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gb-1829-10-13-01

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Fanny Hensel und Wilhelm Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, adressiert an Doxat & Co. <lb></lb> Berlin, 9., 13. und 14. Oktober 1829 Mein einziger Felix! So weit bin ich, und nun möchte ich eigentlich aufhören, denn ich habe Dir nichts mehr zu sagen. Ich wollte Dir nur gern einmal mein Herz ausschütten, und das kann ich mit Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Klingemann an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; London, 9. Oktober 1829 Felix Mendelssohn Bartholdy an Fanny Hensel in Berlin; London, 23. Oktober 1829 Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) Hensel, Wilhelm (1794-1861)Hensel, Wilhelm (1794-1861)Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) Transkription: Edition: FMB- Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. b. 4/101. Autograph Fanny Hensel und Wilhelm Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, adressiert an Doxat & Co.; Berlin, 9., 13. und 14. Oktober 1829 Mein einziger Felix! So weit bin ich, und nun möchte ich eigentlich aufhören, denn ich habe Dir nichts mehr zu sagen. Ich wollte Dir nur gern einmal mein Herz ausschütten, und das kann ich mit

1 Doppelbl.: S. 1-3 Brieftext; S. 4 Adresse von Fanny Hensels Hand, 4 Poststempel [BERLIN 2-3 / 14 / 10], [SCHIFFSBRIEF-POST HAMBURG / 16 OCT / 1829], [SHIP LETTER / HARWICH], [A / 21OC21 / 1829], Siegel.

Fanny Hensel, Wilhelm Hensel

Green Books

Weissweiler, Briefwechsel, S. 110 f. (Fanny Hensels Briefteil).

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

9., 13. und 14. Oktober 1829 Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847) Hensel, Wilhelm (1794-1861)counter-resetHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)Hensel, Wilhelm (1794–1861) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LondonGroßbritannien deutsch
À Messieurs Doxat. à Londres. Pour remettre a Mr. Felix Mendelssohn Bartholdy. Via Hamburg Steamboat.
Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Berlin, den 9ten Oktober 29.

