gb-1829-08-09-01
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Berlin, 9. August 1829
Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)
1 Bl.: S. 1-2 Brieftext. – Der Brief wurde von Abraham Mendelssohn Bartholdy am 16. August 1829 mit nach Hamburg genommen und von dort von einem Reisenden nach London zum Bankhaus Doxat % Co. befördert (vgl. das Ende von Brief gb-1829-08-19-01 Fanny Mendelssohn Bartholdy, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in Coed Du, Berlin, 17., 18. und 19. August, und Hamburg, 19. August 1829).
Carl Friedrich Zelter
Green Books
Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.
Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.
erhalten, freudig vielemal nach einander gelesen und werde ihn wieder lesen. Daß Du durch einen keines Weges ruhigen Aufenthalt in der Fremde und vielseitige Berichtablegung in gewohnter Thätigkeit verharrst und im Zusammenhange mit Dir selber bleibst, magst Du Dir selber kaum genug anrechnen ist aber um so verdienstlicher da ich an meinem Theile wohl weiß wie mir das Gegentheil vom Andern geworden die nichts zu berichten haben und darüber den Mutterschoos vergessen.Mühlenfels
Wie Du lachst über die dortigen Fragen, so ich über Deinen kommen
Schönen Dank für Dein hübsches Verzeichniß der Händelschen Originalmanuskripte.nach Pueri und das
genau ansehn? Sind es ordentliche Stücke mit Chören oder was wir sonst an diesem großen Mann längst schäzzen, so laß sie kopiren und bringe sie mit. Sein Geist und Styl in Oratorien, Opern, Orgel und Concertstükken ist uns befreundet genug, wir sind aber nicht reich genug jedes Stück Pappier zu angeln und zu kapern was er hier oder dort liegen gelassen. Dir darf ich darinn trauen da wir uns kennen.Dixit
Was Du über die Stücke aus dem
Solltest Du Gelegenheit finden Schottische und Irische Nationaltänze oder Lieder zu hören so schreibe sie genau nach Bewegung, Akzent und d. gl. Eigenheiten auf. Die meisten Stükke dieser Art sind ungeschickt verzeichnet und was
Wie ich höre kommst Du über Holland zurück. Suche doch die Schumann wenn es noch der nehmliche ist mir nicht ohne Egoorganismus
B. 9. August 1829. Deinen schönen Brief m. Felix. vom 20 Julii aus London habe gestern durch Hr. Prof. v. Mühlenfels erhalten, freudig vielemal nach einander gelesen und werde ihn wieder lesen. Daß Du durch einen keines Weges ruhigen Aufenthalt in der Fremde und vielseitige Berichtablegung in gewohnter Thätigkeit verharrst und im Zusammenhange mit Dir selber bleibst, magst Du Dir selber kaum genug anrechnen ist aber um so verdienstlicher da ich an meinem Theile wohl weiß wie mir das Gegentheil vom Andern geworden die nichts zu berichten haben und darüber den Mutterschoos vergessen. Wie Du lachst über die dortigen Fragen, so ich über Deinen Cramer. Wer denkt daran wie dumm kluge Leute sind, die nicht darüber hinweg kommen können, daß Homer und Bach nicht den Marpurg und Kirnberger gelesen haben. Wirst aber Du sie einst lesen so wirst Du wieder lachen wenn Du nicht findest was wir eben gebrauchen. Schönen Dank für Dein hübsches Verzeichniß der Händelschen Originalmanuskripte. Das Allermeiste kennen wir. Wolltest Du wenn Du wieder nach in London bist das: Pueri und das Dixit genau ansehn? Sind es ordentliche Stücke mit Chören oder was wir sonst an diesem großen Mann längst schäzzen, so laß sie kopiren und bringe sie mit. Sein Geist und Styl in Oratorien, Opern, Orgel und Concertstükken ist uns befreundet genug, wir sind aber nicht reich genug jedes Stück Pappier zu angeln und zu kapern was er hier oder dort liegen gelassen. Dir darf ich darinn trauen da wir uns kennen. Was Du über die Stücke aus dem