137b6420" xml:lang="de">es war Geburtstag der Königin – Der Geburtstag von Adelheid (Adelaide) von Großbritannien, Irland und Hannover war eigentlich der 13. August. In London feierte man jedoch den 24. Februar als Geburtstag der Königin.</note> und so zu sagen Illumination – ein Betrunkener saß in einem <hi rend="latintype">Gig</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_a080189e-a6c1-47a2-a0ef-4f27633a1a38" xml:lang="en">Gig – zweirädriger, leichter Pferdewagen.</note> und Andere, unter denen Polizei, hielten das Pferd – Mob und Nachtvögel in Schaaren umher – <hi rend="latintype">it is my horse</hi> rief hier der Haltende, – <hi rend="latintype">your horse</hi>, rief der Betrunkne, <hi rend="latintype">you never had a Donkey or a Dog!</hi> und der ganze Haufen Mob applaudirte und <hi rend="latintype">cheerte</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_24473dcd-9e81-4c6c-9ea6-5989404d1ac3" xml:lang="de">cheerte – jubelte vor Freude; von engl. cheer.</note> – dann hieb er aufs Pferd und Alles war im Begriff umzufallen und stieb auseinander und der Haufen rief: <hi rend="latintype">Go it! give it him!</hi> und alles schloß sich wieder und lief nach und schloß sich wieder wies vorwärts ging oder stillstand – eine empfindsame Hure bedauerte gegen mich das arme Pferd, und ich drückte ihr die Hand. Zuletzt verschwand alles im Dunkel und <hi rend="latintype">Quadranten</hi>.</p> <p> <pb n="2" type="pagebreak"></pb>In der Nacht träumte ich lebhaft – wie jetzt immer – <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_e96a0f0a-1e92-45f6-9228-622a69d8c5ff">Rosen<name key="PSN0114283" style="hidden" type="person">Rosen (bis 1817: Ballhorn), Friedrich August (1805-1837)</name></persName></hi> und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_ea04b9d8-0725-4684-842a-68f40277daec">Mary<name key="PSN0112107" style="hidden" type="person">Horsley, Mary Elizabeth (1813-1881)</name></persName></hi> und ich sprachen über die Kunst, und <hi rend="latintype">Rosen</hi> sagte in seiner bekannten ironischen Manier, was man jetzt Alles lernen müße – Geschmack und das Pathetische <hi rend="latintype">pp</hi> – das Pathetische, rief <hi rend="latintype">Mary</hi>, – daran habe ich genug zu <hi n="1" rend="underline">ver</hi>lernen gehabt! – Und dann wachte ich auf, und nahm mir vor den Traum zu behalten, und schlief wieder ein, und erzählte Dir die Geschichte, aber so wie ich sie erzählen wollte, stand hinter jedem Stuhl ein Mädchen und lachte – und ich konnte nie damit zu Ende kommen. – Neulich träumte mir, ich ließe mich begraben, – das Sterben erwartete ich noch – es wollte aber nicht kommen, ich stand also wieder auf, und schämte mich nur, daß ich mich so vor den Leuten compromittirte die mich so stattlich bestattet hatten. –</p> <p>Kurz der Frühling wird schon kommen – bei den zwei Rosen und dem Χαρεῖν!<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_196a5b35-b336-4a1b-9d5b-692b0b9a1fb5" xml:lang="grc ">Χαρεῖν – altgriech. χαιρεῖν, sei gegrüßt.</note><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_40872f9e-c44a-4180-97be-7f9f70657663" xml:lang="de">bei den zwei Rosen und dem Χαρεῖν – Mendelssohn hatte den am 20. Februar 1833 gemeinsam mit seiner Schwester Rebecka an Klingemann geschriebenen Brief mit einer Zeichnung zweier Rosen und der Grußformel »χαιρεῖν« (altgriech., sei gegrüßt) beendet.</note> Aber den Geburtstag beschrieb ich doch nicht – denn da paßt eben das Motto: denn es kommt Alles anders! Er war nämlich auf den 5<hi rend="superscript">ten</hi> verlegt<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1e55d278-5b3f-489a-be5d-17249a9ac31c" xml:lang="de">den Geburtstag … auf den 5ten verlegt – Sophia Hutchins (Sophy) Horsley Geburtstag war eigentlich der 4. Februar.</note> u.s.w. Und dann war ich schon damals auf dem Isolirschemel.<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_d4aa8899-8585-4904-8757-ee4c332759e8" xml:lang="de">Isolirschemel – Eine auf einem Isolierschemel, durch Glasfüße getragenem Schemel, sitzende Person kann ohne Schaden elektrische Stöße ertragen, da kein leitender Bodenkontakt besteht. Der Begriff war auch im übertragenen Sinne für »Isoliertheit« gebräuchlich.</note> Schon als kurzer Mann nahm ich mirs vor, bei Zeiten mich in den Hintergrund und auf eine zweite, dritte oder vierte Linie zu stellen, – das macht sich dann um so viel hübscher und natürlicher, wenn der Komet erst da ist, und ich eben dann dort auf jener Linie bequem auf OpernVerse simulire. Hätt ich aber gewußt daß der Komet erst Ende April erscheint,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_69219180-2095-497b-b5b2-62319ed5eb7a" xml:lang="de">daß der Komet erst Ende April erscheint – Mendelssohn traf am 25. April 1833 in London ein.