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gb-1829-07-08-02

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Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London <lb></lb>Berlin, 8. Juli 1829 Der große Bogen wird heute wohl ohne mich voll werden, ich habe bemerkt, daß dieser Tagen manche fremde Beiträge geliefert werden, und ich will Dir daher um so mehr einen eignen Brief schreiben, als ich Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; London, 19. Juni 1829 Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 16. Juli 1829 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835) Transkription: Edition: FMB- Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. b. 4/71. Autograph Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London; Berlin, 8. Juli 1829 Der große Bogen wird heute wohl ohne mich voll werden, ich habe bemerkt, daß dieser Tagen manche fremde Beiträge geliefert werden, und ich will Dir daher um so mehr einen eignen Brief schreiben, als ich

1 Doppelbl.: S: 1-4 Brieftext.

Abraham Mendelssohn Bartholdy

Green Books

Albrecht Mendelssohn Bartholdy, in: Frankfurter Zeitung Nr. 31, 31. Januar 1909, Viertes Morgenblatt. Max F. Schneider, Mendelssohn oder Bartholdy? Zur Geschichte eines Familiennamens, Basel 1962, S. 16-20. Eric Werner, Mendelssohn. Leben und Werk in neuer Sicht, Zürich 1980, S. 59-61. Albrecht Mendelssohn Bartholdy, Felix Mendelssohn Bartholdy. Beiträge zur Geschichte seiner Familie und seines Lebens, Sonderdruck aus der Frankfurter Zeitung Nr. 31, 31. Januar 1909, S. 4-7.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

8. Juli 1829 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LondonGroßbritannien deutsch
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835) Berlin 8 July 1829.

Der große Bogender große Bogen – Die großen Bögen, die die Familie Mendelssohn nach England sandte, hatten das Format 44 x 27 cm. Hier ist Brief gb-1829-07-08-01 Wilhelm Hensel, Johann Gustav Droysen, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6., 7. und 8. Juli 1829, gemeint. wird heute wohl ohne mich voll werden, ich habe bemerkt, daß dieser Tagen manche fremde Beiträge geliefert werden, und ich will Dir daher um so mehr einen eignen Brief schreiben, als ich mich einer ernsten Angelegenheit wegen, mit Dir explicirenexpliciren – von lat. explicare, erklären, auseinandersetzen. muß.

ich muß vermuthen, daß Du dort den von mir angenommenen Familiennahmen Bartholdy entweder ganz und gar supprimirt,supprimirt – von lat. supprimere, unterdrücken. oder doch wenigstens vernachlässigt und geduldet hast daß es von andern geschehe. ich finde Dich wenigstens sowohl auf dem von Dir eingesandten Concertzettel,dem von Dir eingesandten Concertzettel – Welche Konzertzettel Abraham Mendelssohn Bartholdy meinte, ist unklar. Auf dem Zettel für das Konzert am 13. Juli 1829 zugunsten der Schlesier, der von Carl Klingemann am 12. Juli 1829 an Adolph Bernhard Marx für eine Rezension geschickt wurde, steht »F. Mendelssohn« (Abdruck eines Fragments des Briefs in BAMZ 6, Nr. 39, 6. September 1829, S. 306-308). Siehe auch die Erklärung Felix Mendelssohn Bartholdys in Brief fmb-1829-07-16-01 (Brief Nr. 192) Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 16. Juli 1829. als in allen JournalArtikeln nur als Mendelssohn aufgeführt,in allen JournalArtikeln nur als Mendelssohn aufgeführt – In der Times Nr. 13,929 vom 1. Juni 1829, S. 2, wie auch im Harmonicon in der Rezension des Konzerts vom 25. Mai 1829 (Harmonicon 7, 1829, S. 173) wird Felix Mendelssohn Bartholdys vollständiger Name wiedergegeben. In dem vor letzterer Rezension abgedruckten Programm findet sich auch die Namensform »F. Mendelssohn«. In den Rezensionen von Thomas Welshs »morning concert« vom 15. Juni 1829 (The Times Nr. 13.941, 16. Juni 1829, S. 2) und des Konzerts des Flötisten Louis François Philippe Drouet vom 24. Juni 1829 (The Times Nr. 13.949, 25. Juni 1829, S. 5), in denen Mendelssohn mitwirkte, wird er tatsächlich nur als »Mr. Mendelssohn« genannt. Siehe auch Brief fmb-1829-07-16-01 (Brief Nr. 192) Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 16. Juli 1829. und kann mir diese Übereinstimmung nur dadurch erklären, daß Du sie veranlaßt hast.

ich bin nun mit der Sache sehr unzufrieden, und hast Du sie veranlaßt so hast Du sehr unrecht gehabt.

