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gb-1829-05-06-02

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Fanny Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London <lb></lb>Berlin, 6. Mai 1829 Au au, liebes Lamm, der Sommer ist da. Von nun an schreibe Du alle Straßen, Plätze und Squares in denen Leute wohnen, an die Du Empfehlungsschreiben hast, denn wir besitzen einen Plan von London, ein Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) noch nicht ermittelt Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; London, 15. Mai 1829 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) Transkription: Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. b. 4/66. Autograph Fanny Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London; Berlin, 6. Mai 1829 Au au, liebes Lamm, der Sommer ist da. Von nun an schreibe Du alle Straßen, Plätze und Squares in denen Leute wohnen, an die Du Empfehlungsschreiben hast, denn wir besitzen einen Plan von London, ein

1 Doppelbl.: S. 1-4 Brieftext. Die Datierung ergibt sich durch die Erwähnung des Berliner Unternehmers Carl Friedrich Werner, der auch Abraham, Lea und Rebecka Mendelssohns Bartholdys Briefe vom 6. Mai 1829 nach London mitnehmen sollte. Der Hinweis, dass Niccolò Paganini »heut« (am 6. Mai 1829) bei den Mendelssohns speise, findet sich in auch in Abraham Mendelssohn Bartholdys Brief vom 6. Mai 1829 (Brief gb-1829-05-06-01 Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829).

Fanny Mendelssohn Bartholdy

Green Books

Citron, Letters, S. 392-394.

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

6. Mai 1829 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LondonGroßbritannien deutsch
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)

Au au, liebes Lamm, der Sommer ist da. Von nun an schreibe Du alle Straßen, Plätze und Squares in denen Leute wohnen, an die Du Empfehlungsschreiben hast, denn wir besitzen einen Plan von London, ein Geschenk des HofmalersHensel, Wilhelm (1794-1861), und wissen Manches. Wir wüßten aber gern, an welcher Queerstr. der great Portlandplace Du wohnst,great Portlandplace Du wohnst – Felix Mendelssohn Bartholdys Londoner Wohnung befand sich bei dem deutschen Eisenhändler Friederich Heinke in Great Portland Street Nr. 103 nahe dem Portland Place. denn Nummern führt der Plan nicht.

Dieser Brief wird Dir überreicht durch Hrn WernerWerner, Carl Friedrich, einen Neffen von Werner und NeffenWerner & Neffen (bis 1823: Werner & Mieth), Bronzegussfirma in Berlin,Hrn Werner, einen Neffen von Werner und Neffen – Carl Friedrich Werner, der damalige Alleininhaber der Berliner Bronzegussfirma Werner & Neffen. ich bitte Dich, alles anzuwenden, umgin ihm seinen Aufenthalt in Deiner Stadt angenehm und ersprießlich zu machen, und werde jeden ihm erwiesenen Dienst als mir selbst zugefügt, erkennen, stehe auch in ähnlichem Falle zu jedem Gegendienst bereit.

Wenn nun jetzt der Briefträger hereinträte, und brächte Deinen Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-05-01-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; London, 1. Mai 1829</name> , so könnten wir noch heut darauf antworten, und es wäre nett; ich ahnde aber, er bringt nichts. Alle Briefe, die Du heut empfängst,Alle Briefe, die Du heut empfängst – Brief gb-1829-05-06-01 Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829, Brief gb-1829-05-06-02 Fanny Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829, Brief gb-1829-05-06-03 Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829, und Brief gb-1829-05-06-04 Rebecka Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829. werden von PaganiniPaganini, Niccolò (1782-1840) widerhallen, was soll ich noch hinzufügen? Dies: Daß ihm nämlich BeckchenMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858) bei BettyBeer, Rebecka (Betty) (1793-1850)bei Betty – Die Mendelssohns hatten Niccolò Paganini am 2. Mai 1829 bei Heinrich und Rebecka Beer gehört; vgl. dazu den Eintrag für diesen Tag in Fanny Mendelssohn Bartholdys Tagebuch: »Sonnabend bei Heinr. Beer mit Paganini, der eine Sonate, sein Glöckchen-Rondo und nel cor più non mi sento göttlich spielte« (Hensel, Tagebücher, S. 16). gräulich die Cour gemacht hat. Nachdem sie mehremal zu ihm gegangen war, und ihn angeredet hatte, auch Apfelsinen die er gemantscht, gegessen hatte, gingen wir |2| zu Tisch. Bei uns war ein Platz leer, und als der große HeinrichBeer, Heinrich (Henoch, Hans) (1794-1842) in Triumpf seinen Minister Paganini hereinführte, sprang das TöpfchenMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858) auf, lief ihm entgegen, und bat ihn, sich zu uns zu setzen. Er nickte, folgte, und als sie sich eben wieder gesetzt hatte, drehte er sich um, und ging an einen andern Tisch, wo die übrigen jungen Damen, Hofräthin HerzHerz, Henriette Julie (1764-1847), Mme. BeerBeer, Amalie (Esther Jehuda) (1767-1854), Mme. HenningHenning, Mme. etc saßen.