Messias schreibst bestättigt meine alte Meinung über dieß göttliche Werk, die Du kennst: daß die einzelnen Theile aus verschiednen Zeiten des Componisten herrühren und durch nachmalige Zusammenstellung zu einem Wunderwerke der Kunst geworden. Man kann darüber mit niemand streiten weil die musikalische Kritik ein Larifari ist wo alles hineinpfuscht was eine Feder schneiden kann. Jedes wirkliche Kunstwerk hat seine Geschichte und wenn der Autor selber vergißt oder nicht gewust hat wie er dazu gekommen so will nach hundert Jahren ein Hansdampf dabey gewesen seyn. Eine rechte Kenntniß des Styls und der Natur der Kunst kann in solchen Fällen das Licht halten und dazu gehört auch Genie, was wir alle hätten wenn Gott will. Bis dann ganz zuletzt ein Ironicus kommt wie der alte Bach der eben so problematisch über sich selber aus Allem Alles macht und uns alle foppt. Solltest Du Gelegenheit finden Schottische und Irische Nationaltänze oder Lieder zu hören so schreibe sie genau nach Bewegung, Akzent und d. gl. Eigenheiten auf. Die meisten Stükke dieser Art sind ungeschickt verzeichnet und was Haydn und Geringere daraus machen wird zu einem Zweiten und Dritten wodurch die erste Eigenheit aufhört; es ist Haydnsch wo nicht heidnisch. – Lebe und liebe Deinen Z. Wie ich höre kommst Du über Holland zurück. Suche doch die Harlemer Orgel zu spielen, was vielleicht nicht ohne Fürsprache geschehen kann, da der Herr Organist Schumann wenn es noch der nehmliche ist mir nicht ohne Egoorganismus oder Organoegoismus erschien und sonst ein geschickter Mann seyn mag wiewohl er mir nichts als Voglersche Riesen- und Zwerggerichte vorarbeitete mit denen er sich beym Harlemer Publikum insinuirt, wodurch ich denn das Werk in seinen vollständigen und einzelnen Theilen erkennen konnte und ihn also auch loben durfte wenn er auch nicht wuste weßhalb.
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August 1829). </p> <handDesc hands="1"> <p>Carl Friedrich Zelter</p> </handDesc> <accMat> <listBibl> <bibl type="none"></bibl> </listBibl> </accMat> </physDesc> <history> <provenance> <p>Green Books</p> </provenance> </history> <additional> <listBibl> <bibl type="printed_letter">Großmann-Vendrey, Musik der Vergangenheit, S. 39 (Teildruck).</bibl> <bibl type="printed_letter">Schmidt-Beste, Zelter, S. 51 f.</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1829-08-09" xml:id="date_8589315d-1627-4f7b-a232-195d61133087">9. 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Prof. v. <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_8e093037-5899-4704-bdd3-c57c2b2a07a9">Mühlenfels<name key="PSN0113471" style="hidden" type="person">Mühlenfels, Ludwig von (1793-1861)</name></persName></hi> erhalten,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_53143001-cbc6-41ca-9899-5a818f7d7e86" xml:lang="de">Deinen schönen Brief … habe gestern durch Hr. Prof. v. Mühlenfels erhalten – Ludwig von Mühlenfels war in der Nacht zum 22. Juli 1829 von London nach Berlin abgereist, um dort die Revision seines Prozesses zu betreiben (dazu siehe Martin Herzig, »Ich hab’s gewagt!« Das Leben des Ludwig von Mühlenfels [1793-1861], Berlin 2009, passim). Von Mühlenfels brachte von London Briefe und andere persönliche Dinge Felix Mendelssohn Bartholdys mit.</note> freudig vielemal nach einander gelesen und werde ihn wieder lesen. Daß Du durch einen keines Weges ruhigen Aufenthalt in der Fremde und vielseitige Berichtablegung in gewohnter Thätigkeit verharrst und im Zusammenhange mit Dir selber bleibst, magst Du Dir selber kaum genug anrechnen ist aber um so verdienstlicher da ich an meinem Theile wohl weiß wie mir das Gegentheil vom Andern geworden die nichts zu berichten haben und darüber den Mutterschoos vergessen.