</note> wie ichs jetzt muthmaße, hätte ich noch eine Weile länger so in den Tag hineinleben können.</p> <p>Eine Scene fiel noch in die frühern Zeiten, und muß beschrieben werden. Es war Rede von den Oberonschören<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b9430762-da85-4d64-94f1-47fb8d3d329d" xml:lang="de">Oberonschören – vgl. Brief gb-1833-01-23-02 Carl Klingemann und Friedrich Rosen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 18.–23. Januar 1833, Z.: »Sophy derweilen, deren Geburtstag am 4 Febr ist […] will dafür die Chöre aus dem Oberon aufführen«.</note> gewesen, die Andern gingen, und ich auch, aber <persName xml:id="persName_bc8fefbd-6467-4d71-b4a7-9f8ca27d2f8c">die Mama<name key="PSN0112103" style="hidden" type="person">Horsley, Elizabeth Hutchins (1793-1875)</name></persName> sagte, ich müßte doch nicht gehen, es wäre noch früh und ich müße noch <persName xml:id="persName_e6f28a9a-a258-4e9a-b772-4ffd4d77dfb3"><hi rend="latintype">M<hi rend="superscript">r </hi>H.</hi><name key="PSN0112109" style="hidden" type="person">Horsley, William (1774-1858)</name></persName> guten Abend sagen, der gleich zu Haus käme. Da saßen wir und plauderten gemüthlich, bis er kam. <hi rend="latintype">I walked all the way, sagte er, and I was looking out for any tallish man I met in the road, supposing it was you.</hi> “<hi rend="latintype">Tallish man!</hi> sagte ich, <hi rend="latintype">you are very good, Mr H – I have no such pretentions in this Country. In France indeed I consider myself a Giant pp</hi> So stritten wir ob ich <hi rend="latintype">tallish</hi> wäre, er sagte ich wäre nur 2-3 <hi rend="latintype">inches</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_111ecc7e-77d7-41bf-8dc9-d37f8355e6c2" xml:lang="en">2-3 inches – ein inch (Zoll) entspricht 2,54 cm; zwei inch sind demnach 5,08 cm, drei inch 7,62 cm.</note> kleiner wie er, und wir maßen uns an dem ThürPfosten und es verhielt sich so. Plötzlich stand <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_e06a983e-117f-4c74-a9fe-9a188af26d73">Mary<name key="PSN0112107" style="hidden" type="person">Horsley, Mary Elizabeth (1813-1881)</name></persName></hi> auf: <hi rend="latintype">I want to be measured too</hi> – lösete sich die Haarflechten unter dem Gelächter <persName xml:id="persName_a91e2c73-e704-4a14-98d6-65d48b9b6979">der Schwestern<name key="PSN0112105" style="hidden" type="person">Horsley, Frances Arabella (Fanny) → Thompson (1815-1849)</name><name key="PSN0112108" style="hidden" type="person">Horsley, Sophia Hutchins (Sophy) (1819-1894)</name></persName>, und stellte sich so, grade und doch bescheiden, an den Pfosten. Das sah hübsch aus, sie war in der That zwei <hi rend="latintype">inches</hi> kleiner wie ich. Wir spaßten noch Einiges über groß und klein – dann ging ich. –</p> <p>Gestern sah ich <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_71962645-380c-40a2-8760-e30b18252ccd">Rosen<name key="PSN0114283" style="hidden" type="person">Rosen (bis 1817: Ballhorn), Friedrich August (1805-1837)</name></persName></hi>, der Dich herzlich grüßt, – er ist wohl und fleißig, und läßt Dich versichern, daß er trotz aller gerühmten Sehnsucht nach <hi rend="latintype">Berlin</hi> einen vergnügten <hi rend="latintype">May</hi> und <hi rend="latintype">Juny</hi> mit Dir zu verleben hoffe. Denk Dir nur, daß der <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_608f6cef-4495-41dc-afa0-8b2fddd555a7">Stenzler<name key="PSN0115112" style="hidden" type="person">Stenzler, Adolf Friedrich (1807-1887)</name></persName></hi> die Blattern gehabt hat! Aber er ist ganz wieder beßer, und schweift umher, – das glatte Gesicht unversehrt. Jetzt hat sie ein Freund von <hi rend="latintype">Stenzler</hi>, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_3f2543a5-8f7b-4afe-8b00-cf2dfce6a210">Brockhaus<name key="PSN0116313" style="hidden" type="person">Brockhaus, Hermann (1806-1877)</name></persName></hi>, auch ein Sanskritter, der eben erst aus <hi rend="latintype">Paris</hi> angekommen war wie sie Jenen überfielen und der, gleich <hi rend="latintype">Rosen</hi>, ihm Gesellschaft leistete. Wenn sie nur der Rosen nicht kriegt. – Zu <hi rend="latintype">Stenzler</hi> bin ich nicht gegangen, weil ichs erst erfuhr, als er fast genesen war, und es nicht der Mühe werth gewesen wäre sich noch zu <hi rend="latintype">apponiren</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_9c82630d-f9ce-4bda-8185-1ea520dd0936" xml:lang="de">apponiren – von lat. apponere, beifügen.