Wuth und Eifersucht bemächtigten sich des Töpfchens, und schallendes Gelächter erhöhte diese Empfindungen. Ja, sie hat in ihrem Zorn geschworen, ihn heut (er ißt bei uns)er ißt bei uns – vgl. Fanny Mendelssohn Bartholdys Eintrag für den 6. Mai 1829 in ihrem Tagebuch: »Mittw. aß er [Niccolò Paganini] bei uns, mit Marx Ritz, Devrients und Miltitz« (Hensel, Tagebücher, S. 16). nicht wieder zu Tisch zu führen. HegelHegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831) war auch da, und raspelte stark, AnnaFränkel, Anna Rosa (1812-?) und so fort, und Beckchen u. dergl. Ach lieber Felix, seit Du fort bist, erfindet und wiederholt kein Mensch dumme Redensarten, wir bleiben immer bei den Alten, und Du wirst uns bei Deiner Rückkehr in dieser Hinsicht wie die Oesterreicher finden, stagnirend und dumm.

Eben kommt Dein Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-04-29-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Paul Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 29. April 1829</name> an PaulMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874), Du bester Felix, und Vater meint, daß wir heut noch Einen vom Freitag bekommen. Gewiß schreiben wir Dir alle Woche durch die Post, Vater hat schon sehr große Bogen angeschafft, die Gesandschaftsbriefedie Gesandschaftsbriefe – Die Familie Mendelssohn sandte einen Teil der Post an den in London weilenden Felix Mendelssohn Bartholdy über die hannoversche Gesandtschaft in Berlin, der Franz Ludwig Wilhelm Freiherr von Reden vorstand. erhältst Du so als Zugabe. Und doch ist die Gelegenheit sehr angenehm, wenn Du einmal irgend etwas geschickt haben willst. Wir wollten Dir so gern durch Hrn Werner einen |3| Kuchen schicken, aber in dem Augenblick, wo ich ihn fragen lassen wollte, bebte ich zurück vor der Unbescheidenheit, und es unterblieb.

Am Montag wollten wir ein wenig aus der 2ten Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107772" style="hidden" type="music">Johannes-Passion BWV 245</name> singen, ich hatte mir allerhand Leute dazu bestellt, da aber ein fürchterlicher Regen war den ganzen Tag, kam Niemand als RitzensRietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)Rietz, August Wilhelm Julius (1812-1877), und MarxMarx, Adolph Bernhard (1795-1866), der Weg und Wetter nicht gescheut hatte, und nach seiner WeiseHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) ohne Mantel und in Schuhen gegangen war. Und wir sangen wirklich aus der Passion. Ein paarmal mußte ich aber über Ritz, der neben mir Alt brüllte, fast laut lachen. Ich treffe ganz mit Marx überein wegen der Johannispassion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107772" style="hidden" type="music">Johannes-Passion BWV 245</name>; wenn ich sie erst noch genauer kennen werde, rücke ich damit heraus.

