gb-1830-12-23-01
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Berlin, 23. Dezember 1830
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext, S. 1 oben links Vermerk von Carl Friedrich Zelters Hand: »Abschr. für die würdigste Henr. Mendelssohn.«
Abschrift von fremder Hand mit eigenhändigen Korrekturen und eigenhändiger Unterschrift Zelters.
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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
wareinmal! es ist aber noch! die Welt ist Jedem was er sich selber daraus macht.
Deine Art, Dich vorerst, und zuletzt zu beschäftigen muß ich loben. Die ernsthafte Erwägung ernster Dinge giebt Wahrheit und die bleibt immer neu. Wenn Deine Arbeiten mehr oder weniger äußerlich anstreiften an das was Du Dir als wohlgefällig erkannt hast so ist das so natürlich wie die Aehnlichkeit des Sohnes mit seiner Mutter und ich glaube Dir darüber noch keinen Vorwurf gemacht zu haben. Erkennst Du aber jetzt in Rom nicht blos was darinn und darüber ist, so leuchten Dir die Schätze des Alterthums welche in ihren Gräbern der Auferstehung entgegen hoffen, durch die Labyrinthe einer Kunst, die mit ihrem einzigen Sinne die andern alle in Bewegung bringt. Das sey der Same der nun in Dir aufgehe und Frucht gebe.
Was gehn uns die heutigen Histrionen
Deine Beschreibung vernommener Productionen stimmt genau mit dem was ich von wo sie eben gewesen? und wir Du mir ganz recht sagst: Rom, Roms Kirchen, Roms Heilige, Roms Priester und endlich Roms Römer – das sind die Musikanten und nun soll hier
Wie mich der Brief des guten des
Tod Jesu
Singt dem göttl: Prophetenin ital. Versen unterlegen mußte und noch
Wie
Santini
Tenebraeguthören könnte. Kannst Du aber Dein
Tu es Petrus
Hora estSinget dem Herrn
Spasimo
Palestrinebei uns nicht greifen will so bedenken sie nicht daß er in ihre Kirche eingepaßt ist wie Korn in der Nuss, dagegen
dichtenum sein Evangelium zu vernehmen! – Ich mag mir die Sache gern im Ganzen einer Form denken. Die Musik als untergeordneter Theil der Liturgie kann hier nichts allein wollen, sie gehört zum Ganzen wie der Weihrauch der den heiligen Raum erfüllt. Da ist die kathol. Messe, wie sie im Stande ihrer Unschuld war ein Ingeniosum. Sie ist der geweihte Strom der fortfließt und seine beiden Ufer weit und breit reinigt und tränkt. Jeder mag schopfen, man kann auch wohl darin untergehn. So geht der offentliche Kirchendienst seinen ruhigen großen Gang, und die Gemeine nimmt ihren stillen Antheil jeder
Die Hoheit und Macht des Gebäudes, der reiche Schmuck ganzen
H.b.
etc’. sind das Brunnenrohr zum kastalischen Quell u. s. w.
Dec. 1830.
Dein lieber Brief mein Felix vom 1. d. macht mich sehr zufrieden mit Deiner glücklichen Fahrt durch die Welt. Wo Du kommst bist Du nicht fremd und bleibst so lange Du neu bist. In Ungarn erwartet Dich eine Krönung, in Rom ein Conklave und der Vesuv hält schon Proben Dich zu empfangen. Du bist ohne Sorge einer zu nahen Vermählung mit diesem heißen Gastfreunde oder gar auf die Wahlliste der Rothstrümpfe zu kommen. Aber ich bin froh daß Du bist wohin ich Dich wünschte. Sonst überall ist die Kunst ein halbes Pläsir und ein halb überflüssiges Gut. Keiner weiß was er geben soll und keiner weiß was er haben will. Nur in Rom ist sie das Leben des Geistes und der Seele das sich selbst ernährt und zum Fortleben führt. Denn, nicht was Du trägst und sonderppst, kauest, schlingst, sondern was Du selbst hervor bringst bleibt Dein, und nimmt in dem Maaße zu als Tage und Jahre abnehmen. Man könnte sagen: das war einmal! es ist aber noch! die Welt ist Jedem was er sich selber daraus macht. Deine Art, Dich vorerst, und zuletzt zu beschäftigen muß ich loben. Die ernsthafte Erwägung ernster Dinge giebt Wahrheit und die bleibt immer neu. Wenn Deine Arbeiten mehr oder weniger äußerlich anstreiften an das was Du Dir als wohlgefällig erkannt hast so ist das so natürlich wie die Aehnlichkeit des Sohnes mit seiner Mutter