gb-1829-10-17-01
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Berlin, 17. Oktober 1829
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext; S. 4 Adresse von Abraham Mendelssohn Bartholdys Hand, 2 Poststempel [AMSTERDAM / 23 / OCT.], [FPO / OC-27 / 1829], Siegel.
Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Hensel, Lea Mendelssohn Bartholdy, Abraham Mendelssohn Bartholdy
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
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rFelix Mend: BartholdyLondres.
Bon jour, petite brebis!via Rotterdam geht. Hambourg et la vapeur führen sich schlecht auf, abgesetzt ist es aber deswegen nicht, sondern ladies und Misses nicht zu Dir auf die Stube kommen, oder Dir aufs Dach steigen, so glaube ich nicht an Dein Glückmachen und an weh Damen. A propos, Felix, man blökt hier,
pendantzu Deiner rothen Börse, und von mich einen ganz kleinen zarten
Comptoir, ich sage Dir, das Duett, das die beiden Jungen mit einander sprechen. – Die Welt beträgt sich theilnehmend, zahlreiche Botschaften von gefühlvollen Familien erkundigen sich nach Deiner Pote.
Que diable allait-il faire dans ce cabriolet, Einbrot habe ich ausdrückt, wie eine Citrone, was Dich betrifft, und er hat richtig noch einige neue Geschichten gewußt. Er hat von
Tivolinsky. – Du denkst Dir unser jetziges Leben so bunt und bewegt, Herzchen, Du irrst, im Gegentheil, wir leben sehr still, haben aber an unseremMolière
Zuerst zur Beantwortung Deiner Frage,
Wir wünschen Dir, plaisirchen als möglich zu machen, und probiren deßhalb Schicksal und Post; vielleicht schwimmt und rumpelt dieser Bogen Papier über Rotterd. zu Dir, und sagt Dir, wie wir mit Dir klagen, als Töchter Zions. Aber Muth, mein guter Junge! lerne diese erste bedeutende make the best of it, ruhe auf Deinen Lorbeeren, genieße des angenehmen Trostes, allenthalben Theilnahme zu erregen, und des Trostes, unter wohlwollenden Menschen, inmitten aller ersinnlichen Hülfsmittel zu sein. Denke, wenn Dir das im Hochlande begegnet wäre! es ist ein Gemeinplatz mit dem glücklichen Unglück, aber es hat doch etwas Wahres, und in bösen Fällen muß man sich das einzig Gute herausklauben und daran erheitern. – Doxats kommen, (
God bless them!) immer
à point nomméwenn wir uns Tod ängstigen wollen: so war ihr Brief
bulletinSchreiber, Sie reden gesetzt und wundärztlich über die Hauptsache; fahren Sie so fort. Ist denn
spricht v.Doxat
. Wenns gegen die Zeit Deiner Erlösung kommt, so berathe Dich genau, ob die längere Landreise (über
lesmédecinsCalais) Dir ersprießlicher ist? Beruhigen würde mich in der späten Jahreszeit eine kurze Seefahrt. Solltest Du es mit
diligencennicht gut einrichten können, Nachts, od. abwechselnd am Tage zu ruhen, so kaufe Dir in
Calais, od. wenns beßer ist, in
Dover, einen leichten, bequemen kleinen Wagen; Vater wendet gern alles an, Dich geborgen und sicher zu wißen. Nur keine Uebermüdung und Erhitzung des Beins, und Zwischenräume v. Ruhe zum Ausstrecken. Zieht sich die Sache aber in die Länge, so wage nichts, und denk Dir den schlimmsten Fall, länger drüben zu weilen; kannst Du erst wieder ausgehen, so
amusirst Du Dich auch wieder, und beschäftigen wirst Du Dich aller Orten. Vater wird Dir sehr gern Deinen freundl. Wunsch gewähren, uns Proben Deines Geschmacks im Einkauf zu geben. Aber erkundige Dich auch wegen den
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Calaisod. Rotterd., Du könntest sonst leicht mehr Verdruß als Freude haben, und sie nähmen es Dir am Ende weg. Ein
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ShawlWahlwäre mir sehr angenehm; nur erinnere ich, daß ich ein schwarzes, 1 rothes, 1 weißes und 1 hellgelbes besitze, und daß es zur Abwechslung also nur blau (dunkel od. hell) grün oder durchgehends mit Blumen od. Palmen sein dürfte. – Wir haben zwar noch keinen Schnee, wie Du, aber in der Gegend des Brockens ists auch schon so toll, und schlechtere Wittrung kanns überhaupt nicht geben, als jetzt und den ganzen Sommer und Herbst. Der arme
in 3 Monatenmit keinem gebildeten Menschen gesprochen.
Dasist die schreckliche Lage! – „
hospitable islandzu erfreuen. Mich dünkt es eine Art freundlicher Tribut für alles empfangene Wohlwollen. Glücklich der Begabte, deßen Füllhorn Blumen und Früchte spenden kann!
courzu machen, und da sie nicht gekommen war, fuhren wir
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Henriade? Der Mensch wird doch auch nimmer klug. Im Vertrauen Dir aber, (denn sonst solls keiner erfahren) er hat
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louisdorabgekauft, mit Erlaubniß sie für sich kopiren zu dürfen. Auch hat er Lust,
Pag. hat er gleich durch Vater auszahlen laßen, aus Furcht, es könnte Henseln leid werden. Das sind
nudie Mäcene!
Mon cher petit cœur! je t’embrasse, je t’aime, je fais mille veux pour toi: bleib mir bei guter Laune, und zeige den lieben treuen Menschen um Dich ein freundliches Gesicht. Liebster Sohn! als ich vor 8 Jahren auf den Tod krank lag und mich auch sterbend glaubte, machte ich stets meine Bett
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tant bien que mal, so daß die paar Leute die mich besuchen durften, sich darüber verwunderten. Verzeih, daß ich meine geringe Autorität anführe; aber meine Erfahrung sagt, es geht;
therefore, laß Dich entbarten und mach Dich so schön als möglich. Ich sehe von hier, daß Du ein netter Junge bist und nicht brummst. Schreibt auch über
Lordskann ich leider nicht beschenken.
ich habe Deinetwegen eine kummervolle Woche gehabt, aus der mich zuerst Doxats Brief vom
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vel quasi, und keine Antwort geben können! ich war ganz reisefertig, und wäre so sehr schwer es mir geworden wäre, hinübergekommen, wenn mich Dein Brief nicht beruhigt hätte. Nun hat er es aber, Gottlob! Hab Geduld, denke was es geworden wäre, hätte Dich ein solcher Unfall in einem schottischen Loche betroffen! am Ende büßest Du ja nur die holländische Reise ein, die in diesem gräulichen Wetter Dir nicht das viertel Vergnügen gewährt haben würde, und die Dir ja nicht entgeht.
Jetzt macht mir nur Deine Rückreise Sorge! eine zu lange Landreise wird Dir auch nicht recht gut seyn, und Dampfböte gehn wohl nicht mehr, wenn Du Dich auf den Wege wirst machen können. Überlege Dir alles dort sehr genau, mit Freunden und Aertzten, und wenn Du über Calais kommst, so kaufe dir in Calais einen leichten Wagen, nimm Extrapost und ruhe die Nächte. An Geld kann es Dir ja nicht fehlen. Kauf was Dir zum Mitbringen gefällt, Du weißt ja daß ich Dich nicht genire, und ich weiß daß Du meinen Credit nicht mißbrauchst.
