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gb-1830-05-23-01

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Ernst Friedrich Albert Baur an Felix Mendelssohn Bartholdy in Weimar <lb></lb>Berlin, 18. und 23. Mai 1830 An dem Tage wollte ich wenigstens schreiben, konnte aber nicht dazu kommen und fast fürchte ich ists zu spät geworden als daß ich mein ehrliches Wort halten könnte ohne zu Spitzpfündigkeiten meine Zuflucht zu nehmen. Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) unbekannt unbekannt Baur, Ernst Friedrich Albert (1803-1886)Baur, Ernst Friedrich Albert (1803-1886) Transkription: Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. d. 28/15. Autograph Ernst Friedrich Albert Baur an Felix Mendelssohn Bartholdy in Weimar; Berlin, 18. und 23. Mai 1830 An dem Tage wollte ich wenigstens schreiben, konnte aber nicht dazu kommen und fast fürchte ich ists zu spät geworden als daß ich mein ehrliches Wort halten könnte ohne zu Spitzpfündigkeiten meine Zuflucht zu nehmen.

1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse, 1 Poststempel [BERLIN 6-7 / 23 / 5], Siegel.

Ernst Friedrich Albert Baur

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Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

18. und 23. Mai 1830 Baur, Ernst Friedrich Albert (1803-1886)counter-resetBaur, Ernst Friedrich Albert (1803–1886) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) WeimarDeutschland deutsch
Des Herrn Felix Mendelssohn-Bartholdy Wohlgeboren zu Weimar frei Poste restante
Baur, Ernst Friedrich Albert (1803–1886) Baur, Ernst Friedrich Albert (1803–1886) Berlin dn 18ten May 1830.

An dem Tage wollte ich wenigstens schreiben, konnte aber nicht dazu kommen und fast fürchte ich ists zu spät geworden als daß ich mein ehrliches Wort halten könnte ohne zu Spitzpfündigkeiten meine Zuflucht zu nehmen. Grade heraus gesagt hängt dieser Aufschub so zusammen, es befiel mich nach glücklich überstandenem MaifestMaifest – siehe die Erwähnungen als »Frühlingsfest« in Brief gb-1830-05-19-01 Fanny Hensel und Paul Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Weimar, Berlin, 18. und 19. Mai 1830. eine völlige Schlafsucht die mir fast zu wenig Zeit ließ zu einer Predigt, die ich zu heut für einen Freund in Spandow übernommen.

Nun ist die auch überstanden und ich fühle mich ganz neu und frisch; kommt es nun daher daß ich sie überhaupt los bin, oder kommt es von dem geglückten Versuch unabhängig von der schon ausgeführten Predigt zu reden; genug ich kann nun wieder an andere Angelegenheiten denken, und Du mußt Dich schon entschließen auch eine von diesen sollte es auch eine Herzensangelegenheit sein, vorzustellen. Es ist freilich weniger weil Du es bist, als weil mich das Versprechen drückt, das glaubst Du doch? – Bist Du nun in Deiner schlechten Laune wozu Du dann hundert triftige Gründe gehabt haben wirst, so ergeht es mir übel und ich sehe Dich und höre Dich: was will doch der mit seinen frostigen Späßen, darauf habe ich also so lange warten müssen? Bist Du aber in Deiner guten, von der ich heut meinen Spandowern gepredigt habe, dann stehts anders und – na da ist ja der Brief, ich wußte’s wohl daß der Baur Wort halten würde, sobald er könnte; und Du forderst dann nicht daß man Wort halten muß, auch wenn man nicht kann.