und ich glaube Dir darüber noch keinen Vorwurf gemacht zu haben. Erkennst Du aber jetzt in Rom nicht blos was darinn und darüber ist, so leuchten Dir die Schätze des Alterthums welche in ihren Gräbern der Auferstehung entgegen hoffen, durch die Labyrinthe einer Kunst, die mit ihrem einzigen Sinne die andern alle in Bewegung bringt. Das sey der Same der nun in Dir aufgehe und Frucht gebe. Was gehn uns die heutigen Histrionen des Kirchen- und Theaterwesens an? wir lassen sie an uns vorüberziehn; sie sind wie die Thiere des Feldes, die Vögel in der Luft, die Frösche im Teiche und noch dazu verfälscht, verkürzt; zugleich verrufen, zugleich gerufen und geduldet, und alle werden alle Tage satt. Wer wollte sie nicht bemerken und wer will sie verachten? sie gehören zur Masse und deuten auf ein Unteres gegen ein Oberes. Deine Beschreibung vernommener Productionen stimmt genau mit dem was ich von Possin, Reichardt, Naumann, Mozart, Righini u. a. weiß; Wie soll sich das Gröste, im höchsten Sinne aus sich selber gewordene, in so kleinen Händen anders aus nehmen. Noch gestern Abend hörte ich deutse Künstler die lange genug in Rom gewesen, mit großen Worten von der Sixtinischen Musik reden; Mit keiner Sylbe aber wurde dabey gedacht wo sie eben gewesen? und wir Du mir ganz recht sagst: Rom, Roms Kirchen, Roms Heilige, Roms Priester und endlich Roms Römer – das sind die Musikanten und nun soll hier und in Leipzig oder in Spandau, am Theetische, unter Stricken, und Flicken, der Geist eines Palestrine erscheinen. Sie hätten alle den Tod davon. Doch ich werde zu ernsthaft. Wie mich der Brief des guten Abbate von Herzen erfreut hat magst Du ihm immer sagen, es sind nicht Heuchelworte; was ich nicht bin sind mir meine Leute. Gieb ihm die Einlage und entschuldige daß ich Deutsch geschrieben und desto lieber sein Italienisch lese. Die ital. Uebersetzung des Tod Jesu erwarte ich mit Ungeduld. Unsre Mad. Milder die ihre eigne Gedanken hat quälte mich so lange daß ich ihr die Arie: Singt dem göttl: Propheten in ital. Versen unterlegen mußte und noch AnderesAndersAnderes dazu. Wie meine alte Motette nach Rom gekommen ist, wenn Du sie nicht mit genommen, mag Gott wissen. Erkundige Dich aber ob Santini mein Tenebrae hat welches leichter ? leichter zu singen ist. Ich gestehe daß dieses Stück mich veranlassen könnte in meinem 73ten Jahr noch nach Rom zu gehen, wenn ich es von päbstlichen Capellisten an einem grossen Orte gut hören könnte. Kannst Du aber Dein Tu es Petrus und das Hora est anbringen, so wäre mirs lieber, da ich sehe, das Gutes sich erhält und wenn es unter Felsen läge. Wie sich die Neapolitaner an der Bachschen Motette Singet dem Herrn delektiren werden, hätte ich Lust von hier aus in ein Bild zu bringen. Sie trinken freilich sauern Wein aber nordische Tannzapfen dabey zu verschlucken, das muß Gesichter geben zum malen. Als Kinder bemühten wir uns bei Tische gern den Kopf des Hechtes zu anatomiren weil nach alter Sage die Marterinstrumente, der Kreuzigung darin enthalten sein solten. Da fand sich das Kreuz, die Nägel, der Hammer, der Schwamm an einem Rohre, der Speer. Dergleichen Geräthe haben leichte ? leichte Köpfe in jener Motette finden wollen, die man unter Raphaels Spasimo, oder zu Petri Kreuzigung in Cölln, absingen könnte. Reichardt sagte sie sey wie eine Drathperücke die Sturm und Hagel nicht verwüsten könnten. Diese Herren sind nun todt und die Motette ist nach Rom gegangen, doch den will ich sehn der die bekehren wird. Sie will aber auch nicht bekehren dazu hat sie Borsten. Festigen will sie; reinigen, nicht reizen. Wundern sie sich nun in Rom daß ihr Palestrine bei uns nicht greifen will so bedenken sie nicht daß er in ihre Kirche eingepaßt ist wie Korn in der Nuss, dagegen unser alter Bach frei steht unter Gottes Himmel wie eine Palme unter Fichten. Wo wäre denn bey uns die Kirche die Ihn fasste? müssen wir doch unser schmales Haus und Herz uns zum Tempel dichten