Ein Name ist am Ende nicht mehr und nicht weniger als ein Name. Allein, erstlich hast Du, bis Du der väterlichen Gewalt entlaßen bist,bis Du der väterlichen Gewalt entlaßen bist – Felix Mendelssohn Bartholdy wurde erst mit dem 3. Februar 1833, an dem er das 24. Lebensjahr vollendete, majorenn (volljährig, mündig). die einfache und unumgängliche Verpflichtung, Dich zu nennen, wie Dein Vater, und zweitens hast Du Die nie erlöschende vernünftige Verpflichtung, anzunehmen, daß Dein Vater, was er thut nicht ohne Überlegung und gute Gründe thut.

Auf unsrer Reise nach Paris,unsrer Reise nach Paris – Abraham Mendelssohn Bartholdy war mit dem Sohn Felix um den 11. März 1825 zu seiner Reise nach Paris aufgebrochen. Die Reise dauerte bis zum Mai. den Tag nach der halsbrechenden Nacht, frugst Du mich um diese Gründe zu der Namensänderung, und ich setzte sie Dir weitläuftig auseinander. Hast Du sie vergeßen, so hättest Du mich noch einmal danach fragen können, haben sie Dir nicht triftig geschienen, so hättest Du mir beßere entgegen setzen sollen. ich will ersteres glauben, weil ich letztere nicht finden kann, und Dir daher meine Gründe und Ansichten wiederholen.

Meines VatersMendelssohn (vorh. Dessau), Moses (1729-1786) Vater hieß Moses MendelMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835) DessauDessau, Mendel Heymann (Menachem Chaim) (?-1766). Als deßen Sohn, mein Vater, in die Welt getreten war, als er anfing genannt zu werden, als er den edlen, nie genug zu preisenden Entschluß faßte, sich selbst, und seine Mitbrüder, aus der tiefen Erniedrigung, in welche sie versunken waren, durch Verbreitung einer höheren Bildung zu reißen, fühlte er daß ih es ihm zu schwer werden würde, als Moses Mendel Dessau |2| in das Nähere Verhältnis welches ihm erforderlich warMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835) zu denjenigen zu treten, welches ihm mit denen die damals im Besitz dieser höhern Bildung waren, erforderlich war, er nannte sich, ohne daß er fürchteteMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835) seinem Vater dadurch zu nahe zu treten, Mendelssohn. Die Aenderung war so unbedeutend als entscheidend. als Mendelssohn trennte er sich unwiderruflich von einer ganzen Classe, aus der er d s ie besten zu sich hinaufzog, und an eine andre Gemeinschaft anschloß. Der große Einfluß den er damals durch Wort, Schrift und That, auf die edelste und geistreichste Weise ausübte, der heute noch fortlebt und sich in steter Entwickelung verbreitet, gab dem Nahmen den er angenommen, ein großes Gewicht, aber auch eine unauslöschliche Bedeutung. einen christlichen Mendelssohn kann es nicht geben, denn die Welt agnoscirtagnoscirt – von lat. agnoscere, anerkennen. keinen, und soll es auch nicht geben, denn er selbst wollte es ja nicht seyn. Mendelssohn ist und bleibt ewig das Judenthum in der Übergangsperiode, das sich, weil es sich von Innen heraus rein geistig zu veredlen strebt, der alten Form umso hartnäckiger und consequenter anschließt, als anmaaßend und herschsüchtig die neue Form meynt und behauptet eben nur durch sie sey das Gute zu erreichen.