|2| Genug davon (ich weiß wie man das in Musik setzt.) willst Du von unserm Maifest wissen, oder weißt Du schon davon? Gewiß hat Dir Deine SchwesterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858) schon davon geschrieben, selbst wenn sie es nicht für etwas Bedeutendes und nur für etwas Artiges hielte. Freilich bilde ich mir ein es sei bedeutend genug auch nur etwas Artiges zu schaffen; und Du merkst schon an diesem letztenBaur, Ernst Friedrich Albert (1803–1886) Wort, wie ich mich um des Maifestes willen, das ich für mein Werk ausgeben möchte, gern unter die Künstler zählte: Der Pastorkunst habe ich mich beflissen, und ihr meine ich, käme es zu, die Menschen, wie Musik die Töne, zu harmonischen Ganzen zu fügen und zu vereinen. Daß Du mich deshalb nur nicht vor der Mainzer Centralcommissionder Mainzer Centralcommission – Seit 1819 bestand in Mainz in Folge der Karlsbader Beschlüsse die »Zentraluntersuchungskommission« (Zentralkommission zur Untersuchung hochverräterischer Umtriebe) gegen ›revolutionäre Umtriebe‹ insbesondere von Studenten, Professoren, Herausgebern und Schriftstellern, deren Tätigkeit zur Verurteilung und Inhaftierung zahlreicher ›Demagogen‹ führte. Nach 1830 wurden die betreffenden Maßnahmen noch verstärkt. als Dämagogen verklagst, denn offenbar ists daß ich mit meiner Kunst den Königen ins Handwerk falle. Ja es ist nichts kleines mit mir, ich will Dir auch verrathen was mich ganz besonders bläht. Du erzähltest mir einmal, man habe Dein Dirigiren der Bachschen Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name> durch das Wort umsichtig bezeichnen wollen; nun schreibt mir LuiseWilmsen, Luise Henriette (1807-1848) – „ – und wie umsichtig Du Dich dabei gezeigt hättest.“ nehmlich ich bei dem Maifest. – Nicht das Wort oder grade dies Lob ists, nein ich weiß mehr daraus zumachen und denke nur dabei wie ich mich Dir an die Seite stellen wollte, mit dem dito umsichtig dirigiren, und der kleine Unterschied zwischen Bachsche r n Passion und einem Maifest, – den vergaß ich natürlich. Sei nur nicht böse über die Albernheit aber Du kannst mirs glauben, ein Theil von dem allen ist wirklich meine wahre Meinung. Nur eins will ich Dir noch über Deiner Schwester Aufführung |3| sagen, aber es ist wirklich zu arg, daß ich immer noch sobald ich daran denke kaum die Thränen hemmen kann, es scheint bei mir dies Weinen zum Stereotypwitz geworden zu sein. Was ich erzählen wollte ist weiter nichts; als wir in dem Birkenwäldchen bei der mittleren Fähre mit dem Zuge angekommen waren, um zwischen zwei Baumgruppen an Stäben die Laub und Blumengewinde zum Schmuck aufzuhängen, so wählte Deine Schwester den letzten Bogen, und wand das längere Gehänge um den schräg liegenden Birkenstamm, mit so leichter und doch so tiefer Anmuth, daß ich mein „ach wie schön“ kaum herausstoßen konnte, um mich noch bei Zeiten abwenden zu können, und mich auswundern über meine Rührung. Das ists was ich Dir erzählen wollte, und jetzt nur noch eins, worin Du mich ganz gewiß verstehst.

Sei durchaus nicht gefällig gegen mich, schreibe mir nicht aus Gefälligkeit, aber wenn Du mir gern schreibst, dann freue ich mich sehr auf den Brief, und darauf daß wir uns in der Zeit der Trennung nicht fremd werden. Aber aus Gefälligkeit – ich könnte und möchte es nicht ertragen. Lebewohl mein lieber Felix.

Baur, Ernst Friedrich Albert (1803–1886) Baur, Ernst Friedrich Albert (1803–1886)

Nachschrift. Sollte CorneliusCornelius, Peter Joseph (seit 1825) von (1783-1867) schon fort sein, so kannst Du vielleicht Ernst FoersterFörster, Ernst Joachim (1800-1885) eher auffinden und durch ihn HerrmannHermann, Carl Heinrich (1802-1880).

Grüße beide recht herzlich.