um sein Evangelium zu vernehmen! – Ich mag mir die Sache gern im Ganzen einer Form denken. Die Musik als untergeordneter Theil der Liturgie kann hier nichts allein wollen, sie gehört zum Ganzen wie der Weihrauch der den heiligen Raum erfüllt. Da ist die kathol. Messe, wie sie im Stande ihrer Unschuld war ein Ingeniosum. Sie ist der geweihte Strom der fortfließt und seine beiden Ufer weit und breit reinigt und tränkt. Jeder mag schopfen, man kann auch wohl darin untergehn. So geht der offentliche Kirchendienst seinen ruhigen großen Gang, und die Gemeine nimmt ihren stillen Antheil jeder für sich, durch innere Beschauung und Gebet. Die Hoheit und Macht des Gebäudes, der reiche Schmuck – es Altars und der Geistlichkeit, die Statuen der Heiligen – das alles setzt nur den Fremdling in Erstaunen, es zieht ihn an; dem echt Religiosen ist das gewöhnlich, und ob sein Gott von Gold ist oder Blei, die Madonna von einem Meister oder nicht; es ist die Madonna und damit gut und nichts zu bewundern als der Grund aller Wunder, die Gottheit. Stelle ich mir nun ganzen gegen solchen Begriff (gebt mir einen bessern!) meinen grossen Bach und seine grosse Messe aus H. b. so ist Er der Gott allein und habe ich ihn endlich erkannt so werde ich zum Abgötterer. – So ist es endlich mit aller der aller Kunst eben auch im Ganzen beschaffen. Der Musikus der Maler etc’. sind das Brunnenrohr zum kastalischen Quell u. s. w. Lebe wohl! Dein Z. Berlin dn 23 Dec. 1830.
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Siehe die Beschreibung in Brief fmb-1830-09-28-01 (Brief Nr. 348) Felix Mendelssohn Bartholdy an Paul Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Pressburg, 27. und 28. September 1830.</note> in <placeName xml:id="placeName_25e4e1d7-b9aa-4f47-8142-9cdb0952fca2">Rom<settlement key="STM0100177" style="hidden" type="locality">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> ein Conklave<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_21324593-b967-47cd-bcbc-0e585644378c" xml:lang="de">in Rom ein Conklave – Papst Pius VIII. war am 30. November 1830 gestorben.</note> und der <placeName xml:id="placeName_48df5ad6-92eb-437e-9815-a6b4234e1e91">Vesuv<settlement key="STM0105490" style="hidden" type="landscape_form">Vesuv</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> hält schon Proben Dich zu empfangen.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_625cbd32-33ea-46b0-b760-8a7f601c2291" xml:lang="de">der Vesuv hält schon Proben Dich zu empfangen – Ende November 1830 waren am Vesuv mehrere Tage lang »Bewegungen […] mit wenigem Auswerfen« zu beobachten gewesen. Siehe Chronik der Erdbeben und Vulcan-Ausbrüche […] in: Karl Ernst Adolf von Hoff, Geschichte der durch Überlieferung nachgewiesenen natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche, Bd. 5, Gotha 1841, S. 360.</note> Du bist ohne Sorge einer zu nahen Vermählung mit diesem heißen Gastfreunde oder gar auf die Wahlliste der Rothstrümpfe zu kommen. Aber ich bin froh daß Du bist wohin ich Dich wünschte. Sonst überall ist die Kunst ein halbes Pläsir und ein halb überflüssiges Gut. Keiner weiß was er geben soll und keiner weiß was er haben will. Nur in Rom ist sie das Leben des Geistes und der Seele das sich selbst ernährt und zum Fortleben führt. Denn, nicht was Du trägst und <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"><corr resp="writer">schle</corr><sic resp="writer">sonder</sic></choice>ppst, kauest, schlingst, sondern was Du selbst hervor bringst bleibt Dein, und nimmt in dem Maaße zu als Tage und Jahr<add place="below">e<name key="PSN0115916" resp="writers_hand" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name></add> abnehmen. Man könnte sagen: das <hi n="1" rend="underline">war</hi> einmal! es ist aber noch! die Welt ist Jedem was er sich selber daraus macht.