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gb-1829-04-18-01

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Fanny Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Eduard Rietz an Felix Mendelssohn Bartholdy in London <lb></lb>Berlin, 18. April 1829 Ich hätte gern diesen ersten Brief, der Dich in London trifft, mit dem dreistimigen Trompetenstoß angefangen, allein zur Stunde bist Du noch nicht hinüber, das Wetter ist hier schlecht, und ich will nicht Gott versuchen. Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online (FMB-C) Felix Mendelssohn Bartholdy an Abraham Mendelssohn Bartholdy und Rebecka Mendelssohn Bartholdy in Hamburg; Hamburg, 17. oder 18. April 1829 Felix Mendelssohn Bartholdy an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, adressiert an Abraham Mendelssohn Bartholdy; London, 1. Mai 1829 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Transkription: FMB-C Edition: FMB-C Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin
Am Kupfergraben 5 10117 Berlin Deutschland
http://www.mendelssohn-online.com Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)

Großbritannien Oxford GB-Ob Oxford, Bodleian Library Music Section M.D.M. b. 4/39. Autograph Fanny Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Eduard Rietz an Felix Mendelssohn Bartholdy in London; Berlin, 18. April 1829 Ich hätte gern diesen ersten Brief, der Dich in London trifft, mit dem dreistimigen Trompetenstoß angefangen, allein zur Stunde bist Du noch nicht hinüber, das Wetter ist hier schlecht, und ich will nicht Gott versuchen.

1 Bl.: S. 1-2 Brieftext; S. 2 Adresse von Lea Mendelssohn Bartholdys Hand.

Fanny Mendelssohn Bartholdy

Green Books

Citron, Letters, S. 385-387 (Fanny Mendelssohn Bartholdys Briefteil; mit Faksimile der ersten Seite, S. 24).

Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C: Digitale Edition der vollständigen Korrespondenz Hin- und Gegenbriefe Felix Mendelssohn Bartholdys auf XML-TEI-Basis.

Die Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe FMB-C ediert die Gesamtkorrespondenz des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 in Form einer digitalen, wissenschaftlich-kritischen Online-Ausgabe. Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept, Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.

Berlin, 18. April 1829 Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)counter-resetMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832) BerlinDeutschland Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847) LondonGroßbritannien deutsch
a Monsieur Félix Mendelssohn-Bartholdy. à Londres.
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) Berlin, den 18 April 29.

Ich hätte gern diesen ersten Brief, der Dich in London trifft, mit dem dreistimigen Trompetenstoßdem dreistimigen Trompetenstoß – Fanny Mendelssohn Bartholdy spielte hier wohl auf den Einsatz der drei Trompeten am Schluss von Mendelssohns Ouvertüre Meeresstille und Glückliche Fahrt D-Dur, op. 27 (MWV P 5), Takt 495 ff., an. angefangen, allein zur Stunde bist Du noch nicht hinüber, das Wetter ist hier schlecht, und ich will nicht Gott versuchen. Glaube ich Dich erst hinüber, so ziehe ich alle Register meines Herzens, stoße in alle Trompeten meiner Lunge, und erhebe eine Musik, daß Du sie in der Insel hören mußt. Just am Tage Deiner Abreiseam Tage Deiner Abreise – Mendelssohn war am 10. April 1829 morgens halb 6 Uhr mit dem Vater und der Schwester Rebecka von Berlin nach Hamburg abgereist (vgl. Hensel, Tagebücher, S. 14). ging die Emancipationsactedie Emancipationsacte – Die Katholische Emanzipations-Akte wurde am 10. April 1829 in London verabschiedet. Dieser Beschluss befreite die katholische Bevölkerung Großbritanniens und Irlands von den Rechtsbeschränkungen, denen sie wegen ihres Glaubens unterworfen waren. durch, man kann sich also keinen interessanteren Zeitpunkt zu einer Reise nach England ersinnen. Ich will Dir jetzt von dem Gegenstande erzählen, der Dich vor der Hand noch mehr berühren wird als Emancipation, DepartementalgesetzDepartementalgesetz – Das vom Kabinett Jean Baptiste de Martignac 1829 vorbereitete Gesetz versprach den französischen Departements und Gemeinden die Selbstverwaltung. Martignac scheiterte damit und musste am 8. August 1829 zurücktreten. Dies war eines der Ereignisse, die zur Julirevolution führten. und spanisches Erdbeben,spanisches Erdbeben – Im April 1829 ereignete sich in Südspanien ein schweres Erdbeben, das in den beiden Städten Murcia und Torrevieja erhebliche Schäden anrichtete. ich meine unsre gestrige Passion.unsre gestrige Passion – Am 17. April 1829 wurde Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion BWV 244 unter Carl Friedrich Zelters Leitung zum dritten Mal in der Sing-Akademie in Berlin aufgeführt. Vgl. dazu Hensel, Tagebücher, S. 15, Eintrag vom 20. April 1829. Hier vor der Hand das Resultat: die Aufführung war weit über meine Erwartung, und weit hinter den Deinigenden Deinigen – Mendelssohn dirigierte die erste und zweite Aufführung der Passion am 11. März bzw. am 21. März 1829. zurück. Von den Montags und Dinstags Proben wollte ich Dir gar nichts schreiben um nicht den Jammer in Dir zu erwecken, von dem meine Seele voll war. ZelterZelter, Carl Friedrich (1758-1832) spielte selbst, und was er, mit seinen zwei Fingern, und seiner völligen Unkenntniß der Partitur, herausbrachte, kannst Du Dir denken. Mißstimmung und Angst verbreitete sich im ganzen ChorSing-AkademieBerlinDeutschland, und DeineDeinDein Name ward vielfach genannt. Die DonnerstagsprobeDie Donnerstagsprobe – Probe am 16. März 1829. war nicht geeignet, jene Besorgnisse zu vermindern. Z. taktirte nicht beibey den accompagnirten Rezit. und bei den Chören nur, wenn er es nicht vergaß. StümerStümer, Johann Daniel Heinrich (1789-1856) that Wunder, und hielt sich, bei Z.s fast fortwährend falschem Accompagnement, stets richtig. Um einige Einzelheiten zu nennen, so war DevrientDevrient, Philipp Eduard (1801-1877) so verwirrt, daß er unter andern nur das halbe Abendmahl einsetzte, und gleich in fdur anfing: trinket alle daraus. Die MilderMilder-Hauptmann, Pauline Anna (1785-1838) warf das Duett wie gewöhnl. um, die SchätzelSchätzel, Johanne Sophie Friederike Pauline von (1812-1882) plackerte stark in ihrer Arie, die kleinen Chöre: der rufet dem Elias, und halt laß sehen, ging drunter und drüber, etc. Z. fuhr entsetzlich drein, war sehr böse, verwirrte sich immer beim Umwenden der ausgelassenen Stücke, wodurch große Pausen entstanden, und wobei ihn Stümer, mit mehr Discretion und Haltung, als ich ihm zugetraut hätte, still zurecht wies, Devrient saß da, als ein vollendetes Ecce homo.Ecce homo – lat., Sehet, welch ein Mensch. Ausruf des Pilatus angesichts des dornengekrönten Christus, Joh 19,5. Um 1/4 5 schloß die Probe, und außer uns vor Ermüdung, Anstrengung und Angst kamen wir nach Haus, nachdem ich noch mit Devrient, RitzRietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832) und DavidDavid, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873) einen kleinen Rath gehalten hatte, und übereingekommen war, daß Ritz ganz durch taktiren, David aber pausiren solle,daß Ritz ganz durch taktiren, David aber pausiren solle – Gemeint ist wohl, dass Eduard Rietz den Takt schlagen und Ferdinand David in einer Weise die Pausen markieren sollte, die dem zweiten Chor die Einsätze anzeigen. als hinge sein Leben davon ab, denn der 2te Chor war bei späteren Eintritten ganz auf sich allein angewiesen. Nach diesen Aspekten ging es dann noch außerordentlich. Deinen Vorschlag mit den 4 ClarinettenDeinen Vorschlag mit den 4 Clarinetten – Im Choral »O Lamm Gottes« sollte Eduard Rietz die »c Clarinetten […] beibehalten, und in der Probe versuchen, alle 4 Clarinetten die obere Octave blasen zu lassen«. Siehe Brief fmb-1829-04-14-01 (Brief Nr. 141) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Fanny Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Hamburg, 13. und 14. April 1829. hatte Ritz in der Probe versucht, und ich hatte den Chor angehört, wir fanden es aber nicht zweckmäßig, es klang zu spitz und verlor den Orgelcharacter, und so blieb es beim Alten in der Aufführung. Eda BendaBenda, Eda Anna (1812-?), die ich gefragt habe, sagte, der Choral habe wunderschön geklungen. Der erste Chor ging übrigens gut. Ritz taktirte, und bei den Worten Jesu kamen die Instrumente fast immer präcis, was sehr zu verwundern. Die Milder sang die Arie sehr schön, schluckte zwar ein ganzes Achtel lang, aber die Flöten gaben nach. – Abendmahl sehr schön. “O Schmerz”, zu geschwind, und das pp im Chor verschwunden. “Siehe er ist da, der mich verräth, sang Devrient laut Befehl. Duett wieder Erwarten, vortrefflich, Chor schwach. Daß Z. endlich seine Lust büßte, und die Fermate durchtaktirte, begreifst Du. Auch kamen sie nicht ganz präcis. Schlußchoral ohne pianoHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) Flöten vortrefflich. Alt-Arie gut, unter den Choreintritten, waren durchweg die Innern am schwächsten. Die kleinen Chöre gut. Bei „wahrlich du bist auch Einer„ fehlten zu Anfang die Flöten. In “Erbarme dich” machte die Schätzel denselben Fehler wie in der Probe, aber so geschickt, daß es wol nur wenige gehört haben. “Was gehet uns das an” war der einzige Chor, der anfangs sehr wackelte. “Der du dendem Tempel Gottes” viel zu geschwind, Ritz hielt an, aber der Anfang war weg. Nun kam der große Scandal, der nicht fehlen kann: “Ach Golgatha”, fing statt auf dem 4, auf dem 8ten Achtel an, und mit ihrer gewohnten Consequenz blieb die Milder, durch das ganze Rezit. ihren halben Takt zurück, obgleich Zelter ihr mit aller Macht des Claviers richtig vorspielte. RitzHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) ging zu den Bassethörnern hin, und brachte sie auch richtig in Ordnung, aber erst in den letzen Takten, und solcher Jammer ward selten erhört. Sie hat mit wunderbarer Symmetrie das erstemal das erste Stück verdorben, das 2temal das 2te, und gestern das dritte. Als es aus war, umringten mich Viele, und jammerten nach Dir. BaderBader, Karl Adam (1789-1870) und Stümer an der Spitze. Stümer ward ganz weich und sagte es muß Ihnen doch heut komisch zu Muth gewesen seyn. Dafür machte ich ihm die größten Komplimente, denn er war wirklich zum Bewundern, da Z. oft so falsch begleitete, so ganz andre Harmonieen, daß ich noch nicht begreife, wie er sich hat halten können. Ritz hat auch Wunder gethan, denn Z. taktirte nur wenn es ihm einfiel, konnte er den Taktstock nicht schnell genug fassen, so nahm er die Hand, und wenn er auch das vergaß, kamen die Chöre von selbst. Im Ganzen genommen, war es für das Publicum eine gute Aufführung, auf dem Orchester aber fühlte ein Jeder wo es fehlte. Mir stand der Kopf den ganzen Abend nach dem Dampfschiff. Es war übrigens sehr voll, der KönigPreußen, Friedrich Wilhelm III. von (1770-1840) von Anfang zu Ende da, und eineHensel, Fanny Cäcilia (1805–1847) |2| grenzenlose Hitze. Noch muß ich bemerken, daß Devrient die Partitur nach der Probe aufgenommen und die ausgebliebenen Stücke mit MundleimMundleim – ein aus Hausenblase oder Tischlerleim und Zucker verfertigter Leim, dem man bei Gebrauch mit dem Mund benetzt. sauber verklebt hatte. Er nimmt es wieder fort, und außerdem ist Deine PartiturDeine Partitur – Die von Eduard Rietz angefertigte Abschrift der Partitur der Matthäus-Passion BWV 244 (GB-Ob, M.D.M. c. 68) hatte Mendelssohn zu Weihnachten 1823 von seiner Großmutter Bella Salomon geschenkt bekommen. durchaus nicht verunreinigt worden. Ritz hat göttlich gespielt. Und nun glaube ich fertig zu seyn. Einige Theateranecdoten, die ich schon für Dich gesammelt habe, schreibe ich Dir das nächsteMal durch Legationspost,Legationspost – Der hannoversche Gesandte am preußischen Hof, Franz Ludwig Wilhelm Freiherr von Reden, wohnte über den Mendelssohns in der Leipziger Straße 3. Die Mendelssohns konnten deshalb Briefe der Gesandtschaftspost nach London und auch von London nach Berlin beigeben. Dies erhöhte die Zahl der ›Posttage‹ und sparte Portogebühren. wo ich mich besser ausbreiten kann. Du armer Junge, wie seekrank magst Du jetzt seyn! Aber welchen göttlichen Hunger wirst Du nach Deiner Ankunft haben. Wir leben stillissimo. Heut Abend wird die Milder fertig gezeichnet<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109158" style="hidden" type="art">Pauline Anna Milder-Hauptmann (Porträtzeichnung April 1829)</name>,Heut Abend wird die Milder fertig gezeichnet – Wilhelm Hensel porträtierte die Sängerin Anna Pauline Milder-Hauptmann 1829 in mehreren Sitzungen (heutiger Standort der Zeichnung: Berlin, Kupferstichkabinett, Hensel-Alben 8/7. Abbildung: Lowenthal-Hensel / von Strachwitz, Europa im Porträt, Bd. 2, S. 48). da habe ich ihr denn noch geschwind Deine Arie<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_rgkoksro-0jsb-9b68-hwor-6n8v73a9v0yf"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_orchestra" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100229" style="hidden">»Tutto è silenzio« für Sopran und Orchester, Fragment, 23. Februar 1829<idno type="MWV">H 2</idno><idno type="op"></idno></name> punktirt.Deine Arie punktirt – Die Konzertarie »Tutto è silenzio« für Sopran und Orchester MWV H 2 hat Mendelssohn für die Sängerin Pauline Anna Milder-Hauptmann komponiert und ihr zugeeignet. Das fragmentarische Autograph ist auf den 23. Februar 1829 datiert (US-Wc, Whittall Collection, ML30.8j.T9 Case. Digitalisat). Es ist unklar, ob die Komposition beendet wurde. Siehe dazu Mendelssohns Äußerungen in Brief fmb-1829-08-19-01 (Brief Nr. 210) Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Klingemann an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Glasgow, 13., 14. August, und Liverpool, 19. August 1829. Fanny Mendelssohn Bartholdy versetzte (punktierte) einzelne Töne der Gesangspartie in Rücksicht auf die Stimmlage der Sängerin z. B. um eine Oktave oder Terz nach oben oder unten.