Mein einziger Felix! So weit bin ich, und nun möchte ich eigentlich aufhören, denn ich habe Dir nichts mehr zu sagen. Ich wollte Dir nur gern einmal mein Herz ausschütten, und das kann ich mit Dir in einem Wort. Ich bin glücklich und zufrieden, und Dein Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-10-02-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Klingemann an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 2. Oktober 1829</name> war so lieb, o Du mein Felix, daß ich gar nicht ohne besondere Empfindung daran denken kann. Aber daß Du an meinem Hochzeittage krank und matt warst!daß Du an meinem Hochzeittage krank und matt warst – Fanny Hensel hatte am 3. Oktober 1829 geheiratet. Felix Mendelssohn Bartholdy erholte sich damals von einer Knieverletzung, die er sich am 17. September 1829 in London bei einem Unfall mit einem Pferdewagen zugezogen hatte. Ich schrieb es <name key="PSN0117585" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805–1847)</name> <name key="gb-1829-06-10-01" style="hidden" type="letter">Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Wilhelm Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in London; Berlin, 2. – 10. Juni 1829</name> Dir, ich war so fest vom Gegentheil überzeugt, daß ich ohneHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) einen Schatten von Besorgniß oder Kummer meinen Weg antrat, und mir immer vorstellte, wie Du den Tag mit KlingemannKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) etwa auf dem Lande zubrächtest, oder die 6 Lieder<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name><name key="CRT0111453" style="hidden" type="music">»Liederkreis«, Liederzyklus für Sopran und Klavier (Nr. 1–5) und für Sopran, Alt und Tenor (Nr. 6) HU 236 (25. Mai – 6. Juni 1829)</name> sängest,die 6 Lieder sängest – Mit Brief gb-1829-06-10-01 Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Wilhelm Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 2. – 10. Juni 1829, hatte Felix Mendelssohn Bartholdy in London den von der Schwester Fanny komponierten und von Wilhelm Hensel mit Vignetten versehenen Liederkreis HU 236 auf Gedichte von Johann Gustav Droysen erhalten. wie Deine lieben Augen glänzten, so ein wenig feucht, und Du den Kopf wiegend zuweilen so vor Dich hin sagtest; hm! hm! Das war nun Alles nicht, ich war zu ruhig, und Du hast nun ewig kein Bild von dem Tage. Aber ein Anderes ist gut, daß Du früher wiederkommen willst. Du findest statt drei GeschwisternHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858), die Dich lieben, vier, und das ist am Ende der ganze Unterschied. HenselHensel, Fanny Cäcilia (1805-1847), der Dich noch selbst grüßen wird, läßt Dir sagen, und ich habe nichts dawider, daß Du uns in Antwort auf diesen Brief das schriftliche Versprechen geben mußt, Morgens bei uns Kaffee zu trinken, wenn Du nicht besonders eilig und verhindert bist. Willst Du? Unsre Kaffeemaschine geht gut, und wir wollen da angenehme Stunden haben. So gering nur eine Veränderung seyn kann, ist die meines Standes. Ich bin im Hause, und die mündliche Post geht fleißig über den Hof. BeckchenMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858) kommt wenigstens 4mal des Tages, und ich komme auch 4mal, MutterMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) etwas seltener, und bis gestern haben wir drüben gegessen, gestern aber unsre eigne Wirthschaft angetreten, was ein eigen angenehmes Gefühl ist. Hensel arbeitete bis es finster ward, und nach 5 setzten wir uns tête à têtetête à tête – frz., »Kopf an Kopf«, vertraulich, unter vier Augen. in seiner Stube zu Tisch. Heut arbeitet er wieder an dem Bilde<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0111571" style="hidden" type="art">Amalie Wilhelmine Ernestine Sophie von Arnim, geb. Heister, im Hofkostüm (Ölgemälde 1829, verschollen)</name> der ArnimArnim, Amalie Wilhelmine Ernestine Sophie Gräfin von (1800-1855),dem Bilde der Arnim – Wilhelm Hensel arbeitete seit Anfang September 1829 an dem Porträt von Amalie Wilhelmine Ernestine Sophie von Arnim, geb. Heister (heutiger Aufbewahrungsort nicht bekannt). Fanny Mendelssohn Bartholdy charakterisierte das Bild als »Gräfin Arnim im Hofkostüm, Ölbild, Kniestück, Lebensgröße« (»Verzeichniß von Wilhelm Hensels Werken. Seit der Rückkehr aus Italien. 1828«, D-B, Musikabteilung, MA Depos. 3,10, ohne Paginierung). Siehe auch Lowenthal-Hensel / Arnold, Wilhelm Hensel, S. 166 f. Das Bild wurde 1830 während der 26. Kunstausstellung der Königlich Preußischen Akademie der Künste in Berlin gezeigt (Katalog Akademie-Ausstellung 1830, Nr. 236). Siehe auch Brief gb-1829-09-02-01 Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy, Ferdinand David, John Thomson und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 30. und 31. August und 2. September 1829. in deren Kleidern seine Schwester MinnaHensel, Wilhelmine (Minna) (1802-1893) sitzt. Ich bin in meiner freundlichen blauen Stube, die Dir schon gefallen wird, überschaue mit Behaglichkeit meine Existenz, in der ich mich gar wohl fühle, liebe meinen |2| Mann, und spreche mit meinem Felix. Wenn ich aber daran denke, daß wir Dich hoffentlich vor 4 Wochen wiederhaben, wird mir von Neuem froh und dankbar zu Muthe

Nach einigen Stunden der Unterbrechung fahre ich fort, und möchte Dir von unsrer Lebensweise erzählen, wenn die nur schon eine wäre, aber seit unsrer Verheirathung sind wir vor Besuchen wirklich noch zu keiner Einrichtung gekommen. Unsre Eßstunde ist englisch, 5, und ich will einmal sehn, ob irgend eine piepie – engl., gefüllte Pastete. gelingen, und Dir sehnsüchtige Gedanken an die Miss erwecken wird, die Dich einst damit fütterte. O Felix, bringe ein Rezept zu einer ächten englischen pie mit, ich will Dich mit Erinnerungen stopfen.

Ich glaube, Du wirst mich nicht verändert finden, ich habe mir das, was mein veränderter Stand Neues mit sich bringt, rasch angeeignet, fühle mich bekannt und wohl darin, sehe Hensel überaus zufrieden mit mir, bin es eben so mit ihm, und er liebt Dich, Felix, sonst könnte er mich, und ich ihn nicht lieben. Was KlingemannKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) uns von Neuem näher getreten, fühlt er wol am Besten. Du magst ihm sagen, daß wir (nach wie vor die Geren)Geren – auch: Gören; scherzhafte Bezeichnung für kleine, unartige, lebhafte Kinder, insbesondere für Mädchen gebräuchlich. Hier sind Fanny Hensel und Rebecka Mendelssohn Bartholdy gemeint. ohne sein Verdienst um Dich schmälern zu wollen, dennoch wissen, wie viel Freude ihm seinHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Krankenwärterthum gewährt hat, wir dachten stark an die „gesegnete Malzeit„„gesegnete Malzeit„ – vgl. Brief fmb-1829-08-10-01 (Brief Nr. 207) Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Glasgow, 10. August 1829, Z. 77: »Gesegnete Malzeit.« und beneideten den Freund, dem wir sonst gern was Gutes gönnten. Ich denke, ohne Krankheiten, sollen die stillen guten Stunden wiederkommen. Und so leb wohl für jetzt. Es ist Nacht geworden, und noch vor Tisch für uns, vielleicht füge ich nachher noch ein Wort hinzu. Adieu, mein Felix.