Der Standpunkt auf welchen mich mein Vater und meine Zeit gestellt, legte mir gegen Euch, meine Kinder, andre Pflichten auf, und gab mir andre Mittel an Händen, ihnen zu genügen. ich hatte gelernt, und werde es bis an meinen letzten Athemzuge nicht vergeßen, daß die Wahrheit nur Eine und ewigMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835), die Form aber vielfach und vergänglich ist, und so erzog ich Euch, solange die Staatsverfaßung unter der wir damals lebten, es zugeben wollte, frei von aller religiösen Form, welche ich Eurer eigenen Überzeugung, im Fall diese eine erheischen sollte, oder Eurer Wahl nach Rücksichten der ConvenienzMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)Convenienz – lat. convenientia, Übereinstimmung. überlaßen wollte. Das sollte aber nicht seyn, ich mußte für Euch wählen. Daß ich |3| keinen innern Beruf fühlte, bei meiner Geringschätzung aller Form überhaupt, die jüdische, als die veraltetste, verdorbenste, zweckwidrigste für Euch zu wählen versteht sich von selbst. so erzog ich Euch in der christlichen, als der gereinigtern von der größten Zahl civilisirter Menschen angenommenen, und bekannte mich selbst zu derselben, weil ich für mich thun mußte, was ich für Euch als das Bessere erkannte. So wie aber meinem Vater sich die Nothwendigkeit aufgedrängt hatte, seinen Nahmen seiner Lage angemeßen zu modificiren, so erschien es mir Pietät und Klugheitspflicht zugleich, es auch zu thun. Hier habe ich mir eine Schwäche vorzuwerfen, ich bekenne sie, aber ich halte sie für verzeihlich. Was ich für Recht hielt, hätte ich ganz und entschieden thun sollen. ich hätte den Nahmen Mendelssohn ganz ablegen, und den Neuen ganz annehmen sollen; ich war meinem Vater schuldig es zu thun. ich that es nicht, um langjährige Gewohnheit, viele Mitlebende zu schonen, schiefen und giftigen Urtheilen zu entgehen. ich that Unrecht. ich wollte den Übergang vorbereiten, ihn Euch erleichtern, die Ihr nichts zu schonen und zu besorgen hattet. Ich ließ sehr absichtlich Deine Karten in ParisDeine Karten in Paris – Felix Mendelssohn Bartholdys Visitenkarten vom Pariser Aufenthalt 1825. Felix M. Bartholdy stechen, da Du im Begriff warst in die Welt zu treten, und Dir einen Nahmen zu machen. Du bist in meine Ideen nicht eingegangen, ich habe auch hier wieder schwach genug, nicht eingegriffen, und wünsche mehr, als ich erhoffe oder verdiene, daß mein jeziges Einschreiten nicht zu spät komme. Du kannst und darfst nicht Felix Mendelssohn heißen. Felix Mendelssohn Bartholdy ist zu lang, und kann kein täglicher GebrauchsName seyn, Du mußt Dich also Felix Bartholdy oder Felix M. Bartholdy ... nennen nennen, weil der Name ein Kleid ist, und dieses der Zeit, dem Bedürfniß, dem Stande angemeßen seyn muß, wenn es nicht |4| hinderlich oder lächerlich werden soll. Die Engländer, sonst so förmlich, altrechtgläubig und steif, ändern ihre Nahmen öffters im Leben, und es wird fast keiner unter dem Nahmen berühmt, den er in der Taufe erhalten. Und sie haben Recht. ich wiederhole Dir, einen christlichen Mendelssohn giebt es so wenig, als einen jüdischen ConfuciusKonfuzius. Heißt Du Mendelssohn, so bist Du eo ipsoeo ipso – lat., »durch sich selbst«, eben dadurch, selbstverständlich. ein Jude, und das taugt Dir Nichts schon weil es nicht wahr ist.

Beherzige dies, mein lieber Felix und richte Dich danach. Kommt heute noch Dein Brief, so finde ich auf dem großen Bogen wohl noch Platz zu einigen Worten

Dein Vater und Freund
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)

ich finde Nichts Eiliges auf Deinen eben erhaltenen Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-07-03-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Paul Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 3. Juli 1829</name> zu antworten, was mir noch einfällt, kommt heut über 8 Tage.