Fanny Mendelssohn Bartholdy
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)

„Ich muß in diesen Br. hinein und sollt es in die Quere sein!“„Ich muß in diesen Br. hinein und sollt es in die Quere sein!“ – Lea Mendelssohn Bartholdy zitierte einen Satz ihres Ehemanns Abraham aus Brief fmb-1822-07-19-01 Felix Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy an Johann Ludwig Casper in Berlin, Frankfurt a. M., 19. Juli 1822, den dieser unter ihren Briefteil geschrieben hatte. Hier schrieb Lea Mendelssohn Bartholdy ihren Briefteil quer auf der Adressenseite unter Fanny Mendelssohn Bartholdys Abschnitt. – Du, der Du so allerliebst mit Nereiden,Nereiden – in der griechischen Mythologie die Töchter des Meeresgottes Nereus. Tritonen,Tritonen – in der griechischen Mythologie Meeresgötter. Wellen und Winden zu sprechen weißt, hast Du denn gar keine Beschwörungsformel gegen die Nebel in ihrem Geleite? Ich lebe heute (Jahrstag des Dürerfests) nur auf der See; alle meine Wünsche Gedanken und Empfindungen knüpfen sich an das weißöhrige AlbionAlbion – kelt. / lat., England.. Wie lieb ich KlingemKlingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)., der sich so für Dich intereßirt, und Dir die englische Krankheitdie englische Krankheit – eigentlich Rachitis. Lea Mendelssohn Bartholdy meinte offensichtlich die Seekrankheit. möglichst erleichtern wird. God bless him! Miethe Dir, geliebter Junge! nur gleich ein piano, und laß Dir, trotz der Theurung nichts abgehen. Ich würde mirs ja absparen um Dir ein Vergnügen zu gewähren. – Was die gestrige Aufführung betrift, so war sie für die Hörer sehr gut, und nur die Mitwirkenden konnten fühlen, daß der Geist etwas gewichen sei. Besonders gilt das aber vom 2. Theil, der bei weitem schlechter ging. Zelt.s Gesicht war ungemein ängstlich, zuweilen schlug er mit Wuth auf, übrigens hatte das piano die v. Dir gewählte Stellung. Für mich fehlte dem Ganzen ein gewißer Schmelz der Vollendung, die Ruhe und Sicherheit die unter Dir die Musik leicht erscheinen ließ, gestern klang sie schwer, hie und da holprich. Sonst glich es einer trefflich gehenden Uhr, bei der man kein Klappern bemerkt, gestern war das Räderwerk hör- und fühlbar. Kurz, das Publikum dumm wie immer, hat wenig gemerkt, aber Chor und Orchester dachten stark an Dich, und unter den Hörern Eine für die ich stehen kann. – – Bader weigert sich fortwährend, SponSpontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774-1851). zu singen (Alcidor<name key="PSN0115037" style="hidden" type="author">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774–1851)</name><name key="CRT0110964" style="hidden" type="music">Alcidor</name> ist wieder eingesetzt und abgesagt worden); RellstabRellstab, Heinrich Friedrich Ludwig (Louis) (1799-1860) wollte dies in mehrere journäle setzen laßen. Sp. bat HeinrichBeer, Heinrich (Henoch, Hans) (1794-1842) es zu vermitteln, dieser bewirkte eine Zusammenkunft beider: darin frug Sp. woher Rellst. Bad.s Weigerung kenne, worauf dieser Heinr. angab; nun ist Sp. auf letztern wüthend. Ist das nicht eine schöne Klatschgeschichte? Die MilderX