Fanny Hensel
Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)

den 13ten. Der Brief ist alt geworden, und soll nun morgen mit gewöhnlicher Post abgehn, und Hensel hat noch nichts dazu schreiben können. Jetzt aber will ich ein Tagebuch an Dich anfangen.

Fanny Hensel
Hensel, Wilhelm (1794–1861) Hensel, Wilhelm (1794–1861)

Und ich, lieber Felix, will sorgen daß sie Dir nur Gutes zu melden habe. Recht fest und ernsthaft versprech’ ich Dir das und sehe dabei heiter und sicher aus. Du, guter Bruder, Du sollst mir gern die Hand geben, wenn Du wiederkömmst und nicht bereuen daß Du mir Fanny gegönnt. Ja, es geht Alles gut und mein Glück ist vollständig, weil ich Deine Schwester zu|3|frieden sehe. Nur Du fehlst uns noch, o komme bald, das heißt sobald Deine Gesundheit es mit Sicherheit erlaubt.sobald Deine Gesundheit es mit Sicherheit erlaubt – siehe Kommentar zu Z.: daß Du an meinem Hochzeittage krank und matt warst. Doch dazu brauchts keines Treibens wohl und so wird der 14te Novemberder 14te November – Fanny Hensels 24. Geburtstag. gewiß ein rechter Jubeltag. Zur silbernen Hochzeitsilbernen Hochzeit – das Ehejubiläum der Eltern am 26. Dezember 1829. werden dann die Anstalten gemeinsam gemacht, wozubei wir während des Frühstücks bei uns die beste Gelegenheit haben. Ueberhaupt wird die nicht fehlen und es soll kein Haus der Erde wie das Mendelssohn-Henselsche seyn.

Die Reise nach ItalienItalienItalienDie Reise nach Italien – Die geplante gemeinsame Reise von Wilhelm und Fanny Hensel nach Italien wurde nicht realisiert. Felix Mendelssohn Bartholdy reiste 1830 allein dorthin, die Familie Hensel erst im Jahr 1839. setze nur getrost durch, wir laßen Dich nicht im Stich und ich werde besonnen seyn und immer für festes, sichres Fuhrwerk sorgen, damit wir nicht wieder so ängstlich an Deinem Lager sitzen dürfen. Gebe Dir Gott bald völlige Gesundheit und eine glückliche Heimkehr, dabei haben wir auch unser Theil und den ganzen Profit, wie Du. Schriebst Du uns doch indessen auch über RotterdammRotterdamNiederlande, 8. Tage sind gar zu lang, wenn man auf Nachricht wartet. Thus und bleibe im Sinn wie Du bist. Dein treuer Bruder

Wilhelm
Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)

Ich sage Dir nochmals hier lebewohl, mein liebster Felix, und erwarte mit besonderer Sorge, ich kann es nicht läugnen, Deinen heutigen Brief, der Himmel gebe Dir, uns Gutes. Deine Fanny.