Sollte dieser Brief früher als das Dampfboot vom t Doxats in meinem Nahmen zu grüßen, und ihnen zu sagen, ich genehmige den Tausch
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. Leb wohl, und faße dich in Geduld,K
Sonnabend den 17ten. Bon jour, petite brebis! Wir wollen mal sehen, wie es via Rotterdam geht. Hambourg et la vapeur führen sich schlecht auf, abgesetzt ist es aber deswegen nicht, sondern Mittwoch wird wieder durch es geschrieben. Mein armer Kerl, Du mit allen Deinen Süßigkeiten, Dir raspeln sie doch im eigentlichen Sinne Süßholz; aber sage mal, hast Du denn noch gar keinen Damenbesuch erhalten? Wenn die ladies und Misses nicht zu Dir auf die Stube kommen, oder Dir aufs Dach steigen, so glaube ich nicht an Dein Glückmachen und an weh Damen. A propos, Felix, man blökt hier, Einbrodt ist angekommen, der ist einmal dick geworden. – Ich gratulire Dir zu Ritzens Geburtstag, der heut ist, willst Du wissen, was er kriegt? Von Mutter einen gottvollen Gingham Schlafrock, von Fanny die 6 Lieder, auf grünem Papier, mit einer wunderschönen Zeichnung, am Rande eine große weibliche Figur, die trägt einen Korb auf dem Kopfe, in dem Korbe sind Blumen, aus den Blumen springen Sterne hervor. An Deiner Stelle zerbräche ich mir den Kopf, von wem die Zeichnung wol seyn könnte. Ferner bekommt er von Betty Schatz, die heut Abend bei uns ist, den pendant zu Deiner rothen Börse, und von mich einen ganz kleinen zarten Schiller von Biskuit, aber nicht zum Essen. – Göttlich mußt Du finden, daß Julius auch anfängt in indischen (so heißen jetzt die Grünseler, ein Radwitz) Häusern Unterricht zu geben, all seine Schülerinnen wohnen so in der Gegend der heiligen Geist, Spandauer, Bischofs Straße, und so fort. Dazu nun Paul in Hr. v. Halles Comptoir, ich sage Dir, das Duett, das die beiden Jungen mit einander sprechen. – Die Welt beträgt sich theilnehmend, zahlreiche Botschaften von gefühlvollen Familien erkundigen sich nach Deiner Pote. Que diable allait-il faire dans ce cabriolet, Einbrot habe ich ausdrückt, wie eine Citrone, was Dich betrifft, und er hat richtig noch einige neue Geschichten gewußt. Er hat von Hassenmüller einen Brief aus Bucharest, der arme Kerl hat das Faulfieber gehabt, und war so miserabel, daß er nicht mit dem Pferde über einen Graben zu setzen vermochte, ich mußte an die Geschichte mit Götzens Pferd denken, und machte innerlich einige neue Bemerkungen über den Wechsel des Schicksals. Hoffentlich hat ers nun überstanden, und läßt sich im Kreise der Seinigen wieder auffüttern. – Hier reiten sie auf dem Witz Sabbalkansky herum, und nennen den Rittmeister Molière Tivolinsky. – Du denkst Dir unser jetziges Leben so bunt und bewegt, Herzchen, Du irrst, im Gegentheil, wir leben sehr still, haben aber an unserem Ehepaar Freude, sie sind nett, und amüsiren sich so himmlisch mit ihrer Einrichtung, daß sich ein Anderer wieder darüber amüsiren kann, Hensel malt sehr viel, ist ausgelassener und besonders konfuser als je, gestern Abend wollte er einen Regierungsrath Schnaase, den er selbst bei uns eingeführt hat, mit Einbrodt bekannt machen, konnte sich aber bei der Vorstellung um keinen Preis auf den Namen Schnaase besinnen, und hätte man ihm nicht eingeholfen, die beiden Leute wüßten noch nicht, wie sie mit einander dran wären. Herze, heut ist Sonnabend, da kommt He ise, da muß ich mich präpariren, da schlägt es elfe. Adieu. Junge, sey Deinen Aerzten hübsch folgsam, sey der wohlgewachsenste längste Mensch von 20 Jahren, der mir vorgekommen; überhaupt, sey passabel, die lange Nase und der Stock thun nichts zur Sache. Leb wohl! O Herr Klingemann; meine Nase ist nicht mehr braun, und ich kassire jetzt Lobsprüche ein, meine häutige Bräune mit Fassung und Heroismus ertragen zu haben. Grüßen Sie einander, ich hoffe, Sie, Freund Klingemann, sind nicht böse über die Süßbriefchen, die Felix bekommt. Verzehren Sie sie in Gesundheit. Rebecka Mendelssohn Bartholdy Zuerst zur Beantwortung Deiner Frage, lieber Felix, Dein weißes Taktstöckchen habe ich durch Mühlenfels erhalten, und es ruht in meinem Schreibtischkasten wohlverwahrt, neben dem graueren, welches einst aus dem dürren Academiefelsen die Passion herausschlug. Jetzt ziehe ich es heraus, und zeige es Dir, siehst Du? Du konntest mich zuweilen recht böse machen, wenn Du Sachen, die ich sagte, nicht glaubtest, sondern zu sehn verlangtest, weißt Du wohl noch? Zweitens ist das ja ein prächtiges Land, wo die Lieder mit 10 Guineen pro Stück bezahlt werden, kannst Du mich nicht da empfehlen? Wenn sie mir 12 abnehmen kriegen sie das 13te in Kauf. Jetzt kriegt er Furcht, und denkt, o weh, sie ist gemein geworden im Ehestand – aber nein. – Doxats, die uns schon seit Deinem Dortseyn hundertmal verpflichtet haben, haben uns gestern wieder die ersten Nachrichten von Dir seit 10 Tagen gegeben, ihr Brief über Rotterdam kam 8 Stunden früher an, als Dein späterer über Hamburg . Mein sehr lieber Felix, Dein Unfall und seine Folgen sind uns Allen leid und weh, das kannst Du begreifen, aber mir um so mehr, da sie grade in eine Zeit trafen, wo ich Dir nur die größte Freude gegönnt hätte, das thut mir wirklich sehr weh, und ich kanns nicht verwinden, und nun werde ich abgerufen, soll den Brief abgeben, und habe nichts geschrieben, denn seit drei Stunden, wo ich ihn habe, bin ich nicht aus den Störungen gekommen. Lebewohl denn, und nimm für heut so vorlieb, die letzte Abhaltung, die ich hatte, war ein 7 Meilen langer Besuch von Henriette Reden, wobei Hensel und ich auf Kohlen standen, ich sagte schwere Jagd! und habe nun nicht geschrieben. Leb wohl, werde besser, komm wieder, komm bald. Fanny Hensel Wir wünschen Dir, mein liebstes Huhn! so viel kleine plaisirchen als möglich zu machen, und probiren deßhalb Schicksal und Post; vielleicht schwimmt und rumpelt dieser Bogen Papier über Rotterd. zu Dir, und sagt Dir, wie wir mit Dir klagen, als Töchter Zions. Aber Muth, mein guter Junge! lerne diese erste bedeutende Unnannehmlichkeit Deines Lebens mit männlicher Faßung ertragen, make the best of it, ruhe auf Deinen Lorbeeren, genieße des angenehmen Trostes, allenthalben Theilnahme zu erregen, und des Trostes, unter wohlwollenden Menschen, inmitten aller ersinnlichen Hülfsmittel zu sein. Denke, wenn Dir das im Hochlande begegnet wäre! es ist ein Gemeinplatz mit dem glücklichen Unglück, aber es hat doch etwas Wahres, und in bösen Fällen muß man sich das einzig Gute herausklauben und daran erheitern. – Doxats kommen, (God bless them!) immer à point nommé wenn wir uns Tod ängstigen wollen: so war ihr Brief v. 6. ein Labsal: Deinen v. 9. erhielten wir gestern Abend spät, also fast 3 Tage nach der gewöhnlichen Post, andre Kaufleute hatten Briefe; alle Börsenmenschen quälten den armen Vater mit Fragen, es waren für Eltern- und Geschwisterherzen harte Zeiten! – Du schreibst nicht, ob Du Schmerzen leidest; ich hoffe nein! Lieber Klingemann, Sie sind ein beßrer bulletin Schreiber, Sie reden gesetzt und wundärztlich über die Hauptsache; fahren Sie so fort. Ist denn Kind wirklich ein guter Chirurg? und hast Du mehr als einen Arzt? Doxat spricht v. les médecins. Wenns gegen die Zeit Deiner Erlösung kommt, so berathe Dich genau, ob die längere Landreise (über Calais) Dir ersprießlicher ist? Beruhigen würde mich in der späten Jahreszeit eine kurze Seefahrt. Solltest Du es mit diligencen nicht gut einrichten können, Nachts, od. abwechselnd am Tage zu ruhen, so kaufe Dir in Calais, od. wenns beßer ist, in Dover, einen leichten, bequemen kleinen Wagen; Vater wendet gern alles an, Dich geborgen und sicher zu wißen. Nur keine Uebermüdung und Erhitzung des Beins, und Zwischenräume v. Ruhe zum Ausstrecken. Zieht sich die Sache aber in die Länge, so wage nichts, und denk Dir den schlimmsten Fall, länger drüben zu weilen; kannst Du erst wieder ausgehen, so amusirst Du Dich auch wieder, und beschäftigen wirst Du Dich aller Orten. Vater wird Dir sehr gern Deinen freundl. Wunsch gewähren, uns Proben Deines Geschmacks im Einkauf zu geben. Aber erkundige Dich auch wegen den douanen in Calais od. Rotterd., Du könntest sonst leicht mehr Verdruß als Freude haben, und sie nähmen es Dir am Ende weg. Ein Shawl Deiner Wahl wäre mir sehr angenehm; nur erinnere ich, daß ich ein schwarzes, 1 rothes, 1 weißes und 1 hellgelbes besitze, und daß es zur Abwechslung also nur blau (dunkel od. hell) grün oder durchgehends mit Blumen od. Palmen sein dürfte. – Wir haben zwar noch keinen Schnee, wie Du, aber in der Gegend des Brockens ists auch