</p> <p>Deine Art, Dich vorerst, und zuletzt zu beschäftigen muß ich loben. Die ernsthafte Erwägung ernster Dinge giebt Wahrheit und die bleibt immer neu. Wenn Deine Arbeiten mehr oder weniger äußerlich anstreiften an das was Du Dir als wohlgefällig erkannt hast so ist das so natürlich wie die Aehnlichkeit des Sohnes mit seiner Mutter und ich glaube Dir darüber noch keinen Vorwurf gemacht zu haben. Erkennst Du aber jetzt in Rom nicht blos was darinn und darüber ist, so leuchten Dir die Schätze des Alterthums welche in ihren Gräbern der Auferstehung entgegen hoffen, durch die Labyrinthe einer Kunst, die mit ihrem einzigen Sinne die andern alle in Bewegung bringt. Das sey der Same der nun in Dir aufgehe und Frucht gebe.</p> <p>Was gehn uns die heutigen Histrionen<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_ea1a5f53-cb1c-4a94-afe5-b00ffc85f476" xml:lang="de">Histrionen – lat. histrio, Schauspieler, Gaukler; oft abschätzig gebraucht.</note> des Kirchen- und Theaterwesens an? wir lassen sie an uns vorüberziehn; sie sind wie die Thiere des Feldes, die Vögel in der Luft, die Frösche im Teiche und noch dazu verfälscht, verkürzt; zugleich verrufen, zugleich gerufen und geduldet, und alle werden alle Tage satt. Wer wollte sie nicht bemerken<seg type="pagebreak"> |2| <pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg>und wer will sie verachten? sie gehören zur Masse und deuten auf ein Unteres gegen ein Oberes.</p> <p>Deine Beschreibung vernommener Productionen stimmt genau mit dem was ich von <persName xml:id="persName_85f45f19-1321-4532-a109-7b9d9b59337d">Possin<name key="PSN0117859" style="hidden" type="person">Possin, Johann Samuel Carl (1755-1821)</name></persName>, <persName xml:id="persName_15a65357-5e3f-4a58-8082-6cea17b66694">Reichardt<name key="PSN0114109" style="hidden" type="person">Reichardt, Johann Friedrich (1752-1814)</name></persName>, <persName xml:id="persName_a209c0e9-dc20-4445-90e3-c7645cf96bdd">Naumann<name key="PSN0113554" style="hidden" type="person">Naumann, Johann Gottlieb (1741-1801)</name></persName>, <persName xml:id="persName_88190225-d229-4380-942d-f2eab25a83a5">Mozart<name key="PSN0113466" style="hidden" type="person">Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791)</name></persName>, <persName xml:id="persName_d04d052d-b5d9-4691-be77-d3107ff1c7ee">Righini<name key="PSN0114213" style="hidden" type="person">Righini, Vincenzo Maria (1756-1812)</name></persName> u. a. weiß; Wie soll sich das <choice resp="editor" source="autograph_edition_template"><sic resp="writer">Gröste</sic><corr resp="editor">Größte</corr></choice>, im höchsten Sinne aus sich selber gewordene, in so kleinen Händen anders aus nehmen. Noch <date cert="high" when="1830-12-22">gestern Abend</date> hörte ich <choice resp="editor" source="autograph_edition_template"><sic resp="writer">deutse</sic><corr resp="editor">deutsche</corr></choice> Künstler die lange genug in Rom gewesen, mit großen Worten von der <placeName xml:id="placeName_ba58e49d-a981-4d69-89af-212478e49159">Sixtinischen<name key="NST0100258" style="hidden" subtype="" type="institution">Cappella Musicale Pontificia »Sistina«</name><settlement key="STM0100177" style="hidden" type="locality">Rom</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName> Musik reden; Mit keiner Sylbe aber wurde dabey gedacht <hi n="1" rend="underline">wo</hi> sie eben gewesen? und wir Du mir ganz recht sagst: Rom, Roms Kirchen, Roms Heilige, Roms Priester und endlich Roms Römer – das sind die Musikanten und nun soll hier <add place="above">und<name key="PSN0115916" resp="writers_hand" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name></add> in <placeName xml:id="placeName_1dd08aaa-9a5e-415c-8a67-a1a29828555d">Leipzig<settlement key="STM0100116" style="hidden" type="locality">Leipzig</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> oder in <placeName xml:id="placeName_d5811280-5e1e-41bb-9d6a-5fe9fc26c54a">Spandau<settlement key="STM0100585" style="hidden" type="locality">Spandau</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, am Theetische, unter Stricken, und Flicken, der Geist eines <persName xml:id="persName_33fd3c20-2d10-4e1e-b06c-b00f89bc8a24">Palestrine<name key="PSN0113727" style="hidden" type="person">Palestrina, Giovanni Pierluigi da (?