</note> <persName xml:id="persName_13f9c314-b317-4c90-895f-167c7915979c">Frau v. <hi rend="latintype">Ompteda</hi><name key="PSN0117748" style="hidden" type="person">Ompteda, verw. Gräfin zu Solms Sonnenwalde, Friederike Christiane Elisabeth Freifrau von (1767-1843)</name></persName> sagte, als ich sie fragte, obs ihr unangenehm wäre, einen Blatterkran-<seg type="pagebreak"> |3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>ken-Besucher zu sehen; Nein, das nicht – aber Sie müßen bedenken, daß <corr resp="writer">Sie</corr><choice resp="writer" source="autograph_edition_template"> <corr resp="writer">Sie</corr> <sic resp="writer">sie</sic> </choice> in dergleichen Unglück haben. – Bei Rosen würde michs natürlich nicht abhalten, obgleich ich durch Dampfbäder hinlänglich für dergl Spaß präparirt bin. Wir trafen uns gestern beim Eßen und <hi rend="latintype">Rosen</hi> sagte: Es geht über uns Orientalisten her, in <hi rend="latintype">Paris</hi> sterben wir, und hier kriegen wir die Blattern. –</p> <p><hi rend="latintype">Stenzler</hi> beendigt hier übrigens noch Arbeiten, und geht erst in einigen Monaten ab.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4a923fca-4190-4f82-a5f2-f9fa63d9c8a2" xml:lang="de">Stenzler – geht erst in einigen Monaten ab – Adolf Friedrich Stenzler war zum außerordentlichen Professor für orientalische Sprachen an die Universität Breslau berufen worden. Die Stelle trat er im Wintersemester 1833/34 an. der Moscheles – Charlotte Moscheles. </note></p> <p>Von unsrer braven kleinen Frau, der <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_4ce245c1-e0ed-4740-a552-f7673511a020">Moscheles<name key="PSN0113436" style="hidden" type="person">Moscheles, Charlotte (1805-1889)</name></persName></hi>, kann ich übrigens das Erfreulichste melden<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9a85996b-2c90-406e-a510-232bebdabf09" xml:lang="de">Von … der Moscheles, kann ich übrigens das Erfreulichste melden – Am 8. Februar 1833 war Ignaz und Charlotte Moscheles’ Sohn Felix Stone zur Welt gekommen.</note> – nie ist Niederkunft und Wochenbett glücklicher und leichter gewesen, – sie sieht schon Freundinnen, und in 8 Tagen werden wir Profanen schon zugelaßen werden. <persName xml:id="persName_2346c282-6aa2-4b11-b27c-9728f4eebfe8">Der Junge<name key="PSN0113440" style="hidden" type="person">Moscheles, Felix Stone (1833-1917)</name></persName> ist gleichfalls gedeihend – er ist mit vollem Haar zur Welt gekommen, hübsch soll er nicht seyn, aber was thut das? Ich selber wollte ich wäre nicht so sehr schön, – häslich seyn ist gar nichts, – man muß nur gescheut genug seyn um es selber zu wißen.</p> <p><title xml:id="title_f0ff1507-f51a-4322-80db-757cd9e82234">Das Septett<name key="PSN0113441" style="hidden" type="author">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794–1870)</name><name key="CRT0110030" style="hidden" type="music">Grand Septuor D-Dur, op. 88</name></title> ist und bleibt neben den <title xml:id="title_0a2d865d-213c-4f0e-810a-a1bd42fc84bc"><title xml:id="title_0d89bd88-19a8-4c2d-b11f-d136734d7a2c">Etüden<name key="PSN0113441" style="hidden" type="author">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794–1870)</name><name key="CRT0111891" style="hidden" type="music">Fünfzig Praeludien in den verschiedenen Dur- und Molltonarten für das Pianoforte op. 73</name></title><name key="PSN0113441" style="hidden" type="author">Moscheles, Ignaz (Isack) (1794–1870)</name><name key="CRT0110059" style="hidden" type="music">Studien für das Pianoforte op. 70</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_11f4dd14-85ba-4454-a470-6c566e0d7e2f" xml:lang="de">den Etüden – Neben Ignaz Moscheles’ Studien für das Pianoforte op. 70 (komponiert 1825/26) sind hier auch die Fünfzig Praeludien in den verschiedenen Dur- und Molltonarten für das Pianoforte op. 73 (1827) als Vorübungen für die Studien zu nennen.</note> <hi rend="latintype">Moscheles</hi> beste Composition. “Ja es ist ein Fortschritt” – sagt er selbst. Uebrigens habe ich die Instrumente falsch angegeben – es ist ein Contrabaß dabei. Das Thema des letzten Satzes<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_adbe9994-27e8-49cb-a303-2ee1023d18e0" xml:lang="de">des letzten Satzes – der vierte Satz Finale (Allegro con brio) in Moscheles’ Grand Septuor op. 88.</note> ist auch etwas anders.