Gestern hatte Paganini ganz den Teufel im Leibe.Gestern hatte Paganini ganz den Teufel im Leibe – Am 5. Mai 1829 gab Paganini im Königlichen Opernhaus eines seiner letzten Berliner Konzerte; vgl. AMZ 31, Nr. 28 (15. Juli 1829), Sp. 463. Er spielte einen sogenannten Canto appassionato es moll<name key="PSN0113722" style="hidden" type="author">Paganini, Niccolò (1782–1840)</name><name key="CRT0111709" style="hidden" type="music">Sonata appassionata es-Moll für Violine und Orchester</name>, das OrchesterKönigliche HofkapelleBerlinDeutschland in abgebrochenem Tremolando dazu; plötzlich fährt er mit der ganzen Masse in es dur hinein, um sogleich wieder ins Moll zurückzufallen, es war sehr schön, und wirklich als wolle er sich seine ganze Seele ausspielen, und zugleich der armen Violine das Herz ausreißen. Die Hexenvariationen<name key="PSN0113722" style="hidden" type="author">Paganini, Niccolò (1782–1840)</name><name key="CRT0111701" style="hidden" type="music">Variationen für Violine und Orchester Es-Dur, op. 8 (Le streghe)</name> sind eklich, da macht der das Gequäk heiserer alter Weiber nach. Er schloß sehr unbrillant, das war schade.

|4| BeniMendelssohn, Georg Benjamin (Benny) (1794-1874) und RosaMendelssohn, Rosamunde Ernestine Pauline (Rosa) (1804-1883) lassen grüßen, sie sind abgereist. Wenn man das Betragen der Beiden sah, mußte man glauben, sie gehöre ursprünglich zur Familie, und er sey nur so hinzugekommen, denn sie war immer die Freundliche, und er hielt sie möglicher Weise von Allem zurück. Er hat wirklich den gewissen Familienfehlerden gewissen Familienfehler – Den männlichen Mitgliedern der Familie Mendelssohn wurde ein mürrisches, schroffes Betragen, »das fatale Brummen« nachgesagt. Lea Mendelssohn Bartholdy bezeichnet dies als »eine espèce Mendelss.scher Unart […] eine Scheu vielleicht v. dem Liebsten zu reden«. Siehe Brief gb-1829-07-08-01 Wilhelm Hensel, Johann Gustav Droysen, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6., 7. und 8. Juli 1829. im höchsten Grade. Bei uns ist er jetzt eben nicht Mode, es giebt wenig Unglück in Familien,Unglück in Familien – Mit der Wendung wurden in der Familie Mendelssohn Nöte, Schroffheiten und launenhaftes Wesen belegt, aber auch unschickliche oder unglückliche Liebesverhältnisse, die Unglück über Familien bringen können. ich habe so zuweilen mein kleines privatim, aber das ist eine Sache für sich. (welches wiederum ein Pleonasnasmus ist.)