schon so toll, und schlechtere Wittrung kanns überhaupt nicht geben, als jetzt und den ganzen Sommer und Herbst. Der arme Heyse muß heut wegen des Nachlaßes seines Vaters nach Magdeburg. Sei mir aber trotz trüben Himmels nicht maulhängkolisch, Schatzerl mein! rasire Dich und sieh menschlich aus: ermanne Dich, verwundeter Jüngling! denk an den armen Haßemüller, der in 3 Monaten mit keinem gebildeten Menschen gesprochen. Das ist die schreckliche Lage! – „es ist vortheilhaft, d. Genius bewirthen, giebst Du ihm ein Gastgeschenk, so läßt er Dir ein schöneres zurück. “ In Erwägung dieser Worte, rathe ich Dir, englische Lieder dort herauszugeben, und dies Dir so hospitable island zu erfreuen. Mich dünkt es eine Art freundlicher Tribut für alles empfangene Wohlwollen. Glücklich der Begabte, deßen Füllhorn Blumen und Früchte spenden kann! Donnerstag war Bettys Geburtstag; Heinrich wollte sie des Morgens herführen, das angefangene Bild Ludwigs zu sehen; dies verhinderte uns, ihr Vormittags die cour zu machen, und da sie nicht gekommen war, fuhren wir Abends alle, mit Ausnahme Vaters hin, Glück zu wünschen, ließen uns melden und wurden angenommen. Stell Dir aber die Ueberraschung vor! ein Familienfest; zwar keine Hinni, keinen Alex., keine Tante Jette; aber Onkel Bader, Großmama Wolff, cousine Schätzel, Bruder Zschiesche, Schwäger Ganzens, Gevatter Henning, Schwester Moeser, kurz tutti quanti Orchester und Theater. Wir alle im Hauskleide, die andren geputzt auf Mord. Du kannst Dir Fannys und Beckchens Gesichter denken, bis unser Wagen um 9 Uhr kam. Ist das nicht wieder eine schöne Henriade? Der Mensch wird doch auch nimmer klug. Im Vertrauen Dir aber, (denn sonst solls keiner erfahren) er hat Hensels Zeichnung v. Paganini für 20 louisdor abgekauft, mit Erlaubniß sie für sich kopiren zu dürfen. Auch hat er Lust, Hegel in ganzer Figur, für 100 l. oder noch mehr, malen zu laßen. Erführ es Betty, sie wäre außer sich. Das Geld für Pag. hat er gleich durch Vater auszahlen laßen, aus Furcht, es könnte Henseln leid werden. Das sind nu die Mäcene! Mon cher petit cœur! je t’embrasse, je t’aime, je fais mille veux pour toi: bleib mir bei guter Laune, und zeige den lieben treuen Menschen um Dich ein freundliches Gesicht. Liebster Sohn! als ich vor 8 Jahren auf den Tod krank lag und mich auch sterbend glaubte, machte ich stets meine Betttoilette tant bien que mal, so daß die paar Leute die mich besuchen durften, sich darüber verwunderten. Verzeih, daß ich meine geringe Autorität anführe; aber meine Erfahrung sagt, es geht; therefore, laß Dich entbarten und mach Dich so schön als möglich. Ich sehe von hier, daß Du ein netter Junge bist und nicht brummst. Schreibt auch über Rott., Ihr Liebsten! wenn nur wenige Worte. – Emil Bendemann ist angekommen; er hat einmal nach Umknicken des Fußes, sich zur Stärkung kaltes Waßer müßen übergießen laßen: ein Heimsches Mittel, das trefflich anschlug. Frage Deine Aerzte, ob dies nach geheilter Wunde nicht gut ist? Der alte 82jähr. Heim erkundigte sich bei Marianchen nach Dir, und sie sich umständlich alles erzählen: ei, sagte er, darum wird der doch Felix – bleiben! – Leb tausend, tausendmal wohl und grüß den besten Klingemann von Deiner treuen Mutter. – Dein voriger Wirth hat mich weinen machen, hat der gute Mann nicht Zärtlichkeit für Berlin? und würde ihm eine Taße od. sonst etwas mit einem Gebäude, Monumente, Aussicht v. Berl. Spaß machen? Dann schicke ichs ihm mit nächster Gelegenheit. Die Lords kann ich leider nicht beschenken. Lea Mendelssohn Bartholdy ich habe Deinetwegen eine kummervolle Woche gehabt, aus der mich zuerst Doxats Brief vom 6tn aus Lond darauf der Deinige vom 9t befreyete. Dampfböte blieben aus, dann kamen zwei an einem Tage, lauter Verwundrung und Trübsaal! Dann die 100/m Fragen von Freunden und vel quasi, und keine Antwort geben können! ich war ganz reisefertig, und wäre so sehr schwer es mir geworden wäre, hinübergekommen, wenn mich Dein Brief nicht beruhigt hätte. Nun hat er es aber, Gottlob! Hab Geduld, denke was es geworden wäre, hätte Dich ein solcher Unfall in einem schottischen Loche betroffen! am Ende büßest Du ja nur die holländische Reise ein, die in diesem gräulichen Wetter Dir nicht das viertel Vergnügen gewährt haben würde, und die Dir ja nicht entgeht. Jetzt macht mir nur Deine Rückreise Sorge! eine zu lange Landreise wird Dir auch nicht recht gut seyn, und Dampfböte gehn wohl nicht mehr, wenn Du Dich auf den Wege wirst machen können. Überlege Dir alles dort sehr genau, mit Freunden und Aertzten, und wenn Du über Calais kommst, so kaufe dir in Calais einen leichten Wagen, nimm Extrapost und ruhe die Nächte. An Geld kann es Dir ja nicht fehlen. Kauf was Dir zum Mitbringen gefällt, Du weißt ja daß ich Dich nicht genire, und ich weiß daß Du meinen Credit nicht mißbrauchst. Sollte dieser Brief früher als das Dampfboot vom 23t ankommen, so bitte ich Dich, Doxats in meinem Nahmen zu grüßen, und ihnen zu sagen, ich genehmige den Tausch der Columbier gegen Griechen, und würde ihnen Freitag schreiben; die Gütte und Aufmerksamkeit dieser Freunde ist zugleich meisterhaft und beispiellos. Herzliche Grüße dem Freund K. Leb wohl, und faße dich in Geduld, Dein Vater A
<TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1829-10-17-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1829-10-17-01" xml:id="title_59381779-0585-4756-ab72-3569d3902364">Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Hensel, Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, adressiert an Doxat & Co. <lb></lb> Berlin, 17. Oktober 1829</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_77a60589-30e9-41b7-80af-0e42c7a7994d">Bon jour, petite brebis! Wir wollen mal sehen, wie es via Rotterdam geht. Hambourg et la vapeur führen sich schlecht auf, abgesetzt ist es aber deswegen nicht, sondern Mittwoch wird wieder durch es geschrieben. 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Mein</incipit> </msItem> </msContents> <physDesc> <p>1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext; S. 4 Adresse von Abraham Mendelssohn Bartholdys Hand, 2 Poststempel [AMSTERDAM / 23 / OCT.], [FPO / OC-27 / 1829], Siegel.</p> <handDesc hands="4"> <p>Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Hensel, Lea Mendelssohn Bartholdy, Abraham Mendelssohn Bartholdy</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1829-10-17" xml:id="date_dc2176e8-3d86-40e2-8246-f4a7f9eba34d">17. Oktober 1829</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0117586" resp="author" xml:id="persName_633dda36-3dbe-4d4c-a2bd-9851e08d5377">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</persName> <persName key="PSN0111893" resp="author" xml:id="persName_a469c884-a476-4e7b-9fb1-45d5c0534356">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</persName> <persName key="PSN0113260" resp="author" xml:id="persName_982c31a1-26a4-415b-a1e8-b30b8f080cce">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</persName> <persName key="PSN0113247" resp="author" xml:id="persName_4e706318-bbfb-4c60-897f-c5cc951fd125">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0117586" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</persName><persName key="PSN0111893" resp="writer">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</persName><persName key="PSN0113260" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</persName> <persName key="PSN0113247" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</persName><placeName type="writing_place"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_21481954-de52-4a88-8804-06bfac5b8459">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_06e337b1-866f-4206-b923-2a5c37f73457"> <settlement key="STM0100126">London</settlement><country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft"> </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_fde565e7-fedc-44ef-8268-b8102fde5ed7"> <head> <address> <addrLine><hi rend="latintype">Messieurs Doxat & C<hi rend="superscript">o</hi></hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">pour M<hi rend="superscript">r</hi> Felix Mend: Bartholdy</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Londres</hi>.</addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_b822ae50-0ebe-4781-bfa3-25b5eb78efae"> <docAuthor key="PSN0117586" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0117586" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</docAuthor> <dateline rend="right"><date cert="high" when="1829-10-17" xml:id="date_7f102739-9ef3-4a10-8f72-ee5975eee8d4">Sonnabend den 17ten.