Lea Mendelssohn Bartholdy
Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832) Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)

Du wirst hoffentlich beim Empfange dieses Briefes gesund in London sein und alles so gefunden haben wie Du’s wünschest. Von der Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name> hast Du den treusten Bericht; wir haben es uns sauer werden lassen, nun helfe uns der Himmel über die Himmelfahrt. Himmel! Grüße Klingemann und vergiß Dein Versprechen nicht mir bei Gelegenheit zu schreiben. Adieu

ER. Eduard Rietz
Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847) Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)

Noch eins: Dein Ottett<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_sqncpg9k-bbq0-lqlq-qryc-nsywjyvdgkkx"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_works_without_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100391" style="hidden">Oktett Es-Dur für vier Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli, 15. Oktober 1825<idno type="MWV">R 20</idno><idno type="op">20</idno></name> lasse ich ausschreiben, willst Du auch das Doppelconcert <hi rend="latintype">as dur</hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ukqslrbq-bnfh-dizs-dlpg-u4cjb4qnjkqk"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="concerts_and_concertante_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100348" style="hidden">Konzert As-Dur für zwei Klaviere und Orchester, 5. September bis 12. November 1824<idno type="MWV">O 6</idno><idno type="op"></idno></name> ausgeschrieben haben, so erbitte ich mir umgehend Ordre darüber, so lange warte ich damit. Tausend Grüße von MoseviusMosewius, Johann Theodor (1788-1858),Mosevius – Der königliche Musikdirektor an der Universität Breslau Johann Theodor Mosewius führte die Matthäus-Passion am 3. April 1830 auf (Geck, Die Wiederentdeckung der Matthäuspassion, S. 87). der eben hier war, von Breslau zur Passion gekommen ist, mit 3 andern Breslauern die denselben Zweck hatten, und vortrefflich gehört hat. Er brachte mir ein niedliches Briefchen v. FrankFranck, Georg Hermann (1802-1855). Adieu, o Mensch. Nächstens ein Mehreres. Dies Blatt denke ich, haben wir beschrieben als sollte es auf die engl. Post.