            Berlin, den 9ten Oktober 29. Mein einziger Felix! So weit bin ich, und nun möchte ich eigentlich aufhören, denn ich habe Dir nichts mehr zu sagen. Ich wollte Dir nur gern einmal mein Herz ausschütten, und das kann ich mit Dir in einem Wort. Ich bin glücklich und zufrieden, und Dein Brief war so lieb, o Du mein Felix, daß ich gar nicht ohne besondere Empfindung daran denken kann. Aber daß Du an meinem Hochzeittage krank und matt warst! Ich schrieb es Dir, ich war so fest vom Gegentheil überzeugt, daß ich ohne einen Schatten von Besorgniß oder Kummer meinen Weg antrat, und mir immer vorstellte, wie Du den Tag mit Klingemann etwa auf dem Lande zubrächtest, oder die 6 Lieder sängest, wie Deine lieben Augen glänzten, so ein wenig feucht, und Du den Kopf wiegend zuweilen so vor Dich hin sagtest; hm! hm! Das war nun Alles nicht, ich war zu ruhig, und Du hast nun ewig kein Bild von dem Tage. Aber ein Anderes ist gut, daß Du früher wiederkommen willst. Du findest statt drei Geschwistern, die Dich lieben, vier, und das ist am Ende der ganze Unterschied. Hensel, der Dich noch selbst grüßen wird, läßt Dir sagen, und ich habe nichts dawider, daß Du uns in Antwort auf diesen Brief das schriftliche Versprechen geben mußt, Morgens bei uns Kaffee zu trinken, wenn Du nicht besonders eilig und verhindert bist. Willst Du? Unsre Kaffeemaschine geht gut, und wir wollen da angenehme Stunden haben. So gering nur eine Veränderung seyn kann, ist die meines Standes. Ich bin im Hause, und die mündliche Post geht fleißig über den Hof. Beckchen kommt wenigstens 4mal des Tages, und ich komme auch 4mal, Mutter etwas seltener, und bis gestern haben wir drüben gegessen, gestern aber unsre eigne Wirthschaft angetreten, was ein eigen angenehmes Gefühl ist. Hensel arbeitete bis es finster ward, und nach 5 setzten wir uns tête à tête in seiner Stube zu Tisch. Heut arbeitet er wieder an dem Bilde der Arnim, in deren Kleidern seine Schwester Minna sitzt. Ich bin in meiner freundlichen blauen Stube, die Dir schon gefallen wird, überschaue mit Behaglichkeit meine Existenz, in der ich mich gar wohl fühle, liebe meinen Mann, und spreche mit meinem Felix. Wenn ich aber daran denke, daß wir Dich hoffentlich vor 4 Wochen wiederhaben, wird mir von Neuem froh und dankbar zu Muthe
Nach einigen Stunden der Unterbrechung fahre ich fort, und möchte Dir von unsrer Lebensweise erzählen, wenn die nur schon eine wäre, aber seit unsrer Verheirathung sind wir vor Besuchen wirklich noch zu keiner Einrichtung gekommen. Unsre Eßstunde ist englisch, 5, und ich will einmal sehn, ob irgend eine pie gelingen, und Dir sehnsüchtige Gedanken an die Miss erwecken wird, die Dich einst damit fütterte. O Felix, bringe ein Rezept zu einer ächten englischen pie mit, ich will Dich mit Erinnerungen stopfen.
Ich glaube, Du wirst mich nicht verändert finden, ich habe mir das, was mein veränderter Stand Neues mit sich bringt, rasch angeeignet, fühle mich bekannt und wohl darin, sehe Hensel überaus zufrieden mit mir, bin es eben so mit ihm, und er liebt Dich, Felix, sonst könnte er mich, und ich ihn nicht lieben. Was Klingemann uns von Neuem näher getreten, fühlt er wol am Besten. Du magst ihm sagen, daß wir (nach wie vor die Geren) ohne sein Verdienst um Dich schmälern zu wollen, dennoch wissen, wie viel Freude ihm sein Krankenwärterthum gewährt hat, wir dachten stark an die „gesegnete Malzeit„ und beneideten den Freund, dem wir sonst gern was Gutes gönnten. Ich denke, ohne Krankheiten, sollen die stillen guten Stunden wiederkommen. Und so leb wohl für jetzt. Es ist Nacht geworden, und noch vor Tisch für uns, vielleicht füge ich nachher noch ein Wort hinzu. Adieu, mein Felix.
Fanny Hensel
den 13ten. Der Brief ist alt geworden, und soll nun morgen mit gewöhnlicher Post abgehn, und Hensel hat noch nichts dazu schreiben können. Jetzt aber will ich ein Tagebuch an Dich anfangen.
Fanny Hensel
Und ich, lieber Felix, will sorgen daß sie Dir nur Gutes zu melden habe. Recht fest und ernsthaft versprech’ ich Dir das und sehe dabei heiter und sicher aus. Du, guter Bruder, Du sollst mir gern die Hand geben, wenn Du wiederkömmst und nicht bereuen daß Du mir Fanny gegönnt. Ja, es geht Alles gut und mein Glück ist vollständig, weil ich Deine Schwester zufrieden sehe. Nur Du fehlst uns noch, o komme bald, das heißt sobald Deine Gesundheit es mit Sicherheit erlaubt. Doch dazu brauchts keines Treibens wohl und so wird der 14te November gewiß ein rechter Jubeltag. Zur silbernen Hochzeit werden dann die Anstalten gemeinsam gemacht, wobei wir während des Frühstücks bei uns die beste Gelegenheit haben. Ueberhaupt wird die nicht fehlen und es soll kein Haus der Erde wie das Mendelssohn-Henselsche seyn.