</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="salute"><hi rend="latintype">Bon jour, petite brebis!</hi></seg><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_2ccab883-1414-45c6-9120-4bb5b0393f83" xml:lang="fr ">Bon jour, petite brebis – frz., Guten Tag, kleines Lamm.</note> Wir wollen mal sehen, wie es <hi rend="latintype">via Rotterdam</hi> geht. <hi rend="latintype">Hambourg et la vapeur</hi> führen sich schlecht auf, abgesetzt ist es aber deswegen nicht, sondern <date cert="high" when="1829-10-21">Mittwoch</date> wird wieder durch es geschrieben. Mein armer Kerl, Du mit allen Deinen Süßigkeiten, Dir raspeln<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_4dbfbf1c-aa5e-43cd-8e19-b3535e8982f4" xml:lang="de">raspeln – flirten.</note> sie doch im eigentlichen Sinne Süßholz; aber sage mal, hast Du denn noch gar keinen Damenbesuch erhalten? Wenn die <hi rend="latintype">ladies</hi> und <hi rend="latintype">Misses</hi> nicht zu Dir auf die Stube kommen, oder Dir aufs Dach steigen, so glaube ich nicht an Dein Glückmachen und an weh Damen. A propos, Felix, man blökt hier, <persName xml:id="persName_b853e28f-ba0a-44ef-934c-e6df732519c4">Einbrodt<name key="PSN0110873" style="hidden" type="person">Einbrodt (Einbrod), Paul Peter Petrowitsch (Petrovič) (1802-1840)</name></persName> ist angekommen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_4fe339e8-b452-4094-8fd6-453c5f8903d8" xml:lang="de">Einbrodt ist angekommen – Der Mediziner Paul Peter Petrowitsch Einbrodt hielt sich 14 Tage in Berlin auf, am 23. Oktober 1829 war er bei der Familie Mendelssohn zu Gast (Hensel, Tagebücher, S. 25, Eintrag vom 30. Oktober 1829).</note> der ist einmal dick geworden. – Ich gratulire Dir zu <persName xml:id="persName_3ef99c05-454b-477c-b518-205832fe3c5b">Ritzens<name key="PSN0114202" style="hidden" type="person">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</name></persName> Geburtstag,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_318184ee-e8ed-432d-b230-593a24000a34" xml:lang="de">Ritzens Geburtstag – Der Geiger Eduard Rietz beging am 17. Oktober 1829 seinen 27. Geburtstag.</note> der <date cert="high" when="1829-10-17">heut</date> ist, willst Du wissen, was er kriegt? Von <persName xml:id="persName_9e39a09b-3a68-48be-b027-7629314de694">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> einen gottvollen Gingham Schlafrock,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_72d923d6-c961-4aac-a0e5-ac92a4a903c1" xml:lang="de">Gingham Schlafrock – englischer Schlafrock mit Gingham-Muster (Vichy-Muster).</note> von <persName xml:id="persName_1e3b00c9-2713-4cb4-9cb1-585ee510dad5">Fanny<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> die <title xml:id="title_edb7bd37-b096-4d84-9cf7-e5e47b26c60b">6 Lieder<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name><name key="CRT0111453" style="hidden" type="music">»Liederkreis«, Liederzyklus für Sopran und Klavier (Nr. 1–5) und für Sopran, Alt und Tenor (Nr. 6) HU 236 (25. Mai – 6. Juni 1829)</name></title>, auf grünem Papier, mit einer wunderschönen <title xml:id="title_4e5a5a6a-64e4-4611-8ef6-3d53b96b5c47">Zeichnung<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109210" style="hidden" type="art">Vignetten zu → Fanny Hensels Liederkreis 1829 (Hellwig-Unruh Nr. 236, 1829)</name></title>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_998b9dfc-2c7d-4d82-bb19-4a2e6b606edc" xml:lang="de">von Fanny die 6 Lieder … mit einer wunderschönen Zeichnung – eine Abschrift des von Fanny Hensel komponierten und von Wilhelm Hensel mit einer Vignette versehenen Liederkreises HU 236 auf Gedichte von Johann Gustav Droysen; heutiger Standort nicht bekannt.</note> <del cert="low" rend="strikethrough">am Rande</del> eine große weibliche Figur, die trägt einen Korb auf dem Kopfe, in dem Korbe sind Blumen, aus den Blumen springen Sterne hervor. An Deiner Stelle zerbräche ich mir den Kopf, von wem die Zeichnung wol seyn könnte. Ferner bekommt er von <persName xml:id="persName_a1e26af0-1e99-4934-bf0d-b96788e67f76">Betty Schatz<name key="PSN0113886" style="hidden" type="person">Pistor, Betty (Elisabeth) (1802-1877)</name></persName>, die <date cert="high" when="1829-10-17">heut Abend</date> bei uns ist, den <hi rend="latintype">pendant</hi> zu Deiner rothen Börse,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0c09ef0d-cc63-45ce-8e6b-7cf9b96c893b" xml:lang="de">Deiner rothen Börse – Mit Brief gb-1829-06-10-01 Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Wilhelm Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 2. – 10. Juni 1829, hatte Mendelssohn eine rote Börse zugesandt bekommen. Sie enthielt den von Fanny Mendelssohn Bartholdy komponierten und von Wilhelm Hensel mit Vignetten versehenen Liederkreis HU 236 sowie Zeichnungen Hensels von Lea und Rebecka Mendelssohn Bartholdy.</note> und von mich einen ganz kleinen zarten <persName xml:id="persName_1c69752e-7513-4877-84d2-5cce03c6bf88">Schiller<name key="PSN0114545" style="hidden" type="person">Schiller, Johann Christoph Friedrich (seit 1802) von (1759-1805)</name></persName> von Biskuit, aber nicht zum Essen. – Göttlich mußt Du finden, daß <persName xml:id="persName_6f6a5224-f8a0-4914-ab33-af031f4a68d8">Julius<name key="PSN0114200" style="hidden" type="person">Rietz, August Wilhelm Julius (1812-1877)</name></persName> auch anfängt in indischen (so heißen jetzt die Grünseler, ein Radwitz)<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_a7fe61b3-b3f6-46b3-b8a5-805d99e6e7b9" xml:lang="de">ein Radwitz – interner Witz des Freundeskreises (des Rades) der Mendelssohn-Geschwister. Mit dem allegorischen Rad ist der Zirkel gemeint, den die Geschwister und Freunde um Felix Mendelssohn Bartholdy bildeten. Wilhelm Hensel stellte das »Rad« in einer Zeichnung dar (Berlin, Kupferstichkabinett, Hensel-Alben 9/31. Abbildung: Preußische Bildnisse des 19. Jahrhunderts, S. 16). Fanny Mendelssohn Bartholdy übersandte und beschrieb die Zeichnung im Brief gb-1829-08-15-01 Fanny Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London (?), Berlin, 15. August 1829. Sie nennt darin die Freunde, die zusammen mit ihr und der Schwester Rebecka die Speichen des Rades bilden und die Nabe, den Bruder Felix, umkreisen. Die Rede vom »Rad« kam nach Johann Gustav Droysen auf, weil im Kreis um Felix und die Schwestern »ungeheuer […] geklatscht wurde und die Damen unserer Bekanntschaft noch weit klatschhafter wieder durchklatschten, was wir geklatscht hatten und wovon sie mit bewunderungswürdiger Schnelligkeit fast jeden Augenblick unterrichtet waren« (Hübner, Johann Gustav Droysen 1829-1851, S. 4).</note> Häusern Unterricht zu geben, all seine Schülerinnen wohnen so in der Gegend der heiligen Geist, Spandauer, Bischofs Straße, und so fort. Dazu nun <persName xml:id="persName_9fc1e454-2356-4933-b6c4-f02710399197">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName> in <persName xml:id="persName_34dd5e0c-4bdf-4d19-bfb6-98a3db22da47">Hr. v. Halles<name key="PSN0116945" style="hidden" type="person">Halle, Friedrich Gottlieb von (bis 1806: Salomon Joel) (1780-1841)</name></persName> <hi rend="latintype">Comptoir</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_78255731-222b-4a20-b913-594d02985595" xml:lang="de">Paul in Hr. v. Halles Comptoir – Paul Mendelssohn Bartholdy absolvierte seit dem 1. April 1829 eine kaufmännische Ausbildung bei dem Bankier Friedrich Gottlieb von Halle (vgl. Hensel, Tagebücher, S. 14).</note> ich sage Dir, das Duett, das die beiden Jungen mit einander sprechen. – Die Welt beträgt sich theilnehmend, zahlreiche Botschaften von gefühlvollen Familien erkundigen sich nach Deiner Pote. <hi rend="latintype">Que diable allait-il faire dans ce cabriolet</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_65602ece-9133-483e-9b3e-69d03cbd3fe4" xml:lang="fr ">Que diable allait-il faire dans ce cabriolet – frz., Was zum Teufel machte er auf dieser Kutsche? Angelehnt an Worte des Géronte (zweiter Akt, siebente Szene) in Molières Komödie Les Fourberies de Scapin (UA 1671): »Que diable allait-il faire dans cette galère?