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gb-1829-06-17-02

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Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in London <lb></lb>London, 17. Juni 1829 God dam bleibt doch mein Leibfluch – es steckt so viel Musik darin. VerstandesMusik, – GemüthsMusik – HerzensMusik – LeberMusik – wie viel Sorten habt ihr denn? Ich hoffe es giebt auch GallenMusik – die hab ich. Ich Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; London, 9. Juni 1829 Felix Mendelssohn Bartholdy an Carl Klingemann in London; London, 19. Juni 1829 Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) Transkription: Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Deutschland Berlin D-B Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Handschriftenabteilung Autogr. I/263/1. Autograph Carl Klingemann an Felix Mendelssohn Bartholdy in London; London, 17. Juni 1829 God dam bleibt doch mein Leibfluch – es steckt so viel Musik darin. VerstandesMusik, – GemüthsMusik – HerzensMusik – LeberMusik – wie viel Sorten habt ihr denn? Ich hoffe es giebt auch GallenMusik – die hab ich. Ich

1 Doppelbl.: S. 1-2 Brieftext; S. 3 leer; S. 4 Adresse, 2 Poststempel [1 EVEN. 1 / 17 JU / 1829], [? / Pall Mall], Siegel. Datierung nach der Poststempel-Angabe »17 JU / 1829«. Textverluste wegen abgerissener Ecke des ersten Blatts.

Carl Klingemann

-

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

17. Juni 1829 Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)counter-resetKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) LondonGroßbritannien Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LondonGroßbritannien deutsch
F. Mendelssohn Bartholdy Esqr. 103. Great Portland Street.
Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862) Schönen guten Morgen, RalphRalph – Spitzname für Felix Mendelssohn Bartholdy seit der Schottlandreise 1829 mit Carl Klingemann, dieser nannte sich selbst Hinz. Das Manuskript des Beginns einer Novelle »Hinz und Ralph« von Klingemann über Mendelssohns ersten Englandaufenthalt 1829 wird in Berlin aufbewahrt (D-B, Handschriftenabteilung, Autogr. I /266/4; datiert 30. April 1829?). Siehe dazu Back, Freund meiner MusikSeele, S. 383 ff.!

God dam bleibt doch mein Leibfluch – es steckt so viel Musik darin.

VerstandesMusik, – GemüthsMusik – HerzensMusik – LeberMusik – wie viel Sorten habt ihr denn?

Ich hoffe es giebt auch GallenMusik – die hab ich.

Ich hatte sie und sagte Goddam und ging ins Morgen Concert heut Mittag.

MorgenConcertMorgenConcert – Giovanni Battista Velluti, einer der letzten Kastraten, trat am 15. Juni 1829 zusammen mit den Sängerinnen María Felicità Malibran und Nina Sontag in Thomas Welshs »morning concert« in den Argyll Rooms auf. Auch Mendelssohn spielte in dem Konzert: »The concert included two excellent instrumental performances, 1st, an andante movement with variations for the pianoforte and violoncello, by Messrs. Mendelssohn and Lindley; and 2d, a very brillant fantasia on the harp by Mr. Lord, on the theme ›Rule Britannia.‹« (The Times Nr. 13.941, 16. Juni 1829, S. 2). – es klingt mir ohngefähr wie Tagtigall oder Leichen-Fête – doch ging ich hin.

Diesmal wars aber eins – ein Capaun krähte darin, ein Soprano, oder Castrat, der VellutiVelluti, Giovanni Battista (1781-1861). Es klang wie aus einer Apotheke, etwa wie

Tinct. Gall. RubTinct. Gall. Rub – lat. Tinctura Galii Rubiaceae, Labkrauttinktur. Der Volksmedizin zufolge wirkt diese wassertreibend und krampflösend. In Schottland wird sie wegen ihrer intensiven gelben Farbe bis heute zum Färben verwendet.

alle Stunde einen Theelöffel voll –

Das lange blasse Mannsbild schwankte, schlug den Takt und girrte wie die Meerkatzenmutter –