            Berlin 8 July 1829. Der große Bogen wird heute wohl ohne mich voll werden, ich habe bemerkt, daß dieser Tagen manche fremde Beiträge geliefert werden, und ich will Dir daher um so mehr einen eignen Brief schreiben, als ich mich einer ernsten Angelegenheit wegen, mit Dir expliciren muß.
ich muß vermuthen, daß Du dort den von mir angenommenen Familiennahmen Bartholdy entweder ganz und gar supprimirt, oder doch wenigstens vernachlässigt und geduldet hast daß es von andern geschehe. ich finde Dich wenigstens sowohl auf dem von Dir eingesandten Concertzettel, als in allen JournalArtikeln nur als Mendelssohn aufgeführt, und kann mir diese Übereinstimmung nur dadurch erklären, daß Du sie veranlaßt hast.
ich bin nun mit der Sache sehr unzufrieden, und hast Du sie veranlaßt so hast Du sehr unrecht gehabt.
Ein Name ist am Ende nicht mehr und nicht weniger als ein Name. Allein, erstlich hast Du, bis Du der väterlichen Gewalt entlaßen bist, die einfache und unumgängliche Verpflichtung, Dich zu nennen, wie Dein Vater, und zweitens hast Du Die nie erlöschende vernünftige Verpflichtung, anzunehmen, daß Dein Vater, was er thut nicht ohne Überlegung und gute Gründe thut.
Auf unsrer Reise nach Paris, den Tag nach der halsbrechenden Nacht, frugst Du mich um diese Gründe zu der Namensänderung, und ich setzte sie Dir weitläuftig auseinander. Hast Du sie vergeßen, so hättest Du mich noch einmal danach fragen können, haben sie Dir nicht triftig geschienen, so hättest Du mir beßere entgegen setzen sollen. ich will ersteres glauben, weil ich letztere nicht finden kann, und Dir daher meine Gründe und Ansichten wiederholen.
Meines Vaters Vater hieß Moses Mendel Dessau. Als deßen Sohn, mein Vater, in die Welt getreten war, als er anfing genannt zu werden, als er den edlen, nie genug zu preisenden Entschluß faßte, sich selbst, und seine Mitbrüder, aus der tiefen Erniedrigung, in welche sie versunken waren, durch Verbreitung einer höheren Bildung zu reißen, fühlte er daß ih es ihm zu schwer werden würde, als Moses Mendel Dessau in das Nähere Verhältnis welches ihm erforderlich war zu denjenigen zu treten, welches ihm mit denen die damals im Besitz dieser höhern Bildung waren, erforderlich war, er nannte sich, ohne daß er fürchtete seinem Vater dadurch zu nahe zu treten, Mendelssohn. Die Aenderung war so unbedeutend als entscheidend. als Mendelssohn trennte er sich unwiderruflich von einer ganzen Classe, aus der er sie besten zu sich hinaufzog, und an eine andre Gemeinschaft anschloß. Der große Einfluß den er damals durch Wort, Schrift und That, auf die edelste und geistreichste Weise ausübte, der heute noch fortlebt und sich in steter Entwickelung verbreitet, gab dem Nahmen den er angenommen, ein großes Gewicht, aber auch eine unauslöschliche Bedeutung. einen christlichen Mendelssohn kann es nicht geben, denn die Welt agnoscirt keinen, und soll es auch nicht geben, denn er selbst wollte es ja nicht seyn. Mendelssohn ist und bleibt ewig das Judenthum in der Übergangsperiode, das sich, weil es sich von Innen heraus rein geistig zu veredlen strebt, der alten Form umso hartnäckiger und consequenter anschließt, als anmaaßend und herschsüchtig die neue Form meynt und behauptet eben nur durch sie sey das Gute zu erreichen.
Der Standpunkt auf welchen mich mein Vater und meine Zeit gestellt, legte mir gegen Euch, meine Kinder, andre Pflichten auf, und gab mir andre Mittel an Händen, ihnen zu genügen. ich hatte gelernt, und werde es bis an meinen letzten Athemzuge nicht vergeßen, daß die Wahrheit nur Eine und ewig, die Form aber vielfach und vergänglich ist, und so erzog ich Euch, solange die Staatsverfaßung unter der wir damals lebten, es zugeben wollte, frei von aller religiösen Form, welche ich Eurer eigenen Überzeugung, im Fall diese eine erheischen sollte, oder Eurer Wahl nach Rücksichten der Convenienz überlaßen wollte. Das sollte aber nicht seyn, ich mußte für Euch wählen. Daß ich keinen innern Beruf fühlte, bei meiner Geringschätzung aller Form überhaupt, die jüdische, als die veraltetste, verdorbenste, zweckwidrigste für Euch zu wählen versteht sich von selbst. so erzog ich Euch in der christlichen, als der gereinigtern von der größten Zahl civilisirter Menschen angenommenen, und bekannte mich selbst zu derselben, weil ich für mich thun mußte, was ich für Euch als das Bessere