Dein Freund Albert Baur. dn 23st May 1830.
            Berlin dn 18ten May 1830. An dem Tage wollte ich wenigstens schreiben, konnte aber nicht dazu kommen und fast fürchte ich ists zu spät geworden als daß ich mein ehrliches Wort halten könnte ohne zu Spitzpfündigkeiten meine Zuflucht zu nehmen. Grade heraus gesagt hängt dieser Aufschub so zusammen, es befiel mich nach glücklich überstandenem Maifest eine völlige Schlafsucht die mir fast zu wenig Zeit ließ zu einer Predigt, die ich zu heut für einen Freund in Spandow übernommen.
Nun ist die auch überstanden und ich fühle mich ganz neu und frisch; kommt es nun daher daß ich sie überhaupt los bin, oder kommt es von dem geglückten Versuch unabhängig von der schon ausgeführten Predigt zu reden; genug ich kann nun wieder an andere Angelegenheiten denken, und Du mußt Dich schon entschließen auch eine von diesen sollte es auch eine Herzensangelegenheit sein, vorzustellen. Es ist freilich weniger weil Du es bist, als weil mich das Versprechen drückt, das glaubst Du doch? – Bist Du nun in Deiner schlechten Laune wozu Du dann hundert triftige Gründe gehabt haben wirst, so ergeht es mir übel und ich sehe Dich und höre Dich: was will doch der mit seinen frostigen Späßen, darauf habe ich also so lange warten müssen? Bist Du aber in Deiner guten, von der ich heut meinen Spandowern gepredigt habe, dann stehts anders und – na da ist ja der Brief, ich wußte’s wohl daß der Baur Wort halten würde, sobald er könnte; und Du forderst dann nicht daß man Wort halten muß, auch wenn man nicht kann.
 Genug davon (ich weiß wie man das in Musik setzt. ) willst Du von unserm Maifest wissen, oder weißt Du schon davon? Gewiß hat Dir Deine Schwester schon davon geschrieben, selbst wenn sie es nicht für etwas Bedeutendes und nur für etwas Artiges hielte. Freilich bilde ich mir ein es sei bedeutend genug auch nur etwas Artiges zu schaffen; und Du merkst schon an diesem letzten Wort, wie ich mich um des Maifestes willen, das ich für mein Werk ausgeben möchte, gern unter die Künstler zählte: Der Pastorkunst habe ich mich beflissen, und ihr meine ich, käme es zu, die Menschen, wie Musik die Töne, zu harmonischen Ganzen zu fügen und zu vereinen. Daß Du mich deshalb nur nicht vor der Mainzer Centralcommission als Dämagogen verklagst, denn offenbar ists daß ich mit meiner Kunst den Königen ins Handwerk falle. Ja es ist nichts kleines mit mir, ich will Dir auch verrathen was mich ganz besonders bläht. Du erzähltest mir einmal, man habe Dein Dirigiren der Bachschen Passion durch das Wort umsichtig bezeichnen wollen; nun schreibt mir Luise – „ – und wie umsichtig Du Dich dabei gezeigt hättest. “ nehmlich ich bei dem Maifest. – Nicht das Wort oder grade dies Lob ists, nein ich weiß mehr daraus zumachen und denke nur dabei wie ich mich Dir an die Seite stellen wollte, mit dem dito umsichtig dirigiren, und der kleine Unterschied zwischen Bachsche n Passion und einem Maifest, – den vergaß ich natürlich. Sei nur nicht böse über die Albernheit aber Du kannst mirs glauben, ein Theil von dem allen ist wirklich meine wahre Meinung. Nur eins will ich Dir noch über Deiner Schwester Aufführung sagen, aber es ist wirklich zu arg, daß ich immer noch sobald ich daran denke kaum die Thränen hemmen kann, es scheint bei mir dies Weinen zum Stereotypwitz geworden zu sein. Was ich erzählen wollte ist weiter nichts; als wir in dem Birkenwäldchen bei der mittleren Fähre mit dem Zuge angekommen waren, um zwischen zwei Baumgruppen an Stäben die Laub und Blumengewinde zum Schmuck aufzuhängen, so wählte Deine Schwester den letzten Bogen, und wand das längere Gehänge um den schräg liegenden Birkenstamm, mit so leichter und doch so tiefer Anmuth, daß ich mein „ach wie schön“ kaum herausstoßen konnte, um mich noch bei Zeiten abwenden zu können, und mich auswundern über meine Rührung. Das ists was ich Dir erzählen wollte, und jetzt nur noch eins, worin Du mich ganz gewiß verstehst.