«</note> Einbrot habe ich ausdrückt, wie eine Citrone, was Dich betrifft, und er hat richtig noch einige neue Geschichten gewußt. Er hat von <persName xml:id="persName_b904a2fe-2f05-4a42-8d39-5f20a2b832c5">Hassenmüller<name key="PSN0116971" style="hidden" type="person">Hassenmüller, Herr</name></persName> einen Brief aus Bucharest, der arme Kerl hat das Faulfieber<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_ac6d72e5-1a79-43ab-882c-10ac99d8b8c5" xml:lang="de">Faulfieber – auch: Fleckfieber oder Flecktyphus; bakterielle Infektion, die durch auf Menschen übertragene Kleiderläuse ausgelöst wird.</note> gehabt, und war so miserabel, daß er nicht mit dem Pferde über einen Graben zu setzen vermochte, ich mußte an die Geschichte mit <title xml:id="title_ee0a5372-8f5c-4414-b67c-211bfcb0ffcc">Götzens Pferd<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749–1832)</name><name key="CRT0111823" style="hidden" type="dramatic_work">Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e7403e69-7ad4-4f0f-862a-0ba952f429aa" xml:lang="de">die Geschichte mit Götzens Pferd – Szene aus dem dritten Akt von Johann Wolfgang von Goethes Schauspiel Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand.</note> denken, und machte innerlich einige neue Bemerkungen über den Wechsel des Schicksals. Hoffentlich hat ers nun überstanden, und läßt sich im Kreise der Seinigen wieder auffüttern. – Hier reiten sie auf dem Witz <persName xml:id="persName_77e5adb5-e921-4d5d-afa6-0f2ceff192df">Sabbalkansky<name key="PSN0116533" style="hidden" type="person">Diebitsch-Sabalkanskij, Johann (Hans) Karl Friedrich Anton (Iwan Iwanowitsch) (seit 1829) Graf von (1785-1831)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_89834994-a11c-4169-8534-67b33c984498" xml:lang="de">dem Witz Sabbalkansky – Johann Carl Friedrich Anton Graf von Diebitsch-Sabalkanskij, kaiserlich-russischer Feldmarschall, erhielt seinen Beinamen Sabalkanskij (russ. за Балканский; dt. »Überschreiter des Balkans«) nach dem Russisch-Osmanischen Feldzug 1828/29. Er erzwang im Juli 1829 den Übergang über den Balkan, der die Kapitulation von Adrianopel (heute: Edirne, Türkei) am 20. August und den dort geschlossenen Frieden am 14. September 1829 bewirkte. Diebitsch wurde am 11. August 1829 mit dem Namenszusatz Sabalkanski in den Grafenstand erhoben, die Ernennung zum Generalfeldmarschall folgte am 22. September 1829.</note> herum, und nennen den Rittmeister <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_63381ee1-aef9-4cbf-901c-00a075704c1c">Molière<name key="PSN0117630" style="hidden" type="person">Molière, August Ludwig Bernhard (?-1845)</name></persName></hi> Tivolinsky.<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_6431355d-26c3-43fe-84a2-b1efb581c4de" xml:lang="de">Tivolinsky – wohl Anspielung auf den Mitte Juli 1829 auf dem Berliner Kreuzberg südlich vom Halleschen Tor eingerichteten Vergnügungspark »Winters Tivoli«.</note> – Du denkst Dir unser jetziges Leben so bunt und bewegt, Herzchen, Du irrst, im Gegentheil, wir leben sehr still, haben aber an unserem <persName xml:id="persName_d095f70c-a457-44e4-b03c-daceb254c8cc">Ehepaar<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> Freude, sie sind nett, und amüsiren sich so himmlisch mit ihrer Einrichtung, daß sich ein Anderer wieder darüber amüsiren kann, Hensel malt sehr viel, ist ausgelassener und besonders konfuser als je, <date cert="high" when="1829-10-16">gestern Abend</date> wollte er einen <persName xml:id="persName_9f3ce95e-198e-4e12-a393-f979174b5ef3">Regierungsrath Schnaase<name key="PSN0114634" style="hidden" type="person">Schnaase, Carl Julius Ferdinand (1798-1875)</name></persName>, den er selbst bei uns eingeführt hat, mit <persName xml:id="persName_8eb22c17-53ce-4f7f-b9ed-3ef445583ed1">Einbrodt<name key="PSN0110873" style="hidden" type="person">Einbrodt (Einbrod), Paul Peter Petrowitsch (Petrovič) (1802-1840)</name></persName> bekannt machen, konnte sich aber bei der Vorstellung um keinen Preis auf den Namen Schnaase besinnen, und hätte man ihm nicht eingeholfen, die beiden Leute wüßten noch nicht, wie sie mit einander dran wären. Herze, <date cert="high" when="1829-10-17">heut</date> ist Sonnabend, da kommt He<choice resp="writer" source="autograph_edition_template"> <corr resp="writer">y</corr> <sic resp="writer">i</sic> </choice>se, da muß ich mich präpariren, da schlägt es elfe.<seg type="closer"> Adieu. Junge, sey Deinen Aerzten hübsch folgsam, sey der wohlgewachsenste längste Mensch von 20 Jahren, der mir vorgekommen; überhaupt, sey passabel, die lange Nase und der Stock thun nichts zur Sache. Leb wohl! O Herr Klingemann; meine Nase ist nicht mehr braun,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_082c9d59-6c5b-4474-a8e9-cb8b32953d71" xml:lang="de">meine Nase ist nicht mehr braun – Rebecka Mendelssohn Bartholdy hatte Ende September / Anfang Oktober 1829 »ein Geschwür auf der Nase, das sie etwas entstellte, und sehr verstimmte« (Hensel, Tagebücher, S. 24).</note> und ich kassire jetzt Lobsprüche ein, meine häutige Bräune mit Fassung und Heroismus ertragen zu haben. Grüßen Sie einander, ich hoffe, Sie, Freund Klingemann, sind nicht böse über die Süßbriefchen, die Felix bekommt. Verzehren Sie sie in Gesundheit.</seg></p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Rebecka Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_2eaf2130-a099-403b-a6fd-f6b094b385ba"> <docAuthor key="PSN0111893" resp="author" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111893" resp="writer" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Zuerst zur Beantwortung Deiner Frage, <seg type="salute">lieber Felix,</seg> Dein weißes Taktstöckchen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ebb79172-51c5-476e-98ce-522a18b9e70e" xml:lang="de">Dein weißes Taktstöckchen – Felix Mendelssohn Bartholdy hatte sich 1829 in London einen Taktstock aus weißem Leder anfertigen lassen.</note> habe ich durch <persName xml:id="persName_c1ec9791-7013-4f5e-94c1-b796fc9bdad1">Mühlenfels<name key="PSN0113471" style="hidden" type="person">Mühlenfels, Ludwig von (1793-1861)</name></persName> erhalten, und es ruht in meinem Schreibtischkasten wohlverwahrt, neben dem graueren, welches einst aus dem dürren <placeName xml:id="placeName_90aabf02-eca7-4e5f-94ae-8fdc91172626">Academiefelsen<name key="NST0100203" style="hidden" subtype="" type="institution">Sing-Akademie</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> die <title xml:id="title_c8ce9bbd-1da3-4d7a-b23f-6f5719033433">Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title> herausschlug.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_27246bd4-9be3-4504-a32e-f68fd1fbea59" xml:lang="de">dem graueren, welches einst aus dem dürren Academiefelsen die Passion herausschlug – Fanny Hensel verwahrte den Taktstock, den Felix Mendelssohn Bartholdy am 11. und am 21. März 1829 bei den Aufführungen von Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion BWV 244 in der Sing-Akademie benutzt hatte.</note> Jetzt ziehe ich es heraus, und zeige es Dir, siehst Du?<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Du konntest mich zuweilen recht böse machen, wenn Du Sachen, die ich sagte, nicht glaubtest, sondern zu sehn verlangtest, weißt Du wohl noch? Zweitens ist das ja ein prächtiges Land, wo die Lieder mit 10 Guineen pro Stück bezahlt<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ecd14baa-30f4-4e02-a237-e44de9ecbb54" xml:lang="de">die Lieder mit 10 Guineen pro Stück bezahlt – bezieht sich auf Brief fmb-1829-10-09-01 (Brief Nr. 226) Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Klingemann an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 9. Oktober 1829, Z. 92 f.: »sie haben mir 10 Guinées für ein Lied geben wollen.«</note> werden, kannst Du mich nicht da empfehlen? Wenn sie mir 12 abnehmen kriegen sie das 13te in Kauf. Jetzt kriegt er Furcht, und denkt, o weh, sie ist gemein geworden im Ehestand – aber nein. – <persName xml:id="persName_d37c20d1-babf-46c9-9d2c-e13753a93870">Doxats<name key="PSN0110722" style="hidden" type="person">Doxat, Familie von → Eugen D.</name></persName>, die uns schon seit Deinem Dortseyn hundertmal verpflichtet haben, haben uns <date cert="high" when="1829-10-16">gestern</date> wieder die ersten Nachrichten von Dir seit 10 Tagen gegeben, ihr Brief über Rotterdam<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_53ee7cf4-cfd4-4e50-b730-85131dd1fc79" xml:lang="de">ihr Brief über Rotterdam – Briefe der Londoner Familie von Eugen Doxat an die Familie Mendelssohn in Berlin sind nicht bekannt.