Fanny Mendelssohn Bartholdy
ist übrigens wieder aufgefordert worden in Alcid. zu singen. Töne hat diese ignorantin wieder ausgestoßen, die wahrhaft göttlich waren. Es scheint, daß das Ausruhen v. Sp.s Opern ihr alle Fülle, Kraft und Macht der Kehle aus der schönsten Jugendzeit her zurückgegeben. Deßwegen ists trotz ihrer blundersblunders – engl., schwerwiegende Fehler. belohnend für sie zu schreiben. avis au lecteur!avis au lecteur! – frz., Hinweis für den Leser!Betty P.Pistor, Friederike Dorothea Elisabeth (Betty) (1808-1887) sitzt eben bei FannyMendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847); sie schütten ihre musikal. Seelen aus; Karol. H.Heine, Caroline Friederike (1811-1888) besuchte uns gestern im Garten, wo Hyazinthen und Veilchen in höchster Fülle prangen. Die Beobachter EnkeEncke, Johann Franz (1791-1865) und DirichletDirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)Die Beobachter Enke und Dirichlet – Der Astronom Johann Franz Encke und der Mathematiker Peter Gustav Lejeune Dirichlet nutzten das 1825 von Alexander von Humboldt im Garten der Mendelssohns für geomagnetischen Messungen eingerichtete Observatorium (dazu siehe Lowenthal-Hensel / von Strachwitz, Europa im Porträt, S. 254, Sebastian Hensel, Ein Lebensbild aus Deutschlands Lehrjahren, Berlin 1903, S. 17 f., und Therese Devrient, Jugenderinnerungen, Stuttgart 1905, S. 350). haben abwechselnd bei uns dinirt, déjeunirt, soupirt, ersterer beißt gar nicht wie ich dachte, sondern ist freundlich und niedlich. Die Ueberschwemmungen bei Königsberg und DanzigDie Ueberschwemmungen bei Königsberg und Danzig – Im April 1829 wurden Schlesien sowie Königsberg und Danzig Opfer eines schweren Hochwassers. machen mir für Hamb. auch Angst, aber etwas weniger als the passage from Hamburgh to London. Wenn ich ein Seevöglein wär<name key="PSN0111908" style="hidden" type="author">Herder, Johann Gottfried (1744–1803)</name><name key="CRT0109224" style="hidden" type="literature">Der Flug der Liebe (»Wenn ich ein Vöglein wär«)</name>!Wenn ich ein Seevöglein wär! – Anspielung auf Johann Gottfried Herders Der Flug der Liebe (»Wenn ich ein Vöglein wär«) aus den Stimmen der Völker in Liedern.adieu, HerzensJunker! ich liebe Dich mehr als recht ist! – Lea Mendelssohn Bartholdy
            Berlin, den 18 April 29. Ich hätte gern diesen ersten Brief, der Dich in London trifft, mit dem dreistimigen Trompetenstoß angefangen, allein zur Stunde bist Du noch nicht hinüber, das Wetter ist hier schlecht, und ich will nicht Gott versuchen. Glaube ich Dich erst hinüber, so ziehe ich alle Register meines Herzens, stoße in alle Trompeten meiner Lunge, und erhebe eine Musik, daß Du sie in der Insel hören mußt. Just am Tage Deiner Abreise ging die Emancipationsacte durch, man kann sich also keinen interessanteren Zeitpunkt zu einer Reise nach England ersinnen. Ich will Dir jetzt von dem Gegenstande erzählen, der Dich vor der Hand noch mehr berühren wird als Emancipation, Departementalgesetz und spanisches Erdbeben, ich meine unsre gestrige Passion. Hier vor der Hand das Resultat: die Aufführung war weit über meine Erwartung, und weit hinter den Deinigen zurück. Von den Montags und Dinstags Proben wollte ich Dir gar nichts schreiben um nicht den Jammer in Dir zu erwecken, von dem meine Seele voll war. Zelter spielte selbst, und was er, mit seinen zwei Fingern, und seiner völligen Unkenntniß der Partitur, herausbrachte, kannst Du Dir denken. Mißstimmung und Angst verbreitete sich im ganzen Chor, und DeineDein Name ward vielfach genannt. Die Donnerstagsprobe war nicht geeignet, jene Besorgnisse zu vermindern. Z. taktirte nicht bey den accompagnirten Rezit. und bei den Chören nur, wenn er es nicht vergaß. Stümer that Wunder, und hielt sich, bei Z. s fast fortwährend falschem Accompagnement, stets richtig. Um einige Einzelheiten zu nennen, so war Devrient so verwirrt, daß er unter andern nur das halbe Abendmahl einsetzte, und gleich in fdur anfing: trinket alle daraus. Die Milder warf das Duett wie gewöhnl. um, die Schätzel plackerte stark in ihrer Arie, die kleinen Chöre: der rufet dem Elias, und halt laß sehen, ging drunter und drüber, etc. Z. fuhr entsetzlich drein, war sehr böse, verwirrte sich immer beim Umwenden der ausgelassenen Stücke, wodurch große Pausen entstanden, und wobei ihn Stümer, mit mehr Discretion und Haltung, als ich ihm zugetraut hätte, still zurecht wies, Devrient saß da, als ein vollendetes Ecce homo. Um 1/4 5 schloß die Probe, und außer uns vor Ermüdung, Anstrengung und Angst kamen wir nach Haus, nachdem ich noch mit Devrient, Ritz und David einen kleinen Rath gehalten hatte, und übereingekommen war, daß Ritz ganz durch taktiren, David aber pausiren solle, als hinge sein Leben davon ab, denn der 2te Chor war bei späteren Eintritten ganz auf sich allein angewiesen. Nach diesen Aspekten ging es dann noch außerordentlich. Deinen Vorschlag mit den 4 Clarinetten hatte Ritz in der Probe versucht, und ich hatte den Chor angehört, wir fanden es aber nicht zweckmäßig, es klang zu spitz und verlor den Orgelcharacter, und so blieb es beim Alten in der Aufführung. Eda Benda, die ich gefragt habe, sagte, der Choral habe wunderschön geklungen. Der erste Chor ging übrigens gut. Ritz taktirte, und bei den Worten Jesu kamen die Instrumente fast immer präcis, was sehr zu verwundern. Die Milder sang die Arie sehr schön, schluckte zwar ein ganzes Achtel lang, aber die Flöten gaben nach. – Abendmahl sehr schön. “O Schmerz”, zu geschwind, und das pp im Chor verschwunden. “Siehe er ist da, der mich verräth, sang Devrient laut Befehl. Duett wieder Erwarten, vortrefflich, Chor schwach. Daß Z. endlich seine Lust büßte, und die Fermate durchtaktirte, begreifst Du. Auch kamen sie nicht ganz präcis. Schlußchoral ohne piano Flöten vortrefflich. Alt-Arie gut, unter den Choreintritten, waren durchweg die Innern am schwächsten. Die kleinen Chöre gut. Bei „wahrlich du bist auch Einer„ fehlten zu Anfang die Flöten. In “Erbarme dich” machte die Schätzel denselben Fehler wie in der Probe, aber so geschickt, daß es wol nur wenige gehört haben. “Was gehet uns das an” war der einzige Chor, der anfangs sehr wackelte. “Der du dem Tempel Gottes” viel zu geschwind, Ritz hielt an, aber der Anfang war weg. Nun kam der große Scandal, der nicht fehlen kann: “Ach Golgatha”, fing statt auf dem 4, auf dem 8ten Achtel an, und mit ihrer gewohnten Consequenz blieb die Milder, durch das ganze Rezit. ihren halben Takt zurück, obgleich Zelter ihr mit aller Macht des Claviers richtig vorspielte. Ritz ging zu den Bassethörnern hin, und brachte sie auch richtig in Ordnung, aber erst in den letzen Takten, und solcher Jammer ward selten erhört. Sie hat mit wunderbarer Symmetrie das erstemal das erste Stück verdorben, das 2temal das 2te, und gestern das dritte. Als es aus war, umringten mich Viele, und jammerten nach Dir. Bader und Stümer an der Spitze. Stümer ward ganz weich und sagte es muß Ihnen doch heut komisch zu Muth gewesen seyn. Dafür machte ich ihm die größten Komplimente, denn er war wirklich zum Bewundern, da Z. oft so falsch begleitete, so ganz andre Harmonieen, daß ich noch nicht begreife, wie er sich hat halten können. Ritz hat auch Wunder gethan, denn Z. taktirte nur wenn es ihm einfiel, konnte er den Taktstock nicht schnell genug fassen, so nahm er die Hand, und wenn er auch das vergaß, kamen die Chöre von selbst. Im Ganzen genommen, war es für das Publicum eine gute Aufführung, auf dem Orchester aber fühlte ein Jeder wo es fehlte. Mir stand der Kopf den ganzen Abend nach dem Dampfschiff. Es war übrigens sehr voll, der König von Anfang zu Ende da, und eine grenzenlose Hitze. Noch muß ich bemerken, daß Devrient die Partitur nach der Probe aufgenommen und die ausgebliebenen Stücke mit Mundleim sauber verklebt hatte. Er nimmt es wieder fort, und außerdem ist Deine Partitur durchaus nicht verunreinigt worden. Ritz hat göttlich gespielt. Und nun glaube ich fertig zu seyn. Einige Theateranecdoten, die ich schon für Dich gesammelt habe, schreibe ich Dir das nächsteMal durch Legationspost, wo ich mich besser ausbreiten kann. Du armer Junge, wie seekrank magst Du jetzt seyn! Aber welchen göttlichen Hunger wirst Du nach Deiner Ankunft haben. Wir leben stillissimo. Heut Abend wird die Milder fertig gezeichnet, da habe ich ihr denn noch geschwind Deine Arie punktirt.
Fanny Mendelssohn Bartholdy