Die Reise nach Italien setze nur getrost durch, wir laßen Dich nicht im Stich und ich werde besonnen seyn und immer für festes, sichres Fuhrwerk sorgen, damit wir nicht wieder so ängstlich an Deinem Lager sitzen dürfen. Gebe Dir Gott bald völlige Gesundheit und eine glückliche Heimkehr, dabei haben wir auch unser Theil und den ganzen Profit, wie Du. Schriebst Du uns doch indessen auch über Rotterdamm, 8. Tage sind gar zu lang, wenn man auf Nachricht wartet. Thus und bleibe im Sinn wie Du bist. Dein treuer Bruder
Wilhelm
Ich sage Dir nochmals hier lebewohl, mein liebster Felix, und erwarte mit besonderer Sorge, ich kann es nicht läugnen, Deinen heutigen Brief, der Himmel gebe Dir, uns Gutes. Deine Fanny.          
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(Fanny Hensels Briefteil).</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1829-10-09" xml:id="date_d62dbd24-0d9f-43e5-90f0-0ca1352e87bc">9.</date>, <date cert="high" when="1829-10-13">13.</date> und <date cert="medium" when="1829-10-14">14. Oktober 1829</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0111893" resp="author" xml:id="persName_9e71b866-c99e-432a-8cff-7a1a0b8c68e2">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</persName> <persName key="PSN0111899" resp="author" xml:id="persName_aa1274bd-d143-4994-b96d-73a39192a11b">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0111893" resp="writer">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</persName><persName key="PSN0111893" resp="writer">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</persName><persName key="PSN0111899" resp="writer">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_583ee75c-ee36-4d0b-bc81-fd36378fb9e7"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_ea08c28b-d536-4799-b1db-5f577734d336">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_70c2406f-7e1a-4dba-b83f-abaf06ab0eea"> <settlement key="STM0100126">London</settlement><country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div type="address" xml:id="div_6a0783ae-98c7-4198-8f34-9479ca69014e"> <head> <address> <addrLine><hi rend="latintype">À</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Messieurs Doxat</hi>.</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">à</hi></addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Londres</hi>.</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Pour remettre a Mr</hi>.</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype">Felix Mendelssohn Bartholdy</hi>.</addrLine> <addrLine><hi rend="latintype"><hi n="1" rend="underline">Via Hamburg Steamboat.</hi></hi></addrLine> </address> </head> </div> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_86ae72be-1ae6-41fd-bcf5-0f558298841d"> <docAuthor key="PSN0111893" resp="author" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111893" resp="writer" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <dateline rend="right">Berlin, den <date cert="high" when="1829-10-09" xml:id="date_9599be63-86c2-4d72-9007-ef41234db518">9ten Oktober 29.</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="salute">Mein einziger Felix!</seg> So weit bin ich, und nun möchte ich eigentlich aufhören, denn ich habe Dir nichts mehr zu sagen. Ich wollte Dir nur gern einmal mein Herz ausschütten, und das kann ich mit Dir in einem Wort. Ich bin glücklich und zufrieden, und <title xml:id="title_12c6c4be-79a2-44ee-8dfc-297d9c233f34">Dein Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-10-02-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Klingemann an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 2. Oktober 1829</name> </title>war so lieb, o Du mein Felix, daß ich gar nicht ohne besondere Empfindung daran denken kann. Aber daß Du <date cert="high" when="1829-10-03">an meinem Hochzeittage</date> krank und matt warst!<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_3a6bb7f3-86a5-4f0b-9149-25d0f54133d2" xml:lang="de">daß Du an meinem Hochzeittage krank und matt warst – Fanny Hensel hatte am 3. Oktober 1829 geheiratet. Felix Mendelssohn Bartholdy erholte sich damals von einer Knieverletzung, die er sich am 17. September 1829 in London bei einem Unfall mit einem Pferdewagen zugezogen hatte.