</note> kam 8 Stunden früher an, als <title xml:id="title_ce00b0ba-635e-44b8-87c5-269cab0a7631">Dein späterer über Hamburg <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-10-09-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Klingemann an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; London, 9. Oktober 1829</name> </title>. Mein sehr lieber Felix, Dein Unfall<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_82f0ac23-4367-4201-b10a-6f7d45f03aeb" xml:lang="de">Dein Unfall – Felix Mendelssohn Bartholdy war am 17. September 1829 in London mit einem Pferdewagen verunglückt und hatte sich am Knie verletzt.</note> und seine Folgen sind uns Allen leid und weh, das kannst Du begreifen, aber mir um so mehr, da sie grade in eine Zeit trafen, wo ich Dir nur die größte Freude gegönnt hätte, das thut mir wirklich sehr weh, und ich kanns nicht verwinden, und nun werde ich abgerufen, soll den Brief abgeben, und habe nichts geschrieben, denn seit drei Stunden, wo ich ihn habe, bin ich nicht aus den Störungen gekommen. Lebewohl denn, und nimm für <date cert="high" when="1829-10-17">heut</date> so vorlieb, die letzte Abhaltung, die ich hatte, war ein 7 Meilen langer Besuch von <persName xml:id="persName_c3062678-4d67-4416-b37e-2c9f7931e6df">Henriette Reden<name key="PSN0114096" style="hidden" type="person">Reden, Henriette von (1788-1847)</name></persName>, wobei <persName xml:id="persName_f57b5e6c-6bff-41fc-8948-d15e1611ad7b">Hensel<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName> und ich auf Kohlen standen, ich sagte schwere Jagd! und habe nun nicht geschrieben.<seg type="closer"> Leb wohl, werde besser, komm wieder, komm bald.</seg></p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Fanny Hensel</add></signed> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_35d294bd-a556-462c-a341-9bce77f3a8d9"> <docAuthor key="PSN0113260" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113260" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777–1842)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Wir wünschen Dir, <seg type="salute">mein liebstes Huhn!</seg> so viel kleine <hi rend="latintype">plaisir</hi>chen als möglich zu machen, und probiren deßhalb Schicksal und Post; vielleicht schwimmt und rumpelt dieser Bogen Papier über Rotterd. zu Dir, und sagt Dir, wie wir mit Dir klagen, als Töchter Zions.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d276f24d-0bf2-47d6-8caa-467a6fc09843" xml:lang="de">wie wir mit Dir klagen, als Töchter Zions – Anspielung auf den Eingangschor »Kommt, ihr Töchter, helft mir klagen« aus Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion BWV 244.</note> Aber Muth, mein guter Junge! lerne diese erste bedeutende <choice resp="editor" source="autograph_edition_template"> <sic resp="writer">Unnannehmlichkeit</sic> <corr resp="editor">Unannehmlichkeit</corr> </choice> Deines Lebens mit männlicher Faßung ertragen, <hi rend="latintype">make the best of it</hi>, ruhe auf Deinen Lorbeeren, genieße des angenehmen Trostes, allenthalben Theilnahme zu erregen, und des Trostes, unter wohlwollenden Menschen, inmitten aller ersinnlichen Hülfsmittel zu sein. Denke, wenn Dir das im Hochlande<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f9be4d59-f699-4e13-9e42-d77fd0a38fcc" xml:lang="de">im Hochlande – Gemeint ist Mendelssohns Aufenthalt in Schottland und Wales im Juli / August 1829.</note> begegnet wäre! es ist ein Gemeinplatz mit dem glücklichen Unglück, aber es hat doch etwas Wahres, und in bösen Fällen muß man sich das einzig Gute herausklauben und daran erheitern. – <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_d11cd033-5825-43a9-b044-b86e5763f63c">Doxats<name key="PSN0110722" style="hidden" type="person">Doxat, Familie von → Eugen D.</name></persName></hi> kommen, (<hi rend="latintype">God bless them</hi>!) immer <hi rend="latintype">à point nommé</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_904199b4-9e9d-4129-b968-b680585f892c" xml:lang="fr ">à point nommé – frz., rechtzeitig, im rechten Augenblick.</note> wenn wir uns Tod ängstigen wollen: so war ihr Brief <date cert="high" when="1829-10-06">v. 6.</date> ein Labsal: <title xml:id="title_dff52501-a2fe-4b15-a41c-b0462e6f0353">Deinen <date cert="high" when="1829-10-09" xml:id="date_9653dda4-b919-4c01-bb43-cafd1e23cff9">v. 9.</date> <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-10-09-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Klingemann an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; London, 9. Oktober 1829</name> </title> erhielten wir <date cert="high" when="1829-10-16">gestern Abend</date> spät, also fast 3 Tage nach der gewöhnlichen Post, andre Kaufleute hatten Briefe; alle Börsenmenschen quälten den armen <persName xml:id="persName_9cfcf474-5e90-48f9-a5d3-1c5f3f589a92">Vater<name key="PSN0113247" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</name></persName> mit Fragen, es waren für Eltern- und Geschwisterherzen harte Zeiten! – Du schreibst nicht, ob Du Schmerzen leidest; ich hoffe nein! Lieber Klingemann, Sie sind ein beßrer <hi rend="latintype">bulletin</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_965e7e96-d069-445b-8100-0889cd3409d7" xml:lang="fr ">bulletin – frz., Bericht; hier: Krankenbericht.</note> Schreiber, Sie reden gesetzt und wundärztlich über die Hauptsache; fahren Sie so fort. Ist denn <persName xml:id="persName_5b28fada-1202-4892-8e95-5e3d269a7411">Kind<name key="PSN0112378" style="hidden" type="person">Kind, Carl Maximilian (1801-1831)</name></persName> wirklich ein guter Chirurg? und hast Du mehr als einen Arzt? <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_58024328-01b6-46d1-98bd-4772fa340578">Doxat<name key="PSN0110727" style="hidden" type="person">Doxat, Eugen</name></persName></hi> spricht v. <hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline">les</hi> médecins</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_f142dab9-8346-42ff-ad71-069b2c3b12b3" xml:lang="fr ">les médecins – frz., die Ärzte.</note> Wenns gegen die Zeit Deiner Erlösung kommt, so berathe Dich genau, ob die längere Landreise (über <hi rend="latintype">Calais</hi>) Dir ersprießlicher ist? Beruhigen würde mich in der späten Jahreszeit eine kurze Seefahrt. Solltest Du es mit <hi rend="latintype">diligencen</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_0179e2fc-ccbc-4674-aaf7-3930c0f1c643" xml:lang="fr ">diligencen – frz., Eilpostwagen.</note> nicht gut einrichten können, Nachts, od. abwechselnd am Tage zu ruhen, so kaufe Dir in <hi rend="latintype">Calais</hi>, od. wenns beßer ist, in <hi rend="latintype">Dover</hi>, einen leichten, bequemen kleinen Wagen; Vater wendet gern alles an, Dich geborgen und sicher zu wißen. Nur keine Uebermüdung und Erhitzung des Beins, und Zwischenräume v. Ruhe zum Ausstrecken. Zieht sich die Sache aber in die Länge, so wage nichts, und denk Dir den schlimmsten Fall, länger drüben zu weilen; kannst Du erst wieder ausgehen, so <hi rend="latintype">amusir</hi>st Du Dich auch wieder, und beschäftigen wirst Du Dich aller Orten. Vater wird Dir sehr gern Deinen freundl. Wunsch gewähren, uns Proben Deines Geschmacks im Einkauf zu geben. Aber erkundige Dich auch wegen den <hi rend="latintype">douanen</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_1bef7ddc-3ee0-4930-beb7-46bc295aba84" xml:lang="fr ">douanen – frz., Zölle.</note> in <hi rend="latintype">Calais</hi> od. Rotterd., Du könntest sonst leicht mehr Verdruß als Freude haben, und sie nähmen es Dir am Ende weg. Ein <hi n="1" rend="underline"><hi rend="latintype">Shawl</hi></hi> Deiner <hi n="1" rend="underline">Wahl</hi> wäre mir sehr angenehm; nur erinnere ich, daß ich ein schwarzes, 1 rothes, 1 weißes und 1 hellgelbes besitze, und daß es zur Abwechslung also nur blau (dunkel od. hell) grün oder durchgehends mit Blumen od. Palmen sein dürfte. – Wir haben zwar noch keinen Schnee, wie Du, aber in der Gegend des Brockens ists auch schon so toll, und schlechtere Wittrung kanns überhaupt nicht geben, als jetzt und den ganzen Sommer und Herbst. Der arme <persName xml:id="persName_4ab2f9d4-34a7-42c7-8b69-75c0cc2c1190">Heyse<name key="PSN0111970" style="hidden" type="person">Heyse, Carl Wilhelm Ludwig (1797-1855)</name></persName> muß <date cert="high" when="1829-10-17">heut</date> wegen des Nachlaßes seines <persName xml:id="persName_c2c05cea-4fb6-4ed9-b249-ee79e030c820">Vaters<name key="PSN0111973" style="hidden" type="person">Heyse, Johann Christian August (1764-1829)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_cfa26b9b-6f88-4eee-bcaf-fdfa9ba225e8" xml:lang="de">Der arme Heyse … des Nachlaßes seines Vaters – Carl Wilhelm Ludwig Heyses Vater Johann Christian August Heyse war am 27. Juni 1829 gestorben.