erkannte. So wie aber meinem Vater sich die Nothwendigkeit aufgedrängt hatte, seinen Nahmen seiner Lage angemeßen zu modificiren, so erschien es mir Pietät und Klugheitspflicht zugleich, es auch zu thun. Hier habe ich mir eine Schwäche vorzuwerfen, ich bekenne sie, aber ich halte sie für verzeihlich. Was ich für Recht hielt, hätte ich ganz und entschieden thun sollen. ich hätte den Nahmen Mendelssohn ganz ablegen, und den Neuen ganz annehmen sollen; ich war meinem Vater schuldig es zu thun. ich that es nicht, um langjährige Gewohnheit, viele Mitlebende zu schonen, schiefen und giftigen Urtheilen zu entgehen. ich that Unrecht. ich wollte den Übergang vorbereiten, ihn Euch erleichtern, die Ihr nichts zu schonen und zu besorgen hattet. Ich ließ sehr absichtlich Deine Karten in Paris Felix M. Bartholdy stechen, da Du im Begriff warst in die Welt zu treten, und Dir einen Nahmen zu machen. Du bist in meine Ideen nicht eingegangen, ich habe auch hier wieder schwach genug, nicht eingegriffen, und wünsche mehr, als ich erhoffe oder verdiene, daß mein jeziges Einschreiten nicht zu spät komme. Du kannst und darfst nicht Felix Mendelssohn heißen. Felix Mendelssohn Bartholdy ist zu lang, und kann kein täglicher GebrauchsName seyn, Du mußt Dich also Felix Bartholdy oder Felix M. .. . nennen nennen, weil der Name ein Kleid ist, und dieses der Zeit, dem Bedürfniß, dem Stande angemeßen seyn muß, wenn es nicht hinderlich oder lächerlich werden soll. Die Engländer, sonst so förmlich, altrechtgläubig und steif, ändern ihre Nahmen öffters im Leben, und es wird fast keiner unter dem Nahmen berühmt, den er in der Taufe erhalten. Und sie haben Recht. ich wiederhole Dir, einen christlichen Mendelssohn giebt es so wenig, als einen jüdischen Confucius. Heißt Du Mendelssohn, so bist Du eo ipso ein Jude, und das taugt Dir Nichts schon weil es nicht wahr ist.
Beherzige dies, mein lieber Felix und richte Dich danach. Kommt heute noch Dein Brief, so finde ich auf dem großen Bogen wohl noch Platz zu einigen Worten
Dein Vater und Freund
ich finde Nichts Eiliges auf Deinen eben erhaltenen Brief zu antworten, was mir noch einfällt, kommt heut über 8 Tage.          
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Leben und Werk in neuer Sicht, Zürich 1980, S. 59-61.</bibl> <bibl type="printed_letter">Albrecht Mendelssohn Bartholdy, Felix Mendelssohn Bartholdy. Beiträge zur Geschichte seiner Familie und seines Lebens, Sonderdruck aus der Frankfurter Zeitung Nr. 31, 31. Januar 1909, S. 4-7.</bibl> </listBibl> </additional> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc><projectDesc><p>Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.</p></projectDesc><editorialDecl><p>Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1829-07-08" xml:id="date_c9bab515-9b5a-4376-b3e9-e9099fa4f902">8. Juli 1829</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0113247" resp="author" xml:id="persName_4b9fa968-16de-4199-a177-c25f2d71e529">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776-1835)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0113247" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_a7169212-be16-4084-b4b1-e24ff233a05a"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_697a7f5c-7dbf-4201-8b4f-8e473982121b">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_11a9d764-b490-4155-ade1-e9428317ab05"> <settlement key="STM0100126">London</settlement><country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_7160cbcb-b7b4-4e0e-813b-4327ed874881"> <docAuthor key="PSN0113247" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113247" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</docAuthor> <dateline rend="right"><hi rend="latintype">Berlin</hi> <date cert="high" when="1829-07-08" xml:id="date_170f4fac-80e8-44c9-8741-9c756aa58981">8 <hi rend="latintype">July</hi> 1829.</date></dateline> <p style="paragraph_without_indent">Der große Bogen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_949452b4-3a7a-4570-a39c-750018a84ebb" xml:lang="de">der große Bogen – Die großen Bögen, die die Familie Mendelssohn nach England sandte, hatten das Format 44 x 27 cm. Hier ist Brief gb-1829-07-08-01 Wilhelm Hensel, Johann Gustav Droysen, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6., 7. und 8. Juli 1829, gemeint.