Lebe wohl, der KerlWerner, Carl Friedrich steht und wartet auf den Brief, wir können also nicht auf Deinen etwaigen warten. Lebe sehr wohl, mein Lamm.
            Au au, liebes Lamm, der Sommer ist da. Von nun an schreibe Du alle Straßen, Plätze und Squares in denen Leute wohnen, an die Du Empfehlungsschreiben hast, denn wir besitzen einen Plan von London, ein Geschenk des Hofmalers, und wissen Manches. Wir wüßten aber gern, an welcher Queerstr. der great Portlandplace Du wohnst, denn Nummern führt der Plan nicht.
Dieser Brief wird Dir überreicht durch Hrn Werner, einen Neffen von Werner und Neffen, ich bitte Dich, alles anzuwenden, umgin ihm seinen Aufenthalt in Deiner Stadt angenehm und ersprießlich zu machen, und werde jeden ihm erwiesenen Dienst als mir selbst zugefügt, erkennen, stehe auch in ähnlichem Falle zu jedem Gegendienst bereit.
Wenn nun jetzt der Briefträger hereinträte, und brächte Deinen Brief, so könnten wir noch heut darauf antworten, und es wäre nett; ich ahnde aber, er bringt nichts. Alle Briefe, die Du heut empfängst, werden von Paganini widerhallen, was soll ich noch hinzufügen? Dies: Daß ihm nämlich Beckchen bei Betty gräulich die Cour gemacht hat. Nachdem sie mehremal zu ihm gegangen war, und ihn angeredet hatte, auch Apfelsinen die er gemantscht, gegessen hatte, gingen wir zu Tisch. Bei uns war ein Platz leer, und als der große Heinrich in Triumpf seinen Minister Paganini hereinführte, sprang das Töpfchen auf, lief ihm entgegen, und bat ihn, sich zu uns zu setzen. Er nickte, folgte, und als sie sich eben wieder gesetzt hatte, drehte er sich um, und ging an einen andern Tisch, wo die übrigen jungen Damen, Hofräthin Herz, Mme. Beer, Mme. Henning etc saßen.
Wuth und Eifersucht bemächtigten sich des Töpfchens, und schallendes Gelächter erhöhte diese Empfindungen. Ja, sie hat in ihrem Zorn geschworen, ihn heut (er ißt bei uns) nicht wieder zu Tisch zu führen. Hegel war auch da, und raspelte stark, Anna und so fort, und Beckchen u. dergl. Ach lieber Felix, seit Du fort bist, erfindet und wiederholt kein Mensch dumme Redensarten, wir bleiben immer bei den Alten, und Du wirst uns bei Deiner Rückkehr in dieser Hinsicht wie die Oesterreicher finden, stagnirend und dumm.
Eben kommt Dein Brief an Paul, Du bester Felix, und Vater meint, daß wir heut noch Einen vom Freitag bekommen. Gewiß schreiben wir Dir alle Woche durch die Post, Vater hat schon sehr große Bogen angeschafft, die Gesandschaftsbriefe erhältst Du so als Zugabe. Und doch ist die Gelegenheit sehr angenehm, wenn Du einmal irgend etwas geschickt haben willst. Wir wollten Dir so gern durch Hrn Werner einen Kuchen schicken, aber in dem Augenblick, wo ich ihn fragen lassen wollte, bebte ich zurück vor der Unbescheidenheit, und es unterblieb.
Am Montag wollten wir ein wenig aus der 2ten Passion singen, ich hatte mir allerhand Leute dazu bestellt, da aber ein fürchterlicher Regen war den ganzen Tag, kam Niemand als Ritzens, und Marx, der Weg und Wetter nicht gescheut hatte, und nach seiner Weise ohne Mantel und in Schuhen gegangen war. Und wir sangen wirklich aus der Passion. Ein paarmal mußte ich aber über Ritz, der neben mir Alt brüllte, fast laut lachen. Ich treffe ganz mit Marx überein wegen der Johannispassion; wenn ich sie erst noch genauer kennen werde, rücke ich damit heraus.
Gestern hatte Paganini ganz den Teufel im Leibe. Er spielte einen sogenannten Canto appassionato es moll, das Orchester in abgebrochenem Tremolando dazu; plötzlich fährt er mit der ganzen Masse in es dur hinein, um sogleich wieder ins Moll zurückzufallen, es war sehr schön, und wirklich als wolle er sich seine ganze Seele ausspielen, und zugleich der armen Violine das Herz ausreißen. Die Hexenvariationen sind eklich, da macht der das Gequäk heiserer alter Weiber nach. Er schloß sehr unbrillant, das war schade.