-1594)</name></persName> erscheinen. Sie hätten alle den Tod davon. Doch ich werde zu ernsthaft.</p> <p>Wie mich der Brief des guten <persName xml:id="persName_6308ecb4-4c2e-47d2-8150-bda837a00fe3">Abbate<name key="PSN0114459" style="hidden" type="person">Santini, Fortunato (1778-1861)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1c67e6e3-fa7a-440e-befa-1dccd424ab6d" xml:lang="de">der Brief des guten Abbate – Mendelssohn hatte seinem Brief vom 1. Dezember 1830 einen Brief von Fortunato Santini an Zelter beigelegt.</note> von Herzen erfreut hat magst Du ihm immer sagen, es sind nicht Heuchelworte; was ich nicht bin sind mir meine Leute. Gieb ihm die Einlage und entschuldige daß ich Deutsch geschrieben und desto lieber sein Italienisch lese. Die ital. Uebersetzung <hi n="1" rend="underline">des </hi><title xml:id="title_6938df89-c1a9-40e1-be44-f848bfc34139"><hi n="1" rend="underline">Tod Jesu</hi><name key="PSN0111513" style="hidden" type="author">Graun, Carl Heinrich (?-1759)</name><name key="CRT0108894" style="hidden" type="music">Der Tod Jesu GraunWV B : VII : 2</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_94117ebb-30bb-4ebd-b7c3-9ca029c88485" xml:lang="de">Die ital. Uebersetzung des Tod Jesu – Santini, Carl Heinrich Graun, Der Tod Jesu GraunWV B : VII : 2.</note> erwarte ich mit Ungeduld. Unsre <persName xml:id="persName_1e4f9071-8e80-4531-9aad-a8212adbdc5c">Mad. Milder<name key="PSN0113344" style="hidden" type="person">Milder-Hauptmann, Pauline Anna (1785-1838)</name></persName> die ihre eigne Gedanken hat quälte mich so lange daß ich ihr die Arie: <hi n="1" rend="underline">Singt dem göttl: Propheten</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_37e6dbc3-38f6-4f52-84a4-0ebaede9e5aa" xml:lang="de">die Arie: Singt dem göttl: Propheten – Arie Nr. 13 aus Carl Heinrich Grauns Passionsoratorium Der Tod Jesu GraunWV B : VII : 2.</note> in ital. Versen unterlegen mußte und noch <choice source="non-autograph_edition template" xml:id="choice_057d1d24-750a-4408-8f47-3d22de5ab8d4"><reg>Anderes</reg><orig source="Vorlage">Anders</orig></choice> dazu. </p> <p>Wie <title xml:id="title_721e19c4-0bc0-4a72-9c9b-f9811659cc98">meine alte Motette<name key="PSN0115916" style="hidden" type="author">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name><name key="CRT0111328" style="hidden" type="music">Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a8c533c6-752f-4142-8fc8-3c1a22c9fcdf" xml:lang="de">meine alte Motette – Das Autograph von Zelters Motette Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit für Doppelchor und Basso continuo aus Fortunato Santini Besitz wird heute in der bischöflichen Diözesanbibliothek Münster aufbewahrt (D-MÜs, SANT Hs 4336).</note> nach Rom gekommen ist, wenn Du sie nicht mit genommen, mag Gott wissen. Erkundige Dich aber ob <persName xml:id="persName_e0f05f8f-fe76-41c5-bb0c-da844fcce795"><hi rend="latintype">Santini</hi><name key="PSN0114459" style="hidden" type="person">Santini, Fortunato (1778-1861)</name></persName> mein <title xml:id="title_98318fb1-00bf-4d32-a9fe-da15e19ccb84"><hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline">Tenebrae</hi></hi><name key="PSN0115916" style="hidden" type="author">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name><name key="CRT0111580" style="hidden" type="music">Tenebrae factae sunt</name></title> hat<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_36d2311e-8ede-4e7e-b1c3-a275752423ca" xml:lang="de">ob Santini mein Tenebrae hat – Von Zelters 1818 komponierter Motette Tenebrae factae sunt für vier Solo- und Chorstimmen besaß Fortunato Santini eine Abschrift. Diese befindet sich heute in der bischöflichen Diözesanbibliothek Münster (D-MÜs, SANT Hs 1217 [Nr. 12]).