</p> <p>Glück <choice resp="editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_efc2f7f2-e662-4d0b-93b2-09ac0f36e8b2"> <sic resp="writer">zu zu</sic> <corr resp="editor">zu</corr> </choice> <title xml:id="title_7c76e74b-0429-4c48-8489-61cda1ea50b5">Deinen Sinfonien<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_frywalga-q62a-1va6-hl46-w8qiu5yj75ry"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100342" style="hidden">Sinfonie A-Dur (»Italienische«) für Orchester, [Ende 1830] bis 13. März 1833; [Juni 1834 bis Anfang 1835]<idno type="MWV">N 16</idno><idno type="op">90</idno></name><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_6knzqdry-nsyp-bvnt-o3qp-yzph6vl57nvf"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100344" style="hidden">Sinfonie Nr. 3 a-Moll (»Schottische«) für Orchester, 30. Juli 1829; [ca. 1841] bis 20. Januar 1842<idno type="MWV">N 18</idno><idno type="op">56</idno></name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_9785ad60-3896-488a-a315-22a518723ab6" xml:lang="de">Glück zu zu Deinen Sinfonien – Im Brief vom 20. Februar 1833 hatte Mendelssohn mitgeteilt (Z. 53 ff.): »Morgen wird der 2te Satz der Sinfonie fertig, und ich will (aber das unter uns) noch eine zweite, die aus amoll, fertig mitbringen, um dann dem Philharm. die Wahl zu lassen; ist das nicht ganz fair? Doch muß ich auch die Ouvertüre mitbringen, und obgleich ich daran bis zu Mitte April schrecklich viel zu thun habe« Gemeint sind die Sinfonie A-Dur (»Italienische«), op. 90 (MWV N 16), die Sinfonie a-Moll (»Schottische«), op. 56 (MWV N 18), sowie die zweite Fassung der Ouvertüre C-Dur, op. 101 (MWV P 2), die sogenannte »Trompeten-Ouvertüre«. </note>! Zwei auf einmal, das ist nicht allein <hi rend="latintype">fair</hi>, sondern auch sehr schön – auf <title xml:id="title_cf160317-044e-495b-895b-9e408b53430d">die <hi rend="latintype">a mol</hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_g9z14l5g-ou3r-jvud-gbaz-buedkqf1bzdn"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="symphonies" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100344" style="hidden">Sinfonie Nr. 3 a-Moll (»Schottische«) für Orchester, 30. Juli 1829; [ca. 1841] bis 20. Januar 1842<idno type="MWV">N 18</idno><idno type="op">56</idno></name></title> freue ich mich wie auf einen alten Freund, und die neue wird mich schon kennen lernen. Was für <title xml:id="title_a453d66a-1268-4d52-b3fa-f930621adc6c">eine Ouvertüre<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_dcjm1xs5-r1cp-uu4k-obbf-lsyjilgwht05"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="overtures_and_other_orchestral_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100358" style="hidden">Ouvertüre C-Dur (»Trompeten-Ouvertüre«), [Herbst 1825] bis 4. März 1826; Umarbeitung bis 10. April 1833<idno type="MWV">P 2</idno><idno type="op">101</idno></name></title>? Baue nur zu mit dem Hinabfahren auf dem Rhein,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_48936d97-1ba3-423f-ae07-d3943ee148d4" xml:lang="de">dem Hinabfahren auf dem Rhein – vgl. Mendelssohns Brief an Klingemann vom 20. Februar 1833, Z. 64 ff.: »auch können wir, wenn wir im Sommer den Rhein herauffahren – Verzeih, das war wieder ein Luftschloß.«</note> – in den Worten ist schon Poesie.</p> <p>Aber <hi rend="latintype">Mary</hi>, der ich gestern Abend meinen Brieftreffer pries, fragt: wann? und ich weiß es nicht, und sie verlangt ausdrücklich: Du sollest eine Zeit der Ankunft nennen. Und ich verlange: Du sollest sie auch halten; – ich habe große Furcht Du kommst zu spät, dh nicht früh genug. Mach Dir ein Gesetz, und sey wenigstens hier für die letzten 4 <hi rend="latintype">Concerte</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_69b882f3-249e-4d79-bc13-29ce112cc647" xml:lang="de">die letzten 4 Concerte – das fünfte bis achte Konzert der Saison 1833 der Philharmonic Society am 29. April, 13. Mai, 27. Mai und 10. Juni 1833 (Foster, Philharmonic Society, S. 122 f.). Mendelssohn konnte zu allen Terminen anwesend sein, da er am 25. April 1833 in London eintraf.</note> –</p> <p>Ueber <hi rend="latintype"><title xml:id="title_53ee3838-20b6-49d5-92c5-0cd9de26e6b0"><title xml:id="title_4ac97d45-1f44-491d-a93c-844559c7fc3c">Turandot<name key="PSN0112434" style="hidden" type="author">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</name><name key="CRT0109545" style="hidden" type="dramatic_work">Turandot (Libretto)</name></title><name key="PSN0114545" style="hidden" type="author">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name><name key="CRT0110672" style="hidden" type="dramatic_work">Turandot. Prinzessin von China (dt. Übersetzung von → Carlo Gozzis Turandot)</name></title></hi> soll ich mich erklären?