„Ich muß in diesen Br. hinein und sollt es in die Quere sein!“ – Du, der Du so allerliebst mit Nereiden, Tritonen, Wellen und Winden zu sprechen weißt, hast Du denn gar keine Beschwörungsformel gegen die Nebel in ihrem Geleite? Ich lebe heute (Jahrstag des Dürerfests) nur auf der See; alle meine Wünsche Gedanken und Empfindungen knüpfen sich an das weißöhrige Albion. Wie lieb ich Klingem., der sich so für Dich intereßirt, und Dir die englische Krankheit möglichst erleichtern wird. God bless him! Miethe Dir, geliebter Junge! nur gleich ein piano, und laß Dir, trotz der Theurung nichts abgehen. Ich würde mirs ja absparen um Dir ein Vergnügen zu gewähren. – Was die gestrige Aufführung betrift, so war sie für die Hörer sehr gut, und nur die Mitwirkenden konnten fühlen, daß der Geist etwas gewichen sei. Besonders gilt das aber vom 2. Theil, der bei weitem schlechter ging. Zelt. s Gesicht war ungemein ängstlich, zuweilen schlug er mit Wuth auf, übrigens hatte das piano die v. Dir gewählte Stellung. Für mich fehlte dem Ganzen ein gewißer Schmelz der Vollendung, die Ruhe und Sicherheit die unter Dir die Musik leicht erscheinen ließ, gestern klang sie schwer, hie und da holprich. Sonst glich es einer trefflich gehenden Uhr, bei der man kein Klappern bemerkt, gestern war das Räderwerk hör- und fühlbar. Kurz, das Publikum dumm wie immer, hat wenig gemerkt, aber Chor und Orchester dachten stark an Dich, und unter den Hörern Eine für die ich stehen kann. – – Bader weigert sich fortwährend, Spon. zu singen (Alcidor ist wieder eingesetzt und abgesagt worden) ; Rellstab wollte dies in mehrere journäle setzen laßen. Sp. bat Heinrich es zu vermitteln, dieser bewirkte eine Zusammenkunft beider: darin frug Sp. woher Rellst. Bad. s Weigerung kenne, worauf dieser Heinr. angab; nun ist Sp. auf letztern wüthend. Ist das nicht eine schöne Klatschgeschichte? Die MilderX
Lea Mendelssohn Bartholdy
Du wirst hoffentlich beim Empfange dieses Briefes gesund in London sein und alles so gefunden haben wie Du’s wünschest. Von der Passion hast Du den treusten Bericht; wir haben es uns sauer werden lassen, nun helfe uns der Himmel über die Himmelfahrt. Himmel! Grüße Klingemann und vergiß Dein Versprechen nicht mir bei Gelegenheit zu schreiben. Adieu
ER. Eduard Rietz
Noch eins: Dein Ottett lasse ich ausschreiben, willst Du auch das Doppelconcert as dur ausgeschrieben haben, so erbitte ich mir umgehend Ordre darüber, so lange warte ich damit. Tausend Grüße von Mosevius, der eben hier war, von Breslau zur Passion gekommen ist, mit 3 andern Breslauern die denselben Zweck hatten, und vortrefflich gehört hat. Er brachte mir ein niedliches Briefchen v. Frank. Adieu, o Mensch. Nächstens ein Mehreres. Dies Blatt denke ich, haben wir beschrieben als sollte es auf die engl. Post.
Fanny Mendelssohn Bartholdy
Lea Mendelssohn Bartholdyist übrigens wieder aufgefordert worden in Alcid. zu singen. Töne hat diese ignorantin wieder ausgestoßen, die wahrhaft göttlich waren. Es scheint, daß das Ausruhen v. Sp. s Opern ihr alle Fülle, Kraft und Macht der Kehle aus der schönsten Jugendzeit her zurückgegeben. Deßwegen ists trotz ihrer blunders belohnend für sie zu schreiben. avis au lecteur! – Betty P. sitzt eben bei Fanny; sie schütten ihre musikal. Seelen aus; Karol. H. besuchte uns gestern im Garten, wo Hyazinthen und Veilchen in höchster Fülle prangen. Die Beobachter Enke und Dirichlet haben abwechselnd bei uns dinirt, déjeunirt, soupirt, ersterer beißt gar nicht wie ich dachte, sondern ist freundlich und niedlich. Die Ueberschwemmungen bei Königsberg und Danzig machen mir für Hamb. auch Angst, aber etwas weniger als the passage from Hamburgh to London. Wenn ich ein Seevöglein wär! – adieu, HerzensJunker! ich liebe Dich mehr als recht ist! –          
            <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xsi:schemaLocation="http://www.tei-c.org/ns/1.0 ../../../fmbc_framework/xsd/fmb-c.xsd" xml:id="gb-1829-04-18-01" xml:space="default"> <teiHeader xml:lang="de"> <fileDesc> <titleStmt> <title key="gb-1829-04-18-01" xml:id="title_2d58b78a-a5a3-4446-9746-a9aae5e3f178">Fanny Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Eduard Rietz an Felix Mendelssohn Bartholdy in London <lb></lb>Berlin, 18. 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Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin</publisher> <address> <street>Am Kupfergraben 5</street> <placeName xml:id="placeName_62296dda-ef6b-4879-9a04-ba11e758e4b8"> <settlement>10117 Berlin</settlement> <country>Deutschland</country> </placeName> </address> <idno type="URI">http://www.mendelssohn-online.com</idno> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/">Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)</licence> </availability> </publicationStmt> <seriesStmt> <p>Maschinenlesbare Übertragung der vollständigen Korrespondenz Felix Mendelssohn Bartholdys (FMB-C)</p> </seriesStmt> <sourceDesc source="edition_template_manuscript"> <msDesc> <msIdentifier> <country>Großbritannien</country> <settlement>Oxford</settlement> <institution key="RISM">GB-Ob</institution> <repository>Oxford, Bodleian Library</repository> <collection>Music Section</collection> <idno type="signatur">M.D.M. b. 4/39.</idno> </msIdentifier> <msContents> <msItem> <idno type="autograph">Autograph</idno> <title key="gb-1829-04-18-01" type="letter" xml:id="title_70390ffe-ebf9-49f5-8846-88b10dace202">Fanny Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Eduard Rietz an Felix Mendelssohn Bartholdy in London; Berlin, 18. 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Sie bietet neben der diplomatischen Wiedergabe der rund 6.000 Briefe Mendelssohns erstmals auch eine Gesamtausgabe der über 7.200 Briefe an den Komponisten sowie einen textkritischen, inhalts- und kontexterschließenden Kommentar aller Briefe. Sie wird ergänzt durch eine Personen- und Werkdatenbank, eine Lebenschronologie Mendelssohns, zahlreicher Register der Briefe, Werke, Orte und Körperschaften sowie weitere Verzeichnisse. Philologisches Konzept,  Philologische FMB-C-Editionsrichtlinien: Uta Wald, Dr. Ulrich Taschow. Digitales Konzept, Digitale FMB-C-Editionsrichtlinien: Dr. Ulrich Taschow. Technische Konzeption der Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence FMB-C Ausgabe und Webdesign: Dr. Ulrich Taschow.</p></editorialDecl></encodingDesc> <profileDesc> <creation> <date cert="high" when="1829-04-18" xml:id="date_315938fa-d4a6-48b9-aab4-13c76469362d">Berlin, <date cert="high" when="1829-04-18" xml:id="date_fd552f76-5256-4662-82a2-49c68cd1344e">18. 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Glaube ich Dich erst hinüber, so ziehe ich alle Register meines Herzens, stoße in alle Trompeten meiner Lunge, und erhebe eine Musik, daß Du sie in der Insel hören mußt. Just am Tage Deiner Abreise<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_ac97d23c-c319-4793-9fac-48d2738ad25d" xml:lang="de">am Tage Deiner Abreise – Mendelssohn war am 10. April 1829 morgens halb 6 Uhr mit dem Vater und der Schwester Rebecka von Berlin nach Hamburg abgereist (vgl. Hensel, Tagebücher, S. 14).</note> ging die Emancipationsacte<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_fecb2e2e-1bf5-4a08-8fcd-81c70b264296" xml:lang="de">die Emancipationsacte – Die Katholische Emanzipations-Akte wurde am 10. April 1829 in London verabschiedet. Dieser Beschluss befreite die katholische Bevölkerung Großbritanniens und Irlands von den Rechtsbeschränkungen, denen sie wegen ihres Glaubens unterworfen waren.</note> durch, man kann sich also keinen interessanteren Zeitpunkt zu einer Reise nach England ersinnen. Ich will Dir jetzt von dem Gegenstande erzählen, der Dich vor der Hand noch mehr berühren wird als Emancipation, Departementalgesetz<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_cc0d9375-f0a2-40df-bcad-655e5599f027" xml:lang="de">Departementalgesetz – Das vom Kabinett Jean Baptiste de Martignac 1829 vorbereitete Gesetz versprach den französischen Departements und Gemeinden die Selbstverwaltung. Martignac scheiterte damit und musste am 8. August 1829 zurücktreten. Dies war eines der Ereignisse, die zur Julirevolution führten.</note> und spanisches Erdbeben,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f2ccbf74-b569-4666-b8a3-1974455247be" xml:lang="de">spanisches Erdbeben – Im April 1829 ereignete sich in Südspanien ein schweres Erdbeben, das in den beiden Städten Murcia und Torrevieja erhebliche Schäden anrichtete.</note> ich meine unsre gestrige Passion.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_c143391f-973d-4b6a-8579-b73fba1d176a" xml:lang="de">unsre gestrige Passion – Am 17. April 1829 wurde Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion BWV 244 unter Carl Friedrich Zelters Leitung zum dritten Mal in der Sing-Akademie in Berlin aufgeführt. Vgl. dazu Hensel, Tagebücher, S. 15, Eintrag vom 20. April 1829.</note> Hier vor der Hand das Resultat: die Aufführung war weit über meine Erwartung, und weit hinter den Deinigen<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_6a12c291-f033-491d-87db-c535738ce1be" xml:lang="de">den Deinigen – Mendelssohn dirigierte die erste und zweite Aufführung der Passion am 11. März bzw. am 21. März 1829.