</note> Ich <title xml:id="title_7ae89d04-3655-43a0-ad0a-dc58065023d9">schrieb es <name key="PSN0117585" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805–1847)</name> <name key="gb-1829-06-10-01" style="hidden" type="letter">Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Wilhelm Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in London; Berlin, 2. – 10. Juni 1829</name> </title> Dir, ich war so fest vom Gegentheil überzeugt, daß ich <add place="above">ohne<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add> einen Schatten von Besorgniß oder Kummer meinen Weg antrat, und mir immer vorstellte, wie Du den Tag mit <persName xml:id="persName_2695ad96-8f58-4f42-92db-ed38ea8150ba">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> etwa auf dem Lande zubrächtest, oder die <title xml:id="title_30a7d500-b26c-4877-a7a0-5be22e15d22c">6 Lieder<name key="PSN0111893" style="hidden" type="author">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name><name key="CRT0111453" style="hidden" type="music">»Liederkreis«, Liederzyklus für Sopran und Klavier (Nr. 1–5) und für Sopran, Alt und Tenor (Nr. 6) HU 236 (25. Mai – 6. Juni 1829)</name></title> sängest,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0ec92a80-15b1-4e1c-8e16-3e075a695949" xml:lang="de">die 6 Lieder sängest – Mit Brief gb-1829-06-10-01 Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Wilhelm Hensel an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 2. – 10. Juni 1829, hatte Felix Mendelssohn Bartholdy in London den von der Schwester Fanny komponierten und von Wilhelm Hensel mit Vignetten versehenen Liederkreis HU 236 auf Gedichte von Johann Gustav Droysen erhalten.</note> wie Deine lieben Augen glänzten, so ein wenig feucht, und Du den Kopf wiegend zuweilen so vor Dich hin sagtest; hm! hm! Das war nun Alles nicht, ich war zu ruhig, und Du hast nun ewig kein Bild von dem Tage. Aber ein Anderes ist gut, daß Du früher wiederkommen willst. Du findest statt <persName xml:id="persName_d480f710-f58e-4042-9beb-250371b2fc0b">drei Geschwistern<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name><name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name><name key="PSN0117586" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName>, die Dich lieben, vier, und das ist am Ende der ganze Unterschied. <persName xml:id="persName_00c7e2c2-6261-42de-8ead-0d74e3515d10">Hensel<name key="PSN0111893" style="hidden" type="person">Hensel, Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName>, der Dich noch selbst grüßen wird, läßt Dir sagen, und ich habe nichts dawider, daß Du uns in Antwort auf diesen Brief das schriftliche Versprechen geben mußt, Morgens bei uns Kaffee zu trinken, wenn Du nicht besonders eilig und verhindert bist. Willst Du? Unsre Kaffeemaschine geht gut, und wir wollen da angenehme Stunden haben. So gering nur eine Veränderung seyn kann, ist die meines Standes. Ich bin im Hause, und die mündliche Post geht fleißig über den Hof. <persName xml:id="persName_f3ba9adb-b2eb-4360-a06b-401a1a5b43fd">Beckchen<name key="PSN0117586" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> kommt wenigstens 4mal des Tages, und ich komme auch 4mal, <persName xml:id="persName_bf18f412-cd37-4e77-a8f9-8e7fc9335e60">Mutter<name key="PSN0113260" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</name></persName> etwas seltener, und bis <date cert="high" when="1829-10-08">gestern</date> haben wir drüben gegessen, <date cert="high" when="1829-10-08">gestern</date> aber unsre eigne Wirthschaft angetreten, was ein eigen angenehmes Gefühl ist. Hensel arbeitete bis es finster ward, und nach 5 setzten wir uns <hi rend="latintype">tête à tête</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_c4450a11-ea7a-41aa-8adf-cf7793d84db3" xml:lang="fr ">tête à tête – frz., »Kopf an Kopf«, vertraulich, unter vier Augen.</note> in seiner Stube zu Tisch. <date cert="high" when="1829-10-09">Heut</date> arbeitet er wieder an dem <title xml:id="title_369cd225-f548-402d-a84e-bcbeb3bd3737">Bilde<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0111571" style="hidden" type="art">Amalie Wilhelmine Ernestine Sophie von Arnim, geb. Heister, im Hofkostüm (Ölgemälde 1829, verschollen)</name></title> der <persName xml:id="persName_87d69201-367a-4abf-82a7-f99fe40890da">Arnim<name key="PSN0116069" style="hidden" type="person">Arnim, Amalie Wilhelmine Ernestine Sophie Gräfin von (1800-1855)</name></persName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7b5c856e-aa2d-4c9c-94ed-c0a2e519c43b" xml:lang="de">dem Bilde der Arnim – Wilhelm Hensel arbeitete seit Anfang September 1829 an dem Porträt von Amalie Wilhelmine Ernestine Sophie von Arnim, geb. Heister (heutiger Aufbewahrungsort nicht bekannt). Fanny Mendelssohn Bartholdy charakterisierte das Bild als »Gräfin Arnim im Hofkostüm, Ölbild, Kniestück, Lebensgröße« (»Verzeichniß von Wilhelm Hensels Werken. Seit der Rückkehr aus Italien. 