</p> <p>Wie Du lachst über die dortigen Fragen, so ich über Deinen <persName xml:id="persName_8ba810ac-32bf-49c6-a40a-2663ca607d05">Cramer<name key="PSN0110487" style="hidden" type="person">Cramer, Johann (John) Baptist (1771-1858)</name></persName>. Wer denkt daran wie dumm kluge Leute sind, die nicht darüber hinweg <del cert="low" rend="strikethrough">kommen</del> <add place="above">können<name key="PSN0115916" resp="writers_hand" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name></add>, daß <persName xml:id="persName_19553a74-1c62-4c5a-b525-271bcf8da436">Homer<name key="PSN0112080" style="hidden" type="person">Homer</name></persName> und <persName xml:id="persName_efcb9993-5200-4469-a938-780b34bf6194">Bach<name key="PSN0109617" style="hidden" type="person">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> nicht den <persName xml:id="persName_00ad8963-9c50-4277-a213-196ef2f4cf95">Marpurg<name key="PSN0113086" style="hidden" type="person">Marpurg, Franz Friedrich Wilhelm (1825-1884)</name></persName> und <persName xml:id="persName_dc5c40e7-5132-4345-9221-38c95fa95664">Kirnberger<name key="PSN0112388" style="hidden" type="person">Kirnberger, Johann Philipp (1721-1783)</name></persName> gelesen haben. Wirst aber Du sie einst lesen so wirst Du wieder lachen wenn Du nicht findest was wir eben gebrauchen.</p> <p>Schönen Dank für Dein hübsches Verzeichniß der Händelschen Originalmanuskripte.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1f7aee40-f7bb-4d29-8ab3-9f7bec2cd6f0" xml:lang="de">Dein hübsches Verzeichniß der Händelschen Originalmanuskripte – In seinem Brief vom 20. Juli 1829 teilte Mendelssohn die Autographe Georg Friedrich Händels mit, die er in der Königlichen Privatbibliothek (King’s Library) in London vorgefunden und dort in sein Notizbuch notiert hatte (GB-Ob, M.D.M. g. 1, fol. 14v-16r). Zum Bestand an Händel-Manuskripten in der King’s Library siehe William Barclay Squire, Catalogue of the King’s Music Library. Part I. The Handel Manuscripts, London 1927. </note> Das Allermeiste kennen wir. Wolltest Du wenn Du wieder <del cert="high" rend="strikethrough">nach</del> <add place="above">in<name key="PSN0115916" resp="writers_hand" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name></add> London bist das: <hi rend="latintype"><title xml:id="title_848a2559-46f1-4a28-a28b-fe1ed8c1de64">Pueri<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108994" style="hidden" type="music">Laudate pueri dominum HWV 236</name></title></hi> und das <hi rend="latintype"><title xml:id="title_f5d9a3ce-7d4d-4e36-b9b1-bd5fa416aad8">Dixit<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108976" style="hidden" type="music">Dixit Dominus Domino meo HWV 232</name></title></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_255f9ee8-31eb-4aec-ba52-09daced4c3a5" xml:lang="de">das Dixit – FMB, Georg Friedrich Händel, Dixit Dominus HWV 232 MWV Anh. B-b: PRC0100687.</note> genau ansehn? Sind es ordentliche Stücke mit Chören oder was wir sonst an diesem großen Mann längst schäzzen, so laß sie kopiren und bringe sie mit.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_6b53992b-8c52-4fa4-a2cb-c1bdd3a57a0b" xml:lang="de">laß sie kopiren und bringe sie mit – Mendelssohn kopierte Händels Dixit Dominus Domino meo HWV 232 (GB-Lbl, R. M. 20.f.1, fol. 30-82) nach seiner Schottlandreise, er beendete die Abschrift am 6. November 1829 (siehe Mendelssohns Briefe an die Familie vom 16. Oktober 1829, Nr. 229, und vom 6. November 1829, Nr. 239). Diese befindet sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien (A-Wn, Ms. Hs. 16.536). Das Laudate pueri dominum HWV 236 kopierte Mendelssohn nicht.