</note> nach Magdeburg. Sei mir aber trotz trüben Himmels nicht maulhängkolisch,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_1af82c9c-83a1-438a-b5bf-66b48e253fa1" xml:lang="de">maulhängkolisch – Wortverdrehung von »melancholisch« (vgl. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Bd. VI, Leipzig 1885, Sp. 1805).</note> Schatzerl mein! rasire Dich und sieh menschlich aus: ermanne Dich, verwundeter Jüngling! denk an den armen <persName xml:id="persName_f6a1972e-360c-4b95-8bac-fee9da29008f">Haßemüller<name key="PSN0116971" style="hidden" type="person">Hassenmüller, Herr</name></persName>, der <hi n="1" rend="underline">in 3 Monaten</hi> mit keinem gebildeten Menschen gesprochen. <hi n="1" rend="underline">Das</hi> ist die schreckliche Lage! – „<title xml:id="title_dc8412a5-93d6-4f73-aa90-b12980dde439">es ist vortheilhaft, d. Genius bewirthen, giebst Du ihm ein Gastgeschenk, so läßt er Dir ein schöneres zurück.<name key="PSN0111422" style="hidden" type="author">Goethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749–1832)</name><name key="CRT0108851" style="hidden" type="dramatic_work">Torquato Tasso</name></title>“<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_25ff7170-8dd2-49bd-ace8-5aff0572f4da" xml:lang="de">„es ist vortheilhaft, d. Genius bewirthen … ein schöneres zurück.“ – Worte der Leonore in Johann Wolfgang von Goethes Schauspiel Torquato Tasso (erster Aufzug, erster Auftritt).</note> In Erwägung dieser Worte, rathe ich Dir, englische Lieder dort herauszugeben, und dies Dir so <hi rend="latintype">hospitable island</hi> zu erfreuen. Mich dünkt es eine Art freundlicher Tribut für alles empfangene Wohlwollen. Glücklich der Begabte, deßen Füllhorn Blumen und Früchte spenden kann!</p> <p><date cert="high" when="1829-10-15">Donnerstag</date> war <persName xml:id="persName_f345d0d9-c3e8-4054-99ba-cac99796723a">Bettys<name key="PSN0109770" style="hidden" type="person">Beer, Rebecka (Betty) (1793-1850)</name></persName> Geburtstag;<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_abca3316-e5b6-4229-a722-6be7da02ef94" xml:lang="de">Donnerstag war Bettys Geburtstag – Mendelssohns Cousine Rebecka Beer feierte am 15. Oktober 1829 ihren 36. Geburtstag.</note> <persName xml:id="persName_76fda02b-d50f-4976-908f-210e9019fa45">Heinrich<name key="PSN0109766" style="hidden" type="person">Beer, Heinrich (Henoch, Hans) (1794-1842)</name></persName> wollte sie des Morgens herführen, das angefangene <title xml:id="title_0c608d68-506f-42f7-8da7-bb87fc119500">Bild<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109195" style="hidden" type="art">Ludwig Beer, 10-jährig (Ölgemälde 1830, verschollen)</name></title> <persName xml:id="persName_b0185604-2077-4d68-b0c1-7fe9ad526e2a">Ludwigs<name key="PSN0109768" style="hidden" type="person">Beer, Ludwig (1821-1831)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_d22036fb-ac58-4d31-805e-8035a18fd432" xml:lang="de">das angefangene Bild Ludwigs – Das 1830 vollendete Porträt des zehnjährigen Ludwig Beer von Wilhelm Hensel ist verschollen. Im »Verzeichniß von Wilhelm Hensels Werken« werden Details des Bildes genannt: »Ludwig Beer, 10 J. alt auf dem Postament einer Sonnenuhr sitzend, u. eine Malve mit einem Schmetterling faßend. Ganze F. L.« (vgl. Lowenthal-Hensel / Arnold, Wilhelm Hensel, S. 166).</note> zu sehen; dies verhinderte uns, ihr <date cert="high" when="1829-10-15">Vormittags</date> die <hi rend="latintype">cour</hi> zu machen, und da sie nicht gekommen war, fuhren wir <date cert="high" when="1829-10-15">Abends</date> alle, mit Ausnahme Vaters hin, Glück zu wünschen, ließen uns melden und wurden angenommen. Stell Dir aber die Ueberraschung vor! ein Familienfest; zwar keine <persName xml:id="persName_a0851bc0-5a5f-434c-aa2f-231c5ac42550">Hinni<name key="PSN0113223" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Henriette (Hinni) (1776-1862)</name></persName>, keinen <persName xml:id="persName_9274e718-8a4a-4311-b5db-5ee2aedbe727">Alex<name key="PSN0113213" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Alexander (1798-1871)</name></persName>., keine <persName xml:id="persName_2aed3400-1bd0-4ad4-a877-f5d8727108d1">Tante Jette<name key="PSN0113224" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Henriette Maria (Jette) (1775-1831)</name></persName>; aber <persName xml:id="persName_f3df601f-6ca3-4d0d-9b3c-590f3df150c3">Onkel Bader<name key="PSN0109627" style="hidden" type="person">Bader, Karl Adam (1789-1870)</name></persName>, <persName xml:id="persName_50e87456-ee06-4c61-8e2d-110b57056ea7">Großmama Wolff<name key="PSN0115840" style="hidden" type="person">Wolff, verw. Miller, gesch. Becker, Anna Amalie Christiane (1780-1851)</name></persName>, <hi rend="latintype">cousine</hi> <persName xml:id="persName_bb5c9c1a-8869-459e-a50a-e2d5ae3884d5">Schätzel<name key="PSN0114507" style="hidden" type="person">Schätzel, Johanne Sophie Friederike Pauline von (1812-1882)</name></persName>, <persName xml:id="persName_40bc5b98-30e7-425f-b2b8-d47a08ee2b76">Bruder Zschiesche<name key="PSN0115935" style="hidden" type="person">Zschiesche, August (1800-1876)</name></persName>,<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> <persName xml:id="persName_ae2cb3e1-c219-4ee3-a1ed-3c6fe56e39d8">Schwäger Ganzens<name key="PSN0111284" style="hidden" type="person">Ganz, Leopold Alexander (vor 1808: Lion) (1806-1869)</name><name key="PSN0111285" style="hidden" type="person">Ganz, Moritz Eduard (vor 1808: Moises Salomon) (1802-1868)</name></persName>, <persName xml:id="persName_5a38c2e3-49fd-48cd-bb20-e1b6e32354c8">Gevatter Henning<name key="PSN0111884" style="hidden" type="person">Henning, Karl Wilhelm (1784-1867)</name></persName>, <persName xml:id="persName_e6fd847d-9e05-491a-9293-312d45d11900">Schwester Moeser<name key="PSN0117628" style="hidden" type="person">Moeser (Möser), Louise (1805-?)</name></persName>, kurz <hi rend="latintype">tutti quanti</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_0f62bb62-3f17-4a44-adcd-894b8566911b" xml:lang="it ">tutti quanti – ital., alle zusammen.</note> <placeName xml:id="placeName_09e1cba1-f1c1-4609-b561-c83e061c2672">Orchester<name key="NST0100406" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliche Hofkapelle</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> und <placeName xml:id="placeName_f01c8301-9070-475e-9fd3-ec6b0c4f2cbc">Theater<name key="NST0100293" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliches Opernhaus</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>. Wir alle im Hauskleide, die andren geputzt auf Mord. Du kannst Dir <persName xml:id="persName_8436e817-e0d7-46aa-b15f-291615904a01">Fannys<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName> und <persName xml:id="persName_1a978f5e-75d3-4e9f-9cde-7e3a391ebded">Beckchens<name key="PSN0117586" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> Gesichter denken, bis unser Wagen um 9 Uhr kam. Ist das nicht wieder eine schöne <hi rend="latintype">Henriade</hi>?<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_bbfe8c3e-aabd-4fe0-b170-cfa679566edc" xml:lang="de">eine schöne Henriade – ein Streich von Heinrich Beer. </note> Der Mensch wird doch auch nimmer klug. Im Vertrauen Dir aber, (denn sonst solls keiner erfahren) er hat <title xml:id="title_9a9307bf-9994-415b-972d-a1bcd0c4bbad">Hensels Zeichnung<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109198" style="hidden" type="art">Niccolò Paganini (Skizze 1829)</name></title> v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_82c448ce-ed94-42a9-a1bd-a8d2c3140d59">Paganini<name key="PSN0113722" style="hidden" type="person">Paganini, Niccolò (1782-1840)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e0c2c285-5fb6-4cf6-a634-caf33209b58f" xml:lang="de">Hensels Zeichnung v. Paganini – Wilhelm Hensel hatte Niccolò Paganini am 19. März 1829 im Hause der Mendelssohns gezeichnet; vgl. dazu Hensel, Tagebücher, S. 11 (heutiger Standort der Zeichnung: Berlin, Kupferstichkabinett, Hensel-Alben 8/18. Abbildung: Lowenthal-Hensel / von Strachwitz, Europa im Porträt, Bd. 2, S. 81).