<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_31dde39d-6107-4532-aa52-3722559113ef" xml:lang="de">Ueber Turandot soll ich mich erklären? – Adolph Bernhard Marx hatte Klingemann am 22. November 1831 brieflich um einen Operntext gebeten (D-B, Handschriftenabteilung, Autogr. I /259/4). Carl Klingemann dachte an ein Libretto nach Friedrich Schillers Turandot. Prinzessin von China. Ein tragicomisches Mährchen nach [Carlo] Gozzi (Erstdruck: Tübingen 1802). Vermutlich blieb es bei diesem Plan zu dem Libretto.</note> Und wenn ich nun sage: ich mache sie gleich, wenn Deine – im <hi rend="latintype">Juny</hi> zu endende<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b24bdb56-6a87-4ed3-876f-4a8acafd2502" xml:lang="de">Deine – im Juny zu endende – Gemeint ist das Opernlibretto, um das Mendelssohn Klingemann gebeten hatte. Siehe dazu Brief fmb-1832-12-26-01 (Brief Nr. 646) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London, Berlin, 26. Dezember 1832, Z. 81 ff.: »Du bist der einzige Mensch, von allen die ich kenne, der mir eine Oper machen könnte, wie ich sie haben muß; aber ich glaube, Du willst es nicht, und wirst es deshalb auch nicht thun«, und Klingemanns Antwort in Brief gb-1833-01-23-02 Carl Klingemann und Friedrich Rosen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 18.–23. Januar 1833, Z.: »Für mein Leben gern schrieb ich Dir eine Oper, und zwar eine wunderschöne, seltsam neue«.</note> – mir geräth – ist das was, und nicht zu rabulistisch<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_ff1afbeb-4e5b-4151-8636-076802e0431a" xml:lang="de">rabulistisch – bildungssprachlich abwertend, spitzfindig, wortklauberisch.</note>? Vorher kann ichs doch nicht – und seit geraumer Zeit war ich beim Himmel nicht in der Verfaßung dazu. – Aber grüße <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_47d51fe2-cf23-4310-9f22-405ebe2dacc9">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden" type="person">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName></hi> und <hi rend="latintype">shake</hi> in meinem Namen <hi rend="latintype">hands</hi> mit ihm.</p> <p>Porto hin – Porto her – Du magst mir dafür was schenken. Namentlich versieh Dich wohl mit Exemplaren Deiner Lieder,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5bdc468c-386e-4629-83cb-4e4ac0ca8eb5" xml:lang="de">Deiner Lieder – die 1833 bei Breitkopf & Härtel erschienenen Sechs Gesänge für eine Singstimme und Klavier op. 19a (MWV SD 6). </note> ich nehme gleich ein paar an, um damit Hungrige zu erfreuen. Meins, uncomplett, ist schon lange, auf Nimmerwiederfordern, in den <hi rend="latintype">GravelPits</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4b2dc1b3-4960-4537-8f72-eb9916355822" xml:lang="de">GravelPits – siehe Kommentar zu Z.: GravelPits.</note></p> <p>Aber laß mir ein Loos besorgen, ein halbes,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c02c0ddb-e7ea-41fd-9528-60419656c0f5" xml:lang="de">laß mir ein Loos besorgen, ein halbes – Lea Mendelssohn Bartholdy kaufte bereits seit 1829 regelmäßig für Carl Klingemann Lose der Berliner Lotterie.</note> – baldigst und immer; ich rechne aufs Gewinnen, dann ändre ich meinen Lebenslauf, gehe in die Bäder, purgire<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_f181e15d-a91f-4f21-9126-55f1ccdacad8" xml:lang="de">purgire – von lat. purgare, abführen, reinigen.</note> Morgens, spiele Abends und werde anerkannt. Wahrhaftig, es war mir ein wahrer Schrecken, daß ich nicht spielte, und ich bin hart bestraft für Stillschweigen – obgleich es beredt war, – wie oft bin ich nicht mit dem Gedanken ins Bett gestiegen oder heraus: vielleicht bist Du jetzt ein Mann mit freien netten unabhängigen <hi rend="latintype">Routen</hi>? – Wegen meiner Schuld erwarte ich also das Weitere.</p> <p>Empfange noch, <seg type="salute">o Felix</seg>, empfange meine herzlichsten Glückwünsche zu Deiner Undirectorschaft!<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5a3fba8b-9b8c-4fc1-b76d-8ff8bfd45136" xml:lang="de">Deiner Undirectorschaft – Bei der Wahl des Nachfolgers Carl Friedrich Zelters als Direktor der Sing-Akademie setzte sich am 22. Januar 1833 der bisherige Vizedirektor Karl Friedrich Rungenhagen gegen Felix Mendelssohn Bartholdy durch.