1828«, D-B, Musikabteilung, MA Depos. 3,10, ohne Paginierung). Siehe auch Lowenthal-Hensel / Arnold, Wilhelm Hensel, S. 166 f. Das Bild wurde 1830 während der 26. Kunstausstellung der Königlich Preußischen Akademie der Künste in Berlin gezeigt (Katalog Akademie-Ausstellung 1830, Nr. 236). Siehe auch Brief gb-1829-09-02-01 Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy, Ferdinand David, John Thomson und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 30. und 31. August und 2. September 1829.</note> in deren Kleidern seine Schwester <persName xml:id="persName_54481d07-b71c-432e-87af-b2033739c6d8">Minna<name key="PSN0111900" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelmine (Minna) (1802-1893)</name></persName> sitzt. Ich bin in meiner freundlichen blauen Stube, die Dir schon gefallen wird, überschaue mit Behaglichkeit meine Existenz, in der ich mich gar wohl fühle, liebe meinen<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> Mann, und spreche mit meinem Felix. Wenn ich aber daran denke, daß wir Dich hoffentlich vor 4 Wochen wiederhaben, wird mir von Neuem froh und dankbar zu Muthe</p> <p>Nach einigen Stunden der Unterbrechung fahre ich fort, und möchte Dir von unsrer Lebensweise erzählen, wenn die nur schon eine wäre, aber seit unsrer Verheirathung sind wir vor Besuchen wirklich noch zu keiner Einrichtung gekommen. Unsre Eßstunde ist englisch, 5, und ich will einmal sehn, ob irgend eine <hi rend="latintype">pie</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_c0b223e4-3321-4f0c-a438-0f7ffac64044" xml:lang="en">pie – engl., gefüllte Pastete.</note> gelingen, und Dir sehnsüchtige Gedanken an die <hi rend="latintype">Miss</hi> erwecken wird, die Dich einst damit fütterte. O Felix, bringe ein Rezept zu einer ächten englischen <hi rend="latintype">pie</hi> mit, ich will Dich mit Erinnerungen stopfen.</p> <p>Ich glaube, Du wirst mich nicht verändert finden, ich habe mir das, was mein veränderter Stand Neues mit sich bringt, rasch angeeignet, fühle mich bekannt und wohl darin, sehe Hensel überaus zufrieden mit mir, bin es eben so mit ihm, und er liebt Dich, Felix, sonst könnte er mich, und ich ihn nicht lieben. Was <persName xml:id="persName_7183ef9e-9351-4d6b-8a75-790df92056c8">Klingemann<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName> uns von Neuem näher getreten, fühlt er wol am Besten. Du magst ihm sagen, daß wir (nach wie vor die Geren)<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_a23417fb-c24a-4feb-a88e-6378efec8367" xml:lang="de">Geren – auch: Gören; scherzhafte Bezeichnung für kleine, unartige, lebhafte Kinder, insbesondere für Mädchen gebräuchlich. Hier sind Fanny Hensel und Rebecka Mendelssohn Bartholdy gemeint.</note> ohne sein Verdienst um Dich schmälern zu wollen, dennoch wissen, wie viel Freude ihm <add place="above">sein<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add> Krankenwärterthum gewährt hat, wir dachten stark an die „gesegnete Malzeit„<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1c6e244c-d96e-4835-b61b-20a68cafb9e1" xml:lang="de">„gesegnete Malzeit„ – vgl. Brief fmb-1829-08-10-01 (Brief Nr. 207) Felix Mendelssohn Bartholdy an Rebecka Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Glasgow, 10. August 1829, Z. 77: »Gesegnete Malzeit.«</note> und beneideten den Freund, dem wir sonst gern was Gutes gönnten. Ich denke, ohne Krankheiten, sollen die stillen guten Stunden wiederkommen. Und so leb wohl für jetzt. Es ist Nacht geworden, und noch vor Tisch für uns, vielleicht füge ich nachher noch ein Wort hinzu. <seg type="closer">Adieu, mein Felix.</seg></p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Fanny Hensel</add></signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_d1cab178-13d4-45e8-b6ad-6ee5dd33a904"> <docAuthor key="PSN0111893" resp="author" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111893" resp="writer" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="dateline"><date cert="high" when="1829-10-13" xml:id="date_80199da5-e70f-4628-8b4d-463d9493250a"><hi n="1" rend="underline">den 13ten.