</note> zurück. Von den Montags und Dinstags Proben wollte ich Dir gar nichts schreiben um nicht den Jammer in Dir zu erwecken, von dem meine Seele voll war. <persName xml:id="persName_c679ee24-afab-4ae6-b8fe-068ec0ed0ecb">Zelter<name key="PSN0115916" style="hidden" type="person">Zelter, Carl Friedrich (1758-1832)</name></persName> spielte selbst, und was er, mit seinen zwei Fingern, und seiner <hi n="1" rend="underline">völligen Unkenntniß</hi> der Partitur, herausbrachte, kannst Du Dir denken. Mißstimmung und Angst verbreitete sich im ganzen <placeName xml:id="placeName_319e3d23-2b05-4d9a-84f9-3f6e2c6425eb">Chor<name key="NST0100203" style="hidden" subtype="" type="institution">Sing-Akademie</name><settlement key="STM0100101" style="hidden" type="locality">Berlin</settlement><country style="hidden">Deutschland</country></placeName>, und <choice resp="editor" source="autograph_edition_template"><sic resp="writer"><choice resp="editor" source="autograph_edition_template" xml:id="choice_0ec6e5e5-1767-43fc-a2ed-ef8871755625"><sic resp="writer">Deine</sic><corr resp="editor">Dein</corr></choice></sic><corr resp="editor">Dein</corr></choice> Name ward vielfach genannt. Die Donnerstagsprobe<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_0785aad1-cc0f-4e2b-8a39-c9544c636c15" xml:lang="de">Die Donnerstagsprobe – Probe am 16. März 1829.</note> war nicht geeignet, jene Besorgnisse zu vermindern. Z. taktirte nicht <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"><corr resp="writer">bei</corr><sic resp="writer">bey</sic></choice> den accompagnirten Rezit. und bei den Chören nur, wenn er es nicht vergaß. <persName xml:id="persName_d5ecb592-c4e2-47ff-8ea2-b301625e98f2">Stümer<name key="PSN0115193" style="hidden" type="person">Stümer, Johann Daniel Heinrich (1789-1856)</name></persName> that Wunder, und hielt sich, bei Z.s fast fortwährend falschem Accompagnement, stets richtig. Um einige Einzelheiten zu nennen, so war <persName xml:id="persName_48975f08-9813-4a8e-9725-590449f1b5d7">Devrient<name key="PSN0110637" style="hidden" type="person">Devrient, Philipp Eduard (1801-1877)</name></persName> so verwirrt, daß er unter andern nur das halbe Abendmahl einsetzte, und gleich in <hi rend="latintype">fdur</hi> anfing: trinket alle daraus. Die <persName xml:id="persName_8d36492b-7441-4432-af5c-6337022cf706">Milder<name key="PSN0113344" style="hidden" type="person">Milder-Hauptmann, Pauline Anna (1785-1838)</name></persName> warf das Duett wie gewöhnl. um, die <persName xml:id="persName_48128957-15a7-4304-b6db-42fe7cb81a3d">Schätzel<name key="PSN0114507" style="hidden" type="person">Schätzel, Johanne Sophie Friederike Pauline von (1812-1882)</name></persName> plackerte stark in ihrer Arie, die kleinen Chöre: der rufet dem Elias, und halt laß sehen, ging drunter und drüber, <hi rend="latintype">etc.</hi> Z. fuhr entsetzlich drein, war sehr böse, verwirrte sich immer beim Umwenden der ausgelassenen Stücke, wodurch große Pausen entstanden, und wobei ihn Stümer, mit mehr Discretion und Haltung, als ich ihm zugetraut hätte, still zurecht wies, Devrient saß da, als ein vollendetes <hi rend="latintype">Ecce homo</hi>.<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_fe41a54f-675d-4396-8747-f3b7cd7dccd2" xml:lang="la ">Ecce homo – lat., Sehet, welch ein Mensch. Ausruf des Pilatus angesichts des dornengekrönten Christus, Joh 19,5.</note> Um <formula rend="fraction_slash"><hi rend="supslash">1</hi><hi rend="barslash">/</hi><hi rend="subslash">4</hi></formula> 5 schloß die Probe, und außer uns vor Ermüdung, Anstrengung und Angst kamen wir nach Haus, nachdem ich noch mit Devrient, <persName xml:id="persName_85e1ed59-8a7e-415e-ad8a-29d273995ea6">Ritz<name key="PSN0114202" style="hidden" type="person">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</name></persName> und <persName xml:id="persName_69428f2f-4778-41aa-8c6f-0419cbef1bf6">David<name key="PSN0110564" style="hidden" type="person">David, Ernst Victor Carl Ferdinand (1810-1873)</name></persName> einen kleinen Rath gehalten hatte, und übereingekommen war, daß Ritz ganz durch taktiren, David aber pausiren solle,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_454cbba8-6734-4894-a147-9eacaeb72905" xml:lang="de">daß Ritz ganz durch taktiren, David aber pausiren solle – Gemeint ist wohl, dass Eduard Rietz den Takt schlagen und Ferdinand David in einer Weise die Pausen markieren sollte, die dem zweiten Chor die Einsätze anzeigen.</note> als hinge sein Leben davon ab, denn der 2te Chor war bei späteren Eintritten ganz auf sich allein angewiesen. Nach diesen Aspekten ging es dann noch außerordentlich. Deinen Vorschlag mit den 4 Clarinetten<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_6cda7299-6ba2-4691-9833-c2d37ae6c55b" xml:lang="de">Deinen Vorschlag mit den 4 Clarinetten – Im Choral »O Lamm Gottes« sollte Eduard Rietz die »c Clarinetten […] beibehalten, und in der Probe versuchen, alle 4 Clarinetten die obere Octave blasen zu lassen«. Siehe Brief fmb-1829-04-14-01 (Brief Nr. 141) Felix Mendelssohn Bartholdy an Lea Mendelssohn Bartholdy und Fanny Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Hamburg, 13. und 14. April 1829.</note> hatte Ritz in der Probe versucht, und ich hatte den Chor angehört, wir fanden es aber nicht zweckmäßig, es klang zu spitz und verlor den Orgelcharacter, und so blieb es beim Alten in der Aufführung. <persName xml:id="persName_f475047a-a1bf-4e64-9443-3668e1102d82">Eda Benda<name key="PSN0109802" style="hidden" type="person">Benda, Eda Anna (1812-?)</name></persName>, die ich gefragt habe, sagte, der Choral habe wunderschön geklungen. Der erste Chor ging übrigens gut. Ritz taktirte, und bei den Worten Jesu kamen die Instrumente fast immer präcis, was sehr zu verwundern. Die Milder sang die Arie sehr schön, schluckte zwar ein ganzes Achtel lang, aber die Flöten gaben nach. – Abendmahl sehr schön. “O Schmerz”, zu geschwind, und das <hi rend="latintype">pp</hi> im Chor verschwunden. “Siehe er ist da, der mich verräth, sang Devrient laut Befehl. Duett wi<del cert="high" rend="strikethrough">e</del>der Erwarten, vortrefflich, Chor schwach. Daß Z. endlich seine Lust büßte, und die Fermate durchtaktirte, begreifst Du. Auch kamen sie nicht ganz präcis. Schlußchoral ohne <add place="inline"><hi rend="latintype">piano</hi><name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add> Flöten vortrefflich. Alt-Arie gut, unter den Choreintritten, waren durchweg die Innern am schwächsten. Die kleinen Chöre gut. Bei „wahrlich du bist auch Einer„ fehlten zu Anfang die Flöten. In “Erbarme dich” machte die Schätzel denselben Fehler wie in der Probe, aber so geschickt, daß es wol nur wenige gehört haben. “Was gehet uns das an” war der einzige Chor, der anfangs sehr wackelte. “Der du <choice resp="writer" source="autograph_edition_template"><corr resp="writer">den</corr><sic resp="writer">dem</sic></choice> Tempel Gottes” viel zu geschwind, Ritz hielt an, aber der Anfang war weg. Nun kam der große <hi rend="latintype">Scandal</hi>, der nicht fehlen kann: “Ach Golgatha”, fing statt auf dem 4, auf dem 8ten Achtel an, und mit ihrer gewohnten Consequenz blieb die Milder, <hi n="1" rend="underline">durch das ganze Rezit</hi>. ihren halben Takt zurück, obgleich Zelter ihr mit aller Macht des Claviers richtig vorspielte. <add place="above">Ritz<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add> ging zu den Bassethörnern hin, und brachte sie auch richtig in Ordnung, aber erst in den letzen Takten, und solcher Jammer ward selten erhört. Sie hat mit wunderbarer Symmetrie das erstemal das erste Stück verdorben, das 2temal das 2te, und gestern das dritte. Als es aus war, umringten mich Viele, und jammerten nach Dir. <persName xml:id="persName_faf545d6-6280-446e-916e-099a11f47ef9">Bader<name key="PSN0109627" style="hidden" type="person">Bader, Karl Adam (1789-1870)</name></persName> und Stümer an der Spitze. Stümer ward ganz weich und sagte es muß Ihnen doch heut komisch zu Muth gewesen seyn. Dafür machte ich ihm die größten Komplimente, denn er war wirklich zum Bewundern, da Z. oft so falsch begleitete, so ganz andre Harmonieen, daß ich noch nicht begreife, wie er sich hat halten können. Ritz hat auch Wunder gethan, denn Z. taktirte nur wenn es ihm einfiel, konnte er den Taktstock nicht schnell genug fassen, so nahm er die Hand, und wenn er auch das vergaß, kamen die Chöre von selbst. Im Ganzen genommen, war es für das Publicum eine gute Aufführung, auf dem Orchester aber fühlte ein <add place="margin">Jeder wo es fehlte. Mir stand der Kopf den ganzen Abend nach dem Dampfschiff. Es war übrigens sehr voll, der <persName xml:id="persName_f60cb743-d5c6-4988-baf0-847414f123bf">König<name key="PSN0113989" style="hidden" type="person">Preußen, Friedrich Wilhelm III. von (1770-1840)</name></persName> von Anfang zu Ende da, und eine<name key="PSN0111893" resp="writers_hand" style="hidden">Hensel, Fanny Cäcilia (1805–1847)</name></add><seg type="pagebreak"> |2|<pb n="2" type="pagebreak"></pb></seg> grenzenlose Hitze. Noch muß ich bemerken, daß Devrient die Partitur nach der Probe aufgenommen und die ausgebliebenen Stücke mit Mundleim<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_7a2e54cb-4521-4bc8-9212-ae9aa372c4f6" xml:lang="de">Mundleim – ein aus Hausenblase oder Tischlerleim und Zucker verfertigter Leim, dem man bei Gebrauch mit dem Mund benetzt.