</note> Darin liegt meine ganze Meinung, ich bin heilfroh, daß Dus nicht geworden bist. Ein Philistarium, dem man nur, äußerlich auch ein Philister dh 25 Jahr älter, entgegen treten kann. Deine hiesigen Freunde freuen sich mit. Wir alle wißen und fühlen, daß Du vorerst noch was Andres zu thun hast als Dich mit dem Volk zu placken. Es ist für Deine späten Jahre, wie der KlosterPlatz für <hi rend="latintype"><title xml:id="title_3505ce31-bbbc-47c5-aa75-1a77cf0b622a">Ophelia<name key="PSN0114889" style="hidden" type="author">Shakespeare, William (1564–1616)</name><name key="CRT0110859" style="hidden" type="dramatic_work">Hamlet (The Tragedy of Hamlet, Prince of Denmark)</name></title></hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_66283468-f05e-4bc1-a4eb-208c006a4ba4" xml:lang="de">der KlosterPlatz für Ophelia – Verweis auf die Szene in Shakespeare Tragödie Hamlet, in der Hamlet Ophelia das Kloster anrät (dritter Akt, erste Szene): »Geh in ein Kloster!«</note> Schmeichelhaft für Dich ist,<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>daß die Wahl nur zwischen Dir und <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f5be4710-1c1c-4808-a1b5-39108f453eb2">Rungenhagen<name key="PSN0114359" style="hidden" type="person">Rungenhagen, Karl Friedrich (1778-1851)</name></persName></hi> war. Deine Concerte,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f19b4ece-914f-4793-9937-95ab0a9cd772" xml:lang="de">Deine Concerte – Mendelssohn veranstaltete die drei Wohltätigkeitskonzerte zugunsten des Orchesterwitwenfonds der Königlichen Hofkapelle am 15. November 1832, 1. Dezember 1832 und 10. Januar 1833 im Saal der Sing-Akademie. Mendelssohn stellte darin auch zahlreiche eigene Kompositionen vor: Im ersten Konzert die Sinfonie d-Moll (»Reformations-Sinfonie«), op. 107 (MWV N 15), das 1. Klavierkonzert g-Moll, op. 25 (MWV O 7), und die Ouvertüre zu Shakespeares Sommernachtstraum E-Dur, op. 21 (MWV P 3); im zweiten Konzert das Capriccio brillant h-Moll für Klavier und Orchester, op. 22 (MWV O 8), und die Ouvertüre Meeresstille und glückliche Fahrt D-Dur, op. 27 (MWV P 5); im dritten Konzert die Ouvertüre Die Hebriden h-Moll, op. 26 (MWV P 7), und Die erste Walpurgisnacht op. 60 (MWV D 3). Die Allgemeine Musikalische Zeitung resümierte nach dem letzten Konzert: »Herr F. Mendelssohn hat sich durch diese von ihm veranstalteten, höchst interessanten Musik-Aufführungen nicht allein als ausgezeichneter Pianoforte-Virtuos ersten Ranges, Instrumental-Componist von Genie und Fleiss und geschickter Orchester-Dirigent gezeigt, sondern sich auch zwiefachen Dank für seine Leistungen, in Bezug auf die Kunst und den wohlthätigen Zweck seiner Concerte, erworben« (AMZ 35, Nr. 8, 20. Februar 1833, Sp. 126). Ludwig Rellstab betonte in seiner Rezension in Iris im Gebiete der Tonkunst 4, Nr. 3, vom 25. Januar 1833, die Konzerte seien »nur ein Gewinn für die Kunst, obgleich wir weder der Ouverture, ›die Hebriden‹ genannt, noch der großen Kantate, die Walpurgisnacht, im Ganzen Geschmack abgewinnen konnten. Einzelnes in Beiden gefiel uns dagegen außerordentlich« (S. 12). Zu den Konzerten siehe ausführlich Dinglinger, Mendelssohns Berliner Intermezzo, S. 112-123. Am 15. November 1832 bestätigte Mendelssohn, »[a]us der Schatulle Sr. Königlichen Majestät die Summe von 20 Friedrichsd’or als Beitrag zur Einnahme des Concerts für den Orchesterwittwenfonds am 15ten Nov. 1832 empfangen zu haben« (D-LEsm, Musik- und Theatergeschichte, MT/2011/307).</note> und Deine Successe in <hi rend="latintype">Berlin</hi> sind grade zur rechten Zeit gekommen, insofern müßen sie Dir auch was werth seyn. – Wir verstehen hier übrigens wohl, wie Du in der ganzen dummen Directorgeschichte aus zarten Rücksichten gehandelt, oder vielmehr gelitten hast. – Selbst <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f956e751-c478-494a-9b11-48747941ebeb">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName></hi>, der ausführlich schreibt, und gut und verkehrt, jung und alt, durcheinander, sieht darin richtig und meint, es wäre gar nichts für Dich gewesen.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_61f3b1e0-10d2-4e75-9c17-fec2d5f8dc69" xml:lang="de">Paul … meint, es wäre gar nichts für Dich gewesen – Dies äußerte Paul Mendelssohn Bartholdy in einem Brief an Klingemann vom 19. Februar 1833 (D-B, Handschriftenabteilung, Autogr. I/249/4): »Die Wahl ist Berlin’s würdig, man kann es nicht läugnen, scheint es Ihnen denn aber so sehr ausgemacht, ob Felix da, an seinem rechten Flecke, in seinem rechten Wirkungskreise gewesen wäre? Würde er nicht mit der leidigen Vorsteherschaft in Zänkereien in Zänkereien gefallen seyn, die einen höchst nachtheiligen Einfluß auf sein Arbeiten, und seinen Character ausgeübt haben würden? Ist es Zeit für ihn, sich schon jetzt und in dieser Art zu fesseln? Wäre es nicht Schade gewesen, sein Genie ganz auf die Kirchencomposition geworfen zu sehen, was doch unzweifelhaft eingetreten wäre, wenn man ihn gewählt hätte? Was ist Ihre Meinung über diesen Punkt?