</note> welches <choice source="non-autograph_edition template" xml:id="choice_f81ee592-6bf0-4d2d-8f63-779ff7017b49"> <reg>leichter</reg> <orig source="Vorlage">?</orig> </choice> zu singen ist. Ich gestehe daß dieses Stück mich veranlassen könnte in meinem 73ten Jahr noch nach Rom zu gehen, wenn ich es von päbstlichen Capellisten an einem grossen Orte <hi n="1" rend="underline">gut</hi> hören könnte. Kannst Du aber Dein <title xml:id="title_8ace5037-5221-4491-a376-44c2700f7e34"><hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">Tu es Petrus</hi></hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ufdhcwuw-guka-hysg-zflg-jpsxtxkcbk13"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="large-scale_sacred_vocal_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100104" style="hidden">»Tu es Petrus« für gemischten Chor und Orchester, [ca. September 1827] bis 14. November 1827<idno type="MWV">A 4</idno><idno type="op">111</idno></name></title> und das <title xml:id="title_12a077a4-3446-4732-9563-f67e6c0bc46c"><hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline">Hora est</hi></hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_fhkjlhks-zfx1-3skf-phnv-jtvmccvcv6oa"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="sacred_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="sacred_vocal_works_with_smaller_instrumentation" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100128" style="hidden">Antiphona et Responsorium »Hora est« für vier gemischte Chöre und Basso continuo, zum 14. November 1828; 6. Dezember 1828<idno type="MWV">B 18</idno><idno type="op"></idno></name></title> anbringen, so wäre mirs lieber, da ich sehe, das Gutes sich erhält und wenn es unter Felsen läge.</p> <p><seg type="pagebreak">|3| <pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>Wie sich die Neapolitaner an der <title xml:id="title_4569fa40-8bba-4515-8aad-4d620e601538">Bachschen Motette <hi n="1" rend="underline">Singet dem Herrn</hi><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107903" style="hidden" type="music">Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225</name></title> delektiren werden,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ee14ed1e-14b2-4b4c-96b8-b979ca3e777e" xml:lang="de">Wie sich die Neapolitaner an der Bachschen Motette Singet dem Herrn delektiren werden – Fortunato Santini übersetzte die Motette Singet dem Herrn ein neues Lied BWV 225 ins Lateinische. Siehe Brief fmb-1830-11-09-01 (Brief Nr. 367), Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Rom, 8. und 9. November 1830.</note> hätte ich Lust von hier aus in ein Bild zu bringen. Sie trinken freilich sauern Wein aber nordische Tannzapfen dabey zu verschlucken, das muß Gesichter geben zum malen. Als Kinder bemühten wir uns bei Tische gern den Kopf des Hechtes zu anatomiren weil nach alter Sage die Marterinstrumente, der Kreuzigung darin enthalten sein solten. Da fand sich das Kreuz, die Nägel, der Hammer, der Schwamm an einem Rohre, der Speer. Dergleichen Geräthe haben <choice source="non-autograph_edition template" xml:id="choice_c697e693-bdf7-48f9-bf19-f9502b51fa74"> <reg>leichte</reg> <orig source="Vorlage">?</orig> </choice> Köpfe in jener Motette finden wollen, die man unter <persName xml:id="persName_2a71df88-65e7-4bce-bd1d-edd5a365ecb7">Raphaels<name key="PSN0114060" style="hidden" type="person">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483-1520)</name></persName> <title xml:id="title_35f22935-6c27-463f-9882-fe886e885c12"><hi rend="latintype">Spasimo</hi><name key="PSN0114060" style="hidden" type="author">Raffael (eigtl. Raffaello Santi) (1483–1520)</name><name key="CRT0110402" style="hidden" type="art">Lo Spasimo di Sicilia (Die Kreuztragung Christi)</name></title>, oder zu <title xml:id="title_4d71db2a-7e4f-4a06-a0f4-16beb6ce86b8">Petri Kreuzigung in Cölln<name