Frauen und Jungfrauen hörten es an

– es giebt hier Bibel- und menschenfreundliche Gesellschaften –

mein alter Zorn gegen die a wurde wach – aber ich |2| mir war als wäre ich wieder jung und auf grüner sonniger Wiese, wo Kälber und Kühe und Lämmer, Hirtenschalmeien und Kinderreigen, einige Bettelmusikanten im Dorfe, und auf der Heerstraße ein entferntes Posthorn, durcheinandertönen – in den langen hohen falschen Triller des Castraten fielen, vom Vorsaal her, einzelne lacrimosa Passagen, etwa 1/4 oder 3/5 Ton tiefer. –

Nina SonntagSontag (eigtl. Sonntag), Anna Auguste Nina (1811-1879) saß dort einsam und probirte – hielt er einen Ton, so warf sie einen kecken Lauf dazwischen, und lief er, so trillerte sie – einzelne Töne einer Tanzmeistergeige, aus noch entfernteren Zimmern, krochen hinein – ich entdeckte die Kunst der Fuge<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107788" style="hidden" type="music">Die Kunst der Fuge BWV 1080</name> von Neuem, mir wurde so wohl und vergnügt, daß ich rufen mußte: O beseligende Macht der Musik! Der Enthusiast sah mich forschend an und klatschte stärker.

In Weimar sagte ich einmal am Table d’hôteTable d’hôte – frz., Gasttafel; gemeinsames Essen mit denselben Speisen für alle Gäste, zumeist in Gasthöfen.: Der GötheGoethe, Johann Wolfgang (seit 1782) von (1749-1832) schreibt doch göttlich! und ein dortiger Kanzlist erwiederte heiter: In der That schreiben Sr Excellenz eine unvergleichlich feste und leserliche Hand!

Hier riefen einige Schälke: Encore! und die ehrbaren Leute halfen. Er thats – was konnt er mehr?

Jetzt ging ich – God dam!

___Hinz.Hinz – Klingemann meint sich selbst, siehe Kommentar zu Z.: Ralph.
            Schönen guten Morgen, Ralph!
God dam bleibt doch mein Leibfluch – es steckt so viel Musik darin.
VerstandesMusik, – GemüthsMusik – HerzensMusik – LeberMusik – wie viel Sorten habt ihr denn?
Ich hoffe es giebt auch GallenMusik – die hab ich.
Ich hatte sie und sagte Goddam und ging ins Morgen Concert heut Mittag.
MorgenConcert – es klingt mir ohngefähr wie Tagtigall oder Leichen-Fête – doch ging ich hin.
Diesmal wars aber eins – ein Capaun krähte darin, ein Soprano, oder Castrat, der Velluti. Es klang wie aus einer Apotheke, etwa wie
Tinct. Gall. Rub M°
alle Stunde einen Theelöffel voll –
Das lange blasse Mannsbild schwankte, schlug den Takt und girrte wie die Meerkatzenmutter –
Frauen und Jungfrauen hörten es an –
– es giebt hier Bibel- und menschenfreundliche Gesellschaften –
mein alter Zorn gegen die a wurde wach – aber ich mir war als wäre ich wieder jung und auf grüner sonniger Wiese, wo Kälber und Kühe und Lämmer, Hirtenschalmeien und Kinderreigen, einige Bettelmusikanten im Dorfe, und auf der Heerstraße ein entferntes Posthorn, durcheinandertönen – in den langen hohen falschen Triller des Castraten fielen, vom Vorsaal her, einzelne lacrimosa Passagen, etwa 1/4 oder 3/5 Ton tiefer. –
Nina Sonntag saß dort einsam und probirte – hielt er einen Ton, so warf sie einen kecken Lauf dazwischen, und lief er, so trillerte sie – einzelne Töne einer Tanzmeistergeige, aus noch entfernteren Zimmern, krochen hinein – ich entdeckte die Kunst der Fuge von Neuem, mir wurde so wohl und vergnügt, daß ich rufen mußte: O beseligende Macht der Musik! Der Enthusiast sah mich forschend an und klatschte stärker.
In Weimar sagte ich einmal am Table d’hôte: Der Göthe schreibt doch göttlich! und ein dortiger Kanzlist erwiederte heiter: In der That schreiben Sr Excellenz eine unvergleichlich feste und leserliche Hand!
Hier riefen einige Schälke: Encore! und die ehrbaren Leute halfen. Er thats – was konnt er mehr?
Jetzt ging ich – God dam!
___Hinz.          
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