«</note> Aber freilich was er Dir schreibt, ist etwas abgeschmackt; es sollte mich in allen Hinsichten freuen wenn Ihr Euch hier träfet und Euch, nicht etwa verständigtet, sondern eben sähet. –</p> <p>Von der <hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline"><persName xml:id="persName_9e8a8fea-f380-450a-8bbd-3fd44590ef77">Cavan<name key="PSN0110328" style="hidden" type="person">Cavan, Fräulein (?-1834)</name></persName></hi></hi> lasse ich übrigens nicht los,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d4ff0701-80de-47e9-931c-5ec369522cc0" xml:lang="de">Von der Cavan lasse ich übrigens nicht los – Carl Klingemann hatte sich bereits in Brief gb-1833-01-23-02 Carl Klingemann und Friedrich Rosen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 18.–23. Januar 1833, nach der aus Berlin stammenden Gesangslehrerin Fräulein Cavan (gest. 1834) erkundigt.</note> – Du mußt mir schreiben ob sie lebt. </p> <p>Die <hi rend="latintype"><placeName xml:id="placeName_7326c085-50ad-40d7-9c0c-bbab0df83b9d">Foreigners in Distress<name key="NST0100422" style="hidden" subtype="" type="institution">Society of Friends of Foreigners in Distress</name><settlement key="STM0100126" style="hidden" type="locality">London</settlement><country style="hidden">Großbritannien</country></placeName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_074c3bf5-9460-43de-a621-55a8c34addd0" xml:lang="de">Die Foreigners in Distress … haben Dir nicht geschrieben – vgl. dazu Brief gb-1833-01-23-02 Carl Klingemann und Friedrich Rosen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 18.–23. Januar 1833. </note> oder vielmehr die Directoren der Gesellschaft haben Dir nicht geschrieben, und Dich nicht selbst um Zusage <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_3f592288-4207-4561-97f3-e320c9ec8512">ih</del> irgend eines musikal. Beitrages ersucht, weil sie <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_8b929ad5-0825-4086-a3e0-b6b1866d17d2">zwischen</del> bei dem zwischen Dir und mir obwaltenden leidlichen Vernehmen geglaubt haben, ich passe zu der Aufforderung, die ich also hiemit officiell und zuredend mache. Sie schreiben Dir sonst auch selber, in <hi rend="latintype">a body</hi>, oder einzeln, wie Du es haben willst. Die Sache verdient alle Unterstützung. –</p> <p>Da ist <hi rend="latintype">Rosen</hi>, für den es eine expreßmagnetische Anziehung haben muß, wenn ich Dir schreibe, denn er fällt immer<hi rend="latintype"> à propos</hi> in den <hi rend="latintype">Parlour</hi>, diesmal “um sich mir selber vorzuzeigen, und daß meine gestern geäußerte Besorgniß wegen der Blattern (er klagte nebenbei etwas) keinen Grund gehabt habe.” Er will aber diesmal sich nicht anhängen, sondern nächstens selber schreiben. –</p> <p>Es ist übrigens ein wunderlicher Posttag und ich kriege Briefe von allen Orten und Ecken – eben von den Meinigen, und bittersüß genug. <persName xml:id="persName_46429b54-df23-4653-bea7-4e713b5551dc">Eine meiner Schwestern<name key="PSN0112433" style="hidden" type="person">Klingemann, Dorothea Emilie (1807-1833)</name></persName> ist sehr leidend,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_34d3988e-39f4-48e7-b765-58f54a284096" xml:lang="de">Eine meiner Schwestern ist sehr leidend – wohl Dorothea Emilie Klingemann in Limmer, sie starb am 20. September 1833 im Alter von 26 Jahren (Karl Klingemann, Bemerkungen und Erläuterungen zu den Stammtafeln der Sippe Johann Philipp Klingemann, Bonn 1936, S. 21).</note> und ich weiß genug von Brustkrankheiten um zu wißen wie, und wie es endet, – und ich bin vorbereitet – wenn solch ein dummes Wort bei solchen Dingen <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_b62800e1-8673-4daa-9946-fd7b41846465">giebt</del> gilt – seit längerer Zeit; aber <persName xml:id="persName_e0905693-1aa9-4a36-9795-551c97079c5d">meine Eltern<name key="PSN0112432" style="hidden" type="person">Klingemann, Anna Magdalena (1771-1849)</name><name key="PSN0112435" style="hidden" type="person">Klingemann, Johann Christoph Friedrich Gabriel (1771-1842)</name></persName> scheinen jetzt erst des Ganges gewahr zu werden, und so winkt sich Einer dem Andern zu. Bisher