key="PSN0114342" style="hidden" type="author">Rubens, Peter Paul (1577–1640)</name><name key="CRT0111581" style="hidden" type="art">Kreuzigung Petri</name></title>, absingen könnte. Reichardt sagte sie sey wie eine Drathperücke die Sturm und Hagel nicht verwüsten könnten. Diese Herren sind nun todt und die Motette ist nach Rom gegangen, doch den will ich sehn der die bekehren wird. Sie will aber auch nicht bekehren dazu hat sie Borsten. Festigen will sie; reinigen, nicht reizen. Wundern sie sich nun in Rom daß ihr <hi n="1" rend="underline">Palestrine</hi> bei uns nicht greifen will so bedenken sie nicht daß er in ihre Kirche eingepaßt ist wie Korn in der Nuss, dagegen <persName xml:id="persName_b25ef35c-2e0d-4c83-8e4a-e1e15cf5758a">unser alter Bach<name key="PSN0109617" style="hidden" type="person">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> frei steht unter Gottes Himmel wie eine Palme unter Fichten. Wo wäre denn bey uns die Kirche die Ihn fasste? müssen wir doch unser schmales Haus und Herz uns zum Tempel <hi n="1" rend="underline">dichten</hi> um sein Evangelium zu vernehmen! – Ich mag mir die Sache gern im Ganzen einer Form denken. Die Musik als untergeordneter Theil der Liturgie kann hier nichts allein wollen, sie gehört zum Ganzen wie der Weihrauch der den heiligen Raum erfüllt. Da ist die kathol. Messe, wie sie im Stande ihrer Unschuld war ein Ingeniosum. Sie ist der geweihte Strom der fortfließt und seine beiden Ufer weit und breit reinigt und tränkt. Jeder mag schopfen, man kann auch wohl darin untergehn. So geht der offentliche Kirchendienst seinen ruhigen großen Gang, und die Gemeine nimmt ihren stillen Antheil jeder<seg type="pagebreak"> |4| <pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg>für sich, durch innere Beschauung und Gebet.</p> <p>Die Hoheit und Macht des Gebäudes, der reiche Schmuck <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"> <corr resp="writer">d</corr> <sic resp="writer">– </sic> </choice>es Altars und der Geistlichkeit, die Statuen der Heiligen – das alles setzt nur den Fremdling in Erstaunen, es zieht ihn an; dem echt Religiosen ist das gewöhnlich, und ob sein Gott von Gold ist oder Blei, die Madonna von einem Meister oder nicht; es ist die Madonna und damit gut und nichts zu bewundern als der Grund aller Wunder, die Gottheit. Stelle ich mir nun <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_19515f85-d201-46fe-8ddc-7c37a8e5fd00">ganzen</del> <add place="above">gegen<name key="PSN0115916" resp="writers_hand" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name></add> solchen Begriff (gebt mir einen bessern!) meinen grossen Bach und seine <title xml:id="title_632d32fb-5107-47aa-a64f-d4734dbc8034">grosse Messe aus <hi rend="latintype">H.b.</hi><name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107802" style="hidden" type="music">Messe h-Moll, BWV 232</name></title> so ist Er der Gott allein und habe ich ihn endlich erkannt so werde ich zum Abgötterer. – So ist es endlich mit <choice source="non-autograph_edition template" xml:id="choice_f1a76232-7f34-4f63-803d-9c16ffd38e53"> <reg>aller</reg> <orig source="Vorlage">der</orig> </choice> Kunst eben auch im Ganzen beschaffen. Der Musikus der Maler <hi rend="latintype">etc</hi>’. sind das Brunnenrohr zum kastalischen Quell<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_18b0f557-60d7-421d-88e6-fb5ad1f095c2" xml:lang="de">kastalischen Quell – Die den Musen geweihte Quelle am Fuß des Parnass inspiriert nach Vorstellung der Römer die Dichter.</note> u. s. w. <seg type="closer">Lebe wohl!</seg></p> <signed rend="right"><add place="inline">Dein Z.<name key="PSN0115916" resp="writers_hand" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name></add></signed> <dateline rend="left">Berlin dn <date cert="high" when="1830-12-23" xml:id="date_9d3009d5-300c-427f-a693-effa52dd105f">23 <hi rend="latintype">Dec</hi>. 1830.</date></dateline> </div> </body> </text></TEI>