 Beni und Rosa lassen grüßen, sie sind abgereist. Wenn man das Betragen der Beiden sah, mußte man glauben, sie gehöre ursprünglich zur Familie, und er sey nur so hinzugekommen, denn sie war immer die Freundliche, und er hielt sie möglicher Weise von Allem zurück. Er hat wirklich den gewissen Familienfehler im höchsten Grade. Bei uns ist er jetzt eben nicht Mode, es giebt wenig Unglück in Familien, ich habe so zuweilen mein kleines privatim, aber das ist eine Sache für sich. (welches wiederum ein Pleonasnasmus ist. )
Lebe wohl, der Kerl steht und wartet auf den Brief, wir können also nicht auf Deinen etwaigen warten. Lebe sehr wohl, mein Lamm.          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1829-05-06-02" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1829-05-06-02" xml:id="title_7f0bf37c-21f9-4494-807f-bfbac557384c">Fanny Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London <lb></lb>Berlin, 6. Mai 1829</title> <title level="s" type="incipit" xml:id="title_93ba5af4-37e0-44ef-bf55-36054bee8bf8">Au au, liebes Lamm, der Sommer ist da. 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Mai 1829</date></creation> <correspDesc> <correspAction type="sent"> <persName key="PSN0117585" resp="author" xml:id="persName_8c2cfcf4-bb78-4d78-b890-fcad0b62a2dc">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</persName><note>counter-reset</note><persName key="PSN0117585" resp="writer">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</persName> <placeName type="writing_place" xml:id="placeName_5c7a228f-5e7f-40ac-b99d-b762c9a80048"> <settlement key="STM0100101">Berlin</settlement><country>Deutschland</country> </placeName> </correspAction> <correspAction type="received"> <persName key="PSN0000001" resp="receiver" xml:id="persName_9e44ce56-a3fa-4d34-b09b-0b10f8c92b33">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</persName> <placeName type="receiving_place" xml:id="placeName_4027eb98-f810-47e0-bd24-cc88bb2b2890"> <settlement key="STM0100126">London</settlement><country>Großbritannien</country> </placeName> </correspAction> </correspDesc> <langUsage> <language ident="de">deutsch</language> </langUsage> </profileDesc> <revisionDesc status="draft">  </revisionDesc> </teiHeader> <text type="letter"> <body> <div n="1" type="act_of_writing" xml:id="div_a0740b21-f2cf-4863-8835-198ae6df6eee"> <docAuthor key="PSN0117585" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0117585" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent"><seg type="salute">Au au, liebes Lamm</seg>, der Sommer ist da. Von nun an schreibe Du alle Straßen, Plätze und <hi rend="latintype">Squares</hi> in denen Leute wohnen, an die Du Empfehlungsschreiben hast, denn wir besitzen einen Plan von London, ein Geschenk des <persName xml:id="persName_b8f7ba96-f3fe-4a42-a0e8-ddea46677c14">Hofmalers<name key="PSN0111899" style="hidden" type="person">Hensel, Wilhelm (1794-1861)</name></persName>, und wissen Manches. Wir wüßten aber gern, an welcher Queerstr. der <hi rend="latintype">great Portlandplace</hi> Du wohnst,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a794e9fd-89a2-4691-8dff-edd78fa97852" xml:lang="de">great Portlandplace Du wohnst – Felix Mendelssohn Bartholdys Londoner Wohnung befand sich bei dem deutschen Eisenhändler Friederich Heinke in Great Portland Street Nr. 103 nahe dem Portland Place.</note> denn Nummern führt der Plan nicht.</p> <p>Dieser Brief wird Dir überreicht durch <persName xml:id="persName_9879f313-922c-4d24-b966-760cffd30902">Hrn Werner<name key="PSN0115713" style="hidden" type="person">Werner, Carl Friedrich</name></persName>, einen Neffen von <persName xml:id="persName_78bd3fa9-062c-456e-a30b-2fa362068d57">Werner und Neffen<name key="PSN0119071" style="hidden" type="person">Werner &amp; Neffen (bis 1823: Werner &amp; Mieth), Bronzegussfirma in Berlin</name></persName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2f8eea00-905a-45cf-82a8-ff1efeb6ae4c" xml:lang="de">Hrn Werner, einen Neffen von Werner und Neffen – Carl Friedrich Werner, der damalige Alleininhaber der Berliner Bronzegussfirma Werner &amp; Neffen.