</hi></date></seg> Der Brief ist alt geworden, und soll nun <date cert="high" when="1829-10-14">morgen</date> mit gewöhnlicher Post abgehn, und Hensel hat noch nichts dazu schreiben können. Jetzt aber will ich ein Tagebuch an Dich anfangen.</p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Fanny Hensel</add></signed> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_25b88832-9e21-4529-97d7-67b6e5f59c37"> <docAuthor key="PSN0111899" resp="author" style="hidden">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111899" resp="writer" style="hidden">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Und ich, <seg type="salute">lieber Felix</seg>, will sorgen daß sie Dir nur Gutes zu melden habe. Recht fest und ernsthaft versprech’ ich Dir das und sehe dabei heiter und sicher aus. Du, guter Bruder, Du sollst mir gern die Hand geben, wenn Du wiederkömmst und nicht bereuen daß Du mir Fanny gegönnt. Ja, es geht Alles gut und mein Glück ist vollständig, weil ich Deine Schwester zu<seg type="pagebreak">|3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg>frieden sehe. Nur Du fehlst <hi n="1" rend="underline">uns</hi> noch, o komme bald, das heißt sobald Deine Gesundheit es mit Sicherheit erlaubt.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_63cff2b4-dd39-48ac-9456-7be406c212ef" xml:lang="de">sobald Deine Gesundheit es mit Sicherheit erlaubt – siehe Kommentar zu Z.: daß Du an meinem Hochzeittage krank und matt warst.</note> Doch dazu brauchts keines Treibens wohl und so wird der <date cert="high" when="1829-11-14" xml:id="date_852a0925-04db-4682-939b-c6ee48991bdf">14<hi rend="superscript">te</hi> November</date><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a542c573-3d3e-4a3e-8e94-4b344a2c48d1" xml:lang="de">der 14te November – Fanny Hensels 24. Geburtstag.</note> gewiß ein rechter Jubeltag. Zur silbernen Hochzeit<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_490ae132-0ecf-41e9-9ef5-7ec6ef26c374" xml:lang="de">silbernen Hochzeit – das Ehejubiläum der Eltern am 26. Dezember 1829.</note> werden dann die Anstalten gemeinsam gemacht, wo<choice resp="writer" source="autograph_edition_template"><corr resp="writer">zu</corr><sic resp="writer">bei</sic></choice> wir während des Frühstücks bei uns die beste Gelegenheit haben. Ueberhaupt wird die nicht fehlen und es soll kein Haus der Erde wie das Mendelssohn-Henselsche seyn.</p> <p>Die Reise nach <placeName xml:id="placeName_4a9b3478-b02c-4e41-ae3e-52e94b655b54">Italien<settlement key="STM0104792" style="hidden" type="country">Italien</settlement><country style="hidden">Italien</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_65374054-2860-4c32-bc98-e4584b45557b" xml:lang="de">Die Reise nach Italien – Die geplante gemeinsame Reise von Wilhelm und Fanny Hensel nach Italien wurde nicht realisiert. Felix Mendelssohn Bartholdy reiste 1830 allein dorthin, die Familie Hensel erst im Jahr 1839.</note> setze nur getrost durch, wir laßen Dich nicht im Stich und ich werde besonnen seyn und immer für festes, sichres Fuhrwerk sorgen, damit wir nicht wieder so ängstlich an Deinem Lager sitzen dürfen. Gebe Dir Gott bald völlige Gesundheit und eine glückliche Heimkehr, dabei haben wir auch unser Theil und den ganzen Profit, wie Du. Schriebst Du uns doch indessen auch über <placeName xml:id="placeName_e31e2e45-861c-4b0e-9005-f5b3f898e85d">Rotterdamm<settlement key="STM0100166" style="hidden" type="locality">Rotterdam</settlement><country style="hidden">Niederlande</country></placeName>, 8. Tage sind gar zu lang, wenn man auf Nachricht wartet. <seg type="closer">Thus und bleibe im Sinn wie Du bist</seg>. <seg type="signed">Dein treuer Bruder</seg></p> <signed rend="right">Wilhelm</signed> </div> <div n="4" type="act_of_writing" xml:id="div_bb7b4f18-4673-4ddb-9ac7-f2b776daac60"> <docAuthor key="PSN0111893" resp="author" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0111893" resp="writer" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Ich sage Dir nochmals hier <seg type="closer">lebewohl, mein liebster Felix, und erwarte mit besonderer Sorge, ich kann es nicht läugnen, Deinen <date cert="high" when="1829-10-14">heutigen</date> Brief, der Himmel gebe Dir, uns Gutes.</seg> <seg type="signed">Deine Fanny.</seg></p> </div> </body> </text></TEI>