war ich so glücklich noch Keinen meiner nächsten Angehörigen zu verlieren. – Daneben kommt ein Gutes, <persName xml:id="persName_c854654d-7587-4b8b-9e6f-5cdc14e8d323">mein Schwager<name key="PSN0116114" style="hidden" type="person">Bansen, Carl Ludolph (1792-1855)</name></persName> – der Mann <persName xml:id="persName_df48de47-ff49-4358-b1f5-ba0d4b4ea0c0">meiner zweiten Schwester<name key="PSN0109655" style="hidden" type="person">Bansen, Johanna Sophie Dorothea Wilhelmine (1803-1848)</name></persName>, – kriegt eine beßere Versorgung die mich von mancher Sorge befreit, – sie hatten bisher nicht die besten Tage, und wenig daran zu rühmen, als daß meine Schwester bewies, was man mit einem stillen Gefühl von Pflicht und Ehre, und einem gesunden Stück Christenthum aushalten kann.</p> <p>Laß Dir das keine Differenz seyn, – mir ists keine, darum schrieb ichs bewußt nieder. Mir gehts ganz gut, und mein Arm leistet das Mögliche,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_fabcefb9-c11f-4a27-99dd-331754787570" xml:lang="de">mein Arm leistet das Mögliche – siehe dazu Kommentar zu Brief gb-1833-01-23-02 Carl Klingemann und Friedrich Rosen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 18.–23. Januar 1833, Z.: meines Arms wegen.</note> bis auf Wetterbeobachtungen, die mit dem Frühling von dannen gehen mögen. Eines meiner gestrigen <hi rend="latintype">Appointments</hi> war mit dem freundlichen <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_9468c911-1337-44b6-a549-1a15dd0160be">Stone<name key="PSN0115161" style="hidden" type="person">Stone, Thomas Arthur (1797-1864)</name></persName></hi>, der mir Rath geben will, was ich am besten zur Uebung des Arms vornehme, – denn üben muß ich den vertrackten Muskel, – es wird am Ende ans <hi rend="latintype">Boxen</hi> gehen müßen, und so muß ich, ewiger Jugend geweiht, jugendliche Spiele vornehmen, wo Andere schon, mit hohen Nachtmützen auf, ihre Jugend, sichtbar und greifbar geworden, wiegen oder gar zu ähnlichen Spielen anhalten.</p> <closer rend="left">Schreib mir, <hi rend="latintype">Felix</hi>, segnend oder fluchend, oder beides, oder wie Du willst und magst, Du schreibst immer gut, – ich sags Dir selten, finde es aber doch; wir haben wohl Freude an unseren beiderseitigen Briefen, und das just zu gleichen Theilen, aber nicht weil wir gut schreiben, <hi n="1" rend="underline">sondern weil wir uns schreiben</hi> – als zwei unbefangen-befangene gute Freunde und Gesellen.</closer> <signed rend="right">Dein <hi rend="latintype">CKl</hi>.</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_887e4615-f1dc-4de5-916c-0dcd8af26b1f"> <docAuthor key="PSN0112434" resp="author" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0112434" resp="writer" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><add place="margin">Dem alten <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_e53f9c14-aee0-43ef-bddf-d49a57740be9">Attwood<name key="PSN0109576" style="hidden" type="person">Attwood, Thomas (1765-1838)</name></persName></hi> gehts gut<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_b035f611-34c5-459d-a5a9-e997f8972929" xml:lang="de">Dem alten Attwood gehts gut – Thomas Attwood Attwood hatte sich Anfang Januar 1833 bei einem Wagenunfall den Arm nahe am Schultergelenk gebrochen; vgl. Brief gb-1833-01-23-02 Carl Klingemann und Friedrich Rosen an Felix Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 18.–23. Januar 1833, Z.: »Der gute Alte fährt sich vor etwa 8 Tagen selber zur Stadt«.</note> und fortwährend beßer – er geht wieder aus; er kann aber noch nicht selber schreiben, und abermals dankt mir und Dir <persName xml:id="persName_3ddf2f92-ace7-45a6-82c8-8e3f18902d09"><hi rend="latintype">M<hi rend="superscript">rs</hi> A</hi><name key="PSN0109575" style="hidden" type="person">Attwood, Mary Ann (1775-1859)</name></persName>. <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_bb28241a-ebb8-4290-90e6-abf77392fdc6">f</del>und bittet mich Dir zu sagen <hi rend="latintype">how gratified Mr. A. felt for <title xml:id="title_86339285-dfed-4f62-a328-3ebc5af13510">Mr M. kind letter <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1833-02-10-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Thomas Attwood in Biggin Hill, Norwood Surrey; Berlin, 10. Februar 1833</name> </title> and heartfelt sollicitudy</hi>, bis er wieder schreiben könne.<name key="PSN0112434" resp="writers_hand" style="hidden">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798–1862)</name></add></p> </div> </body> </text></TEI>