</note> ich bitte Dich, alles anzuwenden, umgin ihm seinen Aufenthalt in Deiner Stadt angenehm und ersprießlich zu machen, und werde jeden ihm erwiesenen Dienst als mir selbst zugefügt, erkennen, stehe auch in ähnlichem Falle zu jedem Gegendienst bereit.</p> <p>Wenn nun jetzt der Briefträger hereinträte, und brächte <title xml:id="title_c1214fed-e508-4511-9668-d972bad73ea8">Deinen Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-05-01-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; London, 1. Mai 1829</name> </title>, so könnten wir noch heut darauf antworten, und es wäre nett; ich ahnde aber, er bringt nichts. Alle Briefe, die Du heut empfängst,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_e4da3cfa-72f8-408f-b5a8-3560ab51578b" xml:lang="de">Alle Briefe, die Du heut empfängst – Brief gb-1829-05-06-01 Abraham Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829, Brief gb-1829-05-06-02 Fanny Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829, Brief gb-1829-05-06-03 Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829, und Brief gb-1829-05-06-04 Rebecka Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6. Mai 1829.</note> werden von <persName xml:id="persName_ac0275d2-bea7-45ca-be0d-b62f886b4f49">Paganini<name key="PSN0113722" style="hidden" type="person">Paganini, Niccolò (1782-1840)</name></persName> widerhallen, was soll ich noch hinzufügen? Dies: Daß ihm nämlich <persName xml:id="persName_a6c6a51b-4d47-4f69-85d8-b8d406dfea30">Beckchen<name key="PSN0117586" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> bei <persName xml:id="persName_80573af5-7f03-4ee3-9144-4e67c1a440ac">Betty<name key="PSN0109770" style="hidden" type="person">Beer, Rebecka (Betty) (1793-1850)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c9829877-f790-4f48-bd52-466c1d105730" xml:lang="de">bei Betty – Die Mendelssohns hatten Niccolò Paganini am 2. Mai 1829 bei Heinrich und Rebecka Beer gehört; vgl. dazu den Eintrag für diesen Tag in Fanny Mendelssohn Bartholdys Tagebuch: »Sonnabend bei Heinr. Beer mit Paganini, der eine Sonate, sein Glöckchen-Rondo und nel cor più non mi sento göttlich spielte« (Hensel, Tagebücher, S. 16).</note> gräulich die Cour gemacht hat. Nachdem sie mehremal zu ihm gegangen war, und ihn angeredet hatte, auch Apfelsinen die er gemantscht, gegessen hatte, gingen wir<seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> zu Tisch. Bei uns war ein Platz leer, und als <persName xml:id="persName_a00d0a6c-c631-4f46-b7d7-d287345e2932">der große Heinrich<name key="PSN0109766" style="hidden" type="person">Beer, Heinrich (Henoch, Hans) (1794-1842)</name></persName> in Triumpf seinen Minister Paganini hereinführte, sprang das <persName xml:id="persName_d95fbef9-77e1-4b20-a6c7-563086679001">Töpfchen<name key="PSN0117586" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Rebecka Henriette (1811-1858)</name></persName> auf, lief ihm entgegen, und bat ihn, sich zu uns zu setzen. Er nickte, folgte, und als sie sich eben wieder gesetzt hatte, drehte er sich um, und ging an einen andern Tisch, wo die übrigen jungen Damen, <persName xml:id="persName_9189d8ee-4605-4620-a369-f3165d108108">Hofräthin Herz<name key="PSN0111940" style="hidden" type="person">Herz, Henriette Julie (1764-1847)</name></persName>, <persName xml:id="persName_1146f4ba-b02e-4395-b3b3-ea3a1eeb253f"><hi rend="latintype">Mme</hi>. Beer<name key="PSN0109764" style="hidden" type="person">Beer, Amalie (Esther Jehuda) (1767-1854)</name></persName>, <persName xml:id="persName_c54d78d6-527b-4e3b-b7da-edc56657674b"><hi rend="latintype">Mme</hi>. Henning<name key="PSN0117031" style="hidden" type="person">Henning, Mme.</name></persName> <hi rend="latintype">etc</hi> saßen. </p> <p>Wuth und Eifersucht bemächtigten sich des Töpfchens, und schallendes Gelächter erhöhte diese Empfindungen. Ja, sie hat in ihrem Zorn geschworen, ihn <date cert="high" when="1829-05-06">heut</date> (er ißt bei uns)<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0e59be23-1ed7-44f0-91cc-203336852e36" xml:lang="de">er ißt bei uns – vgl. Fanny Mendelssohn Bartholdys Eintrag für den 6. Mai 1829 in ihrem Tagebuch: »Mittw. aß er [Niccolò Paganini] bei uns, mit Marx Ritz, Devrients und Miltitz« (Hensel, Tagebücher, S. 16).