</note> Sein Geist und Styl in Oratorien, Opern, Orgel und Concertstükken ist uns befreundet genug, wir sind aber nicht reich genug jedes Stück Pappier zu angeln und zu kapern was er hier oder dort liegen gelassen. Dir darf ich darinn trauen da wir uns kennen.</p> <p>Was Du über die Stücke aus dem <title xml:id="title_0ba5308e-db85-489b-859a-05abe636ac10">Messias<name key="PSN0111693" style="hidden" type="author">Händel, Georg Friedrich (1685–1759)</name><name key="CRT0108996" style="hidden" type="music">Messiah HWV 56</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c7057d94-dd33-4c61-b371-280000972fa1" xml:lang="de">die Stücke aus dem Messias – Im Brief vom 20. Juli 1829 äußerte sich Mendelssohn über die Vorlagen für mehrere Stücke aus Händels Oratorium Messiah HWV 56 (Nummerierung nach HHA), so zu Coro Nr. 11 »Uns ist zum Heil ein Kind geboren« (»For unto us a Child is born«), Coro Nr. 23 »Wie Schafe gehn« (»All we like sheep«) und Coro Nr. 18 »Sein Joch ist sanft« (»His yoke is easy«). </note> schreibst bestättigt meine alte Meinung über dieß göttliche Werk, die Du kennst: daß die einzelnen Theile aus verschiednen Zeiten des Componisten herrühren und durch nachmalige Zusammenstellung<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> zu einem Wunderwerke der Kunst geworden. Man kann darüber mit niemand streiten weil die musikalische Kritik ein Larifari ist wo alles hineinpfuscht was eine Feder schneiden kann. Jedes wirkliche Kunstwerk hat seine Geschichte und wenn der Autor selber vergißt oder nicht gewust hat wie er dazu gekommen so will nach hundert Jahren ein Hansdampf dabey gewesen seyn. Eine rechte Kenntniß des Styls und der Natur der Kunst kann in solchen Fällen das Licht halten und dazu gehört auch Genie, was wir alle hätten wenn Gott will. Bis dann ganz zuletzt ein Ironicus kommt wie der <persName xml:id="persName_3c9c6098-61da-4b58-8619-0652913e19ba">alte Bach<name key="PSN0109617" style="hidden" type="person">Bach, Johann Sebastian (1685-1750)</name></persName> der eben so problematisch über sich selber aus Allem Alles macht und uns alle foppt.</p> <p>Solltest Du Gelegenheit finden Schottische und Irische Nationaltänze oder Lieder zu hören so schreibe sie genau nach Bewegung, Akzent und d. gl. Eigenheiten auf. Die meisten Stükke dieser Art sind ungeschickt verzeichnet und was <persName xml:id="persName_baacbd11-f95f-4d67-9969-d8decbc1f6fb">Haydn<name key="PSN0111789" style="hidden" type="person">Haydn, Franz Joseph (1732-1809)</name></persName> und Geringere <title xml:id="title_3fde6a3c-4c66-427d-9391-d81c124ae7ef">daraus machen wird<name key="PSN0111789" style="hidden" type="author">Haydn, Franz Joseph (1732–1809)</name><name key="CRT0111782" style="hidden" type="music">Schottische Lieder Hob. XXXIa (JHW XXXII)</name></title><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_854bf6b4-6607-43cd-8300-c1b25a249cd0" xml:lang="de">was Haydn … daraus machen wird – Ab den 1790er-Jahren bis 1804 arrangierte Joseph Haydn 429 schottische, irische und walisische Lieder u. a. für die schottischen Verleger William Napier und George Thomson. Zu den Schottischen Lieder Hob. XXXIa (JHW XXXII) siehe Damien Sagrillo, Joseph Haydns Volksliedbearbeitungen. Stilistische Beobachtungen. Bedeutung für sein Gesamtwerk, in: International Review of the Aesthetics and Sociology of Music, Vol. 40, No. 1 (Juni 2009), S. 31-62.</note> zu einem Zweiten und Dritten wodurch die erste Eigenheit aufhört; es ist Haydnsch wo nicht heidnisch. – </p> <signed rend="right">Lebe und liebe Deinen Z.