</note> sauber verklebt hatte. Er nimmt es wieder fort, und außerdem ist Deine Partitur<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_97a09470-43c7-4c39-9ec3-c8932999102d" xml:lang="de">Deine Partitur – Die von Eduard Rietz angefertigte Abschrift der Partitur der Matthäus-Passion BWV 244 (GB-Ob, M.D.M. c. 68) hatte Mendelssohn zu Weihnachten 1823 von seiner Großmutter Bella Salomon geschenkt bekommen.</note> durchaus nicht verunreinigt worden. Ritz hat göttlich gespielt. Und nun glaube ich fertig zu seyn. Einige Theateranecdoten, die ich schon für Dich gesammelt habe, schreibe ich Dir das nächsteMal durch Legationspost,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_7f4bed60-86f0-4bac-8241-eea8289786b2" xml:lang="de">Legationspost – Der hannoversche Gesandte am preußischen Hof, Franz Ludwig Wilhelm Freiherr von Reden, wohnte über den Mendelssohns in der Leipziger Straße 3. Die Mendelssohns konnten deshalb Briefe der Gesandtschaftspost nach London und auch von London nach Berlin beigeben. Dies erhöhte die Zahl der ›Posttage‹ und sparte Portogebühren.</note> wo ich mich besser ausbreiten kann. Du armer Junge, wie seekrank magst Du jetzt seyn! Aber welchen göttlichen Hunger wirst Du nach Deiner Ankunft haben. Wir leben stillissimo. Heut Abend wird die <title xml:id="title_0b5be831-47e6-4a87-89c0-63e1c7134ecc">Milder fertig gezeichnet<name key="PSN0111899" style="hidden" type="author">Hensel, Wilhelm (1794–1861)</name><name key="CRT0109158" style="hidden" type="art">Pauline Anna Milder-Hauptmann (Porträtzeichnung April 1829)</name></title>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_90c334b2-a69b-4ffe-8ee0-5811419d1ca0" xml:lang="de">Heut Abend wird die Milder fertig gezeichnet – Wilhelm Hensel porträtierte die Sängerin Anna Pauline Milder-Hauptmann 1829 in mehreren Sitzungen (heutiger Standort der Zeichnung: Berlin, Kupferstichkabinett, Hensel-Alben 8/7. Abbildung: Lowenthal-Hensel / von Strachwitz, Europa im Porträt, Bd. 2, S. 48).</note> da habe ich ihr denn noch geschwind <title xml:id="title_4b872d4b-3f03-4182-a8f5-7875c7ff6519">Deine Arie<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_rgkoksro-0jsb-9b68-hwor-6n8v73a9v0yf"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="vocal_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="secular_vocal_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="works_for_one_voice_and_orchestra" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100229" style="hidden">»Tutto è silenzio« für Sopran und Orchester, Fragment, 23. Februar 1829<idno type="MWV">H 2</idno><idno type="op"></idno></name></title> punktirt.<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_94b951cc-0e0a-4566-861f-b3614cf97de0" xml:lang="de">Deine Arie punktirt – Die Konzertarie »Tutto è silenzio« für Sopran und Orchester MWV H 2 hat Mendelssohn für die Sängerin Pauline Anna Milder-Hauptmann komponiert und ihr zugeeignet. Das fragmentarische Autograph ist auf den 23. Februar 1829 datiert (US-Wc, Whittall Collection, ML30.8j.T9 Case. <ref target="https://www.loc.gov/resource/ihas.200153930.0/?sp=11" xml:id="ref_425e5a91-4acc-48ac-9c38-cb00329b3f40">Digitalisat</ref>). Es ist unklar, ob die Komposition beendet wurde. Siehe dazu Mendelssohns Äußerungen in Brief fmb-1829-08-19-01 (Brief Nr. 210) Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Klingemann an die Familie Mendelssohn Bartholdy in Berlin, Glasgow, 13., 14. August, und Liverpool, 19. August 1829. Fanny Mendelssohn Bartholdy versetzte (punktierte) einzelne Töne der Gesangspartie in Rücksicht auf die Stimmlage der Sängerin z. B. um eine Oktave oder Terz nach oben oder unten.</note></p> <signed rend="right"><add resp="UW" type="editors_addition">Fanny Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> <div n="2" type="act_of_writing" xml:id="div_2884d78f-9dce-403e-baeb-e5c86e243972"> <docAuthor key="PSN0113260" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0113260" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Lea Felicia Pauline (1777-1842)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">„Ich muß in diesen Br. hinein und sollt es in die Quere sein!“<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f82e0be5-59c7-4e18-bfda-33b69a2009b3" xml:lang="de">„Ich muß in diesen Br. hinein und sollt es in die Quere sein!“ – Lea Mendelssohn Bartholdy zitierte einen Satz ihres Ehemanns Abraham aus Brief fmb-1822-07-19-01 Felix Mendelssohn Bartholdy, Lea Mendelssohn Bartholdy und Abraham Mendelssohn Bartholdy an Johann Ludwig Casper in Berlin, Frankfurt a. M., 19. Juli 1822, den dieser unter ihren Briefteil geschrieben hatte. Hier schrieb Lea Mendelssohn Bartholdy ihren Briefteil quer auf der Adressenseite unter Fanny Mendelssohn Bartholdys Abschnitt.</note> – Du, der Du so allerliebst mit Nereiden,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_e6f784bf-0988-40c9-a031-6607275fb608" xml:lang="de">Nereiden – in der griechischen Mythologie die Töchter des Meeresgottes Nereus.</note> Tritonen,<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_cd92d9c4-2258-4a7a-8951-e5b561455d79" xml:lang="de">Tritonen – in der griechischen Mythologie Meeresgötter.</note> Wellen und Winden zu sprechen weißt, hast Du denn gar keine Beschwörungsformel gegen die Nebel in ihrem Geleite? Ich lebe heute (Jahrstag des Dürerfests) nur auf der See; alle meine Wünsche Gedanken und Empfindungen knüpfen sich an das weißöhrige Albion<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_012b1fa6-b418-43d2-9212-a53937f23be5" xml:lang="de">Albion – kelt. / lat., England.</note>. Wie lieb ich <persName xml:id="persName_bba2b88f-9f6c-45f1-8509-d8d3e96fe9b7">Klingem<name key="PSN0112434" style="hidden" type="person">Klingemann, Ernst Georg Carl Christoph Konrad (1798-1862)</name></persName>., der sich so für Dich intereßirt, und Dir die englische Krankheit<note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_56a0c179-70f3-4b76-8da9-8f402ce2da44" xml:lang="de">die englische Krankheit – eigentlich Rachitis. Lea Mendelssohn Bartholdy meinte offensichtlich die Seekrankheit.</note> möglichst erleichtern wird. <hi rend="latintype">God bless him</hi>! Miethe Dir, geliebter Junge! nur gleich ein <hi rend="latintype">piano</hi>, und laß Dir, trotz der Theurung nichts abgehen. Ich würde mirs ja absparen um Dir ein Vergnügen zu gewähren. – Was die gestrige Aufführung betrift, so war sie für die <hi n="1" rend="underline">Hörer</hi> sehr gut, und nur die Mitwirkenden konnten fühlen, daß der Geist etwas gewichen sei. Besonders gilt das aber vom 2. Theil, der bei weitem schlechter ging. Zelt.s Gesicht war ungemein ängstlich, zuweilen schlug er mit Wuth auf, übrigens hatte das piano die v. Dir gewählte Stellung. Für mich fehlte dem Ganzen ein gewißer Schmelz der Vollendung, die Ruhe und Sicherheit die unter Dir die Musik <hi n="1" rend="underline">leicht</hi> erscheinen ließ, gestern klang sie schwer, hie und da holprich. Sonst glich es einer trefflich gehenden Uhr, bei der man kein Klappern bemerkt, gestern war das Räderwerk hör- und fühlbar. Kurz, das Publikum dumm wie immer, hat wenig gemerkt, aber Chor und Orchester dachten stark an Dich, und unter den Hörern Eine für die ich stehen kann. – – Bader weigert sich fortwährend, <hi rend="latintype"><persName xml:id="persName_5be9cfda-4cca-45d3-a530-54fcaed82c0b">Spon<name key="PSN0115037" style="hidden" type="person">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774-1851)</name></persName></hi>. zu singen (<hi rend="latintype"><title xml:id="title_869651a2-24d6-48bb-abc7-457d7f1c0536">Alcidor<name key="PSN0115037" style="hidden" type="author">Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774–1851)</name><name key="CRT0110964" style="hidden" type="music">Alcidor</name></title></hi> ist wieder eingesetzt und abgesagt worden); <persName xml:id="persName_b924f8bc-8cee-4fde-8143-904653b31f1f">Rellstab<name key="PSN0114136" style="hidden" type="person">Rellstab, Heinrich Friedrich Ludwig (Louis) (1799-1860)</name></persName> wollte dies in mehrere <hi rend="latintype">journäle</hi> setzen laßen. <hi rend="latintype">Sp.