</note> nicht wieder zu Tisch zu führen. <persName xml:id="persName_230703b2-6699-4879-b94b-f949da945835">Hegel<name key="PSN0111804" style="hidden" type="person">Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831)</name></persName> war auch da, und raspelte stark, <persName xml:id="persName_5ff59999-5cf9-4f59-a878-ecb8e89ecf9e">Anna<name key="PSN0111140" style="hidden" type="person">Fränkel, Anna Rosa (1812-?)</name></persName> und so fort, und Beckchen u. dergl. Ach lieber Felix, seit Du fort bist, erfindet und wiederholt kein Mensch dumme Redensarten, wir bleiben immer bei den Alten, und Du wirst uns bei Deiner Rückkehr in dieser Hinsicht wie die Oesterreicher finden, stagnirend und dumm.</p> <p>Eben kommt <title xml:id="title_513d5e7b-1d4f-403f-bcf7-80afd200307b">Dein Brief <name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name> <name key="fmb-1829-04-29-01" style="hidden" type="letter">Felix Mendelssohn Bartholdy an Paul Mendelssohn Bartholdy in Berlin; London, 29. April 1829</name> </title> an <persName xml:id="persName_269b9cbf-dee2-402b-bd0f-9a3709ff1139">Paul<name key="PSN0113263" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Paul Hermann (1812-1874)</name></persName>, Du bester Felix, und Vater meint, daß wir heut noch Einen vom <date cert="high" when="1829-05-02">Freitag</date> bekommen. Gewiß schreiben wir Dir alle Woche durch die Post, Vater hat schon sehr große Bogen angeschafft, die Gesandschaftsbriefe<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_1d4166e4-08a8-4bf6-93b5-7172ee31438d" xml:lang="de">die Gesandschaftsbriefe – Die Familie Mendelssohn sandte einen Teil der Post an den in London weilenden Felix Mendelssohn Bartholdy über die hannoversche Gesandtschaft in Berlin, der Franz Ludwig Wilhelm Freiherr von Reden vorstand.</note> erhältst Du so als Zugabe. Und doch ist die Gelegenheit sehr angenehm, wenn Du einmal irgend etwas geschickt haben willst. Wir wollten Dir so gern durch Hrn Werner einen<seg type="pagebreak"> |3|<pb n="3" type="pagebreak"></pb></seg> Kuchen schicken, aber in dem Augenblick, wo ich ihn fragen lassen wollte, bebte ich zurück vor der Unbescheidenheit, und es unterblieb.</p> <p>Am <date cert="high" when="1829-05-04">Montag</date> wollten wir ein wenig aus der <title xml:id="title_7347d874-1391-4acc-ba7c-3216154af5ee">2ten Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107772" style="hidden" type="music">Johannes-Passion BWV 245</name></title> singen, ich hatte mir allerhand Leute dazu bestellt, da aber ein fürchterlicher Regen war den ganzen Tag, kam Niemand als <persName xml:id="persName_914c08b8-2b23-49e1-bf30-3c9d5a4df744">Ritzens<name key="PSN0114202" style="hidden" type="person">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</name><name key="PSN0114200" style="hidden" type="person">Rietz, August Wilhelm Julius (1812-1877)</name></persName>, und <persName xml:id="persName_6cb9a5c6-17b9-4627-b38f-7a8b89d68f15">Marx<name key="PSN0113108" style="hidden" type="person">Marx, Adolph Bernhard (1795-1866)</name></persName>, der Weg und Wetter nicht gescheut hatte, und nach seiner <add place="above">Weise<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add> ohne Mantel und in Schuhen gegangen war. Und wir sangen wirklich aus der Passion. Ein paarmal mußte ich aber über Ritz, der neben mir Alt brüllte, fast laut lachen. Ich treffe ganz mit Marx überein wegen der <title xml:id="title_1112f4a5-862b-434e-99a2-cd9b6bd55e61">Johannispassion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107772" style="hidden" type="music">Johannes-Passion BWV 245</name></title>; wenn ich sie erst noch genauer kennen werde, rücke ich damit heraus.</p> <p><date cert="high" when="1829-05-05">Gestern</date> hatte Paganini ganz den Teufel im Leibe.