</note> wird heute wohl ohne mich voll werden, ich habe bemerkt, daß dieser Tagen manche fremde Beiträge geliefert werden, und ich will Dir daher um so mehr einen eignen Brief schreiben, als ich mich einer ernsten Angelegenheit wegen, mit Dir expliciren<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_e77c7eab-3697-4e39-a66c-d894352e032b" xml:lang="de">expliciren – von lat. explicare, erklären, auseinandersetzen.</note> muß.</p> <p>ich muß vermuthen, daß Du dort den von mir angenommenen Familiennahmen <hi rend="latintype">Bartholdy</hi> entweder ganz und gar <hi rend="latintype">supprimirt</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_fc841665-e6be-4f15-ac92-81a3a4d7c4d5" xml:lang="de">supprimirt – von lat. supprimere, unterdrücken.</note> oder doch wenigstens vernachlässigt und geduldet hast daß es von andern geschehe. ich finde Dich wenigstens sowohl auf dem von Dir eingesandten <hi rend="latintype">Concert</hi>zettel,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f6e28623-0ba7-4dcc-b676-80dd32386cbd" xml:lang="de">dem von Dir eingesandten Concertzettel – Welche Konzertzettel Abraham Mendelssohn Bartholdy meinte, ist unklar. Auf dem Zettel für das Konzert am 13. Juli 1829 zugunsten der Schlesier, der von Carl Klingemann am 12. Juli 1829 an Adolph Bernhard Marx für eine Rezension geschickt wurde, steht »F. Mendelssohn« (Abdruck eines Fragments des Briefs in BAMZ 6, Nr. 39, 6. September 1829, S. 306-308). Siehe auch die Erklärung Felix Mendelssohn Bartholdys in Brief fmb-1829-07-16-01 (Brief Nr. 192) Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 16. Juli 1829.</note> als in allen <hi rend="latintype">Journal</hi>Artikeln nur als <hi rend="latintype">Mendelssohn</hi> aufgeführt,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_74e7b22b-6e6d-4704-8039-f581db23a078" xml:lang="de">in allen JournalArtikeln nur als Mendelssohn aufgeführt – In der Times Nr. 13,929 vom 1. Juni 1829, S. 2, wie auch im Harmonicon in der Rezension des Konzerts vom 25. Mai 1829 (Harmonicon 7, 1829, S. 173) wird Felix Mendelssohn Bartholdys vollständiger Name wiedergegeben. In dem vor letzterer Rezension abgedruckten Programm findet sich auch die Namensform »F. Mendelssohn«. In den Rezensionen von Thomas Welshs »morning concert« vom 15. Juni 1829 (The Times Nr. 13.941, 16. Juni 1829, S. 2) und des Konzerts des Flötisten Louis François Philippe Drouet vom 24. Juni 1829 (The Times Nr. 13.949, 25. Juni 1829, S. 5), in denen Mendelssohn mitwirkte, wird er tatsächlich nur als »Mr. Mendelssohn« genannt. Siehe auch Brief fmb-1829-07-16-01 (Brief Nr. 192) Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin, London, 16. Juli 1829.</note> und kann mir diese Übereinstimmung nur dadurch erklären, daß Du sie veranlaßt hast.</p> <p>ich bin nun mit der Sache sehr unzufrieden, und hast Du sie veranlaßt so hast Du sehr unrecht gehabt.</p> <p>Ein Name ist am Ende nicht mehr und nicht weniger als ein Name. Allein, erstlich hast Du, bis Du der väterlichen Gewalt entlaßen bist,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_187f547e-678c-40e4-a96b-8aa104e00de9" xml:lang="de">bis Du der väterlichen Gewalt entlaßen bist – Felix Mendelssohn Bartholdy wurde erst mit dem 3. Februar 1833, an dem er das 24. Lebensjahr vollendete, majorenn (volljährig, mündig).</note> die einfache und unumgängliche Verpflichtung, Dich zu nennen, wie Dein Vater, und zweitens hast Du Die nie erlöschende vernünftige Verpflichtung, anzunehmen, daß Dein Vater, was er thut nicht ohne Überlegung und gute Gründe thut.</p> <p>Auf unsrer Reise nach <hi rend="latintype">Paris</hi>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_7a10d304-e483-414d-a9c4-2d3dabd80bc0" xml:lang="de">unsrer Reise nach Paris – Abraham Mendelssohn Bartholdy war mit dem Sohn Felix um den 11. März 1825 zu seiner Reise nach Paris aufgebrochen. Die Reise dauerte bis zum Mai.</note> den Tag nach der halsbrechenden Nacht, frugst Du mich um diese Gründe zu der Namensänderung, und ich setzte sie Dir weitläuftig auseinander. Hast Du sie vergeßen, so hättest Du mich noch einmal danach fragen können, haben sie Dir nicht triftig geschienen, so hättest Du mir beßere entgegen setzen sollen. ich will ersteres glauben, weil ich letztere nicht finden kann, und Dir daher meine Gründe und Ansichten wiederholen.