</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_cbf322d9-becc-4e8f-a728-53087115241c"> <docAuthor key="PSN0115916" resp="author" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0115916" resp="writer" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Wie ich höre kommst Du über Holland zurück. Suche doch die <placeName xml:id="placeName_233669d3-568b-41de-9a23-7ea80dd4f510">Harlemer Orgel<name key="SGH0103349" style="hidden" subtype="Orgel" type="sight">Grote of Sint-Bavokerk (St.-Bavo-Kirche)</name><settlement key="STM0103348" style="hidden" type="locality">Haarlem</settlement><country style="hidden">Niederlande</country></placeName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c9026754-818a-41c9-af2f-249ce3f2de5f" xml:lang="de">die Harlemer Orgel – Das in den Jahren 1735 bis 1738 von dem deutsch-niederländischen Orgelbauer Christian Müller (1690-1763) erbaute Instrument befindet sich in der Kirche St. Bavo von Haarlem. Carl Friedrich Zelter hatte die Orgel auf einer Hollandreise im Oktober / November 1823 kennengelernt (vgl. Goethe, Münchner Ausgabe, Bd. 20.1, S. 765 f.).</note> zu spielen, was vielleicht nicht ohne Fürsprache geschehen kann, da der Herr Organist <hi n="1" rend="underline"><persName xml:id="persName_9e57be40-6e33-4db3-a0a0-f2301715e347">Schumann<name key="PSN0118219" style="hidden" type="person">Schumann, Johann Peter (Johannes Petrus) (1777-1865)</name></persName></hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_688ca972-7d1f-446f-98dc-b6c04ccce1ee" xml:lang="de">der Herr Organist Schumann – Über den Haarlemer Organisten Johann Peter Schumann berichtete Zelter in seinem Brief an Johann Wolfgang von Goethe, den er vom 4. Oktober bis zum 14. November 1823 schrieb: »Der Organist Schumann weiß sich was mit seiner Orgel, die er gut in Ordnung hält und sich regelmäßig alle Donnerstage Allein darauf hören läßt; da ich ihm hierüber mit einem guten Worte entgegen kam, fing er dermaßen an zu holländern daß unsre Damen mich beim Ärmel davon rissen, denen schon eine volle Stunde Orgelspiel Übermaß gewesen sein mochte was sie jedoch als Kenner nicht Wort haben wollen« (Goethe, Münchner Ausgabe, Bd. 20.1, S. 766).</note> wenn es noch der nehmliche ist mir nicht ohne Egoorganismus <add place="above">oder Organoegoismus<name key="PSN0115916" resp="writers_hand" style="hidden">Zelter, Carl Friedrich (1758–1832)</name></add> erschien und sonst ein geschickter Mann seyn mag wiewohl er mir nichts als <persName xml:id="persName_8cfd1666-f514-4f57-8c52-aea5517199c8">Voglersche<name key="PSN0115532" style="hidden" type="person">Vogler, Georg Joseph (gen. Abbé Vogler) (1749-1814)</name></persName> Riesen- und Zwerggerichte<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_720bb6f7-f3b3-46db-8bd7-d635619ad41f" xml:lang="de">Voglersche Riesen- und Zwerggerichte – Abbé Georg Joseph Vogler war für sehr klangfarbenreiche Improvisationen und programmatisch-tonmalerische Stücke bekannt.</note> vorarbeitete mit denen er sich beym Harlemer Publikum insinuirt,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_6fe2d698-2ea3-4a5f-8a42-a16baf3d8660" xml:lang="de">insinuirt – von lat. insinuare, einschmeicheln.</note> wodurch ich denn das <placeName xml:id="placeName_4a71fd80-2fe5-44d4-ae99-cbb6d1165f63">Werk<name key="SGH0103349" style="hidden" subtype="Orgel" type="sight">Grote of Sint-Bavokerk (St.-Bavo-Kirche)</name><settlement key="STM0103348" style="hidden" type="locality">Haarlem</settlement><country style="hidden">Niederlande</country></placeName> in seinen vollständigen und einzelnen Theilen erkennen konnte und ihn also auch loben durfte wenn er auch nicht wuste weßhalb.</p> </div> </body> </text></TEI>