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_bf255394-9724-4a48-9d22-46c3b0f1ecce" xml:lang="de">Gestern hatte Paganini ganz den Teufel im Leibe – Am 5. Mai 1829 gab Paganini im Königlichen Opernhaus eines seiner letzten Berliner Konzerte; vgl. AMZ 31, Nr. 28 (15. Juli 1829), Sp. 463.</note> Er spielte einen sogenannten <hi rend="latintype"><title xml:id="title_75e8fba4-1e7f-4012-afe6-0e11a22fa407">Canto appassionato es moll<name key="PSN0113722" style="hidden" type="author">Paganini, Niccolò (1782–1840)</name><name key="CRT0111709" style="hidden" type="music">Sonata appassionata es-Moll für Violine und Orchester</name></title></hi>, das <placeName xml:id="placeName_c8190209-a3fd-4606-82b5-06300f8dcb45">Orchester<name key="NST0100406" style="hidden" subtype="" type="institution">Königliche Hofkapelle</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName> in abgebrochenem <hi rend="latintype">Tremolando</hi> dazu; plötzlich fährt er mit der ganzen Masse in <hi rend="latintype">es dur</hi> hinein, um sogleich wieder ins <hi rend="latintype">Moll</hi> zurückzufallen, es war sehr schön, und wirklich als wolle er sich seine ganze Seele ausspielen, und zugleich der armen Violine das Herz ausreißen. Die <title xml:id="title_f47a4819-0aed-4db4-bb41-4ecffa10e0bc">Hexenvariationen<name key="PSN0113722" style="hidden" type="author">Paganini, Niccolò (1782–1840)</name><name key="CRT0111701" style="hidden" type="music">Variationen für Violine und Orchester Es-Dur, op. 8 (Le streghe)</name></title> sind eklich, da macht der das Gequäk heiserer alter Weiber nach. Er schloß sehr unbrillant, das war schade.</p> <p><seg type="pagebreak">|4|<pb n="4" type="pagebreak"></pb></seg> <persName xml:id="persName_546057c9-1fc4-4246-bc13-ae96d9636cc9">Beni<name key="PSN0113222" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Georg Benjamin (Benny) (1794-1874)</name></persName> und <persName xml:id="persName_7e84af6f-480f-43f7-aaac-485a94a1d211">Rosa<name key="PSN0113237" style="hidden" type="person">Mendelssohn, Rosamunde Ernestine Pauline (Rosa) (1804-1883)</name></persName> lassen grüßen, sie sind abgereist. Wenn man das Betragen der Beiden sah, mußte man glauben, sie gehöre ursprünglich zur Familie, und er sey nur so hinzugekommen, denn sie war immer die Freundliche, und er hielt sie möglicher Weise von Allem zurück. Er hat wirklich den gewissen Familienfehler<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_759d3109-88d0-48b0-ada1-82f3c0a332d8" xml:lang="de">den gewissen Familienfehler – Den männlichen Mitgliedern der Familie Mendelssohn wurde ein mürrisches, schroffes Betragen, »das fatale Brummen« nachgesagt. Lea Mendelssohn Bartholdy bezeichnet dies als »eine espèce Mendelss.scher Unart […] eine Scheu vielleicht v. dem Liebsten zu reden«. Siehe Brief gb-1829-07-08-01 Wilhelm Hensel, Johann Gustav Droysen, Rebecka Mendelssohn Bartholdy, Fanny Mendelssohn Bartholdy und Lea Mendelssohn Bartholdy an Felix Mendelssohn Bartholdy in London, Berlin, 6., 7. und 8. Juli 1829.</note> im höchsten Grade. Bei uns ist er jetzt eben nicht Mode, es giebt wenig Unglück in Familien,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_21883f6f-b273-475a-b2bb-93371fa116b1" xml:lang="de">Unglück in Familien – Mit der Wendung wurden in der Familie Mendelssohn Nöte, Schroffheiten und launenhaftes Wesen belegt, aber auch unschickliche oder unglückliche Liebesverhältnisse, die Unglück über Familien bringen können.</note> ich habe so zuweilen mein kleines <hi rend="latintype">privatim</hi>, aber das ist eine Sache für sich. (welches wiederum ein Pleonas<del cert="high" rend="strikethrough" xml:id="del_81110ee0-c391-4ee8-b759-753d62b8df45">nas</del>mus ist.)</p> <closer rend="left">Lebe wohl, der <persName xml:id="persName_6500ddd9-0797-4156-aa80-665f74e0c520">Kerl<name key="PSN0115713" style="hidden" type="person">Werner, Carl Friedrich</name></persName> steht und wartet auf den Brief, wir können also nicht auf Deinen etwaigen warten. Lebe sehr wohl, mein Lamm.</closer> </div> </body> </text></TEI>