</p> <p><persName xml:id="persName_932b3ec5-c646-41e9-9819-d78ab43ee49c">Meines Vaters<name key="PSN0113232" style="hidden" type="person">Mendelssohn (vorh. Dessau), Moses (1729-1786)</name></persName> Vater hieß <del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_51bb04f9-4465-4c33-a595-1315494743c2"><hi rend="latintype">Moses</hi></del> <persName xml:id="persName_c902dba9-6f8d-4b69-920b-73ef68db8c45"><add place="above"><hi rend="latintype">Mendel</hi><name key="PSN0113247" resp="writers_hand" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</name></add> <hi rend="latintype">Dessau</hi><name key="PSN0116519" style="hidden" type="person">Dessau, Mendel Heymann (Menachem Chaim) (?-1766)</name></persName>. Als deßen Sohn, mein Vater, in die Welt getreten war, als er anfing genannt zu werden, als er den edlen, nie genug zu preisenden Entschluß faßte, sich selbst, und seine Mitbrüder, aus der tiefen Erniedrigung, in welche sie versunken waren, durch Verbreitung einer höheren Bildung zu reißen, fühlte er daß <del cert="low" rend="strikethrough">ih</del> es ihm zu schwer werden würde, als <hi rend="latintype">Moses Mendel Dessau</hi><seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> in das Nähere Verhältnis <add place="above">welches ihm erforderlich war<name key="PSN0113247" resp="writers_hand" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</name></add> zu denjenigen zu treten, <del cert="high" rend="strikethrough">welches ihm mit denen</del> die damals im Besitz dieser höhern Bildung waren, <del cert="high" rend="strikethrough">erforderlich war,</del> er nannte sich, ohne <add place="above">daß er fürchtete<name key="PSN0113247" resp="writers_hand" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</name></add> seinem Vater dadurch zu nahe zu treten, <hi rend="latintype">Mendelssohn</hi>. Die Aenderung war so unbedeutend als entscheidend. als <hi rend="latintype">Mendelssohn</hi> trennte er sich unwiderruflich von einer ganzen <hi rend="latintype">Classe</hi>, aus der er <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"> <corr resp="writer">d</corr> <sic resp="writer">s</sic> </choice>ie besten zu sich hinaufzog, und an eine andre Gemeinschaft anschloß. Der große Einfluß den er damals durch Wort, Schrift und That, auf die edelste und geistreichste Weise ausübte, der heute noch fortlebt und sich in steter Entwickelung verbreitet, gab dem Nahmen den er angenommen, ein großes Gewicht, aber auch eine unauslöschliche Bedeutung. einen christlichen <hi rend="latintype">Mendelssohn</hi> kann es nicht geben, denn die Welt <hi rend="latintype">agnoscirt</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_aedb6d73-60cb-49a7-9bef-20c01f2f9f32" xml:lang="de">agnoscirt – von lat. agnoscere, anerkennen.</note> keinen, und soll es auch nicht geben, denn er selbst wollte es ja nicht seyn. <hi rend="latintype">Mendelssohn</hi> ist und bleibt ewig das Judenthum in der Übergangsperiode, das sich, weil es sich von Innen heraus rein geistig zu veredlen strebt, der alten Form umso hartnäckiger und <hi rend="latintype">consequenter</hi> anschließt, als anmaaßend und herschsüchtig die neue Form meynt und behauptet eben nur durch sie sey das Gute zu erreichen.</p> <p>Der Standpunkt auf welchen mich mein Vater und meine Zeit gestellt, legte mir gegen Euch, meine Kinder, andre Pflichten auf, und gab mir andre Mittel an Händen, ihnen zu genügen. ich hatte gelernt, und werde es bis an meinen letzten Athemzuge nicht vergeßen, daß die Wahrheit nur Eine <add place="above">und ewig<name key="PSN0113247" resp="writers_hand" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</name></add>, die Form aber vielfach und vergänglich ist, und so erzog ich Euch, solange die Staatsverfaßung unter der wir damals lebten, es zugeben wollte, frei von aller religiösen Form, welche ich Eurer eigenen Überzeugung, im Fall diese eine erheischen sollte, oder Eurer Wahl <add place="above">nach Rücksichten der <hi rend="latintype">Convenienz</hi><name key="PSN0113247" resp="writers_hand" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</name></add><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_9132fc80-7aa6-46c5-a683-d882280691c1" xml:lang="de">Convenienz – lat. convenientia, Übereinstimmung.