</hi> bat <persName xml:id="persName_404c558c-854b-43ab-b031-ef589be62851">Heinrich<name key="PSN0109766" style="hidden" type="person">Beer, Heinrich (Henoch, Hans) (1794-1842)</name></persName> es zu vermitteln, dieser bewirkte eine Zusammenkunft beider: darin frug <hi rend="latintype">Sp.</hi> woher Rellst. Bad.s Weigerung kenne, worauf dieser Heinr. angab; nun ist <hi rend="latintype">Sp.</hi> auf letztern wüthend. Ist das nicht eine schöne Klatschgeschichte? Die Milder<ref target="#fn1" type="Footnotes_reference" xml:id="fnr1">X</ref></p> <signed rend="right"><add resp="UT" type="editors_addition">Lea Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> <div n="3" type="act_of_writing" xml:id="div_5a00b57b-c905-4e28-9c25-df923cb77e39"> <docAuthor key="PSN0114202" resp="author" style="hidden">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0114202" resp="writer" style="hidden">Rietz, Eduard Theodor Ludwig (1802-1832)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Du wirst hoffentlich beim Empfange dieses Briefes gesund in <hi rend="latintype">London</hi> sein und alles so gefunden haben wie Du’s wünschest. Von der <title xml:id="title_5c532fb4-a781-4369-ba74-be858dab46ad">Passion<name key="PSN0109617" style="hidden" type="author">Bach, Johann Sebastian (1685–1750)</name><name key="CRT0107794" style="hidden" type="music">Matthäus-Passion BWV 244</name></title> hast Du den treusten Bericht; wir haben es uns sauer werden lassen, nun helfe uns der Himmel über die Himmelfahrt. Himmel! Grüße Klingemann und vergiß Dein Versprechen nicht mir bei Gelegenheit zu schreiben. <hi rend="latintype">Adieu</hi></p> <signed rend="right">ER. <add resp="UW" type="editors_addition">Eduard Rietz</add></signed> </div> <div n="4" type="act_of_writing" xml:id="div_53aa39fb-26b2-4fc9-bd89-75c739a43385"> <docAuthor key="PSN0117585" resp="author" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</docAuthor> <docAuthor key="PSN0117585" resp="writer" style="hidden">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</docAuthor> <p style="paragraph_without_indent">Noch eins: <title xml:id="title_b654f749-c34c-4290-a813-cb596d1fffe9">Dein Ottett<list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_sqncpg9k-bbq0-lqlq-qryc-nsywjyvdgkkx"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="chamber_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="chamber_music_works_without_piano" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100391" style="hidden">Oktett Es-Dur für vier Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli, 15. Oktober 1825<idno type="MWV">R 20</idno><idno type="op">20</idno></name></title> lasse ich ausschreiben, willst Du auch das <title xml:id="title_a7839290-9b87-4c19-8cdd-1fa50f503021">Doppelconcert <hi rend="latintype">as dur</hi><list style="hidden" type="fmb_works_directory" xml:id="title_ukqslrbq-bnfh-dizs-dlpg-u4cjb4qnjkqk"> <item n="1" sortKey="musical_works" style="hidden"></item> <item n="2" sortKey="instrumental_music" style="hidden"></item> <item n="3" sortKey="orchestral_music" style="hidden"></item> <item n="4" sortKey="concerts_and_concertante_works" style="hidden"></item></list><name key="PSN0000001" style="hidden" type="author">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Jacob Ludwig Felix (1809-1847)</name><name key="PRC0100348" style="hidden">Konzert As-Dur für zwei Klaviere und Orchester, 5. September bis 12. November 1824<idno type="MWV">O 6</idno><idno type="op"></idno></name></title> ausgeschrieben haben, so erbitte ich mir umgehend Ordre darüber, so lange warte ich damit. Tausend Grüße von <persName xml:id="persName_1cad02e3-51bf-44b0-ac8f-e428dcd1fd2c">Mosevius<name key="PSN0113450" style="hidden" type="person">Mosewius, Johann Theodor (1788-1858)</name></persName>,<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_a0cbbea5-58bb-43c2-91f2-e910db41a5c2" xml:lang="de">Mosevius – Der königliche Musikdirektor an der Universität Breslau Johann Theodor Mosewius führte die Matthäus-Passion am 3. April 1830 auf (Geck, Die Wiederentdeckung der Matthäuspassion, S. 87).</note> der eben hier war, von Breslau zur Passion gekommen ist, mit 3 andern Breslauern die denselben Zweck hatten, und vortrefflich gehört hat. Er brachte mir ein niedliches Briefchen v. <persName xml:id="persName_9ea31f92-1053-4162-b924-e06820c16b2c">Frank<name key="PSN0111123" style="hidden" type="person">Franck, Georg Hermann (1802-1855)</name></persName>. Adieu, o Mensch. Nächstens ein Mehreres. Dies Blatt denke ich, haben wir beschrieben als sollte es auf die engl. Post.</p> <signed rend="right"><add resp="UW" type="editors_addition">Fanny Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> <div type="footnotes_area"> <note n="X" subtype="author" target="fnr1" type="footnote" xml:id="fn1">ist übrigens wieder aufgefordert worden in <hi rend="latintype">Alcid.</hi> zu singen. Töne hat diese <hi rend="latintype">ignorantin</hi> wieder ausgestoßen, die wahrhaft göttlich waren. Es scheint, daß das Ausruhen v. <hi rend="latintype">Sp.s</hi> Opern ihr alle Fülle, Kraft und Macht der Kehle aus der schönsten Jugendzeit her zurückgegeben. Deßwegen ists trotz ihrer <hi rend="latintype">blunders</hi><note resp="FMBC" style="hidden" type="word_description" xml:id="note_d27efb4e-f3f5-48f3-9e06-b63a8f74235c" xml:lang="en">blunders – engl., schwerwiegende Fehler.</note> belohnend für sie zu schreiben. <hi rend="latintype">avis au lecteur</hi>!<note resp="FMBC" style="hidden" type="translation" xml:id="note_da04b00c-a62e-4aac-a574-7bbcbbfd0fc5" xml:lang="fr ">avis au lecteur! – frz., Hinweis für den Leser!</note> – <persName xml:id="persName_55fc9ebb-0ae3-4c26-ab4f-e1407f2f0369">Betty P.<name key="PSN0113887" style="hidden" type="person">Pistor, Friederike Dorothea Elisabeth (Betty) (1808-1887)</name></persName> sitzt eben bei <persName xml:id="persName_7b50ca93-16a9-4bfe-98f2-4fa7aa1842cf">Fanny<name key="PSN0117585" style="hidden" type="person">Mendelssohn Bartholdy (bis 1816: Mendelssohn), Fanny Cäcilia (1805-1847)</name></persName>; sie schütten ihre musikal. Seelen aus; <persName xml:id="persName_6cffe20f-ebc0-4d05-ae74-158f3af6fe0a">Karol. H.<name key="PSN0111814" style="hidden" type="person">Heine, Caroline Friederike (1811-1888)</name></persName> besuchte uns gestern im Garten, wo Hyazinthen und Veilchen in höchster Fülle prangen. Die Beobachter <persName xml:id="persName_18fa3422-d7bd-4a9b-b787-a63b8f6f10b0">Enke<name key="PSN0110905" style="hidden" type="person">Encke, Johann Franz (1791-1865)</name></persName> und <persName xml:id="persName_aad13dde-6cd5-4c83-845f-01d59a7d0a44">Dirichlet<name key="PSN0110672" style="hidden" type="person">Dirichlet (Lejeune Dirichlet), Johann Peter Gustav (1805-1859)</name></persName><note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_5ca71d29-d9c4-4d3f-955f-7df182dee0e4" xml:lang="de">Die Beobachter Enke und Dirichlet – Der Astronom Johann Franz Encke und der Mathematiker Peter Gustav Lejeune Dirichlet nutzten das 1825 von Alexander von Humboldt im Garten der Mendelssohns für geomagnetischen Messungen eingerichtete Observatorium (dazu siehe Lowenthal-Hensel / von Strachwitz, Europa im Porträt, S. 254, Sebastian Hensel, Ein Lebensbild aus Deutschlands Lehrjahren, Berlin 1903, S. 17 f., und Therese Devrient, Jugenderinnerungen, Stuttgart 1905, S. 350).</note> haben abwechselnd bei uns <hi rend="latintype">dinirt</hi>, <hi rend="latintype">déjeunirt</hi>, <hi rend="latintype">soupirt</hi>, ersterer beißt gar nicht wie ich dachte, sondern ist freundlich und niedlich. Die Ueberschwemmungen bei Königsberg und Danzig<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_f55b92c5-6489-42d2-aca4-d3298bbce62e" xml:lang="de">Die Ueberschwemmungen bei Königsberg und Danzig – Im April 1829 wurden Schlesien sowie Königsberg und Danzig Opfer eines schweren Hochwassers.</note> machen mir für Hamb. auch Angst, aber <hi n="1" rend="underline">etwas</hi> weniger als <hi rend="latintype">the passage from Hamburgh to London</hi>. <title xml:id="title_25325bfb-1cd8-4e6e-8a5b-175b2a1b0ace">Wenn ich ein Seevöglein wär<name key="PSN0111908" style="hidden" type="author">Herder, Johann Gottfried (1744–1803)</name><name key="CRT0109224" style="hidden" type="literature">Der Flug der Liebe (»Wenn ich ein Vöglein wär«)</name></title>!<note resp="FMBC" style="hidden" type="single_place_comment" xml:id="note_2b5eca91-4714-400e-8377-d776af6c82b9" xml:lang="de">Wenn ich ein Seevöglein wär! – Anspielung auf Johann Gottfried Herders Der Flug der Liebe (»Wenn ich ein Vöglein wär«) aus den Stimmen der Völker in Liedern.</note> – <seg type="closer"><hi rend="latintype">adieu</hi>, HerzensJunker! ich liebe Dich mehr als recht ist! – </seg></note> <signed rend="right"><add resp="MH" type="editors_addition">Lea Mendelssohn Bartholdy</add></signed> </div> </body> </text></TEI>