Sei durchaus nicht gefällig gegen mich, schreibe mir nicht aus Gefälligkeit, aber wenn Du mir gern schreibst, dann freue ich mich sehr auf den Brief, und darauf daß wir uns in der Zeit der Trennung nicht fremd werden. Aber aus Gefälligkeit – ich könnte und möchte es nicht ertragen. Lebewohl mein lieber Felix.
Nachschrift. Sollte Cornelius schon fort sein, so kannst Du vielleicht Ernst Foerster eher auffinden und durch ihn Herrmann.
Grüße beide recht herzlich.
Dein
Freund Albert Baur.
dn 23st May 1830.          
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Sei nur nicht böse über die Albernheit aber Du kannst mirs glauben, ein Theil von dem allen ist wirklich meine wahre Meinung. Nur eins will ich Dir noch über Deiner Schwester Aufführung<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> sagen, aber es ist wirklich zu arg, daß ich immer noch sobald ich daran denke kaum die Thränen hemmen kann, es scheint bei mir dies Weinen zum Stereotypwitz geworden zu sein. Was ich erzählen wollte ist weiter nichts; als wir in dem Birkenwäldchen bei der mittleren Fähre mit dem Zuge angekommen waren, um zwischen zwei Baumgruppen an Stäben die Laub und Blumengewinde zum Schmuck aufzuhängen, so wählte Deine Schwester den letzten Bogen, und wand das längere Gehänge um den schräg liegenden Birkenstamm, mit so leichter und doch so tiefer Anmuth, daß ich mein „ach wie schön“ kaum herausstoßen konnte, um mich noch bei Zeiten abwenden zu können, und mich auswundern über meine Rührung. Das ists was ich Dir erzählen wollte, und jetzt nur noch eins, worin Du mich ganz gewiß verstehst.</p> <p>Sei durchaus nicht gefällig gegen mich, schreibe <gap quantity="1" reason="deletion" unit="characters"></gap> mir nicht aus Gefälligkeit, aber wenn Du mir gern schreibst, dann freue ich mich sehr auf den Brief, und darauf daß wir uns in der Zeit der Trennung nicht fremd werden. Aber aus Gefälligkeit – ich könnte und möchte es nicht ertragen. <seg type="closer">Lebewohl mein lieber Felix.</seg></p> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_a86b0aa2-367c-4c06-a11c-859810170c42"> <docAuthor key="PSN0109710" resp="author" style="hidden">Baur, Ernst Friedrich Albert (1803–1886)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0109710" resp="writer" style="hidden">Baur, Ernst Friedrich Albert (1803–1886)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Nachschrift. Sollte <persName xml:id="persName_6d28019c-dd61-48d4-af77-7a660b4bed00"><hi rend="latintype">Cornelius</hi><name key="PSN0110460" style="hidden" type="person">Cornelius, Peter Joseph (seit 1825) von (1783-1867)</name></persName> schon fort sein, so kannst Du vielleicht <persName xml:id="persName_d6fa2f82-5a18-4823-8a67-709aa289b607"><hi rend="latintype">Ernst Foerster</hi><name key="PSN0111097" style="hidden" type="person">Förster, Ernst Joachim (1800-1885)</name></persName> eher auffinden und durch ihn <persName xml:id="persName_55090a8e-d371-4547-b6d8-072d0212d7ce"><hi rend="latintype">Herrmann</hi><name key="PSN0111917" style="hidden" type="person">Hermann, Carl Heinrich (1802-1880)</name></persName>.</p> <p style="paragraph_without_indent">Grüße beide recht herzlich.</p> <signed rend="right">Dein</signed> <signed rend="right">Freund Albert Baur.</signed> <dateline rend="left">dn <date cert="high" when="1830-05-23" xml:id="date_9450d1e1-8a4d-4ae7-9d13-5d07dc870e5f">23<hi rend="superscript">st</hi> <hi rend="latintype">May</hi> 1830.</date></dateline> </div> </body> </text></TEI>