</note> überlaßen wollte. Das sollte aber nicht seyn, ich mußte für Euch wählen. Daß ich<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> keinen innern Beruf fühlte, bei meiner Geringschätzung aller Form überhaupt, die jüdische, als die veraltetste, verdorbenste, zweckwidrigste für Euch zu wählen versteht sich von selbst. so erzog ich Euch in der christlichen, als der gereinigtern von der größten Zahl civilisirter Menschen angenommenen, und bekannte mich selbst zu derselben, weil ich für mich thun mußte, was ich für Euch als das Bessere erkannte. So wie aber meinem Vater sich die Nothwendigkeit aufgedrängt hatte, seinen Nahmen seiner Lage angemeßen zu <hi rend="latintype">modificiren</hi>, so erschien es mir <hi rend="latintype">Pietät</hi> und Klugheitspflicht zugleich, es auch zu thun. Hier habe ich mir eine Schwäche vorzuwerfen, ich bekenne sie, aber ich halte sie für verzeihlich. Was ich für Recht hielt, hätte ich ganz und entschieden thun sollen. ich hätte den Nahmen <hi rend="latintype">Mendelssohn</hi> ganz ablegen, und den Neuen ganz annehmen sollen; ich war meinem Vater <hi n="1" rend="underline">schuldig</hi> es zu thun. ich that es nicht, um langjährige Gewohnheit, viele Mitlebende zu schonen, schiefen und giftigen Urtheilen zu entgehen. ich that Unrecht. ich wollte den Übergang vorbereiten, ihn Euch erleichtern, die Ihr nichts zu schonen und zu besorgen hattet. Ich ließ sehr absichtlich Deine Karten in <hi rend="latintype">Paris</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0f79c299-3654-45fd-a9b2-c40a53147ae0" xml:lang="de">Deine Karten in Paris – Felix Mendelssohn Bartholdys Visitenkarten vom Pariser Aufenthalt 1825.</note> <hi rend="latintype">Felix M. Bartholdy</hi> stechen, da Du im Begriff warst in die Welt zu treten, und Dir einen Nahmen zu machen. Du bist in meine Ideen nicht eingegangen, ich habe auch hier wieder schwach genug, nicht eingegriffen, und wünsche mehr, als ich erhoffe oder verdiene, daß mein jeziges Einschreiten nicht zu spät komme. Du kannst und darfst nicht <hi rend="latintype">Felix Mendelssohn</hi> heißen. <hi rend="latintype">Felix Mendelssohn Bartholdy</hi> ist zu lang, und kann kein täglicher GebrauchsName seyn, Du mußt Dich also <hi rend="latintype">Felix Bartholdy</hi> oder <hi rend="latintype">Felix M. <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"> <corr resp="writer">Bartholdy</corr> <sic resp="writer">... nennen</sic> </choice></hi> nennen, weil der Name ein Kleid ist, und dieses der Zeit, dem Bedürfniß, dem Stande angemeßen seyn muß, wenn es nicht<seg type="pagebreak"> |4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> hinderlich oder lächerlich werden soll. Die Engländer, sonst so förmlich, altrechtgläubig und steif, ändern ihre Nahmen öffters im Leben, und es wird fast keiner unter dem Nahmen berühmt, den er in der Taufe erhalten. Und sie haben Recht. ich wiederhole Dir, einen christlichen <hi rend="latintype">Mendelssohn</hi> giebt es so wenig, als einen jüdischen <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_f5378346-b7f5-4b35-aca2-9a7bbf13abe6">Confucius<name key="PSN0117285" style="hidden" type="person">Konfuzius</name></persName></hi>. Heißt Du <hi rend="latintype">Mendelssohn</hi>, so bist Du <hi rend="latintype">eo ipso</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_00fde0c1-b5fd-4ce9-a064-0fa318018048" xml:lang="la ">eo ipso – lat., »durch sich selbst«, eben dadurch, selbstverständlich.</note> ein Jude, und das taugt Dir Nichts schon weil es nicht wahr ist.</p> <p>Beherzige dies, mein lieber <hi rend="latintype">Felix</hi> und richte Dich danach. Kommt heute noch Dein Brief, so finde ich auf dem großen Bogen wohl noch Platz zu einigen Worten</p> <signed rend="right">Dein Vater und Freund</signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_2663de7d-326e-483d-995f-0bc58a2ee410"> <docAuthor key="PSN0113247" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113247" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Abraham Ernst (bis 1822: Abraham Moses) (1776–1835)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">ich finde Nichts Eiliges auf <title xml:id="title_c6107258-ea06-4fd2-8b1a-e34f4e5c6459">Deinen eben erhaltenen Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-07-03-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Paul Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 3. Juli 1829</name> </title> zu antworten, was mir noch einfällt, kommt heut über 8 Tage.</p> </div> </body> </text></TEI>