</note> für 20 <hi rend="latintype">louisdor</hi> abgekauft, mit Erlaubniß sie für sich kopiren zu dürfen. Auch hat er Lust, <persName xml:id="persName_77ff265d-2094-4ce9-857e-25378a0add62">Hegel<name key="PSN0111804" style="hidden" type="person">Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831)</name></persName> in ganzer Figur, für 100 l. oder noch mehr, malen zu laßen. Erführ es <persName xml:id="persName_049161b2-b54f-43cc-a31c-c5c8faf5a91c">Betty<name key="PSN0109770" style="hidden" type="person">Beer, Rebecka (Betty) (1793-1850)</name></persName>, sie wäre außer sich. Das Geld für <hi rend="latintype">Pag</hi>. hat er gleich durch Vater auszahlen laßen, aus Furcht, es könnte Henseln leid werden. Das sind <hi n="1" rend="underline">nu</hi> die Mäcene!</p> <p><hi rend="latintype"><seg type="salute">Mon cher petit cœur!</seg> je t’embrasse, je t’aime, je fais mille veux pour toi</hi>:<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_aedc0435-8402-40aa-9710-dd01cef2c994" xml:lang="fr ">Mon cher petit cœur! … pour toi – frz., Mein liebes kleines Herz! Ich umarme, ich liebe Dich, ich wünsche Dir alles erdenklich Gute!</note> bleib mir bei guter Laune, und zeige den lieben treuen Menschen um Dich ein freundliches Gesicht. Liebster Sohn! als ich vor 8 Jahren auf den Tod krank lag<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_6163c231-b33a-4d68-b27a-533ea20e8179" xml:lang="de">als ich vor 8 Jahren auf den Tod krank lag – Lea Mendelssohn Bartholdy hatte 1821 ein fünftes Kind zur Welt gebracht, das kurz nach der Geburt starb (Dinglinger / Elvers, Ewig die deine, S. 46).</note> und mich auch sterbend glaubte, machte ich stets meine Bett<hi rend="latintype">toilette</hi> <hi rend="latintype">tant bien que mal</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_a589125a-dcf7-4961-841d-1f22c30aa4ae" xml:lang="fr ">tant bien que mal – frz., so gut wie möglich, mehr schlecht als recht.</note> so daß die paar Leute die mich besuchen durften, sich darüber verwunderten. Verzeih, daß ich meine geringe Autorität anführe; aber meine Erfahrung sagt, es geht; <hi rend="latintype">therefore</hi>, laß Dich entbarten und mach Dich so schön als möglich. Ich sehe von hier, daß Du ein netter Junge bist und nicht brummst. Schreibt auch über <placeName xml:id="placeName_9abe8a7e-5514-4eda-ba5b-ea38dcb8cb0e">Rott<settlement key="STM0100166" style="hidden" type="locality">Rotterdam</settlement><country style="hidden">Niederlande</country></placeName>., Ihr Liebsten! wenn nur wenige Worte. – <persName xml:id="persName_4e4209e3-40fe-449d-a84f-01ee478b00ad">Emil Bendemann<name key="PSN0109807" style="hidden" type="person">Bendemann, Emil Franz Leopold (1807-1882)</name></persName> ist angekommen; er hat einmal nach Umknicken des Fußes, sich zur Stärkung kaltes Waßer müßen übergießen laßen: ein <persName xml:id="persName_8a0c2040-1fb9-4e63-94c5-9d0ba9928ead">Heimsches<name key="PSN0117001" style="hidden" type="person">Heim, Ernst Ludwig (1747-1834)</name></persName> Mittel, das trefflich anschlug. Frage Deine Aerzte, ob dies nach geheilter Wunde nicht gut ist? Der alte 82jähr. <persName xml:id="persName_64e43f99-9dd8-4ef5-9cf0-9a609aaafa29">Heim<name key="PSN0117001" style="hidden" type="person">Heim, Ernst Ludwig (1747-1834)</name></persName> erkundigte sich bei <persName xml:id="persName_40ff79ca-5c25-493f-8c55-f540884cc107">Marianchen<name key="PSN0113230" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Marianne (1799-1880)</name></persName> nach Dir, und <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"> <corr resp="writer">ließ</corr> <sic resp="writer">sie</sic> </choice> sich umständlich alles erzählen: ei, sagte er, darum wird der doch Felix – bleiben! – <seg type="closer">Leb tausend, tausendmal wohl und grüß den besten <persName xml:id="persName_7453bf62-4f9b-4c4d-8eb0-0297d7a81213">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> von Deiner treuen Mutter.</seg> – <persName xml:id="persName_99ed9f9f-c503-42a1-be34-0e80b95ab848">Dein voriger Wirth<name key="PSN0111829" style="hidden" type="person">Heinke, Gotthilf Friederich (Frederick) (1786-1871)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f0bc093f-7e60-4357-8b4b-bbf532f2c643" xml:lang="de">Dein voriger Wirth – Vor seiner Schottlandreise (ab dem 22. Juli 1829) hatte Felix Mendelssohn Bartholdy bei dem deutschen Eisenwarenhändler Friederich Heinke in Great Portland Street No. 103 nahe dem Portland Place gewohnt.</note> hat mich weinen machen, hat der gute Mann nicht Zärtlichkeit für Berlin? und würde ihm eine Taße od. sonst etwas mit einem Gebäude, Monumente, Aussicht v. Berl. Spaß machen? Dann schicke ichs ihm mit nächster Gelegenheit. Die <hi rend="latintype">Lords</hi> kann ich leider nicht beschenken.</p> <signed rend="right"><add resp="Ut" type="editors_addition">Lea Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> <div n="4" type="act_of_writing" xml:id="div_b73b2a18-dd01-4012-8dd9-bdf6ce2ebead"> <docAuthor key="PSN0113247" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113247" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">ich habe Deinetwegen eine kummervolle Woche gehabt, aus der mich zuerst <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_4196e1c5-1c4a-4ac9-af45-15692e878ae6">Doxats<name key="PSN0110727" style="hidden" type="person">Doxat, Eugen</name></persName></hi> Brief vom <date cert="high" when="1829-10-06" xml:id="date_a572703c-81b6-4c47-a6b3-ffdbf02026e4">6<hi rend="superscript">tn</hi></date> aus <hi rend="latintype">Lond</hi> darauf der <title xml:id="title_88a33efa-b95c-48cb-a84c-29b5b9ecf764">Deinige vom <date cert="high" when="1829-10-09" xml:id="date_9c2532cb-cf27-4f1d-ba4f-2b0fa5652763">9<hi rend="superscript">t</hi></date> <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-09-10-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy in Rotterdam; London, 10. September 1829</name> </title> befreyete. Dampfböte blieben aus, dann kamen zwei an einem Tage, lauter Verwundrung und Trübsaal! Dann die 100/m<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_18ddd4df-466f-4f52-adc4-7b32d65eb1c2" xml:lang="de">100/m – 100.000.</note> Fragen von Freunden und <hi rend="latintype">vel quasi</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_ebdf67bb-4432-4365-92b4-e56faca5454c" xml:lang="la ">vel quasi – lat., oder gleich wie. </note> und keine Antwort geben können! ich war ganz reisefertig, und wäre so sehr schwer es mir geworden wäre, hinübergekommen, wenn mich Dein Brief nicht beruhigt hätte. Nun hat er es aber, Gottlob! Hab Geduld, denke was es geworden wäre, hätte Dich ein solcher Unfall in einem schottischen Loche betroffen! am Ende büßest Du ja nur die holländische Reise ein, die in diesem gräulichen Wetter Dir nicht das viertel Vergnügen gewährt haben würde, und die Dir ja nicht entgeht.</p> <p>Jetzt macht mir nur Deine Rückreise Sorge! eine zu lange Landreise wird Dir auch nicht recht gut seyn, und Dampfböte gehn wohl nicht mehr, wenn Du Dich auf den Wege wirst machen können. Überlege Dir alles dort sehr genau, mit Freunden und Aertzten, und wenn Du über <hi rend="latintype">Calais</hi> kommst, so kaufe dir in <hi rend="latintype">Calais</hi> einen leichten Wagen, nimm Extrapost und ruhe die Nächte. An Geld kann es Dir ja nicht fehlen. Kauf was Dir zum Mitbringen gefällt, Du weißt ja daß ich Dich nicht <hi rend="latintype">genire</hi>, und ich weiß daß Du meinen <hi rend="latintype">Credit</hi> nicht mißbrauchst.</p> <p>Sollte dieser Brief früher als das Dampfboot vom <date cert="high" when="1829-10-23" xml:id="date_f25f6e2e-4a76-476c-bf4f-ce796c29091b">23<hi rend="superscript">t</hi></date> ankommen, so bitte ich Dich, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_51acaf61-23e0-4ee4-86e7-f9a6745bd39b">Doxats<name key="PSN0110729" style="hidden" type="person">Doxat & Co., Bankhaus in London</name></persName></hi> in meinem Nahmen zu grüßen, und ihnen zu sagen, ich genehmige den Tausch<seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> der <hi rend="latintype">Columbier</hi> gegen <hi rend="latintype">Griechen</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_4b764589-f4af-417b-af59-b0490c25cfc5" xml:lang="de">Columbier … Griechen – Aktien oder Anleihen.</note> und würde ihnen <date cert="medium" when="1829-10-23">Freitag</date> schreiben; die Gütte und Aufmerksamkeit dieser Freunde ist zugleich meisterhaft und beispiellos. <seg type="closer">Herzliche Grüße dem Freund <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_79d54032-d315-4906-b88e-64a3141ab6f7">K<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName></hi>. Leb wohl, und faße dich in Geduld, </seg></p> <signed rend="right">Dein Vater</signed> <signed rend="right">A</signed> </div> </body> </text></TEI>